Zum Inhalt der Seite




Schlagworte
[Alle Einträge]

Top 15

- lol (24)
- Uni (15)
- ROR (12)
- Dummheit (8)
- *///* (4)
- *0* (4)
- meeeh (4)
- Buchmesse (3)
- Leipzig (3)
- Signierstunde (3)
- south Park (3)
- Traum (3)
- *____* (2)
- *bwahahaha* (2)
- *o* (2)

Transmediales Erzählen im Comic Teil 1 abschlussarbeit

Autor:  Teilzeitheldin
N'Abend, Leute!

An meinem eher sporadischen Internetgebrauch der letzten Wochen muss ja aufgefallen sein, dass ich was Besseres zu tun habe, als hier rum zu surfen.
Und mich von willigen Phillipinos mit Palmwedeln befächern zu lassen war nur ein Punkt auf meiner to do-Liste.
Der andere - weniger spaßige - Grund war natürlich meine Abschlussarbeit zum Thema transmediales Erzählen im Comic. Mit der Hauptthese, dass der Comic sich inzwischen viel mehr vom Film abschaut als von der Literatur. Was dann natürlich wieder das Dominanzgebahren der Literaturwissenschaftler infrage stellt, die ja schon territorial ihr Beinchen am Comic heben.

Für's Weblog arbeite ich mein Worddokument ein bisschen lockerer um. Sobald ich was für die Uni schreiben muss, fall ich nämlich immer in den Schreibkrebsmodus. Aber die unterirdische Stilistik von universitären Texten ist n anderes Thema, über das ch vielleicht ein andermal berichten werde.

Heute gibt's also den ersten Teil meiner Arbeit. Von wahrscheinlich drei Teilen. Mal sehen, wie ich das aufspalte.
Hinsetzen und Zuhören! Nicht Kaugummikauen! Und die Glocke ist ein Zeichen für MICH und nicht für euch!





Willkommen meine Damen und Herren zu meiner Vorlesung "Transmediales Erzählen im Comic". Für diejenigen, die den Goethe 3-Kurs bei Professor Jeßing suchen, der wurde ins HZO verlegt.
Ganz am Anfang mach ich dasselbe wie in meiner Arbeit: Ich stell euch mal ein Rätsel.


[Abb. 1: Francois Ayroles, OuBaPo (2003), zit. n. (Becker, S. 170)]


Das ist ein Auszug von Francois Ayroles vom OuBaPo.
Das OuBaPo ist eine Unterabteilung des französischen LiBaPo - der "Werkstatt für potentielle Literatur". Die beschäftigen sich mit Sachen wie "Schreiben wir mal nen Roman, in dem kein "r" vor kommt! Das wird sicher voll cool!".
Man kann ja drüber denken, was man will (und ich kann mir nicht vorstellen, dass bei solchen Einfällen nie halluzinogene Substanzen im Spiel waren. Aber Spaß hat's sicher gemacht), aber die Leute von der OuBaPo testen die Grenzen des Comics aus und bilden Avantgarde.
Vielleicht geht's euch ja wie mir und ihr denkt beim ersten Blick auf dieses Beispiel "Ähm. Sicher ist das ein Comic.".
Aber das ist in den Wissenschaften gar nicht so unumstritten.

Man muss bedenken, dass Forscher aller Fachrichtungen am Liebsten immer überall klare Grenzen und Definitionen ziehen möchten. Und innerhalb der universitären Wissenschaften - allen voran der Literaturwissenschaft - gibt es eine Definition des Comics, die eigentlich überall und immer benutzt wird und nicht immer genau hinterfragt wird:

Comics sind Hybride aus Wort und Bild.

Das Witzige an dieser Definition ist, dass sie gleichzeitig zu eng und zu weit gefasst ist.
Zu weit, weil sie alle Kombinationen von Wort und Bild mit einbezieht und zu eng, weil sie dann eben, wenn sie mit Ayroles oder "stummen Comics" konfrontiert wird, etwas ratlos ist. Thomas Becker (Literaturangaben folgen noch) argumentiert z.B. dass Ayroles durch das Weglassen des Bildanteils den Comic näher zur Literatur rückt.
Diese These lassen wir jetzt erst mal im Raum stehen. Im letzten Teil meiner Weblogreihe werde ich dann - wie in der Arbeit - beweisen, dass das genaue Gegenteil der Fall ist.
Ha, ha. Nimm das, Becker!



Bevor ich in einer Analyse transmediales Erzählen nachweisen kann, muss natürlich erst mal referiert werden, welche anderen Medien da als Vorbilder herangezogen werden. Und damit auch, wie der Comic, den wir heute kennen, in seinen Grundzügen enstanden ist.

Was beinahe in allen Sekundärtexten aus allen Fachrichtungen, die ich gelesen hab, erwähnt wurde, ist die glorreiche Historie der Wort-Bild-Kombinationen.
Wie unglaublich alt die Kunst doch ist, Wort und Bild zu verknüpfen. McCloud z.B. erwähnt den Teppich von Bayeux (wirklich alter, wirklich langer Wandteppich, der eine wirklich lang zurückliegende Schlacht zeigt: http://de.wikipedia.org/wiki/Teppich_von_Bayeux) zusammen mit Hieroglyphen, irgendwelchen Bildergeschichten von Aztekenvölkern usw. als Referenz für das lange Bestehen von Verknüpfungen aus Bild und Schrift.

Ich zitiere an dieser Stelle mal Marcel Feige:

Die ersten Zeugnisse menschlichen Schaffens, die zu den Vorläufern heutiger Comics gezählt werden dürfen, sind die steinzeitlichen Höhlenzeichnungen, die die Erlebnisse unserer Vor-fahren darstellen, zum Beispiel die Jagd, den Krieg, die Vermählung. Andere Forscher verweisen auf die ägyptischen Hieroglyphen. (Feige 2005, S. 9)

Nur ein paar Zeilen später referiert Feige den Comicforscher Andreas Knigge, der bei Höhlenzeichnungen sowas wie eine doppelte Umrandung der Figuren bemerkt hat und darin allen Ernstes den Vorläufer der Speedlines sieht. (Wo Speedlines tatsächlich her kommen und welche Unterarten es davon gibt, in einem der folgenden Teile der Weblogreihe)
Es stimmt, dass schon immer Kombinationen von Wort und Bild benutzt wurden, um Informationen zu vermitteln.
Aber die Geschichte von Wort-Bild-Kombinationen steht nicht in direktem Zusammenhang mit der Geschichte des Comics. Das Problem ist einfach, dass ein großer Teil der Wissenschaftler unhinterfragt die Definition "Comics sind Hybride aus Wort und Bild" übernehmen.
Natürlich trifft das auf die allermeisten Comics zu. "Schwäne sind weiß" trifft auch in den meisten Fällen zu - bis man eben mal einen Schwarzen sieht (nicht unbedingt Natalie Portman) und nicht widerlegen kann, dass es trotzdem ein Schwan ist.
Meiner Ansicht nach sind die Definitionen von Eisner und McCloud als "sequentielle Kunst" für den praktischen Umgang mit Comics in den Wisschenschaften brauchbarer. Natürlich kann man auch dort wieder das Haar in der Suppe suchen. Aber die Frage ist ja, wie sinnvoll es ist, auf semantischer Ebene Erbsen zu zählen.
Es gibt nämlich einen wissenschaftliche Grund dafür, warum eine exakte Definition des Comics so schwierig ist.
Dazu aber nach meiner kurzen Abhandlung über die Enstehungsgeschichte des modernen Comics. Die übrigens nicht komplett ist, sondern sich auf den Zeitraum konzentriert, in dem der Comic seine wichtigsten Merkmale entwickelte, die ihn heute noch für jeden Laien als Comic identifizierbar machen.
Ich versprech auch, ich erwähne nicht die Trajan-Säule... XD


Die Geschichte des Comic: Vom Teppich von Bayeux zu Sin City?
(bitte ironisch verstehen)

Der Grundstein für den Comic ist das Printwesen.
Im England des 18. und 19.Jh. blühte mit den technischen Neuerungen im Druck das Zeitungswesen auf (Zur Englischen Zeitungskarikatur und ihren Vorbildern vergleiche: Schenk, Christina: George Cruikshanks Karikatur im Wandel der Bildmedien; und: Paulson, Ronald: The Tradition of Comic Illustration from Hogarth to Cruikshank). Fotografien tauchten erst in den 20ern des 19.Jh. auf, aber die früheren Zeitungen wollten natürlich auch bebildert werden.
Die Englische Karikatur war absolut en vogue.
Sie bediente sich stilistischer Merkmale der italienischen caricatura - die wiederum ein privates Vergnügen reicher Italiener war, die sich zum Spaß Spottbilder von sich und ihren Freunden und Feinden für private Zwecke anfertigen ließen.
Dien englischen Karikaturisten bedienten sich der deformierenden Darstellungsweise und entwickelten so politische und gesellschaftliche Spottbilder für die Zeitungen. Die waren Zeitvertreib für gebildete (und weniger gebildete) Leser. Man musste, um sie richtig zu decodieren, aber ziemlich gut im Bilde über aktuelle Geschehnisse sein. Im Bürgertum der damaligen Zeit waren die Karikaturen sowas wie beliebte Bilderrätsel mit Schadenfreude-Faktor.
Die Englische Karikatur verband also schon mal das Zeitungswesen mit Zeichnern. Es wurden Stiche in schwarz-weiß gedruckt, weil man natürlich ganz aktuell mit Karikaturen auf das Tagesgeschehen reagieren musste.
Teilweise waren diese Karikaturen schon comicähnlich. Aber generell kann man sagen, dass Text und Bild noch ziemlich voneinander getrennt waren. Meist gab es unter einem Bild einige Zeilen dazu. Seltener Fälle, wo irgendetwas Sprechblasenartiges dargestellt sein könnte.
Wann genau aus diesen Vorläufern die ersten Comic-Strips wurden, ist umstritten. Besonders die Amerikaner und Franzosen sind sich da uneinig. Einige Forscher nennen die Werke von Rodolphe Töpffer - einem Schweizer Schulmeister und Zeitgenossen Goethes als ersten Comiczeichner.
Die Amis gehen davon aus, dass Richard F. Outcault der Vater des Comics ist.
Dieser arbeitete ab 1895 für die Sonntagsbeilage der New York World an einer Serie über Figuren aus dem New Yorker Slummilieu, die durch einen Zufall berühmt wurde. 1986 erschien eine Ausgabe der Serie in der ersten Farbver-sion, die auch die Farbe Gelb zuließ und die Hauptfigur des Comicstrips trug ein gelbes Nachthemd – dieser Zufall begründete den Ausdruck „Yellow Press“, der bis heute geläufig ist.
Den Titel „Vater des Comics“ könnte Rudolph Dirks Outcault streitig machen, denn dieser verwendete erstmals systematisch Sprechblasen und Panelrahmen. Dessen Serie „The Katzenjammer Kids“ wird häufig als eine der ers-ten Comicserien referiert.
Auch wenn sich hier schon zwei der wichtigsten formalen Merkmale des modernen Comics zeigen, ist der Zeitungscomic nicht gleichbedeutend mit dem Fortsetzungscomic des Comic-books.
Weil die Zeitungsstrips in den USA äußerst erfolgreich und beliebt waren, fing man an, sie zu sammeln und als Sammelbände auf den Buchmarkt zu bringen.
So kam es dazu, dass erstmals über ein Comic-Magazin nachgedacht wurde. Um den Zeitungen kein Geld für ihre Stories und Figuren zahlen zu müssen - und weil es in den wirtschaftlich unruhigen Zeiten des frühen 20. Jh. viele Leute gab, die für n Appel und n Ei arbeiteten - schaffte man Zeichner heran, die zunächst beliebte Figuren aus Pulps vercomicten und dann Original-Charaktere und Figuren schufen.
Wright zählt den Pulp zu den maßgeblichen Einflüssen auf den Comic.
Pulp-Magazine waren sowas wie Groschenhefte. Billig produzierte Novellen oder Kurzromane, die sich hauptsächlich mit reißerischen Genres beschäftigten. Und die waren zu dem Zeitpunkt äußerst beliebt.
Die ersten Comic-Publisher in den USA kamen aus der Pulp-Szene. Auch die ersten Comics in Magazinform erzählten von Pulp-Helden. Aber nur wenige Pulp-Autoren gelangten nachhaltig zu Ruhm. Wie Edgar Rice Borroughs beispielsweise ("Tarzan").
Die Pulps gaben dem Comic-book das Format, das man heute noch von amerikanischen Comicheften kennt. Eben das typische Magazin-Format bei dem der Druckbogen noch einmal gefaltet wird, so dass man mit derselben Anzahl Bögen mehr Seiten - und damit mehr Platz - zustande kriegt.
Comic-books avancierten schnell zum populären Medium. Ganz besonders nach dem Erfolg von DC mit Superman. Der hat übrigens damals etwa eine Million Hefte mehr verkauft als die nächst erfolgreiche Serie. Wenn man die Zahl von Anthologien und Einzelserien im Magazinformat bedenkt, kann man schon sagen, dass in der Goldenen Ära der Comic-books praktisch alle Jugendlichen Comisleser waren - ein verhängnisvoller Umstand, wie sich im letzten Teil meiner Arbeit zeigen wird.
Über die Rucksäcker der GIs im Nachkriegsdeutschland kamen di Comic-books übrigens hierzulande auch zu ihrem neuen Format. Wärend des dritten Reichs stagnierte die deutsche Comic-szene gewaltig. Teilweise kehrte man wieder zurück zu eigentlich überholten Form von Bild mit vierzeiligem Text druner. Oder sogar zu gereimten Texten unter dem Bild. Und thematisch herrschte auch weitestgehend Einöde. Am beliebtesten war das Lausbuben-Schema.

Man könnte eine eigenständige Arbeit zu diesen Themen schreiben und genauer betrachten, welche Serien wen wie inspirierten etc. Aber an dieser Stelle, für meine Zwecke, reicht es einfach festzuhalten, woher die wichtigsten Einflüsse kamen, die dem Comic seine Gestalt gaben, die wir heute kennen. Panels, Gutter, Sprechblasen und Geschichten mit Original-Charakteren.
Darunter muss man natürlich Roman bzw. die Literatur zählen. Aber eben auch Karikaturen und Groschenhefte. Seither kamen natürlich auch noch andere Medien hinzu, die den Comic beeinflusst haben. Dazu dann mehr im Analyse-Teil.

So. Jetzt wissen wir, dass der Teppich von Bayeux nicht wirklich was mit dem Comic zu tun hat. Genausowenig wie irgendwelche Höhlenmalerein oder Hieroglyphen. Warum all das Zeug trotzdem wieder und wieder und wieder und wieder herangezogen wird, verrate ich euch später.
Warum ist es denn aber trotzdem so schwer, eine zutreffende Definition des Comics zustande zu bringen, wenn man doch ziemlich genau sagen kann, woher er kommt und wie er sich seitdem entwickelt hat?

Das hat mit dem Problem der kulturellen Reihe zu tun.
Die "kulturelle Reihe" ist eine Theorie von Jügen Müller und sie will erklären, wie bestimmte Medien enstehen. Ich zitiere mal wieder:

Laut Müller liegen nun die Anfänge eines Mediums deswegen stets im Dunkeln, weil Anfänge einer Reihe stets Reihen anderer Medien auf sich vereinigen, wie eben der Film zunächst die Reihe des Theaters, der literarischen Erzählungen etc. Dies lässt sich auch für den Comic bestätigen, wo sich Amerikaner und Franzosen über den Beginn des Comics im 19. Jahrhundert streiten. (Becker, S. 172)

Medien müssen nach Becker also als Reihen begriffen werden. Sie tauchen nicht irgendwann mit einem Plopp auf und sind dann da. Sie enstehen aus anderen Reihen. Das wird bestätigt wenn man daran denkt, dass viele Pulp-Leute zum Comic gewechselt sind (beim Theater ist es ähnlich. Später mehr). Wenn man also den Comic wirklich klar umreissen wollen würde, müsste man erst ne klare Linie ziehen - ab wann ist das Comic und wann ist es noch Vorreiter?
Aber das geht eben nicht, weil man keine gleichmäßige Entwicklung und keine einheitliche Marschrichtung hat. Es gibt immer Autoren, die Rückgriffe machen, ihrer Zeit eigentlich voraus sind, oder ganz einfach von anderen Einflüssen stärker belastet sind.
Leute, die näher beim Pulp waren oder Leute, die sich stärker zum Strip zugeordnet haben. Und das alles gleichzeitig. Deshalb wird man wohl immer wenn man gerade ne Definition bzw. eine klare Trennlinie machen will, irgendwo wieder einen schwarzen Schwan finden, der einem die Theorie versaut.
Und das ist auch der Grund, warum ich die Definitionen von Eisner und McCloud vorziehe. Wahrscheinlich sind die auch nicht absolut wasserdicht. Aber man kann damit arbeiten und sie sind - Ayroles lässt grüßen - besser nutzbar für eine wissenschaftliche Analyse als der plumpe "Wort-Bild-Hybrid".


So.
Das war meine Einleitung. Beim nächsten Mal fangen wir dann mit der Analyse an.

Pfuuh! abschlussarbeit, Internetabstinenz

Autor:  Teilzeitheldin
Immer noch kein regelmäßig arbeitendes Internet.
Eigentlich hätt ich inzwischen seit zwei Wochen W-Lan haben sollen, aber es gestaltet sich hier schwieriger als gedacht.

Ist vielleicht aber auch gar nicht so schlecht - immerhin sitz ich ja gerade an meiner Abschlussarbeit. Übrigens zum Thema Comic. Es geht um den "Code" des Comics bzw. dessen Erzählmethoden. Und dann noch'n bisschen Comic-Geschichte und die Sache mit der Rezeption - High und Low- culture-Kram. Warum man einen eigenen Forschungszweig bräuchte, statt Comics einfach in den Literatur- oder Kunstwissenschaften zu verordnen.
Der Analyseteil konzentriert sich auf die Parallelen zwischen filmischem und Comic-Erzählen.

Wenn Interesse besteht, könnte ich die Arbeit gerafft mal im Weblog-Form vorstellen, sobald ich fertig bin.
Was meint ihr?