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Staffel 7 ~ Möge die Heilung beginnen

Fiktive siebte Staffel von 'Grey's Anatomy'
von

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I. Sechs Monate

„Diejenigen die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschiedes. Der zurückbleibt leidet. Tatsache ist, dass der Schmerz nicht so einfach verschwindet. Schmerz wird Phantomschmerz, wirkt so unreal und bleibt doch immer bestehen.

Wer gegangen ist und nun nicht mehr unter den Lebenden weilt hat diesen Schmerz abgelegt, wie ein überflüssiges Stückchen Haut. Der Schmerz bleibt bei den Lebenden zurück. Sie sind es die Leiden und sich Nacht für Nacht quälen um die Leiden, den Pein wieder los zu werden. Uns bleibt nur zu hoffen, dass er eines Tages wieder verschwindet oder wir ganz einfach lernen mit dem Schmerz zu leben.

Doch leider ist das nicht so einfach, denn dazu muss man sich erst eingestehen, dass man leidet und Schmerzen fühlt….“

(Meredith Grey)
 

I. Die Geister der Vergangenheit

1. Kapitel: Sechs Monate
 


 

Sechs Monate.

In sechs Monaten kann sich eine Menge verändern. Manche Menschen verlieben sich, andere finden ein neues zu Hause oder verlieren ihre Heimat. Vielleicht schaffen manche ihren Schulabschluss oder entdecken eine neue Arbeit. Das Gute kämpft gegen das Böse. Man wird reich, arm, empfindet Hass, Trauer und Sehnsucht. Liebt. Erlebt Höhen und Tiefen. Und doch können sechs Monate wie im Fluge vergehen. Die Zeit läuft an uns vorbei und ab und zu geschieht es, dass wir zu Marionetten werden. Gefangen in unserem eigenen Körper. Wir machen weiter. Wir funktionieren, doch genau das führt dazu, dass sich alles verändert. Eines Tages wacht man auf und weiß nicht mehr, weshalb man hier ist.

Sechs Monate.

Vor sechs Monaten geschah ein tragischer Zwischenfall im Seattle Grace – Mercy West Hospital. Ein Mann lief Amok. Ein Massenmörder, der nur dem Ärger und der Trauer in seinem Herzen Luft machen wollte und dabei so viele andere, so viele unschuldige Seelen, in ein tiefes schwarzes Loch stürzte. Er schuf Marionetten. Jene, die nicht mehr mit der Zeit gingen, sich nicht mehr veränderten, sondern resigniert zurück blieben und den Toten nach sahen.

Sechs Monate.

Zeit der Resignation. Zeit der Trauer. Zeit der Wut. So vielfältig waren die Gefühle, beinahe so als hätte jeder Betroffene ein anderes Gefühl aus einem dicken Katalog gewählt. Und doch gab es etwas, das jeden Arzt, jeden Betroffenen gleich machte: An diesem schrecklichen Tag im Krankenhaus hatte jeder etwas verloren. Nun war es an der Zeit weiter zu machen, sich zu bewegen und die Zeit der Resignation zu überwinden. Die Veränderung, so schleppend wie sie kam, zog Kreise, wie ein kleiner Kieselstein, der in einen stillen See fiel.
 

Am Morgen des 02. Februars erwachte Meredith Grey das erste Mal seit langem alleine in ihrem großen Bett. Sofort als sie erwachte, sah sie es wieder vor sich. Die furchtbare Sequenz, die ihr Leben veränderte. Ihr Mann wurde erschossen und nur mit viel Glück und viel Liebe überlebte er. Doch das Leben hatte sich verändert. Sie war nicht mehr die gleiche Frau und eigentlich sehnte sich Meredith nur noch nach der Rückkehr in ihr altes Leben, aber das war nicht mehr möglich. Seufzend setzte sie sich auf. Ihr Blick wanderte hinüber auf die andere Seite des Bettes, doch von ihrem Mann fehlte jegliche Spur. Heute hielt die Normalität wieder Einzug. Seit einem Monat arbeitete er wieder und hatte jetzt zum 01. Februar jegliche Pflichten des Chefarztes abgegeben. Alles war so wie früher. Nur sie nicht mehr und auch ihre Freunde waren nicht mehr die gleichen. An jeden einzelnen nagten die schrecklichen Erfahrungen, weshalb sich tiefe Schatten in Meredith Gesicht gebildet hatten. Schlurfen und langsam wanderte sie ins Badezimmer und versuchte wenigstens halbwegs wach zu werden und den Fängen der Traumwelt zu entfliehen.

Laute Geräusche drangen an ihr Ohr. Nicht vom Gewitter, das mal wieder über Seattle tobte, sondern von ihren zahlreichen Mitbewohnern. Viele Menschen hatten schon unter diesem Dach gelebt.

Angefangen hatte alles an ihrem ersten Arbeitstag im damals noch Seattle Grace Hospital. Während sie Zähne putzte, wanderte ihr Blick in den Spiegel. Unter ihren Augen lagen tiefe Schatten und ließen ihr hageres Gesicht noch eine Spur schmaler erscheinen.

„Izzie und George.“ Ja, mit ihnen hatte es damals angefangen und sofort trat ein gequälter Gesichtsausdruck auf ihre Züge zurück. Was war nur geschehen? George hatte sich heroisch selbst geopfert um einen anderen Menschen zu retten und Izzie hatte sich selbst verloren, nachdem sie den Krebs erfolgreich besiegte. Beide waren aus ihrem Leben verschwunden. Unwiederbringlich verloren. Hoffentlich hatte wenigstens Izzie zu einem glücken, freudvollen Leben voller Lachen zurückgefunden.

Das Lächeln wurde eine Spur sanfter. „Alex...“ Ein Mitbewohner, der sich als äußerst hartnäckig herausstellte, denn trotz all der Qualen, die er in den letzten Jahren erdulden musste, kehrte er immer wieder in das Haus von Meredith Grey zurück und auch wenn er sich als unglaublich nerviges Subjekt herausgestellt hatte, so war er ein wahrer Freund, denn ganz gleich was für Schatten auf sie zugestürzt kamen: Er war da!

„Sadie...“ Einst ihre beste Freundin, doch manchmal passierte es, dass sich Menschen auseinanderlebten. Irgendwann wachte man auf und fühlte die Erkenntnis in sich reifen, dass es kein zurück mehr gab. Keine Gemeinsamkeit – kein gemeinsamer Blick in die Zukunft.

Vorsichtig tupfte sie sich etwas getönte Gesichtscreme auf die Augenringe. „Mark und Lexie...“ Ihre kleine Halbschwester. Das Superhirn aber vor allem eine Freundin. Anfänglich hätte sich Meredith wohl nie träumen lassen, dass sie jemals so positiv für Lexipedia empfand, genauso wenig wie diese das wohl angenommen hatte. Doch letzenendlich hatte sich absolut alles zum positiven gewandt und nun hatte sie ein Familienmitglied, bei dem sie immer willkommen war. Während Lexie noch bei ihr wohnte, war Mark glücklicherweise schnell ausgezogen. McSteamy! Keinen Tag länger wäre ein Zusammenleben für alle beteiligten zumutbar gewesen.

Blieben noch die letzten beiden Mitbewohner. Die Neuen! Die Gegenspieler! Aber das war vor dem Amoklauf. Jetzt war alles anders. „April und Jackson...“ Das letzte bisschen Make up fand seinen Weg in Meredith Gesicht, bevor sie sich mit einem tiefen Seufzen auf den Badewannenrand sinken ließ.

Bei genauerer Betrachtung gab es wohl noch einen weiteren Mitbewohner. Den Wichtigsten von allen: „Derek...“ McDreamy. Der Traummann mit den tiefen, traurigen Augen, der ihr Herz eroberte und Meredith geheilt hatte. Er hatte sie verbessert und endlich zu dem Menschen gemacht, der sie immer werden wollte. Es blieb nur zu hoffen, dass sie auch bald wieder zueinander fanden, denn ein dunkles Geheimnis schwebte über den Ehepaar wie ein bedrohliches Damoklesschwert. Unruhig rieb sie ihre Handflächen ineinander, bis diese ganz rot waren. „Oh ... Derek...“ Mit einem traurigen, letzten Blick in den Spiegel, verließ Meredith das Bad und bemühte sich auch keinem weiteren Mitbewohner über den Weg zu laufen, als sie das Haus verließ.
 

Da standen sie nun.

Zu Viert vorm Spiegel und putzten Zähne wie kleine Kinder, die gerade zusammen ins Badezimmer gescheucht wurden. Alex Karev. Alexandra ‘Lexie’ Grey, Jackson Avery und April Kepner. Vier junge Assistenzärzte der Chirurgie und allesamt mit dem gleichen Schicksal geschlagen: Sie hatten überlebt. Dieses Ereignis schweißte zusammen und doch blieb das Misstrauen und der Konkurrenzkampf allgegenwärtig bestehen. So ging es nicht nur darum ein paar Kämpfe um die beste Operation zu bestreiten, sondern auch gewöhnliche Dinge, wie am schnellsten Zähne zu putzen gehörte mittlerweile zum Alltag der Vier. Keiner von ihnen sagte einen Ton, während sie Zähne schrubbten und sich zur Arbeit bereit machten.

Ebenso schweigend verlief die Autofahrt ins Krankenhaus. Die beklemmende Stille hatte sich über die Assistenzärzte gelegt und schien einfach alles mit einem immerwährenden grau zu überziehen. Nichts mehr schien von Bedeutung, außer zu funktionieren und das tat ein jeder einzelner von ihnen. So trennten sich ebenso leise ihre Wege, als jeder seiner Arbeit nachging: Nun konnte der Wettkampf um die beste Operation des heutigen Tages in die nächste Runde gehen! Möge der Bessere, oder die Bessere gewinnen!

Vielleicht siegte Alex Karev, der junge, ehrgeizige, leicht sarkastische und zeitweise auch cholerische Arzt. Routine war das, was ihm gut tat und so verbrachte er seine Zeit in der Wohlfahrtsstation, in der er wenigstens nicht mit Liebe und Gefühlen konfrontiert wurde! Wer brauchte schon die Liebe? Die Liebe schwächte das Herz und verleitete einen zu Hoffnungen, doch letzenendlich wurde einem das Herz gebrochen. Er knirschte leise mit den Zähnen, als er die Handfläche einer jungen Frau zusammennähte, die sich ungeschickt beim Kochen geschnitten hatte.

„... Ist alles okay?“, fragte die Blondine leise nach und sah in das düstere Gesicht ihres Arztes. Die Zähne fest aufeinandergepresst warf er ihr nur einen kurzen Blick zu. „Alles okay.“ Eine überaus knappe Antwort, die gerade aber reichen musste. Die Arbeit an ihrer Hand war erledigt und so konnte sich irgendeine Schwester um die Patientin kümmern. Karev’s komplette Körperhaltung sprach Bände: Er wollte in Ruhe gelassen werden! Vor allem von Frauen, die ihn an seine Ex-Frau erinnerten! Izzie. Sie hatte ihm nicht nur das Herz gebrochen, nein, sie hatte es in kleine Stücke zerpflückt und anschließend die Hoffnung mit sich genommen. Dr. Model. Das war sie wohl und tief in sich fühlte Alex noch immer die Gewissheit, dass sie die Richtige war. Ava, Lexie und all die anderen hatten nicht diese warmen, karamellbraunen Augen von Izzie, ihre liebevollen Umarmungen in die er sich stets geflüchtet hatte und ihre sarkastische Kommentare in die er sich wohl verliebt hatte. Sie hatte ihn verlassen. Nicht nur sie hatte er im vergangenen Jahr verloren, sondern so viel mehr. Freunde. Familie.

Das einzig Gute, was ihm passiert war, war die Tatsache, dass man ihn angeschossen hatte! So hatte er wenigstens eine richtige Kriegsverletzung, mit der er angeben konnte! Und das nutzte er doch gleich mal bei der entzückenden kleinen Schwester, die sich der Nachsorge seiner Patientin annahm, aus...

Aber all seine Gedanken und Unternehmungen rückten in den Hintergrund, als sein Pieper sich penetrant und unnachgiebig meldete. Schrill summte das kleine Gerät vor sich hin, bis er als sein Besitzer es betätigte.

„Notaufnahme...?“, fragte er leise und zuckte mit den Schultern. Hoffentlich unternahm Dr. Hunt nicht wieder den Versuch ihn abzulenken. Das wurde allmählich überaus ermüdend und zeitweise auch sehr anstrengend. Der Unfallchirurg schien täglich neue Höchstleistungen zu verlangen. Wenn Alex raten müsste, dann war das einfach nur ein Resultat der Liebe, denn auch Owen Hunt hatte sein Herz verloren und seine Herzensdame war wohl im Begriff dieses zu brechen...
 

Es war jedoch nicht Dr. Hunt der diesen Notruf abgesetzt hatte. Dieser hatte anderes zu tun. Mit geschlossenen Augen stand er in Mitten eines großen Gitters und ließ sich die aufsteigende Heizungsluft die vom Boden nach oben stieg um die Nase wehen. Leicht hielt er seine Arme ausgestreckt und erinnerte dabei an einen rothaarigen Engel. Sein weißer Kittel wehte leicht um seinen Körper, während er tief durch atmete und die Luft durch seine Lungen strömen ließ. So hörte seine Gedanken auf zu kreisen, sondern wurden ganz klar und ruhig.

Sechs Monate konnten das ganze Leben über den Haufen werfen und in Anbetracht der Situation, dass er als ehemaliger Soldat gerade erst in das Leben zurück gefunden hatte, war das alles nicht sonderlich leicht zu ertragen. Es fühlte sich falsch an. Alles war nicht richtig. Seine Gefühle waren falsch. Vor sechs Monaten hatte er sie verloren: Die große Liebe. Cristina. Ihr hatte er die Rückkehr unter die Lebenden, das Überwinden seines Traumas zu verdanken! Sie hatte ihm geholfen und er war gescheitert, denn Dr. Cristina Yang ließ sich von niemanden helfen. Weder von ihm, noch von ihrer besten Freundin, der verdrehten Schwester, Meredith Grey oder anderen Freunden. Sie war zur Einzelkämpferin geworden, der man die Trauer, die Angst und die Distanz zum Leben ansehen konnte. Das Leben strich an ihr vorbei und auch an ihm. Er war gelähmt und unfähig zu handeln. Schon lange nicht mehr hatte er sich so verloren in der Welt gefühlt und so blieb nur eines übrig: Er musste weiter machen und wenigstens für seine Patienten funktionieren!

Sein Pieper rüttelte ihn wach, weshalb er sich mit einem kleinen Seufzen aus dem Lüftungsraum zurück zog. Hier war sein sicherer Hort, den der daher auch besonders gut verschlossen hielt. Mit eilenden Schritten hetzte er durch den Gang, schnappte sich im Vorbeilaufen einen dünnen Plastikkittel, der sich überwarf und schließlich neben Dr. Karev, Dr. Avery und einer jungen Anfängerin zum Stehen kam. Ganz dumpf und leise drangen die Sirenen des Krankenwagens an seine Ohren.

„Was haben wir?“, wollte er monoton und mit seiner typisch dunklen, leicht rauchigen Stimme wissen.

„Laut den Sanitätern einen jungen Mann, der unter schwerer Atemnot litt.“, klärte Dr. Kepner sogleich auf.

Eine Augenbraue des rothaarigen Arztes wanderte leicht nach oben. „Das war es?“, wollte er nochmal wissen.

„Mehr wurde mir nicht mitgeteilt, Dr. Hunt.“, gab sie Kleinlaut zu verstehen. Vollkommen untypisch, dass sie nicht mehr wusste ließ sie ihr Haupt leicht sinken.

Eine eigenartige Stille legte sich über die wartenden Ärzte, als sich Dr. Meredith Grey zu ihnen gesellte. Dr. Harper, die Jüngste im Bunde, trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Sie war hier das Bambi. Die Neue, die noch nichts zu sagen hatte, weshalb sie wie abgeschoben in der zweiten Reihe hinter den übrigen Ärzten stand. Wie gefesselt starrten ihre dunklen, braunen Augen auf die Zufahrt, während ihre leicht gelockten haselnussbraunen Augen im Wind wehten. Ihr elfengleiches Gesicht vervollständigte ihre Erscheinung: Sie war zierlich und wirkte ein wenig zerbrechlich wie eine Porzellanpuppe. Doch hinter ihrer anmutigen Erscheinung lauerte eine Kriegerin, die gewillt war, sich gegen alle Mitkonkurrenten durchzusetzen.

Mit lauter Sirene und quietschenden Reifen kam der Krankenwagen vor ihnen zum stehen und so fort geriet Bewegung in die Gruppe. Der Sanitäter klärte mit raschen Worten auf: „Toby McDuff; 15 Jahre alt. Transplantationskandidat. Beim Eintreffen litt er unter starken Atembeschwerden, weshalb eine Intubation unausweichlich war. Er ist Hypoton und wurde während der Fahrt bewusstlos...“ Die Türen des Krankenwagens wurden aufgerissen.

Alex und Meredith erstarrten, als sie erkannten, wer neben dem Patienten hockte. „.... Burke??“, brachten beide voller Perplexität heraus.
 

„Ich habe schon viele Schmerzen im Leben gesehen und am schlimmsten sind wohl die Schmerzen, die durch die Liebe ausgelöst werden. Oder nicht?“

(M.G.)

I. Flüchtige Treffen

„Schmerz geht einher mit dem Taubheitsgefühl. Zuerst ist da dieses unglaubliche Druckgefühl, dass einen lähmt, durch das man sich kaum noch bewegen kann, doch schon bald macht sich ein dumpfes, taubes Gefühl im Körper breit. Man fühlt sich wie in Watte gepackt und nichts mehr scheint real zu sein. Nichts mehr schein wichtig zu sein und nichts mehr scheint einen zu interessieren, so sehr lähmt einen der Schmerz...“

(M.G.)
 

I. Die Geister der Vergangenheit

2. Kapitel: Flüchtige Treffen
 

Alex und Meredith tauschte einen Blick, bevor Hunts barsche Worte sie aus der Lethargie rissen. Sogleich kam Bewegung in die beiden Assistenzärzte. Das Notfallprotokoll setzte ein und schien die Körper von Alex und Meredith zu befehligen. Sie ergriffen die Barre und lauschten den Worten von niemand geringerem als Preston Burke, der gemeinsam mit einer besorgten Frau – scheinbar der Mutter – und dem auf der Barre liegenden Jungen aus dem Krankenwagen gestiegen war.

„Toby leidet schon seit seiner Geburt an einem schweren Herzfehler. Ihm fehlt eine Herzklappe und seine Verbindung zur Lunge besteht aus vielen kleinen Röhrchen, was die Atemnot und das Herzrasen erklärt. Er stammt aus Irland und wurde dort von den irischen Kollegen behandelt. Jedoch fehlt es an der Technik um den Fehler zu beheben, weshalb Dr. Gallagher Toby an uns überwiesen hat. Er ist jetzt seit zwei Wochen mein Patient, doch wurde er im Kings County Hospital aufgrund eines Formfehlers weiter behandelt. Dr. Webber ist über den Fall unterrichtet und stellt sein Krankenhaus mit der Kardiologie zur Verfügung.“, klärte Burke mit kurzen Worten auf.

Das er gerade ausgiebig von Owen gemustert wurde, entzog sich vollkommen seiner Kenntnis. Natürlich war dem ehemaligen Soldat nicht entgangen, wie dieser Chirurg hieß und bedauerlicherweise kannte er die Vorgeschichte von Cristina und ihm. So war nun Vorsicht in seiner Gegenwart angebracht und doch hatte die Behandlung des Patienten oberste Priorität. „Behandlungsraum 2 steht zu Ihrer Verfügung.“, quatschte Dr. Kepner munter, die natürlich keinerlei Ahnung von der Vorgeschichte Preston Burkes hatte. Owen nickte kurz und führte den Chirurg, der ihm bislang noch nie begegnet war in Richtung dieses Zimmers, auch wenn er sich wohl noch sehr gut in seinem alten Krankenhaus auskannte.

So! Er war also derjenige, der Cristina so schlimm verändert hatte, worunter sie so litt und er war es, der sie letzenendlich vor dem Traualtar verlassen hatte. Nun konnte sich Owen ein eigenes Bild machen und diese Chance wollte er natürlich nicht ungenutzt lassen. Die Fassungslosigkeit stand noch immer in Meredith Gesicht geschrieben und sie fragte sich, wo Cristina gerade war! So viele Jahre hatte sie Burke nicht mehr gesehen und war nun endlich über ihn hinweg und doch war Cristina Emotional zur Zeit angeschlagen. Sie versteckte sich hinter einer kühlen Fassade und ließ keinen Menschen mehr an sich heran. Ganz gleich was Yang versuchte, ihr wollte es nicht gelingen die Geschehnisse des Amoklaufes zu verarbeiten. Vollkommen routiniert führten die Chirurgen die Behandlungsschritte durch, wobei sich die Mauer des Schweigens noch weiter verfestigte. Owens kritische Blicke entzogen sich nicht Meredith Kenntnis, genauso wenig Aprils fröhliches Gemüt und Harpers grenzenlose Neugier. Die Anfängerin versuchte nur zu lernen und stellte dabei jeden Arbeitsschritt in Frage. Dumpf führten sie weiter ihre Arbeiten durch und en kleinen Jungen am Leben zu halten. Stück für Stück stellten die Chirurgen ihre Gefühle hinten an, betätigten ganz einfach den Aus-Schalter und arbeiteten Seite an Seite zum Wohle des Patienten miteinander. Nur ganz leise rief immer wieder eine Stimme in Meredith und Owens Hinterkopf eine kleine Frage. Einem Wispern gleich: ‚Wo ist Cristina?’
 

Wo war Cristina?

Befand sie sich überhaupt im Krankenhaus?

„Dir ist schon klar, dass wir hier nicht ewig bleiben können.“, murmelte Jackson jäh. Seit er das Krankenhaus vor ein paar Stunden betreten hatte, war er wie vom Erdboden verschwunden. Es war beinahe jeden Tag das Gleiche. Er wich seiner Arbeit aus und verschanzte sich in den Katakomben des Krankenhauses: In der Pathologie! Die Toten plauderten bekanntlich nicht und mittlerweile hatte er an Autopsien gefallen gefunden, auch wenn diese nicht immer ganz Rechtens waren.

„Ich habe von dir nicht verlangt, dass du hier bleiben sollst.“, gab eine andere Stimme zurück: Cristinas! Die junge Asiatin stand wie so oft vor einer Leiche und betrachtete den offenen Bauchraum. Das Herz schlug nicht mehr. Die Organe hatten ihre Arbeiten eingestellt und auch wenn es ein sehr surreales Bild war, so spiegelte diese Leiche genau ihren eigenen Zustand wieder! Sie fühlte sich dem Leben nicht mehr zugehörig, seit sie den Lauf einer Waffe an ihrem Hinterkopf gespürt hatte.

„Ich weiß, aber ich kann dich hier ja nicht alleine lassen.“, gab Jackson nobel zurück und grinste dabei flüchtig hinter seinem Mundschutz versteckt.

Cristina sah auf und blickte ihm direkt in die Augen. „Als ob du freiwillig wo anders wärst.“ Es gab nicht viele Menschen im Krankenhaus, die Cristina in ihrer Situation verstehen konnte. Einer davon war Jackson. Das Leben war nicht mehr so wie vorher. Seit sie von einer Waffe bedroht worden waren und doch das Leben eines Menschen gerettet hatten, war alles anders. Eine Operation gab nicht mehr das Gefühl zu fliegen, sondern es holte den schrecklichen Moment zurück und ließ ihn auf schauderhafte Weise wieder wirklich werden.

Jackson sah in das Lehrbuch und wieder auf den leblosen Körper. „Wieso mag ich dich gerade nicht...“, murmelte er vor sich hin und wusste genau, dass Cristina hinter ihrer starren, emotionslosen Maske nun grinste.

„Weil du weißt, dass ich Recht habe.“, antwortete die Chirurgin, legte den Skalpell beiseite und wandte sich ab. „Autopsie erledigt.“ Sie trug in ein Krankenblatt sämtliche Informationen ab und schlurfte anschließend zum Händewaschen. Nachdenklich betrachtete sie das Wasser, das über ihre Hände hinweg lief und fühlte sich einen Moment einfach wie erstarrt. Jackson verschloss die Schnitte am Patienten und gesellte sich schließlich zu ihr .

„Alles okay?“, wollte er wissen und sah dabei in die dunklen Augen von Cristina.

„Kennst du dieses eigenartige Gefühl, dass etwas nicht stimmt?“, fragte sie leise nach, woraufhin Avery eine Augenbraue nach oben zog.

„Was meinst du.“

“Schon gut...“

Cristina winkte ab, drehte sich um und verließ die Pathologie, fast so, als wäre sie auf der Flucht. Zurück blieb ein verwirrter Jackson. „.... wenn du noch eigenartiger wirst, dann solltest du vielleicht mal über einen kleinen Besuch in der Psychiatrie nachdenken.“, murmelte er vor sich hin und seufzte augenblicklich auf. „Und vielleicht sollte ich das auch mal in Betracht ziehen.“ Er rieb sich über die kurzrasierten Haare und zuckte mit den Schultern. „Wobei ich nicht wirklich in die Psychiatrie passe, also sollte ich es doch besser lachen.“ Er setzte sein smartes Sonnenscheingrinsen auf und verließ kurz nach Yang die Pathologie. Gerade noch rechtzeitig, bevor Bailey ihre Runden drehte. Sie benahm sich derzeit wie ein Geier und schien förmlich nur auf einen Fehler der Assistenzchirurgen zu warten, aber ganz so leicht hatte sie es nicht einen Fehler zu enttarnen. Jackson hastete die Stufen nach oben und rempelte aus versehen eine blonde Chirurgin an.

“Vorsicht!“, rief diese ihm kopfschüttelnd nach, bevor sie die Tür zum Treppenhaus hinter sich schloss. Jacksons Entschuldigung konnte sie nicht mehr hören, denn sorgsam und fast ein wenig scheu schloss sich die große Tür.

Arizona Robbins atmete tief durch und lehnte ihre Stirn gegen die kühle Tür. Ein paar Mal nur atmete sie tief durch und ließ ihren Blick schweifen, als sie sich rücklings gegen die Wand lehnte. Nur ein bisschen Stille und Friede. Mehr wollte sie gerade nicht. An der Wand ließ sich die Chirurgin nach unten sinken und ganz leicht schüttelte sie ihren Kopf. Es war so schwer in die wunderhübschen Augen ihrer Freundin zu blicken ohne vom schlechten Gewissen übermannt zu werden. Callie Torres. Die wohl unglaublichste Frau unter der Sonne! Aber auch die Person, die sie geradezu in die Enge trieb und wohl nur darauf wartete endlich wieder das Babythema anzuschneiden. Sie zog ihre Beine an, schlang ihre Arme um diese und legte den Kopf auf die Knie. „Wo ab ich mich da nur reingeritten.“, murmelte sie leise. Seit Gary Clarks Amoklauf und ihrem Versprechen mit Callie ein Baby zu bekommen, war einfach nichts mehr richtig. Sie fühlte sich erdrückt von der Liebe, die Callie ihr schenkte und gleichzeitig in die Ecke gedrängt, wann immer sie mit einem Kind zutun hatte und bedauerlicherweise passierte das aufgrund ihres Berufes täglich! Arizona versank in ihrer kleinen Seifenblase und atmete einfach nur ruhig durch um wieder zur Besinnung zu kommen.
 

Meredith hatte eiligen Schrittes den Behandlungsraum dicht gefolgt von April verlassen. „Sagst du mir vielleicht was los ist?“, rief April Meredith hinterher, die auf einmal regelrecht zu rennen begann! Beinahe so als sei sie auf der Flucht und so kam auch keine Antwort von ihr. April hob die Arme in die Luft. „Wir sollen uns um den Patienten kümmern.“ Sie blies ein bisschen genervt die Luft aus, wirbelte dann aber auf den Absatz herum. Wenn schon nicht Meredith, dann musste wenigstens sie ihren Pflichten nachkommen. Das Klemmbrett an die Brust gedrückt und quietschenden Turnschuhen wuselte sie auch schon los.

Grey hatte gerade anderes im Sinn. Sie stolperte beinahe über Jackson, der ihr entgegen kam. „Hast du Cristina gesehen?“

„Nein...“, log er sogleich.

„Verdammt. Und Derek?“

„Nein.“, antwortete er sogar wahrheitsgetreu und schlenderte weiter.

„Wo steckst du nur Derek ...“, murmelte Meredith und blieb einen Moment nachdenklich stehen. Vielleicht hatte er etwas geahnt? Vielleicht hatte einer der damals Anwesenden nicht den Mund gehalten. Ein schreckliches, bedrückendes Gefühl überkam die Ärztin, die ein paar Sekunden zur Salzsäule erstarrt mitten im Gang stand. Wusste Derek vielleicht, dass sie sein Kind verloren hatte!? Mit schnell schlagendem Herzen legte sie ihre Fingerspitzen an die Lippen und versuchte tief Luft zu holen, bevor sie noch zu hyperventilieren begann. „Oh bitte nicht.“ Sie gab sich einen Ruck und rannte weiter! Sie musste Cristina finden und sie warnen! Und noch viel wichtiger: Sie musste Derek finden um mit ihm zu reden!

Jackson warf noch einmal einen Blick über seine Schultern und zuckte dann nur mit diesen. Meredith war sowieso schon über alle Berge und Yang hatte ihm zum schweigen verpflichtet. Er schlurfte mit den Händen in den Kitteltaschen vergraben, durch die Gänge und kam schließlich neben April zum stehen, die gerade mit einer Schwester an der Aufnahme sprach.

“Hey April!“, kam sogleich eine Spur freudiger von ihm. April und er waren die letzten Überlebenden der ehemaligen Mercy West Clique und das schweißte einen irgendwie zusammen.

„Hey...“, murmelte die junge Frau nur und knabberte ein wenig auf ihrer Unterlippe herum, während sie durch das schwarze Notizbuch blätterte. Avery wirkte irritiert. „Alles klar?“, fragte er nach, denn so in ihrer Gedankenwelt versunken hatte er April schon lange nicht mehr erlebt.

Kepner hob ihren Blick und just in dem Moment als sie etwas antworten wollte ertönte Alex Karevs stichelnde und durchaus auch amüsierte Stimme. „Oh unsere holde Jungfrau ist in Nöten.“ Aprils Gesichtsausdruck gefror augenblicklich und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, bevor sie zu Jackson sah. „Mir geht es fabelhaft, siehst du doch.“, raunte sie ihm pikiert zu.

Ein schuldbewusster Ausdruck schlich sich auf die Züge von ihm. An diesem Milieu war er Schuld. Er hatte erfahren, dass April noch Jungfrau war und hatte es kurzum an die große Glocke gehängt. Was hatte er jetzt davon? Er hatte seine letzte Freundin und Verbündete in diesem Krankenhaus verloren, die noch dazu von diesem gewaltigen Idioten damit aufgezogen wurden. Natürlich hatte sich Avery am Anfang auch noch lustig über seine Kollegin gemacht, doch inzwischen ging Karev zu weit! Darum verpasste er ihm einen kleinen Schubs, damit er April nicht noch weiter belästigen konnte. „Komm schon es reicht! Lass sie in Ruhe!“, knurrte Jackson ihm wütend und mit leicht zitternder Stimme zu!

Alex blieb mit einem zufriedenen Lächeln stehen. „Oh, warum sollte ich? Hey, sie ist noch Jungfrau. Komm schon! Das in dem Alter, das ist witzig!“

Sein Gegenüber rollte mit den Augen. „Lass es einfach sein!“, betonte Jackson nochmal und hob bereits drohend die Hand, bevor er sich umdrehte und noch nach einem Krankenblatt fischte. Er brauchte dringend Ablenkung, ansonsten würde Karev seine Anwesenheit bereuen! An irgendwem musste er schließlich mal die aufgestaute Wut raus lassen... allerdings wäre es ein grober Fehler, der seine Karriere sofort beenden könnte, wenn ein Kollege als Anti-Stress-Person herhalten musste.

„Weshalb?“, rief Alex ihm unschuldig nach. „Sag bloß du willst bei unserer Wette nicht mitmachen.“

Der hochgewachsene Chirurg erstarrte und drehte sich langsam zu Alex um. „Wette?“, fragte er zähneknirschend nach. Allerdings wusste er schon, was als Antwort folgte.

„Na wer sie als erstes ins Bett bekommt.“ Ein zufriedenes, aber auch überaus hinterhältiges Lächeln umspielte die Züge von Alex. Manchmal reichten ein paar Worte zu viel schon aus um den Zorn vollends zum Lodern zu bringen. Jackson machte sogleich auf dem Absatz kehrt. Karev blieb gar keine Zeit mehr zu reagieren, bevor auch schon der Schmerz sein eben noch breites Grinsen sich in eine schmerzhafte Grimasse verzog. Er taumelte nach hinten und fing sich gerade noch rechtzeitig, bevor er umkippte. Jackson, noch immer die Faust geballt, starrte zu ihm und brachte nur ein mühsames Knurren zu Stande: „Ich wiederhol mich nur noch einmal Karev: Lass sie zufrieden!“

Just in diesem Moment bogen zwei Chirurgen um die Ecke, die wie angewurzelt stehen blieb.

„Das ist also das Krankenhauspersonal, das du so hoch lobtest?“, raunte ein unbekannter Mann, mit leicht irischem Slang in der Stimme.

Kritisch lastete der Blick aus den tiefen, blauen Augen des Mannes auf Jackson und Karev. Sein dunkles braunes Haar stand leicht in alle Richtungen ab. Aufgrund der Statur, der gebräunten Haut und des Körperbaus könnte im ersten Moment auf einen Farmer geschlossen werden, doch dem war ganz und gar nicht so. Er hatte seine Augenbrauen ein wenig zusammengezogen und tauschte einen kurzen Blick mit Preston, der wie angewurzelt und auch ein wenig peinlich berührt zu den Zwei hinüberstarrte.

„Nun, meine Worte treffen eindeutig nicht auf alle hier zu, aber du wirst schon sehen, wir haben hier ein paar Spitzenchirurgen.“ Aufmunternd klopfte Burke dem Mann auf die Schultern und schob ihn dann auch schon weiter.

Kurz noch machte er neben Jackson halt. „Es wäre besser, wenn sie ihre Fäuste im Zaum halten, wenn sie noch einmal einen OP von innen sehen wollte.“ Avery schürzte die Lippen. „Im Moment kann ich darauf verzichten.“, antworte er kühl, verpasste Alex noch einen Schubs und schritt auch schon erhobenen Hauptes und mit stolz nach vorne gerecktem Kinn weiter. Er hatte ja keine Ahnung wer diese Ärzte waren! So kümmerte er sich auch nicht weiter um die irritierten Blicke. Dringend musste er sein Gemüt abkühlen, weshalb er jetzt auch schnellen Schrittes durch die Gänge eilte.
 

Auch Meredith war noch immer mit der Suche beschäftigt, weshalb sie schon vollkommen außer Atem stehen blieb. Dabei huschte ihr Blick aufmerksam über die Umgebung.

„Da bist du ja!“

Erleichterung machte sich in Meredith Blick breit, als sie stehen blieb und die Rückenansicht der gesuchten Person betrachtete. Einmal atmete Grey noch tief durch, bevor sie etwas langsamer in die Richtung schritt. Ein Stein fiel ihr vom Herzen, aber nur um einem dicken Kloß in ihrem Hals Platz zu machen.
 

“Kennt ihr es auch? Dieses Stechen im Herzen? Diesen Schmerz der sich auf einmal breit macht, noch bevor etwas geschieht? Aus trüber Vorahnung wird auf einmal klare Gewissheit. Solch ein Schmerz kündigt sich bereits an, noch bevor etwas geschieht.“

(M.G.)

I. Begegnungen und Verlust

„Die Qualen die uns zeitweise heimsuchen lassen uns zusammenbrechen. Eine so schreckliche Pein habe ich selten erlebt und ich weiß genau, was Schmerzen wirklich sind. Doch was verletzt einen mehr? Eine Kugel direkt in die Brust oder der stechende Blick eines Freundes, der nicht mehr bereit für eine Freundschaft ist?“
 

(M.G.)
 

I. Die Geister der Vergangenheit

3. Kapitel: Begegnungen und Verlust
 

Es war eine mittelgroße Katastrophe und er ahnte noch nicht mal davon, was sein kleiner Ausbruch für schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen würde. Noch immer wütend die Hände zu Fäusten geballt, stapfte er durch die Gänge des Krankenhauses. Eine steile Falte hatte sich auf der Stirn von Jackson gebildet, als er langsamer wurde und angesäuert zu Boden sah. Sein Herz schlug wie wild und er hatte das dringende Verlangen irgendwas zu zerstören. Doch gleichzeitig drängte sich ihm die Frage auf, was ihn so in Rage versetzte. Alex hatte schon früher oft den Bogen überspannt, aber damals hatte er nicht halb so aggressiv reagiert. Vielleicht war es einfach die Tatsache, dass April der letzte rettende Ast in einer Strömung war. Sie war die Einzige, die er seit dem Amoklauf von Gary Clark noch hatte, weshalb er sich wie verzweifelt an ihre Freundschaft klammerte. Dabei wurde ihm schmerzlich bewusst, dass er sie schon beinahe verloren hatte. Vielleicht wurde es langsam Zeit, dass er sich etwas um sie bemühte, denn ansonsten war er bald alleine. Dann ertrank er zwischen all den Assistenzärzten des ehemaligen Seattle Grace Hospitals. Er knirschte mit seinen Zähnen und atmete einmal tief durch, als eine dünne Stimme an sein Ohr drang.

„Entschuldigung…“

Er wandte sich um und sah in ein großes Paar Augen. „Harper?“, fragte er knapp und konnte sich ein erneutes Seufzen nicht verkneifen. Die junge Anfängerin Tamina Harper war zeitweise wirklich anstrengend. Sie tauchte zu den unmöglichsten Momenten auf und hatte das Potential immer über alles genau Bescheid zu wissen. So auch jetzt, denn sie reichte ihm mit einem breiten Grinsen einen Beutel mit Trockeneis. „Kann ich was für Sie tun?“, fragte Jackson nach und nahm ein bisschen widerwillig den Eisbeutel entgegen, der sogleich auf seiner Hand landete.

„Sie können tatsächlich was für mich machen, Dr. Avery.“ Sie strahlte förmlich, wurde dann aber schlagartig ernst. „Ich möchte gerne in einen Operationssaal und an einer OP teil nehmen.“ Der angesprochene Arzt schmunzelte. „Nun, dann haben Sie sich den falschen ausgesucht.“

Mit einem kleinen Zwinkern drehte er sich um und ließ die etwas verwirrte Tamina zurück. Jackson betrat keine Operationssäle mehr. Genauso wie Cristina verband er damit so furchteinflößende Erinnerungen, dass er nachts schreiend aufwachte! Somit konnte er getrost darauf verzichten. Er sah auf seine lädierte Hand herab und schüttelte leicht seinen Kopf. „Dieser Idiot…“, raunte er und verschwand rasch im Ärztezimmer.
 

Ein wenig verwirrt blick Dr. Harper zurück und zog leichthin ihre Augenbrauen zusammen. „So was...“, murmelte die Anfängerin und seufzte dann auch schon auf. „... was mach ich den jetzt!“ Sie stemmte ihre Hände in die Seite und blies die Wangen einen Moment lang auf, bevor sie los stampfte. Warum nur wurde es einem engagierten Neuling so schwer gemacht an eine Operation zu kommen. Das war schlichtweg nicht fair. Mit einer ziemlich deutlichen Schnute auf den Zügen bog sie um eine Ecke und ... knallte mit voller Wucht gegen einen anderen Arzt.

„Aua...“, murmelte die junge Frau und rieb sich kurz die Nase, bevor sie auch schon erkannte, gegen wen sie da gerade gelaufen war. „Dr. Shepard...!“ Das Entsetzten stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. Dr. Derek Shepard. Chef der Neurochirurgie und ehemaliger Chefarzt der Chirurgie war wohl nur noch ein Wrack seiner selbst! Zerzauste Haare, einen Vollbart, in dem sich die ein oder anderen grauen Haare wiederfanden und am schlimmsten seine Augen, die mit dunklen Ringen geradezu unterlaufen waren! Auch wenn er wieder zurück im Krankenhaus war und hier eine grandiose Arbeit ablieferte, nagte der Amoklauf noch sehr an ihm. Derek gab sich die Schuld an all dem und konnte mit dem Tod seiner Kollegen einfach nicht umgehen. „Vorsicht, nicht das Sie noch einige Patienten umrennen.“, sagte er nur und lächelte flüchtig. Für einen Moment blitzte der alte Charme in seinen Zügen auf, bevor er sich an Tamina vorbei schob und seines Weges zog. Dicht gefolgt von niemand anderem als Mark Sloan, der sich in diesen schwierigen Zeiten als wahrer Freund herausstellte. Jeder wusste, dass es ihm nicht gut ging, aber er sah trotzdem grandios gut aus, weshalb sich Tamina dabei ertappte ihm einen Moment nachzuschauen.

„Natürlich, Dr. Shepard...“, nuschelte sie hastig und lief weiter.

Mark warf noch einen Blick über seine Schulter und seufzte einmal auf. „Entweder werden die Ärzte immer Jünger oder ich immer Älter...“, stellte er mit einem deutlichen Seufzen fest, woraufhin Derek einfach nur ein bisschen grinste. „Finde dich besser damit ab Mark, dass du es bist, der langsam aber sicher mit großen Schritten dem Rentenalter.“

Mark hob eine Augenbraue. „Du wirst bösartig mein Freund. Richtig und absolut bösartig, seit du angeschossen wurdest.“

“Ach lass mir doch die Bösartigkeit... zumal du es nicht anders verdient hast.“

Die beiden Männer sahen sich einen Moment lang schweigend an. „Hast du endlich mit Meredith geredet? Du kannst nicht ewig bei mir auf dem Sofa schlafen.“, kam dann von Mark.

„Lass es sein.“

Mehr sagte Derek dazu nicht. Er wollte nicht darüber reden wo er schlief und warum er zur Zeit mit seiner Klebezettel-Ehefrau kein Wort wechselte! Das hatte tiefe, emotionale Gründe und zuerst musste er selber wieder stabil sein. Die Wunden seiner Seele mussten sich heilen lassen, bevor er sich tatsächlich wieder um Meredith kümmerte, die es ihm nicht immer leicht machte. Im Moment konnte er ihre leidenden Augen nicht gebrauchen und so hielt er sie auf Distanz, ganz gleich was für Schmerzen er der Frau, die er liebte damit zufügte. Hin und wieder musste man im Leben egoistisch sein!

Mark schürzte seine Lippen, öffnete er den Mund, als wolle er etwas sagen, doch als er den Ausdruck auf Dereks Zügen sah, verstummte er sogleich. Er blinzelte und folgte dem Blick des anderen Mannes. Fassungslosigkeit trat in das Gesicht von Mark. Mit halb offenem Mund starrte er genauso wie Derek hinüber zu niemand anderen als Preston Burke! „Das glaub ich jetzt nicht...!“ Nicht zu fassen, was Richard Webber sich da erlaubte. Er konnte doch nicht so ohne weiteres Burke zurück in dieses Krankenhaus holen, nachdem er hier so viel Unruhe gestiftet hatte.

„Derek warte!“ Der letzte Ausruf von Mark, bevor er auch schon Shepard in Richtung Burke folgte.

„So? Wieder im Lande?“, fragte er unvermittelt. Die Arme leicht vor der Brust verschränkt, schaute er mit leicht provokantem Ausdruck auf den Zügen zu Preston, der jäh sein Gespräch mit dem anderen Mann unterbrach.

„Mit solch einer Begrüßung hatte ich wahrlich gerechnet.“, schmunzelte der Kardiochirurg und sah wie immer ein wenig hochnäsig über den Rand seiner Brille zu den anderen Ärzten.

„War auch irgendwo verständlich, nachdem Sie uns von heute auf morgen verlassen haben, nicht wahr?“, fragte Derek und tauschte einen kurzen Blick mit Mark. So große Stücke hatte er einst auf Preston Burke gehalten, doch mittlerweile traf nur noch eine Bezeichnung auf diesen zu: Erbärmlich!

Burke lächelte ein wenig. „Nun, ich habe ein Angebot bekommen und bin gegangen. Aber das dürften Sie ja wohl kennen, oder irre ich mich, dass sie genauso vor ihrer Vergangenheit geflohen sind, als sie nach Seattle kamen.“, gab er ein wenig dreister zurück. Das Beide sich inzwischen wieder siezten war nicht zu überhören und ebenso wenig war die angespannte Stimmung unter den Chirurgen nicht zu übersehen! Ein Räuspern unterbrach die Situation und schon richtete sich Dereks Augenmerk auf den jungen Arzt, der neben Burke stand. Langsam und überaus skeptisch wanderte seine Augenbraue nach oben.

„Sie müssen Derek Shepard sein. Ich habe schon eine Menge Positives von Ihnen gehört.“, kam über die Lippen des Mannes, der ganz unverkennbar aus Irland stammte. Der Akzent war mehr als deutlich! Freundlich streckte er seine Hand aus und wartete nur darauf, das Derek diese ergriff. „Sie haben einen unfairen Vorteil: Sie wissen wer ich bin.“

Er grinste flüchtig, wobei seine tief blauen Augen förmlich strahlten. „Dr. Andrew Gallagher. Ich arbeite seit Jahren mit Preston zusammen und bin wegen einem Fall aus Galway angereist.“, erklärte er sogleich und reichte auch Mark seine Hand. Nur kurz stellten sich die Ärzte einander vor, ehe sich eine unangenehme Stille über die Vier legte. Mark war es, der die Stille durchbrach. „Sie sind wegen einem Fall zurück im Krankenhaus?“

Eine Frage, die Preston galt, allerdings ruhte sein Blick gerade auf etwas anderem, oder viel eher auf jemand anderen! Lexie Grey durchschritt gerade mit gesenktem Kopf und schlurfenden Schritte die Aula. Fast schon schnell und gehetzt wirkten ihre Schritte, als sie den Ausgang ansteuerte. Es versetzte ihm ein Stich im Herzen und wieder überkam ihm das dringende Bedürfnis, auf sie zuzulaufen, sie in seine Arme zu ziehen und vor allem Übel dieser Welt zu beschützen!! Doch er konnte nicht, denn Lexie wollte ihn nicht mehr. Diese junge Frau hatte ihm das Herz gebrochen und weigerte sich ihm noch eine Chance zu geben. So hatte er resigniert und auch jetzt lähmte ihn das Gefühl vor einer erneuten Verletzung. Kurz schluckte er, knirschte mit den Zähnen und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Burke.

„Ja. Ein kleiner Junge. Ich habe ihn vor kurzem von der irischen Klinik übernommen. Wir entwickeln derzeit ein neues Operationsverfahren, um ihm das Leben zu retten.“, erklärte Burke mit einem knappen Schulterzucken.

„Das neue Verfahren wird die Kardiochirurgie erheblich verändern und uns alle einen großen Schritt voraus bringen.“, ergänzte Dr. Gallagher mit einem zufriedenen Lächeln.

„Nun.“, ertönte eine Stimme direkt hinter Preston. Bislang hatte nur einer die zierliche Asiatin bemerkt. Derek. Die ganze Zeit stand sie dort schon und lauschte den Worten von Preston. Beinahe hasserfüllt war der Blick, während ihre zierlichen Finger zu Fäusten geballt waren. Ihre ganze Körperhaltung war angespannt und ihre Zähne waren knirschend aufeinandergepresst. Am liebsten wäre sie wohl Burke ins Gesicht gesprungen! Nur wenige Meter hinter ihr stand Meredith, die sie gerade erst entdeckt hatte und nun zur Salzsäule erstarrt die Szene beobachtete.

Burke und Gallagher drehten sich abrupt um und sahen in das wutverzerrte Gesicht von Dr. Cristina Yang.

„Nun?“, fragte Andrew nach und tauschte einen kleinen Blick mit Burke. Er konnte sich schon denken, wer da gerade stand.

„... Sie sollten aufpassen, dass er Sie in seinen Zeitungsberichten über die neue Studie dann auch erwähnt und nicht einfach verschweigt. Preston Burke gilt wohl als der egoistischste Mann unter Gottes Sonne, also sein Sie vorsichtig, wenn Sie auch ein Stückchen des Kuchens wollen!“

“Crist...“

„Ich bin Dr. Yang. Und nun entschuldigen Sie mich Dr. Burke.“, kam eiskalt über ihre Lippen, als sie erhobenen Hauptes an ihm vorbei stolzierte und die Männer stehen ließ.

„Cristina...“, rief Meredith und hob ihre Hand. Kein Wort ihrer besten Freundin. Kein Blick. Gar nichts. Sie wurde wie so oft ignoriert und das, wo sie Cristina im ganzen Krankenhaus gesucht hatte. Resigniert ließ Meredith ihre Hand sinken und sah einen Moment betröpfelt zu Boden.

Andrews Augenbraue wanderte nach oben und beinahe lässig stemmte er seinen Arm in die Seite. „Ich lege es nicht darauf an, berühmt zu werden, so lange ich Menschen retten kann.“, sprach der Chirurg und beobachtete noch ein bisschen fasziniert die zierliche Asiatin, die wohl vor Wut schäumte und vor der sich ein Mann wohl in acht nehmen sollte.

Ganz so leicht wollte sich Burke aber nicht geschlagen geben. „Hör nur nicht auf sie.“, winkte er eilig ab. „Sie kommt wohl nicht damit klar, dass ich sie vor dem Traualtar verlassen habe.“ Er tat ein paar Schritte in die Richtung von Cristina und rief bereits ‚Dr. Yang.’, als sich ihm niemand anderes als Derek in den Weg stellte.

Cristina hatte sein Leben gerettet und somit würde er nicht zulassen, dass ihr ein selbstverliebter Vollidiot wie Preston noch einmal das Herz brach. Die beiden Chirurgen standen sich stumm gegenüber, starrten einander an, bevor sich Burke abwandte. „Ich zeig dir das Ärztezimmer.“, raunte er in die Richtung von Andrew, der sich ziemlich erheitert von der Situation abwandte und seinem guten Freund in Richtung Ärztezimmer folgte.

Meredith schluckte hart. Nach all den Tagen stand sie endlich wieder vor Derek und so trat sie auf ihn zu, lächelte, doch... Derek wandte sich ab und folgte Cristina in Richtung Ausgang. So blieben nur noch der überaus verwirrte Mark und Meredith zurück.

„Er hasst mich oder...?“, fragte Meredith leise.

„Nein ... er muss nur erst sich selber wieder finden, bevor er zu dir zurück kommt. Gib ihm etwas mehr Zeit, Meredith.“ Er lächelte flüchtig, klopfte ihr auf die Schultern und war bereits drauf und dran selber seines Weges zu ziehen, als Meredith ihre Stimme erhob. „Befolgst du deinen Rat auch selber?“

Er blinzelte.

„Sie wird zu dir zurückkommen Mark, da bin ich mir sicher.“

Er hob seine Hand. „Nicht, Meredith. Lass es...“ Mark seufzte. Er konnte und wollte nicht über Lexie reden. Nicht mit Meredith. Nicht mit der großen Grey und so ließ er Meredith genauso alleine stehen, wie es zuvor Cristina und Derek getan hatten. Sie blinzelte und seufzte dann auf. Warum nur wandten sich alle von ihr ab? Das war ... nicht fair. Ihr Blick wanderte gen Boden, als sie völlig resigniert ihre Arme sinken ließ...
 

Bitter liegt einem der Schmerz auf der Zunge und hinterlässt einen so üblen Nachgeschmack. Manche Dinge die man gesagt und getan hat, lassen sich nicht mehr zurücknehmen, doch warum muss man so sehr darunter leiden? Können die Qualen nicht einfach ein Ende finden und Fehler in Vergessenheit geraten?

(M.G.)

I. (Neue) Lebenswege

Halli Hallo :)

Fertig ist ein neues Kapitel :)

Ab jetzt nehme ich gerne Ideen von euch an. Also falls ein Leser einen Wunsch hat, kann er diesen gerne in einem Kommentar oder einer Privaten Nachricht erwähnen und ich schau ob ich es einbringen kann.
 

Ich würde mich sehr über weitere Kommentare freuen :)

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Der Regen fällt und wäscht die Sünden rein. Aber er nimmt nicht den Schmerz, der in der Seele eines Menschen inne wohnt. Manchmal wird einem Herz sehr viel Schaden zugefügt. Die Risse, die nicht mehr genäht werden können und immer wieder neue Schmerzen verursachen.
 

(M.G.)
 

I. Die Geister der Vergangenheit

4. Kapitel: (Neue) Lebenswege
 

Fahrig strich sich Mark durch seine Haare und seufzte nur einmal auf. Wie konnte er Lexie nur zurück gewinnen? Mittlerweile war es nur noch die kleine Grey, die sein Denken dominierte. Die einzige Frau mit der er sich eine Zukunft vorstellen konnte. Immer wieder sah er sehnsuchtsvoll zu ihr hinüber. Er konnte doch genau erkennen wie Lexie litt, aber sie wollte seine Hilfe nicht und so hielt er Distanz und hoffte, dass sie eines Tages zu ihm zurückkehren würde, selbst wenn diese Hoffnung vergebene Liebesmühe war. Wie so oft wandte er sich beinahe mechanisch seinen Arbeiten zu, als eine Frau in sein Blickfeld trat. Mark stoppte abrupt und starrte ihr entgegen.

„Du sollst damit aufhören!“, sagte sie und hob drohend ihren Zeigefinger. Schuldbewusst senkte Mark sein Haupt. „Ja, ich weiß.“

“Sag nicht, ja ich weiß, denn du weißt es nicht, Mark!“, betonte die andere Chirurgin erneut.

„Dann weiß ich es nicht, Callie...“ Er seufzte resigniert auf. „Aber was soll ich machen?“, kam leise von ihm und wieder sah er leicht frustriert auf den Boden.

„Du solltest vielleicht langsam aufhören nur rumzujammern und wieder auf die Beine kommen. Der Amoklauf ist inzwischen sechs Monate her. Nimm dir ein Beispiel an mir und Arizona. Wir machen weiter. Wir leben wieder unser Leben und lassen uns nicht weiter davon beeinträchtigen. Lexie hat sich gegen dich und damals für Alex und jetzt für das allein sein entschieden. Also hör du auf stehen zu bleiben. Beweg dich endlich!“

Mark zog seine Augenbrauen leicht zusammen. „Das sagt sich so leicht.“, schmollte er ein wenig, doch er wurde von Callie nur in die Seite gekniffen. „Beweg dich! Los! Los!!“ Sie verpasste Mark einen Schubs, woraufhin er sie nur verwirrt anblickte.

„Okay, aber...“, versuchte er nochmal einen Einwand zu bringen, doch vergebens.

„Was soll ich den machen?“, wollte er dann wenigstens noch wissen.

„Du hast ein Blind Date. Um 8 Uhr in der Dahlia Lounge und jetzt Bewegung!“, lachte die Chirurgin auf.

„Warte mal, was meinst du mit Blind Date...“

Mark wirkte verzweifelt, als Callie ihm die Krankenakte entwand und ihn weiter Richtung Ärztezimmer schon. „Das wirst du dann schon sehen!“, betonte sie und band ihm eine blaue Schleife an den Arm. „Sieh es als kleine Ablenkung von Lexie Grey.“

Eine Betonung, dass er eigentlich nur Lexie wollte, schien keinen Sinn mehr zu haben, weshalb er mit einem kleinen Seufzen aufgab. „Du weißt hoffentlich wie ungerecht das ist.“, maulte er noch leicht, doch das Auflachen seiner besten Freundin verriet, dass er jetzt sowieso schon verloren hatte.

„Ein Blind Date... ich und ein Blind Date!“, grummelte Mark vor sich hin, als er sich im Ärztezimmer umzog. Callie lehnte sich mit einem zufriedenen Lächeln an die Tür und zückte ihr Handy um ihrer Lebensgefährtin eine kurze Botschaft zu übermitteln, doch heute kam keine Erwiderung.
 

Arizona seufzte auf und blickte auf ihr Handy. ‚Hey Süße, hab mit Mark geredet... ich hoffe es bleibt bei unserem Date ;)’, stand dort. Absender: Calliope! Die blonde Chirurgin seufzte auf und strich sich durch ihre Haare, bevor sie ihr Handy zurück in die Tasche steckte. Was sollte sie sagen oder denken oder machen? Es war so schwierig mit Callie und im Moment sehnte sie sich ein bisschen nach ihrer Freiheit zurück. Natürlich liebte sie diese Frau abgöttisch, aber trotzdem blieb da ein Rest Sorge bestehen.

Sie atmete tief und laut durch und ließ ihren Blick schweifen. Direkt neben ihr saß eine schwarzhaarige Frau, die sie nun mit großen Augen anschaute. „Ist ... ähm ... ist alles in Ordnung, Dr. Robbins.“, fragte die Frau mit den großen Kulleraugen nach.

Robbins seufzte. „Es muss ja wohl alles in Ordnung sein, wobei ich dich das auch fragen könnte... kleine Grey.“

Lexie grinste flüchtig, nickte, schüttelte ihren Kopf, zuckte mit den Schultern und seufzte dann ebenso auf. Nervös knetete sie ihre Hände und wirkte einen Moment in ihrer Gedankenwelt versunken. „Ich wünschte es würde aufhören...“, flüsterte sie leise und hob ihren Blick um wieder zu Arizona zu schauen.

Mit einem Mal veränderte sich der frustrierte Ausdruck auf deren Zügen. Mitleid trat in ihren Blick und sie legte sogleich eine Hand auf ihre Schulter. „Irgendwann wird es besser werden, glaub mir.“

“Wie? Wie soll es besser werden? Es sind so viele Menschen gestorben und sind nicht mehr hier bei uns. Alles hat sich verändert. Vor zwei Jahren war ich glücklich. Ich war mit einem richtig tollen Mann zusammen, hatte Freunde, eine tolle Arbeit und habe endlich Kontakt zu meiner Schwester gefunden und jetzt, sehn Sie mich an. Ich bin alleine, mein bester Freund ist gestorben, als er einen Menschen gerettet hat, der Mann den ich liebte, hat mich verlassen und den Mann liebte hat meine Gefühle nicht erwidert und mich von sich gestoßen. Jeden Tag aufs Neue fürchte ich mich, wenn ich in die Arbeit gehe und dort Entscheidungen treffe, denn vielleicht komm mal wieder jemand mit einer Knarre und erschießt Menschen die ich mag!“ Von Sekunde zu Sekunde war sie lauter geworden und eine kleine Träne kullerte über die Wange von Lexie.

Arizona sah sie aus ihren großen, blauen Augen heraus schweigend an, bevor sie aufstand und ohne ein Wort die Hand von Lexie nahm. „Komm mit... ich weiß was du brauchst.“ Lexie schniefte, wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und ließ sich dann von der blonden Chirurgin mitziehen.

Zusammen verließen sie Joe’s Bar, genauso wie Owen Hunt, der die ganze Zeit schweigend in einer Ecke gehockt hatte und nun den Weg zurück ins Krankenhaus suchte. Er war verwirrt und hatte das Gefühl, dass das Schicksal es nicht gut mit ihm meinte. Wie konnte er seinen Weg weiter gehen, wenn ihm immer wieder neue Steine, in Form von nervigen Ex-Freunden, entgegen geworfen wurden? Blieb nur zu hoffen, dass er eine Möglichkeit fand noch mit Cristina zu reden, denn die Angst sie zu verlieren war größer den je. Leider war Cristina so sehr mit sich selber beschäftigt und merkte nichts von seiner großen Sehnsucht.
 

„Cristina, warte...“, rief Derek und folgte der Asiatin ein paar Schritte schneller.

Sie hatte ihre Hände zu Fäusten geballt, die Zähne aufeinandergedrückt und eilte durch die Gänge des Krankenhauses.

„Derek, ich weiß dein Engagement und deine Führsorge um mich wahrlich zu schätzen aber ich muss dir ehrlich sagen, dass ich lieber meine Ruhe hätte.“, knurrte Cristina bissig und erntete einen besorgten Blick von Derek, der seine Augenbrauen zusammenzog und sich kurz räusperte.

„Ich weiß, es ist hart für dich und ich verstehe“-

Cristina schnitt ihm das Wort ab und hob dabei ihre Hand, kniff die Augen leicht zusammen und atmete einmal tief durch. „Du verstehst gar nichts Derek. Ich versuche hier die Scherben meiner eigenen Selbst zusammenzusammeln und dabei brauche ich niemanden. Weder dich, noch Owen oder Meredith.“ Sie klang kühl und distanziert, beinahe so als habe sie kein Verlangen mehr mit jemanden zu reden, als ob sie mit ihrem Leben langsam abschloss.

„Aber manche Sachen kannst du nicht alleine schaffen.“, versuchte Derek sie noch umzustimmen, aber Cristina schüttelte nur abwehrend den Kopf. „Na da redet wohl gerade der Richtige... solltest du dir nicht auch langsam helfen lassen.“

Cristina drehte sich um und ließ Derek ganz einfach stehen, der ihr nur mit bitteren Blick nach sah. „Ich weiß.“, murmelte er leise, drehte sich um und vergrub die Hände in den Taschen seines Arztkittels. Cristina stieß indes die Tür vom Treppenhaus auf und lief die Treppen nach unten in Richtung des Keller und öffnete schließlich die Tür zum Lüftungsraum. „Oh ... Owen ...“

Der Unfallchirurg stand auf der Lüftung und atmete einmal tief durch, bevor er sich zu ihr umdrehte. Abwesend und auch ein wenig verzweifelt wirkten seine tief blauen Augen am heutigen Tag.
 

Elendig.

Genau das war das richtige Wort um seinen Momentanen Gefühlszustand zu beschreiben. Er fühlte sich erbärmlich und war mittlerweile absolut genervt, aber was blieb Jackson anderes übrig? Er musste jeden Tag aufs Neue ins Krankenhaus und lebte einfach monoton vor sich hin. Das Krankenhaus, Joe’s Bar und Meredith’ WG war das Einzige, das noch sein Lebensmittelpunkt war. Er schniefte, öffnete die Tür des Hauses und ... knallte gegen niemand anderen als April die nachdenklich im Gang stand.

„Autsch.“, raunte er und taumelte zurück, als sich tausende von Zetteln über den Boden verteilte und April mehr als verwirrt drein sah.

“Pass doch auf, Jacky.“, maulte sie und nannte ihn dabei unbewusst bei seinem Spitznamen. Mit einer Schnute zeigte er ihr, wie wenig er das doch mochte, aber dann huschte sein Blick auf die ganzen Papiere. „Oh. Sorry.“

April war schon in die Hocke gegangen und sammelte die Zettel auf. „Macht nichts.“, murmelte Kepner, als Jackson ihr zu helfen begann.

„Warum stehst du wie angewurzelt mitten im Gang?“, fragte er nach, als sein Blick auf eine fettgedruckte Schrift auf einen der Zettel fiel. ARBEITSVERTRAG stand dort in dicken Lettern, weshalb er blinzelte. „April, was ist DAS?“, stieß er aus und deutete mit entsetzten Ausdruck auf den Zügen auf die Buchstaben. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und einen Moment schien die Zeit förmlich stehen zu bleiben. „April?“, fragte er dann nochmal nach, als sie ihm die paar Zettel abnahm.

Sie schürzte ihre Lippen, drückte die Zettel an ihre Brust und sah ihn mit einem kurzen Schulterzucken an. „Ich habe einen neuen Job. Das Krankenhaus wird von jetzt an auf mich verzichten müssen.“

Ihm wurde heiß und kalt, als er sich langsam aufrichtete und sie dabei noch immer geschockt ansah. „Du kannst nicht ... du du du ... kannst doch nicht einfach … ich meine…“, stammelte er vor sich hin und schluckte einmal hart. „Du willst weg? Wieso?“ Sollte er sich enttäuscht fühlen oder traurig? Wütend weil sie ihn verließ?

„Na warum will ich wohl weg, Jackson. Glaubst du ich bin glücklich im Krankenhaus? Glaubst du mir geht es gut mit den Kollegen? Bist du wirklich der Ansicht, dass ich gerne arbeiten gehe?“, fragte sie ruhig nach und betrat die erste Stufe der Treppe.

Jackson knirschte leicht mit seinen Zähnen, sah sie aus großen Augen an und schüttelte dann nur seinen Kopf. Ihm fehlte jeglichen Worte, denn mit einem Mal schloss sich ein kaltes Gefühl um sein Herz und er konnte sich dem Eindruck nicht erwähren, dass es jetzt zu spät war. Er verlor den letzten Menschen, der ihm nach den schrecklichen Taten von Gary Clarke geblieben war.

„Glaub mir, das ist besser so für mich, ich bin sicher, du wirst mich nicht mal vermissen.“ Sie lächelte flüchtig und war schon auf den Weg nach oben, als Jackson endlich seine Sprache wieder fand.

„Und ob ich dich vermissen werde! April, wir haben gemeinsam angefangen und du bist doch meine beste Freundin!“, rief er und schloss auch schon nach ihr aus. „Das ist absolut ungerecht was du machst! DU kannst mich doch nicht einfach so alleine lassen!“ Die Wut hatte sich über die maßlose Enttäuschung die Angst sie zu verlieren hinweg gesetzt. Sie blinzelte ein paar Mal und starrte auf die Hände, die sich jetzt an ihre Schultern gelegt hatten. Am liebsten würde Jackson sie rütteln! Sie flehen zur Vernunft zu kommen, nur damit er nicht noch eine Freundin verlor! Aber Aprils Entschluss stand fest und so schob sie ihn ruhig aber bestimmt von sich. „Ich habe bereits gekündigt.“

Jackson fühlte sich, als ob er eine gewaltige Ohrfeige bekommen hatte. Resigniert ließ er seine Hände sinken. „Schön... grandios wie du eine Freundschaft mit Füßen trittst.“, stellte er patzig fest, schob sich an ihr vorbei und trampelte sauer in Richtung seines Zimmers! Die Tür knallte hinter ihm zu. April zuckte zusammen und sah ihm ein wenig traurig nach. „Du hättest dich auch ganz einfach für mich freuen können, denn so was würden Freunde auch machen.“ Es war ja wohl klar, dass Jackson und April keine Freundschaft führten. Das er ganz anders darüber dachte, ahnte sie nicht. Auf jeden Fall fühlte er sich gerade verraten und im Stich gelassen!
 

Schmerz hat einfach viel zu viele Formen und kommt meistens dann, wenn man sowieso schon so viel leiden musste...

(M.G.)

I. Konfrontation

„Wusstest ihr, dass Trauer auch eine Form des Schmerzes ist. Es ist der Schmerz der Seele. Es ist das Gebrechen das nicht geheilt werden kann. Nur die Zeit heilt solche Wunden, kann diesen Schmerz verschwinden lassen und genau das habe ich nicht. Zeit! Zeit zum heilen, denn ich will eigentlich nur Zeit zum glücklich sein. Ihr nicht auch?“

(M.G.)
 

I. Die Geister der Vergangenheit

5. Kapitel: Konfrontation
 

Meredith saß wie apathisch auf einem der Stühle im Empfangsbereich und starrte stumm und schweigend vor sich hin. Ein Alarm, gefolgt von einer Durchsage ließ sie langsam ihren verklärten Blick heben. ‚Notfall auf der Kinderintensiv. Notfall auf der Kinderintensiv.‘, tönte es durch die Gänge. Herzalarm. Meredith schluckte und schneller als sie denken konnte, stand sie auch schon auf den Füßen und rannte los. Noch unterwegs zog sie sich Handschuhe über und riss die Tür auf. Ein entsetztes, verzweifeltes Ehepaar fiel ihr als erstes ins Auge, bevor sie Burke und diesen unbekannten jungen Mann – Gallagher Andrew – sah. Beide kümmerten sich bereits um die Reanimation.

„Kann ich helfen?“

„Ja!“

Sofort stand Meredith am Bett des Jungen und vergaß darüber hinaus die Zwistigkeit mit Burke. Das Surren des Defibrillators lag in der Luft, gefolgt von einzelnen Anweisungen an Schwestern und Assistenzärzte. Meredith kümmerte sich um die Herzmassage, als nur ganz schwach die Herztöne des Jungen erklangen.

„Wir brauchen sofort einen OP.“, wies der Ire sie ein wenig schroff an, woraufhin Meredith sogleich nickte.

Telefon. Nummer. OP-Buchung. Alles beherrschte sie ohne wirklich darüber nachzudenken. In all den Jahren war es zur Routine geworden. „Piepen sie Karev, Bailey und Yang an. Wir brauchen alle helfenden Hände.“, kam die nächste Anweisung von Burke.

„Yang?“ Meredith stutzte.

„Irgendwelche Probleme damit.“ Für ein paar Sekunden starrten sich die Beiden an. Durch Meredith Kopf wanderten so viele Gedanken. Er hatte sie vor dem Altar verlassen, hatte sie kaputt gemacht und es hatte lange gebraucht, das Cristina endlich wieder geheilt war. Doch jetzt war sie sowieso nicht mehr sie selbst und vielleicht konnte ihr eine OP helfen. Sie schluckte den dicken Kloß der sich in ihrem Hals gebildet hatte herunter. „Keine Probleme, Sir.“

Schon wurde das Bett von Toby in Richtung von OP 2 geschoben und die angeforderten Chirurgen wurden informiert. Andrew wechselte noch ein paar Worte mit den Eltern und Meredith … stand einen Moment wie gebannt im immer leerer werdenden Behandlungsraum. Sie fühlte die Angst, die Unsicherheit, denn die ganze Zukunft war so ins wanken geraten. Einmal mehr wurde ihr genau das bewusst.

„Alles in Ordnung?“, ertönte eine ruhige Stimme. Der irische Arzt stand noch immer im Türrahmen und sah mit fragendem Blick zu ihr hinüber und für einen Moment stutze Meredith bei dem klaren Blick aus seinen Augen. Kristallblaue Auge strahlten ihr entgegen und für einen Moment hatte sie das Gefühl, Derek könnte sie anschauen. Doch solch einen Blick hatte er ihr schon lange nicht mehr geschenkt, weshalb sie einmal bitter schluckte. „Ich weiß es nicht.“, antwortete Meredith leide und schluckte einmal.

„Wenn Sie sich die OP nicht zutrauen, dann sollten Sie besser kein Risiko eingehen.“, wies der Arzt sie dann ein wenig ernster darauf hin, dass es hier um Menschenleben ging. Meredith sah zu Boden. „Ich kann das, Sir.“ Grey nickte eifrig und sah wieder entschlossen zu dem irischen Arzt, der nach kurzem Zögern nickte. „Gut.“

Somit eilten auch diese beiden Chirurgen in die Richtung des Operationssaales, als die Pieper von Alex, Miranda und Cristina ihre typischen Töne von sich gaben.
 

„Oh ... Owen ...“

Ganz dünn drang die Stimme der sonst so kühnen jungen Frau an seine Ohren. Augenblicklich ließ Owen seinen Blick sinken, gerade war er tief in seiner Gedankenwelt versunken. Ungläubig drehte er sich um und traute seinen Augen kaum, als er wirklich Cristina erblickte.

Ein beklemmendes Schweigen legte sich über den Lüftungsraum. Nur das leise Brummen des Ventilators war zu hören, während die Beiden einander ansahen. In den letzten sechs Monaten hatte sie kaum Kontakt miteinander, aber hier war alles anders. In diesem Raum, so ungemütlich er auch war, hatten die Beiden eine Menge erlebt. Angefangen mit dem ersten Kuss und geendet mit den ganzen aufwühlenden Gesprächen. Noch immer stand Owen auf der Lüftung als wieder warme Luft aufstieg und seine Kleidung sich leicht bewegte. Dunkel und betrübt wirkten seine Augen an diesem Tag, aber auch Cristinas fehlte der Glanz. Etwas an jenem Tag vor sechs Monaten war erschossen worden und hatte nur einen Hohlraum in ihr zurückgelassen, der nicht mehr gefüllt werden konnte. Ganz gleich wie sehr Owen ihr helfen wollte, sie fühlte sich nur noch weiter entfernt von allem, wofür sie eins gelebt hatte.

Ihr ganzes Leben war aus der Bahn geraten und sie fühlte sich haltlos. Kohlrabenschwarz wirkten ihre Augen, als sie sich durch ihre Haare strich und ihre eigenen Hände am Hinterkopf ruhen ließ. Mit geduckter Körperhaltung warf sie ihm nur nochmal einen Blick zu, ehe sie rückwärts den Raum verließ.

„Cristina.“

Owen tat einen Schritt auf sie zu, wirkte fast schon flehend, während er die junge Frau ansah. Immer mehr Risse fügte sie seinem Herzen zu und langsam wusste er nicht mehr, wie er diese stopfen sollte. Es tat weh ihr gegenüberzustehen ohne ihr Nahe zu sein. Doch noch mehr litt er selber unvorstellbare Qualen, wenn er sah wie sehr das alles ihr zusetzte. Cristina war mehr ein Schatten von sich selbst. Ziellos irrte sie durch die Welt und eigentlich wollte er ihr einfach nur beistehen und mit ihr gemeinsam den Weg aus der Dunkelheit meistern. Aber dazu musste sie ihn lassen, doch Cristina wollte nicht mal mit ihm reden. Allerdings gab sie ihm gerade ein kleines bisschen Hoffnung, als sie zögerte. Nur für ein paar Sekunden blieb sie stehen und schien mit sich selber zu hadern. Für Owen Grund genug noch ein bisschen mehr auf sie zuzugehen. „... rede mit mir Cristina... ich bin hier.“, versuchte er ihr zu signalisieren, auch wenn seine Versuche und Bemühungen auf taube Ohren stießen. Die Mauer des Schweigens umgab Cristina wie eine Festung und ihm fehlte es an der nötigen Angriffstaktik um diese niederzureißen!

„Kannst du mich bitte einfach in Ruhe lassen?“, kam schließlich über die Lippen der Asiatin ohne Owen dabei auch nur anzusehen.

„Nein.“

Cristina stutzte. „Owen, ich meine das ernst. Ich möchte das du mich endlich weiter leben lässt.“, beharrte sie, die Hand noch immer an der Tür liegend. So als ob sie sich auf ihre Flucht vor der Konfrontation mit Owen vorbereitete. Ganz deutlich konnte sie hören und fühlen, wie er sich ihr näherte. Ein kleiner Schauer jagte über ihren Rücken und sie schluckte den Kloß, der sich in ihrem Hals gebildet hatte runter. Doch ohne Erfolg. Das Gefühl der Sehnsucht blieb bestehen und schien noch weiter anzuschwellen, als er das reden begann. „Das Problem an der ganzen Sache ist, dass du nicht lebst... du wanderst Tag ein, Tag aus wie ein Geist vor dich hin und ich weiß genau wie du dich fühlst. Ich war dabei und ich habe das alles auch schon erlebt. Du warst damals diejenige, die mich gerettet hat, bevor ich mein eigenes Leben komplett vergessen habe. Du hast mich ins Leben zurück geholt und jetzt werde ich dich nicht in den Schatten zurücklassen, die sich in dein Herz geschlichen haben. Ich werde nicht zulassen dass du dich aufgibst und irgendwann nicht mehr die Frau bist, die du immer sein wolltest. Auch wenn du jetzt vor mir wegläufst, Cristina. Ich werde nicht aufgeben und weiter darum kämpfen, dass du eines Tages wieder glücklich lebst!“, sprach er und schenkte vor allem seinen letzten Worten besonders viel Betonung. Sollte ihr Leben ohne ihn weiterlaufen, dann könnte er das auch nicht verändern, aber Owen wollte sich niemals zum Vorwurf machen, dass er sie in dieser schweren Zeit alleine gelassen hatte.

Stille kehrte ein und nur das Geräusch der Lüftung ertönte immer wieder, während die beiden Chirurgen regungslos im Raum standen. Keine Erwiderung von Cristina folgte auf die Worte von Owen. Sie hatte ihre Augenbrauen zusammengezogen, schluckte und kämpfte mit einem ganzen Berg an Gefühlen der sich in ihr auftat, doch dann durchdrang das Piepen an ihrem Gürtel die Stille. Fahrig strich sie sich durch die langen Haare, warf einen Blick auf das kleine Gerät und setzte sich schon in Bewegung.

Hinter ihr fiel die Tür ins Schloss und Owen atmete nur einmal tief durch. Wenigstens hatte sie ihn diesmal nicht angeschrien oder war gleich weggelaufen. Er sah das gerade durchaus als kleinen Fortschritt in die richtige Richtung an.
 


 


 

Da stand sie nun. Nur ein paar Schritte vom OP-Saal entfernt und wusch sich ihre Hände. Cristina starrte mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend in den Raum, in dem gerade die Vorbereitungen getroffen wurden. Burke, Meredith und dieser andere Arzt – Gallagher – waren bereits vor Ort. Alex stand neben ihr und warf immer wieder einen Blick über ihre Schulter.

“Jetzt sags schon!“, knurrte Cristina gereizt.

„Gut.“ Alex schwieg noch einen Moment, starrte auf seine Hände und seufzte. „Ich habe dich seit Wochen nicht mehr in der Nähe eines OPs gesehen. Was also machst du hier?“

Cristina sah auf. “Glaubst du ich gönn ihm diesen Erfolg?”, fragte Cristina und nickte in die Richtung des Fensters.

„Burke?! Du machst das wegen Burke?“ Entsetzen spiegelte sich in den Zügen von Alex wieder, als Cristina ihren Mundschutz anlegte. „Ja. Hast du ein Problem damit?“, fragte sie noch nach, wartete aber gar nicht mehr auf eine Antwort und betrat mit einem ziemlich flauen Gefühl in der Magengegend den Operationssaal.

„Dr. Yang.“, nickte Burke knapp und Cristina könnte schwören, dass er hinter seinem Mundschutz gerade grinste.

„Dr. Burke.“

Cristina zitterte innerlich und ließ ihren Blick durch den Saal gleiten. Viel zu allgegenwärtig erinnerte sie sich an jenen Tag zurück, weshalb sie fest ihre Zähne aufeinander biss. Fahrig unterstützte sie die Vorbereitungen, als sie hinauf zur Galerie sah. Dort saß er. Owen. Cristina fühlte einen Schwall der Erleichterung durch sich strömen und sah sekundenlang wie gebannt zu ihm nach oben. Dann gab sie sich einen Ruck und trat vor den Operationstisch. Der wachsame Blick von Meredith ruhte kurz auf ihr, aber dann zählte wohl nur noch die Operation des kleinen Jungen. Auch wenn es Yang schwer fiel, die Gewissheit, dass Owen über sie wachte gab ihr die nötige Sicherheit um nicht weg zu laufen.
 

Fast schon verzweifelt war jemand ganz anderem gerade nach Weglaufen zu Mute! Jackson! Ruhelos tigerte er durch sein Zimmer, lauschte den Geräuschen des Hauses, die eindeutig von April stammten. Erst war sie lang ein ihrem eigenen kleinen Zimmer, hatte wohl irgendwas gesucht, denn eine Schranktür schlug nach der nächsten auf. Vor ein paar Minuten hatte sie geduscht und mittlerweile hatte sich seine Wut über ihre Flucht in grenzenlose Verzweiflung verwandelt. Fahrig rieb er sich über die kurzgeschorenen Haare und neigte der Panik nahe an seiner Unterlippe herum, wodurch sich ein deutlicher Abdruck unter dieser bildete. Sie durfte nicht gehen! April durfte nicht gehen und ihn alleine lassen! Er konnte sie nicht gehen lassen! Warum nur hatte er sich nie um sie gekümmert? Hatte ihre Anwesenheit als selbstverständlich angesehen?? Jetzt schien alles zu spät und der Schmerz, der sein Herz fest umschloss schien förmlich daran zu nagen. Immer wieder kniff er seine Augen zusammen, als er vor seinem inneren Auge April sah, die verschwand. April wollte nicht nur weg aus dem Krankenhaus, sie wollte auch weg von ihm und das war der eigentliche Punkt: Er war nicht bereit die einzige Freundin die er noch hatte gehen zu lassen. Nicht kampflos. Just in dem Moment als ihm das klar wurde, hörte er die Badezimmertür auf gehen. Jackson stürmte los – schlug sich fluchend das Schienbein an seinem Bett an – und wäre beinahe gegen seine Zimmertür gelaufen, doch das alles war egal, denn er wollte einfach nur zu April um sie zum Bleiben zu bewegen!

„April!“, rief er den Gang entlang und war nur wenige Sekunden später bei ihm. Ein paar großer, brauner Augen, die so voller Wärme und Sehnsucht waren strahlten ihm entgegen. Nur eine kleine Falte hatte sich zwischen ihren Augenbrauen gebildet, während sie ihn fragend ansah.

„Du kannst nicht gehen. Bitte...“, sagte er und konnte die Verzweiflung nicht aus seiner Stimme verbannen.

„Jacky...“ April schüttelte ihren Kopf.

„Geh nicht. Bitte. Ich brauche dich...“, fuhr er leise fort und zog sie mit einem Mal an sich. April blinzelte irritiert, als sie in den Armen von Jackson lag, der sie ohne Vorwarnung küsste. Das Handtuch, das um ihre patschnassen Haare gewickelt wurde, rutschte von ihrem Kopf. Fast schwarz wirkten ihre Haare, als sie über ihre Schultern rutschte...
 

„Ich frage mich, warum Gott unsere Körper so programmiert hat, dass wir solche Schmerzen empfinden können... vielleicht um die schöne Zeit danach zu genießen. Wenn der Schmerz nachlässt.“

(M.G.)

II. Konfus

Ich darf euch alle zu meiner neuen Episode willkommen heißen. „Vollkommen zerfetzt“. Mal schauen was diesmal alles passieren wird und ich hoffe natürlich, dass ihr bislang Gefallen an der Story gefunden habt. ^^ Vielen Dank für die Kommentare :)
 

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„Henrys Wadsworth Longfellow hat einmal gesagt: „Sich sorgen ist fast so gut wie sich freuen. Unerträglich wird das Leben für den, der weder Freuden noch Sorgen hat.“

Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich mich in letzter Zeit sehr oft gesorgt habe. Um viele Dinge und langsam frage ich mich, ob es nicht auch mal wieder an der Zeit für etwas mehr Freude im Leben ist. Doch leider ist das eines der wenigen Dinge, die man nicht erzwingen kann. Aber so ist das mit Gefühlen. Sie scheinen einen zu beherrschen und stets durch den Hinterkopf zu spucken. Ich frage mich nur, warum es so schwer ist endlich die Sorgen fallen zu lassen und sich zu Freuen. Vielleicht sollte ein jeder der es sich wünscht einfach mal ausprobieren. Sorgen vergessen. Den kleinen Dingen im Leben Freude widmen und sich davon leiten lassen...“
 

(Meredith Grey)
 

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II. Episode: Vollkommen zerfetzt

6. Kapitel: Konfus
 

Steif wie ein Brett stand April in ihrem Türrahmen und starrte mit großen Augen zu Jackson, der sich nun langsam von ihr löste. Sofort trat die junge Frau einen Schritt zurück, sah ihn noch immer erschüttert und verwirrt zugleich an. Sie schluckte.

„Ich kann aber nicht bleiben...“, murmelte sie und hob rasch ihr Handtuch auf. „... Jackson, ich muss meinen eigenen Weg finden... versuch mich bitte zu verstehen.“ Mit einer hastigen Handbewegung strich sie sich eine dunkle Strähne aus dem Gesicht und sah noch einmal flüchtig in die grünen Augen von Jackson, die vor Enttäuschung und Trauer so matt wie noch nie zuvor wirkten. Resigniert ließ er seine Hände sinken, als April weiter vor ihn zurücktrat und die Hoffnung und auch einen kleinen Teil seines Herzens ganz einfach mit sich nahm. Tief atmete er ein und sah auf das Holz der Tür, die sich vor seinen Augen schloss und nun ihn und April trennte. Er atmete aus und lehnte seine Stirn gegen das raue Holz. Auf der anderen Seite stand April. Zwei Finger auf ihre Lippen gelegt und das Herz bis zum Hals schlagend. Mit dem Rücken ließ sie sich an die Zimmertür sinken und versuchte zu begreifen was gerade geschehen war.

Jacky hatte sie geküsst! Einfach so und das war für die junge Frau, die kaum Intimitäten kannte, eine vollkommen neue Erfahrung. Sicher. Sie mochte Jackson als Freund wahnsinnig gerne, aber es war nicht mehr, was sie empfand... oder etwa doch? Was war es, dass sie gerade spürte, das ihr Herz schneller schlagen ließ und so ein wohliges Kribbeln in ihrem Bauch auslöste? Sie mahnte sich innerlich und schüttelte ihren Kopf. Noch immer stand Jackson an der Tür und hatte seine Augen zusammengekniffen. Es war so schwer an April ran zu kommen um ihr zu vermitteln, wie sehr man sie brauchte. Vielleicht hatte er gerade den falschen Weg gewählt, aber er wollte seine Freundin doch nicht verlieren. Dann war er der letzte Mercy-Westler unter den ganzen Hyänen! Vielleicht war der Gedanke ein wenig drastisch, aber er wollte April nicht aufgeben, zumal er sie wirklich mochte. Es tat ihm weh zu wissen, dass sie ihn nicht mal als Freund betrachtete. Sie waren Kollegen. Nichts weiter. Aber wieso gefiel ihm diese Abstufung so gar nicht. Jackson atmete sehr tief durch, bevor er sich von der Tür abstieß und wie ein geprügelter Hund zurück in sein Zimmer schlurfte. Mit tief traurigem Gesichtsausdruck ließ er sich aufs Bett sinken und starrte an die kahle Wand vor sich. Aus und vorbei. Hatte er jetzt auch noch April verloren? Erst Charlie und Reid, dann April. Wer verschwand als nächstes aus seinem Leben? Er seufzte tief und ließ sich zurück auf das Bett sinken, starrte die weiße Decke an und fühlte sich absolut nutzlos...
 

Nutzlos.

Ja, so fühlte sich Lexie auch, die wie ein braves Schosshündchen von Arizona mitgezogen wurde. Die Blondine hatte sie an der Hand genommen und führte sie seit einer gefühlten Ewigkeit von einem öffentlichen Verkehrsmittel zum nächsten.

“Der Keller des Krankenhauses hätte auch ausgereicht...“, murmelte Lexie mit einem mal, weshalb ihr ein paar große blaue Augen fragend entgegen sah. „Bitte? Ich versteh nicht was du meinst...“

Lexie seufzte auf. „Du...“ – ja die beiden duzten sich nun – „... hättest mich auch eben so gut im Keller des Krankenhauses umbringen können. Mich hätte doch sowieso niemand gesucht. Und hey, da gibt’s sicher ein paar sehr gute Verstecke, schließlich liegen da schon massenhaft Leichen herum. Du musst mich also nicht erst durch halb Seattle führen, bevor du mich umbringst...“, plapperte Lexie und starrte vor sich hin. Arizona lächelte.

„Alexandra!”, mahnte sie und Lexie verzog ihr Gesicht. Sie mochte diesen Namen ausgesprochen ungern. Nur ihre Mutter hatte sie immer so genannt und an diese konnte die kleine Grey gerade nicht denken. „Um ein paar Dinge mal klar zu stellen“, fuhr Arizona fort. „Weder habe ich vor dich umzubringen, noch wird dein Verschwinden unbemerkt bleiben. Du wirst von so vielen Menschen bedingungslos geliebt und somit würdest du einem jedem im Krankenhaus fehlen. Also glaub du nicht, dass du nicht binnen weniger Momente gefunden wirst... somit wäre der Krankenhauskeller wahrlich der letzte Ort, an dem ich dich umbringen würde.“ Die Chirurgin zwinkerte ihr gut gelaunt zu, als sie die Treppen der U-Bahn hinter sich ließen.

Lexie zog ihre Augenbrauen etwas zusammen. „Aber ... ich ... nein ... ich weiß ...“, gab sie kleinlaut stotternd zu. „Wohin gehen wir dann?“, wollte sie wissen und sah sich prüfend in der Umgebung um. Aber bis auf das gewaltige Footballstadium waren hier nur ein paar kleine Pubs und ansonsten herrschte gähnenden Leere in den Straßen. „Na dorthin.“, sagte Arizona grinsend und nickte direkt zum Footballstadium.

„Ich wusste gar nicht, dass heute Abend ein Spiel stattfindet.“ Nervös strich sich Lexie über den Hinterkopf. Noch nie war sie ein Zuschauer in so einem großen Stadium gewesen. Ihr war zwar aufgrund des fotografischen Gedächtnisses sehr wohl bewusst, dass die ‚ Seattle Seahawks’ eine der führenden Mannschaften war, aber konnte sie diesen nicht mal Gesichter oder Statistiken zuordnen, so wenig wie sie sich für Football interessierte!

„Heute Abend findet auch kein Spiel statt.“

Verwirrung. Lexie blinzelte. „Was... was machen wir dann hier?“, fragte sie nach und wurde von Sekunde zu Sekunde leiser.

Arizona drehte sich zu Lexie um und legte einen Finger an ihre Lippen und zwinkerte, bevor sie leise ein Wort flüsterte: „Leben.“ Lachend schritt sie weiter, als Lexie einen Moment vollkommen von der Spur stehen blieb. Natürlich war sie gerade mehr als nur etwas verwirrt, aber auch die Neugier war jetzt geweckt und so lief sie eiligen Schrittes hinter der Oberärztin her, die noch immer zielstrebig in Richtung Stadium unterwegs war.
 

In einem anderen Stadtteil saß Mark in einem hübschen Restaurant, eine Rose neben sich liegend und wippte nervös mit seinen Beinen. Er war ungeduldig und wusste nicht Recht was er von diesem Abend zu erwarten hatte. Ein Blind Date war etwas so lächerliches, doch Callie hatte ihn dazu gezwungen und so saß er frisch geduscht und im Anzug in seinem Lieblingsrestaurant und haderte mit sichtlicher Unruhe den Dingen entgegen, die da auf ihn zu kamen! Es war sieben Uhr. Er ließ seinen Blick schweifen, doch von der Dame war nichts zu sehen. Mark bestellte sich noch ein Glas Chardonnay und nagte an dem Brot herum, das glücklicherweise bereits auf dem Tisch stand. Andernfalls – so seine Vermutung – könnte er einfach verhungern. Um halb acht bestellte er sich schließlich eine Suppe, nachdem er sich hier schon überaus idiotisch vorkam. Er wurde das Gefühl nicht los, dass sämtliche Gäste ihm immer wieder einen bohrenden Blick zuwarfen und ihn innerlich verhöhnten: Er war der Mann, der versetzt worden war. Oh ja, gerade kam sich Mark wirklich idiotisch vor. Schweigend löffelte er seine Tomatencremésuppe. Um acht Uhr wirkte er schon milde verzweifelt und orderte noch einen Chardonnay.

„Lassen Sie die Flasche gleich hier...“, murmelte er und blätterte durch die Speisekarte.

Jetzt war es klar: Wer auch immer sein Blinde Date war, sie hatte ihn versetzt! Eigenartige Gedanken machten sich in ihm breit. Was war, wenn sie bereits hier war, ihn gesehen hatte und aus dem Grund besser das Weite gesucht hatte. Mark’s Augenbrauen wanderten noch ein Stück weiter zusammen, als er sich ein Steak medium bestellte und ein wenig angesäuert vor sich hin starrte. Zähneknirschend leerte er das letzte bisschen seines Weines und sah sich wieder um. So viele Familien und glückliche Paare saßen hier, aber er konnte es hören. Dieses Gelächter, dieser versteckte Hohn darüber, dass man ihn, Mark Sloan, versetzt hatte. Was hatte sich Callie dabei nur gedacht?! Um halb neun bekam er sein Steak und aß dieses ohne recht auf den Geschmack zu achten. Nur eine halbe Stunde später, zahlte er, warf die Serviette beiseite und erhob sich. Mit einem wütenden Schnauben drehte er sich um, da er noch zur Toilette wollte und da fiel sein Blick auf einen Tisch in einer Ecke. Eine Frau saß an diesem und sah mit einem breiten Grinsen zu ihm hinüber, bevor sie mit der Rose wank. Hatte sie da die ganze Zeit gesessen und ihn schmoren lassen?? Mark blinzelte vor Entrüstung und schüttelte seinen Kopf.

„Mark Sloan ... stur und verbissen wie eh und je…”, kam über ihre vollen Lippen, als er an ihren Tisch getreten war. „Nur einmal im Leben solltest du über deinen Tellerrand hinaus schauen.“

Er seufzte und schloss für wenige Sekunden seine Augen. „Addison ... was tust du hier?“ Ein breites Grinsen lag auf den Lippen von keiner geringeren Person als Addison Montgomery, als er sich zu ihr an den Tisch setzte.
 

Mit beschwingten Schritten verließ Cristina den Operationssaal. Auch wenn sie innerlich ruhig und erhaben wir früher wirkte, trug sie innerlich einen Kampf von gigantischen Ausmaß aus! Sie wollte fliehen! Weglaufen und das so schnell wie möglich! Doch ihr Stolz hielt sie zurück. Vor Burke würde sie sich eine solche Blöse nicht geben und so wusch sie sich ihre Hände als niemand geringer als Preston den Raum betrat und ebenfalls schweigend seine Hände säuerte.

„Du warst gut...“, stellte er nur wenige Sekunden später fest und zerbrach das Schweigen in der Luft.

„Er war gut.“, antwortete Cristina und nickte in Richtung des Fensters. Von hier aus konnte sie gut beobachten wie Meredith gemeinsam mit Alex und Dr. Gallagher die Wunden verschloss. Andrew Gallagher. Eine wahre Koryphäe auf dem Gebiet der Kardiochirurgie. Noch nie zuvor hatte sie einen Arzt beobachtet, der so schnell handelte und dabei keinerlei Gefühlsregungen zeigte. Während er operierte sagte er keinen Ton, sondern konzentrierte sich voll und ganz auf den offenen Brustkorb in dem seine Hände steckten. Er hatte Operationstechniken drauf von denen Cristina (!) noch nie zuvor etwas gesehen hatte. Absolut unglaublich, aber umso mehr drängte sich ihr die Frage auf, warum solch ein Kardiogott ausgerechnet mit Burke zusammenarbeitete.

„Das ist er. Er ist einer der besten Chirurgen in Europa, aber du...“

Cristina schnitt ihm das Wort ab. „Ich stehe hier nicht zur Debatte und du tust gut daran mich einfach in Ruhe zu lassen!“ Wieder keimte der Zorn in ihr auf, weshalb sie energiegeladen die Handtücher aus der Box riss und Preston provokant ansah. Es wäre wahrlich ein Fehler sie zu unterschätzen oder sich überhaupt mit ihr anzulegen! Ganz gleich weshalb er hier im Krankenhaus war, Cristina war fertig mit ihm!

„Yang“, setzte er fast schon herrisch an, als sich die Tür aus der anderen Richtung öffnete und der Leiter der Unfallchirurgie im Rahmen stand.

„Cristina?“ Owen warf einen kurzen Blick zu Burke, lauerte fast schon feindselig auf eine falsche Bewegung des Chirurgen um ihn in seine Schranken zu weißen.

In der Mitte stand Cristina, sah von einem zum anderen und atmete einmal tief durch. Langsam hob sie ihren Blick und sah von einem Mann zum anderen, während sich wieder diese drückende Stille über sie legte. Fahrig hob sie ihre Hand und entfernte die OP-Haube, bevor sie sich in Bewegung setzte, an Owen vorbei in Richtung Freiheit und zurück blieben die beiden Chirurgen, die der Asiatin nachsahen, bevor sie einander fast schon abschätzend musterten. Owen schüttelte leicht seinen Kopf, trat zurück und ließ die Tür ins Schloss fallen. Sollte Preston Burke sich noch zu einer ernsten Gefahr für seine Chance mit Cristina entwickeln? Es blieb natürlich zu hoffen, dass dem nicht so war. Hunt fühlte den innerlichen Kampf, denn er wollte Cristina folgen. In ihren Augen hatte er deutlich gesehen, dass sie ihn brauchte. Immer wieder während der OP war ihr Blick dem seinigen begegnet, aber jetzt war wohl nicht der richtige Zeitpunkt. Sie brauchte ihre Freiheit und die sollte sie auch bekommen, zumal sein Pieper ein lautes Signal von sich gab. Notaufnahme! Sofort setzte sich der Unfallchirurg in Bewegung und rannte den Gang entlang!

Nur wenige Augenblicke später stieß er die Tür zur Notaufnahme auf und schon hörte er die lauten, schmerzerfüllten Schreie, die ihm das Blut in den Adern gefrieren ließen. Seine Gedanken an Cristina waren wie weggeblasen, als er den Mann sah.

„Es ist ein Wunder, dass er es überlebt hat ...“, raunte Bailey, als der Mann zu schreien aufhörte und scheinbar das Bewusstsein verlor. Owen überblickte das Ausmaß der Verletzungen nur knapp: Er war buchstäblich zerfetzt! „Was überlebt ...“

„Zusammenstoß mit einer Schiffsschraube.“ Owen schloss seine Augen, zog einmal tief die Luft ein und begann genau wie Callie und Bailey schnell und schier verzweifelt die Wunden zu verarzten, die sich immer weiter zu Häufen schienen.
 


 


 

~~~
 

Sorge und Freude hängt sehr eng miteinander zusammen, denn manchmal ist man besorgt die Freude wieder zu verlieren und manchmal ist man erfreut die Sorgen zu vergessen...
 

(M.G.)

II. Lauter!

„Es ist eine unglaubliche Sache mit Freude und Sorgen. Ich habe manchmal das Gefühl ich spüre Beides zu gleichen Teilen. Fast so als ob sich meine Seele weder für schwarz, noch weiß entscheiden kann. Ich fühle mich so zerrissen im ständigen Wandel in der Grauzone und ich warte nur noch darauf, dass ich endlich die Erlösung finde. Endlich morgens aufwache und nur noch Freude erlebe oder tiefe Sorge spüre. Doch das will mir nicht gelingen und so bleibt mir wohl nichts anderes übrig als weiter in der Grauzone zu leben und der Hoffnung, dass bald alles besser wird, mehr Raum als der Sorge und der Freude zu geben.“

(M.G.)
 

~*~
 

II. Episode: Vollkommen zerfetzt

7. Kapitel: Lauter!
 

„Ich bin Dr. Tamina Harper! Eine überaus erfolgreiche Chirurgin und zukünftige Chefärztin des Seattle Grace, wenn nicht sogar Kardioobergöttin von ganz Amerika...“, murmelte die junge Anfängerin immer wieder und sah dabei mit großen Augen in ihr eigenes Spiegelbild. Sie stand in Mitten der Umkleideräume der Anfänger und hielt immer und immer wieder solche Lobhymnen auf sich, um das nötige Selbstvertrauen zu bekommen. Seit mehreren Wochen arbeitete sie nun schon hier im Krankenhaus und noch immer verfolgte sie regelrecht dieses Gefühl, dass sie nicht gut genug war! Keiner schien Notiz von ihr zu nehmen, hatte einfach nur mit seinen eigenen Belangen zu tun und das wurmte sie langsam aber sicher. Darum hatte sie den festen Entschluss gefasst, noch vor Ablauf dieser Arbeitswoche endlich eine Operation zu bekommen! Leider hatte die Woche nur noch drei Tage und am Wochenende hatte sie eigentlich keine Schicht. Genau das machte es so schwer, denn sie wollte einfach nur noch in den Operationssaal! Aber anstatt den Neulingen auch eine Chance einzuräumen wurden sogar psychisch labile Personen wie Cristina Yang mitgenommen. Wo blieb da die Fairness?

„Ich bin Dr. Tamina Harper! Die grandioseste, bombastischste Ärztin im Bereich der Kardiochirurgie. Nach mir ...“ Augenblicklich erstarrte sie, als sie ein Räuspern wahr nahm. Sie schluckte und drehte sich langsam um.

„Ich nehme an ich bin hier falsch ... Dr. Tamina Harper?“, fragte ein junger Mann. Lässig hatte er sich an einen Spinnt gelehnt und sah so mit großen Augen und spitzbübischen Grinsen zu ihr hinüber. Dabei schien er seine Belustigung nicht länger für sich behalten zu können, denn schon lachte er einmal auf. „Entschuldigung, ich hab mich wohl wirklich in den Umkleideräumen geirrt.“, verkündete er mit deutlich irischem Slang. Mittlerweile erinnerte die Hautfarbe von Tamina an die einer Tomate und im Moment sehnte sie sich nach dem Loch in dem sie versinken konnte! Es hatte sich rumgesprochen, wer ER war und somit wurde die Schmach wohl noch ein Stück größer, als sie versuchte den dicken Kloß in ihrem Hals runterzuschlucken.

“Na?“, fragte er nach und schien auf eine Antwort zu warten. Tamina schüttelte hastig den Kopf. „Nein?“, wiederholte Andrew und legte nachdenklich einen Finger an sein Kinn. „Dann bin ich hier nicht in den richtigen Umkleideräumen?“

Tamina schüttelte erneut den Kopf. Dr. Gallaghers Grinsen wurde ein Stück weit breiter. Locker verschränkte er die Arme vor seiner Brust und zeigte dabei deutlich die Paar Tätowierungen auf seinen Oberarmen. Mittlerweile trug er blau. So wie alle Ärzte hier. Genau gesagt dunkelblau um zu demonstrieren, dass er einer der Großen war. Ein Oberarzt. Ein Kardiogott. Tamina sah gen Boden. Warum konnte sich die Erde unter ihr nicht einfach auftun?! Ganz so einfach wollte Andrew es ihr natürlich nicht machen, weshalb er sich jetzt locker wie eh und je vom Spinnt abstieß und an ihr vorüber ging. „Immer schon weiter üben, Kardio-Ober-Göttin.“, schmunzelte er, hob seine Hand zum Abschied und verschwand aus dem Umkleideraum der Anfänger mit einem überaus deutlichen Lachen. Tamina schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Na da hatte sie ja einen tollen ersten Eindruck hinterlassen. Rasch zog sie den Kittel enger um sich und lief hinaus auf den Gang. Von ihm war glücklicherweise nichts zu sehen, weshalb sie jetzt auch zügig ihrer Wege zog. Noch immer hatte sie einen hoch roten Kopf, weshalb Alex sie mit verdutzter Miene musterte, als sie an ihm vorüber lief.

Ein kleines Kopfschütteln seinerseits. „Die Anfänger werden auch immer seltsamer...“, murmelte er leise und kratzte sich am bärtigen Kinn. Wie so oft in letzter Zeit befand er sich auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen. Irgendwo, wo er ungestört sein Mittagessen verdrücken konnte, ohne das er gleich das Gefühl hatte, dass jemand mit einer Waffe hinter ihm stand. Mittlerweile war es kurz vor zehn Uhr abends und nach seinem Geschmack dauerte dieser Tag viel zu lang. Er zog sich geradezu wie Kaugummi in die Länge, weshalb er jetzt leise aufseufzte. Alex öffnete eine Tür. Ein Abstellraum. Wie praktisch. Sogleich verschwand er in diesem und wollte sich gerade an einem der zahlreichen Regale niederlassen, als er wohl den größten Schreck seines Lebens bekam! Zwei große blaue Augen starrten dem Chirurg mitten ins Gesicht! Ob sein Schrei des Entsetzens auch in anderen Teilen des Krankenhauses zu hören war…?
 

Derek hob seinen Blick und richtete diesen auf die Ausgangstür des Untersuchungsraumes. „Hast du das auch gehört?“, wollte er wissen und zog dabei beide Augenbrauen an.

„Was denn?“, fragte Callie und sah von den zahlreichen Monitoren auf. Die beiden Chirurgen befanden sich im Beobachtungszimmer, dass ein offenes Fenster zu dem Kernsplint hatte, in dem gerade ein Patient lag und vor sich hin summte.

„Ach. Ich dachte ich hätte einen Schrei gehört.“ Shepard zuckte mit seinen Schulten und sah auf den Monitor, auf dem sich gerade das Innenleben der jungen Frau präsentierte. „Ich würde sagen ein paar Rippenbrüche, aber sieht nicht aus wie eine Verletzung an der Wirbelsäule.“ Callie zuckte mit den Schultern.

„Wer sollte hier schreien?“

„Haben sicher ein paar Menschen Gründe zu.“

„Du meinst, wenn mal wieder jemand mit Waffe durch die Gegend läuft.“

Teils geschockt, teils amüsiert lastete der Blick aus seinen blauen Augen auf Callie. „Zu früh für Scherze?“, fragte sie nach und Derek nickte lediglich.

„Okay. Keine Verletzung an der Wirbelsäule, aber warum kann sie dann ihre Beine nicht mehr bewegen?“, kehrte Callie auf das eigentlich Thema zurück um Derek nicht weiter an diesen schrecklichen Tag zu erinnern. Aber die Frage, wer da eigentlich geschrien hatte blieb im Raum stehen. Derek warf einen Blick auf seinen Pieper. Keine Alarmmeldung. Gar nichts. Aber doch ein eigenartig, mulmiges Gefühl in der Magengegend.

„Sag mir mal, warum du nicht mehr mit Meredith sprichst.“, fragte Callie mit einem Mal, woraufhin Derek tief aufseufzte.

„Das ist nicht so leicht zu erklären.“, murmelte der Chirurg und strich sich fahrig durch die leicht verwuschelte Mähne.

„Na dann versuch es doch.“ Callie tippte sich mit dem Stift gegen ihre Lippen und betrachtete Derek mit einem großen Fragezeichen im Gesicht. Seit jenem Tag vor sechs Monate wurde sie dieses ganz bestimmte Gefühl nicht mehr los. Sie wollte den Menschen, die Schaden genommen hatte helfen. Allen! Es sollte alles wieder gut werden und dabei musste sie nicht nur die offensichtlichen Wunden verschließen, sondern auch sehr tief bohren. Bei Mark hatte sie bereits begonnen, indem sie Addison zu einem Treffen überredete. Jetzt blieben noch Derek, Owen, Cristina, Jackson, April und auch Lexie und sogar Meredith auf ihrer Liste bestehen. Allen wollte sie helfen, doch das erwies sich leider als gar nicht so einfach.

„Es ist so…“, setzte Derek an, als sein Blick zu den Monitoren huschte. „Moment. Siehst du das.“ Mit dem Stift zeigte er auf eine gräuliche Färbung an der Aufnahme der Wirbelsäule.

„Ist das…?“

„Ein Tumor.“

Derek erhob sich sofort und sah zu der jungen Frau, die gerade so hübsch ihr Liedchen trällerte und scheinbar ihre Angst vor einer Lähmung überspielte.

„Ich sag es jetzt nicht gerne, aber sie kann von Glück reden, dass sie einen Autounfall hatte. Ansonsten hätten wir den Tumor wohl zu spät entdeckt.“, meinte Derek noch und war auch schon unterwegs zur Tür.

„Derek!“, rief Callie, weshalb er wie angewurzelt stehen blieb.

„Du schuldest mir noch eine Antwort.“

„Wann anders, Callie. Das läuft nicht weg.“ Er verschwand aus dem Raum um alles Nötige bezüglich der Operation in die Wege zu leiten. Callie schluckte. „Ich hoffe zumindest, dass Meredith nicht weglaufen wird.“, murmelte sie, erhob sich nun ebenfalls und folgte Derek zur Patientin. Jetzt galt es erst noch ein Menschenleben zu retten, bevor sie ihre Unterredung vertiefen konnten.
 

Arizona führte Lexie zielstrebig durch die breiten Gänge des Footballstadiums, das am heutigen Tag absolut leer war. Auch bei ihr galt es ein Menschenleben zu retten, denn die kleine Grey war kurz davor sich selber zu verlieren und das musste dringend verhindert werden. So hatte Arizona sie mit sich genommen um ihr zu zeigen, wie schön es war zu leben. Zielstrebig wanderte sie durch die Gänge, die ihr so vertraut vor kamen. Kurz vor dem Ausgang waren – wie es üblich war – zwei Security-Leute positioniert. Vollkommen leicht und beflügelt rief Arizona ihnen ein ‚Hallo‘ zu, was beide erwiderten und sie ohne einen weiteren Kommentar vorüber ziehen ließen.

„Ähm … okay.“ Lexie wirkte verwirrt und warf einen Blick über ihre Schulter zurück zu dem Wachpersonal. „Sie die nicht eigentlich dafür zuständig, dass keine Unbefugten hier Zutritt bekommen?“ Ihre Stimme war nur ein Flüstern, als sie Arizona hinaus auf das Feld folgte. Das Flutlicht war an und somit bot sich der kleinen Grey ein atemberaubender Anblick. Ein vollkommen verlassenes Footballstadium! Noch nie hatte sie eines von innen gesehen und bislang war es ihr nicht klar, wie riesig hier alles war. „Wow…“, entrann ihren Lippen. Arizona entließ ihre Finger aus ihrer Hand und lief mit federnden Schritten weiter. „Ich kenne das Wachpersonal und auch ein paar der Spieler … einige haben Kinder, weißt du.“, lachte sie. Ja, auch als Chirurgin hatte man so seine Kontakte und darum war sie auch dementsprechend dankbar.

„Ich mag diesen Ort. Er bringt Spaß.“, verkündete die blonde Ärztin und drehte sich zu Lexie um, die wie angewurzelt stehen geblieben war.

„Aber… aber warum sind wir hier?“, fragte sie ganz leise nach und schluckte. Hier schien die unendliche Freiheit fast grenzenlos und das sorgte dafür, dass sie sich ein bisschen in sich selber zurückzog. Fröstelnd verschlang sie ihre Arme ineinander und beobachtete ihre Vorgesetzte, die gerade so beflügelt wirkte.

„Wir sind hier, damit du endlich wieder lebst. Du hast in letzter Zeit wohl alles in dich hineingefressen und genau das musst du jetzt los werden!“, erklärte Arizona und lief zu ihr zurück.

Dr. Robbins Hände legten sich auf die Schultern von Lexie und schon schob sie die junge Ärztin immer weiter auf das Feld hinaus. Leicht unbehaglich war ihr diese Situation schon, aber die kleine Grey konnte sich dagegen nicht weiter wehren. Mit einem mulmigen Gefühl der Magengegend betraten sie immer mehr und mehr das Footballfeld und je weiter sie kamen, desto höher wurde auch ihre unglaubliche Nervosität. Sie schlotterte am ganzen Leib und sah fast schon panisch zu ihrer Vorgesetzten. „Aber… aber…“, stammelte sie auch schon wieder, doch Arizona ließ keinen Wiederspruch zu. Erst als sie direkt in der Mitte des Feldes standen, hörte sie auf mit dem Schieben. „So. Da wären wir also…!“ Sie streckte ihre Arme auf und sog genüsslich die klare Nachtluft ein, die ein wenig nach Regen duftete und ihr ein glückseliges Seufzen entlockte. Endlich aus dem Krankenhaus raus fühlte sie sich so erfrischt und ungezwungen. Callie war nicht hier und vielleicht kam daher dieses schrecklich tolle Gefühl der unendlichen Freiheit. Mit einem breiten Grinsen auf den Zügen wandte sie sich hinüber zu Lexie.

„Und nun. Schrei!“, befahl die Blonde und stemmte ihre Hände in die Seiten.

„Schrei…schreien?“, wiederholte Lexie schockiert und ihr blieb augenblicklich der Mund offen stehen.

„Ganz genau! Und zwar so laut du kannst!“

Just in diesem Moment schrie Arizona so laut, das Lexie zusammenzuckte und sich panisch umsah. Unruhig begann sie mit ihren Händen zu spielen und versuchte erneut mit einem ‚Aber…‘ einzulenken, doch Arizona gestattete keinen Widerspruch. „Glaub mir, du wirst dich danach viel besser fühlen! Lass alles raus und schrei!! Los schrei!!“ Sie lächelte breit und sah abwartend zu Lexie, die unruhig von einem Fuß auf den anderen trat, als ihr ein kleiner, dünner Ruf über die Lippen kam.

„Lauter!“ Lexie schluckte, schrie ein bisschen lauter und lächelte flüchtig.

„Noch viel lauter!! Ich helf dir.“ Arizona ergriff die Hand ihrer Kollegin. „Ich zähl bis drei und dann schreien wir beide so laut wie wir können. Bereit?“

Lexie nickte und sah in den Sternenhimmel, an dem schon die ersten Wolken zu sehen waren.

„Eins….“

Lexie holte tief Luft und kniff ihre Augen zusammen.

„Zwei….“

Arizona grinste immer breiter.

„Drei!!“

Beide Frauen schrien los! Laut und ohne aufzuhören! Jeglicher Schmerz, alle Sorgen wurden einfach nur rausgeschrien und je mehr Atem die Beiden verloren, desto mehr bedrückende Last fiel von ihren Schultern. Lexie ließ die Hand von Arizona los, ballte ihre Hände zu Fäusten und brüllte einfach nur noch, ähnlich wie eine Löwin. Ihre ganze Wut und ihre Angst purzelten ihr über die Lippen! Ihr war egal ob jemand sie hörte, ihr war egal wie dämlich das hier wirken musste: Es befreite sie von ihren unendlichen Qualen, die sie in den letzten Monaten erdulden musste!!

„Lauter!“, lachte Arizona und ließ sich auf den Rasen fallen, während Lexie noch immer in die Nacht hinein schrie. Ihre eigene Stimme hallte etwas in dem Stadium wieder und verlieh ihr so viel Kraft. Hier stand sie! Lexie Grey! Und niemand, absolut niemand, würde ihr noch einmal so weh tun!!

„Lauter!!“, befahl Arizona, als Lexie auch noch den letzten Rest ihrer Angst hinausschrie und sich dann zu ihr aufs Feld fallen ließ. Laut und befreit ging ihr Schrei in ein unendlich erleichterndes Lachen über, als ihr ein paar Tränen des Glücks und der Erlösung über die Wangen kullerten. Die beiden Frauen lachten laut und bemerkten gar nicht die neugierigen Footballspieler, die nun ebenso mit einem breiten Grinsen näher heran kamen.
 

~*~

Die Sorge verschwindet. Die Freude bleibt. Doch wie lange bleibt die Sorge verschwunden. Und wann wird die Freude wiederkehren?

(M.G.)

II. Date (?)

Ich habe mich umgesehen. Immer und immer wieder habe ich bei meinen Freunden beobachten können, wie sich Sorge in Freude verwandeln und umgekehrt. Manchmal frage ich mich schon, woher diese Veränderung kommt. Ob sie langsam geschieht, sodass man davon kaum etwas merkt, oder so schnell, dass man auf einmal vor vollendeten Tatsachen steht. Ich frage mich, warum man immer von den Sorgen überrascht und der Freude überwältigt ist...

(M.G.)
 

~*~
 

II. Episode: Vollkommen zerfetzt

08. Kapitel: Date(?)
 

Wie ein kleines Häufchen Elend saß Jackson am Tresen in der Küche und trank sichtlich depressiv sein Bier, das er fest in Händen hielt. Eine lauwarme Brühe mittlerweile, aber was sollte er machen? Er hatte keine Kraft sich zu bewegen, keinen Mut aufzustehen, denn gerade schien sein Leben vor ihm in die Brüche zu gehen. Nach und nach verlor er alle Menschen, die ihm etwas bedeuteten und das nagte deutlich an ihm. So saß er in der dunklen Küche und trank ein warmes Bier. Sein Blick war starr gerade aus gerichtet, wobei er selbst nicht sagen konnte, was für einen Punkt er gerade fixierte. Er starrte einfach nur vor sich hin. Er seufzte laut auf und versuchte den aufsteigenden Kummer mit einem weiteren Schlückchen Bier zu beseitigen, als jemand das Licht anknipste. Sogleich kniff er seine Augen zusammen, denn die Helligkeit versetzte ihm einen kleinen Stich. „Ja genau. Nimm mir auch noch mein Augenlicht...“, murmelte er gen Decke, scheinbar war damit niemand anderes als der ach so tolle Gott gemeint.

„Hatte ich nicht vor.“, ertönte eine helle Frauenstimme hinter ihm und sogleich drehte er sich auf dem Barhocker um. „Apr... April?“ Ihm war das Wort beinahe im Halse stecken geblieben, als er seine Kollegin erblickte. Da stand sie. Mitten im Türrahmen zur Küche, aber im ersten Moment wollte er sie nicht recht erkennen. Ihre langen, schokobraunen Haare trug sie geöffnet, wobei die leichten Locken ihr Gesicht beinahe so wie ein Portrait rahmten. Ein wenig Schminke hatte sie aufgelegt, was ihren hellen Teint noch weiter unterstrich. Unberührt und elfenweiß schien ihre Haut geradezu anziehen. Sicherlich war sie überaus weich und zart, aber das war es noch nicht, was Jackson so verwirrte. Sie hatte ihre biedere, hochgeschlossene Kleidung gegen ein kurzes, rotbraun-gelbes Kleid getauscht, das um die Taille von einem schwarzen Gürtel zusammengehalten wurde. Alles in allem hatte er mit so einer Erscheinung absolut nie gerechnet. Unglaubwürdig ruhte sein Blick auf ihrem reinen, bezaubernden Wesen und er brauchte ein paar Sekunden um sich wieder zu sammeln. Schnell schluckte er und hoffte, dass ihr entgangen war, dass er sie mit halb offenen Mund angestarrt hatte. April wackelte kurz mit den Augenbrauen, schritt an ihm vorbei zum Kühlschrank. So oft hatte er schon Frauen hinterher geguckt, aber noch nie April. Jetzt war es anders! Jackson vermochte es nicht, seinen Blick von ihr zu nehmen, weshalb er seinen Kopf schräg legte und ihre Rückenansicht musterte.

„April...“, kam dann leise von ihm.

„Was ist?“

„... du siehst toll aus.“

Sie seufzte. „Ist das wieder ein Versuch mich zum hier bleiben zu bewegen. Sogleich seufzte er auf und schüttelte seinen Kopf. „Nein. Natürlich nicht. Sorry wegen... du weißt schon...“ Er strich sich über die kurzen Haare. April holte zwei Tupperdosen aus dem Kühlschrank, stupste diesen wieder zu und drehte sich zu ihm um. „Egal. War nur ein Kuss.“, zuckte sie nur mit den Schultern.

„Ich hab nur Angst vollkommen alleine zu sein.“, gestand er.

“Ach Jacky.“

“Nenn mich bitte nicht so.“

“Jackson. Du musst keine Angst davor haben alleine zu sein. Du hast es noch nicht mal gemerkt, aber mittlerweile gehörst du doch zu dieser ganzen Seattle Grace Clique. Ich sag dir das jetzt nochmal: Du wirst nicht merken, dass ich weg bin und jetzt hör auf Trübsinn zu blasen, du hast doch sicher besseres mit deiner Zeit anzufangen.“, sagte sie mit einem kleinen, aufbauenden Lächeln, das ihr Gegenüber gerade nicht so recht ernst nehmen konnte. „Du irrst dich.“, murmelte er und schürzte seine Lippen. Am Liebsten hätte er jetzt demonstrativ zur Seite geguckt, aber leider ließ das ihr berauschender Anblick nicht zu! Verflixt aber auch, warum musste April gerade so verrucht gut aussehen? Das war definitiv nicht fair!

„Ich irr mich nicht und jetzt hör auf mit dieser Freundestour.“

“Aber ich bin dein Freund.“, protestierte er sogleich, noch ehe sie weiterreden konnte. „Ich weiß, dass ich mich nicht immer so benommen habe, aber April, ich bin dein Freund und auch wenn du das jetzt nicht hören willst, ich bin immer für dich da.“ Er hatte sein Bier auf den Tisch abgestellt und sah ihr mit entschlossener Miene entgegen.

Langsam war es April Leid zu diskutieren, weshalb sie jetzt auch die Tupperschüsseln in ihre Handtasche packte.

„Was machst du da?“, fragte Jackson irritiert nach.

„Ich geh feiern, denn das macht man in der Regel, wenn sich eine neue Chance aufgetan hat.“, erklärte sie und nahm den Schlüssel vom Brett.

„Du willst alleine weg gehen?“

So?? Jackson wusste nicht wieso, aber ihm gefiel gar nicht, dass April in diesem Aufzug einfach so weg gehen wollte. Wer wusste schon auf was für zwielichtige Gestalten sie traf. Das was er nicht ganz verstand, war der Umstand, warum sie Essensreste mitnahm.

Die junge Frau hob ihre Augenbrauen. „Ja, ich hatte eigentlich vor weg zu gehen.“ Die großen grünen Augen von Jackson funkelten geradezu, als er sich auch schon von seinem Hocker erhoben hatte, aber noch sichtlich zögerte.

„Okay. Ich will kein Gemaule, denn ich bestimme, wo ich feiern möchte und ich will keinen Piep hören, von wegen, bleib doch im Seattle Grace! Ist das klar? Dann kannst du mitkommen.“, raunte sie und hob dabei fast schon drohend ihren Zeigefinger. Jacksons Lippen kräuselten sich, ehe er mit dem Fuß etwas über den Boden scharrte. „Ja... ist okay...“ Na wenigstens durfte er sie begleiten und so lief er jetzt auch schnell hinter ihr her, denn April hatte gar nicht mehr gewartet, sondern war schon durch die Hintertür raus.
 

„Entschuldige...“, flüsterte Meredith und sah sich hastig um. Kein anderer Chirurg stürmte heldenhaft in den Abstellraum um dem ‚Opfer’ – in diesem Fall Alex – beizustehen. „Ich wollte hier eigentlich nur in Ruhe meinen Salat essen.“

Mit wild schlagendem Herz war Alex vor ihr zurückgewichen und hatte einen nicht ganz so leisen Schrei abgesetzt. Eine Hand ruhte auf seiner Brust, als er auf den Salat in Meredith Händen blickte. Er versuchte sich zu sammeln, doch ihm fehlten die Worte. Er wusste nicht, was er sagen sollte, so sehr pulsierte gerade das Adrenalin durch seine Adern!

„Alex?“

Erneut kam keine Antwort, weshalb Meredith rasch ihren Salat abstellte und auf ihn zutrat. „Alles okay, bei dir? Ich wollte dich wirklich nicht erschrecken.“

Zitternd holte Alex Luft. „Ich habe auch nicht geglaubt, dass du dich absichtlich hier versteckst.“ Ein mildes Lächeln breitete sich auf ihren Zügen aus. „Ach komm schon. Jetzt tu nicht so...“

“Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen. Ich wollte hier nur etwas essen.“ Apropos Essen. Wo war seine Plastikverpackung mit den Nudeln und der Soße? In seiner Hand nicht mehr. Alex Augenbraue wanderte nach oben, als er sich umsah. „Hast du mein Essen gesehen.“

“Du meinst sicher das, was da an der Wand klebt oder? Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob sich das noch essen lässt.“

Alex drehte sich um. Da klebten sie. Seine wunderbaren Spaghetti, die er wohl in der Schreckenssekunde nach hinten geworfen hatte. Als wenn er einen potentiellen Täter mit einer Spaghettiattacke verscheuchen könnte. „Oh.“ Er seufzte auf.

„Willst du Salat?“

Nochmal seufzte Alex. „Das ist Kaninchenfutter.“ So viel musste jetzt doch mal klar gestellt werden. Wieder huschte sein Blick zu Meredith, die noch abwesender und in sich gekehrt wirkte, als sonst. „Alles klar bei dir?“, wollte er wissen. Sie zuckte lediglich mit ihren Schultern.

„Wollen wir was richtiges Essen gehen?“

Alex legte eine Hand auf ihre Schulter, woraufhin Meredith schwach nickte. Ganz gleich, wie oft Alex schon als Arschloch tituliert worden war, er kümmerte sich mittlerweile um seine Freunde und so zog er jetzt auch Meredith mit sich in Richtung Ausgang. Nur weg aus der Kammer des Schreckens!
 

Mark bestellte sich ein Gläschen Wein und ließ sich zu einer Nachspeise überreden.

“Sagst du mir was du hier machst?“, fragte er schließlich nach und sah verwirrt zu Addison, mit der er hier wohl am wenigsten gerechnet hatte.

Die rothaarige Chirurgin hob ihre Schultern an und zwinkerte ihm einmal zu.

„Ach komm. Keine Spielchen, Addi.“, bat Mark sogleich und schlug seine Beine übereinander. Er betrachtete sie etwas und lächelte dabei still vor sich hin. Wie immer sah sie unglaublich aus. Ihr Aussehen war wohl von keiner anderen Frau überbietbar – nun gut, vielleicht von Lexie. Für ihn war sie schon immer eine unglaubliche Frau, aber leider hatte es nicht sein sollen und mittlerweile hatte er sich damit abgefunden. Lächelnd legte er seinen Kopf zur Seite und begutachtete sie dabei skeptisch. Noch immer machte Addison keine Anstalten ihm zu antworten. Erst nach einer ganzen Weile kamen ein paar Worte über ihre Lippen: „Callie hat mich angerufen.“

Das hatte er sich bereits gedacht und so atmete er tief durch. „Mir geht es nicht so schlecht, dass sich alle Welt um mich kümmern muss. Wenn du dich um jemanden Sorgen willst, dann nimm dir doch mal Derek zur Brust. Der braucht dringender Hilfe.“, versuchte Mark von sich abzulenken, doch ohne jeglichen Erfolg.

Addison schüttelte ihren Kopf. „Im Moment brauchst du mich und es bringt dir nichts, das jetzt noch zu leugnen.“

„Wirklich nicht?“ Ein kläglicher Versuch sich aus der Affäre zu ziehen, denn Addison lächelte nur siegessicher und tippte sich mit einem Finger gegen die Nase. „Wirklich nicht.“, bestätigte sie ihm.

„Okay. Dann sag mir doch einfach mal, warum ich deiner Ansicht nach so dringend Hilfe brauche.“

Addison spielte etwas mit dem Weinglas in ihrer Hand und legte dabei ihren Kopf schief. „Nun, weil du unglücklich bist und deiner Liebe nachtrauerst, anstatt endlich wieder auf die Füße zu kommen und weiter zu machen. Ich weiß, hier in Seattle ist eine Menge geschehen, aber das hat doch keinen Einfluss auf dich und deine Zukunft. Deine Zukunft ist ein Geschenk. Verschwende es nicht länger Mark.“, erklärte sie ihm. Während ihrer Worte war die Falte auf Marks Stirn tiefer geworden.

Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das sagt sich so leicht.“

“Ich habe nicht gesagt, dass es leicht ist.“, erwiderte Addison sofort. „Ich habe es auch auf die harte Tour lernen müssen. Sieh mich doch mal an. Ich habe versucht meinen Mann mit aller Kraft zu halten und danach habe ich dich an mich gebunden, weil ich egoistisch war. Es war ein Fehler, damals. Auch wenn ich die Zeit mit dir sehr genossen habe, habe ich dich daran gehindert weiter zu leben. Du hattest keine Chance dich selber zu finden. Mit Lexie war es anders. Du warst anders. Ich habe dich ein paar Mal erlebt und das solltest du dir jetzt nicht kaputt machen lassen.“

Verwirrung machte sich in den strahlend blauen Augen von Mark breit. „Was willst du mir damit sagen.“

Addison holte tief Luft. „Das du kämpfen sollst, wenn du dir eine Zukunft ohne sie nicht mehr vorstellen kannst. Oder das du sie los lässt, wenn du ohne sie leben kannst.“

“Kann ich nicht...“

“Dann ist es doch vollkommen klar, was du jetzt machst Mark.“

Mark schluckte. „Das wäre?“

„Du bezahlst mein Essen, stehst auf und beginnst endlich damit dich ihr anzunähern, anstatt sie immer nur aus der Ferne zu betrachten!“, sagte Addison und erhob sich mit einem Lachen. „War schön dich wiederzusehen Mark. Ich weiß, du schaffst das, wenn du willst.“ Sie beugte sich zu ihm nach unten und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Wange.

“Schau vorbei, wenn du mal in meiner Gegend bist.“

„Addison.“, hielt Mark sie dann jedoch auf. „Geht’s dir gut.“

Ein breites Lächeln stahl sich auf das Gesicht der rothaarigen Frau. „Mir geht es sogar sehr gut Mark und dir wird es auch bald wieder fantastisch gehen.“

Sie winkte ihm nochmal zu und verschwand aus der Lokalität. Mark schüttelte irritiert über dieses kleine Treffen seinen Kopf, als ihm der Kellner die zweite Rechnung an diesem Abend präsentierte. Er seufzte auf. „Mir war so klar, dass dieser Abend teuer wird, aber ich habe mir dann doch ein bisschen mehr erhofft...“ Nun würde er wohl nur mit leerem Geldbeutel und ohne hübsches Date nach Hause zurück kehren.
 

~*~

Die Verwandlung kommt schleichend, aber stetig und obwohl die Sorgen um Menschen groß sind, sind die Freuden noch um so ein vieles Größer. Es gibt ganz besondere Menschen, denen man nur ein einziges Mal im Leben begegnet und ich verspüre sehr viel Freude, dass ich keinen davon missen möchte.

(M.G.)

II. Überleben?

Manchmal habe ich Angst mir keine Sorgen mehr zu machen, denn das würde bedeuten, dass ich auch keine Freuden mehr erlebe und mir meine Freunde egal sind. Aber manchmal hoffe ich, dass ich keine Sorgen mehr habe, denn das würde mir das Leben so viel leichter machen!

(M.G.)
 

II. Episode: Vollkommen zerfetzt

09. Kapitel: Überleben?
 

Das Piepen der Monitore und das grelle Licht stach geradezu in seine Augen. Schwer ging sein Atem und wurde von dem Mundschutz abgefangen. Owen seufzte auf und betrachtete den Körper des Mannes, der mehr oder weniger aus losen Stücken bestand. Was sollte er noch für ihn tun? Er würde Arme und Beine verlieren, wenn er die Reanimation fortsetzte. Er knirschte leicht mit seinen Zähnen, bevor sein Blick seufzend zur Uhr wanderte.

„Zeitpunkt des Todes 23.01 Uhr.“

Stille. Der Monitor wurde abgeschaltet und so herrschte ein paar Sekunden eine andächtige Stille im Raum. Owen sah auf die Leiche hinab und schloss seine Augen. Unfallchirurg zu sein hatte definitiv mehr Nach- als Vorteile! Owen sah noch einmal zurück zu dem Mann. Ein junger Kerl, der noch sein ganzes Leben vor sich hatte und jetzt verhüllte ein Leichentuch sein Gesicht. Er seufzte tief auf und verließ den Operationssaal um sich die Hände zu waschen. Stumm und schweigend beschäftigte ihn wie so oft nur eine einzige Frage. Die Frage nach dem Sinn des Lebens. Doch auch am heutigen Tag würde er wohl keine Antwort darauf erhalten.

„Dr. Hunt!“

Er zuckte zusammen, als die Tür zum Raum mit den Handwaschbecken aufgerissen wurde. Einmal tief durchatmend sah er zu der junge Frau, die im Türrahmen stand. „Ich brauche Sie dringend. Unfallopfer in der Notaufnahme.“

Ade Feierabend. „Ich komme.“, antworte er und betrachtete Tamina Harper seelenruhig. Diese stand unverändert in der Tür. „Gibt es sonst noch was, Harper?“, fragte er nach.

„Nun...“ Die junge Frau trat ein und ließ die Tür hinter sich zu fallen. „Da gibt es wirklich noch was. Ich möchte in einen OP, Dr. Hunt. Ich bin eine der Besten und ich habe es langsam...“

Owen schnitt ihr das Wort ab. „Das, Dr. Harper, haben nicht sie zu entscheiden, sondern ganz alleine ihre Ausbilder.“

„Aber Dr. Yang...“, wollte Tamina widersprechen.

„Dr. Yang weiß schon was sie macht.“ Hoffte er. Aber er konnte ihr jetzt auch nicht in den Rücken fallen und so versuchte er es nur noch mit einem aufmunternden Lächeln in die Richtung von Tamina. „Keine Sorge, ihre Zeit wird noch kommen.“ Er klopfte ihr beim Vorübergehen auf die Schulter und eilte in Richtung Notaufnahme davon. Tamina blieb ein wenig geknickt zurück. „Aber es ist nicht fair...“, murmelte sie vor sich hin, bevor sie ihrem Vorgesetzten folgte.
 

Und ebenso wie Tamina Owen folgte, war es wohl Jackson der hinter April her lief. Brav und folgsam wie ein Hündchen dackelte er mit ihr durch die Straßen und fragte sich langsam, warum sie weder Auto noch Straßenbahn genommen hatte. Sein Blick glitt hinauf in den Himmel, an den sich bereits ein paar der typischen Seattle-Wolken schoben. Fast schon wippend waren seine Schritte, als ein kleines Lächeln auf seinen Zügen aufblitzte.

„Wir haben heute Vollmond.“, stellte er fest. Seit Monaten hatte er wohl nicht mehr bewusst in den Himmel geschaut und er hatte fast vergessen, wie schön es war einem Sonnenuntergang beizuwohnen, oder im Mondschein spazieren zu gehen. Verblüfft betrachtete er die Sterne und ließ seinen Blick dann schweifen. Die Straßen die sie durchquerten wirkten so friedlich. Einen kleinen Park passierten die Zwei. Hier und da saßen vereinzelt Paare, küssten sich hingebungsvoll oder unterhielten sich angeregt. Durch die beleuchteten Fenster ließen sich die Menschen ein wenig beobachten. Familien die beim Essen saßen. Personen die eifrig gestikulierend telefonierten, mit ihren Kinder spielten oder durch das Zimmer tanzten. Fasziniert von all den Eindrücken bemerkte er beinahe zu spät, dass April abbog.

„Hey...“, entkam ihm und er folgte ihr hastig, wobei er wieder hinauf in den Himmel sah. Vielleicht war das der Grund, warum April auf öffentliche Verkehrsmittel verzichtete. Es war magisch durch die Straßen zu laufen, die so friedlich wirkten. Hier war alles was in den letzten Wochen und Monaten passiert war, wie weggeblasen. Ein laues Lüftchen kam auf und sogleich zog er seine Jacke etwas enger um sich.

„Ist die Frage, wohin wir gehen zu viel?“, fragte er unschuldig nach und schloss dann ganz zu April auf, die mit einem kleinen, zufriedenen Lächeln scheinbar ganz genau wusste, wo sie hin wollte.

„Zum Aquarium.“

Jackson hob irritiert eine Augenbraue. „Hier gibt es ein Aquarium.“

April nickte. „Sogar ein ganz tolles. Das war mitunter der Grund, warum ich dieser WG-Geschichte mit Meredith zugestimmt habe. Ich muss nicht länger durch die ganze Stadt fahren um es zu erreichen.“, erklärte sie mit einem munteren Lächeln.

„Aber haben die nicht irgendwelche Öffnungszeiten?“

„Nicht für mich.“ Ein helles Lachen ertönte und Jackson blieb einen Moment irritiert stehen.

„Aber wieso nicht für dich??“

April drehte sich im Gehen zu ihm um. „Nun. Ich habe einen Schlüssel.“

Jacksons Miene verwandelte sich ins Ungläubige. „Du hast einen Schlüssel.“, wiederholte er voller Perplexität, bevor er sich räusperte und ihr lieber schnell durch die klare Nachtluft folgte. „Warum hast du einen Schlüssel?“, wollte er interessiert wissen.

„Weil ich mich auch um die Fische kümmere.“

„Gibt es dafür keine ... Zoowärter oder so was?“

April kicherte wieder. „Schon, aber ich mag Fische. Das ist mein Hobby und manchmal frage ich mich, ob ich nicht besser das zu meinem Beruf gemacht hätte. Fische sind definitiv ungefährlicher.“

“Na aber Haie gibt es da auch.“

“Haie sind nur gefährlich, wenn sie Hunger haben und Menschen sind das aus niederen Beweggründen wie Rache und Vergeltung. Ein Hai würde niemals einen Menschen töten, wenn er nicht selber überleben will. Das Bild, das von Haifischen vermittelt wird, ist absolut falsch.“, klärte April ihn auf und tippte sich dabei einmal gegen die Nasenspitze.

„Und woher willst du das so genau wissen?“, fragte er skeptisch nach.

„Ich hab schon Haie angefasst und wie du siehst lebe ich noch.“

Zum zweiten Mal blieb Jackson wie angewurzelt stehen. Schon wieder war es April gelungen ihn vollkommen zu verwirren, weshalb er ihr nur mit großen Augen und fragendem Blick nachsah.

„Nun komm schon Jacky!“, rief sie mit einem Mal und sogleich spurtete sich der junge Mann um sie rasch einzuholen. Unglaublich, wie wenig er April kannte.

Schon rückte das Aquarium in Sichtweite und sofort lächelte er etwas. Genau genommen tauchte er jetzt direkt in Aprils Welt ein. Das war schon etwas unglaubliches und für ihn gerade auch sehr besonders.
 

Meredith hatte sich bei Alex untergehackt, als die Beiden schweigend durch die Straßen von Seattle liefen. „Also...“, setzte Alex auf einmal an und die Beiden sahen einander an.

„Also?“

“Wir gehen jetzt was essen und dann sagst du mir, was los mit dir ist.“ Meredith verzog augenblicklich ihr Gesicht. „Muss das sein?“

„Jaha, das muss sein!“ Darüber wollte Alex nicht diskutieren, denn er hatte ja ganz genau gemerkt, dass Meredith vor Sorge und Trauer zerfloss. Langsam war es and er Zeit für sie auch wieder auf die Beine zu kommen, selbst wenn er noch nicht mal ahnte, was sie durchgemacht hatte. Irgendwas stimmte nicht mit ihr, so viel war ihm aber schon lange klar.

“Und wo gehen wir Essen?“, fragte sie nach und sah sich mit einem leicht fragenden Ausdruck auf den Zügen um.

„Hier gibt es einen netten kleinen Italiener.“

“Oh, führst du mich etwa aus?“, kicherte Meredith.

„Ich würde es nie wagen McDreamy seinen Rang abzulaufen, außerdem würdest du es auch gar nicht über dein Herz bringen, so verliebt wie du immer in ihn bist.“, gab er zu verstehen und tippte ihr ein paar Mal gegen die Stirn, bis Meredith seine Hand beiseite scheuchte.

„Du hast vermutlich sogar Recht, aber momentan behandelt er mich wie Luft. Er schläft nicht mal mehr zu Hause.“, seufzte sie auf.

„Ist es das? Was dich so beschäftigt?“

Ein schwaches Nicken von Meredith. „Hey...“, setzte Alex an. „Du solltest dir darüber keine Gedanken machen. Er braucht vielleicht einfach nur ein bisschen Abstand um die ganze Sache mit dem Amoklauf zu verdauen. Ich bin sicher, dass er dich liebt und schon bald wieder neben dir schlafen wird.“ Alexversuchte sich mit einem aufbauenden Lächeln, das Meredith halbherzig erwiderte. Er hielt die Tür zum Italiener auf und sah sie abwartend an.

„Ich bin mir nicht so sicher, Alex. So wie jetzt, war er noch nie. Er wohnt sicher wieder im Wohnwagen und zieht sich immer mehr vor mir zurück. Ich habe keine Ahnung, was ich ihm getan haben könnte und womit ich diese kühle Distanz verdient habe. Weißt du, ich habe Angst. Schreckliche Angst, dass unsere Beziehung diesen Amoklauf nicht überlebt hat.“, erklärte sie und ließ sich auf einen Stuhl nieder.

„Du darfst einfach nichts erzwingen. Nimm dir mich und Izzie...“ Als er sie ansprach verzog er sein Gesicht sogleich. „Ich habe sie bedrängt zu mir zurück zu kommen, habe sie behütet und mich um sie gesorgt und genau mit dieser Führsorge habe ich sie letzenendlich erdrückt. Vielleicht ist es bei Derek ähnlich.“

Meredith zog ihre Augenbrauen zusammen und nahm genau wie Alex die Speisekarte entgegen. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Derek ist so anders als Izzie und... niemand hat verstanden, warum Izzie dich verlassen hat.“ Sie lächelte ihn aufbauend an.

Alex blätterte durch die Speisekarte und zuckte mit seinen Schultern. „Fakt ist, dass sie mich verlassen hat. Sie war der erste Mensch, dem ich bedingungslos vertraut habe und sie hat mich verlassen.“, gab er noch leise von sich. „Aber das interessiert jetzt auch nicht. Izzie ist Vergangenheit, also sollten wir viel lieber an deiner Derek-Geschichte arbeiten. Immerhin hast du ein Happy End verdient.“

Meredith bestellte sich Nudeln, Alex eine Pizza. „Ich weiß nicht ob ich mein Happy End noch erreichen werde. Ich habe schon so viel dafür getan und immer wieder verliere ich Derek. Ich bin die dunkle und verdrehte Meredith. Ich schaffe es ja doch nicht glücklich zu werden.“

Alex hob eine Augenbraue. „Ist das nicht ein wenig überstürzt so zu reden. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich dich kennen gelernt habe und diese Person von damals bist du nicht. Du hast aufgehört deine Beziehungen zu sabotieren, sondern kämpfst dafür und vielleicht solltest du das alles als einen finalen Kampf um Derek ansehen.“, lächelte er aufbauend.

Meredith grinste flüchtig und rieb sich den Nacken. „Es gibt da noch etwas, Alex. Etwas, das er noch nicht weiß.“

“Das da wäre?“

„Ich hatte eine Fehlgeburt.“

Mit einem Mal trat ein anderer Ausdruck auf Alex seine Züge. Schweigend betrachtete er sie und schien sie geradezu mit Mitleid zu überfluten, doch dann verbannte er diesen bedauernden Ausdruck und wechselte seinen Platz von gegenüber neben Meredith. Dort legte er seine Arme um sie und zog sie zu sich. „... doch dafür kannst du nichts, also hab keine Angst... es wird alles gut werden.“, raunte er ihr eingehend zu und hielt Meredith dann einfach in seinen Armen. Der Knoten platzte, als ihr die Tränen über die Wangen kullerten und sie sich nur noch an Alex festhielt, der ihr gerade den Halt und die Sicherheit gab, nach der sie sich so lange bei Derek gesehnt hatte. Der Drang weg zulaufen verebbte und langsam auch die ganze Angst.
 

So schnell sie ihre Füße tragen konnten, war Cristina aus dem Krankenhaus gelaufen. Sie hatte es nicht mal mehr für nötig gehalten sich ganz umzuziehen. Nur in ihre Jeans und ihre Jacke war sie geschlüpft, bevor sie fluchtartig ihrer Wege lief. Erst als sie sich mehrere Häuser von dem Krankenhaus entfernt hatte wurden ihre Schritte langsamer und ihr Herzschlag beruhigte sich. Sie drückte eine Hand gegen ihre Brust und kämpfte die aufsteigenden Tränen nieder. So hetzte sie die Straße entlang, bis endlich ihr Wohnhaus in Sichtweite geriet. Zu Hause konnte sie sich verkriechen. Fahrig und zittrig suchte sie ihren Schlüssel in der Handtasche und versuchte das Schlüsselloch zu treffen, als auf einmal ein lautes Schreien an ihre Ohren drang. Cristina warf flüchtig einen Blick über ihre Schulter und traf das Schlüsselloch. Noch lauter hörte sie die verzweifelten Rufe eines Säuglings, weshalb sie sich umsah. Keine Menschenseele war unterwegs. Es war kurz vor Mitternacht, also woher kamen die Schreie. Cristina hob eine Augenbraue und stieß die Tür in das Hausinnere auf. Aber sie schaffte es nicht die Schwelle zu überschreiten. Stattdessen blieb sie stehen und ließ ihren Blick schweifen.

„Wo bist du...?“, fragte sie leise und ließ schließlich den Türknauf los. Langsam und unsicher ging sie die paar Stufen nach unten und sah sich wieder um und dann sah Christina sie... Eine Mülltonne. Erschütterung machte sich auf ihrem Gesicht breit. „Oh Gott...“, entkam ihre Lippen und schon stolperte sie auf den Mülleimer zu...
 

Unfassbar wie stark die Sorgen sein können! Sorgen um andere Personen und Sorgen um sich selbst. Bleibt nur zu hoffen, dass die Freuden ebenso groß sind.

(M.G.)

II. Neue Zeiten, neue Welten

Die Freuden des Lebens triumphieren, oder etwa nicht? Es ist schon oft vorgekommen, dass ich auf mein Leben zurückschaue und zuerst das Positive entdecke. Erst nach genauer Betrachtung beginne ich die Sorgen zu erkennen. So soll es sein. Das Leben soll stets die schönen Seiten parat halten um uns die Sorgen schnell wieder vergessen zu lassen.

(M.G.)
 

~*~
 

II. Episode: Vollkommen zerfetzt

10. Kapitel: Neue Zeiten, neue Welten
 

Da waren sie also. Direkt vom großen Aquarium in Seattle und noch immer konnte Jackson nicht recht glauben, dass April wirklich einen Schlüssel besaß. Es entzog sich vollkommen seiner Logik, aber sie zog tatsächlich ein klimperndes Bund Schlüssel aus ihrer Tasche und öffnete die Tür zum Aquarium, fast so, als wäre das etwas alltägliches.

Die große Eingangshalle lag fast in absoluter Dunkelheit vor ihnen, außer ein kleines Büro wirkte hell erleuchtet. „So spät noch Besucher?“, fragte Jackson nach.

„Nein, der Nachtwächter.“

„Falls die Fische nee wilde Party feiern?“, fragte er grinsend nach.

„Nein, falls jemand einbricht und die Fische stehlen will.“, antwortete April mit einem unscheinbaren Schulterzucken. Sie konnte Jackson seine Ungläubigkeit nicht verdenken, aber das hier war einfach ein Teil ihres Lebens. Ein sehr wichtiger Teil! „Kommst du jetzt mit, oder willst du da hinten Wurzeln schlagen.“

Teils ungläubig, teils neugierig folgte ihr Jackson in Richtung des kleinen hellen Büros. Der Nachtwächter – ein Mann von schätzungsweise 80 Jahren, grauem Bart und runzligen Gesicht – blickte freudig auf, als April im Türrahmen erschien. Er war klein und schmächtig und sicher nicht dazu in der Lage einen Dieb aufzuhalten, aber Jackson erlaubte sich darüber kein Urteil zu fällen, sondern sah ihn mit einem kleinen Lächeln an.

„Alloha Victor.“, rief April freudig und umarmte den älteren Mann.

„Ich dachte schon du kommst heute gar nicht mehr.“

„Ich würde dich doch nie einfach so versetzen. Ich musste mich nur erst extra hübsch für dich machen.“ Victor lachte auf und ließ sich wieder mühsam in seinen Stuhl zurück sinken.

„Geht’s dir gut?“, fragte April nach und holte auch schon die Tupperschüsseln aus ihrer Tasche, die sie vor ihm platzierte.

„Wie könnte es mir in deiner Gegenwart schlecht gehen.“, sagte er und hustete ein wenig. Das Alter machte ihm scheinbar schwer zu schaffen und doch funkelten seine Augen geradezu vor Jugendlichkeit. April schmunzelte, ging um ihn herum und öffnete die Schreibtischschublade. Auf dem Tisch waren zahlreiche Monitore positioniert, die wohl dazu dienten, das ganze Aquarium zu beobachten. Aus der Schublade zauberte sie eine ganze Schachtel mit Tabletten und anderen Medikamenten. Jackson reckte seinen Hals ein bisschen, als April nach der Hand von Victor verlangte und ihm einige der Kügelchen hineinpurzeln ließ. „Aber nicht wieder alle auf einmal, hast du verstanden, mein Freund.“ Er lachte krächzend aber freudig auf.

„Ich schwöre.“ Er machte ein Kreuzzeichen über seiner Brust und hob feierlich seine Hand.

„Brav. Ich hab dir Essen mitgebracht.“ Sie öffnete ihm die Tupperschüsseln und reichte ihm eine Gabel.

„Du sorgst gut für mich. Lucas wäre sehr zufrieden…“

April machte einen graziösen Hofknicks und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Du solltest mal wieder mit ihm reden, das weißt du, Victor.“ Aus ihrer Tasche zauberte sie noch ein Wasser und aus einem Schrank einen Becher. Mit zitternden Fingern spießte er die erste Nudel auf. „Ich weiß, ich weiß, aber ich bin nur eine Belastung für ihn.“

„Das stimmt nicht und das weißt du.“

Er hustete wieder ein bisschen. „Er würde sich nur genötigt fühlen hier her zu kommen und das will ich nicht.“

April seufzte. Es hatte keinen Sinn mit dem alten Mann zu diskutieren. „So und jetzt husch dich mal lieber zu Fisch. Ich bin sicher dein Freund freut sich schon darauf…“

„Er ist nicht mein Freund.“

„So?“

Jackson strich sich verlegen über den Nacken. Bisher hatte er der ganzen Szene schweigend aber sichtlich berühr beigewohnt. „Ich bin ein Kollege… Jackson Avery… freut mich.“, brachte er hervor.

„Ah, Jack..y“. lachte Victor, woraufhin Jackson verdattert zu April schaute, die dementsprechend rot wurde und dann lieber schnell in eine andere Richtung sah. Wie süß sie doch war… Jackson stutzte. Hatte er das gerade wirklich gedacht? Durchaus ein bisschen verwirrt über diesen Umstand zuckte er noch mit seinen Schultern. „Genau. Jacky…“

„Dann viel Spaß.“ Victor schaffte es mühsam eine Nudel nach der anderen in seinen Mund zu schieben.

Kurz sahen sich Victor und April an, bevor sich die zierliche Frau von ihm löste und ihm noch einen Schokoriegel auf den Tisch legte. „Aber erst als Nachspeise.“ Mahnend tippte sie dem alten Mann noch gegen die Stirn, als dieser sich bereits den Schokoriegel angelte. April schüttelte leicht ihren Kopf und schob Jackson dann auch schon nach draußen und von dort aus einen Gang entlang.

„… erklärst dus mir … ich versteh das gerade nicht.“, fragte Jackson leise nach und warf noch einen Blick über seine Schulter zurück zum kleinen Büro, indem sich ein alter Mann gerade unglaublich über ein bisschen selbstgemachtes Essen freute.

„Er ist hier seit Jahrzehnten Nachtwächter. Seit der Eröffnung. Er gehört sozusagen hier her und niemand kann ihn sich so einfach weg denken. Allerdings hat er Krebs. Unheilbar. Darum auch die ganzen Medikamente, aber Samuel – der Chef des Aquariums – hat sich geweigert ihn aufgrund dessen rauszuwerfen. Victor hat einem jeden Mitarbeiter schon so oft geholfen und ist immer da. Niemand würde es schaffen ihm seine einzige Existenzgrundlage zu nehmen und so ist er weiterhin Nachtwächter, bis er eines Tages nicht mehr hier ist… das hier ist das Einzige was er hat. Die Mitarbeiter und ich schauen täglich nach ihm. Jeden Tag bringt ein anderer etwas zum Essen vorbei, oder spielt mit ihm Schach oder sitz einfach nur neben ihm, während er die Gänge des Aquariums beobachtet. Er soll wissen, dass er nicht alleine ist, wenn er stirbt und ebenso soll ihm klar sein, dass es Menschen gibt, die ihn vermissen werden, wenn er eines Tages von uns geht.“ Sie lächelte bitter und auch auf Jacksons Lippen bildete sich ein kleines Lächeln. Das was April ihm gerade erzählte war so schrecklich rührend und so tief traurig. „… und Lucas?“, fragte er dann nach, da er diesen Zusammenhang noch nicht verstanden hat.

„Ein Mitbesitzer des Aquariums und sowas wie sein Ziehsohn. Lucas ist quasi hier im Aquarium aufgewachsen, aber irgendwann hat es ihn von hier weg gezogen. Er lebt in der Karibik. Victor will nicht, dass er sein Leben dort aufgibt, nur damit er ihm beim sterben zu sieht. Lucas weiß das und kommt ihn bloß ab und zu besuchen, wobei er sich wohl sehr davor fürchtet, dass Victor stirbt und er nicht weiß, wie viel er ihm bedeutet hat. Es ist schwer, aber das war Victors Wunsch. Er will einfach nicht als verrunzelter alter Mann in der Erinnerung von ihm zurück bleiben.“, erklärte April dann ein wenig leiser. Es war nicht leicht darüber zu reden, vor allem, da Jackson und sie eigentlich kaum über ihre Hobbys und ihr Leben außerhalb vom Krankenhaus geredet hatten. Und genau das war es jetzt auch, was Jackson absolut faszinierte. April erschien in einem anderen Licht und war auf einmal nicht mehr das etwas nervige Mädchen aus dem Krankenhaus. Sie war facettenreicher als gedacht…

April öffnete die Tür ins Personalbüro – ebenfalls mit einem Schlüssel.

„Und wer ist Fisch?“

Ein breites Grinsen bildete sich auf ihren Zügen. „Das wirst du schon noch früh genug sehen.“ Eine Spur geheimniskrämerisch legte sie einen Finger auf ihre Lippen und zwinkerte ihm einmal zu.
 

Da standen sie nun. Mitten auf dem Footballfeld, doch schon in der nächsten Minute lachten und feierten die beiden Frauen ausgelassen und vollkommen lebendig wie eh und je mit ein paar der Footballspieler. Die angelockt von den Schreien doch gleich mal ein bisschen Konversation betriebenen hatten. In einem VIP-Club hatten sie sich eingefunden und natürlich hätte sich das Lexie nie träumen lassen. Das hier erschien ihr wie in einer anderen Welt und sie wollte gar nicht wieder aus diesem Traum- der ja keiner war – erwachen, denn dazu genoss sie es viel zu sehr endlich wieder ungezwungen und frei zu sein. Mit Arizona ließ es sich so richtig gut lachen und scherzen, dass sie gar nicht anders konnte als sich von der Euphorie der Feierwütigen mitreißen zu lassen.

„Ich lieeeebe dich!“, summte sie freudig und hatte einen Arm um den Hals der Blondine gelegt.

„Oh Sorry, aber du bist nicht mein Fall, kleine Grey.“ Sie lachten beide schallend auf und stießen erneut mit ihren süßen, klebrigen Cocktails an. Auch wenn die Herren Footballspieler sie abfüllen wollten, so konnte es ihnen eigentlich egal sein, denn sie passten ja aufeinander auf und Arizona für ihren Teil würde nie mit einem Kerl etwas anfangen. Außerdem wollten sich die beiden Frauen durch irgendwelche quälenden, moralischen Bedenken ihre gute Laune nicht vermiesen lassen. Vollkommen schief und krumm begleiteten die Zwei ein Lied, das aus den Boxen dröhnte und tanzten dabei noch ein wenig über die Fläche.

Aber ein jeder schöner Abend hatte ein Mal sein Ende, weshalb sich Beide schnell verabschiedeten, aber ... da hatten sie die Rechnung ohne Nummer 08 und 34 gemacht, denn die beiden Spieler – ebenso betrunken wie Lexie und Arizona baten noch innständig, dass sie doch blieben und so wurde die Nacht kurzerhand zum Tag erklärt und die Feier ging weiter, auch wenn Arizona langsam übel wurde. Aber jetzt, da Lexie endlich wieder aufblühte, wollte sie die Kleine nicht versetzen. Erst weit in der früh fanden die Beiden einen Weg in ein ... unbekanntes Bett.
 

„Geht’s dir besser...“, drang leise eine Stimme an Meredith Ohr. Sie schniefte und trocknete sich erneut mit einem Taschentuch die Tränen.

“Ich weiß nicht.“, gab sie ehrlich zu und hob ihren Blick Alex saß noch immer dicht neben ihr und ließ das Essen, dass der Kellner mittlerweile brachte, vollkommen außer acht. Er hatte jetzt wichtigeres zu tun, denn er war sehr besorgt um Meredith, die gerade jeglichem Gefühl freien Lauf ließ. Sie hatte so viel schlimmes in letzter Zeit durchgemacht und wo war er? Er hatte sich nur mit seinen eigenen Probleme beschäftigt und ganz vergessen was es bedeutete einen guten Freund zu haben. Meredith war die letzte seiner Freunde.

Mit Cristina hatte er sich nie sonderlich verstanden, Izzie war gegangen und George... George war gestorben. Zurück geblieben waren Meredith und er, während Cristina immer weiter aus dem Leben ihrer verdrehten Schwester verschwand. Alex lächelte bitter. Wer hätte gedacht, dass er irgendwann mal eine Gemeinsamkeit mit Meredith hatte. Aber sie waren beide alleine. Beide verlassen von Menschen die sie liebten und beide innerlich wohl komplett kaputt.

„Wir sollten wirklich dringend eine Therapie machen.“, schlug Alex vor und strich ihr sanft eine Träne von der Wange. „Die kannst du aber schön alleine machen...“

Mittlerweile räusperte sich zum wiederholten Mal eine Frau am Nachbartisch, die sich offensichtlich gestört von dem kleinen Gefühlsausbruch fühlte. Alex rollte mit seinen Augen und wollte schon überaus genervt einen Kommentar abgeben, doch Meredith kam ihm zuvor: „Okay, Sie glauben also meine Probleme sind nicht wichtig und ich störe Sie beim Essen? Wissen sie was, Sie wissen doch gar nicht, was es heißt, Probleme zu haben! Meine Mutter hat sich nie um mich gekümmert, mein Vater hat eine andere geheiratet, weil meine Mutter eine Affäre hat. Diese Affäre ist jetzt mein Chef. Ich hatte einen One-night-Stand mit einem verheiratete Mann, der jetzt aber mit mir verheiratet ist, allerdings redet er nicht mehr mit mir und ich habe keine Ahnung warum. Eine meiner besten Freunde hat sich vor einen Bus geworfen um eine Frau zu retten, die er nicht kannte, eine meiner besten Freunde hatte Krebs und hat danach alle Brücken hinter sich abgebrochen. Ich wäre beinahe ertrunken, meine Mutter ist gestorben und ach ja, ich habe einem Mann eine Bombe aus dem Brustkorb geholt! Zuletzt musste ich einen Amoklauf miterleben! Ich habe dabei zugesehen, wie mein Mann beinahe erschossen wurde, habe ein Baby verloren und musste ein paar Tage später Freunde von mir beerdigen. An diesem Tag im Krankenhaus wurden meine Freunde und meine Familie entweder getötet oder schwer traumatisiert und ich kann nichts dagegen tun, also ja, ich sitze hier und weine, weil ich hilflos bin, also könnten Sie jetzt bitte aufhören hier so zu tun, als ob ihre kleine Welt untergeht, nur weil sie kein ruhiges Essen genießen können? Wie wäre es, wenn sie das nächste Mal zu Hause essen, dann stört sie wenigstens keiner mit seinem Geheule!“, fauchte Meredith die Frau an. In diesen Sekunden herrschte totenstille im gesamten Restaurant.

Alex lehnte sich lachend zurück. „Jetzt weiß ich endlich, was Hunt meint, wenn er dich und Cris als ‚dunkle und verdrehte Schwestern’ betitelt.“ Meredith schmunzelte und in dem Moment wandten sich alle Gäste wieder schnell ihrem Essen zu. Keiner – nicht mal die Frau – wagten es etwas zu Meredith zu sagen, denn wer wurde schon mit so vielen schrecklichen Schicksalsschlägen konfrontiert. „Guten Appetit!“, stieß Meredith dann noch aus und lächelte den Kellner entschuldigend an, der allerdings auch lieber schnell seinen Blick abwandte.

Meredith schniefte noch einmal und trocknete sich die letzten Tränen. „Jetzt, Alex. Jetzt geht es mir besser.“ Sie lächelte und das erste Mal seit Wochen schien es ein echtes Lächeln zu sein.

Lachend und auch ein bisschen ausgelassen setzten die beiden Freunde ihr Essen fort, gönnten sich noch eine Nachspeise, bevor sie sich auf den Weg nach Hause machten. Für diesen Abend hatte Meredith vollkommen vergessen wie dunkel doch zur Zeit ihre Welt erschien.
 

~*~

Freuden!

Gebracht von Freunden sind doch immer das Schönste im Leben. Ich bin dankbar für jene Menschen die mich lieben und behüten, ganz gleich wie schlecht ich mich manchmal benehme. Einen wahren Freund erkennt man in den Momenten der Sorge, in denen man nicht so einfach alleine gelassen wird, aber auch in freudigen Momenten, die Freunde mit einem teilen und leben!

(M.G.)

II. Gestatten, mein Name ist Fisch

Freundschaft wird Liebe? Kann so etwas wirklich passieren, oder sollte man eine gute Freundschaft nicht aufgrund von einer vielleicht schlechten Beziehung aufgeben? Alles ist immer mit einem großen Risiko verbunden und vielleicht sollte man die Dinge manchmal einfach so lassen, wie sie sind, bevor irgendwann festgestellt wird, dass früher alles besser war.

(M.G.)
 

~*~

II. Episode: Vollkommen zerfetzt

11. Kapitel: Gestatten, mein Name ist Fisch
 

Durchaus interessiert ließ Jackson seinen Blick durch das große Personalzimmer gleiten. An der rechten Seite waren silberne Spints aufgereiht. An jedem klebten dutzende Fotos, Zettel und gezeichnete Bilder. Ein kleiner Kühlschrank stand auf der linken Seite und in der Mitte des Raumes ein großer Tisch, auf dem sich Gläser und Flaschen türmten. Aber viel interessanter war die große Pinnwand, die sich gleich neben dem Fenster befand. Während sich April daran machte in einem Spint herumzukruschten, wanderte Jackson zur Pinnwand und betrachtete die zahlreichen Fotos. Scheinbar allesamt Mitarbeiter vom Aquarium. Hier und da entdeckte er Victor und auch April. Ein bisschen verblüfft warf er einen Blick zu ihr, bevor er ein ganz besonders schönes Foto entdeckte. Von April.

Ein Mann mit blondem Lockenkopf hielt sie auf seinen Armen – April hatte einen gebrochen Fuß – und rings um sie standen ein paar andere Frauen und auch zwei Männer. Alle lachten vor einem herrlichen Panorama: Einem unglaublich weißen Sandstrand der an ein kristallklares, blaues Meer grenzte. Die Sonne stand hoch am Himmel und verlieh dem ganzen einen besonderen Glanz. Er lächelte etwas und ließ seinen Blick weiter wandern. Angefangen mit April auf einem Yetski, bis hin zu ihr in Tauchmontur und mit einigen Tauchern tauchte sie immer wieder auf.

„Na? Suchst du was bestimmtes?“, fragte April, die sich in den Türrahmen gelehnt hatte und darauf wartete, dass sich Jackson von den Fotos loslöste. „Nicht direkt.“, antwortete er mit einem kleinen Lächeln und zwinkerte ihr einmal noch zu. „Ich wusste nur nicht, dass du so viel im Meer machst…“

„Ich tauche, surfe, fahre gerne Boot … ja, ich mach viel im Meer und ich widerhole es nochmal Jacky: Du kennst mich einfach nicht.“ Sie lächelte ein wenig bitterlich und hob ihre Schultern dabei leicht an. „Komm schon, Fisch wartet.“

Jackson nickte, warf aber noch einmal einen Blick auf das Foto mit April. Sie wirkte so glücklich und strahlte förmlich, was ihn nicht zuletzt sehr beeindruckte. So hatte er sie in der Tat noch nie kennen gelernt und das konnte er in Gedanken gerade nur schwerlich einordnen. Schweigend folgte er ihr, als April noch einen Lichtschalter betätigte. Gedimmt schienen mehrere Scheinwerfer auf sie hinab. „Ich bin das erste Mal im Aquarium.“, stellte Jackson leise fest und betrachtete das erste große Aquarium, dass bis in die Decke ragte.

„Dann hast du einiges verpasst, denn das hier ist eine fabelhafte Wunderwelt.“

„Oh ja…“, murmelte Avery leise und folgte ihr dann. Vollkommen fasziniert von all der Fabenpracht, die sie hier entdeckten ließ er immer wieder seinen Blick schweifen, doch sah er letzen endlich immer wieder zu April.
 

Callie hob ihren Blick und betrachtete Derek, der tief in seinen Gedanken versunken die Wirbelsäule der jungen Frau operierte. Ab und an sah sie hinauf in die Galerie, konnte die Gesichter von Owen, Burke , dem neuen Chirurg und auch das von zahlreichen Assistenten erblicken, doch immer wieder sah sie zu Derek, der alles daran setzte um den Tumor von der Wirbelsäule zu entfernen. Aus zwei Stunden wurden drei, aus drei wurden vier. Immer weiter operierten die beiden Chirurgen und sprachen dabei kein einziges Wort miteinander. Sie waren im Moment nur auf dieser Welt um eine unschuldige Frau, die noch ihr ganzes Leben vor sich hatte zu heilen. Das war ihre Aufgabe, ihre Bestimmung und so blieb kein Platz für einen anderen Gedanken, auch wenn sich immer wieder in Callie die Zukunftsängste auftaten. Sie wollte nur, dass es ihren Freunden wieder gut ging und dieses Unterfangen erwies sich als schwieriger als angenommen. Bitterlich schluckte sie den fahlen Beigeschmack der Sorge herunter und schloss einen Moment ihre Augen, bevor sie sich wieder voll und ganz auf den Tumor konzentrierte.
 

Jacksons Begeisterung über die farbenfrohe Unterwasserpracht war nicht zu übersehen. Er strahlte geradezu, während er sich die einzelnen Fische genauer ansah. Hier und da schwamm sogar ein Rochen oder ein Hai an ihm vorbei. Gerade wanderten er und April durch einen langen Tunnel, der von dem größten Aquarium in dieser Einrichtung umgeben war. Es hatte fast den Anschein, als ob sie direkt durch das offene Meer spazierten. Fasziniert legte er seinen Kopf in den Nacken und gab einen kleinen Laut der Begeisterung von sich. „Ich habe wirklich eine Menge verpasst...“, stellte er leise fest. "Unglaublich... ich hätte nicht gedacht, dass das Leben unter Wasser so extrem vielfältig ist.", stellte er sehr fasziniert fest und lehnte die Stirn gegen die Scheibe, wie es sonst nur kleine Kinder taten, die die Fische beobachteten. Schließlich aber löste er sich von dem Anblick und sah zu April hinüber. Grinsend und auch ein wenig schelmisch lag er einen Arm um ihre schmalen Schultern, woraufhin April mit den Augen rollte. „Guck mal die Schildkröten.“, sagte Jackson vollkommen euphorisch. Hier mit April zu sein, gab ihm seit langem mal wieder ein Gefühl der Freiheit und der Geborgenheit. Mit leicht geöffneten Mund stand er vor dem großen Panoramafenster, hielt weiterhin April bei sich, die ihn nicht mal von sich stieß.

Es wäre der wohl ein perfekter Moment, der Jackson so viel Glück schenkte. Sie lag förmlich in seinen Armen und er fühlte wie sein Herz schneller schlug, sodass er befürchten musste, dass es zerbarst. Noch nie zuvor hatte April solch eine Nähe zugelassen und so konnte er nicht anders, als sie einfach nur anzublicken. Wie wunderhübsch sie doch gerade aussah. Mit dem leicht bläulichen Schimmer, der auf ihrer Haut fast so wie Schatten spielten und dem bezaubernden Funkeln in den Augen. Ihr Antlitz war wohl doch nichts zu überbieten.

Jackson atmete einmal etwas schneller ein und sah wieder zu dem Becken, doch es schaffte nicht eine ähnliche Faszination auf ihn auszuüben und so sah er wieder zu April. Müsste er nicht vor der erneuten Zurückweisung fürchten, so hätte er sich tatsächlich zu einem Kuss hinreißen lassen, doch der Augenblick endete so plötzlich wie er begonnen hatte, als April ihn weiter zog.

„Na los, Fisch wartet schon...“, murmelte sie und entwand sich lieber seinem Arm, bevor seine Nähe sie noch um den Verstand brachte! Sie boxte ihn noch scherzend in die Seite und eilte dann auch schon weiter. Jackson rieb sich einmal über den Hinterkopf. Warum nur übte April plötzlich eine solche Faszination auf ihn aus? Es war ein unglaubliches Gefühl, weshalb er einmal schwer schluckte und ihr dann eiligen Schrittes folgte. „Ich bin ja schon hier... wo ist jetzt Fisch?“ Fische waren ja überall, aber sie schien einen ganz bestimmten zu meinen.
 

„Derek....“, rief Callie den Gang entlang und folgte dem Chirurg, der den Gang eilig entlang lief. Er blieb erst vor der Fahrstuhltür stehen und drückte auf den Knopf. „Derek, du musst mit mir reden und wenn nicht mit mir, dann mit irgendwem anderen.“

Der Angesprochene seufzte auf und drehte sich zu ihr um. „Weshalb? Worüber?“

„Über alles, Derek. Du machst dich so kaputt. Es sind jetzt sechs Monate und ich weiß, wie schwer das alles für dich ist.“

Er hob seine Hand und starrte sie einen Moment an. „Callie du weißt nicht, wie ich mich fühle, denn nicht mal ich weiß wie ich mich fühle. Ich muss mein Leben wieder auf die Reihe bekommen und einen Weg finden mit all dem Umzugehen, also bitte, lass mich einfach in Ruhe.“

Torres seufzte auf. „Aber das macht nicht nur dich kaputt, Derek, sondern auch Meredith.“ Er schwieg und trat in den offenen Aufzug. „Keine Sorge, Callie. Alles wird wieder gut werden. Irgendwie.“, murmelte er und drückte auf den Knopf. Torres sah ihm mit einem Seufzen nach, als sich die Türen schlossen und er dahinter verschwand. Ihr Plan ‚Glücklich’ drohte zu scheitern oder zumindest schwerer zu werden, als bislang angenommen. Darum seufzte sie noch einmal auf und massierte sich einen Augenblick lang die Schläfe.

„Alles klar?“

Callies Kopf ruckte nach oben und sie sah direkt in die dunkelblauen Augen von Owen. Er stand mitten im Gang und irgendwie wirkte er gerade vollkommen verloren. Haltlos trieb er durch sein momentanes Leben und einmal mehr wurde Callie bewusst, dass Cristina ihm sehr viel mehr als nur ein erfülltes Sexleben gegeben hatte. Sie war sein Anker auf einer stürmischen See und die Person, die er brauchte und liebte. Ohne Cristina hatte er seinen Lebensmittelpunkt verloren und langsam machte sich seine Verzweiflung deutlich. Er fürchtete davor, sie nicht wieder zurückzubekommen und so stürzte sich Hunt wie immer in die Arbeit. 36 Stunden Schichten waren bei ihm noch wenig und langsam zeichnete sich das in Form von schwarzen Ringen unter seinen Augen ab. Callie seufzte auf. „Natürlich ist alles in Ordnung. Ich mache mir nur etwas Sorgen.“

„Worüber?“, fragte Owen nach.

„Über alles. Auch über dich.“

„Über mich?“, fragte er und hob verwirrt seine Augenbrauen. „Warum machst du dir über mich sorgen?“ Wie so oft nahm er seine typische Abwehrhaltung ein, indem er locker die Arme vor der Brust verschränkte. Etwas von oben herab musterte er Callie.

„Du wirkst so rastlos, so ... auf der Suche nach einem Halt, seit Cristina dich nicht mehr an sich ran lässt.“

Owen seufzte tief auf. „Das wird wieder besser werden, aber im Moment habe ich andere Gedanken...“ Er wollte darüber eigentlich nicht wirklich reden, aber Callie hatte kein Erbarmen und sah ihn weiterhin entschieden an. „Owen, ich sag es dir ja nicht gerne, aber Cristina entfernt sich immer weiter von dir. Du musst dir wirklich was einfallen lassen, wenn du sie wieder zurück haben willst.“

Leicht schürzte er seine Lippen. „Wie wärs, wenn du mir dann einfach mal einen Tipp gibst und mir sagst, was ich machen soll, anstatt mir nur zu sagen, was ich bereits weiß.“

Callie schwieg und sah ein wenig betröpfelt zu Boden. „Na siehst du, Callie. Das ist nicht so leicht, weil Cristina einfach eine sehr schwere Person ist, also mach dir keine weiteren Sorgen und überlass das mir. Ich komm klar.“, betonte Owen nochmal und klopfte ihr einmal leicht auf die Schulter, ehe er sich abwandte. Kurz nur sah Callie ihm noch nach, bevor auch sie etwas nachdenklicher geworden, ihrer Wege zog.
 

Bei einem nicht ganz so großen Aquarium kamen die Beiden zum stehen. Jackson sah hinein, konnte aber auf den ersten Blick nichts wirklich auffälliges entdecken. Nur gelbes und grünes Seegras und ansonsten wirkte das Aquarium eher dunkel. ‚Fisch Kepner’, zierte die Beschreibung des Getiers, das sich darin angeblich befand, aber im Moment nicht zu entdecken war.

„Ähm ... der heißt wie du...“

„Stimmt. Ich hab ihn damals gefunden und hier her gebracht.“, erklärte sie grinsend und öffnete einen Kasten direkt über dem Aquarium.

„Gestatten? Da ist Fisch...!“

Jackson traute seinen Augen kaum, als sich das gelbe Seegras aus dem grünen löste und Richtung Wasseroberfläche schwamm. Was auch immer es war, es sah wie ein in fetzen gerissenes Seepferdchen aus! „Was ist das April?“

„Ein Fetzenfisch. Gehört zur Familie der Seepferdchen.“, klärte sie ihn auf und kippte ein bisschen Futter in das innere des Beckens. Sofort begann ‚Fisch’ die Krümel aufzufangen.

„Und er heißt Fisch.“

„Jap...“

„Wieso?“

„Weil er in einem Fischschwarm gelebt hat, anstatt bei seinen Artgenossen.“

Langsam nickte Jackson und legte einen Finger gegen die Glasscheibe. „Hallo Fisch, ich bin Jackson. Freut mich dich kennen zu lernen.“ Er betrachtete das kleine Wesen und konnte dabei die Faszination nicht weiter aus seinem Gesicht verbannen. Der ganze Abend hatte ihm geholfen ein bisschen mehr Glücklichkeit in sein Leben zu lassen. Der Schatten in seinem Herzen war kleiner geworden...

April schmunzelte und verschloss das Becken wieder um ihren kleinen Freund nochmal eingehend zu betrachten.

„Lass uns gehen.“, sagte sie schließlich. Schweren Herzens löste sich Avery von dem Anblick des Fisches und folgte April auch schon. Schweigend setzten sie den Weg zum Personalzimmer zurück und auch das Aquarium wurde leise verlassen. Nur von Victor verabschiedeten sich die Zwei noch. April konnte nicht recht begreifen, was an diesem Abend mit ihr geschehen war, aber Jackson auf diese Art und Weise in ihr Leben zu lassen, war irgendwie besonders schön und fast könnte man meinen, dass April diese Zeit noch intensiver hatte auskosten wollen. Fast schon ein bisschen Sehnsüchtig sah sie zu ihm, aber schwieg den Rückweg zum Haus.

„Danke April ...“, rief Jackson ihr nach, als sie schon auf dem Weg nach oben war.

„Wofür?“, fragte sie irritiert nach.

“Einfach das du mich mitgenommen hast. Das ... hat mir viel bedeutet.“ Er lächelte flüchtig, bevor sich April auch schon vor ihm zurückzog und er wieder alleine in der Küche bei seinem mittlerweile warmen Bier saß und darüber nachdachte, was sich am heutigen Tag abgespielt hatte.

Die Verwirrung über den Weggang von April war perfekt, denn er wollte sie nicht verlieren und das wurde ihm gerade schmerzlich klar...
 


 

~*~

Die Zeiten sind voll mit Sorgen! Immer wieder stürzen wir von einer Sorge in die Nächste und warten manchmal nur darauf wieder mit einer neuen Sorge konfrontiert zu werden! Aber und das ist das wichtigste überhaupt: Zwischen den einzelnen Sorgen leben wir mit so viel Freude! Wir genießen das Leben! Ich genieße das Leben und auch wenn irgendwann wieder eine tiefe Sorge auf mich zukommt, so werde ich nicht aufhören das Leben zu lieben und mit all den Freuden und Sorgen glücklich zu LEBEN!

(M.G.)

III. Das Baby

Henry Wadsworth Longfellow hat einmal gesagt: „Es ist einfacher, eine Sache richtig zu machen, als zu erklären, warum man sie falsch gemacht hat.“

Oh wie recht er doch damit hat. Aber bedauerlicherweise hat er vergessen zu erwähnen, wie schwer es sein kann, eine Sache richtig zu machen. Ich habe selber erfahren, wie schwer es manchmal ist, alles richtig zu machen, anstatt sich in die Ausflüchte zu retten, warum sie eben nicht gelungen sind. Es bleibt nur abzuwarten, ob es in der Zukunft auch anders möglich ist. Vielleicht schaffe ich es jetzt endlich alles richtig zu machen und vielleicht schaffen es auch die Menschen, die ich liebe.
 

(M.G.)
 

~*~
 

III. Episode: Mutterschaft

12. Kapitel: Das Baby
 

Cristina zögerte nur eine einzige Sekunde, bevor sie das kleine Lebewesen aus der Mülltonne hob. Sie hatte blaugefrorene Lippen und zitterte am ganzen Leib. „Okay...“ Cristina haderte einen Moment, bevor sie aus ihrer braunen Lederjacke schlüpfte und das kleine Wesen darin einwickelte. Es war furchtbar, so viel war gewiss, aber Cristina befand sich gerade in einem absolut überforderten Zustand. „Okay ... du glühst und ... schreist...“ Sie sah das kleine Baby fragend an. Sie war ein kleines Mädchen, eine kleine Asiatin, die wie am Spieß schrie. Cristina rieb sich über die Stirn und drückte die Kleine fester an sich. Sie nahm zwei Stufen nach oben zu ihrem Wohngebäude, entschied sich dann aber doch anders. Sofort drehte sie sich um und rannte den Weg Richtung Krankenhaus zurück, flüsterte dem kleinen Mensch immer wieder ein paar beruhigende Worte zu, aber alles schien vergebens. Die Kleine brüllte wie am Spieß.

Cristina betrat die Notaufnahme und ließ einmal kurz ihren Blick schweifen, haderte mit sich selber, bevor sie los lief und den Raum durchquerte. Überall hier waren hustende und niesende Menschen, das war, nicht der richtige Ort für ein Baby. Cristina bahnte sich den Weg durch den Raum, lief am Aufnahmebereich vorbei und merkte gar nicht, wie ihr ein verwirrter Blick folgte.

„Cristina?“

Sie blieb stehen und sah sekundenlang in Owens fragende Augen. „Nicht jetzt.“, antwortete sie nur knapp und rannte schon in Richtung Aufzug. Voller Perplexität zog Hunt eine Augenbraue nach oben und sah schon jetzt, wie sich seine Nacht verabschiedete. Ein paar Stündchen Schlaf hätten ihm nicht geschadet, aber jetzt, da Cristina mit einem Baby (!) im Arm durch das Krankenhaus lief, war die Müdigkeit wie weggeblasen. Sofort folgte er ihr in Richtung der Säuglingsstation.

„Wo ist Dr. Robbins?“, fragte sie aufgebracht die erstbeste in rosa gekleidete Krankenschwester, die auf dieser Station arbeitete.

„Dr. Roberts hat heute Abend frei… was ist… das?“

„Sieht nach einem Baby aus, oder?“, gab Cristina schroff zurück und sah sich fahrig um. Die Kleine schrie wie am Spieß und das sorgte nicht gerade dafür, das Cristina einen klaren Gedanken fassen konnte.

„Erklärst du mir was los ist, wenn ich dir im Gegenzug helfe.“ Owen war ihr bis nach oben in den Kinderbereich gefolgt und stand jetzt mit fragendem Ausdruck auf den Zügen hinter ihr.

„Ich würde ja, aber ich weiß nicht was ich erklären sollte.“ Dazu war alles einfach viel zu verwirrend und sie konnte selbst ja gar nicht begreifen, was es mit dem Baby und so weiter auf sich hatte. Darum zogen sich jetzt leicht ihre Augenbrauen zusammen und sie hob rätselnd ihre Schultern.

„Dr. Yang, was ist mit dem Baby?“, fragte die Schwester nochmal und diesmal besonders  eindringlich. Die Kleine hing geradezu auf Cristinas Armen, die ja bekanntlich nie wirklich viel mit Kindern am Hut hatte. Aber jetzt blieb ihr nichts anderes übrig, als diesen kleinen Knirps wenigstens halbwegs sicher auf ihrem Arm zu halten.

„Ich hab sie gefunden.“

„Wo?“, fragte Owen und versuchte aus Cristina schlau zu werden, aber ohne Erfolg.

„In einer Mülltonne. Vor meiner Wohnungstür.“ Sichtlich schockiert blieb Owen der Mund leicht offen stehen und nickte dann.  

„In Ordnung, dann schauen wir doch einfach mal, warum die Kleine so schreit…“ Er machte Anstalten Cristina die Kleine abzunehmen, aber die Asiatin drehte sich fast schon beschützend von ihm weg. Was war es, das Cristina gerade beschäftigte. War es der kleine Mensch oder war es das Gefühl, das das Baby in ihr weckte? Ein Gefühl. Seit langem fühlte sie endlich mal wieder was: Mutterinstinkt.

Owen der diese ganze absurde Situation kein bisschen mit seinem Bild von Cristina vereinbaren kann, guckte einen Moment sichtlich irritiert. Cris wirkte wie eine Löwin, die ihr Junges verteidigte. „Wir sollten sie erst mal in die Säuglingsintensivstation bringen und Untersuchen, Dr. Yang. Es ist da sicher noch ein Bett frei.“, versuchte die Krankenschwester Cristina innständig davon zu überzeugen, dass sie das Baby aus ihren Armen gab. Doch stattdessen nickte sie nur und schritt bereits in die Richtung der Säuglingsintensiv. Owen blieb nichts anderes übrig, als ihr einfach zu folgen.

„Wo ist Dr. Robbins?“, fragte er jetzt auch ziemlich barsch.

„Sie hat heute Abend frei.“, antwortete die Krankenschwester.

„Dann piepen Sie sie an.“, befahl er mit militärischem Unterton.

„In Ordnung…“, kam ein bisschen kleinlaut von der noch sehr jungen Krankenschwester. Sie war gerade sichtlich überfordert mit der Situation, denn sowohl Dr. Yang, als auch Dr. Hunt waren nicht wirklich für ihre Nettigkeiten bekannt, weshalb die Frau mit den kurzen, fast weiß-blonden Haaren und den großen blauen Augen immer lieber auf Distanz blieb.
 

Arizona zuckte zusammen, als sich ihr Pieper mit einem penetrant, lautem und auffälligem Geräusch meldete. Ihr Kopf surrte und augenblicklich hatte sie das Gefühl als wäre der Pieper mindestens 100 x so laut wie sonst! „Auuu …“, murmelte sie und drückte sich gegen die pulsierenden Schläfen. Eine Regung, die sie im Augenwinkel bemerkte, ließ sie aber schon im nächsten Moment erstarren und nur Sekunden später die Augen aufreißen.

Wo war sie?!

Arizona starrte an die Decke, drehte ihren Kopf nach rechts und sah ein unglaubliches Chaos. Wie konnte ein Mensch nur in so einem unaufgeräumten Zimmer schlafen? Sie schluckte. Mit dröhnenden Kopfschmerzen sah sie nach links und starrte auf den Rücken eines Mannes. „Jesus ….“, murmelte sie leise und fluchend, biss die Lippen fest aufeinander und vermochte es einen Moment nicht, sich noch zu bewegen. Sie war außer Stande einen klaren Gedanken zu fassen oder gar zu sagen, was in den vergangenen Stunden passiert war. Wieder schlug ihr Pieper Alarm und diesmal kam Bewegung in den Mann.

„Bleib liegen!“, stieß sie leise, aber bestimmt aus und sprang sofort aus dem Bett. Die Tatsache ignorierend, dass sie vollkommen nackt war, suchte sie verzweifelt ihre Sachen zusammen. Alles um sie herum drehte sich und ihr wurde einen Moment schlecht. Die Tatsache das sie neben und vermutlich mit einem Mann geschlafen hatte, sorgte nicht gerade dafür, dass ihr Kater geringer wurde. Im Gegenteil. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass es ihren Kopf bald zerriss und ebenso stieg die Übelkeit rasant schnell in ihr auf. Hastig schlüpfte sie in ihre Klamotten, packte ihre Tasche und verließ wie auf der Flucht das Zimmer. Im Flur ließ sie einmal ihren Blick schweifen um sich zu orientieren. Wo war hier der Ausgang??? Hier gab es viel zu viele Türen!  
 

Owen warf einen Blick zu Cristina, die Seite an Seite bei ihm stand und das kleine Würmchen in dem Glaskasten betrachtete und mit ihm untersuchte. Seite Wochen, nein, seit Monaten, waren sich die Beiden nicht mehr so nahe und auch wenn Owen zum einen bereits Feierabend hatte und zum anderen das hier nicht wirklich sein Tätigkeitsumfeld war, brachte er es gerade nicht über sein Herz Cristina alleine zu lassen. Er vermisste sie so sehr und sehnte sich nach dieser Nähe, diesem liebenden, warmen Blick, der gerade in diesen Sekunden auf ihrem Gesicht erschienen war. Aber der Blick galt nicht ihm, sondern dem kleinen Mädchen, das höchsten zwei Monate alt war. Noch überaus klein und halb verhungert, wie es schien. Hier und da einige Verkühlungen und leider ein besorgniserregender Herzton.

Die Krankenschwester räusperte sich, weshalb die beiden Chirurgen zu ihr blickten. „Ich kann Dr. Robbins nicht erreichen. Ich habe sie mehrmals angepiept, aber ich weiß nicht genau, wo sie ist.“  

Owen nickte und warf einen Blick zu Cristina. „Piepen sie den neuen Chirurg an ... Dr. Gallagher oder bestellen Sie ihn einfach hier her.“, sagte Cris mit einem Mal.

„Ähm ... in Ordnung...“

Die Krankenschwester wollte zwar den Sinn nicht ganz verstehen, aber Dr. Yang zu widersprechen wäre eindeutig ein Fehler und so eilte sie davon.

„Den neuen Chirurg?“, fragte Owen nach.

„Ja. Er ist ein unglaublicher Kardiochirurug und was immer die Kleine hat, es scheint an ihrem Herz zu liegen.“ Burke wollte Cristina hier nicht sehen, also erschien ihr der andere ‚Kardiogott’ in diesem Krankenhaus als wesentlich sinniger.

Owen nickte leicht. „Wir sollten nach ihren Eltern suchen lassen.“, murmelte er leise und beobachtete Cristina, die fast schon andächtig über die kleine Wange des Mädchens streichelte und ihren Blick gar nicht mehr von ihr nehmen konnte.

„Sie haben sie weggeworfen, Owen. Wie Müll....“, stellte Cristina mit einem bitteren Ausdruck auf ihrem Gesicht fest. „Niemand hat sie mehr gebraucht oder sie hat nur Ärger gemacht und drum war sie es nicht mehr wert, dass man sich um sie kümmert. Sie hat so viel durchgemacht und jetzt ist sie Alleine.“

Owen stutzte und berührte im Glaskasten nur ganz leicht Cristinas Finger. „Weder sie ist alleine, noch du bist es... gerade kümmerst du dich um sie und sorgst dafür, dass sie eben nicht einsam ist und garantiert auch keinen Müll darstellt. Genauso ist es bei dir, Cristina. Du bist nicht alleine in der Dunkelheit, die dich momentan umgibt und ganz gleich wie viel Ärger du mir machst, ich werde dich immer brauchen und garantiert nicht wie Müll behandeln.“

Cristina sah auf und blickte in die strahlend blauen Augen von Owen. Schweigend standen beide einfach nur am Kasten des Babys, berührten das kleine Lebewesen, aber schenkten einander gerade Halt und auch wenn Cristina ihre Mauer bewusst hoch um sich aufgezogen hatte, hatte Owen gerade ein kleines Schlupfloch gefunden, um sich Gehör zu verschaffen. So berührte sein kleiner Finger, den von Cristina, während beide den kleinen Menschen im Glaskasten betrachteten.
 

„Dr. Gallagher!“, rief die Krankenschwester und atmete einmal sehr tief durch, bevor sie auch schon weiterlief. Soeben hatten Andrew und Preston das Krankenhaus verlassen, redeten eifrig über den Fall, als der Ruf der Krankenschwester die beiden Chirurgen zum Stehen bewegte.

„Ja?“, fragte Andrew mit hochgezogener Augenbraue nach. Die Krankenschwester brauchte noch ein paar Sekunden um tief durchzuatmen, bevor sie flüchtig lächelte. „Dr. Yang braucht ihre Expertise.“, erklärte sie und deutete zurück zum Eingang.

„Dr. Yang?“, fragten beide Ärzte verwirrt nach und tauschten einen kurzen Blick miteinander.

“Es geht um einen Säugling. Ungewöhnliche Herztöne und Dr. Yang hat nach Ihnen gebeten.“

„Ein Säugling?“, fragte Preston sofort nach. Er wusste nicht, was es war, das ihm einen kleinen Stich im Herzen versetzte, aber Cristina im Bezug mit einem Baby ließ in seiner Welt nur einen Schluss zu: Sie war Mutter geworden! Ansonsten hätte die Crstina, die er kannte sich niemals mit einem Baby abgegeben.

„Ich komme...“, lächelte Andy flüchtig und nickte noch zu Preston. „Wir sehen uns in der Bar. Du musst mir noch erzählen wie die Sache mit Danny Duquette weiter ging.“ Der Ire hob seine Hand und folgte auch schon der übereifrigen Krankenschwester in Richtung Säuglingsstation.  

Die Krankenschwester räusperte sich.

„Wenn sie eine Frage haben, immer raus...“, murmelte Andrew, als sie den Aufzug betraten.

„Wissen Sie wo Dr. Robbins ist?“

Andrew sah hinab zu der jungen Frau. „Ich weiß nicht mal wer Doc Robbins ist. Sorry.“ Der Ire rieb sich kurz über den Hinterkopf und zuckte mit seinen Schultern.

„Schade, hätte sein können.“ Leise betraten die Beiden die Säuglingsstation. Nach wie vor standen Owen und Cristina in trauter Zweisamkeit vor dem Kasten, in dem der Säugling schlummerte.  

„Ein Säugling mit undefinierbaren Herztönen?“, räusperte sich Andrew und sogleich wandten sich ihm die Blicke von Owen und Cristina zu.
 

~*~

Mit Richtig und Falsch ist das so eine Sache. Zu Beginn eines Konfliktes ist es noch nicht klar ersichtlich, was richtig und was falsch ist. Ist es euch auch schon mal so gegangen? Ihr seid der festen Überzeugung, alles richtig zu machen und dann stellt ihr schmerzlich fest, dass alles ein gigantischer Fehler war. Gibt es dann noch ein zurück? Habt ihr es geschafft wieder zu den Anfängen zurückzukehren um eine neue Chance zu bekommen?
 

(M.G.)

III. Böses Erwachen

 Manchmal passiert es, dass sich ein Augenblick nieder lässt und schwebt und bleibt und länger als einen Augenblick verweilt, doch schon im nächsten Moment zieht er weiter. Ich habe schon oft solch magische Sekunden miterleben dürfen und ich wünsche jedem ein bisschen dieser Magie im Leben. Ich versuche nach solchen Momenten zu suchen, aber normalerweise finden sie mich oder meine Freunde.

Ich wünsche ihnen alles Gute und hoffe, dass sie ihre Sekunden genießen werden, denn vielleicht führt so der Weg zurück. Zurück zum Anfang...
 

(M.G.)
 

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III. Episode: Mutterschaft

13. Kapitel: Böses Erwachen
 

 Nur ganz langsam öffnete Arizona eine Tür, die bedauerlicherweise nicht auf den Flur, sondern in ein weiteres Schlafzimmer führte. Leise in sich hinein fluchend wollte sie sofort den Rückzug antreten, als ihr ein schwarzer Haarschopf im Bett auffiel. Ein ihr überaus bekannter Haarschopf!

„Jesus ....“, murmelte sie fluchend und schlich auf Zehenspitzen in das Schlafzimmer.

Ein großgewachsener Kerl lag mit im Bett, bei Lexie! Arizona flehte, dass keine Diele unter ihren Füßen knarrte und zum Glück wurden ihre Gebete erhört. Mit einem gigantischen Brummschädel rüttelte sie nur ganz leicht an Lexies Schulter.

„Alexandra, wach auf...“, murmelte sie und schüttelte noch ein Stückchen fester. Nur langsam, gaaanz langsam, kehrte wieder Leben in Lexie. Sie gab einen unwilligen Laut von sich und blinzelte etwas. „Isnochvielsufrüh.“, stieß sie gähnend aus und legte ihre Arme quer über ihr Gesicht.

„Ist es nicht....“, flötete Arizona leise und rüttelte sie nochmal. „Du musst ganz schnell wach werden, bevor er wach wird.“ Lexie schob ihre Arme etwas nach unten und blinzelte. Die Irritation in ihrem Blick, wich dem Entsetzten, als sie hinüber zu dem Mann starrte. „Oh oh ...“

„Genau. Oh oh und jetzt komm schon.“, knurrte Arizona gereizt und war bereits wieder auf dem Weg zur Tür.

„Nein, nein, nein, nein...“, murmelte Lexie immer wieder vor sich hin, sammelte der Verzweiflung nahe ihre Kleidung auf und folgte ihrer Vorgesetzten hinaus, wobei sie schon panisch in ihre Unterwäsche schlüpfte. „Wie konnte das nur passieren?“

Arizona hob ihre Schultern und schloss die Tür wieder. „Ich habe überhaupt keine Ahnung... und jetzt komm, wir müssen hier raus!“ Nur noch weg von diesem Ort. Nachdem sie noch in der Besenkammer und im Badezimmer gelandet waren, fanden die beiden Frauen endlich die Wohnungstür! Als ob der Teufel höchst persönlich hinter ihnen her war, rannten sie auch schon los die Treppen nach unten und auch ein Stück der Straße entlang.

„Wie verdammt noch mal konnte das passieren??“, fragte Lexie laut, woraufhin sich Arizona an den Kopf fasste. „Ich habe überhaupt keine Ahnung und es muss doch nicht sein, dass du hier so rum schreist.“

„Hast du...?“

„Ja!“ Arizona fühlte die Tränen in sich aufsteigen. Nicht nur, dass sie Callie in dieser Nacht allem Anschein nach betrogen hatte, nein, sie hatte auch noch mit einem Mann geschlafen und das war so vollkommen gegen ihre Überzeugung. In ihr stieg der Eckel auf.

„Nicht weinen bitte!“, flehte Lexie und schüttelte Arizona etwas. „Wir müssen erstmal hier weg und ich bin sicher, es ist alles nur halb so wild!“, versuchte sie innständig zu erklären, doch Arizona war der Verzweiflung nahe. „Wie konnte das nur passieren?“, murmelte sie vor sich hin, während die beiden Frauen durch die Straßen liefen und endlich die U-Bahn erreichten. Der Notruf vom Krankenhaus war vollkommen vergessen, denn gerade beschäftigte sie nur noch der Gedanke, was eigentlich passiert war und wie sie ihre ganzen Einstellungen hatte über Bord werfen können. Lexie schwieg. Hielt einfach nur die Hand von Arizona und brachte sie nach Hause, wo Arizona unter der Dusche verschwand. Callie war glücklicherweise nicht hier und so ließ sich die kleine Grey auf das Sofa fallen. Ihre Gefühle waren so widersprüchlich. Einerseits war sie glücklich, endlich wieder gelacht und Spaß gehabt zu haben und dann war da noch diese innere Unruhe über das was passiert war. Kein Problem, für sie, denn sie mochte Männer und war in keiner festen Beziehung, aber für Arizona bedeutete das einen schweren Schlag.

Als sie aus der Dusche kam, öffnete Lexie ihren Mund, doch Arizona hob gebietend ihre Hand. „Callie wird das nie erfahren! Hast du kapiert! Callie darf das nicht erfahren!“ Lexie schloss ihre Lippen und nickte schließlich, murmelte aber kleinlaut ein paar Worte: „Bist du dir sicher....?“

“Ja!“ Das konnte sie ihrer geliebten Callie nicht antun und so musste sie ihr schlechtes Gewissen betäuben und Callie zu liebe schweigen, ganz gleich wie schwer das werden konnte, aber die Wahrheit musste in diesem Punkt vergessen werden um den Menschen nicht zu verletzen, den Arizona liebte.
 

Andrew stand mit am Glaskasten und untersuchte den kleinen Säugling. „Ich bin nicht ganz sicher, aber eine der Herzklappen scheint defekt zu sein, allerdings könnte es sich auch um eine weit fortgeschrittene Lungenentzündung handeln. Das werden die Tests zeigen, da können wir sicher sein. Machen Sie sich keine Sorgen, es wird alles wieder gut.“, sagte Andy mit einem kleinen Lächeln und klopfte Cristina auf die Schulter.

„Kümmern Sie sich um die Tests. Sollte es sich nur um eine Lungenentzügung handeln, wissen Sie was zu tun ist. Dann können Sie die Kleine mit nach Hause nehmen.“, erklärte der Chirurg und nickte noch Owen zu.

„Falls Sie mich nochmal brauchen.“ Er steckte Cristina seine Karte zu, bevor er sich etwas distanzierte und schließlich den Raum verließ. Zurück blieb Cristina, die wie gebannt auf den Säugling starrte.

Owen räusperte sich. „Du weißt, dass du sie nicht einfach so mit nach Hause nehmen kannst.“

„Ja...“

Cristina öffnete den Kasten und hob das kleine, asiatische Baby vorsichtig nach draußen. Sie schrie nicht mehr wie am Spieß und mittlerweile hatte ihr Gesicht wieder eine leicht rosige Farbe. Fasziniert betrachtete sie den kleinen Säugling und wanderte mit ihr auf den Arm hinüber zu einem der Schaukelstühle. Owen blieb zurück und beobachtete Cristina mit einem sanften Lächeln, doch ebenso beobachtete noch jemand anderes die traute Eintracht von Cristina und dem Baby.

„Preston....“ Andrew nickte seinem Freund zu, der durch das Fenster hinüber zu seiner ehemaligen Lebenspartnerin starrte und nur einmal schwer schluckte. „Können wir gehen?“, fragte er zähneknirschend, woraufhin Andy nickte.

„Sag mal. Bist du hier um sie zurück zu holen?“, fragte er dann vollkommen ehrlich nach, als Burke bereits los ging. Doch Preston blieb ihm jegliche Antwort schuldig. Er lief einfach nur weiter und steckte seine Hände tief in die Hosentaschen. Andy nickte verstehend und schüttelte dann leicht seinen Kopf. „So ist das also. Glaub aber nicht, ich würde dir dabei helfen eine Familie zu zerstören.“

„Ich verlange überhaupt nichts von dir, Andrew, außer das du deinen Job machst.“, brummte Burke. „Alles andere wird sich von ganz alleine regeln.“ Wenigstens wusste er jetzt, wer sein Gegenspieler war. Der Unfallchirurg!
 

Owen ging vor Cristina in die Hocke und betrachtete sie dabei. „Cristina. Du kannst sie wirklich nicht mit nach Hause nehmen... du weißt, dass das nicht so einfach ist.“

Sie seufzte. „Ich weiß, aber ich kann sie doch nicht hier lassen, Owen. Sie wurde weggeworfen und was meinst du was mit ihr passiert, wenn sie von irgendwelchen Leuten aufgenommen wird? Sie wird sicher über Nacht ins Jugendamt kommen oder noch schlimmer, ins Waisenhaus.“, malte sich Cristina gleich das schlimmste aus.

„Auch wenn es nur eine Lungenentzündung ist, ich kann sie nicht einfach so im Stich lassen Immerhin hab ich sie gefunden und ich habe jetzt eine Verantwortung für sie.“, erklärte Cristina und berührte mit der Fingerspitze die weiche Wange der Kleinen. „Kannst du mir nicht helfen Owen? Bitte.“ Sie sah ihm in die Augen. „Ich möchte sie nicht hier zurück lassen. Ich .... ich muss auf sie aufpassen.“ Ihre innere Stimme riet ihr das. Sie musste diesem Drang das kleine Baby zu schützen nachgeben, auch wenn Niemand sie gerade verstand.

„Cristina, das ist nicht so einfach ....“

“Ich bitte dich Owen. Bitte.“, sagte sie und sah ihm flehend, inständig bittend in die Augen. Owen schluckte einmal schwer und biss die Zähne aufeinander. „... in Ordnung...“, flüsterte er. „... ich werde schauen, was ich tun kann.“ Langsam erhob er sich und trat langsam ein paar Schritte zurück. Es war merkwürdig Cristina so zu sehen, weshalb er nur noch sanft lächelte, bevor er sich abwandte. Na hoffentlich fand er schnell einen Zuständigen.
 

▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬ 24 Stunden später ▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬
 

Schulter an Schulter standen Cristina und Owen vor dem großen Doppelbett. Seit Monaten hatte Owen die Wohnung von Cris und Callie nicht mehr betreten, aber das war jetzt anders. Heute gab es einen Grund, warum er hier war.

„Hmm...“, kam über die Lippen von Owen und er legte seinen Kopf schief. Cristina Yang hob ihre Augenbrauen und seufzte.

„Hmhm.“ Owen nickte und schüttelte gleich darauf seinen Kopf. „Ich wickle sie nicht.“

„Aber Owen...“

„Vergiss es.“

„Wir können sie ja schlecht so lassen.“, beschwerte sich Cristina und deutete auf den kleinen, stinkenden Zwerg. Quietschend lag das asiatische Baby – das auf den Namen ‚Kleines’ getauft war – auf dem Bett und wackelte mit ihren Füßen. Sie litt glücklicherweise nur an einer Lungenentzündung und wurde jetzt strengstens von den beiden Ärzten kontrolliert. Cristina überwachte die Genesung, aber ansonsten war es überaus schwer mit der Kleinen. Es gab gefühlte 1 Million unterschiedliche Windeln. Aber welche passte auf den Babypo von der Kleinen und wie sollte ihr irgendwelches Babyessen schmecken, wenn eh alles nicht schmeckte! Owen war mehrere Stunden im Supermarkt und war überaus erledigt zurückgekehrt, voll beladen mit Milchpulver, Spielzeug und anderen Dingen. Aber all das klärte die Frage nicht, die jetzt im Raum schwebte: Wer wickelte das Baby!

„Du wolltest das Baby, du wickelst es.“, stellte Owen platt fest und deutete auf den Zwerg, der sich gerade seinen Fuß in den Mund steckte.

„Aber Owen.“, maulte Cristina erneut. „Ich kann sie nicht wickeln..“

„Du machst Menschen Einläufe, ich bin sicher du wirst mit so einer harmlosen Windel fertig werden.“ Er schnappte sich ‚Kleines’ und drückte sie Cristina in die Hand. „Nach dir. Das Bad ist gleich da vorne.“

Cristina zog einen Flunsch und schlurfte in Richtung Badezimmer. „Wie gemein du doch bist.“ Owen lachte auf und ließ sich auf das Bett zurück fallen. Eine Ente quietschte auf. Sogleich zog er das gelbe etwas unter sich hervor. Sein Lachen wurde noch lauter, als er Cristinas maulende Worte aus dem Badezimmer hörte.

„Ähhhm Owen!“

Sofort stand er wieder auf seinen Füßen und lief in Richtung Badezimmer. Der Anblick der sich ihm bot, ließ ihn sofort auflachen. „Was machst du da?“, wollte er wissen.

„Sie ist total schmutzig, hilf mir sie zu duschen.“

“Du kannst sie nicht einfach so duschen.“, murmelte Owen.

„Warum nicht?“

“Na weil sie nicht stehen kann.“

„Ich halt sie fest, du nimmst die Brause, also los.“, befahl sie und trieb ihn zur Eile an. Vollkommen überfordert mit der Situation hielt sie das Baby gut fest und Owen versuchte sie wenigstens halbwegs abzubrausen.

„Also mich sollst du nicht duschen.“, lachte Cristina, bekam aber gleich noch eine Ladung Wasser ab.

Cristina drückte ihm die Kleine in die Hände, als er die Dusche beiseite legte. „Wir brauchen ein Handtuch.“ Wie gut das sich Callie um die Wäsche kümmerte. So zog sie schnell ein Handtuch aus dem Schrank und wickelte das Baby ein. Sie wurde eingecremet angezogen und schließlich lagen Owen und Cristina absolut erledigt im Bett. Kleines lag zwischen ihnen und schlummerte bereits tief und fest.

„Na das lief doch gar nicht mal so schlecht.“, murmelte Cristina und atmete einmal tief durch.

„Hast du dir schon das Bad angesehen? Da schwimmt alles.“, grinste Owen breit.

„Mir egal. Callie kommt bald nach Hause.“

Owen setzte sich etwas auf. „Du kannst das nicht alles Callie machen lassen.“

„Das meinst auch nur du.“ Cristina rollte sich etwas zur Seite und betrachtete das Baby, dass gerade so friedlich aussah.

Owen zuckte noch mit seinen Schultern. Es hatte wohl keinen Sinn darüber weiter mit Cristina zu diskutieren, zumal er selbst auch keine Lust hatte das Bad zu säubern. Stattdessen betrachtete er die beiden Ladys neben sich. Gerade war er absolut zufrieden, weshalb er auch seine Augen schloss und sich noch einmal ausgiebig streckte.

„Schlaf gut ...“, murmelte er noch, doch Cristina war schon ins Reich der Träume entschlummert. Er drehte sich nochmal zur Seite und streichelte der Asiatin sanft über die Wange und auch dem kleinen Mädchen. „Danke... wem ich auch immer das gerade zu verdanken habe.“ Es war verblüffend, wie schnell sich das Leben wieder zum positiven verändert hatte... die Heilung hatte begonnen.
 

~*~
 

Alles wird wieder gut. Ich glaube daran, dass alles wieder gut wird und  den ganzen Fehlern und Fehlentscheidungen wieder glückliche Momente folgen. Jeden Tag aufs Neue warte ich darauf, dass die Sache wieder richtig gemacht wird und ich es schaffe meine Fehler hinter mir zu lassen. Doch noch bin ich nicht so weit, aber vielleicht sind es sie ... sie alle... meine Freunde, meine Familie.
 

(M.G.)

III. Freundschaft und Abschied (Teil 1)

Die Tage mit der Kleinen vergingen wie im Fluge. Cristina blühte mehr als anfänglich gedacht in ihrem Mutterdasein auf und Owen schaffte es nun endlich  sich ihr wenigstens wieder ein Stückchen anzunähern.

Aber auch für anderen Mitarbeiter des Seattle Grace- Mercy West Krankenhauses verstrich ein Tag nach dem anderen, ohne das sich etwas an der momentanen Lethargie veränderte. Meredith schaffte es nicht mit Derek zu reden; Jackson konnte April nicht vom Bleiben überzeugen und Arizona verheimlichte ihren One-Night-Stand mit einem Mann und zerfraß sich dabei selber geradezu. Aber es half alles nichts.
 

~*~
 

Das Leben ist kein Ponyhof und man muss sich früher oder später den Gegebenheiten anpassen, auch wenn es für Viele bedeutete, dass das Leben hart und ungerecht ist!  Wo blieb die lang ersehnte Besserung? Der Drang nach der Veränderung war da und auch der Wunsch, dass alles wieder gut wurde, doch dieser dringenden Bitte wurde nicht nachgegeben. Gab es vielleicht eine Adresse, an die diese Bitte geschickt werden konnte?  Jemanden der für das Schicksal und die Bestimmung verantwortlich ist und an den vielleicht dieser Wunsch herangetragen werden konnte?

Nein. Sowas gab es nicht, denn jeder Mensch lebte nach seinem freien Willen und versuchte sich so irgendwie mit all den Gegebenheiten abzufinden, auch wenn das stellenweise Schmerz und Resignation bedeutete. Aber aus all dem Schlechten das einem widerfuhr konnte auch der Spross etwas positiven reifte. Die Veränderung eröffnet neue Blickwinkel, lässt einen neue Wagnisse eingehen und neue Träume entwickeln.
 

(Meredith Grey)
 

~*~
 

III. Episode: Mutterschaft
 

14. Kapitel: Freundschaft und Abschied (Teil 1)
 

Heute war er also. Der Tag des Abschiedes. Zum einen bedeutete es für Cristina und Owen das kleine Baby an die Fürsorgestelle zu geben, denn es war ihnen nicht gestattet die Kleine noch weiterhin zu behalten, doch für ‚Kleines‘ war eine wunderbare Familie gefunden worden. Dennoch war es für Cristina ein schwerer Schritt, jetzt da sie sich an diesen Menschen im Miniaturformat gewöhnt hatte, sie einfach wieder her zu geben und auch Owen hatte an dieser Stelle schwer mit sich zu kämpfen. Was auch immer ‚Kleines‘ in Cristina berührt hatte, es hatte dafür gesorgt, dass Cristina sich langsam wieder öffnete. So stand ihnen ein überaus schwerer Abschied bevor.

Und zum anderen war da die Sache mit April, die sich mittlerweile im ganzen Krankenhaus herumgesprochen hatte. Heute war ihr letzter Tag und danach hieß es Lebe wohl! Nicht nur im beruflichem. Schweren Herzens hatte Jackson mit ansehen müssen, wie April eine Kiste nach der anderen aus dem Haus trug und in ihre neue Wohnung brachte. Er hatte sie verloren. Hatte nie wirklich um sie gekämpft und jetzt, da er merkte, dass sie für immer aus seinem Leben verschwand brach es ihm schier das Herz vor Traurigkeit. Aber sie ließ sich einfach nicht umstimmen und so hatte er resigniert, versuchte ihr zu helfen und setzte immer nur ein freudiges Lächeln auf, wenn er sie durch die Gänge wandern sah. An seiner Freundschaft sollte April nie wieder zweifeln, auch wenn sie das nicht hier im Krankenhaus hielt.

Griesgrämig wie eh und je schlurfte Jackson durch die Gänge und wartete nur darauf, dass ihm jemand wie Burke oder Karev einen Grund für einen Ausraster gaben. Burke konnte er für seinen Teil nicht leiden, denn dieser arrogante Vollidiot hielt ihn seit dem ersten Treffen auf Distanz und weigerte sich Jackson mit in eine OP zu nehmen. Natürlich, einerseits wollte er auch in keinen Operationssaal mehr, aber andererseits fuchste es ihn ganz gewaltig, dass er keiner der ach so tollen Kardiooperationen bewohnen durfte. Und was Karev anging… Alex war für ihn ein rotes Tuch! Insgeheim gab er nämlich ihm die Schuld, dass April nun das Krankenhaus verließ! Deshalb hasste er ihn einfach aus Prinzip und rempelte ihn stets und ständig an, wenn sie einander auf dem Gang begegneten. Aber heute schien er wie vom Erdboden verschluckt und so versuchte sich Jackson mit übertriebener Höflichkeit und einem kleinen Lächeln auf den Lippen, wobei das alles nur Show war. April ging. Das war das Einzige, das seine Gedanken dominierte und da konnte ihn nichts und niemand mehr auf andere Gedanken bringen. Nun… vielleicht ja doch, denn sein Pieper surrte in dem üblichen Ton. Notaufnahme. Hoffentlich wollte Hunt nicht wieder irgendwelche schwachsinnigen Einsätze von ihm. Momentan wurde er stets und ständig in einen Krankenwagen verfrachtet um die Sanitäter zu unterstützen. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass ihn seine Mitarbeiter auf Distanz halten wollten. Sei es drum. Er musste auf den Notruf reagieren und so eilte er auch schon in Richtung der Notaufnahme.

In dem genannten Behandlungsraum angekommen, musste er aber feststellen, dass es nicht etwa Hunt war, der ihn angepiept hatte: Sondern Andrew Gallagher. Der smarte irische Arzt, der schon die halbe (weibliche) Belegschaft um seinen kleinen Finger gewickelt hatte.   Der irische Charme eben. Der neue McDreamy. Mr. Ober-hübsch und McTattoo, wie er von diversen Kolleginnen inzwischen betitelt wurde. Doch ganz gleich wie anziehend ihn die Frauen fanden, Jackson war genauso beeindruckt von ihm, aber nicht von seinem Aussehen, sondern von seinem Können im Bereich der Kardiologie! Absolut beeindruckend, was er für Tricks und Kniffe auf Lager hatte. So war Jackson durchaus positiv überrascht, dass Andrew ihn zu sich und dem Patienten heran nickte.

„Wollen Sie nur in der Tür stehen, oder sind Sie dazu fähig, mir im Moment zu helfen?“, fragte Andrew mit einem kleinen, provokanten lächeln nach und hob abwartend seine Schultern. Jackson schluckte, nickte und schon befand er sich bei dem Patienten.

„Verkehrsunfall. Starke Lungenquetschung… Der Gurt hat ihm die Luft abgeschnürt.“, klärte Andrew ihn kurz auf. Das Ultraschallgerät zeichnete gerade erste Quetschungen auf. „Vermutlich einige innere Blutungen. Ich könnte einen Assistenzarzt im OP gebrauchen.“ Fast schon herausfordernd sah er dem jungen Mann mit der OP-Phobie und seinem kleinen Problem mit Preston entgegen.

„Sie meinen mich?“, fragte er fast schon heißer.

„Nun, da hier sonst nur Anfänger sind, meine ich wohl oder übel Sie.“

Jackson ließ kurz seinen Blick schweifen. Die kleine Tamina war noch mit im Raum und seufzte gerade überaus genervt auf. Aber Andy verfügte über diese störrische Ruhe und so nickte er noch einmal bekräftigend. „Also OP buchen und vorbereiten.“, wies er ihn dann doch ein wenig schroffer an.

Jackson schluckte und wandte sich sofort ab um wie mechanisch dem Auftrag Folge zu leisten. Er sah über seine Schulter zurück und merkte sehr wohl, wie der irische Arzt zufrieden grinste. Was auch immer er vor hatte: Sein Plan schien bisher aufzugehen. Blieb nur zu hoffen, dass Burke seine Finger nicht weiter im Spiel hatte.
 

Es waren anstrengende Tage, aber auch mitunter die schönsten in Cristinas Leben. Mit Owen an ihrer Seite stellte sie sich der Herausforderung Mutter zu sein und das war leider nicht immer ganz so einfach. Viel wurde von ihr erwartet, aber ebenso viel geschenkt, denn die Kleine lächelte sie oftmals so wunderschön an und zeigte ihr, wie schön es doch im Leben war. Für Owen war es die Chance ihr endlich wieder näher zu kommen und scheinbar auch mit Erfolg. Sie redete wieder mit ihm. Vollkommen normal. Herrisch und gebieterisch, keifend und zickig. Genauso wie Cristina eben Zeitweilen war und das ließ Owen immer wieder aufs Neue beruhigt auf atmen, aber auch befiel ihn die Angst und die Sorge, dass er Cristina wieder verlieren könnte, sobald die Kleine weg war. Denn das war leider etwas Unausweichliches.

Viel zu schnell ging die Zeit mit der kleinen Lady vorbei und schon jetzt konnte Owen mit ruhigem Gewissen sagen, dass sie ihm fehlen würde und ebenso war er bestärkt im Denken, dass Cristina sehr wohl über sehr viele Mutterqualitäten verfügte.

Zusammen hockten die Beiden im Aufnahmebereich des Krankenhauses. Cristina hielt das Baby in ihrem Arm, die Wange an die von ‚Kleines‘ geschmiegt und wiegt sie leicht hin und her. Dabei streichelte die junge Chirurgin über den Rücken des Babys, das Zufrieden auf ihrem Schnuller herum nuckelte und über die Schulter von Cristina hinweg Richtung Owen blickte. Dieser brachte kaum ein Lächeln zu Stande, streichelte ihr aber immer wieder über das Köpfchen und warf einen besorgten Blick zu Cristina. Sie wirkte sehr in ihren Gedanken versunken und schien kaum noch etwas um sich herum wahr zu nehmen.

„Ich bin sicher wir werden sie irgendwann wieder sehen.“, durchbrach Owen die etwas unheimliche Stille, woraufhin Cristina einmal leicht aufseufzte. „Ich bin sicher, Cristina.“ Behutsam fuhr er ihr durch die dunklen Locken und versuchte sie mit einem kleinen Lächeln wieder zu erheitern, aber in Anbetracht der Situation war das gar nicht so einfach. So sehr Cristina auch unter Schlafmangel gelitten hatte, sie hatte das kleine Wesen in ihr Herz geschlossen und so fühlte sie sich jetzt, da der Abschied herannahte wie zerrissen.

„Ich weiß nicht ob ich sie nochmal sehen will, Owen. Was ist, wenn sie mich dann gar nicht mehr erkennt.“

„So ein Unsinn. Du hast ihr das Leben gerettet und ihr ermöglicht jetzt ein tolles Leben zu führen. Sie wird im Grunde ihres Herzens immer an dich denken, da bin ich mir sicher.“, versuchte Owen sie aufzubauen und lehnte sich zu ihr hinüber. Auch ihm würde ‚Kleines‘ schrecklich abgehen, so viel war gewiss.

„Da ist sie…“, murmelte Cristina als die Mitarbeiterin des Jugendamts auf die beiden Chirurgen zuschritt. Sogleich erhob sich Cristina und drückte das kleine Menschlein noch ein wenig fester, beschützender in ihre Arme.

„Dr. Yang. Ich bin hier um die Kleine abzuholen… . Ich muss  mich bei Ihnen bedanken. In den letzten Tagen war es schlichtweg unmöglich ein zu Hause für sie zu finden, aber jetzt haben wir eines. Sogar ein sehr Gutes.“, erklärte die Frau mittleren Alters und lächelte der Asiatin entgegen. „Dann würde ich sie jetzt auch mitnehmen.“

Cristina fühlte sich wie unter Strom gesetzt. Ihr Herz schlug ein paar Takte schneller.

„In Ordnung, aber sein sie bitte vorsichtig, sie ist noch so klein.“, flüsterte Cristina und besah sich noch einmal das Gesichtchen des Säuglings.

„Pass auf dich auf. Sei brav und weiterhin so ein tolles Mädchen.“ Mehr konnte sei gerade nicht sagen. Viel zu gefangen war sie vom Augenblick und viel zu groß war ihre Sorge einfach in Tränen auszubrechen. Cristina drückte der Kleinen einen letzten Kuss auf die Stirn, ehe sie das Baby in die Hände der Jugendamtsmitarbeiterin übergab. Owen streichelte ein letztes Mal über den Rücken des Kindes und schon verabschiedete sich die Frau, die noch gar nicht ahnte, was das für Cristina bedeutete.

Über die Schulter der Frau hinweg blickte ‚Kleines‘ zu Owen und Cristina, die ihr noch eine ganze Weile nach schauten. Sanft legte Owen seine Hand auf den Rücken von Cris. „Lass uns gehen…“

Schweigend und schwer schluckend nickte sie. „Owen ich brauch Urlaub…“, kam mit einem Mal über ihre Lippen.

„In Ordnung… dann machen wir bald Urlaub.“

„Ich meine nicht bald … ich meine, dass ich Urlaub brauche. Richtigen Urlaub. Ganz weit weg. Irgendwo am Meer, wo mich nichts mehr an diese Regenzeit hier erinnert.“

„Sommer, Sonne und noch mehr.“, lächelte Hunt. „Wenn du willst überlege ich mir was.“

Wieder nickte sie und zwinkerte ein paar Mal. Owen hielt sie zurück und strich sanft mit seinen Fingerspitzen über ihre Augenlider. „Es wird alles wieder gut.“, flüsterte er ihr zu. Wieder nickte Cristina, doch fühlte sie gerade wieder die unendliche Leere in sich aufsteigen.

„Cristina. Ich verspreche dir, dass alles wieder gut wird.“, betonte er erneut und zog sie zu sicher heran. „Du musst nur Ja sagen…“ Wie in letzter Zeit immer wieder schien das eine Art magisches Wort zu sein. Ja. Einfach nur ja, denn dann wusste er, dass all sein Kampf nicht vergeblich war und er sie retten konnte, aus der Finsternis, in der sich Cristina befand.

Sie schluckte den schweren Kloß in ihrem Hals herunter, seufzte und murmelte schließlich ein dünnes  ‚Ja‘. Owen zog ihr Gesicht etwas an das seinige heran und drückte ihr einen sanften Kuss auf die vollen Lippen. „Ich pass auf dich auf, ich verspreche es und jetzt lass uns nach Hause gehen.“ Cristina sah in seine leuchtenden Augen und schmiegte sich augenblicklich an ihn, als er sie mit in Richtung Ausgang zog,

Nicht unweit von den Beiden stand Meredith. Die Trauer zeichnete sich deutlich in ihre Augen ab, während sie all das beobachtete. Cristina mit dem Baby und mit Owen. Der Abschied. Ihre Freundin die sich nur noch um sich selber kümmerte, ja selbst Owen wieder an sich heran ließ. Das war zu viel für die junge Frau. Sie machte kehrt und lief in Richtung der Operationssäle! Sie wollte mit Derek reden! Jetzt! Und diesmal sollte er ihr nicht wieder ausweichen, wie so oft!
 

In einem anderen Operationssaal wurde zwischenzeitlich eine OP erfolgreich beendet.

Jackson zog sich die OP Haube vom Kopf und betrachtete seine Hände ein wenig. Über drei Stunden war er im OP und jetzt fühlte er sich einmal mehr wie gerädert, aber auch auf eine seltsame, sture und irritierende Art und Weise wie widerberelbt. Ihm hatte diese Zeit gefehlt. Das erhabene Gefühl einer Operation und den Stolz, den man empfand, wenn man einem Menschen das Leben rettete. Sichtlich zufrieden mit dem Lauf der Dinge, trocknete er sich noch rasch die Hände ab, als er Gesellschaft von Dr. Gallagher bekam.

„Sie waren gut… ich frage mich nur, warum Sie so lange in keinem Operationssaal mehr waren.“

Er stellte das Handwaschbecken an und ließ sich warmes Wasser über die Finger laufen, wobei seine blauen Augen interessiert zu Jackson hinüber huschten. Dieser schwieg.

„Ich nehme an, es hat etwas mit dem Amoklauf von vor einigen Monaten zu tun.“

Avery nickte ein kleines bisschen.

„Nun, dann sollten Sie langsam aufhören daran zu denken! Sie verschwenden Ihr Talent!“, fuhr Andrew ihn auf einmal an, wodurch der Assistenzchirurg zusammenzuckte. Verwirrung schlich sich in seinen Blick, als er sich zu dem Iren umwandte. „Ich versteh nicht, Sir…“, murmelte er leise.

„Ich weiß, dass Ihnen und einigen anderen hier etwas schlimmes widerfahren ist, aber, sie sind dabei ihr Leben zu ruinieren, aufgrund der Tat eines einzigen Mannes. Sie sind es letzen endlich der sein Schicksal selber in der Hand hat. Wenn Sie mich fragen, sollten sie langsam damit aufhören im Selbstmitleid zu versinken und sich wieder aufrappeln. Sie sind gut und zwar verdammt gut, wenn Sie sich nicht ständig von ihren Gedanken hemmen lassen.“, sagte Andrew ernst und verschränkte nun die Arme locker vor seiner Brust. „Sie können besser sein, als jeder andere hier im Krankenhaus, aber dazu sollten Sie es unterlassen, deprimiert durch die Gänge zu huschen. Wenn Sie Mitleid wollen und in ihrer Depression versinken möchten, dann sollten Sie sich wahrlich einen anderen Job suchen, denn hier geht es um Menschenleben, Mann.“

Jackson nickte und schluckte einmal. „Aber…“, setzte er an, verwarf dann aber den Gedanken sehr schnell. „Sie haben Recht.“

„Natürlich hab ich Recht und jetzt sorgen Sie endlich dafür, dass sie sich nicht nur ständig auf der Wohlfahrtsstation rumtreiben, sondern sich wieder um Operationen reißen, so wie es sich für einen ehrgeizigen Anfänger gehört. Sie stehen ab jetzt auf meiner Liste. Rund um die Uhr, ganz gleich wegen welcher OP, Sie werden angepiept. Verpassen Sie eine OP, sind Sie raus. Kapiert?!“

Wieder nickte der angesprochene, junge Mann, wobei er einen Moment schluckte. Andrew Gallagher war quasi rund um die Uhr im Krankenhaus. Vielleicht sollte sich Jackson langsam mit dem Gedanken anfreunden, dass er sich hier auch einquartieren sollte.

„Danke für die Chance.“, murmelte er noch.

„Ich brauche keinen Dank. Verbocken Sie es nicht, das ist Dank genug.“, meinte Gallagher ruhig und wandte sich schließlich ab.

Jackson, der noch immer nicht ganz begriff was hier vorgefallen war, knabberte nervös auf seiner Unterlippe, ehe ihm etwas einfiel. So schnell er konnte rannte er los. Es war kurz vor acht!! April wollte um 20 Uhr ihre Schicht beenden und er wollte sich doch noch von ihr verabschieden!
 

~*~
 

Manchmal ist es gar nicht so einfach sich einer Veränderung hinzugeben. Hin und wieder kommt es vor, dass ein Mensch an den altbewährten Dingen festhält und mit aller Macht versucht das Schicksal in die richtigen Bahnen zu lenken. Ich wünsche mir so sehr und jeden Tag aufs Neue, dass alles so wird wie früher, aber wie soll das gehen, wenn die anderen nicht dazu bereit sind und sich viel lieber in den Fluss der Veränderungen begeben? Ich wünschte ich könnte die Menschen in meiner Umgebung dazu zwingen die Augen zu öffnen, damit sie erkennen, wie schön das Leben damals war …

Das war es doch.

Oder?
 

(Meredith Grey)

III. Freundschaft und Abschied (Teil 2)

Veränderungen kommen. Ob wir wollen oder nicht. Selbst wenn ich nicht gewillt bin mich diesen ganzen Neuerungen zu unterwerfen fechte ich wohl einen Kampf auf verlorenem Posten.

...

Aber ich muss es wenigstens versuchen.

Ihr kennt das doch sicher auch oder? Die Furcht vor Neuem? Davor, wie alles wird, wenn das Alte verschwindet. Das Gute. Mein Leben war perfekt und jetzt fürchte ich mich sehr vor den Neuerungen...
 

(Meredith Grey)
 

~*~
 

III. Episode: Mutterschaft
 

15. Kapitel: Freundschaft und Abschied (Teil 2)
 

Jackson stürzte in den Umkleideraum der Assistenzchirurgen und ließ sogleich seinen Blick schweifen. „Ist April noch da?? Oder ist sie schon weg....?“, fragte er vollkommen aus der Puste einen der Umstehenden, die allesamt zu ihm blickten.

„Ich sitze hier...“, räusperte sich mit einem Mal eine junge Frau, die genau einen Meter von ihm, direkt in seinem Blickfeld hockte, und jetzt mit großen, fragenden Augen zu ihm hinüber sah. Jackson blinzelte irritiert. Er hatte sie gar nicht bewusst wahr genommen. Zu groß war seine Panik, dass sie bereits weg war, ohne das er die Chance genutzt hatte, ihr zu sagen, was er wirklich empfand. Gerade als er ansetzen wollte, ihr ein Geständnis zu machen, bemerkte er ihren offenen Spind. IHREN Spind oder wohl eher ihren leeren Spind. Jackson schluckte schwer, denn auf Aprils Schoss stand ein kleiner Pappkarton, den sie gerade einsortierte. Sofort ließ er seine Schultern hängen und setzte sich neben April. „Die letzten Minuten?“, fragte er leise nach.

„Eigentlich hab ich schon Dienstschluss. Ich hab sogar schon mein Zeugnis von Webber. Ich sag ja immer, man muss nur ein wenig hinterher sein, dass macht er alles.“, grinste April flüchtig und blätterte erneut durch ein kleines schwarzes Buch. Eines ihrer zahlreichen Notizbücher. Sie warf einen Blick auf die letzte, beschriebene Seite. Mitten im Satz hatte sie geendet und dann waren da nur noch Blutspritzer. Es war jenes Buch, in das sie gerade geschrieben hatte, als sie über den toten Körper von Reed stolperte. Aprils Körper überzog bei dem Gedanken daran eine kleine Gänsehaut. Schnell klappte sie das Büchlein zu und warf es zu ihren anderen, persönlichen Gegenständen in die Kiste.

Jackson strich sich über seine kurz rasierten Haare und zog einen kleinen Flunsch. „Ich nehme an, du willst nicht noch hier bleiben, für einen letzten, kleinen Nervenkitzel?“, fragte er und versuchte sich mit einem kleinen Lächeln, das allerdings scheiterte. Er konnte in Anbetracht der Situation nicht glücklich neben April sitzen und so tun, als ob ihn das alles nicht interessierte, denn das stimmte nicht. Er fühlte sich, als ob ihm ein Teil seiner selbst entrissen wurde. Etwas verschwand aus seinem Leben. Etwas von Bedeutung, aber erst jetzt, da der Abschied nahte, erkannte er, wie sehr er April wirklich brauchte.

Sie schüttelte ihren Kopf und wackelte mit ihrer Nasenspitze. „Ich darf nicht mehr operieren. Ich arbeite hier ja offiziell nicht mehr und habe somit auch keine OP Erlaubnis. Für mich geht es jetzt in Richtung Allgemeinmedizin.“ Sie zwinkerte ihm zu und verschloss den Pappkarton, ehe sie sich erhob. Fein säuberlich hatte sie ihre Krankenhauskleidung gewaschen. Ordentlich gefaltet legte sie diese in ihren Spind, oben auf ihr Namensschild und das Stethoskop. Jackson schluckte schwer.

„Magst du noch was trinken gehen? Bei Joe?“, versuchte er wenigstens noch ein bisschen Zeit mit April herauszuschlagen. Sie schüttelte ihren Kopf. „Ich muss morgen früh raus. Ich hab meine erste Vorlesung an der Uni...“

„Du studierst also wieder?“

„Nur ein Grundlehrgang, da ich mich ja bislang auf die Chirurgie konzentriert habe. Ein bisschen Auffrischung in Allgemeinmedizin wird mir also nicht schaden.“, erklärte sie mit einem Schulterzucken und klemmte sich den Karton unter den einen Arm, bevor sie sich noch mal zu Jackson umdrehte.

„Jetzt guck nicht so wie sieben Tage Regenwetter! Du wirst sehen, du hast mich schneller vergessen, als du denkst.“, meinte sie entschieden.

„Garantiert nicht.“, maulte Jackson und klang dabei wie ein kleiner Junge, dem gerade sein Eis auf den Boden gefallen war.

April schüttelte leicht ihren Kopf. „Machs gut.“ Nur kurz winkte sie ihm und schon hatte sie sich umgedreht und verschwand aus dem Raum. Jackson starrte ihr nach. War das alles? War das der Abschied, dem er die ganze Zeit mit so einem mulmigen Gefühl entgegen gesehen hatte? ‚Machs gut...’? Ernsthaft??! Unfähig sich zu bewegen starrte er weiterhin auf die Tür, die gerade wieder ins Schloss fiel. Es dauerte eine ganze Weile, bis wieder Leben in den erstarrten Mann zurückkehrte und er eiligen Schrittes April folgte.
 

„Du redest jetzt mit mir, hast du verstanden!“, keifte Meredith, die hinter ihrem Ehemann her lief. Er war gerade auf dem Weg von den Operationssälen in Richtung Aufnahmebereich.

„Kannst du bitte nicht so schreien?“, bat er sie einmal eindringlich und seufzte dabei sichtlich genervt auf. Er hatte seine Gründe, warum er ihr in den letzten Tagen und Wochen ausgewichen war und er hatte kein Interesse daran, dass sich das jetzt im Moment änderte. Es war sicher nicht ganz fair für Meredith, aber er brauchte ein bisschen Abstand zu all den Dingen um sich über sein Leben im Klaren zu werden. Vor sechs Monaten war er fast gestorben und anstatt, dass sich etwas veränderte, lief alles nur noch im selben Trott. Nichts hatte sich verändert. Im Krankenhaus war noch immer alles so wie früher. Die Menschen kamen zum sterben hier her. Lebenserhaltene Maßnahmen wurden eingestellt und trauernde Angehörige blieben zurück. Derek wollte das nicht mehr mit erleben müssen, wie die Menschen starben und so haderte er nicht nur mit seinem Job, sondern auch mit seiner ganzen Daseinsberechtigung. Vielleicht war ein Jobwechsel das Richtige. Vielleicht auch einfach nur ein Umzug, wie damals nach der Sache mit Mark und Addison. Er konnte es nicht sagen. Noch nicht. Und bis es soweit war brauchte er Abstand zu seiner Frau, die aber kein Verständnis für ihn aufbringen wollte, sondern ihn dazu zwang, dass er sich um sie kümmerte.

„Nein, ich werde garantiert nicht aufhören zu schreien. Nicht bis du endlich mit mir geredet hast, Derek. Ich kann nicht mehr und ich will auch nicht mehr. Wenn du die Scheidung willst, dann brauchst du einfach nur unseren Post-it zu zerreißen, aber hör auf damit mich so zu quälen!“, schrie sie ihn an.

Immer mehr Augenpaare richteten sich auf die Beiden Streitenden, die gerade eine Treppe hinauf liefen.

„Ich habe nie etwas von einer Scheidung gesagt.“, knurrte er leise. „Und jetzt beruhig dich erst Mal“

Meredith seufzte genervt auf. „Ich habe aber keine Lust mich zu beruhigen, Derek! Ich will Antworten und zwar jetzt. Du kannst nicht einfach von mir erwarten, dass ich so tu, als ob nichts ist. Du weichst mir aus, du lässt mich alleine und ich weiß nicht wieso. Ich weiß nicht, was ich dir getan habe!“

Von ihrer Fehlgeburt konnte er nichts wissen. Außer Hunt, Cristina, Jackson oder Kepner hatten geredet, aber das konnte sie sich nicht vorstellen. Nicht nachdem sich Derek sowieso von allen Menschen so zurückzog und eigentlich nur noch mit Mark ein sehr inniges Verhältnis pflegte.

„Meredith.“, setzte er an und trat auf die selbe Stufe wie sie. „Du hast mir gar nichts getan, außer dass du nicht akzeptieren kannst, dass ich auch mal ein bisschen Abstand brauche. Ich bin gerade dabei mein Leben zu sortieren und ... ich brauche dich im Moment nicht.“

Seine Worte versetzten Meredith einen Stich. Entsetzt sah sie ihn an und schluckte einmal schwer.

„Bitte versteh mich. Ich wurde angeschossen und kann nicht einfach so weitermachen. Ich kann nicht so tun, als ob nichts gewesen wäre, also gib mir etwas Zeit mich selber wieder zu finden, denn dabei kann mir nichts und niemand helfen.“, erklärte er ihr, als er den verletzten Ausdruck in ihren Zügen erkannte. Sofort bedauerte er, dass er sich zu so barschen Worten hatte hinreißen lassen.

Meredith schürzte ihre Lippen. „Außer von Mark.“

“Mark ist mein bester Freund. Er kennt mich und... auch ich brauche jemanden zum Reden.“

„Aber wieso kann dieser jemand nicht ich sein?“, fragte sie trotzig und atmete einmal tief durch. Sie hatte ihre Hände zu Fäusten geballt und starrte ihm wütend entgegen.

„Weil ich dich nicht mit all meinen Sorgen belasten möchte.“, sagte er ehrlich.

„Na großartig. Wie gut, dass wir nie wirklich geheiratet haben, denn dann müsstest du dich ja an den Leitsatz ‚In guten, wie in schlechten Zeiten’ halten!“, keifte Meredith gereizt und machte augenblicklich kehrt. Dass er sie aus seinem Leben ausschloss tat weh. Sogar sehr weh und sie wusste sich kaum noch zu helfen. Mit tränenverschleierten Blick rannte sie die Stufen nach unten und die Eingangshalle entlang. Derek ließ seine Hände sinken und sah ihr noch nach. Was sollte er machen? Ihr folgen oder einmal seit er sie kannte an sich denken?? Er wusste es nicht und so verharrte er regungslos am oberen Absatz der Treppe, während Meredith so oft vor der offenen Konfrontation davon lief.
 

Und noch jemand anderes rannte durch das Krankenhaus. Aber nicht etwa um von einer schlimmen Situation zu flüchten, nein, sondern um ein schönes Ereignis herbeizuführen! Jackson lief aus den Türen des Krankenhauses und konnte noch gerade rechtzeitig April um eine Ecke biegen sehen.

„Warte! April!!“, rief er und sogleich blieb die junge Frau stehen.

Etwas außer Atem kam er neben ihr zum stehen, holte tief Luft und betrachtete sie dann. „Ich versuch es jetzt ein allerletztes Mal und ganz gleich was du dann sagst, ich will ein Freund von dir sein und ich werde auch immer für dich da sein, aber ich kann das jetzt nicht unversucht lassen. Ich muss es einfach sagen.“, plapperte er zuerst vor sich hin, woraufhin April ihren Kopf ein wenig schief legte. „Bitte geh nicht. Lass mich hier nicht alleine.“, bat er sie eindringlich und legte seine Hände auf ihre Schulter. „Bitte...“, wiederholte er und fing mit seinem Blick den Ihrigen auf. Fest sah er ihr in die wunderschönen, schokoladenbraunen Augen.

„Jacky...“

Er ignorierte diesmal, dass sie ihn so nannte, sondern trat noch ein kleines Stückchen näher an sie heran. „Bitte.“, flüsterte er nur. Der junge Mann legte so viel Wärme in sein eines Wort. Es hatte einen ganz besonderen Klang gerade, der April einen kleinen Schauer über den Rücken jagte. Schweigend betrachtete sie Jackson einen Moment, bevor sie zu Boden guckte und nur ganz leicht ihren Kopf schüttelte. Jackson schloss seine Augen und seufzte einmal schwer. „Dann sehen wir uns hoffentlich bald...“, brachte er zähneknirschend und mit den aufsteigenden Tränen kämpfen noch über seine Lippen. Diesmal nickte April ein bisschen.

„Pass auf dich auf, Jackson.“, raunte sie ihm noch zu, bevor sie sich geschickt unter seinen Händen weg drehte und ihres Weges zog. Leicht hüpfend und immer in Eile wie so oft. Tief vergrub Jackson seine Hände in seinen Taschen. Bitter sah er ihr nach, beobachtete ihre wippenden Locken und ihr ganzes, strahlendes Wesen. Ein kleines Lächeln bildete sich auf seinen Lippen, doch es zeigte keinerlei Freude, sondern versuchte lediglich die kleine Träne des Abschieds auf seiner Wange wett zu machen. April verschwand aus seinem Blickfeld und noch einmal kniff er seine Augen zu, bevor er sich umdrehte und schwerfällig zum Krankenhaus zurück ging.

„Nicht jetzt, bitte...“, murmelte er auf einmal, als er an Andrew Gallagher vorüber ging, der lässig an der Eingangstür lehnte und die kühle, klare Nachtluft genoss, die bereits jetzt schon nach Regen roch. Er nickte leicht und betrachtete den auserwählten Assistenzarzt, der mit hängenden Schultern und sichtlich niedergeschlagen an ihm vorbei ging.

Kurz darauf verließ jemand anderes das Krankenhaus. „Sieh an die kleine, selbsternannte Kardiogöttin.“, lachte Andrew. Augenblicklich blieb Tamina stehen und funkelte ihn zornig an. „Sie machen sich wohl gerne lustig über mich.“

“Tja.... ich bin ihr Chef. Ich darf das.“, grinste er sie noch breit an, bevor er sich abwandte und den Weg nach drinnen suchte. Dieses Krankenhaus war besser als jede Seifenoper! So viel Drama und Parodie wie sich hier abspielte!
 

Lexie und Arizona sahen sich an und schließlich wieder nach unten. Fassungslos und regungslos starrten sie auf das längliche Teil, das in Arizonas Händen lag.

„Zwei Striche...“, murmelte die blonde Chirurgin leise.

„Ähm ... das heißt ... schwanger ... oder?“, fragte Lexie nach und starrte auf dem Schwangerschaftstest mit den zwei rosa farbenen Streifen...
 

~*~
 

Man muss manchmal von einem Menschen fortgehen, um ihn zu finden, aber trotzdem ist ein Abschied immer so schrecklich schmerzhaft. Das schwerste am Abschied nehmen ist, dass man es jeden Tag aufs Neue tun muss!

Jeden Tag werden wir aufs Neue mit der selben Wahrheit konfrontiert, das Leben hier ist vergänglich.

 Ich wünschte, dass ich all diese schrecklichen Gefühle einfach auslöschen könnte, wie einen Fehler auf einem Blatt Papier. Gibt es keinen Radiergummi für Traurigkeit? Keinen Tintenkiller für Abschiede? Keinen TipEx für schlimme Stunden?

Ich glaube uns bleibt gar nichts anderes übrig, als das Leben zu nehmen wie es ist, auch wenn ich darauf gerne verzichten könnte und die Welt lieber nach meinen eigenen Vorschriften gestalten würde. Ein weißes Blatt, auf das ich meine eigene Geschichte zeichne... es wäre perfekt. Aber wohl nur für mich und nicht für all jene, die auch in meiner perfekten Welt leben müssten.
 

(Meredith Grey)

III. Schwangerschaft

Manchmal schleicht sich die Veränderung ganz plötzlich an und beißt einen in den Hintern, ohne das wir es vorher kommen sehen oder uns dagegen auflehnen können. Ich frage mich manchmal, warum die Welt nur so schrecklich ungerecht ist und wir nicht vorab darauf vorbereitet werden, dass bald schon wieder alles anderes sein wird, als gedacht. Ich wünschte, ich könnte die Dinge richtig machen, anstatt meine Fehler zu erklären, aber wie soll das gehen, wenn ich von der Veränderung überrollt werde. Ihr kennt das doch sicher auch oder? Das plötzliche Auftauchen von Veränderung und auf einmal läuft alles aus dem Ruder...
 

(Meredith Grey)
 

~*~
 

III. Episode: Mutterschaft
 

16. Kapitel: Schwangerschaft
 

Arizona stand abrupt auf, ballte ihre Hand zu einer Faust, ehe sie den Schwangerschaftstest gegen die Wand warf.

„Jetzt werde nicht hysterisch.“, bat Lexie leise und nagte auf ihrer Unterlippe herum.

„Wieso sollte ich nicht hysterisch werden??? Weißt du was das hier für mich bedeutet? ICH bin schwanger! Lexie! Ich!! Ich kann nicht schwanger werden, weil ich lesbisch bin, wie dir klar sein müsste!!“, keifte Arizona wütend und begann im Badezimmer auf und ab zu marschieren.

„Ich weiß, das du das bist aber... du bist es anscheinend... ich meine. Du hast 10 Tests gemacht und das ist dann doch sehr aussagekräftig.“, meinte Lexie. Sie nagte auf ihrer Unterlippe herum, während ihr unsicherer Blick immer wieder hinauf zu ihrer Kollegin huschte, die unruhig durch das Badezimmer tigerte. Sie war leichenblass und in ihren großen Augen schimmerten die Tränen.

„Jetzt versuch erst mal durchzuatmen.“, murmelte Lexie und erhob sich vom Badewannenrand.

„Ich kann nicht...“, raunte Arizona. Ihre Unterlippe zitterten, als ihr die ersten Tränen über die Wangen kugelten. Sie rieb sich über den Hals und holte nur noch zitternd Luft, bevor sie ihre Hände an ihr Gesicht schlug. „Was soll ich jetzt nur machen?“, stieß sie heißer aus. Lexie rieb ihr über den Rücken und zog ihr in die Arme.

„Du solltest es Callie sagen...“, schlug die kleine Grey leise vor, doch Arizona schüttelte hastig ihren Kopf. „Nein... nein.“, sagte die Blondine sofort und schluckte dann einmal schwer.

“... aber was willst du dann machen? Das Baby abtreiben und ihr nichts davon erzählen..?“

„Nein.“ Wieder schüttelte Arizona ihren Kopf. Sie wusste nicht ein, noch aus, war absolut verzweifelt und fühlte sich so hilflos in ihrem Leben. Geschwächt und vollkommen tränenaufgelöst ließ sie sich auf den Badewannenrand sinken. Wieder wanderten ihre Hände über ihr Gesicht, doch der Fluss der Tränen hörte einfach nicht auf. Sie war verzweifelt und Lexie blieb nichts anderes übrig als neben ihr zu sitzen um ihre Hand zu halten. Noch nie zuvor war Lexie mit solch einer verworrenen Situation konfrontiert worden und so wusste sie auch nicht, was sie der jungen Frau raten konnte. Abtreiben wollte Arizona nicht, doch dann musste Callie früher oder später von der Schwangerschaft erfahren, aber auch das schien die Blondine nicht zulassen zu wollen. Stattdessen saß sie hier auf dem Badewannenrand und hoffte, dass sich ihre Sorgen und ihr großes Problem einfach so auflösten wie eine nie dagewesene Erscheinung, aber nichts geschah. Sanft rieb Lexie ihr weiter über den Rücken und lehnte sich leicht an Arizona. „Hey, ich bin bei dir...“, flüsterte sie ihr zu. „Es wird alles wieder gut werden, da bin ich mir sicher. Irgendwie fügt sich das alles und du hast doch selber zu mir gesagt, ich soll das Leben genießen und dann passiert alles von ganz alleine.“, versuchte Lexie sie ein wenig aufzuheitern, doch ihr Versuch scheiterte.

„Weißt du...“, brachte sie zitternd hervor. „... nicht nur... dass ich Callie betrogen habe ... nein... ich bin auch noch schwanger und dabei wollte ... wollte ich doch niemals ....“ Sie schüttelte ihren Kopf und brach schluchzend ab. Arizona mochte Kinder. Kleine Menschen, die noch ihr ganzes Leben vor sich hatten, aber von einem war sie absolut überzeugt: Sie hatte keine Mutterqualitäten! Arizona biss sich auf die Unterlippe und heulte erneut auf. Hilflos wanderte Lexies Blick umher. Kurz noch zögerte sie, doch dann schlang sie schon ihre Arme um den vor Verzweiflung bebenden Körper, der Kinderchirurgin.
 

Jackson ließ sich auf die Sitzbank vor den Spindreihen sinken und sah mit traurigem Blick auf den leeren Spind von April. Sie war weg und mit ihr ein Teil seiner selbst. Ab jetzt war er hier alleine. Dabei hatte vor zwei Jahren alles so gut angefangen. Die Fusion verschaffte ihm und seinen Freunden einen besseren Arbeitsplatz und die Chance von den besten Chirurgen des Landes zu lernen, aber jetzt waren seine Kollegen und Freunde entweder tot oder wie April nicht mehr in seiner Nähe. Er fühlte sich leer und entwurzelt. Tief seufzte der junge Mann auf und erhob sich wieder von seinem Platz, als Meredith in den Umkleideraum stürmte.

Ihr kullerten zahlreiche Tränen über die Wangen und für ein paar Sekunden starrte sie Jackson entsetzt an und ebenso sah er überaus verwirrt aus. Er blinzelte. „Ist alles okay...?“, fragte er nach. In Anbetracht der Situation, dass sie vor ihm stand und heulte war das wohl die dämlichste Frage, die ihm hätte einfallen können. Er rieb sich über seinen Kopf. „Meredith?“ Avery tat einen Schritt in ihre Richtung. Er bereute es im selben Moment, denn auf einmal brachen die Tränen nur so aus Meredith heraus. Große Augen starrten ihr entgegen. „Ähm ... Mer... Meredith?“

Sie sank auf den Boden und heulte einfach nur erbärmlich, während er wie angewurzelt vor ihr stand und nicht recht verstand, was hier überhaupt passierte. Wo war die versteckte Kamera?? Das konnte doch wohl nicht wirklich passieren? Er schluckte.

„Soll ich dir ein Taschentuch holen?“, fragte er sichtlich überfordert mit der heulenden Frau nach. Meredith schüttelte nur ihren Kopf und holte immer wieder in schnellen Abständen Luft.

„Du hyperventilierst. Meredith. Beruhig dich...“, sagte der Arzt auf einmal und trat auf sie zu. „Mer ....“ Zu spät. Was auch immer es war, dass sie beschäftigte, es hatte ihr so weit die Luft geraubt, dass sie leblos in sich zusammen sackte.

„Meredith!!“, stieß Jackson noch aus und war schon an ihrer Seite.

„Ich brauch Hilfe hier drinnen.“, rief er nach draußen, als er die Tür zum Gang öffnete. Sofort fühlte er ihren Puls. Unregelmäßig, aber vorhanden. Wenigstens etwas. Alles ging so schnell. Eine Trage wurde hereingebracht und nur wenige Sekunden später bekam Meredith eine Atemmaske umgeschnallt und die Untersuchungen begannen.

„Piepen sie Shepard an.“, rief Bailey befehlend und betrachtete Meredith mit wachsender Sorge. „Was ist passiert?“, fragte sie schroff und sah Jackson an, der noch immer dementsprechend verwirrt wirkte.

„Ich hab keine Ahnung. Sie ist in den Umkleideraum gekommen, hat geheult, hyperventilieren und ist zusammengebrochen!“ Wieso verspürte er gerade diesen inneren Drang sich zu verteidigen?

Bailey seufzte genervt auf und schloss Meredith an einige Geräte an.

„Dr. Shepard ist unterwegs...“, meldete sich Dr. Harper zu Wort, die sich ebenfalls an der Behandlung beteiligte.

„Ich hab überhaupt nichts gemacht...“, brummte Jackson.

„Ja, denn genau das scheinen Sie in letzter Zeit auch am liebsten zu machen.“, gab Bailey trocken zurück.

„Moment! Nur weil ich nicht so viel wie andere operiere, heißt das nicht, dass ich faul bin!“, verteidigte sich Jackson, wurde aber von einer herrischen Handbewegung zum Schweigen gebracht. Bailey hörte die Herztöne von Meredith ab und warf einen besorgten Blick auf den Monitor.

„Avery, holen Sie Dr. Gallagher oder Dr. Burke..“

Jackson nickte. „Wobei mir Dr. Gallagher lieber ist.“, rief Miranda ihm noch nach, als er schon aus der Tür verschwunden war. Eiligen Schrittes und mit quietschenden Turnschuhen machte er sich auch schon auf die Suche nach einem der Beiden Herzchirurgen, die ja hier irgendwo sein mussten.
 

Die letzten Gegenstände von der kleinen Lady landeten in einem großen Sack, den Owen kurz darauf verknotete. „Es ist so still hier...“, stellte Cristina leise fest und ließ ihren Blick schweifen. Es war wirklich leise, ohne das ständige Gerede des Babys. Owen grinste flüchtig. „Wenn es dir zu leise ist, können wir daran gerne etwas ändern.“

Cristina lachte auf. „Vorsicht, vielleicht nagel ich dich auf diese Angebot fest.“

Jetzt war es er, der lachte. Leider konnte dieses Gespräch nicht weiter ausgeführt werden, denn es klingelte an der Tür.

„Callie! Gehst du ran....!“, rief sie durch die Tür ihrer Mitbewohnerin zu, allerdings kam von ihr keine Antwort. „Callie!!“

Cristina atmete einmal tief durch. „Ich geh schon...“, raunte Owen ihr zu, nachdem sie sich so gar nicht aufraffen konnte. „Aber nicht das es zur Gewohnheit wird, dass du hier so faul rum liegst.“ Sie lachte wieder. Überaus dreckig, wie Owen zeitweise fand, aber genau das liebte er so an ihr. Der schwarze Sack landete in einer Ecke und so schritt er zur Tür. Allerdings war er alles andere als erfreut, als er öffnete und in Burkes Augen blickte.

„Was wollen Sie denn hier?“ Owen war alles andere als begeistert und machte auch keinerlei Anstalten, seinen Kollegen herein zu bitten.

„Ich wollte mit Cristina sprechen. Ist sie hier.“

„Nein. Für Sie nicht.“, antwortete Owen und wollte die Tür schon wieder ins Schloss werfen, allerdings hinderte Burkes Fuß ihn daran diese ganz zu schließen. „Hören Sie.“, setzte Owen an. „Weder Cristina noch ich wollen Sie hier haben und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Torres oder Robbins sie eingeladen haben, also ist es jetzt an der Zeit, dass Sie verschwinden.“, sprach der Ex-Soldat kühl. Burke war ihm schon lange ein Dorn im Auge und es war schon schlimm genug, dass er ihm so oft im Krankenhaus über den Weg lief. Da musste er sich seinen Anblick nicht auch noch im privaten Bereich geben!

„Das mag sein, aber ich möchte jetzt trotzdem mit Yang reden.“, erwiderte Burke und verschränkte seine Arme vor der Brust.

„Moment.“ Owen lächelte kalt und lehnte sich etwas zurück. „Cristina, Burke ist hier ... willst du mit ihm reden.“

Nur Augenblicke später folgte die Antwort. „Garantiert nicht.“

„Thema erledigt. Sie will nicht mit Ihnen reden und drum verlassen sie jetzt meine Wohnung.“

„Genau genommen ist das meine Wohnung.“ Der Unfallchirurg hob eine Augenbraue.

„Ich versteh nicht...?“

Jetzt war es Burke, der beinahe schon triumphierend vor sich hin lächelte. „Sie haben mich schon verstanden. Das hier ist meine Wohnung. Ich habe sie damals verlassen, als ich an ein anderes Krankenhaus gegangen bin. Aber nun ja, Sie wissen ja, wie es manchmal ist... ich bin wieder hier und habe nicht länger vor in einem Appartement zu leben, aber es ist leider nicht ganz so einfach eine passende Wohnung in Krankenhausnähe zu finden und darum möchte ich jetzt mit Cristina reden.“, klärte Burke ihn ohne Umschweife auf.

Owen zog seine Augenbrauen zusammen und sah ihm finster entgegen. „Ich hol sie...“, sagte er schließlich und wandte sich ab. Es war doch nicht auszuhalten. Er dachte sich eine faulte Tour nach der anderen aus. Seit er wieder hier war, hatten sie nur Probleme.

„Cris....“ Owen grinste augenblicklich süffisant. Cristina lag nur in einem kleinen Neglige auf dem Bett. Er kratzte sich an der Augenbraue.

„Oh du bist böse ... du bist ...“

Er hörte wie die Tür ins Schloss fiel. Offensichtlich war Burke mal so eben einfach in die Wohnung spaziert, weshalb Hunt aufseufzte. „Zieh dir was über. Burke will seine Wohnung wieder.“ Es war ein Jammer, dass Cristina ihren Prachtkörper sofort wieder in einen Bademantel hüllte.

„Das ist nicht sein ernst! Das ist.... arrrgh!!“ Die kleine Asiatin war absolut vor Wut geladen und so stapfte sie jetzt auch an ihm vorbei. So schnell konnte die Schmusekatze zum Raubtier werden.
 

Lexie saß noch eine ganze Weile neben Arizona, bevor sie die Blondine ins Bett brachte. Sie brauchte jetzt dringend ein wenig Schlaf und Ruhe, bevor sie noch richtig zusammenbrach. Leise schloss die Assistenzärtzin die Tür und schluckte noch einmal schwer, bevor sie sich daran machte das Badezimmer aufzuräumen. Die ganzen Schwangerschaftstests mussten eindeutig verschwinden. Mit dem Müllbeutel in der Hand verließ die kleine Grey die Wohnung ihrer neu gewonnenen Freundin, brachte den Sack in die Tonne und lief dann auch schon zum nächsten U-Bahnhof. Ihre Schicht sollte in einer Stunde beginnen. In den letzten Tagen war sie schon viel zu oft zu spät gekommen und das sollte sich heute tunlichst nicht noch einmal wiederholen, denn ansonsten würde Webber wohl bald seine Konsequenzen ziehen.

Noch immer tief in ihrer Gedankenwelt und in ihrer Sorge um Arizona versunken, kam sie nur eine gute halbe Stunde später beim Krankenhaus an und lief den restlichen Weg wie so oft in geduckter Haltung. Die Schultern angezogen, den Blick gesenkt. Dabei träumte sie ein bisschen vor sich hin, aber die Sorge zeichnete sich gerade deutlich in ihrem Gesicht ab.

„Hey Lexie...“, ertönte auf einmal ein Ruf, nur wenige Schritte von ihr entfernt. Lexie blieb stehen und sah nach oben. Sie wusste nicht, ob sie sich freuen sollte, oder lieber nicht. Nur ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre Züge, als Mark schon auf sie zu kam. „Alles okay, du wirkst ziemlich in Gedanken versunken.“ Wie so oft hatte Sloan sein charmantes Lächeln aufgesetzt, dem die kleine Grey schon immer schwer widerstehen konnte.
 


 

~*~
 

Und so kommen sie also. Die Veränderungen, die niemand braucht. Der Verlust von Freunden, die Konsequenz eines Betrugs, die Konfrontation mit der Vergangenheit.

Wie sehr ich das alles satt habe, aber bedauerlicherweise ist das Leben so. Es ist nicht einfach und an den meisten Stellen höchst ungerecht, aber es ist lebenswert.

IMMER.

Zu jeder Minute, zu jeder Sekunde. Auch wenn ich gerne das ein oder andere Kapitel aus dem Buch meines Lebens heraustrennen würde, ist das nicht möglich, denn ich kann nur vorwärts blättern und nicht zurück.  
 

(Meredith Grey)

III. Chancen(los)

Ich sagte ja. Manche Veränderungen passieren einfach viel zu schnell und ja, manchmal ist weglaufen gar nicht so schlecht. Leider bringt das auch ein paar Probleme mit sich, denn wenn man vor der Veränderung davon läuft und sich nicht mehr mit dem ewigen Kampf mit Fehlern aussetzt, machen sich wertvolle Menschen um einen.

Ich möchte die Dinge richtig machen und vielleicht ist eine Flucht manchmal der richtige Weg um zu erfahren, was eigentlich wirklich im Leben zählt und wie schnell die Dinge vergänglich sind. Bleibt nur zu hoffen, dass die Veränderung dadurch nicht noch schlimmer zu ertragen wird.
 

(Meredith Grey)
 

~*~
 

III. Episode: Mutterschaft
 

17. Kapitel: Chancen(los)
 

Derek stürzte in den Behandlungssaal und erkannte sofort seine leblose Frau auf dem Tisch. „Was ist mit ihr??“ Sichtlich in Sorge, ja fast schon verzweifelt trat er an sie heran und berührte ihr Aschweißes Gesicht.

„Ich habe keine Ahnung...“, gestand Dr. Gallagher und tauschte einen kurzen Blick mit Bailey.

Derek blinzelte ihn fragend an. „... es kommt manchmal vor, dass sich der Geist in einen regungslosen Zustand flüchtet, wenn der Stress zu groß wird und es nicht mehr zu ertragen ist.“ Er hob seine Schultern und lauschte erneut den Herztönen von Meredith.

„Heißt das, sie will bewusstlos sein?“, fragte Derek zum besseren Verständnis nochmal nach.

„Rein körperlich scheint ihr nichts zu fehlen.“ Andy zuckte mit seinen Schultern und strich sich einmal über das beharrte Kinn. „... zumindest nichts, was im Moment zu erkennen ist. Wir machen ein großes Blutbild. MRT und EKG. Durchleuchten Sie Meredith von oben bis unten.“, wies der Ire seinen jüngeren Kollegen an. Avery nahm das gezeichnete Krankenblatt entgegen. „Und suchen Sie ihre Krankenakte raus.“

Jackson nickte.

„Na... worauf warten sie noch.“ Wieder nickte er und sah unsicher zu Derek. Jetzt verstand Andrew und lächelte einen Moment lang. „Dr. Shepard. Wir müssen Ihre Frau jetzt untersuchen. Es ist Angehörigen verboten hier zu sein, also bitte...“ Er deutete in Richtung der Tür und betrachtete den anderen Chirurgen, der ihn jetzt beinahe wütend ansah.

„Sie ist meine Frau. Ich werde sicherlich nicht einfach gehen.“

„Doch werden Sie. Ärztliche Anordnung und sollten Sie ihre Frau lieben, dann wäre es besser, wenn sie jetzt gehen und uns mit den Untersuchungen fortfahren lassen.“

Abschätzend und auch eine Spur feindseliger sahen die beiden Chirurgen einander an, bevor Derek einen Schritt zurück trat. Sofort ergriff Jackson das Krankenbett und zog es mit sich mit. „Keine Sorge...“, sprach Andy zu Shepard. „... es wird alles wieder gut.“

Derek seufzte auf. „Wissen Sie wie oft ich diesen Satz in letzter Zeit gehört habe? Langsam wird er lächerlich.“, meinte er mit einem deutlichen Zähneknirschen.

„Vielleicht auch nur, weil Sie den Glauben daran verloren haben und sich gar nicht mehr auf das Leben einlassen.“ Er grinste flüchtig und schob bereits die Tür auf, bevor er sich noch einmal zu Derek umwandte. „Lass das Feuer nicht verlöschen, halte jeden kleinen Funken am Leben. Du wirst Ihn brauchen in den hoffnungslosen Sümpfen. Wer bin ich, was bin ich, wo will ich hin? Pass auf den Helden in deiner Seele auf, damit er nicht frustriert wird über das Leben, dass du verdienst, aber nie erreichst. Die Welt, nach der du dich sehnst, kann dir gehören. Sie existiert, sie ist Realität, die ist in greifbarer Nähe, sie gehört dir!“, zitierte er eine kleine Textpassage, die ihm schon oft im Leben einen Funken Hoffnung ermöglichte.

Derek hob einen Mundwinkel an. „Sunzi?“, fragte er nach.

“Ja. Die Kunst des Krieges.”

“Haben Sie noch mehr solche Weisheiten auf Lager, die Sie mir um die Ohren werfen wollen?“, fragte Derek unbeeindruckt nach.

„Sicher, aber dafür habe ich jetzt keine Zeit, immerhin muss ich mich um ihre Frau kümmern.“, gab Andrew nüchtern zurück und  nickte Harper zu sich. „Na los, Bewegung.“ Oh sie hasste es so sehr, wenn er so mit ihr sprach! Aber bedauerlicherweise war er wirklich ihr Vorgesetzter und noch dazu derjenige, von dem sie etwas lernen folgte. Auch Bailey folgte nur Sekunden später, aber sie klopfte Derek noch auf die Schulter. „Ich pass schon auf, dass er es nicht vermasselt, keine Sorge.“

Derek blieb stumm in dem leeren Behandlungszimmer zurück und schloss seufzend die Augen. Meredith. Er schluckte und verließ mit eiligen Schritten das Zimmer um den Anderen zu folgen. Immerhin konnte er seine Frau nicht alleine lassen, nachdem vermutlich er an ihrem Zusammenbruch Schuld war.
 

Lexie ahnte ja noch nichts vom Zusammenbruch ihrer Schwester, denn ansonsten hätte sie ihren Weg unbeirrt fortgesetzt. Doch jetzt wartete sie erst noch auf Mark. Etwas verlegen strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schob diese hinter ihr Ohr zurück.

„Hey...“, lächelte sie ebenso flüchtig, während sie es kaum wagte in seine strahlend, blauen Augen zu schauen. Immer wieder aufs Neue schaffte er es, sie so in seinen Bann zu ziehen. Sie wollte ihm nicht schon wieder erliegen!

„Na? Sagst du mir was los ist?“, fragte Mark noch einmal nach. Er sah doch auf den ersten Blick, dass mit ihr etwas nicht stimmte und so legte er seinen Kopf schief und wartete auf eine Antwort.

„Ach... es ist eigentlich nichts, weißt du...“ Sie rieb sich ihren Nacken und versuchte seinem charmanten Blick auszuweichen, allerdings vergeblich. Schnell klopfte ihr Herz, als sie einander ansahen und am liebsten hätte sie sich in seine starken, beschützenden Arme geflüchtet, aber ihr Verstand verbot ihr diesem Gefühl nachzugeben.

„Du siehst aber nicht so aus, als ob nichts wäre...“

„Seit wann interessiert dich, wie es mir geht?“, platzte es mit einem Mal aus Lexie heraus. In den letzten Monaten war er zwar immer da, aber er spielte eher die Rolle eines großen Bruders. Passte auf, dass ihr kein anderer Mann zu Nahe kam, hatte sogar Alex verscheucht, aber kümmerte sich kein bisschen darum, wie es ihr ging.

„Lex...“, setzte er an und streckte eine Hand aus, der die kleine Grey aber geschickt auswich. „Hör zu. Ich weiß, ich habe mich dir gegenüber in letzter Zeit nicht ganz fair verhalten, doch das möchte ich jetzt ändern. Rede mit mir. Ich bin hier und ich sehe doch, dass du leidest...“, versuchte er ihr zu erklären.

Das Gespräch mit Addison hatte ihm in vielerlei Beziehung die Augen geöffnet. Er wollte Lexie in seinem Leben wissen. Bedauerlicherweise schien das Kücken dazu noch nicht bereit. Stattdessen ging sie in die Abwehrposition. Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust, schob die Unterlippe nach vorne und sah ihn dann fast schon zornig an. „Auch wenn ich leide, Mark, ist das noch lange kein Grund, dass du dich jetzt um mich kümmerst. Sorge du dich lieber um deine ganzen Frauengeschichten, die du zur Zeit am Laufen hast.“

Es versetzt Mark einen kleinen Stich im Herzen, sie so reden zu hören, weshalb er jetzt auch einmal tief einatmete. „Ich...“

Lexie hob ihre Hand. „Ich will jetzt gar nichts hören. Ich muss arbeiten und bitte, lass mich endlich in Ruhe und hör auf mich so anzuschauen, als sei ich ein wandelnder Verkehrsunfall. Ich komme sehr gut auch ohne dich klar!“, betonte sie, nickte bekräftigend und kehrte ihm dann den Rücken zu. Mit durchgedrückten Schultern und erhobenen Kopf schritt sie in Richtung Krankenhaus. Die Zeiten, in denen sie Mark hinterher trauerte, waren vorbei! Jetzt! Sofort! Dieser Entschluss war seit ihren zahlreichen Gesprächen mit Arizona in ihr gereift. Sie musste endlich nach vorne schauen und nicht weiter zurück!

Es war Zeit.

Zeit Weiterzumachen. Wieder zu leben und nicht mehr der Vergangenheit nachzutrauern. Nun wollte Lexie wieder für die Zukunft leben, auch wenn sich ihr Herz schier nach Mark verzerrte. Sie ahnte ja nicht, wie sehr sie ihn mit ihren Worten verletzt hatte. Mit hängenden Schultern und aufeinandergebissenen Zähnen sah Mark ihr nach, bevor er etwas seinen Kopf schüttelte. „Ich mache mir aber dennoch Sorgen um dich....“, flüsterte er leise, bevor er die Hände in seinen Manteltaschen verbarg und in entgegen gesetzter Richtung verschwand.
 

Im Moment würde Cristina am liebsten gehen! Sie war stinksauer und genauso sah sie auch aus. Wie eine kleine Furie hatte sie sich vor ihrem ehemaligen Lebensgefährten aufgebaut. Die Hände wütend in die Seiten gestemmt, das Kinn kämpferisch angehoben und die Augenpartie zu einer zornigen Grimasse verzogen. Nur noch mit Bademantel bekleidet stand sie vor ihm, die Zähne dabei fest aufeinandergebissen.

Nur ein kleines Stückchen hinter ihr stand Owen, die Hände zu Fäusten geballt und jederzeit dazu bereit vor Cristina zu springen, um sie zu verteidigen. Burke besah sich die Situation einen Moment, bevor er viel lieber etwas in der Wohnung umher wanderte.

„Ähm. Hallo?! Dir steht sicher nicht das Recht zu, dich in meiner Wohnung einfach so ungehindert umzuschauen!“, knurrte Cristina, wodurch er seinen Blick wieder auf sie richtete.

„Nun ja, genau genommen ist das meine Wohnung. Ich bin schließlich im Mietvertrag verzeichnet.“, sagte er  mit einem scheinheiligen Lächeln.

„Mag sein, aber ich bin diejenige, die seit Jahren die Miete bezahlt.“

„Dann können wir ja einfach den Vermieter fragen. Er ist auch schon unterwegs hier her ...“

Just in dieser Sekunde klingelte es. Owen rollte mit seinen Augen, kam allerdings nicht dazu die Tür aufzusperren, denn Callie betrat die Wohnung, dicht gefolgt vom kleinen, runzligen Vermieter und dessen Ehefrau.  „Cristina... was ist hier los?“, fragte Callie und blinzelte ein paar Mal irritiert. Burke, Hunt und eine leicht bekleidete Yang. Wäre das keine überaus eigenartige Vorstellung, könnte sich doch glatt ihr Kopfkino anschalten.

„Erklärst du mir, was hier los ist?“, fragte Callie leiser und schob sich auch schon an ihre Mitbewohnerin heran.

„Burke will die Wohnung.“

“Aber das ist unsere Wohnung!“ Wütend richtete sich Callies Blick in die Richtung ihres Kollegen. So ein ungehobelter Klotz! Ihr fehlten doch glatt die Worte! Jetzt wusste Callie wieder, warum sie ihn schon früher hatte nicht leiden können. Er war ein absoluter, selbstverliebter Mistkerl, der alles tat um andere Leiden zu sehen und dann noch so tat, als ob er der groß Samariter war!

Der schmächtige Vermieter kam mit zitternden Knien und einer dicken Hornbrille auf der Nase etwas näher und besah sich die Situation kurz, bevor er auch schon krächzend zu reden begann. „Dr. Burke hat die Wohnung vor 7 Jahren übernommen und ist laut Mietvertrag der Eigentümer ... und ... wer sind Sie?“

Er hatte Callie noch nie gesehen und auch Owen war ihm absolut unbekannt. Cristina hielt er stets für Mrs. Burke! Sie hatte wohl versäumt diesen Umstand jemals aufzuklären.

„Ich wohne hier seit drei Jahren. OHNE Dr. Burke.“, betonte sie sofort. „Ich habe Ihnen doch immer pünktlich die Miete überwiesen.“

Er rückte seine Brille zurecht. „Nun ... aber ich habe schon des Öfteren Beschwerden über Ihr lautes und unzüchtiges Verhalten vernommen...“

Owen und Cristina tauschten einen kurzen Blick miteinander und ebenso sah Callie scheinheilig in eine andere Richtung. „Außerdem haben sie einen Deckenventilator ohne meine Einwilligung abmontiert.“

„Oh, das ist meine Schuld gewesen.“, verteidigte Owen sofort.

„Wie darf ich das verstehen?“, wollte der Vermieter sofort wissen.

„Posttraumatisches Stresssyndrom. Ich war im Irak und konnte nach einem Helikoptereinsatz die Bewegungen von Ventilatoren nicht mehr zuordnen. Wäre ja auch zu Schade, wenn es in Ihrer Wohnung einen Mord geben würde, nicht wahr.“, sagte der Soldat, der gerade sehr gründlich beäugt wurde.

„Sie waren im Krieg?“

„Ja. Major Owen Hunt, Sir.“, stellte er sich nun vor und reichte dem runzligen Mann die Hand. Owens geschultem Blick war nicht entgangen, dass der Vermieter eine Kette mit der Flagge der vereinigten Staaten um den Hals trug.

„Weshalb sind Sie dort jetzt nicht mehr.“

„Mein Einsatz wurde beendet. Ich bin derzeit auf Heimaturlaub.“

Cristina warf ihm einen kleinen Blick zu. Urlaub? War das erfunden, oder hatte Owen diese kleine Information bisher nicht für notwendig gehalten. Wenn er hier nur auf Heimaturlaub war, konnte er jederzeit wieder zurück in den Krieg gerufen werden und das missfiel ihr gerade zutiefst. Aber noch viel mehr stank ihr dieses Theater, das um die Wohnung veranstaltet wurde.

„Hören Sie: Ich wohne hier seit drei Jahren, zahle meine Miete pünktlich und kümmere mich sogar um den Putzdienst.“ Na ja, Callie kümmerte sich darum, aber das war jetzt auch nicht weiter wichtig. „Dr. Burke ist seit kurzem wieder in der Stadt und unternimmt jeden Versuch um mein Leben zu verkomplizieren. Also bitte, stellen Sie einen Mietvertrag auf mich auf und ich überweise auch weiterhin meine Miete pünktlich.“

Cristina brachte sogar ein kleines Lächeln zu Stande, aber ganz so leicht schien Mr. Nichols – der Vermieter – sich nicht überzeugen zu lassen.

„Nun, dann müsste ich Dr. Burke kündigen. Er hat dann noch eine dreimonatige Zeit eine neue Wohnung zu suchen.“

Preston grinste. „Dann machen wir es doch einfach so. In drei Monaten kannst du dann die Wohnung wieder haben.“

„Das ist jetzt nicht Ihr ernst oder?“, fuhr Owen Burke an. „Sie wollen das wirklich durchziehen, aufgrund verletzter Eitelkeit?“

Burke hob seine Schultern. „Scheint fast so.“ Grinsend reichte er dem Vermieter die Hand und schritt dann schon in Richtung Wohnungstür. „In zwei Tagen zieh ich hier ein und möchte eure Schlüssel haben. Seht zu, dass ihr bis dahin das Haus verlassen habt....“

Es erklang noch ein kühles Lachen vom Gang.

„Das ist jetzt nicht sein ernst oder???“, stieß Cristina wütend aus. „Owen mach was!“

„Was soll ich machen?“

„Mir egal. Verhau ihn von mir aus...“, knurrte die Asiatin. Aufschnaubend und wutgeladen machte sie kehrt und lief zurück in Richtung Schlafzimmer.

„Du weißt, dass ich das sofort machen würde, nur dann hätte er gewonnen.“, murmelte Owen und atmete einmal tief durch, ehe er seiner vollkommen wütenden Cristina folgte.

Callie schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. „Na großartig! Jetzt darf ich mir innerhalb von zwei Tagen eine neue Bleibe suchen!“ Frustriert schlurfte sie in ihr Zimmer. Verwirrt blinzelnd blieb der runzlige Vermieter zurück...
 

~*~
 

Ich sag es ja immer wieder. Veränderungen sind mist. Vor allem dann, wenn man gerade das Gefühl hat, dass alles wieder gut wird. Im Grunde passieren nur noch mehr Fehler, man macht noch mehr falsch oder es werden einem noch mehr Steine in den Weg geworfen.

Hoffentlich verändern die Veränderungen nicht zu viel......
 

(Meredith Grey)  

III. Veränderungen

Mein Fehler war es einfach zu sehr an all dem hier festzuhalten. Ich habe ganz vergessen, dass sich auch etwas verändern muss, denn nur so können die Menschen um mich herum glücklich sein und vielleicht kommt es letzenendlich genau darauf an. Nicht darauf, dass ich glücklich bin, denn mir kann es nur gut gehen, wenn es auch den Leuten um mich herum gut geht.

Bleibt nur zu hoffen, dass sich mein Fehler wieder ausbügeln lässt und ich erklären kann, warum ich ihn gemacht habe... tja, es bewahrheitet sich mal wieder: Es ist einfacher eine Sache richtig zu machen, als zu erklären, warum man sie falsch gemacht hat.
 

(Meredith Grey)
 

~*~
 

III. Episode: Mutterschaft
 

18. Kapitel: Veränderungen
 

Andrew blätterte durch die Krankenakte von Meredith, als er ein Räuspern vernahm. Kurz zog er seine Augenbrauen zusammen, konzentrierte sich dann aber weiter auf die zahlreichen Befunde, die es in den letzten Jahren von Meredith gegeben hatte. Nur aufgrund dieser Akte würde er sie als äußerst labile Persönlichkeit einstufen, aber der Chefarzt sah das offensichtlich anders, denn sonst wäre Meredith nicht mehr hier angestellt. Wieder räusperte sich jemand neben ihn. Diesmal sah er kurz auf.

„Harper?“, fragte er mit einem deutlichen Seufzen auf den Lippen nach.

„Die Tests der Blutergebnisse liegen vor und ebenso die Auswertung vom MRT.“

“Ich weiß. Ich sehe es...“, raunte er und nickte auf den Bildschirm vor sich.

„Es sind aber keine Auffälligkeiten zu sehen.“

“Ich weiß, Dr. Harper. Ich sehe es!“, betonte Gallagher erneut und warf ihr einen deutlichen Blick zu. Sie sollte ihn nicht nerven, denn gerade war er mit der Fallakte ‚Meredith Grey’ sichtlich überfordert. Es gab keinerlei Auffälligkeiten. Nichts, was auf einen Zusammenbruch hinwies – außer das sie zu wenig trank – aber das beantwortete die Frage nicht, warum sie nicht aufwachte. Andrew schloss die dicke Akte und sah mit einer gerunzelten Stirn zu Meredith, die gerade aus dem Kernsplintapparat geholt wurde. Trotz mehrmaliger Anweisung hatte sich Derek nicht davon abbringen lassen an ihrer Seite zu bleiben.

„Dr. Gallagher. Hier sind sie....“ Webber betrat außer Atem den kleinen Raum, der an den des Kernsplints angrenzte. „... wie ist Ihre Einschätzung??“ Deutliche Sorge zeichnete sich auf dem Gesicht des Chefarztes ab. Andy warf die Krankenakte beiseite.

„Meine Einschätzung wollen Sie haben?“

„Natürlich. Sie sind schließlich einer der besten Chirurgen.“

“Hören Sie auf mir Honig um den Mund zu schmieren, Webber. Ich haben Ihnen schon gesagt, dass ich mir das Angebot durch den Kopf gehen lassen werde.“ Gallagher erhob sich und blickte  Webber entgegen.

„Sie vergreifen sich gerade im Ton.“

„Nein, das mache ich noch lange nicht, Sir.“, raunte Andrew weiter. „Wissen Sie wie ich das hier sehe? Sie beschäftigen Menschen mit psychischen Problemen, lassen hier Chirurgen Menschen operieren, die schon mit sich selber überfordert sind, oder aber sie stellen Chirurgen ein, die lieber von einem Bett ins andere hüpfen, anstatt eine Akte anständig auszufüllen. Das hier ist das schlimmste Krankenhaus, das ich je erlebt habe. Das Personal verfügt über keine Disziplin, über keine Selbstachtung. Hier kriechen dir die Chirurgen entweder in den Hintern, oder sie leben depressiv in ihrer eigenen kleinen Welt und vergessen darüber hinaus, dass wir im Beruf der Ärzte eine Verpflichtung haben. Sie wollen also wissen, was ich bezüglich Ihres kleinen Schützlings meine?!“ Er tat einen Schritt auf den Chefarzt zu. „Meredith ist eine labile, höchst depressive Person, die ihre eigenen Gefühle nicht im Zaum halten kann und schon manch ein Mal bewiesen hat, dass sie auch zu Selbstverletzung neigt. Sie ist unfähig und nicht zu gebrauchen im Bereich der Chirurgie. Gerade liegt sie dort, bewusstlos, ohne ein Anzeichen einer Krankheit und auf einmal reicht kein Assistenzarzt mehr um eine simple Diagnose zu stellen, sondern es muss ein Oberarzt her und sogar der Chefarzt. Wissen Sie, was Meredith fehlt? Selbstachtung und eine ganz besondere Fähigkeit: Sie nennt sich Konfliktbewältigung! Lieber flüchtet sie sich in ihre Bewusstlosigkeit, anstatt sich mit den ganzen Problemen hier auseinanderzusetzen und ja, hier gibt es genug Probleme!“ Andrew lachte einmal bitter auf. „Meine Behandlungsstrategie: Kündigen Sie ihr. Sie ist für den Beruf einer Chirurgin ungeeignet, denn ihr fehlt es an Stressresistenz und Kollegialität, außerdem könnten Sie sich im Beruf einer Verkäuferin besser mit ihren Tagträumen und ihrer kleinen Seifenblase beschäftigen in der sie lebt und sorgt nicht dafür, dass anderen Menschen eine LEBENSwichtige Behandlung versagt bleibt, weil sie die Diva spielt und bewusstlos wird.“

Webber starrte ihn mit halb offenen Mund fassungslos an, doch den Iren kümmerte das nicht, ebenso wenig, dass Jackson und Harper mit im Raum waren. Die Anfängerin stieß dem Assistenzchirurg mit ihrem Ellebogen in die Seite, doch dieser schüttelte nur seinen Kopf und starrte weiterhin zu dem Iren.

„Das wars.“, sagte Andrew dann noch ruhig. „Avery, Harper, na los, Bewegung.“

Erhobenen Hauptes schritt der Kardiochirurg an Webber vorbei und nach einem kurzen ratlosen Schulterzucken folgten ihm die beiden angesprochenen Personen. Noch nie hatten sie miterlebt, dass jemand SO mit Dr. Webber sprach.

Zornrot war Richard Webber, als er einen Blick durch die Glasscheibe warf. Solch eine Unverfrorenheit war ihm in seiner gesamten Karriere nicht unter gekommen und gerade als er Andrew folgen wollte, um ihm seinerseits die Meinung zu sagen, huschte sein Blick über Meredith Krankenakte. Er schluckte, nahm sie sich zur Hand und begann sie das erste Mal bewusst durchzublättern. Langsam ließ er sich auf den Stuhl sinken und immer wieder sah er durch die Scheibe zu Meredith, die jetzt wieder nach draußen gerollt wurde. Ein bitterer Geschmack bildeten sich in seinem Mund, als er feststellte, dass Dr. Gallagher mit seiner Einschätzung gar nicht mal so Unrecht hatte. Aber was sollte er machen? Er konnte Alice Tochter nicht raus werfen. Das brachte er seinerseits nicht übers Herz. Unruhig knetete er seine Hände ineinander, bevor er sich erhob und mit einem schweren Seufzen in sein Büro zurückkehrte um dort einen Anruf zu tätigen.
 

Mit Koffern beladen schleppte sich Callie die Stufen zu Arizonas Wohnung nach oben. „Ein Aufzug wäre wirklich eine sehr praktische Erfindung.“, murmelt sie und seufzte schwer, als sie an der Tür ihrer Lebensgefährtin klingelte. Zwar war Arizona in den letzten Wochen ein bisschen reserviert, aber das änderte ja nichts daran, dass sie ein Paar waren und wohin sollte Callie sonst? Ins Krankenhaus konnte sie nicht wieder ziehen, also blieb ihr nur die Möglichkeit mit Cristina in Owens Wohnung zu ziehen – worauf aber alle Drei getrost verzichten konnten – oder eben wenigstens ein paar Nächte bei Arizona zu schlafen. Leider war Callie noch sehr unschlüssig. Waren sie in ihrer Beziehung schon so weit, dass sie zusammen wohnten?

Sie klingelte noch einmal und lauschte auf die Geräusche, die von drinnen kamen. Stille. Seufzend zückte sie ihr Handy und wählte die Nummer der Blondine. Das Freizeichen und es klingelte. Callie hob eine Augenbraue. Das Läuten kam eindeutig von drinnen. Erst jetzt hörte sie Schritte und die gedämpfte Stimme ihrer Freundin von drinnen und aus dem Handy. „Hey... Callie?“

„Warum ... machst du nicht auf?“, fragte Torres verwirrt.

„Was?“

„Ich steh vor deiner Wohnungstür.“

„Oh...“

Arizona legte auf und öffnete Sekunden später die Tür. „Hey. Entschuldige, ich hab dich nicht gehört.“

Callie stutzte augenblicklich. „Hast du geweint.“

Die Blondine drückte ihr einen Kuss auf die Wange und nickte etwas. „Es ist ... ich hab so einen idiotischen Film angeschaut. Ich glaube Titanic war ein Witz dagegen.“

Callie lachte auf. „Du sollst doch so was nicht ohne mich schauen, du bist nämlich viel zu nah am Wasser gebaut.“, meinte sie und stupste ihrer Lebensgefährtin gegen die entzückende Nasenspitze.

„Ja ich weiß....“ Sie war nicht froh um diese Notlüge. Aber das war leider nicht anders möglich, denn nach wie vor brachte sie es nicht übers Herz Callie die Wahrheit zu erzählen. Arizona blinzelte. „Was machst du da??“ Erst jetzt bemerkte sie die zahlreichen Koffer, die nun auch schon auf dem Weg in ihre Wohnung war.

„Burke.“

„Wie? Burke?“

„Er hat uns aus der Wohnung werfen lassen. Laut Mietvertrag ist sie noch sein Eigentum und ... ja. Jetzt sitzen Cristina und ich auf der Straße. Ich weiß, wir sind noch nicht so lange zusammen, aber es ist wirklich nur für ein paar Tage und dann such ich mir was eigenes.“, erklärte Torres und legte ihre Hände auf die Schultern von Arizona. „Ist das okay für dich?“

Die blonde Chirurgin lächelte. „Na klar... du kannst so lange bleiben wie du willst.“ Ein dicker Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet, als sie die Tür hinter Callie schloss. Jetzt hieß es durchhalten und nichts verraten, bis sie sich nicht absolut sicher war.
 

Derek setzte sich an den Bettrand seiner Frau und betrachtete ihre schlafende, liebliche Gestalt. Sie sah aus wie ein Dornröschen. So tief im Schlaf versunken, dass nur ein wahrer Liebe erster Kuss sie wecken konnte. Ein Prinz, der ihre blutroten Lippen küssen musste. Er lächelte bitter und ahnte nichts von dem drohenden Sturm, der im Begriff war heraufzuziehen. Seine Sorge galt einzig und alleine Meredith, die einfach bewusstlos war. Wenn es im Leben nur so einfach wäre, wie in manchen Märchen. Ein flüchtiges Lächeln wanderte über seine Lippen, bevor er sich nach vorne neigte, um seiner Frau einen kleinen Kuss auf die Lippen zu hauchen. Dabei streichelte er noch einmal zärtlich über ihre Wange. Meredith atmete tief durch und schlug langsam ihre Auge auf.

Verblüfft darüber blinzelte Derek etwas. „Hey...“, stellte er baff fest. Anscheinend war das Leben manchmal doch so einfach, wie in einem Märchen. Seine Augenbraue wanderte nach oben und er drückte leicht ihre Hand. „Geht’s dir gut?“

Meredith schluckte. „Was ist passiert?“, fragte sie leise nach.

„Du bist bewusstlos geworden und wir konnten nicht herausfinden, was dir fehlt.“, erklärte Derek ruhig und streichelte ihr einmal sanft durch die Haare. „Aber jetzt ist alles wieder gut.“

Er seufzte beruhigt auf und Meredith lächelte. „Ist es das...?“

„Ja...“

“Wie kommst du darauf?“

„Sunzi.“, sagte Derek nur. Die Worte von Andrew spukten ihm noch immer durch den Kopf, weshalb er ein paar Sekunden überaus nachdenklich wirkte.

„Ich versteh nicht...“, hauchte Meredith mit trockenem Mund.

„Ist auch nicht weiter wichtig.“ Derek lehnte sich zu ihr nach vorne. „Was hältst du von einem Neuanfang ... Mädchen aus der Bar?“

Sie lächelte liebevoll und nickte ein kleines bisschen. Für ein paar Sekunden waren ihre Sorgen wie weggeblasen und das ließ sie einfach nur glücklich und zufrieden aufseufzen.
 

~*~
 

Die Veränderung geschieht in einem selber. Ganz langsam aber doch konstant, eröffnen sich uns neue Blickwinkel. Wir beginnen zu erkennen, wie anders das Leben sein kann und wie schön es doch wird, wenn wir uns einfach nur überwinden und den Veränderungen nach geben.

Ich wünsche mir, dass alles wieder so wird wie früher. Ja. Aber dazu gehören nun mal die Veränderungen, denn es ist sowieso nicht mehr so wie damals ... also bin ich dabei mich selber neu zu finden und hoffe sehr, dass ich auf diesem Weg auch die Menschen wieder aufsammle, die mir abhanden gekommen sind.
 

(Meredith Grey)
 

~*~
 

Es klopfte.

Meredith hob ihren Blick und lächelte matt, als Richard den Raum betrat. „Ich muss mit dir reden...“, setzte er an und seufzte einmal schwer.

„Über was...?“ Meredith drückte die Hand von Derek.

„Du bist entlassen. Mit sofortiger Wirkung.“

Meredith klappte der Mund auf. „Was aber ....“

„Es tut mir Leid.“, flüsterte Webber noch leise. „Gute Besserung...“

Er brachte es nicht zustande länger im Raum zu bleiben, denn er fühlte sich so, als ob seine verstorbene, große Liebe verriet. Aber er musst es tun. Meredith war nicht länger tragbar für das Krankenhaus und langsam musste selbst er einsehen, dass es Zeit wurde, dass ein frischer Wind durch das Krankenhaus pfiff.

Mit schweren Schritten kehrte er in sein Büro zurück und schloss die Tür hinter sich.

„Ah. Burke... ich dachte nicht, dass sie sofort hier einziehen.“

Grinsend drehte sich der Kardiochirurg zu ihm um. „Nun ja, ich habe ja lange genug gewartet, bis ich endlich Chefarzt wurde.“

Webber nickte.

„Und Sie sind sich sicher.“

„Ja. Es geht hier nicht mehr um mich, oder um irgendeinen anderen Chirurg, sondern es geht darum Menschenleben zu retten und ich habe bewiesen, dass ich dazu nicht mehr in der Lage bin. Das Seattle Grace-Mercy West Krankenhaus liegt ab sofort in Ihrer Hand.“

Richard streckte seine Hand aus, die sofort von Preston ergriffen wurde.

„Das ist die richtige Entscheidung, Richard. Ich werde mein Bestes geben um das Krankenhaus wieder zu dem zu machen, was es eins war.“

Richard nickte. „Da bin ich mir sicher.“

Mit einem traurigem, letzten Seufzen ergriff er seine Schachtel und schlurfte aus seinem Büro. Seine Zeit als Chefarzt war zu Ende.

Preston Burke ließ sich in den Chefsessel zurücksinken und sah sich mit einem zufriedenen Grinsen um. Jetzt begann seine Zeit!
 

~*~
 

Ich habe nie behauptet, dass alle Veränderungen auch etwas Positives mit sich bringen... manchmal sind sie einfach nur dämlich. Wie sagte noch gleich Hennesse Williams? „Wir leben alle in einem brennenden Haus, es gibt keine Feuerwehr, die wir rufen können und kein Weg nach draußen, wir haben nur das Fenster im oberen Stockwerk aus dem wir zuschauen können wie das ganze Haus niederbrennt, niederbrennt mit uns als Gefangene. Eingesperrt."
 

(Meredith Grey)

IV. Roatán

» Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen. «

(Lucius Annaeus Seneca, Römischer Philosoph, Dramatiker und Staatsmann)
 

~~ Mai ~~

Am ersten Mai betraten die Chirurgen nichts ahnend das Krankenhaus. Cristina war unglaublich wütend auf Burke, denn dank ihm musste sie ihre Wohnung, die ihr in den letzten Jahren doch sehr ans Herz gewachsen war, räumen. Wie gut, dass Owen auch eine kleine Behausung hatte. In irgendeinem Hinterhof über einer Kneipe! Es gab einfach einen Grund, warum Owen ihre Wohnung immer vorgezogen hatte. Sie hockte in diesem Loch fest und musste noch zu allem Überfluss erfahren, dass Webber hingeworfen und Burke übernommen hatte! Großartig. Jetzt war dieser Idiot auch noch ihr Chef! Ein Chef der es ihr nicht gerade einfach machte, denn wie sich herausstellte bekam jeder Chirurg absolut neue Dienstpläne… Cristina und Owen hatten komplett konträre Schichten! Nicht nur, dass sie sich in der Arbeit kaum noch über den Weg liefen, auch die gemeinsame Freizeitplanung fiel flach und das war momentan eine sehr schwer zu ertragen, denn sie gewöhnten sich gerade erst wieder aneinander! Wenigstens blieb da noch die Urlaubsplanung, die Cristina wieder ein kleines Lächeln auf die Lippen zauberte. Schon in drei Monaten konnten sie in ihren lang herbeigesehnten Urlaub starten und natürlich zauberte ihr das ein kleines, vorfreudiges Lächeln auf die Lippen.
 

Bei Meredith und Derek verlief nicht alles ganz so positiv, wie zuerst erhofft. Natürlich, ein Neuanfang war eine grandiose Chance für McDreamy und dem Mädchen aus der Bar. Doch auch wenn beide bemüht waren, sich wieder anzunähern, war die Schlucht zwischen ihnen schier unüberbrückbar und jeden Tag entfernten sich beide weiter voneinander. Derek begann sogar – gemeinsam mit Mark – Segelunterricht zu nehmen. Für Meredith sehr schwer mit anzusehen, aber langsam akzeptierte sie, dass Derek und sie nie wieder das Traumpaar von früher wurden. McDreamy war nicht mehr länger McDreamy, sondern nur noch McHope. Die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt, aber Meredith sah schwarz für ihre Ehe.
 

Die Probleme von Arizona schienen von Tag zu Tag größer zu werden, denn Callie lebte dank Burkes Nettigkeiten jetzt bei ihr! Jeden Tag aufs Neue stand sie mit dem festen Vorsatz auf, ihr von der Schwangerschaft zu erzählen, aber sie brachte es einfach nicht übers Herz. Nur Lexie war eingeweiht und diese bewies wahre Freundinnenqualitäten, indem sie Callie nichts verriet und Arizona beistand, die immer wieder dankbar für jede noch so kleine Hilfe war.
 

Burke übernahm das Kommando des Krankenhauses. Seine erst Tat war die Festeinstellung von Andrew Gallagher – alias McTattoo. Außerdem baute er die Kardiochirurgie noch weiter aus. Fester Bestandteil waren Cristina Yang, Jackson Avery und Tamina Harper. Drei durchaus fähige Chirurgen, die sich nun auf den Fachbereich der Kardiochirurgie festlegen konnten. Eine große Chance aber auch dementsprechend viel Arbeit, denn Andrew erwies sich als überaus strenger Lehrmeister. Bailey war ein Schäfchen gegen ihn. Wenn er sagte spring, dann blieb den Drei nichts anderes übrig, als zu fragen wie hoch sie springen sollten! Er dominierte die Kardiochirurgie, war aber weiterhin ein absoluter Gott in seinem Gebiet und – was vor allem Cristina ihm hoch anrechnete – er scheute sich auch nicht davon Burke die Meinung zu sagen. Zwischen den beiden flogen regelmäßig lautstark die Fetzen.

Jackson kam das aber sehr gelegen, denn so konnte er wenigstens den Verlust von April besser überarbeiten. Trotz anfänglicher Hoffnung kehrte sie nicht zurück ins Krankenhaus…
 

~~ Juni ~~
 

… und im Juni zog sie sogar endgültig aus. Der Kontakt zwischen den beiden Chirurgen ebbte mehr und mehr ab, bis das große Schweigen Einzug hielt. Auch wenn Jackson sie jeden Tag aufs Neue vermisste, blieb ihm nichts anderes übrig, als ihren Verlust zu verarbeiten und sich Hals über Kopf in die Arbeit zu stürzen. Aber er litt. Sehr sogar. So sehr, dass selbst Cristina Mitleid mit ihm bekam und ihn kurzum einlud, den Urlaub in der Karibik mit ihr und Owen zu verbringen. Brummig wie er war, willigte er ein.

Der Pärchenurlaub wurde also zum Dreier-Urlaub, wäre da nicht noch Derek und Mark. In der letzten Zeit war die Freundschaft zwischen Owen, Derek und Mark noch weiter gewachsen und gereift und die beiden Männer waren durchaus eifersüchtig, wen sie von dem schönen Inselurlaub hörten. Es kam wie es kommen musste, auf einmal waren sie zu …. Sechst, denn Derek wollte Meredith nicht einfach so im verregneten Seattle sitzen lassen, außerdem wollte er der Ehe eine Chance geben.
 

~~ Juli ~~
 

Im Juli sank die Laune der Chirurgen noch weiter in den Keller, denn Burke war wie ein fieser, hinterlistiger Sklaventreiber, der keine Chance unversucht ließ um es den Chirurgen besonders schwer zu machen. Cristina wurde so etwas in der Art, wie seine persönliche Leibeigene, die ihm bei jeder Operation zur Seite stand und Gallagher wurde mehr und mehr zu seinem Gegenspieler, den er gegen sich aufbrachte.

Jeder Chirurg misstraute dem Anderen erheblich und immer weiter sank die Freude jeden Tag in die Arbeit zu gehen. Eine Operation folgte der nächsten. Immer mehr neue Geräte wurden angeschafft und immer mehr wurde von den Ärzten verlangt. Burke trieb sich erbarmungslos zu Höchstleistungen an und machte sich damit wenige Freunde.

Eines Abends – als Arizona Owen und Callie Cristina ihr Leid klagte – kamen zum kleinen Urlaub  auch noch mehrere Personen hinzu. Mittlerweile waren sie zu neunt, denn Meredith hatte sich sehr für ihre Schwester ausgesprochen. Für Cristina ein Grund besonders brummig zu sein, denn eigentlich sehnte sie sich nur nach ein bisschen Zweisamkeit mit Owen, aber das konnte sie jetzt vorerst vergessen. Stattdessen sollte es am 01. August endlich los gehen und jeder von ihnen sehnte sich nach dem Urlaub. Endlich raus aus dem Alltag und weit weg von dem Krankenhaus um Sonne und neue Kraft zu tanken.
 

~~ August~~
 

Am 01. August war es dann endlich soweit. Der lang ersehnte Tag war gekommen! Trotz Burkes ständigen Wutanfällen und mehreren Versuchen diesen Urlaub zu verhindern, hatten sich die Chirurgen durchgesetzt. Cristina und Owen, Meredith und Derek, Callie und Arizona, ja selbst Mark, Lexie und Jackson hatten Urlaub. Seit Jahren! Chirurgen machten in der Regel keinen Urlaub. Jetzt hatten sie ihn sich redlich verdient und natürlich freute sich ein jeder ganz besonders auf die vierzehntägige Reise in die Karibik.

Die kleine Insel Roatán hieß sie willkommen!!

 

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IV.

Das Paradies  
 

19. Kapitel: Roatán
 

„Insel Roatán - Die Insel mit türkisgrünem Wasser, traumhaften weißen Stränden und ganzjährig mildem Klima, gehört zu der wenig bekannten karibischen Inselgruppe Islas de la Bahia. Sie ist ca. 60 km vom honduranischen Festland entfernt und ein Teil des zweitgrößten und schönsten, 200 Millionen Jahre alten Korallenriffs, welches sich entlang der Küsten von Belize bis Honduras erstreckt. Es ist ein in engsten Insider-Kreisen bekanntes Tauchparadies. Für Nichttaucher gibt es die Möglichkeit, täglich eine andere romantische Traumbucht in "privaten" Besitz zu nehmen. Die schönsten versteckten "Paradiese" erreicht man zu Fuß, mit dem Boot oder zu Pferd.“, las Cristina gut gelaunt aus ihrem Reiseführer vor.

Nach einem mehrstündigen Flug und oftmaligem Umsteigen hatten sie es doch tatsächlich an den Ort ihrer Träume geschafft. Es war das Paradies auf Erden. Derzeit 43 Grad, lange, weiße Sandstrände und Wasser, das zum Tauchen, Schwimmen und Segeln anlockte. Kurzum: Cristinas derzeit wohl größter Traum wurde wahr!

Owen schmunzelte und spähte über den Rand seiner Sonnenbrille hinweg zu seiner vollkommen euphorischen Lebenspartnerin. Cristinas Locken waren aufgrund der Luftfeuchtigkeit noch krauser geworden und hatten sich letzenendlich nur durch einen Hut bändigen lasse...

Jackson lehnte an der Fensterscheibe des Taxis, mit Ohrenstöpseln. So sah er hinaus und beobachtete die zahlreichen Strände, die an ihnen vorüber zogen. Er war ziemlich erledigt von der ganzen Fliegerei. Er atmete erleichtert auf, als die beiden Taxis vor einer gigantischen Ferienanlage hielten.

„Das ist es?“, flüsterte Meredith, als sie aus dem Wagen stieg. Cristina reagierte wie sooft nicht auf ihr beste Freundin, sondern sauste schon die Stufen nach oben. Als Besitzerin des Schlüssels war sie auch die erste Person, die das Ferienhaus betrat. Freudig lachend verschwand sie im Inneren. „Du kannst das als ein Ja auffassen.“, lachte Owen und warf Meredith einen kleinen Blick zu. Derek war mit seinen Augen ganz wo anders. Er starrte hinaus aufs Meer und beobachtete die ganzen Boote und Schiffe mit einem sehnsüchtigen Blick. Meredith nickte und hackte sich frohen Mutes bei ihrem Mann unter. Vielleicht bestand ja noch Hoffnung für sie. „Keine Sorge, du wirst schon noch früh genug zu deinem Boot kommen…“, lächelte sie ihm munter zu.

Marks Blick folgte Cristina, die wie ein Wirbelwind das neue Eigenheim in Beschlag nahm, und er schüttelte entrüstet seinen Kopf, bevor er Owen einen kleinen Schubs verpasste. „Was auch immer du ihr ins Glas gekippt hast, ich will da auch was davon!“ Er lachte auf, denn Wirbelwind Cristina war bereits im Inneren des Hauses verschwunden.

Owen eröffnete es einen vollkommen neuen Blick auf Cristina, denn noch nie zuvor hatte er sie so ausgelassen und lebensbejahend erlebt. Er schmunzelte. „Das macht das gute Wetter....“, gab er mit einem Schulterzucken zurück und schon folgte er seiner Partnerin nach drinnen.

Ebenso wie von außen, war die Lokalität auch von innen absolut prachtvoll! Das Ferienhaus bot jeden erdenklichen Luxus und so konnte es den Ärzten gar nicht mehr schlecht gehen. Owen fand Cristina nur wenige Momente später – immerhin musste er nur ihrem glückseligen Kreischen folgen. Sie hatte sich das Kleid vom Leib gerissen, trug nur noch ihren Bikini und sprang freudig auf dem Bett herum. Der Anblick brachte Owen erneut zum Auflachen.

In der Zwischenzeit hatten auch die restlichen Personen das Ferienhaus betreten. Die Zimmerverteilung ging schnell von statten: Meredith und Derek und Callie und Arizona bezogen jeweils ein Doppelzimmer, Lexie übernahm das Einzelzimmer und Jackson und Mark ... tja, den beiden Männern blieb auch nichts anderes übrig, als sich mit den Gegebenheiten abzufinden und ebenso in das vierte Doppelzimmer zu ziehen.
 

Callie trat mit einem begeisterten, spanischen Ausruf in ihr Zimmer und lief sofort hinüber zur Balkontür um die herrliche Meeresluft herein zu lassen. „Oh, ich liebe diesen Ort jetzt schon…“, strahlte sie förmlich und warf einen kleinen Blick zu ihrer Lebensgefährtin, die ein bisschen blass um die Nasenspitze war. Schon in den letzten Wochen hatte Callie das ständige Gefühl Arizona könnte krank werden.

„Gefällt es dir hier nicht?“, fragte sie daher nach und trat beschwingt auf die blonde Chirurgin zu, die natürlich dementsprechend schweigsam war. Noch immer schwebte die Lüge über ihnen wie ein Damoklesschwert und langsam zeichneten sich die ersten Ansätze eines Babybauches ab.

„Doch. Es ist toll hier. Absolut gigantisch.“, lächelte Arizona und strich sich durch die langen, blonden Haare. „Ich bin nur schrecklich müde, weißt du.“ Es klopfte an der Tür und Lexie schob ihren Kopf herein.

„Hey …“, lächelte sie scheu. „… hast du kurz Zeit?“

Callie seufzte auf. In den letzten Wochen beschäftigte sich Arizona zu oft mit der kleinen Grey. Sie tuschelten miteinander und verstummten immer dann, wenn sich Callie näherte.

„Ja, ich hab Zeit … ich bin gleich wieder da.“, lächelte sie liebevoll und drückte Callie noch einen eiligen Kuss auf die Lippen, bevor sie Lexie nach draußen folgte.
 

Derek stellte die beiden Taschen ab und ließ seinen Blick einen Moment durch den Raum schweifen. „Unglaublich, dass wir wirklich hier sind. Wer hätte gedacht, dass Burke uns frei gibt und nicht noch irgendeinen Weg findet um uns Steine in den Weg zu werfen…“, stellte er mit einem freudigen Ausdruck auf seinen Zügen fest und schenkte Meredith ein kleines Lächeln.

„Was ist los?“, fragte er dann aber mit einem Mal. Meredith stand mit dem Rücken zu ihm und sah die ganze Zeit schweigend aus dem Fenster. Von hier oben hatte sie einen perfekten Ausblick auf das türkisfarbene Meer und den strahlend blauen Himmel. Sie seufzte auf.

„Meredith?“

Derek trat auf sie zu und hob eine Augenbraue, bevor er eine Hand an hob, die er kurz darauf auf ihrem Rücken platzierte. „Stimmt etwas nicht?“, wollte er leise und fragend zugleich wissen. Sie hob ihre Schultern.

„Als du angeschossen wurdest hatte ich eine Fehlgeburt.“, ließ sie mit einem Mal die Bombe platzen, die ihr all die Zeit die Luft zum atmen geraubt hat. Jetzt war es raus und sie konnte nur hoffen, dass das nicht das Ende ihrer Ehe mit Derek bedeutete…

 

Mit Mark in einem Zimmer konnte er es nicht lange aushalten und so hatte er sich nur schnell aus den verschwitzten Sachen gepellt, hatte ein paar Shorts und kurze Hosen angezogen, bevor Jackson fast fluchtartig das gemeinsame Zimmer verließ. Mark kam das zu Gute, denn so konnte er den Raum voll und ganz auskosten. Den jungen Assistenzchirurg zog es an den Strand, der gleich am Ferienhaus angrenzte.

Jackson streckte sich ausgiebig und vergrub seine Fußspitzen im warmen, weichen Sand. Er blinzelte in die Sonne und schloss seine Augen. Die Last der vergangenen Wochen fiel mehr und mehr auf seine Schultern, als ihm auf einmal eine neue Bürde auf den Rücken geworfen wurde. Nun ja. Ob es eine wirkliche Last war, ließ er mal dahin gestellt, aber auf einmal rief eine gut gelaunte Stimme: „Überraschung~!“, als ihm jemand mehr oder minder auf den Rücken sprang und ihre Arme um seine Schultern schlang…
 

~*~
 

„Mark Twain hat einmal gesagt: ‚Die Zeit mag Wunden heilen, aber sie ist eine miserable Kosmetikerin.’. Oh Bitte Zeit. Sei keine schlechte Kosmetikerin, sondern arbeite für mich. Hilf mir mein Leben wieder zu dem zu machen, was es einmal war. Mehr wünsche ich mir nicht. Ist das denn ein Wunsch zu viel?“

(Meredith Grey)

IV. Treffen

Freundschaft ist etwas sehr seltenes und besonderes. Sie beruht auf Gegenseitigkeit. Was ist, wenn man auf einmal seinem Freund nicht mehr vertrauen kann und der Egoismus oder eine Lüge das zerstört, was uns im Leben wichtig ist?

Bleibt abzuwarten was die Zeit überdauert. Ob Freundschaften bestehen und reifen oder verwelken, wie eine Blume, die zu wenig Führsorge bekommt.

(Meredith Grey)
 

~*~
 

IV.

Das Paradies  
 

20. Kapitel: Treffen   
 

Cristina hüpfte lachend auf dem bett herum. Als sie Owen bemerkte drehte sie sich hüpfend zu ihm um und sprang Sekunden später in seine Arme. Lachend fing sie Owen auf. Die junge Asiatin schlang ihre Beine und Arme wie ein Klammeräffchen um ihn herum und grinste ihn breit und triumphierend an. Hunt schüttelte leicht seinen Kopf und schmunzelte vor sich hin.

„Dir geht’s gut?“, fragte er mit schief gelegtem Kopf nach. Grinsend drehte sich Owen etwas und schon saß er auf dem weichen Bett, das ein bisschen quietschte, als er sich darauf nieder ließ. Cristina hockte mit einem triumphierenden Grinsen auf seinem Schoss.

„Sogar sehr gut...“, raunte sie Owen zu und verteilte ein paar Küsse auf seiner Wange und seinem Hals. Owen atmete seufzend ein und ließ seinen Kopf zur Seite fallen.

„Das merk ich... aber wolltest du nicht schwimmen gehen?“, fragte er zufrieden brummend nach.

Cristina vergrub ihre schmalen Finger in seinen roten Haaren, die sich an den Enden leicht kringelten. „Aber dazu musst du dich auch erstmal ausziehen. Du wirst ja wohl nicht in so vielen Klamotten schwimmen gehen.“; stieß sie keck aus und gab ihm einen kleinen Schubs, damit Owen mit dem Oberkörper auf dem Bett landete. Sogleich machte er es sich ein bisschen bequemer. Seine Hände ruhte auf ihrer Hüfte, während er sich mit sichtlich zufriedenem Grinsen sein Hemd aufknöpfen ließ.

„Ich glaube, ich kann dir gerade nicht widersprechen.“, stand er mit überaus süffisanten Grinsen fest.

Cristina lachte auf. Ihre Finger wanderten über seine nackte Haut und beugte sich schließlich über ihn um ihm einen innigen Kuss zu stibitzen.
 

Dereks Finger wanderten in seinen Nacken. Schwer atmend blickte er zu Meredith, die noch immer vor ihm auf den Bett saß und mit flehenden Ausdruck auf den Zügen erneut darum bat, dass er etwas sagte. McDreamy fühlte sich außer Standes ihr etwas zu sagen oder gar auf diese schreckliche Botschaft zu reagieren. Er musste ehrlich zugeben, dass die vergangenen Wochen nicht einfach waren. Seit Meredith ihre Stelle im Seattle Grace verloren hatte, beschäftigte sie sich mit der Hausrenovierung oder lernte sogar kochen! Wenn er zu Hause war, hing sie an ihm wie eine Klette und das machte es ihm nicht gerade einfacher! Nach wie vor war er guter Dinge und versuchte sogar ernstlich die Ehe zu retten, aber wie konnte er das jetzt noch? Meredith hatte ihr gemeinsames Kind verloren und was am schlimmsten war: Sie hatte es ihm monatelang nicht erzählt! Derek war außer sich vor Wut, weshalb er jetzt auch leise mit seinen Zähnen knirschte.

„Bitte... sag was...“, flüsterte Meredith und erntete einen wütenden Blick von Derek.

Er hob seine Hand und brachte sie so zum Schweigen. Meredith seufzte schwer auf und rutschte unruhig auf dem Bett hin und her. Nur kurz wanderte ihr Blick zur Seite. „... verdammt dünne Wände...“, murmelte sie leise, denn Owen und Cristina waren leider gut zu hören. ZU gut!! Meredith strich sich eine Träne aus den Wangen und versuchte die eindeutigen Geräusche aus dem Nachbarzimmer zu ignorieren.

„Derek...“, bat Meredith nochmal, aber wieder schüttelte er energisch seinen Kopf.

„Meredith, ich muss darüber nachdenken. Du hättest es mir früher sagen sollen.“, erklärte er ihr und tat einen Schritt in Richtung der Zimmertür.

„Wann hätte ich es dir sagen sollen? Du bist angeschossen worden. Du wärst fast gestorben und danach war sowieso alles anderes. Bitte versteh mich doch auch. Ich wollte dir nicht weh tun.“, versuchte Meredith ihm zu erklären.

„Und deshalb sagst du es mir jetzt? Hier in unserem Urlaub?“, fragte er nach und stemmte erbost seine Hände in die Seiten.

„Ich musste es dir einfach sagen...“, murmelte Meredith und versuchte etwas näher an ihn heran zu treten, aber Derek wehrte sich dagegen mit einem eifrigen Kopfschütteln.

„Ich muss darüber nachdenken, Meredith. Bitte lass mir einfach etwas Zeit um das alles zu begreifen.“, sagte er mit einem schmerzlichen und bitteren Lächeln zu ihr.

Resigniert ließ sich die junge Frau auf das Bett zurück sinken. Sie nickte und senkte geknickt ihr Haupt. Hinter Derek fiel seine Tür zu und sofort schluchzte Meredith auf. Eine kleine Träne wanderte über ihre Wange. Das Leben konnte so schrecklich ungerecht sein. Jetzt war er weg und ob er wiederkam war nur noch ein Funke Hoffnung.

McDreamy ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen und schüttelte traurig seinen Kopf. In den letzten Monaten hatte er sich immer wieder ein Kind gewünscht, doch hatte er es nie gewagt diese Bitte zu formulieren. So plötzlich mit all dem konfrontiert zu werden, war selbst für seine ruhige und besonnene Art zu viel des Guten. Darum verließ er jetzt erstmal das Haus im Paradies um eine kleine Runde am Strand zu spazieren. Das sich noch ein Mitbewohner hier am Strand befand entzog sich vollkommen seiner Kenntnis. Viel zu tief war Derek in seinen Gedanken versunken.
 

Jacksons Herz schlug ihm bis zum Hals, als ihm eine fröhliche Stimme ein „Überraschung~!“ in die Ohren summte. Natürlich blinzelte er irritiert. Es war eine Stimme, die er wohl unter tausenden wieder erkannt hatte.

„A ... April?“, stieß er aus und warf einen Blick über seine Schulter.

Niemand anderes als April Kepner hing an seinem Rücken und kicherte wie ein kleines Mädchen vor sich hin. Sie stellte ihre Beine zurück auf dem Boden und schon konnte sich Jackson zu ihr umdrehen. „Jap jap.“, nickte sie eifrig und zwickte ihn in die Seite. „Guck mich nicht so an, als ob du einen Geist siehst. Ich bin wirklich hier.“, kicherte sie weiter.

„Au...“, murmelte Jackson und rieb sich über seinen Kopf. Noch immer blickte er sie irritiert und überaus verwirrt an. April sah unglaublich aus! Sie trug fast nichts an ihrem Leib. Über ihren Bikini nur ein durchsichtiges, weißes Stöffchen! Ihre sonst so blasse Haut war leicht gebräunt und ihre langen braunen Haare trug sie zu einem Zopf gebunden. Die warmen, braunen Augen ruhten auf Jackson und ihre Lippen zierte ein freudiges Lächeln, während sie Jacky betrachtete.

„Hast du die Fähigkeit zu sprechen verloren?“, fragte April kichernd nach und stupste ihn wieder in die Seite.

„Ähm... nein... ich ... bin nur verwirrt. Was ... was machst du hier?“, brachte Jackson stotternd hervor und vollbrachte es kaum seinen Blick von ihr zu nehmen.

Nur ganz leicht zauberte sich ein Hauch von rot auf Aprils Wangen, ehe sie lächelnd ihre Hände in die Seiten stemmte. „Na was erwartest du bitte, Jacky?? Das hier ist meine Insel.“, flötete sie unschuldig.

„Deine Insel?“, fragte er verwirrt nach.

„Nun ja, nicht direkt meine Insel, aber ich verbringe hier seit meiner Jugend jeden Sommer... und meinem besten Freund gehört die Insel quasi.“, erklärte April ihm und fuhr dann gleich fort. „... es hat sich einfach schnell rumgesprochen das eine Gruppe amerikanischer Ärzte die Ferienvilla gebucht hat und ich bin neugierig gewesen. Eure Namen rauszufinden war nicht weiter schwer und ebenso euer Ankunftsdatum.“

Jackson wirkte noch immer überfordert mit der Situation, weshalb er jetzt auch große Augen machte und seinen Kopf schief legte. „Und da dachtest du, du bescherst mir mal so eben meinen ersten Herzinfarkt?“, hackte er nach.

“Ganz genau.“, bestätigte April und nickte eifrig. Erst jetzt wurde ihr bewusst wie wenig Jackson eigentlich an hatte. Nur seine Badeshorts. Glücklicherweise konnte sich die Röte ihrer Wangen ohne Probleme auf die Hitze schieben lassen.

Avery atmete einmal tief durch und betrachtete April noch einmal ausgiebig. „Ich kann es nicht glauben, dass ich dich wieder sehe... zumindest nicht hier.“, lächelte er mit einem Mal. „... auf deiner Insel.“, fügte er dann noch hinzu und ließ seinen Blick schweifen.

„Was verschlägt dich eigentlich hier her? Vor allem mit den ganzen Leuten aus dem Seattle Grace?“, fragte sie nach und stemmte ihre Hände an die Seite.

„Na, wenn mich die aus dem Mercy West hängen lassen.“, stichelte er breit grinsend.

„Haha“, streckte April ihm die Zunge raus. „Spaß beiseite, was verschlägt dich hier her...“

Jackson sah hinaus aufs Meer und ließ seinen Blick über die Palmen schweifen. „Ich wurde dazu überredet mit zu kommen, aber um ehrlich zu sein bin ich froh, dass ich mitgekommen bin. Du hast mir nämlich ziemlich gefehlt.“, grinste er sie dann breit an und gab ihr einen kleinen Schubs auf die Schulter.

April lächelte freudig. „Stimmt... du bist jetzt nämlich im Paradies. Gewöhn dich nicht daran, ansonsten wirst du im verregneten Seattle eine Depression haben.“, erklärte April und streckte freudig ihre Hände von sich.

Jackson lachte auf. „Vermutlich hast du Recht. Wo wohnst du eigentlich?“

„Bei Lucas. Erinnerst du dich noch? Ich hab dir mal von ihm erzählt...“, antwortete April lächelnd.

„Ach, der lebt hier??“

Damals im Aquarium hatte April ihm ja ein bisschen was von ihren Freunden berichtet.

„Tauchst du?“, fragte April mit einem Mal nach und wanderte ein paar Schritte los. Sogleich folgte ihr Jackson.

„Ähm nein. Warum?“

„Och nur so.“, hob sie unschuldig ihre Schultern an.

„Jetzt sag schon warum...“ Lachend legte er seinen Arm um ihre schmalen Schultern. „... sags mir los!“, bat er sie dann innständig.

April kicherte leise. „Okay, du könntest morgen mit raus fahren. Ein paar Freunde und ich gehen zum tauchen... wenn du willst kannst du auch ein paar Seattle Grace Leute mitnehmen.“, schmunzelte sie und lehnte sich eher unbewusst leicht an Jackson.

Dieser legte seine Stirn in Falten, bevor er auch schon nickte. „Klar, warum nicht. Ich wollte sowieso mal tauchen.“

„Super!“, klatschte sie freudig in die Hände. „Wobei du eher noch eine Runde schnorchelst, bevor wir das tauchen in Angriff nehmen.“

April wirkte hoch erfreut und Jackson ließ sich von dieser guten Laune natürlich nur zu gerne anstecken. April war wie ausgewechselt hier auf der Insel Roatán. Sie strahlte wie die Sonne und wirkte absolut glücklich und in sich zufrieden. Da konnte er gar nicht anders, als diesen Urlaub noch mehr zu genießen.
 

Manch einer genoss den Urlaub schon jetzt in vollen Zügen, während ein paar der Gruppe noch von Botschaften schockiert wurden. An einem anderen Ort ging es im Moment heiß her und das nicht gerade im positiven Sinn.

„Was soll das?!“, schrie Andrew und warf die Tür geräuschvoll hinter sich ins Schloss. Der Zorn zeichnete sich deutlich in dem Gesicht des Iren ab. Davon unbeeindruckt hob niemand geringerer als Burke seinen Blick.

„Sollte ich wissen, wovon du redest?“, fragte er nach und zog eine Augenbraue nach oben.

„Preston, ich weiß nicht, wo dein Problem liegt, aber wenn du nicht aufhörst, dich in meinen Bereich einzumischen, dann kannst du die Kardiochirurgie bald alleine schmeißen!“, fuhr Andy ihn wütend an. „Ich hab es langsam echt satt, dass du mir meine Operationen weg nimmst um den Ruhm einzuheimsen! Dir ist doch das wohlbefinden der Patienten vollkommen egal, solange du in die Zeitung kommst und jetzt reicht es!“

Burke atmete einmal tief durch. „Ist es wegen dem kleinen Jungen?“

„Ja!“ Andrew tobte vor Wut, so viel war gewiss. „Ich betreue ihn jetzt seit zwei Jahren und du weißt ganz genau, dass ich nur wegen ihm hier her nach Seattle gekommen bin! Das morgen ist die entscheidende OP. Die LETZTE Operation, bevor er endlich wieder ein glückliches Leben führen kann!“

„Das ist mir klar. Worauf willst du hinaus?“, fragte Preston nach und lehnte sich selbstgefällig in seinem Stuhl zurück.

„Darauf, dass du kein Recht hast, diese Operation durchzuführen!“

Andrew hob ein Krankenblatt in die Luft.

„Ich bin der beste Chirurg in Ame...“

“... du bist der egoistischste Chirurg in Amerika! Deine selbstgefällige Art kannst du dir getrost sparen! Mag sein, dass du hier der Chef bist, aber das gibt dir nicht das Recht meinen Namen von der Operationsliste zu streichen um deinen darauf zu setzen.“, fuhr Andrew ihn aufgebracht an.

Preston hob seine Schultern. „Ich werde Toby morgen operieren.“, sagte er ruhig.

„Einen Teufel wirst du tun!“, knurrte Andrew wütend.

„Du vergisst mit wem du redest... wie du schon bemerkt hast, bin ich hier...“ Preston sprang von seinem Stuhl als das Krankenblatt, das gerade noch in Andrews Händen gelegen hatte an ihm vorbei sauste und gegen das Regal hinter ihm krachte.

„Das nächste Mal, treffe ich!!“, stieß der Ire aus und hob seinen Zeigefinger drohend.

Entsetzt sah Burke ihn an. „Glaubst du wirklich, das ändert etwas an meiner Entscheidung den Patienten selber zu operieren?“, fragte er trocken nach und legte seinen Stift beiseite.

„Ich kann dir auch gerne die Nase brechen und dann schauen wir weiter, wen du operierst!“, knurrte Andy.

„Du würdest es nicht wagen.“, knurrte Preston.

„Oh meinst du?!“ Andrew schlüpfte aus seinem Arztkittel und warf ihn beiseite. Provokant und durchaus bedrohlich baute sich der Ire auf und hob seine zu Fäuste geballten Hände.  
 

~*~
 

Kämpfe für das, was dir wichtig ist! Stehe für andere ein und helfe mit all deiner Leidenschaft! Nur so wirst du im Leben bestehen und dir wird es mit Freundschaft gedankt...
 

(Meredith Grey)

IV. Die irische Art

IV.

Das Paradies  
 

21. Kapitel: Die irische Art
 

Andrew schlüpfte in seinen Arztkittel und schritt wenige Augenblicke später den langen Gang entlang, der vom Büro des Chefs weg führte. Nur ein paar Sekunden blieb er alleine, denn schon gesellte sich niemand anderes als Bailey zu ihm.

„Haben Sie ihn geschlagen?“, fragte Miranda sogleich nach.

„Noch nicht.“, knurrte Andrew. „Aber es ist nur eine Frage der Zeit!“ Noch immer war er absolut in Rage, aber wenigstens hatte er seinen Willen bekommen. Sein Name stand wieder auf der Krankenakte von Toby und das war alles, was er erreichen wollte.

„Sollten Sie Hilfe brauchen bin ich gerne bereit ihn festzuhalten.“, sagte Bailey zu ihm.

Sogleich drehte sich Andy zu ihr und hob eine Augenbraue an. „Ich werde drauf zurück kommen, keine Sorge.“, grinste er dann breit und schritt weiter.

„Wissen Sie, McTattoo.“ – Andrew blickte sie irritiert an – „Sie sind gar nicht so übel wie bislang angenommen.“

„McTattoo?“, fragte er nach.

„Denken Sie nicht weiter drüber nach. Jeder männliche Oberarzt wird von den Assistenzärzten so getauft.“, winkte Bailey hastig ab.

„Verstehen. Ich fühle mich geschmeichelt, Bailey... und ich sag Ihnen was: Sie sind auch meine Lieblingsärztin.“, zwinkerte der smarte Ire ihr zu. Im Aufnahmebereich kamen Beide zum stehen.

„Wie gedenken Sie jetzt weiter zu machen? Bezüglich Burke.“, fragte die kleine Dr. Bailey nach und lehnte sich gegen den Tresen um sich ein Krankenblatt aushändigen zu lassen.

„Gute Frage. Ich pflege es auf die irische Art zu machen.“, meinte er und hob seine Schultern an. Das Krankenblatt von Toby fest in den Händen blätterte er durch die ganzen Unterlagen.

„Und die sieht was vor?“

„Whiskey trinken, singen und darauf warten, dass der Gegner einen falschen Schritt macht um dann zuzuschlagen.“, zwinkerte er Miranda zu. Freundschaftlich klopfte er auf ihre Schulter und wandte sich dann auch schon ab.

„Tzz. Die Iren.“, murmelte Bailey und seufzte schwer auf. Das Leben unter Dr. Burke war schwer geworden und das, wo sie ihn eins so bewunderte.

Andrew blätterte nachdenklich durch die zahlreichen Berichte von Toby, als ihn eine Stimme zum Halten brachte. „Meinen Sie wirklich, dass es ratsam ist einem Chefarzt so zu drohen?“

Der Ire zog seine Augenbrauen etwas zusammen, wodurch sich einige kleine Fältchen auf der Stirn bildeten und drehte sich dann auch schon langsam zu der Quelle der liebreizenden Stimme um. „Sieh an, Dr. Karidogöttin.“, grinste er breit in die Richtung von Tamina.

„McTattoo“, gab sie unbeeindruckt zurück.

Andrew fragte sich sofort, wem er diesen Spitznamen zu verdanken hatte. „Wie es aussieht hat es doch geholfen einem Chefarzt zu drohen. Außerdem geht es hier ums Prinzip.“, gab er mit einem Schulterzucken zurück.

„Und wenn er sie rauswirft?“, wollte die zierliche Anfängerin wissen.

„Dann wirft er mich raus. Ich bin einer der führenden Kariochirurgen in Europa und Amerika. Eines können sie mir glauben: Ich finde eine Anstellung wenn ich will!“, raunte er unbeeindruckt.

Tamina saß auf einem der Krankenhausbetten an der Wand. Andrew legte seinen Kopf schief und betrachtete die junge, taffe Frau. Normalerweise funkelte sie ihm provokant entgegen, aber heute war irgendwas anders. Er blinzelte und setzte sich neben sie. „Okay, was ist los?“, fragte er nach und runzelte seine Stirn. Als er das Stück Papier in ihrer Hand bemerkte, zog er ihr das Blatt ganz einfach aus der Hand.

„Kündigung?“, fragte er verdutzt nach. Tamina war zwar noch eine Anfängerin, aber schon jetzt eine talentierte Chirurgin.

„Ja. Burke baut Stellen ab.“, gab sie leise zurück. „Und bei den Anfängerin macht er den Beginn.“

Andrew seufzte auf und schüttelte seinen Kopf, bevor er seinen Arm um ihre Schultern legte. „Schhh, das wird schon wieder. Er kann Sie nicht einfach so rauswerfen. Nicht ohne die Einwilligung der anderen Oberärzte und das Memo hab ich wohl verpasst. Außerdem sind drei Oberärzte zur Zeit im Urlaub, also beruhigen Sie sich und versuchen Sie Burkes weibischer Zickerei nicht allzu viel zuzumessen.“, versuchte er sie zu beruhigen und strich ihr etwas über den Rücken.

„Ich weiß nicht was ich machen soll, wenn er mich raus wirft.“, gestand sie ihm ehrlich und lehnte sich unbewusst etwas an die Seite des smarten Oberarztes.

„Ach, so leicht wird er Sie nicht rauswerfen und wenn doch findet sich schon eine Lösung. Es gibt massenhaft andere Krankenhäuser, die die beste Kardiogöttin brauchen können.“, versuchte er sie etwas aufzuheitern. Tamina grinste ihn flüchtig an. „Na ich weiß ja nicht.“ Sie war verzweifelt, denn mittlerweile mochte sie das Krankenhaus sehr. Sie verbrachte hier ihre ganze Freizeit und schrieb sogar heimlich Romane über das Liebesleben der ganzen Chirurgen. Es war aber auch zu komisch, denn jeder hatte hier offensichtlich schon mal was mit jedem gehabt!

„Brauchen Sie Ablenkung?“, fragte Andrew mit einem Mal.

„Ähm... ja...“, blinzelte Tamina.

Andrew erhob sich und streckte ihr seine Hand entgegen. „Und was machen wir?“, fragte sie leicht zögerlich nach. Genau genommen war er ein fremder Mann. Wer wusste schon, was er im Sinn führte.

Er hob mit einem süffisanten Grinsen seine Augenbrauen an. „Wir machen es auf die irische Art.“, stieß er aus und griff nach ihrer Hand um sie auch gleich darauf auf die Füße und mit sich mit zu ziehen. Mit einem kleinen, erschrockenen ‚Huh’ und einem mädchenhaften Kichern ließ sich Tamina auch schon mitziehen.
 

Arizona musste sich ebenso mitziehen lassen, denn Lexie demonstrierte gerade wie kräftig sie eigentlich war.

„Was ist los?? Hey, kleine Grey?“, fragte sie irritiert nach. Stolpernd folgte sie ihrer besten Freundin nach draußen in das grelle Sonnenlicht.

Das leise Rauschen des Wassers drang an ihre Ohren, doch ansonsten war alles um sie herum so unglaublich leise. Eine angenehme Ruhe machte sich in ihr breit, wurde aber gleich wieder durchschnitten, als Lexie zu reden begann. „Du musst es ihr endlich sagen, Arizona!“, betonte sie und zog die Blonde mit auf den weißen Sandstrand. Hier konnten sie wenigstens halbwegs in Ruhe reden.

„Ich weiß, aber ...“

“Nein! Kein Aber! Ich halt das nicht mehr aus! Ich versuch Callie so oft es geht auszuweichen, aber jetzt lebe ich die nächsten Wochen mit ihr unter einem Dach! Du willst dieses Baby doch und inzwischen gibt es auch kein zurück mehr, also sag es Callie! Ich bin mir sicher, dass sie es verstehen wird.“, betonte Lexie nochmal ganz entschieden.

Arizona schluckte schwer und seufzte einmal auf. „Ich habe sie betrogen, Lexie!“, murmelte Arizona. „Wie sollte sie mir das verzeihen.“

„Ganz einfach: Sie liebt dich und du liebst sie! Gemeinsam könnt ihr das schaffen, aber wenn du weiterhin die Lüge dominieren lässt, machst du alles kaputt!“, erklärte Lexie und legte ihre Hände auf die Schultern der blonden Chirurgin. Diese wich sofort ihrem stechenden Blick aus.

„Bitte, Lexie. Behalt es noch ein bisschen für dich. Ich verspreche dir auch, dass ich Callie noch während dem Urlaub die Wahrheit sage, aber ich muss mir einfach selber sicher sein. Ich will sie damit nicht vollkommen überfallen.“, bat Arizona innständig und nahm die Hände von Lexie. „Ich weiß dass ich es Callie sagen muss und ich will sie auch nicht verlieren. Genauso wenig will ich das Baby verlieren. Also bitte, zwing mich nicht dazu es zu überstürzen.“

Die kleine Grey atmete einmal tief durch und nickte schließlich bekräftigend. „In Ordnung. Aber bitte. Lass dir nicht zu viel Zeit...“, murmelte sie noch ein letztes Mal, als ihr Blick zum Haus zurück huschte. Mark hatte gerade die große Terrasse betreten. Sein blanker Oberkörper schimmerte geradezu im Sonnenlicht. Lexie schluckte einmal schwer, als Mark sich streckte und dabei sein Muskelspiel überaus gut zu beobachten war.

„Und du solltest Mark endlich sagen, dass du noch Gefühle für ihn hast.“, grinste Arizona breit und schlang ihren Arm um die Schulter von Lexie. Diese lief rot an und sah stur auf den Boden. Kurz vergrub sie ihre Fußspitzen in dem warmen Sand.

„Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm noch eine Chance geben möchte.“, nuschelte Lexie mit leicht verlegenen Blick auf den Boden gerichtet.

„Wer nicht wag, der nicht gewinnt!“, stupste Arizona die kleine Grey an und zwinkerte ihr einmal zu. „Du kannst dich nicht ewig in deinem Schneckenhaus verkriechen und dich in One-Night-Stands mit Karev flüchten, wenn dein Herz letzenendlich nur einem Einzigen gehört.“

Langsam nickte Lexie. „Ich bin mir einfach noch nicht sicher, ob es das ist, was ich wirklich möchte.“, gestand sie leise.

Arizona schnappte sich ihre Hand und führte sie ein bisschen den Strand entlang. „Egal was kommt: Wir halten zusammen. Immerhin bist du doch die Patentante von meinem Baby.“, strahlte die Blonde.

Lexie machte augenblicklich große Augen. „Wie? Patentante? Du meinst ich darf von deinem Baby...?“ Die Erkenntnis schlich sich auf ihr Gesicht, wobei sie auf den Bauch von Arizona starrte.

„Wenn du willst, versteht sich...“, sagte diese noch und wartete gespannt auf ihre Reaktion.

„Natürlich will ich!!“, rief Lexie laut und sprang ihr in den Arm. „Ohhh, das ist cool! Jetzt werde ich Patentante!“

Die Beiden lachten laut und fröhlich und merkten gar nicht wie zwei Augenpaare sie beobachteten.

Callie hatte sich zu Mark auf die Terrasse gesellt und natürlich sogleich ihre Freundin bemerkt, die momentan sehr innig mit Lexie war. Stirnrunzeln sah sie zu den beiden Frauen hinab und sie seufzte einmal auf.

„Was ist los?“, fragte Mark und legte seinen Arm um die Schultern seiner besten Freundin.

„Ach. Ich hab das Gefühl, dass sich Arizona immer weiter von mir entfernt und langsam weiß ich nicht mehr weiter.“, gestand sie ihm leise.

Sanft drückte Mark ihr einen Kuss auf die Schläfe. „Ach das wird schon wieder. Rede ganz einfach mal mit ihr. Immerhin haben wir jetzt genug Zeit um uns auch mal wieder zu entspannen.“, machte er ihr etwas Mut und schenkte ihr ein kleines Lächeln.

Callie atmete tief durch und sah zufrieden zu ihm nach oben. „Vermutlich hast du Recht!“ Wie immer war sie sofort zuversichtlich, auch wenn dieses nagende Gefühl, dass dunkle Gewitterwolken aufzogen, nicht einfach so verschwinden wollten.

„Und was ist mit dir und Lexie?“, fragte Callie nach und hob ihren Blick wieder.

„Was soll schon sein. Gar nichts. Sie will nichts mehr von mir und ich habe beschlossen weiter zu machen. War es nicht das, was du immer wolltest?“, gab er mit einem Schulterzucken zurück.

Callie seufzte kurz. „Hmm ... vielleicht...“

Sloan warf ihr einen fragenden Blick zu. „Was soll das denn jetzt heißen?“, fragte er mit skeptisch hochgezogener Augenbraue nach.

„Nichts. Gar nichts soll das heißen. Ich will einfach nur, dass du glücklich bist.“, sagte sie lächelnd. Ganz so überzeugend waren ihre Worte zwar nicht, aber fürs Erste gab sich Mark damit zufrieden.
 

Jackson schlenderte neben April her und warf ihr erneut einen kleinen Blick zu. „Darf ich dir mal was sagen?“, fragte er mit einem Mal nach.

Sofort sah sie wieder zu ihm und nickte dann.

Leicht beugte er sich nach unten und lächelte leicht. „Du siehst richtig toll aus.“, flüsterte er ihr zu.

Augenblicklich errötete April. Schüchtern strich sie sich eine Strähne hinter ihr Ohr zurück und wurde ganz verlegen dabei. „.... Danke.“, nuschelte sie leise und warf ihm ein kleines Lächeln zu. April wackelte etwas mit ihrer Nasenspitze und warf immer wieder einen scheuen Blick zu Jackson nach oben. Wie süß sie doch war! Jackson konnte nicht anders als breit zu grinsen.

„Hast du Hunger?“, fragte April nach um vom Thema abzulenken.

„Ja.“, schmunzelte Jackson. „Aber wir sollten die Anderen vielleicht auch fragen. Mensch, die werden Augen machen, wenn sie dich sehen.“ Er nickte zurück in Richtung des Hauses.

April nickte leicht. „Okay, dann lass uns mal deine Kollegen einsammeln.“, stichelte sie noch ein bisschen, woraufhin Jackson die Nase rümpfte.

“Dir macht das Spaß, kann das sein?“, fragte er nach.

„Ein bisschen. Immerhin warst du derjenige, der immer so gegen die Seattle Grace Leute war... was ist jetzt eigentlich mit dir und Lexie?“, fragte April nach und spazierte mit wippenden Schritten neben ihm her.

Jackson zog langsam eine Augenbraue nach oben. „Was soll mit mir und Lexie sein?“, fragte er nach. Seine Schwärmerei für die kleine Grey hatte er schon lange vergessen, weshalb er jetzt auch keine Ahnung hatte, worauf sie anspielte.

„Ähm ... ich dachte ihr Zwei ...“, murmelte Kepner und hob ihre Schultern ein paar Sekunden lang an. „.. anscheinend hab ich mich doch geirrt.“

Jackson zog seine Augenbrauen zusammen. „Also zwischen uns ist nichts und wird auch nichts sein, wenn du das meinst, April.“, sprach er hastig und schenkte ihr wieder ein kleines Lächeln. Wäre ja noch schöner! Immerhin hatte er April... auch wenn diese noch nicht so ganz von ihm überzeugt war und nichts von seinen Gefühlen bemerkte.

Im Haus angekommen klatschte Jackson in die Hände. „Hey! Wir gehen Essen ... wer kommt mit?? Und übrigens hab ich da wen gefunden!“, rief er freudig und lauschte in die Stille des Hauses. April sah sich ebenso interessiert um.

„Keiner da?“, fragte sie nach.

Jackson ließ seinen Blick schweifen. „Hallo? Essen!“, rief er erneut.

Erst jetzt öffnete sich eine Tür und eine total geknickte Meredith schlurfte auf ihn zu. „Hast du Derek gesehen – oh hi April.“, fragte sie mit geröteten Augen nach. Jackson schüttelte seinen Kopf.

„Aber wir wollten zum Essen. Kommst du mit?“

Meredith nickte und nahm kaum Notiz von April die etwas verwirrt ihre Schultern anhob.

„ESSEN.“, rief Jackson erneut und diesmal laut genug – hoffte er!

Callie und Mark, gefolgt von Lexie und Arizona betraten den Eingangsbereich.

“April???!“, fragte Callie irritiert.

„Aloha, Kepner.“, raunte Mark und ließ seinen Blick ungeniert über den prachtvollen Körper seiner ehemaligen Kollegin gleiten. Bislang hatte sie sich hinter biederer Kleidung versteckt. Wer hätte denn geahnt, dass so was in ihr schlummerte!

„Ich glaub es ja nicht. April Kepner. Was machst du hier?“, fragte Arizona nach und schloss sie freudig in ihren Arm, während Jackson Mark beobachtete. Er sollte es nicht wagen, sich seiner (!) April zu nähern!

„Jap. Ich bins wirklich. Hi.“, grinste April ein bisschen überfordert in die Runde.

„Wie kommt es, dass du auch hier bist?“, wollte Lexie wissen, die auf ihrer Unterlippe herum nagte. „Hat Jackson dich eingeladen?“

„Nein. Ich mach hier immer Urlaub und hab durch Zufall von euch erfahren... aber lasst uns das doch bei einem kleinen Abendessen bereden... habt ihr Hunger?“, lenkte April schnell von ihrer eigenen Person ab.

„Haben wir.“, schaltete sich Cristina in die Unterredung mit ein.

Mit verwuschelten Haaren, erhitzten Wangen und einem zufrieden drein blickenden Owen an der Hand, gesellte sie sich zu dem Rest. Für April hatte sie keinen Blick. „Also, gehen wir Essen?“, fragte sie in die Runde.

„Moment!“, warf Mark ein. „Wo ist Derek?!“

„Am Strand spazieren.“, murmelte Meredith und bekam mehrere Blicke zugeworfen.

„Oh kay... ich hol ihn. Wo treffen wir uns...?“, fragte Mark nach. April erklärte ihm kurz den Weg zum Restaurant, bevor sich die kleine Gruppe in Bewegung setzte.
 

„Los, kommen Sie schon. Sie tun ja fast so, als ob das ihr erstes Mal ist.“, forderte Andrew und sah in das schmollende Gesicht von Tamina.

„DAS verstehen Sie doch nicht allen ernstes unter der irischen Art, oder??“, fragte sie nach und seufzte einmal auf. „Und das ist mein erstes Mal...“, fügte sie kleinlaut murmelnd hinzu.

„Und ob ich das darunter verstehe!!“, grinste er breit und sah ihr fast schon herausfordernd entgegen. Nervös trat sie von einem Fuß auf den Anderen und sah immer wieder zu ihm hinüber. Er sah so verrucht und gleichzeitig so gut aus und genau das hemmte sie gerade.

„Aber das ist doch gefährlich, so vollkommen ohne Schutz...“, murmelte sie scheu und sah in seine tiefen blauen Augen, die ihr entgegen strahlten. Gepaart mit dem charmanten Grinsen war es gerade schwer ihm zu widerstehen. Tamina zögerte noch ein paar Augenblicke, bevor sie sich einen Ruck gab und das letzte Stückchen zu ihm überbrücke. Ein wohliger Schauer durchströmte ihren gesamten Körper, als sie ihren Körper gegen den seinigen schmiegte. Andrew grinste breit und sah noch einmal mit vor Vorfreude glitzernden Augen zu ihr.

„Bereit für die irische Art ....“

Sie schluckte und nickte eifrig.  

IV. Dinner for ten (Teil 1)

IV.

Das Paradies  
 

22. Kapitel: Dinner for ten (Teil 1)
 

Mark warf noch einen kleinen Blick über seine Schulter und stellte mit einem Kopfschütteln fest, dass Kepner doch mehr zu bieten hatte, als er bislang vermutet hatte. Vielleicht konnte er ja den Urlaub dazu nutzen um sie ganz neu kennen zu lernen. Er schmunzelte bei dem Gedanken und schlenderte zufrieden den Strand entlang, doch schon als er Derek erblickte, verfinsterte sich seine Miene beträchtlich. Sein bester Freund stand direkt am Wasser, die Hände hinter dem Rücken verschränkt und starrte hinaus auf die wogenden Wellen des Meeres. Ein leises Plätschern ertönte immer dann, wenn das Wasser eine weitere Welle heran spülte. Es war ein sanftes Rauschen, dass eigentlich beruhigend wirken sollte, aber Derek war innerlich aufgewühlt wie die Gischt des Meeres an den großen Felsen.

„Hey...“, murmelte Mark und trat an seine Seite.

Derek seufzte schwer auf. „Hat Meredith dich geschickt?“, wollte er wissen und ließ seinen Blick sehr langsam zu seinem besten Freund hinüber wandern. Dieser schüttelte verneinend seinen Kopf.

„Nicht direkt. Wir gehen Essen und du solltest auch mal was vom Inselschmaus zu dir nehmen....“, meinte Mark überaus besorgt und legte dabei seine Stirn in Falten. „Was ist los?“, fragte er sofort nach, als Derek seinen Blick senkte und nur leicht mit den Zähnen knirschte.

„Meredith.“, murmelte Derek und hob seine Schultern.

„Was ist mit ihr? Ich dachte ihr seit auf dem Weg euch wieder zu versöhnen?“, wollte Mark wissen.

“Das ist nicht ganz so einfach. Sicher, ich geb mir Mühe, aber es ist so anderes geworden mit ihr und manchmal habe ich das Gefühl, dass ich sie gar nicht mehr kenne und heute ...“ Derek brach ab und schloss seine Augen. Abermals hatte er das Gefühl mit den Tränen kämpfen zu müssen.

„... heute war .... was?“, fragte Mark und ließ seine Augenbraue nach oben wandern. Ganz leicht nur legte er eine Hand auf die Schulter von Derek um ihm gerade ein bisschen Halt zu geben.

„Sie hatte eine Fehlgeburt.“, antwortete Derek und schloss seine Augen.

Mark konnte nicht beschreiben wie er sich gerade fühlte. Noch zu gut konnte er sich an die Situation von damals erinnern. Addison hatte sich gegen das gemeinsame Kind entschieden und hatte es abgetrieben. Deshalb atmete er jetzt auch schwer ein und wieder aus.

„Wann?“, war seine leise nachfrage, während er Derek einmal auf die Schulter klopfte.

„Beim Amoklauf.“, murmelte Derek.

„Oh. Das ist ... eine ganze Weile her.“, stellte Mark platt fest. Fast schon entrüstet schüttelte er seinen Kopf.

„Ja ich weiß.“

“Wieso hat sie dir das bisher verschwiegen?“

„Vermutlich um mich zu schützen oder die Ehe zu retten. Ich weiß es nicht.“, stieß Derek aus und strich sich unwirsch durch seine Haare. Er löste sich von seinem Platz und wanderte los.

„Ist die Ehe denn noch zu retten?“, rief Mark ihm nach und folgte ihm augenblicklich.

Erneut blieb McDreamy stehen und sah hinaus auf das Meer.

„Ich weiß es nicht Mark. Ich weiß nicht, ob ich es noch weiter ertrage ihr immer beizustehen. Sie leidet und schafft es nicht über Probleme zu reden. Sie ist so depressiv und ich bin stets damit beschäftigt sie aufzufangen, wenn sich wieder ein Drama ereilt. Schau mich doch an, Mark. So war ich früher nicht und ein bisschen sehe ich mich nach eben jenem Leben in New York zurück.“, sprach Derek und hob seine Arme einmal in die Luft.

“Sag so was nicht. Du liebst sie doch.“, stellte Mark nüchtern fest, doch als er in das Gesicht seines Freundes blickte war er sich mit einem Mal nicht mehr so sicher. „...oder?“

Derek kräuselte seine Lippen und zuckte mit den Schultern. „Ich liebe sie so sehr das es weh tut...“

„Na also. Du liebst ...“, setzte Mark an, wurde aber von der erhobenen Hand Dereks zum Schweigen gebracht.

McDreamy legte die Hand auf seine eigene Brust. „Verstehst du nicht Mark. Ich liebe sie so sehr, dass es WEH tut.“

Mark schwieg und senkte bestürzt seinen Blick. „Oh...“, murmelte er.

Beide Männer verfielen ins Schweigen und standen an einem wunderhübschen Strand im Paradies. Wo war das Leben, die Leichtigkeit des seins und das glücklich sein abgeblieben. Erst nach einigen verstrichenen Minuten, fuhr sich Mark durch sein Haar.

„Lass uns was Essen gehen und dann ... schauen wir mal ob deine Ehe noch einen Sinn hat, oder ob du wieder zum New York-Derek werden kannst.“, lächelte Mark bitter und schritt voran. Mit leicht geknickter Haltung folgte Derek ihm.

Ein paar Gewitterwolken zogen wohl auf im Paradies, doch im Vergleich zu dem Unwetter, das in Seattle tobte, war es wohl nur ein laues Lüftchen. Während ein paar der Chirurgen ihren wohlverdienten Urlaub genießen wollten, schmiedete Burke wieder manch einen durchtrieben Plan, der sogar Freundschaften zerstörte.
 


 


 

Mitten im Unwetter in Seattle stand auch einer dieser Freunde. Andrew. Allerdings war er als Ire dementsprechend Wetterfest und auch wenn er sich vor Burkes Zorn in acht nehmen sollte, dachte er nicht im Traum daran sein Leben nicht zu genießen. Im Moment war er damit beschäftigt Tamina Harper ein kleines Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Das Projekt hatte gerade erst begonnen und noch wirkte Tamina nicht wirklich überzeugt.

Der Ire thronte auf seinem Motorrad. Lässig hatte er einen Fuß bereits auf seiner Maschine stehen. Tamina trat unruhig von einem Fuß auf den Anderen, bevor sie sich dann doch traute und sich hinter ihn auf die Maschine schwang.

„Aber ohne Helm?“, fragte sie nochmal ängstlich nach.

„Nur keine Angst. Wenn was passiert, dann nutzt auch kein Helm mehr.“, winkte er hastig ab. Zögerlich legte sie ihre Finger auf seine Hüfte, woraufhin er etwas lachte.

„Also wenn Sie sich nur so bei mir festhalten, dann wäre ein Helm vermutlich doch keine so schlechte Idee.“, raunte er und warf einen Blick über seine Schulter zurück zu ihr. Tamina schon störrisch die Unterlippe nach vorne.

„Sie sind mein Chef.“, murmelte sie.

Andy lachte. „Ich verlange ja nicht, dass Sie nackt in meinen Armen liegen, aber festhalten sollten Sie sich schon, wenn Sie nicht runter fallen wollen.“, meinte er entschieden.

Noch etwas zögernd rutschte Tamina an ihn heran und schlang ihre Arme schließlich um seinen Körper. „Aber es beginnt zu regnen...“, versuchte sie einen letzten Ausflucht zu finden, der bei ihm aber auf taube Ohren stieß.

„Sie sind nicht aus Zucker!“, betonte er und schon brauste er los. Für Tamina das erste Mal, dass sie auf so einer Maschine saß und nach den ersten paar Metern des Unwohl seins, begann sich ein angenehmes Kribbeln in ihrer Magengegend auszubreiten.

„Oh mein Gott!“, stieß sie laut aus. Der Wind pustete ihr durch die Haare und ließ sie wild nach hinten wehen.

„Toll nicht wahr?“, rief Andrew nach hinten und fuhr immer weiter. Immer mehr Regentropfen trafen auf sein Gesicht, aber es störte ihn wenig. Er war Ire! Er liebte es im Regen Motorrad zu fahren!

“Es ist .... wow!“, stieß Tamina auf und legte ihren Kopf in den Nacken, während sie sich noch ein bisschen fester an Andrew festhielt. Das Gefühl der unendlichen Freiheit durchströmte sie! Immer mehr Adrenalin machte sich in ihrem Körper breit. Es war beinahe so, als ob sie fliegen konnte. Wunderschön war das freudige Auflachen, dass sie ihm in diesem Moment schenkte. Andrew konnte es nicht vermeiden, dass er einen kleinen Blick über seine Schulter riskierte um sie zu betrachten.

„Sag ich doch. Die irische Art ist immer die Beste!“, rief er über seine Schulter hinweg zu ihr. Die Fahrt durch die Nacht, der Regen der ihnen entgegen peitschte und der Wind, der durch ihre Haare brauste hatte etwas belebendes und ließ einen alle Sorgen vergessen. So brausten die Beiden durch Nacht und Regen und dachten nicht weiter an die Sorgen im Seattle Grace, bis zu jenem Moment, als Andrews Pieper deutlich vibrierte.
 

Die Chirurgen auf der wunderhübschen Insel Roatán verschwenden gerade auch keinerlei Gedanken an das Krankenhaus. Viel zu schön waren die Momente hier im Paradies. Mark und Derek hatten die Gruppe eingeholt und so trudelten sie gemeinsam bei einem kleinen Restaurant ein. Derek brachte es nicht über sich Meredith auch nur eines Blickes zu würdigen. Die Verletzung saß zu tief und so schwieg sich das Ehepaar an.

April lehnte sich zu Jackson. „Immer noch Streit?“, fragte sie leise nach, woraufhin er sofort nickte.

„Wohin gehen wir eigentlich?“, fragte Callie nach, die sich locker bei Arizona eingehackt hatte und gerade mit den zahlreichen Lampions, die hier überall hingen, um die Wette strahlten.

„Es gibt hier ein ganz gutes Restaurants. Vor allem für Besucher, die die einheimische Küche nicht gewohnt sind.“, klärte April mit einem Lächeln auf und deutete auf ein Gebäude, dem sie sich näherten.

Das Restaurant wirkte auf den ersten Blick eher alt, doch genau das machte den Charme des Hauses aus. April führte sie direkt in den Speisesaal, der allerdings absolut leer war.

„Sind wir die Einzigen...?“, fragte Mark irritiert nach.

„Nein. Aber wer glaubt ihr, sitzt bei so einem guten Wetter drinnen?“, gab April als Gegenfrage zurück und schon wanderte sie durch den Raum zum hinteren Teil des Hauses. Durch eine weitere Tür und schon bot sich ihnen ein Anblick, der schöner gar nicht mehr sein könnte. Vor ihnen lag ein paradiesischer Garten. Überall standen Palmen und bunte, exotische Blumen blühten in mehreren kleinen Beeten. An den Wänden, die den großen Garten einzäunten hingen mehrere bunte Laternen und ließen den Garten in einem wunderschönen Glanz erstrahlen. Ein kleiner Teich plätscherte an einem Ende des Gartens, der von zahlreichen Kieswegen durchkreuzt wurde. Auf mehreren, leicht erhöhten Holzterrassen standen Holztische, die den Flair des Gartens nur noch weiter hervorhob. Kleine Laternen standen auf den einzelnen Tischen und rundeten das Bild des paradiesischen Gartens ab.

Jackson entwich ein kleines, ehrfürchtiges ‚Wow’, auf das die anderen nur nicken konnte.

„Ich glaube hier bleib ich.“, murmelte Arizona und betrachtete eine der Pflanzen. Leise Musik spielte im Hintergrund, als sich April wieder in Bewegung setzte. Jackson beeilte sich und so lief er wieder neben ihr her, bis zu einem langen Tisch, an dem alle Platz nahmen. Noch immer sahen sich die Chirurgen wie gebannt von der bezauberten Atmosphäre um.

„Zugegeben, ich bin beeindruckt. Ich hätte nicht mit so einem großartigen Ort gerechnet.“, gestand sich Cristina leise ein.

Ein Einheimischer wanderte auf die kleine Gruppe zu. Um seine Hüften trug er die typische Kellnerschürze.

„¡hola!“, stieß er aus und lächelte in die Runde, bevor er auf Spanisch weitersprach. Callie war bereits im Begriff für die Gruppe zu übersetzen, doch April kam ihr zuvor.

„Wollt ihr einen Cocktail oder irgendwas anderes zum trinken?“, fragte sie mit einem munteren Lächeln.

„Du sprichst spanisch…?“ Callie hob ihre Augenbrauen an, woraufhin April nur hastig nickte.

„Kannst du uns was empfehlen?“, fragte Owen.

„Ja. Cocktails…“, grinste April breit.

„Dann bestell du. Ich denke da liegen wir gerade ganz richtig.“ Mark lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. April sah einmal in die Runde, doch da niemand etwas einzuwenden hatte, sprach sie schnell auf Spanisch und bestellte für jeden einen ganz individuellen Cocktail. Ein zweiter Kellner wuselte heran und verteilte die Speisekarten.

Cristina wedelte sich etwas Luft zu und warf einen Blick in die Karte von Owen. Dabei lehnte sie sich mit einem kleinen, überaus süffisanten Grinsen zu ihm hinüber und streichelte sanft über sein Knie. Owen war nicht dazu in der Lage weiter zu lesen, als sie doch glatt ihre Hand immer weiter nach oben wandern ließ.

„Was machst du da…“, flüsterte er ihr leise zu. „Hat dir das gerade nicht gereicht?“

Mit deutlicher Unschuldsmiene hob Cristina ihre Schultern an. „Vielleicht habe ich einfach Lust auf einen Nachtisch.“, raunte sie ihm zu und verlieh dabei ihrer Stimme einen ganz besonders verruchten Ton.

„Aber nicht hier.“, murmelte Owen, auch wenn es schwer war, sich gerade auf etwas anderes, als auf ihre Finger zu konzentrieren.

„Warum nicht?“, flötete Cristina unschuldig und sah ihm in seine tiefen, blauen Augen, die fest auf ihr ruhten. Sekundenlang starrten sich beide an. Cristina benetzte ihre Lippen mit ihrer Zungenspitze.

„Du bist unersättlich.“, nuschelte Owen leise.

„Entschuldigt mich, ich geh mir eben mein Näschen pudern.“, lächelte Cristina in die Runde und schon sprang sie auf um in Richtung der Toiletten zu verschwinden. Es war Owen anzusehen wie sehr er gerade mit sich rang, doch bedauerlicherweise musste er sich seinen Trieben geschlagen geben und so folgte er seiner Lebensgefährtin eilig.

Mark lachte laut auf. „Beneidenswert…“, brummte er dann vor sich hin und ließ seinen Blick schweifen. So viele hübsche Frauen am Tisch und keine von ihnen war wohl gewillt mit ihm auf den Toiletten zu verschwinden. Er sah zu Kepner, die gerade mit Jackson über das Essen diskutierte, als sich Lexie räusperte.

„Was ist?“, fragte Mark irritiert.

„Gar nichts.“, gab Lexie pampig zurück. Ihre Wangen hatten sich rot gefärbt, denn natürlich war ihr nicht entgangen, wie Mark gerade April anstarrte.

Arizona und Callie tauschten einen kurzen Blick miteinander und hoben ihre Schultern synchron an. Die Stimmung hier am Tisch ließ eindeutig zu wünschen übrig. Doch das sollte sich schlagartig verändern, als eine weitere Gruppe – offensichtlich Urlauber – den Garten des Restaurants betraten und ein gut gelauntes „¡hola!“, in die Runde riefen.

„Entschuldigt mich.“, grinste April und sprang auch schon auf.

„Ach hier steckst du, Küken.“, rief ihr einer der Männer zu. Ein hochgewachsener junger Mann mit blondem Lockenkopf, strahlend blauen Augen und einem Grinsen, das selbst die stärkte Frau schwach werden ließ. Sein perfekt durchtrainierter Körper ließ nur einen Schluss zu: Er war ein richtiger Surferboy. Jackson zog seine Augenbrauen zusammen, als er April doch tatsächlich in seine Arme schloss und auch die anderen zwei der Gruppe schienen sie sehr gut zu kennen.

„Na…“, fragte Callie auf einmal und lehnte sich zu Jackson, der links von ihr saß. „Eifersüchtig?“

Jackson schürzte seine Lippen und beobachtete noch ein bisschen die innige Begrüßung. April im Kreis von Freunden und zusammen mit einem potentiellen Liebhaber versetzte ihm einen kleinen Stich im Herzen…
 

~*~
 

Jeder Mensch auf der Welt soll glücklich sein im Leben, doch was ist, wenn man nur noch zum zuschauen verbannt ist? Wenn man nicht mehr selber glücklich wird und nur das ganze Glück um sich herum wahr nimmt? Ich wünschte mir manchmal einfach ein anderes Leben zu führen. Mit all der Liebe und der Freundschaft, die in den Leben meiner Freunde existiert.

Leider geht das nicht.

Leider bin ich nur ein Zuschauer, der im Abseits steht und stumm leidet.
 

(Meredith Grey)

IV. Dinner for ten (Teil 2)

Jeder Mensch ist verdammt noch mal für sich selber verantwortlich! Wir alle müssen auf uns aufpassen und jeder Einzelne es dafür verantwortlich, dass es einem gut geht. Was bringt es denn immer nur über das Leben zu jammern, anstatt aufzustehen und für seine Ideale und seine Träume zu kämpfen?
 

(Meredith Grey)
 

~*~
 

IV.

Das Paradies  
 

23. Kapitel: Dinner for ten (Teil 2)
 

„Ich bin nicht eifersüchtig!“, beharrte Jackson und schüttelte ganz energisch seinen Kopf, woraufhin Callie nur etwas auflachte.

„Nein, bist du überhaupt nicht. Drum kannst du auch nicht damit aufhören zu April zu gucken.“, stellte jetzt auch Arizona fest, woraufhin der junge Mann leicht aufseufzte und gen Himmel blickte. Seinen Lippen entwich ein kleines ‚wieso?’. Ohne auf Arizona und Callie zu reagieren warf er wieder einen kleinen Blick hinüber zu April, die mit ihren Freunden scherzte und lachte.

Die bestellten Drinks kamen an den Tisch und wurden jedem serviert. Noch ein wenig skeptisch stieß die Seattle Grace-Crew auf den Abend an, wobei drei Personen am Tisch fehlten. Owen und Cristina waren anderweitig beschäftigt und April war gerade sehr in ein kleines Gespräch vertieft. Die Speisekarten wurden gemeinsam mit den Cocktails gebracht und so hatte jeder einen Grund um nicht weiter mit dem anderen zu reden. Die seltsame Distanz zwischen den Personen hier am Tisch war nicht zu leugnen. Erst als April, dicht gefolgt von Owen und Cristina zurück kehrte, schien sich das zu ändern.

„Ihr könnt morgen mit zum Tauchen kommen. Wer möchte natürlich.“, lächelte April.

„Du gehst tauchen?“, fragte Lexie nach und warf April dabei einen bösen Blick zu.

„Ja. Seit Jahren schon. Wir fahren morgen raus, also wenn ihr wollt, könnt ihr gerne mit kommen.“, antwortete April  mit einem breiten Grinsen.

„So richtig auf das Meer?“, hackte Owen nach, woraufhin April euphorisch nickte.

„Ich verzichte.“, meinte Cristina. „Ich bin nicht so der Fan von unendlichen Weiten und das Meer ist mir in Kombination mit Strand lieber.“ Owen lachte auf und nickte zustimmend.

„Ich komm gerne mit.“, rief Callie begeistert.

„Na dann bin ich auch dabei.“, freute sich Arizona und stupste ihre beste Freundin an. Lexie seufzte auf. „... ich komm auch mit.“, nuschelte sie leise.

„Ich geh mir die Fähren anschauen, aber vielleicht ein anderes Mal.“, lehnte Derek ab und auch Meredith wirkte nicht begeistert von der Idee. Mark allerdings grinste breit. „Also ich kann da nicht widerstehen. Wann geht’s los?“, fragte er nach.

„Morgen früh um 10 Uhr.“

„Brauchen wir irgendwas? Tauchausrüstung oder so?“, wollte Callie dann wissen.

„Nein. Wir gehen auch nur Apnoetauchen und nehmen nichts mit. Ihr werdet euch wohl aufs Schnorcheln beschränken und da ist genug Ausrüstung vorhanden.“, erklärte April und warf einen Blick in die Speisekarte.

„Apnoe?“, fragte Arizona verwirrt nach.

„Ohne Flasche. Also nur auf Lunge.“, lächelte April hastig.

„Ist das nicht gefährlich. Man hört das ja immer wieder.“, fragte Arizona ein wenig skeptischer wirkend nach. Doch April zuckte nur mit ihren Schultern und schenkte ihrer Kollegin ein freudiges und zugleich strahlendes Lächeln.

Jackson starrte sie noch kurz an, bevor er seinen Blick wieder in die Karte wandern ließ. Einmal tief Luft geholt und schon hatte er seinen Herzschlag wieder unter Kontrolle. April sah ja so süß aus! Der Kellner gesellte sich zu ihnen und nahm auch schon die Bestellung auf, die natürlich vorwiegend aus Fischgerichten bestand. Das Essen gestaltete sich als äußerst angenehm. April erzählte von der Umgebung und gab hier und da ein paar Tipps von sich. Es gab einige sehenswerte Fleckchen auf der kleinen Insel Roatán und so verflog die Zeit geradezu.
 

Die Scheinwerfer teilten die dunkle Nacht, bis das Motorradgeräusch kurz vor dem Krankenhaus erstarb.

„Danke für die Fahrt.“, wisperte Tamina und drückte einen kleinen Kuss auf die bärtige Wange von Andrew, bevor sie sich vom Motorrad schwang. Ganz weich waren ihre Knie und ihre Kleidung klebte klatschnass an ihrem Körper. Ihr Herz pochte wie wild und ein kleines Lächeln zierte ihre Lippen. Sie musste hart mit sich kämpfen um nicht noch einmal zu Andrew zurück zu blicken.

„Gern geschehen.“, rief der Ire ihr nach und schmunzelte leicht vor sich hin, bevor er sein Motorrad wieder startete. Heute wollte er nicht mehr arbeiten. Er war müde und wollte noch auf ein Bier in Joe’s Bar vorbei schauen oder vor dem Fernseher einschlafen. Vielleicht fand er heute einen halbwegs angenehmen Film oder er griff wahlweise auf das Kopfkino zurück. Allerdings kam er gar nicht so weit, wie er wollte, denn auf einmal stand Burke vor seinem Motorrad. Andrew rollte mit seinen Augen.

„Wenn du nicht überfahren werden willst, dann würde ich dir empfehlen zur Seite zu gehen.“, sprach der Ire und ließ seine Maschine aufheulen.

Burke gab sich unbeeindruckt. „Wir müssen reden, Andy. Jetzt.“

Wieder schürzte Andrew seine Lippen und sah dabei in das Gesicht seines Vorgesetzten. Der Klügere gab bekanntlich nach und so schwang er sich von seinem Motorrad. Burke schritt erhobenen Hauptes voran, weshalb der Ire einen überaus deutlichen Flunsch zog und ihn etwas nachäffte. Er versenkte seine Hände in den Hosentaschen und schlurfte ihm hinterher zum Wohnhaus in der Nähe.

„Hier wohnst du also?“, fragte er nach, als er die Wohnung betrat, die noch voll gestellt mit Pappkartons war.

„Trockne dich ab.“, murmelte Burke und warf ihm ein Handtuch zu. Andy rubbelte sich die Haare und das Gesicht trocken. Zu mehr war er nicht bereit. Viel lieber tropfte er ein wenig die Wohnung seines ehemaligen Freundes voll!

„Also, was ist los? Ich hab noch anderes zu tun, als mich mit dir rum zu ärgern.“, sprach Andrew und ließ sich ganz provokant auf das Sofa fallen.

Burke knirschte mit seinen Zähnen und betrachtete ihn dabei. Es hatte wohl keinen Sinn ihn dazu zu bewegen, dass er sich ein Handtuch unterlegte, nachdem er so tropfend nass war.

„Ich werde die Leitung der Kardiologie wieder übernehmen.“ Preston kam wie so oft direkt auf den Punkt, doch er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass Andrew ihn auslachte.

„Mach das doch. Du glaubst doch wohl nicht, dass ich dich anbettle und zu Kreuze kriechen werden, nur damit du dich besser fühlst. Ich habe dir schon mal gesagt, dass du es als Privileg ansehen solltest, dass ich im Seattle Grace bleibe. Weißt du Preston. Du tust mir Leid. Du bist vollkommen alleine und du vergraulst selbst deine Freunde. Du sorgst dafür das andere Menschen dich hassen, weil du mit deiner Arroganz und Ignoranz auf die Nase fällst. Wenn du mich fragst, leidest du unter extremen Kontrollzwängen und wenn dir einmal was nicht in den Kram passt, dann springst du im Dreieck wie ein Rumpelstilzchen, anstatt die Fehler auch bei dir zu suchen. Feure mich ruhig. Ich find schon eine neue Arbeit.“, sagte Andy mit einem kleinen triumphierenden Grinsen.

„Ach tust du? Nun, dein Arbeitsvisum läuft bald ab... wenn ich deinen Arbeitsplatz nicht bestätige, dann wirst du ausgewiesen.“, gab Burke kühl zurück.

Das Lächeln auf Andrews Gesicht verstarb und er sah ihn herausfordernd an. „Du würdest es nicht wagen.“

„Oh doch. Außer du kommst mir ein wenig mehr entgegen.“

Andy befeuchtete seine Lippen und setzte sich auf. „Du weißt genau, warum ich in den Staaten bin.“

„Na wenn du so schnell Arbeit findest, dann kannst du dein Visum anderweitig verlängern lassen.“, sagte er mit einem kleinen Schulterzucken. Der Triumph stand Burke förmlich ins Gesicht geschrieben und am liebsten hätte Andrew ihm diesen gerade eigenhändig entfernt!

Mit knirschenden Zähnen erhob sich der Ire und schritt mit geballten Fäusten auf die Tür zu.

„Du solltest an das Leben deiner Tochter denken, Andrew. Also sei in Zukunft kooperativer.“, rief Burke ihm nach, als die Tür schon krachend ins Schloss fiel.

Der Chefarzt lachte etwas auf und rieb sich über seinen Kopf, bevor er sich umdrehte und seinen Blick durch die Wohnung schweifen ließ. Andrew stand indes noch vor der Tür und starrte vor sich hin. Wann war Burke zu so einem dreisten und arroganten Kerl geworden, der selbst über Leichen ging?  War er schon immer so? Mit einem kleinen Seufzen setzte er sich in Bewegung. Jetzt brauchte er dringend ein Bier. Oder zwei. Oder drei ...
 

Owen trank gerade einen Schluck Bier. Zwar auch nicht wirklich lecker auf dieser Insel, aber allemal besser als diese süßen, klebrigen Cocktails!

„Wir sollten zahlen, und dann gehen.“, raunte Cristina Owen ins Ohr und kuschelte sich bereits wieder an seine Seite. Sie war heute aber auch anschmiegsam. Vielleicht sollte Owen langsam mal darüber nachdenken auf eine Insel zu ziehen, denn diese Seite an Cristina brachte ihn doch glatt zum strahlen. Er nickte, während ein süffisantes Lächeln seine Züge umspielte. Der Kellner wuselte heran.

„Wir würden gerne zahlen.“, grinste Owen breit.

„Oh, für Sie wurde bereits bezahlt Sir.“, antwortete der Kellner.

„Bitte?“, blinzelte Owen irritiert und auch die anderen Chirurgen sahen mit sichtlich verwirrten Blick zu ihm hinüber.

„Mr. Cunningham.“, klärte der Karibianer auf und schenkte April ein knappes Lächeln, die daraufhin mit ihren Augen rollte.

„Das war so klar.“

„Wer ist Mr. Cunnigham?“, fragte Mark interessiert nach.

„Ihm gehört quasi die Insel. Er ist vor Jahren ausgewandert und leitet das Meeresbiologiezentrum hier und an die Zweigstellen im gesamten pazifischen und atlantischen Raum. Er lebt hier sehr zurückgezogen um die Welt des Meeres in Ruhe zu erforschen…“, erzählte April und zuckte mit den Schultern.

„Oh ha, das klingt nach einem sehr reichen Mann.“, warf Derek ein, woraufhin April mit großen Augen nickte.

„Sieht man ihm aber nicht an… betrachtet euch also als eingeladen.“

Callie klatschte freudig in die Hände. Sie war bereits ein bisschen beschwipst, worüber Arizona immer wieder schmunzelte. „Können wir uns irgendwie erdenklich zeigen?“

„Ja. Unterschreibt die Petition. Lucas kämpft derzeit für  ein neues Naturschutzgebiet. Ein Korallenriff hier in der Nähe soll zukünftig nicht mehr durchschifft werden. Darum hängen hier überall Zettel. Setzt nachher einfach eure Unterschrift drauf, damit ist ihm sicher am meisten geholfen.“, sagte April sofort ganz eifrig, womit die Ärzte nur zu gerne einverstanden waren.

„Sag mal. Woher kennst du so jemanden.“, nuschelte Jackson mit hochgezogener Augenbraue und fragendem Blick.

„Ich und Luc sind zusammen aufgewachsen. Er ist sowas wie mein großer Bruder und wir haben nie den Kontakt zueinander verloren.“, klärte  April ihn flugs auf und lächelte dabei.

„Ist ja alles sehr interessant, aber Owen und ich werden jetzt dann doch gehen.“, sagte Cristina mit ihrer gewohnt schroffen Art und erhob sich von ihrem Stuhl. Ein wenig drehte sich alles, weshalb sie sofort Owens Hand ergriff. Die Hitze und der Alkohol schienen eine überaus faszinierende Wirkung auf Cristina zu haben, denn die Asiatin schritt kichernd mit ihm von dannen.

„Ich werde auch gehen.“, meinte Derek entschieden und erhob sich hastig. Meredith seufzte resigniert und sah ihm nach.

Mark verdrehte seine Augen und sah zu Lexie, dann zu Meredith und zuckte mit ihren Schultern. Diese Trauerstimmung war ja nicht auszuhalten!

„Wir sollten auch gehen.“, meinte Arizona und streichelte ihrer Lebensgefährtin sanft durch die Haare. Callie nickte und gab ihr einen Kuss. So trennten sich also die Wege der zehn, bis nur noch April und Jackson am Tisch saßen und sich anschauten. Jackson hob seine Schultern. „Wollen wir auch gehen.“

„Jap.“

Schon war April aufgesprungen und schritt voraus. Mit einem schmunzeln auf den Lippen folgte Jackson ihr auch schon. „Wo gehen wir denn hin?“, fragte er nach, als sie das Restaurant verließen. April marschierte nämlich in eine andere Richtung, aus der sie zuvor gekommen waren. Daher wirkte er jetzt auch ein bisschen unsicher.

„Ich dachte wir schauen uns noch ein kleines bisschen um. Hier steigt jeden Abend eine große Party, außer du willst lieber ins Bett.“, meinte April und hackte sich dann ganz dreist bei ihm unter. So kannte Jackson sie gar nicht. Aber es gefiel ihm.

„Wieso sollte ich lieber ins Bett gehen, anstatt meine Zeit mit dir zu verbringen?“, fragte er nach und begutachtete sie mit einem Strahlen auf den Zügen.

„Na dann ists ja gut.“, lächelte April und schon schlenderten die Beiden von dannen. Wohin, das wusste Jackson noch nicht, aber es erfüllte sein Herz mit Freude, dass April ihn gerade begleitete. Sie wieder bei sich zu haben war einfach nur ein wunderschönes Gefühl.
 

Arizona hatte sich bei ihrer Lebensgefährtin untergehackt und zusammen spazierten sie den kleinen Strandabschnitt entlang, der zu ihrem Haus zurück führte. Der ganze Strand war verlasse und nur das leise Raschen des Meeres erfüllte die Luft.

„Callie… ich muss dir was sagen.“, sprach Arizona mit einem Mal und blieb stehen.

Fragend sah Calliope sie an. „Oh oh … das klingt nicht gut…“

„Wie sehr liebst du mich?“, fragte Arizona nach und legte ihre Hände auf die Wangen von Callie. Arizona gab ihr allerdings keine Chance um auf ihre Frage zu antworten, sondern sprach sofort weiter. „Ich liebe dich so unendlich Callie. Ich kann mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen.“

Die dunkelhaarige Frau lächelte. „Ich liebe dich auch, Arizona… ich habe dir schon mal gesagt, dass ich mein Leben mit dir verbringen möchte. Nur mit dir.“ Sie stupste die Nase von Arizona mit ihrem Zeigefinger an und gab ihr gleich darauf einen sanften Kuss auf die Lippen.

Die Blondine strahlte sie geradezu an, atmete dann aber auf einmal tief durch.

„Callie. Ich sage das nicht, um dir weh zu tun, denn das möchte ich nicht, aber das eine wird mit dem anderen ein her gehen und ich hoffe innständig, dass du mir verzeihen kannst. Denk nur daran, wie sehr du mich liebst, okay?“, tastete sich Arizona vorsichtig an ihre schwere Aufgabe heran. Callie nickte leicht und auch wenn ihr nicht ganz wohl dabei war und sich ihr Herz unangenehm zusammenzog sah sie fest in die Augen ihrer Lebenspartnerin.

„Ich bin schwanger.“, flüsterte Arizona..


 

~*~
 

Ist es einfach zu lieben?

Können wir leicht für unser eigenes Leben Verantwortung übernehmen, oder geht das mit der Verletzung eines anderen Menschen ein her?
 

(Meredith Grey)  

IV. Neue Horizonte

Liebe mich dann, wenn ich es am wenigsten verdient habe, denn dann brauche ich es am meisten.
 

(Meredith Grey)
 

~*~
 

IV.

Das Paradies  
 

24. Kapitel: Neue Horizonte
 

„Ich bin schwanger.“, flüsterte Arizona.

Callie erstarrte zur Salzsäule und versuchte die Worte von ihrer Partnerin irgendwie zu begreifen, aber es drängten sich ihr viel zu viele Fragen auf. Sie schluckte und legte ihren Kopf auf die Seite. Atmete tief durch und trat einen Schritt zurück. Sie öffnete ihren Mund um etwas zu sagen, doch verließ kein einziges Wort ihre Lippen. Arizona sah sie all die Zeit an und streckte schließlich ihre Hand nach ihr aus. Callie warf einen Blick auf die zierlichen Finger von Arizona und gleich darauf auf ihren Bauch. Wieder schluckte sie, doch der dicke Kloß in ihrem Hals wollte nicht verschwinden und auch nicht der Nebel, der in ihrem Kopf herrschte. Da Calliope nicht dazu in der Lage war zu sprechen ergriff Arizona das Wort.

„Es war vor einigen Wochen. Ich und die kleine Grey waren unterwegs und ich habe viel zu viel getrunken, was definitiv keine Entschuldigung für all das sein soll. Ich hoffe lediglich, dass du mich ein kleines bisschen verstehst... ich bin also im Bett eines Mannes gelandet und du kannst dir sicher vorstellen wie ich mich gefühlt habe... es war alles so schrecklich falsch und ich habe es nicht über mich gebracht es dir zu sagen. Auch nicht, als ich erkannte, dass ich schwanger bin. Aus sehr naiven und egoistischen Gründen: Ich wollte dich nicht verlieren, weil ich dich liebe. Im Moment habe ich furchtbare Angst, dass das passieren wird, zumal ich nicht weiß, wie ich das alles hier alleine schaffen soll. Ich wollte nie Kinder ... doch dann bist du in mein Leben getreten und hast dafür gesorgt, dass sich meine Ansichten verändern. Die Angst ist geblieben und ... Callie ich brauche dich um das hier alles durchzustehen. Ich brauche dich, wie die Luft zum Atmen, weil ich ohne dich weder leben noch lieben kann.“, schniefte Arizona und sah kurz auf ihre Hand herab. „Ich verlange nicht, dass du mir verzeihst und das gleich wieder alles heiter Sonnenschein ist, aber bitte, gib uns die Chance... uns drei.“, flehte sie dann beinahe.

In ihren Augen schimmerten ein paar Tränen, die Callie nicht bemerkte. Sie starrte nur in das Nichts und versuchte all die Worte, die auf sie hernieder prasselten zu verstehen, was in Anbetracht des Schockmoments alles andere als einfach war.

Langsam zog Arizona ihre Hand zurück und ließ resigniert ihren Kopf hängen. „... es tut mir Leid.“, nuschelte sie dann noch und betrachtete ihre Fußspitzen. Die Einsamkeit machte sich in ihr breit, weshalb sich eine kleine Träne den Weg über ihre Wange nach unten bahnte. Die unendliche Einsamkeit hielt Arizona fest umschlungen, als sie eine sanfte Berührung auf ihrer Wange fühlte. Callie wischte die Träne ihrer Lebensgefährtin fort und legte einen Finger unter ihr Kinn. So war Arizona gezwungen sie wieder anzuschauen.

„Versprichst du mir etwas...?“, fragte Calliope leise.

Arizona nickte und biss sich auf die Unterlippe.

„Trink nie wieder. Lüg nie wieder. Verheimliche mir nie wieder etwas.“, raunte Callie ihr mit einem sanften Lächeln zu.

Erneut nickte Arizona und atmete einmal tief durch.

„Wir bekommen ein Baby...?“, fragte Callie noch einmal nach und legte – nach einem kurzen Zögern – ihre Hand auf Arizonas Bauch. Diese schluchzte laut auf.

„Ja! Wir bekommen ein Baby!“

Von ihren Gefühlen überwältigt, schloss sie ihre Arme um Callie und kuschelte sich ganz fest an sie heran, woraufhin die Mexikanerin ein wenig auflachte.

„Weißt du was?“

“Was weiß ich?“, fragte Arizona und atmete den Duft ihrer Lebensgefährtin ein. Ihr war so, als ob ein schwerer Stein von ihrem Herzen gefallen war. Mit einem Mal war sie wie befreit, fühlte sich leicht wie eine Feder und das Glücksgefühl durchströmte sie warm.

„Ich dachte du hast eine Affäre mit Lexie.“, stellte Callie fest, woraufhin Arizona einmal laut auflachte.

„Ich bitte dich, Calliope, als ob dir jemand das Wasser reichen könnte. Du bist die Eine und meine Einzige, die ich brauche um glücklich zu sein.“, raunte Arizona und löste sich ganz etwas. So legte sie ihre Hände auf die weichen Wangen von Callie und strahlte sie an.

Das Vertrauen zwischen beiden war erschüttert, aber die Liebe war so viel mächtiger und schaffte es selbst solche Qualen hinter sich zu lassen. Callies Finger lagen auf der Hüfte von Arizona und so lächelten sich Beide freudig an. Im nächsten Moment berührten sich schon ihre Lippen. Auf einmal waren all die Sorgen wie vergessen. Nur noch das Glück und die Liebe war da... und das reichte auch vollkommen für die Zwei.
 


 


 

Meredith lag auf dem Bett und starrte an die Decke, als sich die Tür öffnete. Sogleich setzte sie sich auf und erblickte Derek.

„Hey...“, flüsterte sie und lächelte ihn dann an. Ein warmes Gefühl der Erleichterung durchströmte die junge Frau, denn mit der Rückkehr ihres Mannes hatte sie nicht gerechnet. Allerdings erstarb dieses kleine Lächeln sehr schnell.

Derek schloss die Tür hinter sich und trat auf sie zu. „Ich habe nachgedacht...“, setzte er an.

Meredith schluckte. „Über was...?“, flüsterte sie leise.

„Kannst du dir das nicht denken? Über uns.“, antwortete Derek und seufzte einmal schwer auf.

„Und?“ Meredith drückte ihre Lippen fest aufeinander und knetete ihre Hände nervös ineinander. Sie kannte diesen starren Ausdruck auf Dereks Gesicht.

„Ich werde ausziehen, Meredith. Ich kann nicht mehr bei dir bleiben und gute Miene zum bösen Spiel machen.“, klärte er sie ohne große Umschweife auf.

Sie schluckte schwer und wieder kullerte ihr eine Träne über die Wange. „... wieso? Wegen dem Baby...?“

„Nein, Meredith!! Verdammt noch mal, denkst du eigentlich irgendwann auch nach??!“, fuhr er sie  mit einem Mal laut an, wodurch sie zusammen zuckte. Erschrocken sah Meredith zu ihm auf.

„Was meinst du...?“, fragte Meredith nach und zitterte ein bisschen. Ihre Hände waren ganz kalt und ebenso kühl war der Ausdruck in Dereks blauen Augen.

„Seit Jahren schon läufst du durch die Gegend wie ein geprügelter Hund. Ich bin es Leid dich ständig aufzufangen und aufzubauen, nur weil du es nicht schaffst das Leben zu genießen. Du stürzt von einem Loch in das nächste und verlangst von deiner Umwelt, dass sich gleich alles um dich dreht und sich jeder um dich kümmert. Hast du dich nie gefragt, warum sich Cristina von dir abwendet? Ich halte dieses Selbstmitleid in dem du dich suhlst nicht mehr aus. Es macht mich kaputt immer wieder deinen Helden spielen zu müssen, nur weil du nicht dazu in der Lage bist dein Leben zu führen. Du solltest langsam damit anfangen gut zu dir zu sein!! Doch stattdessen forderst du es immer nur von anderen ein! Ja, du hast unser gemeinsames Kind verloren. Das kann passieren, aber anstatt es mir zu sagen, verkriechst du dich lieber in dein Schneckenhaus und wartest dann darauf, dass ich dich aus deinem Loch ziehe, damit du nicht mehr darüber nachdenkst! Meredith, du musst langsam selber die Kraft haben wieder aufzustehen! Du brauchst den Entschluss dazu glücklich zu leben, denn ich kann dir das nicht mehr geben und ich will es jetzt auch gar nicht mehr versuchen. Wenn ich mich im Spiegel anschaue erkenne ich mich selber nicht mehr wieder. Ich habe jeden Tag aufs Neue ein Stück von mir aufgegeben um dich vor dem Ertrinken zu bewahren, aber das muss jetzt aufhören.“, erklärte Derek und sparte dabei nicht an Gestik und Mimik.

Meredith saß stumm auf dem Bett und sah mit leidendem Gesichtsausdruck zu der Liebe ihres Lebens auf, doch diese schien keine Einsicht mit ihr zu haben. Stattdessen wandte er sich jetzt ab und schnappte sich seine Tasche.

„Wo willst du hin?“, fragte Meredith verwirrt.

„Weiß ich noch nicht und es hat dich auch nicht mehr zu interessieren. Kümmere dich jetzt endlich um dich, Meredith!“, betonte er nochmal energisch und verweilte kurze Zeit im Türrahmen, bevor er den Raum verließ.

Seine Ehe war vorbei. Die Liebe zu Meredith würde zwar nie ganz verschwinden, aber es war an der Zeit Neuland zu betreten. Endlich hatte er genügend Kraft, Mut und Zuversicht gefunden, um sich von den Fesseln des Zögerns zu befreien. Seine Kraftreserven waren erschöpft und so musste Meredith jetzt endlich selber an sich arbeiten um wieder glücklich zu werden.

Sie saß unbewegt auf dem Bett und sah auf die geschlossene Tür.

„... aber ich brauche dich, Derek.“, wisperte sie leise. Wieder ließ sich Meredith auf das Bett sinken. Die unendlich Leere machte sich in ihr breit, weshalb sie auch leise zu schluchzen begann.
 

Während Meredith vor Trauer schier zerfloss hatte jemand anderes absoluten Spaß am Leben. Cristina schob sich mit einem freudigen Lächeln durch die Menschenmengen und ließ dabei immer wieder ihren Blick schweifen. Das spanische Lied animierte sie ein bisschen zum mittanzen und natürlich schaffte sie es so, auch das letzte bisschen Sorge aus ihrem Herzen zu verbannen.

Ihr Leben war perfekt, auch wenn ihr von Zeit zu Zeit ihre beste Freundin fehlte. Mit wachsamen Augen folgte Owen ihr, denn natürlich wollte er vermeiden, dass sich irgend ein Spanier womöglich in seine Asiatin verguckte, die gerade die pure Lebensfreude ausstrahlte.

„Ich dachte du bist müde...“, rief Owen Cristina nach, die einen Blick über ihre Schulter warf und ihn schelmisch angrinste.

„Ich glaube das hab ich vergessen.“, lachte sie dann auf. Owen hob eine Augenbraue.

„So ist das also. Ich glaub, dann sollte ich dich daran erinnern, dass du ins Bett wolltest.“, grinste er schelmisch und schob sich an sie heran. Sanft platzierte er seine Hände auf ihrer Hüfte und mit einem sanften Ruck zog er sie auch schon zu sich. Cristina kicherte auf.

„Ach, im Moment ist es doch so schön hier.“, seufzte sie zufrieden und legte ihre Hände zärtlich in seinen Nacken. Dabei bewegte sie sich etwas weiter zum Rhythmus der Musik. Es war ein herrlicher Moment, wie sie sich gerade mit einem zufriedenen, kleinen Seufzen eingestand. So konnte es bleiben.

„Cristina...?“, raunte Owen ihr zu und lehnte seine Wange dabei an die ihrige.

„Was ist?“, fragte sie nach und tänzelte mit ihm weiter über die Tanzfläche. Keine anderen Personen nahm sie um sich herum wahr. Es zählte nur Owen.

„Dir geht es gerade gut?“

Sie nickte und legte ihren Kopf auf seiner Schulter ab. „Dir nicht?“

„Doch, natürlich geht es mir gut. Wie könnte es mir auch gerade schlecht gehen.“ Zufrieden streichelte er über ihren Rücken und auch wenn er sich nicht ganz so gekonnt zu den Klängen der Musik bewegte, gab er sich alle Mühe.

„Dann ist ja gut. Ansonsten hätte ich mir ernstlich überlegen müssen, ob ich nicht doch ins Bett will.“, lachte Cristina auf, woraufhin Owen seinen Kopf ein bisschen schüttelte.

„Wie ich heute schon gesagt habe. Du bist einfach unersättlich.“, stellte er fest und stupste ihre süße Nase mit der seinigen an, um ihr gleich darauf einen sehr innigen Kuss zu geben.

„Liegt wahrscheinlich am Wetter.“, kicherte Cristina gegen seine Lippen und ließ ihren Kopf gleich darauf in den Nacken fallen. Der Sternenhimmel strahlte hell über ihren Köpfen. Owen hob sie leicht ein bisschen nach oben und drehte sich so mit ihr, woraufhin Cristina wieder auflachte.

„Müde?“, fragte Owen. Cristina schüttelte verneinend ihren Kopf, zuckte dann aber mit den Schultern.

„Willst du...?“

Cristina seufzte zufrieden und ließ sich von der Atmosphäre ganz einfach mitreißen. „Ja ich will.“, seufzte sie auf.

Owen zog eine Augenbraue hoch. „... zum Ferienhaus zurück...“, beendete er seinen Satz.

Die Asiatin blinzelte einmal verdutzt. War sie gerade der Annahme gewesen, dass Owen ihr einen Antrag machte. Beide sahen sich ein paar Sekunden überaus verwirrt an, denn auch er schien deutlich zu begreifen, was Cristina mit ihren simplen Worten gemeint hatte. Augenblicklich schlich sich ein kleiner Rotschimmer auf ihre Wangen. Um der doch sehr heiklen Situation auszuweichen drückte sie eilig ihre Lippen auf Owens, der jedoch seinen Kopf zur Seite drehte.

„Hast du gerade gedacht, ich mach dir einen Antrag...“, fragte er und stellte Cristina auf ihre Füße zurück.

Sie nickte, hob die Schultern und drehte sich dann schnell um. „Ich glaub das machen die Cocktails.“, rief sie hastig und schob sich durch die Menge. Verwirrt sah Owen ihr nach.

„Das machen sicher nicht nur die Cocktails.“, murmelte er und kratzte sich an der Wange.

Cristina blieb in der Menge stehen und streckte ihre Hand nach ihm aus. „Kommst du...?“, fragte sie. Nach wie vor schaffte sie es nicht, dass ihre Wangen wieder eine normale Farbe annahmen. Viel zu peinlich war ihr die Situation. Owen nickte und schnappte sich grinsend ihre Hand.

„Na wenigstens hättest du ja gesagt.“, stellte er lachend fest, woraufhin Cristina ihn in die Seite boxte.

„Hör auf dich über mich lustig zu machen. Ich hab nur zu viel getrunken.“, murrte sie leise.

„Ja ja. Schieb das nur darauf.“, scherzte Owen und verließ mit ihr das kleine Fest, um den Weg zurück zum Haus einzuschlagen.
 

~*~
 

Liebe ist ein unmögliches Gefühl, dass nicht leicht zu bekämpfen ist.

Viele Menschen behaupten, dass die Liebe das schönste auf der Welt ist, aber ich bin da mittlerweile anderer Ansicht. Ich glaube, dass die Liebe einen Menschen verwundbar und schwach macht und irgendwann lässt sie einen im Stich. Manche erst im Alter, manchmal auch viel zu früh. Spätestens dann, wenn die Liebe zur Qual wird, erscheint einem der Hass eine günstige Alternative.
 

(Meredith Grey)

IV. Erkenntnisse

IV.

Das Paradies  
 

25. Kapitel: Erkenntnisse
 

Jackson schlenderte neben April her. Schon von weitem konnte er die lauten Stimmen der Feierwütigen hören, aber gerade zog es ihn gar nicht in diese Richtung. Er wollte viel lieber die Zeit mit April genießen und so legte er geschickt seinen Arm um ihre Schulter und zog sie in eine andere Richtung weiter.

„huh…?“, machte sie irritiert und blinzelte ein wenig.

„Ich dachte wir gehen ein bisschen am Strand spazieren. Irgendwie ist mir gerade nicht nach Feiern zu mute.“, klärte Jackson sie sehr schnell auf. Dabei zeigte er sein bekanntes, strahlendes Lächeln, dass wohl schon so manche Frau um den Verstand gebracht hatte.

April stutzte einen Moment lang und lächelte dann scheu zurück. „In Ordnung.“, meinte sie und schon schlenderten beide in Richtung eines entlegenen Sandstrandstückes. April übernahm selbstverständlich die Navigation, denn Jackson hatte mittlerweile die Orientierung verloren.

„Es ist toll hier.“, sagte er mit einem Mal und atmete tief ein und wieder aus.

„Ja. Es ist eine der schönsten Inseln auf dieser Welt. Ich bin so gerne hier.“, lächelte die junge Frau und streckte sich dann einmal ausgiebig. Sie schritt ein wenig voran. Es war ein Bild, das absolut grandios war. Sie im schwachen Mondschein. Das Wasser umspielte ein wenig ihre Füße und Jackson konnte nicht anders, er musste ein bisschen träumen.

„Bist du nur hier zum tauchen?“, fragte er leise nach und folgte ihr dann in Richtung eines Riffs.

„Nein. Ab und an auch auf Honolulu oder in Thailand. Aber Roatán gehört jedes Jahr fest dazu.“, klärte sie ihn auf und schmunzelte. „Was guckst du mich so an? Hab ich etwas im Gesicht?“ Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen und sie wackelte ein bisschen mit ihrer Stupsnase, die sie sich dann auch gleich einmal rieb. Unsicher tasteten ihre Finger durch ihr Gesicht, denn Jackson konnte es nicht unterlassen in ihre warmen, karamellbraunen Augen zu gucken.

„Alles in Ordnung.“, sagte er dann mit einem Mal und zwinkerte ihr noch munter zu. Wieder legte er seine Hand auf ihren Rücken und suchte förmlich nach dieser Nähe. Ja, er sehnte sich sogar geradezu danach! Leider war es mit April nicht ganz so einfach, denn sie ließ sich wenig davon beeindrucken, sondern schlenderte einfach gut gelaunt weiter.

„Wie läuft es im Krankenhaus?“, fragte sie dann auf einmal nach, woraufhin Jacky einen überaus deutlichen Flunsch zog.

„Na wie wohl. Bescheiden! Burke ist jetzt am Drücker und du kannst dir vorstellen was er für einen Terror macht. Vor allem furchtbar ist es, wie er um Cristina rum läuft. Fast so, als würde er sie jeden Moment bespringen…“, murrte er.

„Jackson.“, mahnte April mit einem erhobenen Finger.

„Entschuldige, aber du bist ja nicht dabei. Es ist wirklich nervig. Irgendwie hege ich die Befürchtung, dass Burke sehr bald die Fusion auflösen wird.“, seufzte er dann auf.

„Und was ist dann mit dir?“, wollte April sogleich wissen.

„Ich habe keine Ahnung. Ich bin mir nicht wirklich sicher ob es danach noch für mich weiter geht, oder ob ich mich nach einem anderen Krankenhaus umsehen muss. Bleibt zu hoffen, dass ich dann schnell was finde. Vielleicht ist bei dir in der Praxis ja noch eine Stelle frei.“, versuchte er die Stimmung dann ein bisschen aufzulockern.

„Eher nicht und ich bezweifle auch, dass es dir so gut tun würde ständig nur normale Krankheiten zu behandeln. Du bist doch eher der Typ Mensch der Aktion braucht, wobei ich es als sehr angenehm empfinde, endlich geregelte Arbeitszeiten zu haben.“, sprach April und schenkte ihm einen mitfühlenden Blick.

Jackson schnappte sich ihre Hand und blieb jäh stehen.

„Was ist?“, fragte April nach und warf einen Blick auf ihre beiden Hände. Ihre zierlichen Finger verschwanden förmlich in der seinigen. Sie legte ihren Kopf zur Seite und blickte ihm fragend entgegen. „Jacky?“, fragte sie nach, als die Antwort aus blieb. Wieder sah er April nur an und drückte ihre Hand ein bisschen.

„Oh das hab ich vermisst.“, stellte er schmunzelnd fest. Viel zu lange hatte sie ihn schon nicht mehr so genannt und auch wenn der Name ihn früher immer auf die Palme gebracht hatte, sorgte er jetzt für einen warmen Schauer.

„Ach… sagst du mir dann auch was los ist…?“, fragte sie nach und biss sich ein bisschen auf die Unterlippe. Das glitzernde Meer und das Mondlicht erzeugte überaus faszinierende Lichtreflexe auf Jacksons Körper und vor allem seine grünen Augen leuchteten sie gerade so an. April strich sich verlegen mit einer Hand über den Nacken und schluckte. „Hey, redest du jetzt nicht mehr mit mir?“, fragte sie nach und piekte ihm einmal gegen die Männerbrust.

Ein kleines Schmunzeln umspielte Jacksons Lippen, als er ihre Hand aus der seinigen entließ. Nur wenige Sekunden später fand sich diese auf ihrem Rücken wieder und er zog sie an sich heran. „Du hast mir einfach so gefehlt.“, flüsterte er und war bereits versucht ihre vollen Lippen zu küssen, doch entschied er sich kurzfristig noch anderweitig. Er zog April einfach in seine Arme und hielt sie bei sich fest.

„Das Leben im Krankenhaus macht mich so kaputt…“, flüsterte er ihr zu. Im ersten Moment sträubte sich April gegen seine Umarmung und wollte ihn bereits von sich schieben, doch dann merkte sie ganz deutlich dieses dringende Bedürfnis nach Nähe und Zuneigung.

„Du hast mir auch gefehlt.“, erwiderte sie und legte ihre zierlichen Arme um seine Schultern, wobei sie sich etwas auf die Zehenspitzen stellte.

„Ich weiß, dass ich mich ab und zu wiederhole Jackson, aber es wird alles wieder gut. Sieh das alles einfach als Chance dich zu verändern und einen Weg zu finden, damit alles wieder so wird wie früher.“, fuhr sie leise und aufbauend fort.

„Was meinst du damit?“, fragte Jackson und kuschelte sich ganz fest an den warmen Körper von April. Bei ihr fühlte er sich wohl und alleine ihre Gegenwart sorgte dafür, dass er glücklich wurde.

„Wir alle können selbst bestimmen ob unser Leben einen guten Verlauf oder einen schlechten nimmt. Du darfst dich einfach nicht unterkriegen lassen. Mach doch ganz einfach das, was dich glücklich macht, denn das kann gar nicht falsch sein.“, erklärte sie ihm ruhig und strich ihm leicht über den Rücken.

Jackson löste sich etwas von April und sah ihr in die großen braunen Augen. „Ich soll also einfach das machen, was mein Herz mir rät?“, vergewisserte er sich nochmal.

„Das ist meistens das Klügste.“, nickte April und lachte noch einmal auf, bevor sie sich geschickt aus seinem Arm drehte und noch immer hell und freudig lachend voraus lief. „Na komm schon! Ich zeig dir was!“, rief sie über ihre Schulter hinweg zu Jackson.

Dieser stand noch wie angewurzelt da und sah ihr nach. Er seufzte auf. „Am liebsten hätte ich dich gerade geküsst…“, murmelte er leise, rieb sich über den Hinterkopf und folgte ihr dann lieber eiligen Schrittes. Was machte April nur mit ihm? Sie schaffte es ihn so schrecklich zu verzaubern und inzwischen wusste er gar nicht mehr, was er von all dem halten sollte. Es war so magisch!
 

Eine andere Magie bekam gerade Andrew im Seattle zu spüren. Die Magie nannte sich Alkohol! Mit schmerzendem Kopf und müdem Blick schlurfte er durch den Gang eines großen Appartementhauses. Wie spät es mittlerweile war konnte er nicht mehr sagen, aber auf jeden Fall hatte er es mit Erfolg geschafft seinen Kummer zu ertränken. Leider ging damit ein her, dass er keine Ahnung hatte wo er mittlerweile war, denn leben tat er hier nicht!

Andy kratzte sich an der Wange und lehnte sich gegen eine Wand. Ihm war übel und alles um ihn herum begann sich erneut zu drehen.

Ein Räuspern neben sich, ließ ihn den Blick heben und sofort erkannte er die Schemenhafte Gestalt. Er verzog sein Gesicht. „Muss das sein?“, fragte er ein wenig maulend nach.

„Sie haben morgen eine wichtige Operation, also ja, es muss sein.“, kommentierte niemand anderes als Dr. Bailey. Sie hatte ihre Hände in die Seiten gestemmt und scheuchte den vollkommen betrunkenen Andrew weiter den Gang entlang.

„Sie sind eine Sklaventreiberin.“, murmelte er vor sich hin und taumelte weiter.

„Das bezweifle ich.“, antwortete Bailey und verpasste ihm doch glatt einen kleinen Schubs, damit er auch ja schneller lief. Für Andrew eine Qual, aber was sollte er machen. Bailey schien im Moment eindeutig zu dominieren.

„Sehen Sie es als Tyrannerei an.“, grummelte er vor sich hin und rieb sich einmal über die Stirn. Wenn der Boden sich nicht so unter seinen Füßen drehen würde, dann hätte er ja überhaupt kein Problem, aber gerade wirkte ein Schritt wie eine ziemlich abenteuerliche Geschichte.

„Ganz wie Sie meinen.“, raunte Bailey und schloss eine weitere Tür auf. „Erklären Sie mir, warum Sie so viel getrunken haben?“

Als sie das Licht anknipste zuckte Andrew zusammen und kniff seine Augen zu. Helligkeit und Lautstärke waren nichts, was er gerade gebrauchen konnte, aber was sollte er gegen Baileys dominante Art unternehmen? Er hatte gerade eindeutig nicht die Willensstärke um sich gegen den kleinen Kampfzwerg zu behaupten!

„Darf ich mich nicht betrinken? Immerhin hatte ich frei.“, stellte er mit einem seufzen fest und ließ seinen Blick durch die kleine Wohnung schweifen.

„Und morgen haben sie eine wichtige Operation.“

„Das sagten Sie mir bereits. Mehrmals.“, maulte Andrew und ließ sich auf das Sofa fallen.

Just in diesem Moment öffnete sich die Eingangstür erneut und zwei Gestalten betraten die Wohnung. Andrew’s Augenbraue wanderte nach oben.

„Karev… Harper?“, fragte er nach und sah deutlich verwirrt zu Dr. Bailey.

„Fragen sie nicht weiter nach.“, schüttelte diese ihren Kopf und trat in Richtung der Küche.

Die beiden Assistenzärzte wirkten von Andrew’s Anwesenheit ebenso verwirrt, wie er über die Ihrige.

„Was machen Sie hier?“, wiederholte er daher und seufzte einmal auf.

„Ich wohne hier.“, murmelte Harper.

„Bei Dr. Bailey?“, wiederholte Andrew.

Alex zuckte mit seinen Schultern. „Glauben Sie mir. Die Alternativen sind nicht viel besser. Wer wohnt noch gerne bei Meredith und ihrer persönlichen Liebessoap.“, seufzte er und ließ sich neben seinen Boss auf das Sofa sinken. Dieser war von Sekunde zu Sekunde genervter, weshalb er Alex auch einen zornigen Blick zukommen ließ.

„Was machen Sie hier …?“, fragte Tamina leise und schmunzelte bei ihrer kleinen Erinnerung an die abenteuerliche Spritztour durch die Nacht.

„Ich habe überhaupt keine Ahnung.“, antwortete Andrew wahrheitsgetreu. Der Ire rieb sich über seine Stirn, als Bailey ihm ein Glas vor die Nase hielt.

„Aspirin.“, stellte sie matt fest.

Ja, das war es jetzt, was Andy gebrauchen konnte, weshalb er das Glas auch sofort ergriff und sich einen Schluck genehmigte. Bier schmeckte besser.

„Warum bin ich hier, Bailey?“, fragte er nach und nippte noch ein wenig an dem Gebräu.

„Wir müssen reden.“, erwiderte die Ärztin mit einem leichten Schulterzucken.

„Ihnen ist klar, dass ich betrunken bin?“, zog Andrew seine Augenbrauen nach oben.

Alex grinste schief. „Man riecht es.“

Von dem mahnenden Blick seines Vorgesetzten ließ er sich gerade nicht einschüchtern. Stattdessen blickte er eher erheitert in die Runde.

„Sie sind doch ein Ire nicht wahr?“, fragte Bailey nach.

„Bin ich.“, bestätigte Andrew mit stolz geschwollener Brust.

„Dann dürfte Ihnen ein bisschen Alkohol auch nicht schaden.“, zuckte Miranda mit ihren Schultern, woraufhin der Ire einmal tief ein und wieder ausatmete.

„In Ordnung. Reden Sie.“, murrte er vor sich hin.

„Es geht um Burke.“

„Um wen auch sonst.“, rollte Andy mit seinen Augen.

Tamina und Alex tauschten einen kurzen Blick miteinander.

„Wir wollen ihn absägen.“, sagte Bailey mit überaus nüchternen Ton.

„Sie planen einen Punch?“

Andy wirkte durchaus interessiert. Er leerte sein Glas und lehnte sich im selben Moment auf dem Sofa zurück.

„Einen Schlag, nach dem er nicht wieder aufstehen wird.“, fügte Alex mit einem breiten Grinsen hinzu. Jeder Arzt wollte Burke am liebsten los werden, aber leider war das nicht ganz so einfach.

„“Ich weiß es durchaus zu schätzen, dass Sie mich in Ihre Pläne mit einbeziehen, aber wer sagt Ihnen, dass ich Burke gegenüber nicht loyal ergeben bin?“, fragte der Ire dann ehrlich nach und lehnte dabei seinen Kopf auf die Seite.

Sicherlich eine durchaus berechtigte Frage.

„Weil Sie nicht so sind. Sie sind heroisch und aufopfernd für ihre Patienten. Ruhm und Reichtum sind Ihnen egal.“, lächelte Tamina ihn an, woraufhin er auch lächelte. Allerdings verflüchtigte sich das Grinsen sehr schnell.

„Das ist leider nicht ganz so einfach.“, seufzte er mit einem Mal.

„Warum?“

„Ich habe hier nur eine vorläufige Arbeitserlaubnis. Sollte er mir kündigen werde ich des Landes verwiesen.“, murmelte er und rieb sich über den Nacken.

„Ich dachte Sie finden überall eine Stelle…“, fragte Tamina nach.

„Das natürlich, aber ich brauche dann sehr schnell eine Stelle.“

„Weshalb?“, fragte Miranda und lehnte sich etwas nach vorne.

„Meine Tochter. Sie hat Leukämie und wartete auf eine Nierenspende. Hier in Amerika sind die Chancen höher als in Irland. Sollte ich ausgewiesen werden, muss ich sie mitnehmen und das bedeutet, dass wir wieder ganz unten auf der Transplantationsliste stehen. Ich habe hier bessere Chancen das Leben meines Kindes zu retten, verstehen Sie.“

Schon als die ersten paar Worte Andrews Lippen verlassen hatten, war Schweigen eingekehrt. Wie konnte ihm gerade jemand wiedersprechen? An seinem Job hing das Leben seines Kindes. Der leicht angetrunkene Ire seufzte auf und rieb sich die Stirn.

„Ich bin dabei wenn Sie Burke absägen wollen, aber dann müssen wir dementsprechend vorsichtig agieren.“, sagte er noch und blickte abwartend in die Runde. Bailey nickte. „Dann sollten wir uns schnell einen guten Plan einfallen lassen…“

V. Frühstück

V.

Into the blue   
 

26. Kapitel: Frühstück
 

Viel zu schnell endete der Abend für Jackson. Die Zeit mit April war einfach durch nichts zu überbieten. Allein ihre Gegenwart brachte ihn zum Lächeln. Mit einem zufriedenen Lächeln sank er an diesem Abend in sein Bett. Im Haus kehrte Ruhe ein und schon jetzt freuten sich die Chirurgen auf den kommenden Tag.

Jacksons Pläne waren am nächsten Morgen unverändert. Ebenso die von Callie, Arizona, Mark und Lexie. Die fünf Chirurgen machten sich sehr früh auf dem Weg zum Treffpunkt mit April um auf eine Schnorcheltour zu gehen. Derek war zu dem Zeitpunkt schon weg. Er wollte ein Kreuzfahrtschiff besichtigen. Meredith schlief noch und Owen und Cristina ebenso.

Vor einer gigantischen Villa machte die kleine Truppe halt. „Sind wir hier ernsthaft richtig?“, fragte Lexie nach und betrachtete das gewaltige Gebäude. Das weiße Haus im neuzeitlichen Baustil verfügte über einen direkten Anlegeplatz zum Meer, einem riesigen Pool und einem Garten, der wohl schöner nicht sein konnte.

Arizona nickte. „Ich glaube ich habe die falschen Freunde.“, murmelte sie, woraufhin Lexie ihr in die Seite knuffte.

„Hey, sag so was noch einmal und ich lass dich fallen wie eine heiße Kartoffel!!“, stieß sie aus.

Mark lachte und bekam nur ein Augenrollen von Lexie geschenkt. Schon den ganzen Morgen vermied sie es ihn anzuschauen. Er trug nur seine Badeshorts und ein Handtuch lässig über seinen Schultern. Er sah einfach viel zu gut aus! Lexie fühlte sich in ihrem Bikini und ihrem dünnen Rock überaus unwohl. Sie erinnerte aufgrund ihrer Hautfarbe an eine Kalkleiche und gerade wünschte sie sich ein bisschen mehr Bräune wie Callie! Diese strahlte schon den ganzen Morgen ganz besonders. Sie freute sich auf das Baby! Wütend sein konnte sie gar nicht mehr, denn Arizona war ihre große Liebe. Da war es möglich auch mal einen Fehler zu verzeihen.

Jackson streckte seine Hand aus und klingelte.

„Wir sind hier sicher richtig oder?“, fragte er nochmal nach und kratzte sich unsicher am Hinterkopf.

„Ja!!“, riefen Callie und Arizona wie aus einem Mund.

Die Tür öffnete sich. Eine junge Frau – eine Einheimische – mit blauem Bikini und smarten Lächeln stand vor ihnen. „Ah, Aprils Anhang.“, grinste sie breit und winkte sie nach drinnen.

Eindeutig: Sie waren hier richtig! Mit interessierten Mienen folgten die Fünf der jungen Frau in das innere des Hauses. „Ich bin übrigens Lai. Ich bin heute mit dabei.“, stellte sie sich knapp vor. Eine Treppe nach unten und schon standen sie auf einer herrlichen Terrasse direkt am Pool. Die Gruppe frühstückte gerade.

„Setzt euch. April kommt sicher gleich runter... das hier sind Simon, Aaron, Finja und Zoe.“, stellte sie die Vier vor. Ein Mann betrat hinter ihnen die Terrasse.

„Na, gut hergefunden?“, fragte er.

Lexie drehte sich um und blinzelte. Ein blonder McDreamy!! Die Ähnlichkeit zu Derek war nicht zu leugnen. Blaue treuherzige Augen, ein gebräuntes Gesicht mit einigen Lachfältchen und dazu eine lockige Wuschelmähne, aber anders als bei Derek waren seine Haare strohblond.

„Ich bin Lucas.“, stellte er sich vor und reichte jedem einzelnen die Hand.

„Ihnen haben wir das Essen des gestrigen Abends zu verdanken.“, stellte Arizona freudig fest.

„Ganz genau und jetzt setzt euch und frühstückt.“, wies er sie an und ließ sich auf seinen Platz sinken. Die anderen fünf anwesenden betrachteten die Gruppe durchaus noch misstrauisch. Wollte Jackson wissen wieso? Wohl eher nicht, denn er könnte schwören, dass April ihnen ein paar nicht so nette Sachen erzählt hatte. Im Krankenhaus hatte man sie nicht immer gut behandelt.

„Danke, das ist echt nett...“ Callie war ein bisschen mit dieser lockeren Gastfreundschaft überfordert.

„Ehrensache. Aber wir sollten beim Du bleiben. Immerhin bringen wir euch heute Tauchen bei.“

„Du kommst mit raus?“ warf ein blonder Mann ein. Simon.

„Vermutlich ja. Außer es kommt noch was dazwischen.“

„Ach komm schon. Dann fährst wieder du!“ Simon warf lachend die Hände in die Luft.

Elena – die Haushälterin – schenkte den Neuankömmlingen Kaffee ein und stellte noch eine weitere Obstplatte auf den Tisch. Ansonsten gab es noch frische Semmeln und Brot, selbstgemachte Marmeladen und Müsli. Ein absoluter Traum, wie Jackson mit einem zufriedenen Seufzen feststellte.

„In Ordnung, also du... vielleicht sollten wir uns auch vorstellen.“, sagte Mark und deutete der Reihe nach auf seine Kollegen. „Arizona, Callie, Lexie, Jackson und ich bin Mark.“

Mit einem Mal richteten sich alle Blicke auf Jackson, der irritiert in die Runde blinzelte.

Lucas lachte kurz auf. „Denk dir nichts. April hat uns schon eine Menge von dir erzählt.“, lachte er auf, als er bemerkte, dass Jacky doch tatsächlich ein bisschen rot wurde.

„Ich hab ihn mir immer anders vorgestellt.“, murmelte Finja.

„Ja, gell ... nicht so ... gut gebaut.“, antwortete Zoe kichernd. Lai schüttelte über ihre beiden Freundinnen den Kopf.

„So? Was hat sie denn von mir erzählt?“, fragte Jackson nach und klammerte sich Haltsuchend an seiner Kaffeetasse fest.

„Das soll sie dir mal schön selber sagen.“, warf Lucas ein und schob sich ein Stück Brot in den Mund.

Arizona und Callie warfen sich einen Blick zu und konnten sich ein prustendes Lachen nicht weiter verkneifen! Die Situation war einfach nur zu komisch! „Was ist?“, fragte Jackson und rieb sich erneut über den Hinterkopf. Er verstand gar nicht, was gerade so lustig war, und warum ihn alle so beäugten.

Die Gedanken darüber waren wie weggepustet, als April die Terrasse betrat. Ein überaus kurze Hose und dazu ein buntes Bikinioberteil. Jackson blieb der Bissen im Hals stecken und er musste einmal schwer schlucken. Ihre langen Haare trug sie heute offen, was ihr Gesicht ganz besonders rahmte.  

„Hey, ihr seit ja sogar pünktlich.“, stellte sie grinsend fest und ließ sich neben Lucas in den letzten freien Stuhl nieder.

“Was heißt hier sogar???“, fragte Mark nach. „Wir sind immer pünktlich.“

„Na klar.“, murmelte April und lächelte Luce einmal an, der nur seinen Kopf schüttelte.

„Gut geschlafen?“

„Klar ... und du ... bei der Arbeit?“

Er hob unschuldig seine Hände. „Wir wissen ganz genau, dass du mal wieder im Institut eingeschlafen bist, anstatt die Nacht nach Hause zu kommen.“, warf der schweigsame Aaron in die Runde.

Lucas setzte eine entzückende Unschuldsmiene auf. Lexie atmete einmal tief durch und knabberte auf einem Stück Apfel herum, während es ihr nicht gelingen wollte ihren Blick von Lucas zu nehmen. Mark ließ indes seinen Blick schweifen und betrachtete die kleine blonde Finja fasziniert, aber auch April, Lai und Zoe waren nicht von schlechten Eltern. Er freute sich schon jetzt auf den kleinen Tauchtripp!  

„Wie kam es, dass ihr euch ausgerechnet für Roatán entschieden habt?“, fragte Lucas munter in die Runde.

„Zufall.“, schmatzte Arizona. „Wir haben den Urlaub auch gar nicht geplant, sondern Kollegen, die aber heute nicht mit dabei sind.“

„Also ein paar wasserscheue Kollegen.“, stellte Simon mit einem Schulterzucken fest und schob sich eine halbe Semmel auf einmal in den Mund.

„Sei doch froh, ansonsten hätten wir dich hier gelassen.“, streckte April ihrem Kumpel die Zunge raus, der daraufhin eine Grimasse zog und ein ‚gar nicht wahr’, mampfte.

Lucas schüttelte seinen Kopf. „Wie die kleinen Kinder.“, murmelte er vor sich hin und streckte sich ausgiebig auf seinem Stuhl. Wirklich viel gegessen hatte er nicht, aber es reichte für den Anfang.

Arizona konnte sich inzwischen gar nicht mehr am Riemen reißen. Das Essen hier war so köstlich und die entspannte Atmosphäre zauberte ihr mehr und mehr ein Strahlen auf die Züge. Es war toll hier im Paradies. Die Blonde lehnte sich zu Lexie hinüber. „Ich hab es Callie gestern Abend erzählt.“, flüsterte sie leise.

„Ehrlich?!“, staunte Lexie, sah von einem zum anderen und lachte dann auf. „Das ist ja großartig!“, klatschte sie in ihre Hände und merkte gar nicht, dass sich mittlerweile alle Augenpaare auf sie gerichtet hatten.

„Was ist großartig?“, fragte Mark nach.

Arizona ergriff die Hand von Callie und sah sie fragend an. Die Mexikanerin nickte.

„Wir sind schwanger.“, verkündete sie mit stolz geschwollener Brust.

Mark und April blinzelten irritiert. Jackson warf sich eine Frucht in den Mund. „Wusste ich schon.“, sagte er schulterzuckend, während die anderen am Tisch die beiden Frauen beglückwünschten.

“Woher wusstest du das??“, fragte Lexie nach.

„Du hast mit Arizona telefoniert... beim Wäscheaufhängen.“

„Ja und?“

Er hob seine Schultern. „Ich war auch im Wäschekeller, aber du hast keine Notiz von mir genommen.“

Lexie lief rot an und murmelte ein ‚Upsi~’, woraufhin alle los lachten.

„Weißt du schon was es wird?“, fragte Mark nach. Natürlich war er skeptisch. Sogar sehr skeptisch, denn das Arizona schwanger war, bedeutete gleichzeitig, dass sie mit einem Mann im Bett war und das ließ ihn jetzt schon verwirrt seine Augenbrauen nach oben ziehen. Allerdings wagte er es nicht in Gegenwart der Fremden genauer danach zu fragen.

„Nein. Wir erfahren das erst nächste Woche.“, strahlte Arizona bis über beide Ohren. Das Glück stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben!

„Bei zwei so bezaubernden Müttern, bleibt dem Baby doch gar nichts anderes übrig als ein Junge zu werden, der von vorn bis hinten verzogen werden darf.“, meinte Simon mit einem Schulterzucken.

Lucas grinste und stupste April an. Er nickte kurz und erhob sich von seinem Stuhl. April folgte ihm in das innere des Hauses.

„Wohin gehen die Zwei?“, fragte Callie nach.

„Keine Ahnung.“, zuckte Simon mit den Schultern. „Sie haben schon die ganze Zeit ein Geheimnis vor uns.“

„Du meinst vor dir.“, warf Aaron ein.

„Wie? Warum vor mir?“

„Na weil du eine kleine Plaudertasche bist und nichts für dich behalten kannst.“, lachte Zoe auf, woraufhin Simon eine Grimasse zog.

„Nein, kommt schon, jetzt ernsthaft. Um was geht es?“, fragte Simon nach und blickte auffordernd zu seinen Freunden.

„Victor.“, seufzte Aaron.

„Oh.“

Simons Blick verlor sich in seiner Kaffeetasse und er beschäftigte sich damit sie eilig auszutrinken.

„Wer ist Victor?“, flüsterte Callie, der die Neugier förmlich ins Gesicht geschrieben stand.  

„Ein alter Mann, der bald sterben wird und in Seattle lebt. April kümmert sich um ihn, ebenso wie die anderen hier ... scheinbar.“, antwortete Jackson leise.

Er erinnerte sich noch gut an den alten, runzligen Mann und an die Führsorge, die April an den Tag gelegt hatte.

„Geht es ihm nicht gut?“, fragte er Aaron und einmal aufseufzte.

„Er war vergangene Woche im Krankenhaus. Schon wieder. Es geht zu Ende und es ist nur noch eine Frage von Tagen, Wochen ... vielleicht auch nur noch Stunden.“, antwortete er traurig und ließ seine Finger über das Tischholz wandern.

„... wir sollten das Schiff fertig machen. Immerhin wollen wir nicht erst zu den Mittagsstunden los.“, drängte Finja zum Aufbruch und erhob sich dann auch schon.

Das Thema bedrückte hier alle und so wich sie lieber aus.

Simon nickte. „Dann lasst uns gehen. Ihr könnt uns helfen.“

“Natürlich!“, stieß Lexie aus und sprang auch schon auf ihre Füße. Ebenso erhoben sich die restlichen Chirurgen und machten sich daran, die kleine Yacht mit allerhand Dingen zu beladen.

Erst einige Zeit später gesellte sich April wieder zu ihnen.

Alleine.

„Wo ist Lucas?“

„Telefonieren.“, antwortete sie Simon flüchtig und lächelte knapp.

April schnappte sich eine Sauerstoffflasche und trug diese hinüber zu der kleinen Yacht die am Steg der Villa vor Anker lag. Dabei wirkte sie etwas in ihren Gedanken versunken. Jeder konnte sich vorstellen, worüber sie gerade nachdachte und keiner wagte es sie im Moment in ihrer Gedankenwelt zu stören.
 

Cristina wackelte mit ihrer Nasenspitze, als ein angenehmer Duft in ihre Nase stieg. „Mmhh... Owen...?“, fragte sie leise nach und tastete über das Bett. Ihre Finger griffen ins Leere, weshalb sie sich gezwungen fühlte die Augen zu öffnen. Von Owen fehlte jede Spur.

Die Tür war etwas geöffnet. Von dort kam der leckere Duft nach ... Pfannekuchen! Sie schleckte sich über ihre Lippen und zog sich hastig Unterwäsche und ein dünnes Seidenkleid über. Ihre Haare bändigte sie mit einem Haarband und schon tippelte die Asiatin in Richtung der Küche.

Owen war wirklich dabei Essen vorzubereiten.

“Ohh, womit habe ich das nur verdient.“, seufzte sie zufrieden und schlang ihre Arme von hinten um Owen.

Er lachte auf. „Vielleicht eine kleine Stärkung, die du nach der letzten Nacht brauchen kannst?“ Cristina kicherte und drückte ihm einen Kuss auf den nackten Rücken. Owen trug nur eine Jeans und das ließ ihn besonders sexy aussehen.

„Wenn mein Frühstück ab jetzt immer so aussieht, kannst du dir sicher sein, dass sich an den Nächten auch nicht viel ändern wird. Immerhin brauch ich auch den nötigen Ausgleich zum ungesunden Essen.“, flötete sie unschuldig und ließ ihre Finger an seiner Hose entlang wandern.

Ein Räuspern unterbrach die Zwei.

Meredith betrat die Küche und ließ einen kurzen Blick über das glückliche Paar gleiten. Cristina schürzte ihre Lippen, als sich Meredith ohne ein Wort an den Esszimmertisch setzte.

„Ist alles okay?“, fragte Owen ruhig und warf einen Blick über seine Schulter zu Cristina, die wie so oft aufgrund Meredith’ Anwesenheit schrecklich genervt wirkte.

„Nein.“, antwortete Meredith einsilbig.

„Warum?“, hakte Owen etwas nach und wendete einen Pfannenkuchen.

„Derek hat mich verlassen.“

„Wundert es dich?“, fragte Cristina.

Meredith wirbelte herum und sah ihre ‚verdrehte Schwester’ zornig an. „Nimm das zurück!“, knurrte Mer wütend.

Cristina trat hinter Owen hervor und stemmte ihre Fäuste angriffslustig in die Seiten. „Warum sollte ich es zurück nehmen? Du benimmst dich derzeit wie ein depressives, kleines Kind, das um die Aufmerksamkeit von allen buhlt und sich im Selbstmitleid suhlt! Glaubst du wirklich, dass das ein Mann auf Dauer aushält? Falls du es nicht mitbekommen hast, aber ich war diejenige, die Derek mit einer Waffe am Kopf operiert hat! Du bist nur nutzlos dabei gestanden und hast dich mal wieder selbst in Gefahr gebracht! Du gehst so leichtsinnig mit deinem Leben um, damit auch ja die Leute um dich herum stets damit beschäftigt sind sich um dich zu kümmern und zu sorgen!!“, fuhr Cristina sie ungehemmt an.

Owen warf einen besorgten Blick auf den Messerblock, als Meredith zwei Schritte auf Cristina zu tat. Ihre Augen hatte sie zu wütenden Schlitzen verengt.

„Ich habe mein Baby deswegen verloren, weil ich versucht habe dich und Derek zu retten.“

„Blödsinn.“, rollte Cristina mit ihren Augen. „Du hast dein Baby verloren, weil du dich viel lieber in Gefahr bringst, anstatt einmal nachzudenken und zu kämpfen!!“

Meredith riss der Geduldsfaden. Sie sprang auf Cristina zu und verpasst ihre eine schallende Ohrfeige.

„Hey.“, stieß Owen aus und packte Cristina von hinten. Er zog sie zurück und schob sich gleichzeitig vor sie. „Wage es nicht noch einmal“, erhob er drohend seinen Finger.  

Cristina wollte sich an ihm vorbei schieben, doch er hielt Cristina gekonnt fest.

„Weißt du was Meredith, du solltest langsam deine Augen aufmachen, denn mit deinem ewigen Selbstmitleid bewirkst du lediglich, dass die Menschen in deinem Umfeld furchtbar genervt von dir sind! Du solltest Rückgrat beweisen und dich wie eine erwachsene Frau benehmen und nicht wie ein depressives Kind, dass nicht dazu in der Lage ist selbstständig zu leben!!“, fuhr Cristina sie wütend an und rieb sich über die gerötete, pochende Wange.

„Oh ja, das sagt gerade die Richtige!!“, stieß Meredith aus und hob ihre Arme. „Wie war das noch vor ein paar Monaten? Du hast Burke vermisst? Tja, dann ist es ja gut, dass du ihn jetzt wieder hast, dann kannst du seinen Nebenspieler ja endlich beseitigen!!“

Meredith wirbelte herum und lief in Richtung Ausgang. Die Tür flog krachend ins Schloss.

Owen ließ Cristinas Handgelenk los. „Erklärst du es mir...?“, fragte er leise.

Die Asiatin seufzte auf. „Es stimmt. Ich habe Burke vermisst. Damals bei der Fusion. Vielleicht erinnerst du dich. Ich habe wochenlang keine Operationen mehr bekommen und ich war frustriert. Während der Zeit mit Burke habe ich jeden Tag operieren dürfen und nur das hat mir gefehlt. Nichts weiter.“, erklärte sie ihm wahrheitsgetreu.

„Oh die Pfannekuchen!“ Ein verkohlter Geruch stieg in ihre Nase und so lief sie sofort zur Küchenzeile zurück um die Pfanne vom Herd zu nehmen.

„Du und Burke...?“, fragte Owen nochmal nach.

„Es ist vorbei und glaub mir, wenn ich dir sage, dass ich diesen Kerl niemals wieder in mein Leben lassen werde! Er hat es schon einmal fast geschafft mich zu zerstören! Das wird ihm nicht noch einmal gelingen!“, sagte Cristina energisch und sah ihren Lebenspartner dabei entschieden an.

Owen nickte und schenkte ihr ein rasches Lächeln, bevor er sich wieder an die Frühstücksvorbereitung machte. Allerdings blieb ein fahler Beigeschmack in ihm bestehen. Eine kleine Sorge, ein leiser Zweifel...

V. Freiheit & Loslassen

V.

Into the blue   
 

27. Kapitel: Freiheit & Loslassen
 

»Oh, this is the time of our lives.«
 

Die Palmen wogen sich im leichten Wind, als die letzten Dinge auf der geräumigen Yacht verladen worden waren.

„Eincremen nicht vergessen.“, ließ Lucas mit einem kleinen Zwinkern in Lexies Richtung verlauten. Er hatte sich wieder zu seinen Freunden gesellt und versuchte die Sorge aus seinem Gesicht zu verbannen, was ihm nach nur kurzer Zeit außerordentlich gut gelang.

Lexie strich sich über die blässliche, fast schon weiße Haut. „Vermutlich hast du Recht.“, seufzte sie auf.

„In zehn Minuten ist Abfahrt. Also meine Damen, meine Herren, einmal umziehen bitte, immerhin wollt ihr wohl kaum in Hose und Top tauchen.“, rief der Besitzer der Yacht munter in die Runde.

Die meisten Taucher hatten sich zwar schon umgezogen, aber die Chirurgen schienen in dem Punkt noch ein kleines bisschen gehemmter.

April war so lieb und zeigte ihnen noch rasch ein paar Bäder, bevor sie in Richtung ihres Zimmers verschwand. Jackson sah ihr wie so oft gebannt nach, als Callie und Arizona ihn in ihre Mitten nahmen und ihre Arme um ihn legten. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah er von einer zur Anderen.

„Alles klar?“, fragte er ein bisschen irritiert nach und schien nicht recht zu begreifen, was sie von ihm wollten.

„Du magst sie.“, stellte Callie platt fest.

„Das ist wohl nicht zu übersehen... inzwischen scheint das hier jeder zu kapieren, außer sie!“, murrte er vor sich hin. Ja selbst ihre Freunde hatten das begriffen.

„Nun ja, Jacky~ du verstehst ja auch nicht, dass sie dich mag, aber viel zu scheu ist um das zuzugeben.“, neckte Arizona ihn mit seinem verhassten Spitznamen, der nur aus Aprils Mund schön klang.

„Meinst du?“, fragte er mit nachdenklicher Miene nach.

“Ja, genau das mein ich. Du musst es ihr irgendwie zeigen, dass sie etwas besonderes ist, und das du die April magst, die sie nun mal ist... ein kleines bisschen durchgeknallt aber in allen Fällen liebenswert.“, bestätigte Callie die Worte ihrer Lebensgefährtin.

„Ach ich weiß nicht. Es ist so schwierig.“, seufzte er auf.

„Wer sagt, dass es leicht ist zu lieben?“, fragte Callie nach und hatte wohl eindeutig nicht mit den folgenden Worten von Jackson gerechnet

„Na weil es leicht ist sie zu lieben. Sie lächelt den Schmerz ganz einfach weg und schafft es immer und immer wieder mir die guten Seiten im Leben zu zeigen. Ich weiß nicht wieso, aber ich warte auf April, denn ich will ihr nicht weh tun, indem ich sie zu irgendwas zwinge, was sie nicht will. Sie gibt mir das Lachen wieder und sie zeigt es mir: Es ist leicht zu lieben...“, grinste er flüchtig.

„Aber vielleicht, ist es für sie nicht leicht zu lieben. Jackson. Du solltest dich vielleicht ganz einfach trauen einen Schritt auf sie zuzutun um sie endlich zu erobern. Zeig du ihr auch die guten Seiten im Leben und bringe sie zum lachen, dann wirst du sehen, dass es wirklich einfach ist zu Lieben.“, sprach Arizona mit einem kleinen, freudigen Lächeln auf den Lippen und gab Jackson noch einen kleinen Hieb, bevor sie sich die Hand von Callie schnappte.

„Na los, wir müssen uns umziehen!“, lachte die Blondine eifrig und zog ihre Lebensgefährtin in das Badezimmer.

Jackson blieb mit einem verwirrten Blick zurück und zog dabei seine Augenbrauen leicht zusammen. War es wirklich so leicht?

Lexie räusperte sich neben ihm und er sah verwirrt blinzelnd zu ihr. Sie trug nur noch einen schwarzen Bikini und erst jetzt stellte er fest, was für ein dürrer Hungerhacken sie doch war. Ihre Rippen ließen sich perfekt zählen und auch sonst war Lexie so abgemagert. Hatte sie schon immer so ausgesehen.

„Was ist...?“, fragte Jackson nach.

„Cremst du mir den Rücken ein?“, fragte sie nach und hielt ihm bittend die Tube Sonnencreme entgegen.

„Klar.“

Lexie drehte sich um und hielt ihre Haare nach oben, damit ihr Jackson den Rücken einschmieren konnte.

„Was ist das zwischen dir und April?“, fragte sie nach.

Er seufzte.

„So so...“, grinste Lexie flüchtig über ihre Schulter.

„Ich könnte dich ebenso gut fragen, was das zwischen dir und Mark ist... seit ich im Krankenhaus bin, schmachtest du ihn an, leidest aber zeitgleich so sehr, wenn er in deiner Nähe ist und er scheint nicht mal zu realisieren, dass du noch hier bist, ansonsten würde er wohl kaum den ganzen anderen Frauen nachstarren.“, setzte Jackson an und massierte ihr ein kleines bisschen den vollkommen verspannten Nacken. Es gab mal eine Zeit, da war er der festen Überzeugung in Lexie verliebt zu sein, doch das alles hatte sich mittlerweile verändert.

„Es ist ... kompliziert.“

„Ist es nicht. Du willst nur, dass es kompliziert ist, um nicht darüber nachzudenken und eine Ausrede zu haben.“, stellte Jackson fest und kniff sie kurz in die Seite.

„Er ist mein Seelenverwandter, aber es gab einen Zeitpunkt, da haben wir unterschiedliche Weggabelungen genommen und jetzt finde ich keinen Weg mehr zurück. Ich habe mich in der Dunkelheit verlaufen, taste umher, doch Mark ist nicht mehr in meiner Nähe. Er hat sich so weit von mir entfernt, dass ich ihn nicht mehr einholen kann, egal wie schnell ich auch laufe und wie laut ich nach ihm Rufe.“, seufzte Lexie auf und schnappte sich die Flasche mit der Sonnenmilch.

„Hemd aus, Dr. Playboy, ansonsten bekommst du noch einen Sonnenbrand.“, lächelte sie ihm munter zu.

„Dr. Playboy...?“, fragte er irritiert nach.

„Finde dich damit ab, das McDreamy schon besetzt war.“

„Und deshalb heiße ich Playboy?“

„Ist in gewisser Weise auch ein Kompliment.“, zuckte Lexie mit ihren Schultern, als Jackson aus seinem Oberteil schlüpfte und ihr den Rücken zudrehte. „...sogar ein sehr großes.“, raunte sie ihm noch zu. Unhübsch war Jackson ja noch nie. Zwar kein Vergleich zu Mark, aber auch ein richtiger Leckerbissen.

„Ich sehe gerade einfach nur, dass du ablenkst und nicht weiter über Mark reden möchtest.“, meinte Jackson mit einem kurzen Schulterzucken, als die klebrige, kalte Sonnenmilch schon auf seine Haut traf.

„Wenn du meinst.“

“Mein ich... denn scheinbar bin nicht nur ich derjenige, der hoffnungslos in jemanden verliebt zu sein scheint, der es einfach nicht wahr haben will.“, murmelte er zurück.

„Du bist also ernsthaft verliebt in April...?“

„Du klingst so ungläubig.“

„Na ja, sie ist eine kleine Streberin. Eine Perfektionistin. Eine Schleimerin. Ich weiß noch genau wie sie immer mit ihrem Notizbuch durch die Gegend gelaufen ist, in dem sie sich selber gelobt hat. Und vor allem wie sie gegenüber Derek war. Ja natürlich, Chefarzt Dr. Shepard.“, ahmte Lexie April nach und erntete kurz darauf einen mahnenden Blick von Jackson, der über seine Schulter hinweg zu ihr sah. „Na ist doch wahr.“, murmelte Lexie kleinlaut.

„Ist es nicht und weißt du, vielleicht solltest du weniger oberflächlich sein. Das könnte schon erheblich helfen.“

Es klopfte an der angelehnten Tür und April streckte ihren Kopf herein. Kritisch flog ihr Blick über Jackson und Lexie hinweg.

„Wir wollen los.“, sprach sie und schon hatte sie das Zimmer wieder verlassen.

„Na großartig.“, seufzte Jackson auf und eilte ihr sofort hinterher. Hoffentlich zog April – die in ihrem kirschroten Bikini einfach nur fantastisch aussah – jetzt keine falschen Schlüsse.

Lexie blieb mit einem resignierten Seufzen noch kurz zurück und wartete, bis Callie und Arizona mit ihr zusammen zur Yacht schritten. Dort trafen sie wieder auf Mark. Sein Shirt hatte er sich lässig über die Schultern geworfen und er flirtete hemmungslos mit den beiden Ladys aus April’s Tauchtruppe.

„Das war irgendwie so klar.“, maulte Lexie leise.

„Du solltest dich eincremen.“, rief Arizona Mark noch rasch zu, doch dieser schüttelte nur abwehrend den Kopf. Typisch Macho!

Noch ehe Jackson sich April erklären konnte, rief Lucas zum Aufbruch.

Die Gruppe nahm auf den Sitzbänken der Yacht Platz und schon konnte das Abenteuer ‚Tauchen’ los gehen. Mit Sonnenbrillen auf den Nasenspitzen und Vorfreude im Herzen startete der Motor der Yacht, die Leinen wurden los gemacht und so brausten sie los.
 

» There's a time for us to let go

There's a time for holding on

A time to speak, a time to listen

There's a time for us to go «

 

Vorbei an den gewaltigen Kreuzfahrtschiffen und hinaus ins offene Meer. Blau strahlte es ihnen entgegen und hier und da begann es in der Sonne zu glitzern. Das tiefblaue Meer verschmolz mit dem hellblauen Horizont und erweckte einfach nur den Eindruck von unendlichen Weiten, absoluter Freiheit und purer Zufriedenheit. Arizona und Callie saßen händchenhaltend nebeneinander und sahen über das blaue Paradies, in das sie am heutigen Tag eingeladen wurden.

Den Strand und den Hafen von Roátan hatten sie schon vor langer Zeit hinter sich gelassen und jetzt waren sie nur noch umgeben von sattem, blauen Wasser. Auf manch einen mochte das beängstigend wirken, nicht aber für die Ärzte und die kleine Tauchergruppe. Hier draußen war jeder frei und ungezwungen, weshalb immer mehr der Fassaden aus den Gesichtern der Chirurgen fiel und sie losgelöster und zufriedener wirkten.

Ein paar Möwen begleiteten die Gruppe nach draußen und sangen im Wind. Arizona lehnte sich etwas nach vorne und beobachtete die Tiere, bevor sie ihre Augen schloss und den angenehmen Duft des Meeres einatmete. So ließ sich das Leben leben. Gemeinsam mit Callie, deren Hand sie jetzt ein bisschen drückte.
 

» There's a time for living low down

There's a time for getting high

A time for peace, a time for fire

A time to live, a time to die «
 

“Es ist unglaublich hier. Wunderschön ...“, stellte Jackson mit einem zufriedenen Seufzen fest und legte seinen Kopf in den Nacken. Sein Blick wanderte hinauf in den strahlenden Himmel und die Sonne lachte ihm über den Rand seiner Sonnenbrille hinweg geradezu entgegen.

„Ja, es geht nichts über eine kleine Fahrt auf das offene Meer. Alle Sorgen kann man so am Besten hinter sich lassen und man kann einfach nur noch frei sein.“, antwortete April und streckte sich einmal ausgiebig.

Die kleine Yacht brauste noch immer durch das Meer und ließ hinter sich einige Wellen zurück, die von Lexie interessiert beobachtet wurden. Durch die Fahrt kam ein leichter Wind auf, der ihr durch die Haare streichelte und sie ein bisschen durcheinander brachte. Augenblicklich wurde ihr Lächeln breiter und schlug sich nur Sekunden später in ein lautes Lachen um, wodurch sich einige Blicke auf sie richteten.

„Es ist sooo toll~“, summte sie zufrieden. Ihre Wangen waren leicht gerötet und in ihren Augen zeichnete sich die deutliche Freude ab.

Mark konnte nicht anders. Er lächelte ebenso. Es war eine wunderschöne Art zu Leben. Sie konnten hier den Frieden genießen und mussten nicht an die furchtbaren Ereignisse im Krankenhaus denken. Schon jetzt hatten die Chirurgen ihre innere Ruhe gefunden.

„Hoffentlich vergeht die Zeit nicht allzu schnell... ich will das wir hier draußen viel Zeit haben, denn es ist einfach nur toll!“, lachte Lexie weiter und streckte einmal die Hände in die Luft und versuchte ein paar Sonnenstrahlen einzufangen, die schon jetzt ihr Herz erwärmten.  
 

» A time to scream, a time for silence

A time for truth against the lies

A time for fate, a time for science

There's a time for us to shine «
 

“Sind das Delfine!!?”, rief Arizona mit einem Mal und deutete auf eine Gruppe großer Fische, die die Yacht hinaus aufs offene Meer begleiteten.

„Oder verkleidete Haie.“, witzelte Lucas, der am Ruder des Schiffes stand und einen Blick hinüber zu der Gruppe Chirurgen warf, bei denen April gerade hockte. Die Anziehungskraft zwischen ihr und Jackson war nicht zu leugnen. Vielleicht sollte sie langsam anfangen der Wahrheit ins Gesicht zu sehen.

Arizona lehnte über der Rehling und betrachtete die Delfine, die sie noch ein ganzes Stück begleiteten. Callie knipste hier und da ein paar Fotos. Von Mark. Von April und Jackson. Von der freudig lachenden Lexie und natürlich von ihrer Lebensgefährtin. Es war ein perfekter Tag – schon jetzt!

Lexie lachte noch immer und sah dabei zu Mark hinüber, der sich ihrer freudigen Art nicht weiter entziehen konnte und ebenso losgelöst und laut auflachte. Das Lachen war ansteckend und kurze Zeit später hielt sich ein jeder auf der Yacht vor Freude lachend den Bauch. Lexie erblühte förmlich und sah dabei immer wieder zu Mark. Obwohl hier so viele attraktive Frauen saßen, gelang es ihm nicht seinen Blick von ihr zu nehmen, denn gerade war sie wohl das wunderhübschestes Wesen, das mit ihrer Ausstrahlung der Sonne ziemliche Konkurrenz machte.
 

» There is a time for mis-believing

There's a time to understand

A time for hurt, a time for healing

A time you run, to make a stand «
 

”Oh das ist eine der besten Zeiten meines Lebens. Ich wünschte nur sie würde niemals enden.”, freute sich Arizona und schloss ihre Augen einen Moment lang. Die Yacht beschleunigte noch ein bisschen, wodurch die Insassen jubelten, lachte und sich ihres Lebens freuten.

Es war alles vergessen. Jeder Konflikt im Krankenhaus. Der Amoklauf, der alles veränderte. Die Kündigung von April. Ja selbst der Betrug von Arizona an Callie. Der Schmerz war wie verschwunden und stattdessen schien die Heilung zu beginnen. Mit dem Fingerknöcheln zweier Finger streichelte Jackson einmal ganz unscheinbar über den Unterarm von April, die ihn daraufhin fragend anblickte. Er zuckte mit den Schultern und zwinkerte ihr zu. Mit einem Lächeln musste er feststellen, dass sie auf einmal errötete und sich lieber wieder hastig abwandte. Vielleicht war die Szene von Lexie und ihm doch nicht fehl interpretiert worden. War jetzt auch egal, denn er wollte diese wunderschöne Zeit mit April genießen.
 

»Hold on, let go,

get high, stay low,

do not give up,

so speak shout out.«
 

Immer langsamer wurde die Yacht und schließlich stellte Lucas den Motor aus.

„Wir sind hier...“, verkündete er mit einem verheißungsvollen Grinsen.

„Wo... ist hier?“, fragte Lexie nach und erhob sich dann. Um sie herum waren nur unendliche Weiten.

„Dort wo wir tauchen wollen, Kleines.“, zwinkerte er ihr zu, woraufhin es diesmal Lexie war, die errötete. Marks Lippen kräuselten sich. Ihm gefiel es gar nicht, dass Lucas so ungeniert mit Lexie flirtete, doch ihr schien es gerade richtig gut zu gefallen.

Es kam Bewegung auf das Schiff, als ein Tauchgang vorbereitet wurde. Die Chirurgen bekamen eine kleine Einweisung im Punkt ‚Schnorcheln’ und dann sollte es endlich los gehen...

V. Tauchgang (Teil 1)

V.

Into the blue   
 

28. Kapitel: Tauchgang (Teil 1)
 

Jackson tauschte Sonnenbrille mit Taucherbrille und sah sich durch diese erstmal um. Lexie kicherte. „Du weißt hoffentlich wie albern du gerade aussiehst.“

„Ist mir durchaus bewusst.“, raunte er zurück, als April ihm eine Nasenklemme auf die Nasenspitze setzte.

„Hey! Willst du das ich vollkommen albern aussehe?“, fragte er protestierend nach, woraufhin sie nickte.

„Es hat nicht direkt mit Albernheit zu tun, aber du willst doch nicht, dass dir lauter Salzwasser in die Nase läuft, oder?“, fragte sie nach, woraufhin er die Augenbrauen zusammenzog und seinen Kopf schüttelte. Simon zog sich gerade ein paar Flossen über und grinste die Chirurgen an.

“Wenn ihr wüsstet, wie lustig es gerade ist, euch zusehen...“, stieß er aus.

„Was meinst du?“, fragte Arizona die einen Schnorchel in ihrer Hand drehte.

„Das ist alles absolutes Neuland für euch, kann das sein? Wie die kleinen Kinder betrachtet ihr die Ausrüstung., lächelte er der Schwangeren entgegen.

„Wir kommen eben nicht wirklich aus der Gegend, in der man taucht... in Seattle kommt das Wasser meistens von oben und nicht von unten.“, erwiderte sie und befestigte den Schnorchel an ihrer Taucherbrille. Aaron und Lucas tauschten einen kleinen Blick miteinander. Ihre Erheiterung ließ sich kaum noch leugnen.

„Bleibst du eigentlich hier bei den Anfängern oder begleitest du uns?“, fragte Zoe die mit ihren Füßen ein bisschen im Wasser plätscherte. April schlüpfte gerade ebenfalls in Flossen und pustete daraufhin durch den Schnorchel.

“Ich denke sowohl als auch. Erstmal komm ich kurz bei euch mit und später leiste ich meine ehemaligen Kollegen Gesellschaft.“, sagte April mit einem Schulterzucken.

Finja forderte die Aufmerksamkeit der Chirurgen, als sie ihnen erneut das Schnorcheln erklärte. In der Zwischenzeit verschwanden April und Co bereits in dem klaren Wasser. Auch von der Oberfläche konnte Jackson sie noch gut beobachteten und das forderte leider auch seine gesamte Konzentration, weshalb er perplex blinzelte, als Finja ihm einen Stoß verpasste und er rückwärts im Wasser landete. Sie schüttelte ihren Kopf. „Trunkenheit vor Liebe ist niemals gut und jetzt bemüht dich wenigstens ein bisschen.“, rief sie zu ihm, als er aufgetaucht war. Ganz so einfach war das Schnorcheln nicht, aber wenigstens konnte er mit der Brille unter Wasser besser die Silhouette von April beobachten. Wie sollte er ihr nur sagen, was er empfand?  Es war so schön ihr einfach nur ein bisschen zuzuschauen, doch schließlich zogen dutzende andere Dinge seine Aufmerksamkeit auf sich.

Die Chirurgen trieben auf der Oberfläche des Meeres und konnten gerade einen Rochen- und einen kunterbunten Fischschwarm dabei beobachteten, wie sie ihrer Wege zogen. Mark holte durch den Schnorchel viel zu schnell Luft und musste hustend auftauchen. Wieder lachte er und sah zu Lexie, die ebenfalls ihren Kopf hob.

„Du siehst mit dieser riesigen Taucherbrille absolut putzig aus!“, rief er ihr zu, woraufhin sie ihre Schultern hob. Der Schnorchel steckte noch immer in ihrem Mund und so blies sie die Wangen auf. Mark schloss lachend seine Augen. „Wie ein Kugelfisch.“, murmelte er. Lexie hob ihre Schultern und steckte ihr Gesicht wieder unter Wasser, um die Fischpracht zu beobachten.

Einige Meter unter ihnen auf dem Grund paddelten April und die anderen. Nur zwischendurch tauchten sie auf um Luft zu holen. So auch jetzt. Jackson hob seinen Kopf.

„Was macht ihr da unten eigentlich?“, fragte er interessiert nach und schwamm ein bisschen näher an sie heran. Das Meer hatte eine angenehme Temperatur und die Sonne lachte auf sie hinab. Wer hätte noch vor ein paar Monaten gedacht, dass er so eine paradiesische Zeit mit April erleben könnte. Wohl keiner! So schmunzelte er jetzt auch ein kleines bisschen vor sich hin und sah in das Wasser hinab. Ein paar Fische kitzelten seine Fußspitzen.

„Och, so dies und das. Ab und zu finden sich alte Teile von Schiffen oder andere besondere Dinge.“

„Würde ich gerne mal erleben.“, lächelte er und hob seinen Blick wieder.

“Tja, ich muss dich leider enttäuschen, Jacky... du schaffst es noch lange nicht bis auf den Grund.“, kicherte sie und schwupps war April wieder verschwunden.

Jackson sah ihr nach und hob anschließend seinen Blick. Callie und Arizona trieben gar nicht mal so weit von ihm entfernt vor sich hin und sprachen über das Baby. Die Träume vom gemeinsamen Kind überschlugen sich. All die Sorgen waren während der Zeit auf dem Meer wie vergessen. Das Krankenhaus mit all den trüben Gedanken lag in weiter Ferne. Jackson wischte die Gedanken daran mit einer flüchtigen Handbewegung vom Tisch und schon lag er wieder auf der Wasseroberfläche um die farbenprächtige Welt unter ihm zu betrachten.
 

Bailey lehnte im Türrahmen und beobachtete Andrew. Schon eine ganze Weile saß er in der kleinen Kapelle im Krankenhaus. Die Hände gefaltet und die Augen fest geschlossen erweckte er tatsächlich den Eindruck, als würde er gerade beten. Seine braunen Haare standen ihm verwuschelt in alle Richtungen ab und noch hatte ihn die Müdigkeit leicht in den Fängen. Ein bisschen Ruhe wollte er gerade nur haben, doch Dr. Bailey räusperte sich erneut und störte ihn in seinen Gedanken.

„Gehen Sie weg.“, stieß Andrew mit einem Mal aus, machte dabei aber keinerlei Anstalten um sich zu bewegen.

„Warum?“, fragte Bailey nach. „Das ist ein freies Land und das hier noch dazu eine Kapelle. Sie können mir nicht verbieten hier zu sein.“, meinte die Ärztin und trat ein paar Schritte in die Kapelle.

„Sie stören mich in meiner Konzentration.“, maulte der Chirurg. Seine Stimme klang überaus belegt und noch immer hatte er das Gefühl, dass die leicht alkoholisierte Nacht ihn verfolgte.

„Sie müssen sich konzentrieren um zu beten?“, fragte Bailey interessiert nach und ließ sich neben ihm in die Bankreihen sinken.

Der irische Arzt warf ihr einen kleinen, teilweise sogar sehr genervten Blick zu. Er atmete einmal tief durch und zuckte dann mit seinen Schultern. „Ich bereite mit auf die Operation vor.“

„Sie haben Angst.“, stellte Bailey nüchtern fest.

Andrew holte einmal tief Luft und nickte dann. „Natürlich habe ich Angst. Ich habe immer Angst und Furcht, wenn ich in einem Operationssaal stehe. So ermahne ich mich selber zur Vorsicht, denn das Menschenleben ist etwas ganz besonderes. Wir sind nicht hier um Götter zu spielen, sondern wir versuchen den Teufel zu bekämpfen, der sich in den Körper eines Menschen eingenistet hat. Ich habe Angst zu versagen, denn wenn das passiert nehme ich einem kleinen Jungen sein Leben. Eltern den Sohn. Großeltern den Enkel. Klassenkameraden den Freund und der Welt einen Menschen. Ich finde es vermessen, wenn die Chirurgen behaupten, sie seien nicht Gott, wenn sie versagen. Doch wenn ihnen eine Operation gelingt benehmen sie sich genau wie ein solcher. Wissen Sie wie schwer das alles für mich ist. Ich verstehe die meisten Seiten der Beteiligten und ich versuchte nur mich irgendwie durchzumanövrieren um einen Weg zu finden, dass all die Grausamkeit, die Dunkelheit nicht gewinnt. Allerdings ist es nicht besonders einfach abzuschalten um mich voll und ganz auf die Operation zu konzentrieren und darum sitze ich hier und ersuche Beistand bei Gott.“, prasselte ein Redeschwall auf Dr. Bailey hernieder, die ihn daraufhin ein bisschen irritiert anblickte.

Er hatte wirklich Angst und scheinbar hatte sie gerade einen sehr sensiblen Nerv bei Dr. Gallagher getroffen.

„Ich weiß, es ist schwer. Wir alle Leben bis hin zu unserem Tod und wir Chirurgen sind meistens nur dafür da, das Leiden des Lebens weiter hinauszuzögern. Zumindest ist es das, was sie gerade sehen wollen, anstatt, dass sie ihre Augen öffnen und zu erkennen beginnen, was Sie im Begriff sind zu tun. Sicherlich haben Sie Angst, aber Sie lassen gerade sämtliche negative Gedanken überwiegen und Sie sind dabei ihren inneren Ängsten zu unterliegen, anstatt ihnen mit erhobenen Hauptes entgegen zu treten. Dr. Gallagher, Sie sind einer der besten Chirurgen der Welt und das ist eine große Last auf ihren Schultern aber zeitgleich auch ein großes Talent, über das sie verfügen. Hören Sie auf sich selber Angst zu machen und Beistand zu suchen, denn Sie haben diesen schon lange gefunden. Ich begleite Sie zur Operation und bleibe an Ihrer Seite und sollte die Furcht Sie noch einmal übermannen, werde ich Ihnen eigenhändig in den Hintern treten, haben Sie mich verstanden?“, hielt Bailey eine kleine Ansprache.

Andrew hatte sich ihr zugewandt und betrachtete sie ein bisschen zögerlich, ehe er langsam nickte. „Bedauerlicherweise kann ich Ihnen nicht widersprechen... hab ich schon erwähnt wie lästig Sie zeitweise sind.“

Bailey lachte auf und streckte ihm die Hand entgegen.

„Ich bin Miranda und ich denke unser gemeinsamer Plan macht uns zu so was wie Komplizen oder Freunden.“, sprach sie.

Der Ire schüttelte schmunzelnd seinen Kopf und ergriff ihre Hand. „Andrew. Und das, was wir vorhaben ist gefährlich, aber ich bin sicher, wir werden das schaffen, aber jetzt, sollten wir erstmal das Leben von Toby retten. Bist du dabei. Miranda?“, fragte er nach und erhob sich von der Kapellenbank.

Die Chirurgin grinste. „Absolut bereit, Andrew.“

Es war eigenartig wie leicht Freundschaften entstehen konnten. Wie schnell man damit begann füreinander zu kämpfen und wie einfach es sein konnte, neue Hoffnungen zu schöpfen. Andrew schmunzelte vor sich hin und verließ mit Bailey die Kapelle. Schulter an Schulter lehnten Alex und Tamina an der Wand direkt gegenüber. Sie stießen sich ab und folgten Oberarzt und Stationsärztin in Richtung Operationssäle. Hier waren sie also. Zu viert gegen das Böse. Gegen Burke!
 

Callie zog sich aus dem Wasser und blieb am Rand der Yacht neben ihrer Lebensgefährtin sitzen. Ihre Beine baumelten noch im Wasser und so beobachtete sie die Anderen. Immer wieder machte Mark mit Lexie seine Scherze und setzte alles daran, damit sie Lucas nicht zu Nahe kam. In der Zwischenzeit bemühte sich Jackson die Gunst von April zu erlangen.

„Glaubst du unser Plan hat doch noch Erfolg?“, fragte Callie mit einem Mal und legte ihren Arm um die zierlichen Schultern ihrer Lebensgefährtin.

„Warum sollte er keinen Erfolg haben? Wir sind gerade dabei die Paare zusammenzubringen und hey, alle scheinen doch im Moment glücklich zu sein.“, seufzte Arizona zufrieden.

„Zumindest die, die hier sind ... außer Derek und Meredith.“ Callie knabberte etwas auf der Innenseite ihrer Wange herum und schloss kurz ihre Augen.

„Vielleicht hat das Schicksal entschieden, dass beide neue Horizonte ansteuern müssen und das ihre Wege besser verlaufen, wenn sie getrennt voneinander sind. Derek ist nicht glücklich mit Meredith und ich weiß, dass Mer Derek unglaublich liebt und ihn an sich binden will, aber niemanden steht zu, das Glück eines anderen zu nehmen nur um selber glücklich zu sein. Eines Tages wird Meredith das auch noch erkennen und wer weiß, vielleicht führ das Schicksal sie und McDreamy wieder zusammen, auch wenn der Weg dorthin sehr lang, steinig und mühsam sein kann.“, lächelte Arizona aufbauend und hob ihre Beine kurz aus dem Wasser.

„Vielleicht hast du Recht...“

„Nicht nur vielleicht! Das Leben ist nicht immer einfach und für Meredith ist es an der Zeit endlich los zu lassen, auszuziehen und ihr eigenes Glück zu finden, ohne sich dabei immer von anderen abhängig zu machen. Irgendwann wird ihr das sicher gelingen.“, sprach Arizona bevor sie sich wieder ins Wasser gleiten ließ.

„Du hast sicher Recht.“, atmete Callie tief ein und sah wieder hinüber zu Jackson und April.

Sie war gerade aufgetaucht. In ihren Händen lag eine große Muschel und überreichte sie grinsend Jackson, der ein bisschen skeptisch über den harten ‚Panzer’ streichelte. „Ich glaub ich hab noch nie so eine große Muschel gesehen.“, murmelte er und reichte sie April zurück.

„Hast du Angst das sie dich beißt?“, fragte sie kichernd an.

Er hob seine Schulter.

„Du musst dich hier auf Roatán eigentlich nur vor einer Schildkröte fürchten, aber die lebt an einem anderen Strandteil.“, meinte sie und strich die Muschel entlang, genauso wie Jackson seine Finger darüber gleiten ließ.

„Warum?“, fragte er sogleich skeptisch nach.

„Wenn du ihr ins Gesicht pustest, jagt sie dich.“

Jacksons Augen weiteten sich vor Entsetzen. April entkam ein lautes Prusten.

„Du hast mir das gerade nicht ernsthaft geglaubt oder?? Man du solltest dein Gesicht sehen!!“, kicherte sie.

Beide hatten ihre Taucherbrillen nach unten gezogen, sodass sie um den Hals der jungen Chirurgen baumelten. Jacky atmete tief durch. „Das ist nicht nett, wenn du mich so auf den Arm nimmst.“, brummte er mit einem kleinen Schmollmund vor sich hin und sah wieder hinab auf die Muschel. Ohne das es ihm für einen Moment aufgefallen war, hatte er seine Hände auf die schmalen, zierlichen von April gelegt. Er lächelte. April ebenso, als sich ihre Blicke erneut begegnete.
 

 

V. Tauchgang (Teil 2)

V.

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29. Kapitel: Tauchgang (Teil 2)
 

Ihre warmen Hände lagen unter seinigen. Es war ein absolut mystischer, magischer Moment. Sie guckte ihn einfach nur an und wieder hatte Jackson das Gefühl, als ob ihn die Wärme nur so durchflutete. Ihm wurde ganz heiß, vor kribbelnder Aufregung. Langsam nur näherte er sich April, zog sie noch ein bisschen näher an sich heran.

Ein lautes Kreischen durchschnitt die traute Zweisamkeit der beiden Chirurgen. April zuckte zusammen und die Muschel rutschte aus ihren Händen und sank in die Tiefe zurück. „Oh nein.“, jammerte sie und drehte sich dann kurz um.

Arizona und Callie standen auf der Yacht und riefen „Hai, Hai, Hai!“

Jackson zuckte zusammen und paddelte sofort in die Richtung des Bootes. „Ganz ruhig. Das sind nur Katzenhaie, die tun nichts.“, kicherte sie ein bisschen, als sie die beiden kleinen Haie entdeckte, die gerade ein paar Fische aus dem Schwarm fingen um scheinbar zu Frühstücken.

„Wie kannst du so ruhig bleiben. Es ist ein Haifisch.“, murmelte Jackson und schwamm weiter zur Yacht zurück. Lexie und Mark waren dort mittlerweile angekommen.

Die anderen der Gruppe lachten darüber sehr laut und tauchten im nächsten Moment wieder nach unten. April schwamm hinter Jackson her und zog sich nach ihm aus dem Wasser. Er sah sie einen Moment skeptisch an. „Das ist ein Hai.“, stellte er nochmal fest.

„Nur sind die meisten Haie nicht gefährlich. Nur wenn sie Blut schmecken und vollkommen ausgehungert sind.“, klärte April die leicht in Panik geratenen Chirurgen auf. Sie wickelte sich ein Handtuch um den Oberkörper und öffnete eine Kiste. „Limo, Wasser oder Cola?“, fragte sie nach und teilte danach die Getränke aus. Sie ließ sich neben Jackson fallen und lächelte ein bisschen, während ihre Freunde tauchen waren.

„Willst du nicht mehr mit?“, fragte Mark nach und ließ sich auf ihre andere Seite sinken.

„Später. Ich bleib kurz bei euch.“

Sie öffnete ihre Coladose und warf noch einen besorgten Blick zu Mark, der ihr eindeutig zu sehr auf die Pelle rückte. Jackson gefiel das so gar nicht, weshalb er angesäuert die Unterlippe nach vorne schob und seinen Vorgesetzten etwas stinkig ansah. Jackson rieb sich etwas über die behaarten Wangen und er spielte kurz mit seinem Ziegenbärtchen, während er genauso zu April rutschte. Lexie rollte mit ihren Augen. Sie saß neben Arizona und Callie. Arizona war damit beschäftigt ein paar Fotos zu knipsen und Callie beobachtete ganz fasziniert die kleinen Haie und die Taucher, die nur immer für ein paar Sekunden auftauchten, Luft holten und wieder in der Tiefe verschwanden. Lexie erhob sich mit einem Seufzen und erhob sich von ihrem Sitzplatz. Mit der Limonade schlenderte sie zum vorderen Teil der Yacht und ließ sich dort im strahlenden Sonnenschein nieder. Ein wenig rekelte sie sich in dem Licht und wartete. Es war doch so klar, dass sie nicht lange alleine blieb! Mark gesellte sich mit einem Lächeln zu ihr.

„Na du?“, fragte er nach und setzte sich neben sie. „Soll ich dir den Rücken eincremen? Du warst gerade erst in dem Wasser.“, bot er mit einem breiten Grinsen an. Er zog seine Augenbraue nach oben und ließ seinen Blick ungeniert über Lexie gleiten, die im strahlenden Sonnenlicht Ihre weiße Haut und ihre meerblauen Auge leuchteten geradezu. Schon immer war sie die wohl größte Verführung, die es in dieser Welt gab. Seit er die kleine Grey zum ersten Mal gesehen hatte, dominierte sie seine Gedanken Er versuchte sich immer nur mit anderen Frauen auf andere Gedanken zu bringen, aber er scheiterte. Lexie versuchte ihn zu ignorieren. Allerdings auch nur weil sie mit den folgenden Worten nicht rechnete. Mark holte tief Luft.

„Du fehlst mir.“

“Mark!“

„Willst du behaupten du fehlst mir gar nicht?“, fragte Mark nach und rutschte etwas näher zu ihr heran.

„Ich glaube du kannst Gedanken lesen. Du gaffst die ganze Zeit anderen Frauen hinterher und jetzt versuchst du mir weiß zu machen, dass ich dir fehle? Mark, das ist an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten.“, seufzte die junge Frau auf.

„Du fehlst mir wirklich.“, seufzte er auf und strich sich durch seine kurzen, braunen Haare, in denen bereits die ersten silbernen Teile schimmerte. Er versuchte ihren Blick aufzufangen, doch das war gar nicht so einfach. Lexie rutschte nervös auf den rutschigen Planken des Schiffes hin und her.

„Gehst du mit mir aus?“, fragte Mark nach, nachdem sie so gar nicht auf seine bisherigen Worte reagierte.

„Mark...“, flüsterte Lexie und knabberte nervös auf ihrer Unterlippe herum. „... wieso machst du das mit mir?“

Die junge Frau setzte sich auf und strich sich über ihren blassen Bauch.

„Bitte. Es geht nur um ein Date. Hier auf der Insel. Sobald wir wieder in Seattle sind, lasse ich dich in Ruhe und wir beide gehen wieder getrennte Wege. Lass uns doch hier so tun, als ob es unsere Trennung, meine Tochter und all diese Dinge niemals gegeben hatte. Lass uns das Paradies genießen und noch einmal einen Traum leben, kleine Grey.“, sagte er und rutschte näher an sie heran.

Lexie schürzte ihre Lippen und sah mit fragenden Ausdruck auf den Zügen zu ihm nach oben.

„Cremst du mir den Rücken ein?“, fragte sie nach und deutete auf die Sonnenmilch, die aus ihrer Tasche hervor blitzte.

„Das ist keine Antwort auf meine Frage, kleine Grey.“, sprach er grinsend.

Lexie schauderte, wie immer wenn er sie ‚kleine Grey’ nannte. „Ich mach dir ein Angebot. Du cremst mir den Rücken ein und ich denke bei einem unverfänglichen Abendessen über dein Angebot nach.“, lächelte sie ihn an. Mark grinsten und schnappte die Sonnenmilch. Seine Hände glitten über ihren Körper und er musste einmal schwer aufseufzen, als er ihre weiche Haut unter seinen Fingern fühlte. Er wagte es nicht noch etwas zu sagen, sondern sah sie einfach nur an und genoss die Momente des Friedens und der Ruhe.
 

Arizona hatte eine Packung Chips gefunden und schob sich die ersten paar in den Mund. Dabei beobachtete sie Mark und Lexie. „Ich glaube unser Plan ist gar nicht so schwer umzusetzen.“, flüsterte sie ihrer Lebensgefährtin zu.

„Das mein ich auch. Guck mal, bei den Zwei wirkt es auch.“, murmelte Callie und nickte zu Jackson und April, die nebeneinander saßen wie zwei verschüchterte Teenager.

„Die Chirurgen gehen heute Abend zum Essen. Willst du mitkommen?“, fragte Jackson nach und lehnte sich zu ihr hinüber. Er nahm all seinen Mut zusammen und legte seinen Arm um die Schultern von April. Sie errötete zwar ein bisschen, sperrte sich aber nicht gegen die sanfte Berührung ihres Freundes.

„Eigentlich nicht. Ich wollte mit dem Boot raus fahren und ein Atoll beobachten. Das ist nachts besonders schön. Es leuchtet. Weißt du.“, teilte sie ihm mit einen kleinen Lächeln mit.

„Oh.“ Jackson wirkte enttäuscht, versuchte sich das aber nicht anmerken zu lassen. Stattdessen lächelte er ein bisschen vor sich hin und starrte in die Luft.

„Du... du könntest mich begleiten.“, bot April auf einmal mit einem kleinen Lächeln an.

„Ähm .... ich.“

“Er kommt mit!“, warf Arizona sofort ein. „Uns macht es nichts aus, wenn er nicht mit uns essen geht und ich denke, dass es was ganz besonderes ist, ein Atoll zu beobachten.“

Callie nickte entschieden und ließ sich nicht weiter von dem Stirnrunzeln von Jackson beeindrucken.

„Okay. Ich komm mit.“, grinste er mit einem Mal.

April klatschte in ihren Händen und erlag der Versuchung sich kurz gegen ihn zu kuscheln. Es dauerte nur ein paar Sekunden, denn Lucas tauchte auf und winkte sie herbei. Die junge Frau sprang auf und schenkte der Gruppe noch ein letztes Lächeln, bevor sie den anderen Tauchern Gesellschaft leistete.

„Ihr meint das ist eine gute Idee?“, fragte er nach.

„Ja! Und dann kannst du endlich die Chance nutzen ihr zu sagen, was du empfindest.“, sagte Callie ruhig und lächelte ihn aufbauend an. „Du liebst sie. Wird dir dem endlich bewusst und fasse den Mut es ihr zu gestehen.“

Jackson atmete tief durch. „Vermutlich habt ihr wirklich Recht.“, seufzte er auf.

Ein bisschen Sorgen machte er sich schon, das war nicht zu leugnen. April war etwas ganz besonderes, das war ihm inzwischen klar geworden und so hoffte er nur noch darauf, dass sie ebenso empfand wie er.

Die Rest der Tauchfahrt verging schweigend. Die Tauchermannschaft holte nach einer Weile ein paar Flaschen und dann verschwanden sie für eine kleine Weile in der Tiefe. Jackson schwamm noch eine Runde und versuchte doch tatsächlich ein paar Meter tiefer zu tauchen, aber das war leider gar nicht so einfach. Die Rückkehr nach Roatán verlief schweigend, denn die Ärzte waren müde und die Taucher noch vollkommen aufgeheizt und genossen noch die Sonne. Erst am Nachmittag kehrten die Truppe zurück zum Strand, wo sich die Wege vorerst trennen sollten.

„Wir sehen uns dann heute Abend?“, fragte April und trat mit einem kleinen Lächeln hinter Jackson her. Die anderen Chirurgen waren schon voraus geschnitten.

“Na klar. Ich lass dich ja nicht alleine in See stechen.“, lächelte er ihr zu.

Noch einmal strahlte er die kleine Kepner an, bevor er sich abwandte und den anderen Chirurgen hinterher lief. Schon jetzt freute er sich wie ein kleiner Junge auf den Abend mit April. Auf hoher See. Nur er und sie. Jackson blieb stehen und sah nochmal zurück. Hoffentlich wurde der Abend so wie er ihn sich vorstellte. Die Lippen des jungen Mann kräuselten sich noch einmal zu einem Lächeln. „Ich liebe diese Insel!“, stieß er freudig aus und rannte los um mit den anderen in Richtung Haus zurück zu kehren.
 

Andrew stand vor den Waschbecken und säuberte sich seine Fingernägel, rubbelte seine Hände mit Seife ein und starrte hinüber in den Operationssaal. Toby lag auf dem Tisch, die Arme von sich geschnallt und eine Art Folie so aufgehängt, dass nur sein Brustkorb zu sehen war. Der kleine Junge wurde gerade in Narkose versetzt, während er ein leises Gebet sprach. Er hatte Angst. Furchtbare Angst, denn diese Operation konnte alles verändern.

Der Ire knirschte mit seinen Zähnen und starrte auf seine Hände zurück. Das Wasser lief darüber und tropfte in das Waschbecken zurück. Er atmete wieder tief ein und wieder aus. Fühlte die Angst in sich aufsteigen, weshalb er einmal tief Luft holte.

„Ich schaffe das...“, murmelte er zu sich selber und sah auf die silberne Kette, die er zuvor abgelegt hatte. Sie lag neben dem Waschbeckenrand. Es war ein kleines Kreuz, das er seit seinem fünften Lebensjahr trug. Es hatte ihm immer Glück gebracht und ihn daran erinnert, dass es mehr gab, als die Medizin. Eine höhere Macht, die letzenendlich über Leben und Tod entschied.

Die Tür öffnete sich und Tamina Harper betrat den Raum. „Sie... sie schaffen das oder?“, fragte sie nach und erntete nur einen mahnenden Blick aus den strahlend blauen Augen.

„Es gibt Momente im Leben, in denen hat man keine andere Wahl. Ich muss diesen kleinen Menschen retten, denn er hat ein Leben verdient. Er hat es verdient aufzustehen, nach Hause zu fahren und die Welt zu genießen. Er soll mit dem Motorrad über das Land fahren, oder nachmittags eine Runde mit dem Pferd reiten. Er soll groß werden, mit seinen Freunden ein Guiness in einem Pub trinken und erfahren was die Liebe ist. Irgendwann soll sich Toby entscheiden ob er auf der Farm seines Vaters arbeiten will, oder ob er das elterliche Haus verlässt um ... Medizin zu studieren. Eines Tages wird er vor vielen Scherbenhaufen in seinem Leben stehen und dann wird er den Mut haben, sie wieder aufzusammeln und zu etwas Neuem zusammenzusetzen. In erster Linie muss ich das hier schaffen, damit er ein glücklicher Junge, ein selbstbewusster Teenager und ein zufriedener Erwachsener wird. Also ja: Ich schaffe das, weil ich das schaffen muss!“, sprach Andrew mit einem Mal sehr entschieden und sah Tamina ein paar Sekunden an.

Sie schürzte nachdenklich die Lippen. Hatte er gerade über sich gesprochen? „Sie kommen von einer Farm?“, fragte die junge Anfängerin nach.

„Ja.“, antwortete Andrew mit einem kleinen Seufzen und spülte sich die Hände erneut ab.

„Dr. Gallagher...?“

Andrew sah sie an.

“Sie schaffen das!“, sprach sie vollkommen überzeugt und schenkte ihm ein warmes, aufmunterndes Lächeln, das ihn ebenfalls kurz schmunzeln ließ.

„Das werde ich und wenn ich das geschafft habe, wende ich mich der nächsten Aufgabe zu.“, sprach er und stieß die Tür in den Operationssaal auf. Noch immer war ihm so mulmig zu Mute und ganz hatte er die Angst nicht vertrieben, doch ein kleiner Keim Hoffnung wuchs und wuchs immer mehr und verdrängte die Angst von ihrem Platz.

Die OP-Schwestern legten ihm Handschuhe und OP-Kittel an. Im Anschluss noch Brille und andere Gerätschaften. So trat er an den Operationstisch und sah sich noch einmal Toby an, der ganz friedlich vor sich hin schlief. Andy beugte sich zu ihm herab. „Und du schaffst das erst Recht, hast du mich gehört?“, fragte er schmunzelnd nach.

Tamina hatte den Operationssaal ebenso betreten und stand mit einem Mal an der Seite von Andrew.

„Sie haben was vergessen.“, murmelte sie und öffnete ihre Hand, in der die Silberkette lag. Andy nickte und wartete darauf, dass Tamina ihm vorsichtig das Schmuckstück zurück um den Hals legte. Ein tiefes ein und wieder ausatmen fuhr durch Andrews Körper und seine blauen Augen wanderten prüfend durch den Operationssaal.

„Heute ist der Tag, an dem wir ein Menschenleben retten. Geh deinen Weg ruhig inmitten von Lärm und Hast und wisse,welchen Frieden die Stille schenken mag. Amen.“, murmelte er einen irischen Segenswunsch, bevor er nach dem Skalpell verlangte. Bailey stellte sich auf ihren Hocker und sah auf den Körper des Jungen, der just in diesem Moment geöffnet wurde. Ihre Lippen verließ noch ein leises ‚Amen.’
 


 

~*~
 

„Veränderung kommen wie eine Brise, die abends die Gardinen fliegen lassen, wie das verstohlene Parfüm einer im Gras verborgenen Wildblume.“, schrieb eins schon John Steinbeck.

Ich weiß nicht ob Veränderungen aufhaltbar sind, oder ob wir uns ihnen einfach unterordnen müssen. Hat es einen Sinn zu hoffen, zu glauben und zu leben, wenn das Leben so gar keinen Sinn mehr zu haben scheint? Was sind die Intentionen, die uns antreiben und uns dazu zwingen uns zu verändern.

Was geschieht, wenn auf einmal der Gedanke stehen zu bleiben, sich nicht mehr zu verändern und stattdessen zu verschwinden, so viel mächtiger wird? Wir schaffen es ja doch nicht, dass alles wieder so wird wie früher, ganz gleich wie sehr wir auch hoffen mögen...
 

(Meredith Grey)

 

V. Dämmerung

V.

Into the blue   
 

30. Kapitel: Dämmerung
 

Der Tag auf der Insel Roatán neigte sich schneller dem Ende zu, als es manchen wohl lieb war. Den ganzen Tag verbrachte die Seattle Grace Clique, derzeit bestehend aus Mark, Lexie, Arizona, Callie und Jackson, ihre Zeit in der Stadt und auch Meredith war irgendwo unterwegs. Derek erfüllte sich einen Traum und besichtigte die großen Schiffe und Fähren, während Owen und Cristina die Abwesenheit der ganzen Chirurgen nutzten und ihre Zweisamkeit genossen.

Die Sonne brannte wie ein großer Feuerball am Horizont und tauchte die Insel in ein warmes, orange-rotes Licht! Die Schatten der Bäume wurden länger und das glitzern des Wasser schwoll an. Es war ein unglaubliches Licht, das alles für sich vereinnahmte und eine unglaubliche Wärme in den Herzen der Bewohner und der Besucher von Roatán ausbreitete. Im untergehenden Licht wirkten manche Palmen schwarz und nur eine leichte Priese bewegte die mächtigen Palmen und auch die anderen Bäume und Pflanzen. Vereinzelt schoben sich ein paar Wolken über den Horizont und ließen das Bild, das sich den Chirurgen bot noch um einiges schöner erscheinen. Es war ein tief romantischer und wunderschöner Anblick, der so viel Ruhe und Frieden mit sich brachte. Mehr und mehr verschwanden die Sorgen und vor allem die Chirurgen konnten den Ballast von ihrer Seele nehmen. Der Amoklauf rückte in immer größere Ferne, bis er schließlich ganz aus den Herzen von ihnen verschwand.
 

Arizona und Callie nahmen versteckt am Rande des Restaurants platz. Von hier aus ließen sich Mark und Lexie überaus gut beobachteten. „Mission Amor ist gestartet.“, flüsterte die Schwangere, woraufhin Callie sogleich nickte.

„Perfekt ... und wenn alles glatt läuft, benimmt sich Jackson auch gegenüber April nicht länger wie ein blinder Fisch. Wobei mir wohler wäre, wenn wir ihn beobachten können.“, murmelte Callie noch leise.

„Wir hätten uns wohl kaum mit auf das kleine Schiff quetschen können. Jetzt ist unser Küken auf sich gestellt. Jacky wird das schon schaffen.“, sprach die Blondine zuversichtlich und verbarg ihr Gesicht hinter der Karte. Immer wieder glitt ihr Blick jedoch hinüber zur anderen Seite des Restaurants. Mark und Lexie hatten gerade Platz genommen, Getränke bestellt und besahen sich gerade ebenso die Karte. Noch schienen die Zwei nicht viel miteinander zu reden, aber Torres und Robbins waren verdammt zuversichtlich!

„Hoffentlich wird er das. Wenn er denn überhaupt begriffen hat, was er wirklich für April empfindet.“, gab Callie noch zu bedenken.

„Ich glaube das Jackson es begriffen hat, aber genau davor Angst hat. Oh mein Gott, wenn ich so an die letzten Woche denke..  weißt du was? Als Kepner noch bei uns im Krankenhaus war, da hat man ihr manchmal schon angesehen, dass sie ihn gern hat. Die beiden haben es verdient, nach so langer Zeit glücklich zu sein.." Lächelnd runzelte sie die Stirn. Ja, Arizona und sie sollten sich vielleicht öfter darin üben, andere Menschen glücklich zu machen, auch wenn es damals bei Teddy und Mark ein wenig nach hinten losgegangen ist. Jetzt hatten sie bei Mark ja eine weitere Chance. Er gehörte zu Lexie. So viel war gewiss. Auch wenn die beiden gerade voreinander saßen wie zwei Teenager, die nicht recht wussten, was sie miteinander reden sollten.

Daher kam der Kellner auch sehr gelegen.
 

Mark und Lexie ahnten ja nicht, dass sie von zwei Ladys ganz genau beobachtet wurden und so waren sie doch ein kleines bisschen verklemmter. Lexie begriff noch immer nicht wirklich, warum sie dieser ganzen Sache überhaupt zugestimmt hatte. Es war so merkwürdig wieder mit Mark auszugehen, allerdings auch unglaublich schön. So zierte ein sanftes Lächeln ihre Züge, während sie ihr Gesicht hinter der Karte versteckte und erst hervorspitzte, als sich der Kellner des schönes Restaurants, das Mark ausgewählt hatte, zu ihnen trat. Allerdings war sie so tief in Gedanken versunken gewesen, dass sie gar nicht mehr daran gedacht hatte, nach etwas zu Essen zu suchen! Mark ergriff das Wort.

„Calaou als Vorspeise und danach cab backs.“, bestellte Mark und starrte noch immer in die Karte. Die ganzen Speisen überforderten ihn nach wie vor, allerdings versuchte er sich nichts davon anmerken zu lassen.

Nervös knabberte die kleine Grey auf ihrer Unterlippe herum und sie warf einen kleinen Blick in Richtung Kellner, der sie abwartend und trotzdem ruhig begutachtete. „Ich bekomm das selbe und dazu einen Litchisaft...“, sagte sie hastig und reichte ihm die Karte zurück.

„Seit wann isst du Krebs?“, fragte Mark. Das Lächeln auf Lexies Zügen erstarb.

“Wie was... was hab ich bestellt?“, kam verwirrt über ihre Lippen, als der Kellner bereits verschwunden war.

„Als Vorspeise Calaou, das ist eine Suppe und danach 'cab backs' das sind Krebsschalen, die mit würzigem Krebsfleisch gefüllt werden“, antwortete er ruhig.

“Ewww ...“, murmelte Lexie und verzog angewidert ihr Gesicht.

„Ich geh für dich umbestellen.“, zwinkerte Mark ihr zu, legte die Servierte beiseite und erhob sich eilig um dem Kellner zu folgen. Immerhin sollte das ein schöner Abend werden.

Lexie rutschte nervös auf ihrem Stuhl hin und her, als Mark auch schon wieder zurück kehrte. Mit großen gespannten Augen sah sie ihm entgegen. „Du bekommst Bratkartoffeln und ein schönes Filet vom Rind.“, zwinkerte er ihr zu.

Augenblicklich musste Lexie breit grinsen. „Ich habe ganz vergessen, wie gut du mich eigentlich kennst.“, strahlte sie ihn an.

„Wir haben beide so einiges vergessen wie mir scheint.“, sprach Mark und legte die Serviette wieder auf seinen Schoss. Er nahm einen Schluck von seinem gekühlten Bier und sah Lexie wieder an. Das Fragezeichen stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben und so sprach er auch sofort weiter. „Hör zu, Alexandra, in den letzten Wochen ist so viel in unserem Leben passiert und ich weiß, dass ich mich dir gegenüber nicht immer fair verhalten habe. Ich habe dich das ein oder andere Mal vergessen oder ... alleine in der Dunkelheit gelassen, zumindest scheinst du das zu glauben, aber ich war immer da, Lexie. Auch an jenem schrecklichen Tag. Der Amoklauf ist jetzt schon so lange her und auch was danach passierte... oder währenddessen.“, seufzte er auf und streckte seine Hand aus.

„Ich will neu anfangen im Leben, Lexie, aber das kann ich nicht.“, fuhr er leise fort.

„Wieso kannst du es nicht?“, fragte Lexie nach. Sie wusste nicht, ob sie seine Hand ergreifen sollte, oder nicht. Es kam ihr gerade so schrecklich schwer vor.

„Weil ich mein neues Leben nicht ohne dich beginnen möchte.“

Sie sah auf, sah ihm an und versank im selben Atemzug in diesen strahlend blauen Augen. Die junge Frau blinzelte und schluckte den dicken Kloß, der sich in ihrem Hals gebildet hatte herunter.

„Ich verstehe nicht, was du meinst...“, murmelte sie und versuchte mit den Worten ihren lauten Herzschlag zu übertönen.

„Ich meine, dass ich alles versuche um ein neues Leben zu beginnen. Ich hab sogar versucht mich mit Kepner abzulenken, aber ich kann nicht!! Ich kann ohne dich nicht atmen und ich bin nur dann wirklich glücklich, wenn du in meiner Nähe bist!“, stieß er aus und streckte seine Hand noch ein kleines bisschen mehr aus.

Lexie presste fest ihre Lippen aufeinander und gab sich einen kleinen Ruck um seine Hand zu nehmen. „Mark, ich weiß nicht was ich sagen soll... ich vermisse dich auch und ich ... wünschte mir all die Dinge wären nie passiert, damit wir wieder die Lexie und der Mark von früher sein können. Ich weiß jedoch nicht wie das geht.“, flüsterte sie ihm zu und unterdrückte sich die Tränen, die gerade aufstiegen.

So viele Dramen ereigneten sich um sie herum und doch war Mark immer wieder Fels in der Brandung in ihrer Nähe und das verwirrte sie auch ein kleines bisschen. Noch immer schlug ihr Herz schneller, wenn er nur bei ihr war.

Mark zog seine Hand zurück und lächelte.

Lexie hob irritiert eine Augenbraue und fühlte etwas in ihrer Hand liegen. Langsam drehte sie diese um und öffnete die Handfläche. Ein kleiner, silberner Ring mit einem blau schimmernden Saphir und zwei kleinen Diamanten lag in ihren Händen. Ihr blieb der Mund offen stehen. Und ihre Augen weiteten sich, als sie erkannte, was das für ein Ring war...
 

Nach einem wunderschönen und vor allem extrem entspannten Nachmittag freute sich Jackson umso mehr auf den gemeinsamen Abend mit April. So kam er pünktlich um sechs wieder bei der Villa an. April konnte er schon weiten entdecken. Sie stand auf dem langen Pier und war damit beschäftigt die kleine Yacht zu beladen. In dem untergehenden Sonnenlicht sah sie noch eine Spur hübscher aus als sonst. Deshalb konnte er nicht anders als sanft zu lächeln, ehe er sich in Bewegung setzte und zu ihr hinüber schlenderte.

„Hey, April.“, stieß er freudig aus. Die junge Frau hob einen Blick und sah zu ihm hinüber.

„Sieh an, du bist pünktlich.“, freute sie sich und schenkte ihm ein kleines Lächeln. Es passierte ihr doch tatsächlich, dass sie für einen Moment in seinen wunderschönen, grünen Augen versank.

Jackson hatte einfach unglaubliche Augen. Das grün mit dem leichten Touch blau hatte sie schon im ersten Moment verzaubert, aber wohl viele andere Frauen auch. Jackson war einfach ein unglaublich attraktiver Mann mit den besonderen Augen, dem smarten Lächeln und den überaus guten Körperbau, den sich April gar nicht so genau besehen wollte.

’Lieber nicht zu tief in die Augen schauen’, beschloss sie für sich und wandte mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen ihren Blick ab, denn gerade jetzt drohte sie einfach in seinen Augen zu versinken. Die kleine Yacht wackelte unter ihren Füßen, als sie die beiden sie betraten.

„Klar. Ansonsten hätte ich ja Angst haben müssen, dass du ohne mich fährst.“, zwinkerte er ihr zu.

“Und du bist sicher, dass nichts passieren kann?“, fragte Jackson nach und ließ seinen Blick schweifen. Die Sonne ging gerade unter. In der Dunkelheit einfach so aufs Meer hinaus fahren erschien ihm nicht besonders ... clever. Die Sorge zeichnete sich deshalb deutlich in seinen Augen ab, wobei er noch immer versuchte mit einem Lächeln die Unsicherheit zu überspielen.

„Ich war schon dutzende Male draußen.“, winkte April ab und warf die beiden Schlafsäcke in die kleine Koje unter Deck.

„Sag bloß, du hast Angst mit mir die Nacht zu verbringen.“, witzelte sie mit einem Mal, woraufhin Jackson irritiert blinzelte. Sein Kopf ruckte und schon sah er ihr wieder in die Augen.

„Das... das war jetzt nicht so gemeint, wie es geklungen hat!“, stieß sie rasch aus und rieb sich nervös über den Hinterkopf.

Hastig wandte sie sich ab und begann damit die Leinen los zu machen. Jackson sah ihr nach und grinste.

„Wieso sollte ich nicht mit dir die Nacht verbringen wollen?“, fragte er dann mit einem Mal nach und erntete dafür einen verwirrten Blick.

„Lassen wir das... wir müssen jetzt eh los.“, wehrte April dieses peinliche Gesprächsthema ab. Rasch löste sie die letzte Leine und schon stand sie am Ruder der kleinen Yacht.

Für April war es sehr schwer gerade nicht an Jackson zu denken, zumal er so dicht bei ihr war. Es war schlimm, wirklich schlimm. Sonst war sie immer auf Roatán um nicht an ihn zu denken und jetzt hatte sie ihn quasi mit dabei! Deshalb versuchte sie sich jetzt damit abzulenken und starrte einfach nur auf das Meer, lenkte das Schiff an den anderen gewaltigen Booten vorbei und dann direkt aufs offene Meer. Sie warf ihm einen Blick zu, den er allerdings nicht bemerkte. Gerade lenkte April die kleine Yacht an all den riesigen Dampfern vorbei.

Mit beinahe ehrfürchtigem Blick sah Jackson an den riesigen Schiffen hinauf, an denen sie gerade vorbei schipperten. Es war schon ein wenig angsteinflößend, wie hoch und mächtig sie aussahen, vor allem im Halbdunkel. Kurz sah er hinüber zu April, die konzentriert das Boot lenkte. Sie schien angespannt zu sein und ein bisschen übertrug es sich auch wieder auf Jackson, doch je weiter sie sich vom Hafen entfernten und aufs offene Meer hinausfuhren, legte es sich. Lächelnd sah er auf das Wasser, in dem sich die letzten strahlen der Sonne spiegelten und das Wasser orange glitzern ließ. Sie steuerten direkt in die Richtung einer kleinen Lagune..
 

~*~
 

„Khalil Gibran  schrieb eins: Der Widerschein der Sonne in einem Tautropfen ist nicht weniger schön als die Sonne selber, und die Spiegelung des Lebens in eurer Seele ist nicht weniger kostbar als das Leben selber.

Was passiert, wenn die Sonne untergeht. Was geschieht, wenn die Nacht und die Dunkelheit regiert. Manch einer wird mutiger in der Sicherheit der Dunkelheit, andere fürchten die Finsternis und das übel, dass sich in den Schatten verbirgt.

Ist das Leben leichter wenn die Sonne scheint, oder wenn der Regen auf die Erde prasselt. Das Leben ist etwas kostbares. Ein Geschenk und manche Menschen sind dabei es zu vergeuden. Andere wiederum nehmen es, so wie es ist und leben ... leben einfach nur noch und sorgen dafür, dass es ihrer Seele gut geht. Egal ob in der Dunkelheit oder im Licht. Das Leben beginnt jeden Tag aufs Neue und letzenendlich sind wir dafür verantwortlich zu entscheiden, wohin uns unser Weg führt. Ob wir die Liebe oder die Flucht wählen ...“
 

Meredith Grey

V. Das Korallenriff

V.

Into the blue   
 

31. Kapitel: Das Korallenriff
 

Es war die bislang wichtigste Operation in seinem Leben! Nicht das sie besonders wichtig für seine Karriere war, nein, ihm bedeutet der kleine Junge so viel und schon lange hatte Andrew den festen Vorsatz gehabt, dass er Toby retten wollte. Heute war es soweit, dass sich sein Schicksal entschied. Nicht nur Tobys Schicksal, sondern auch Andrew’s, denn er hing seinen weiteren Arbeitsverlauf an diese Operation. Sollte er versagen, wollte er nicht mehr operieren.

Zu viele Menschen hatte er in den letzten Monaten verloren und damit war jetzt entweder auf die eine oder die andere Art Schluss. Viele Stunden dauerte die Operation. Zwischenzeitlich stand es gar nicht gut um Toby. Immer wieder sank sein Blutdruck ab und die Transplantate mussten besonders oft überprüft werden, bevor sie ihm eingesetzt werden konnten. Andrew konnte von Glück reden, dass er in der ganzen Zeit drei Chirurgen an seiner Seite hatten, die ihm obwohl das er sie kaum kannte, Hoffnung gaben. Alex Karev, Miranda Bailey und Tamina Harper.

Nur ab und zu huschte sein Blick hinauf zur Galerie, die dementsprechend voll war. Selbst Burke hatte sich eingefunden und beobachtete ihn genau! Andy war glücklicherweise Profi genug um das auszublenden und so verging Stunde um Stunde. Immer weiter schritt die Operation voran und je mehr Handgriffe erledigt waren, desto komplexer wurde alles.

Erst nach exakt 15 Stunden war die OP beendet...
 

Den ganzen Tag waren kleine Stände aus Holz und mit Strohdach errichtet worden und in der Mitte des langen Strandes stand eine Bühne von der die lauten Töne kamen. Kurz vor dem Wasser waren viele Fackeln positioniert und zwischen den Buden waren mehrere Ketten mit Lampions gespannt. Es war ein unglaubliches Ambiente, dass den Leuten sichtlich Freude bereitete. Überall wurde gesungen, getanzt und gelacht, vor allem in der Nähe der Bühne, wo sich die Spanier nur so überschlugen vor Begeisterung. Die Sonne neigte sich immer weiter dem Untergang zu und das sorgte dafür, dass auch Owen und Cristina das Haus verließen. Den ganzen Tag hatte sie die traute Zweisamkeit im Haus genossen, doch mit der Rückkehr von Derek war die gute Laune verflogen. Bedauerlicherweise hatte er ein ziemliches Talent bewiesen, die Beiden in nicht ganz so passenden Situationen zu stören.

So schlenderte das Paar gemütlich den Strand entlang und beobachteten die zahlreichen feierwütigen Leute. Auch manch eine Palme war beleuchtet, weshalb es einfach nur ein herrlicher Anblick war...  Für jemanden, der es noch nie erlebt hatte – wie Cristina und Owen - musste es wohl noch ein atemberaubender Anblick sein, als für jemanden, der schon öfter an solchen Festivitäten teilgenommen hatte. Alles war so anders wie im verregneten Seattle. Die Musik tönte über den gesamten Strand und verleitete wohl jeden zum tanzen und feiern.

Das atemberaubenste war aber nicht die Festivität, sondern der gewaltige Sonnenuntergang, der sich am Horizont ereignete und alles in ein warmes Licht tauchte.

Cristina hatte ihren Arm um die Hüfte von Owen gelegt und die Hand in die hintere Hosentaschen des Chirurgen geschoben, sein Arm lag locker um ihre Schulter und so schlenderten die beiden Strand entlang und beobachteten ein kleines bisschen die ganze, lustige und frohe Stimmung.

„Ich find das schön“, sagte Cristina mit einem Mal, weshalb Owen sie fragend ansah.

“Was meinst du?“

„Einfach die Seele baumeln lassen und an nichts anderes zu denken außer Sex und Entspannung.“, klärte sie ihn auf, woraufhin ein breites Lächeln auf seinen Zügen erschien.

„Ja, das hat schon etwas für sich. Hier haben wir einfach keine anderen Verpflichtungen, außer, dass es uns gut geht.“, nickte er bestätigend und führte sie weiter. Das Wasser rauschte, als es von den Wellen an den Strand getrieben wurde. Die Sonne brannte am Horizont und tauchte Stück für Stück die Umgebung in die Dunkelheit, doch zuvor schenkte sie der ganzen Umgebung eine wunderschöne Atmosphäre. Owen konnte nicht anders als zufrieden vor sich hin zu lächeln.

„Dir geht es gut?“, fragte er nach.

„Natürlich, warum sollte es mir auch schlecht gehen.“, erwiderte sie und zuckte mit ihren Schultern. Dabei schielte sie Fragend zu ihm nach oben. „Was beschäftigt dich?“, fragte sie nach.

„Ach nichts.“, wehrte Owen sofort mit einem Kopfschütteln. Er wollte die gute Stimmung nicht trügen, denn er hatte seit langem das Gefühl, dass es wieder aufwärts ging. Allerdings lagen ihm die Worte von Meredith noch etwas schwerer im Magen.

„Owen...?“

Cristina kniff ihn ganz frech in den Po!

“Hey! Lass ... gut sein. Ich will die Zeit mit dir hier genießen. Es ist nichts wichtiges, was mir durch den Kopf gegangen ist, also denk nicht weiter darüber nach.“, versuchte er ihr noch zu verdeutlichen und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.

Sie wirkte zwar noch nicht zufrieden, allerdings wollte sie genauso wenig die Stimmung ruinieren. So zuckte sie mit ihrer Schulter. „Wenn du meinst.“, murmelte sie und schon stürzten sich die Beiden in das Partygetümmel des Strandes! Jetzt hatten sie sowieso keine Zeit mehr sich damit zu beschäftigen, sondern viel mehr ging es jetzt um das Tanzen und Feiern!

 

Die Insel Roatán hatten sie bereits hinter sich gelassen. Die kleine Lagune kam immer näher.

„Du warst also schon oft in der Nacht auf dem Meer unterwegs?“, fragte Jackson nach und ließ seinen Blick zu ihr hinüber wandern. Sie sah ja so schrecklich niedlich aus. Ihre Lippen fest aufeinandergepresst starrte sie aufs Meer hinaus, allerdings konnte sie nicht verhindern, dass je weiter sie kamen, ihr Gesichtsausdruck immer sanftmütiger wurde.

„Durchaus ja ... der einzige Unterschied ist, dass ich normalerweise keinen Amateur dabei habe.“, grinste sie ihn flüchtig an.

„Amateur? Was heißt hier Amateur. Ich kenn mich aus mit der Dunkelheit.“

„So? Dann kannst du auch ein Schiff lenken, sollte ich bewusstlos werden? Oder du findest dich in der Dunkelheit tatsächlich zurecht, sodass du uns sicher zurück in den Hafen bringst?“, fragte sie nach. Mittlerweile waren sie umgeben vom offenen Meer. Jackson legte seine Stirn in Falten.

„Nun ja ... ich glaub nicht, aber ... ich weiß was ich tun muss, wenn du bewusstlos wirst. Schon vergessen, ich bin ein Arzt.“, lachte er auf und zwinkerte ihr einmal scherzend zu.

April schüttelte schmunzelnd ihren Kopf und drosselte langsam das Tempo des Schiffes. Noch tauchte die Sonne das Meer in ein warmes Licht, weshalb von dem Korallenriff nicht wirklich etwas zu sehen war.

„Ich hab Sandwiches und Cola mitgebracht.“, sagte sie und kramte aus einer Kühlbox die genannten Dinge. So ließ sie sich auf dem Boden nieder und signalisierte Jackson, dass er sich zu ihr setzen sollte. Es erinnerte doch glatt ein kleines Picknick.

„Hier ist das Atoll?“, fragte er nochmal nach und lehnte sich an den Rand des Schiffes.

„Ja. Aber das sehen wir erst, wenn es dunkel ist.“, klärte sie ihn lächelnd auf und reichte ihm ein Sandwich und eine Dose Cola, die er dankend entgegen nahm. Zischend öffnete er die Dose und betrachtete April noch ein bisschen länger. Sie sah so niedlich aus. Der Wind spielte mit einer Haarsträhne und das Lächeln auf ihren Lippen verzauberte ihn noch ein bisschen mehr.

Er seufzte und sah wieder auf seine Cola. "April.. ich glaube, ich muss dir etwas sagen, was ich dir eigentlich schon vor sehr, sehr langer Zeit hätte sagen sollen.. Aber ich hab befürchtet, dass du mir nicht glaubst, dass du darin nur einen Trick siehst und.." Er schluckte und hob seinen Blick, sodass er ihr direkt in die Augen sah. Jetzt oder nie...!

Sie trank hastig einen kleinen Schluck von der Cola und war froh, dass sie sich nicht daran verschluckt hatte. Sowas passierte bei ihr leider schneller, wenn sie nervös war. Als Jackson auf einmal so ... eigenartig mit ihr redete, spürte sie auf einmal ihren Herzschlag schneller werden.

"Ähmm... o..okay...", sagte sie leise und versuchte sich zusammenzureißen! Nein, Jackson würde ihr sicher nicht davon erzählen dass er sie mochte! April fühlte ein eigenartiges Zittern, das sie erfüllte. Die Nervosität ließ sie nur noch schwer atmen und so warf sie ihm einen kleinen, abwartenden und zugleich fragenden Blick zu.

Sein Herzschlag beschleunigte sich und Jackson hatte keine Ahnung, wie er April es sagen sollte. Dabei schien es doch so einfach.. Nur ein paar Worte, vielleicht ein kleines Lächeln dabei, auch wenn ihm dazu definitiv nicht zumute war. Auf einmal schien die Dose Cola vor ihm ziemlich interessant und das so oder so schon recht kleine Boot wurde noch kleiner. Er atmete einmal tief durch, ehe er April wieder ansah.

"Ich.. also.. es ist so... als wir zusammen im Aquarium waren, da... ist mir etwas klar geworden.. Ich mag dich, April. Ich mag dich, aber nicht nur als eine gute Freundin. Du bedeutest mir so viel, dass es weh tut! Der Grund, dass es mir so schwer fiel zu akzeptieren, dass du gehst ist.. ich hab mich in dich verliebt.." Jackson schluckte und beugte sich ein wenig nach vorn, um ihre Hand wieder zu greifen.

April sah auf die Cola, lauschte dem Knistern der Kohlensäure, während ansonsten alles leise war. Die Situation zwischen ihr und Jackson war gerade sehr angespannt und sie wusste nicht recht damit umzugehen. Erst als er die Stimme erhob sah sie ihn wieder an. je mehr Worte er formulierte, desto mehr wirkte sie absolut fassungslos. Regungslos starrte sie ihn an. Hatte Jackson tatsächlich gesagt, dass er in sie verliebt war? In ihren Ohren rauschte es und ihre Gedanken kreisten nur noch um das gesagte, als er plötzlich seine Hand auf die ihre lag. Ihr Kopf ruckte nach unten und dann wieder zu ihm.

"Ich ... bin in dich seit unserem ersten Arbeitstag verliebt...", sagte sie sehr leise... und starrte weiter auf seine Hand, die ihre noch immer so fest umschlossen hielt. Ein warmes Gefühl machte sich in April breit und ihr gelang es nicht das alles einzuordnen. Aber es war so ... unbeschreiblich schön. Gerade tummelten sich so viele Schmetterlinge in ihrem Bauch und zauberten ihr neben der Röte auf den Wangen auch ein Lächeln auf die Lippen.

Jackson konnte nicht anders als sie augenblicklich anzustrahlen. Leicht streckte er seine Hand aus und berührte ihre weiche Wange, wobei sein Herz einen deutlichen, kleinen Hüpfer vollzog. Ihm wurde abwechselnd heiß und kalt und vor Glück sogar ein bisschen schwindlig. Sie war ihn verliebt! Das war viel mehr, als er zu hoffen gewagt hatte.

„Komm mit...“, murmelte April und erhob sich.

Der letzte Sonnenstrahl war verschwunden und so war das Meer dunkel. Zumindest auf den ersten Blick. Das ringförmige Korallenriff das die kleine Lagune umschloss, vor der sie vor Anker lagen, strahlte in einem hellen blau und schien förmlich zu schimmern und zu schillern, so wie die Sterne. Jackson blinzelte und sah sich mit ehrfürchtigen und großen Augen um.

Ein leises „Wow“, entwich seinen Lippen und mit andächtigen Schritten trat er an die Reling heran. April hielt noch immer seine Hand fest und sah mit einem kleinen und sanften Lächeln hinaus auf das Wasser.

„Warum leuchtet es?“, fragte er nach und sah wieder hinüber zu April, die ganz dicht neben ihm stand.

„Das... das Atoll leuchtet wegen der Sonne glaub ich... so wie der Mond weißt du...", sagte sei dann nur um sich etwas auf andere Gedanken zu bringen. Das war ihr wichtig, wenn alles um sie herum zu verwirrend wurde.

"Oh, wirklich?" Unwillkürlich glitt sein Blick zum Himmel, wo der Halbmond auf sie hinunterschaute. "Ich habe gelesen, dass es im karibischen Meer nur vier Atolle gibt... Hast du alle schon gesehen?" fragte er dann. Er wusste nicht, wieso er diese Frage stellte, aber vielleicht spürte er Aprils Unsicherheit im Unterbewusstsein.

"Du hast über das Atoll gelesen? Ähm ... nein ... ich, also ich war bisher nur bei diesem. Ich hab mich nie wirklich mit den anderen beschäftigt. Eine leichte Briese wehte durch ihre Haare und für einen Moment fröstelte sie, weshalb sie Jackson über seine warmen Arme strich und sich ein wenig mehr an ihn schmiegte. Seine Nähe war so wohltuend und sie genoss es einfach bei ihm zu sein.

"Ja, ich.. also ich bin heute an dem kleinen Laden vorbei gegangen, dieser Taucherladen, in der Nähe vom Strand.. Ich hab mir da ein, zwei Magazine gekauft.. und in dem einen stand etwas über die Atolle." Kurz hob er die Schultern. "Um ehrlich zu sein, ich wollte dich ein bisschen beeindrucken.." gab er dann grinsend zu. "Ist dir kalt? Willst du mein Hemd haben?" fragte er dann, als er merkte, wie sie sich nach dem Windstoss an ihn drückte.

Sie schüttelte hastig ihren Kopf. Auch wenn das Angebot durchaus verlockend war, wüsste sie nicht wie sie mit einem halbnackten Jackson, der ihr noch dazu gerade seine Verliebtheit gestanden hatte, umgehen sollte.

Ihre Wangen hatten sich rot gefärbt und so sah sie hinaus auf das leuchtende Wasser. Jackson legte seinen Arm um sie und strich ein bisschen über ihre Schulter.

April sah auf und blickte in die wunderhübschen grünen Augen, die viel anziehender waren, als das leuchtenden Atoll. Ein kleines, sanftes Lächeln umspielte die Züge des jungen Mannes, als er seine Hände auf ihren schmalen Schultern platzierte und sie so ein bisschen zu sich umdrehte.

Leise plätscherten die Wellen, die gegen das Boot stießen. Jackson neigte seinen Kopf ein wenig zu ihr und berührte sanft die Lippen der Frau, der er bereits sein Herz geschenkt hatte. April schloss ihre Augen und legte ihren Kopf leicht in den Nacken. Es war ein kribbliges, warmes Gefühl, das sich in ihr breit machte, als er sie an sich heran zog und sie einander einfach nur küssten...

 

Andrew rieb sich seine Nasenwurzeln und lehnte sich mit einem tiefen Seufzen an die Wand. Dabei schloss er seine Augen und lauschte auf die zahlreichen Geräusche in seiner Umgebung. Hier und da unterhielten sich die Leute, Lautsprecherdurchsagen hallten durch die Gänge und ab und zu ertönte sogar das Geräusch eines Piepers, von einem vorbeihuschenden Arzt. Noch einmal dachte er an die Operation zurück, die ihm so viel abverlangt hatte.

Er öffnete seine Augen. Müde und etwas abgespannt sah er durchaus aus, allerdings wollte er sich diesen einen, ganz bestimmten Moment nicht entgehen lassen. Neben ihm lehnte Miranda Bailey und sah in die gleiche Richtung.

„Er wacht auf.“, murmelte sie mit einem Mal und lachte auf. Andy trat auf die Fensterscheibe zu, die den Gang von dem Krankenzimmer trennten.

Ein Lächeln vertrieb all den Kummer und all die Sorgen von seinen Zügen, als Toby langsam und noch sehr schwach seine Augen öffnete. Sogleich waren seine Eltern – leicht weinend – an seiner Seite, lachten, streichelten ihm durch die Haare und dankten immer wieder dafür, dass ihr Sohn noch am Leben war.

Andy und Miranda sahen sich kurz an. „Heute haben wir ein Leben gerettet...“, sagte Miranda stolz, woraufhin der Ire nickte.

„Ja. Das haben wir....“

Er hatte ihn gerettet. Toby würde gesund werden und das ließ Andrew seine Sorgen vergessen. Stattdessen beobachtete er mit einem friedlichen Lächeln das Erwachen seines wichtigen Patienten.
 

~*~
 

„Ich weiß genau, dass alles wieder gut wird und das sich das Schicksal auch wieder zum besseren verändert. Auf Regenzeit folgt Sonnenschein und ich bin der festen Überzeugung, dass auch für mich irgendwann wieder helle Tage folgen werden. Sobald ich die Dunkelheit aus meinem Leben vertrieben habe... und bis dahin schaue ich zu, wie die Anderen glücklich werden.“
 

Meredith Grey

V. Tagesende

V.

Into the blue  

 

32. Kapitel: Tagesende

 

Meredith vergrub ihre Zehenspitzen im warmen Sand. Sie beobachtete mit einem traurigen Seufzen die Sonne, die sich dem Untergang näherte und Stück für Stück am Ende des Horizontes versank. Auf einen Tag folgte die Nacht. Die Dunkelheit. Ihr schauderte bei dem Gedanken Ruhig blieb sie an ihrer Stelle sitzen und seufzte nur noch einmal sehr tief auf. Warum nur war das Leben manchmal so ungerecht zu ihr?

Roatán wurde finster und wieder entkam ihr ein kleines Seufzen. Schon den ganzen Tag über saß sie hier am Strand und beobachtete die Wellen, wartete darauf, dass sich irgendwas in ihrem Leben veränderte, aber es wollte nichts passieren und so blieb sie weiterhin schweigend sitzen und beobachtete einfach die Umgebung, wobei das Rauschen des Meeres im Hintergrund bestehen blieb und ihr ein kleines Lächeln auf das Gesicht zauberte.

Ihre Hand wanderte kurz über ihre Wange. Zwar fühlte sie nicht mehr den Schmerz der Ohrfeige, aber der Stich in ihrem Herzen war noch immer präsent. Die Freundschaft zu ihrer ‚verdrehten Schwester’ war nun wohl unwiederbringlich ausgelöscht worden und ebenso die Ehe mit ihrem Traummann zu Ende.

Meredith erhob sich und ging mit schweren Schritten – es fühlte sich an als habe sie Blei an den Füßen – über den Strand. Traurig wanderte ihr Blick umher. Jeder hier schien so gute Laune zu haben. Wie betäubt trugen ihre Füße sie durch die Menge bis hin zu der kleinen Strandbar.

„Vielleicht ist es an der Zeit, dass ich wieder das Mädchen von der Bar werde.“, murmelte sie und ließ sich mit einen Seufzen am Tresen nieder, um sich nur kurze Zeit später einen Drink zu bestellen ... wie es wohl den anderen gerade ging und wo sie alle waren? Meredith verdrehte die Augen und erstickte diesen Gedanken mit einem Schnaps!

 

Nicht jedem ging es gerade so schlecht wie ihr. Andere wiederum hatten endlich ihr Glück gefunden.

April passte so perfekt in seine Arme! Ihr weicher Körper schmiegte sich an seinen heran und ihre zarten Finger ruhten in seinem Nacken. Es war ein wunderschönes Gefühl sie einfach nur zu küssen und ihre Lippen zu schmecken. So lange hatte er gehofft, dass sie diese Berührung zu ließ, aber lange Zeit schien all diese Hoffnung wie vergebens gewesen zu sein. Jetzt endlich wurde sein innerer Wunsch wahr. Ganz leicht nur umspielte ein Lächeln seine Lippen, während April immer weiter küsste, mit ihrer Zunge spielte und ihr zärtlich über den Rücken streichelte.

Sie war seine Kleine. Nie wieder wollte er sie los lassen und ebenso wuchs Aprils Verlangen. Sie ließ sich vollkommen in seinen starken Armen sinken und seufzte einmal leicht auf. Es war so aufregend Jackson bei sich zu spüren. Sein Bart hinterließ ein Kitzeln auf ihrer Haut und sein heißer Kuss ein Kribbeln in ihrem Bauch. Es war einfach perfekt, was sie fühlte und so dauerte es eine ganze Ewigkeit, bis die Beiden sich wieder trennten. April atmete deutlich schneller und sowohl ihre Lippen waren von dem Kuss vollkommen gerötet, als auch ihre Wangen. Jackson befeuchtete seine Lippen kurz und streichelte ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor er seine Hände auf ihren Wangen ruhen ließ und ihr nochmal einen ganz leichten Kuss auf die Lippen hauchte. Weiter gehen wollte er nicht. April lächelte ein bisschen und drehte sich dann um. So sah sie über die Rehling hinweg auf das Wasser. Jackson legte sanft seine Arme um sie herum, stoppte allerdings in der Bewegung. Er hob eine Augenbraue und strich ihr die Haare etwas beiseite. Auf ihrer Wirbelsäule trug die kleine April doch tatsächlich ein Tattoo!

“Carpe diem?“, fragte er nach und strich über den Schriftzug.

Sie errötete. „Ja. Das ... ist mal Lucas Idee gewesen. Frag besser nicht nach.“, winkte sie hastig ab.

“Warum wusste ich nicht, dass du ein Tattoo hast?“, fragte er nach und drückte einen Kuss auf das kleine Tattoo, woraufhin April leise kicherte.

„Du hast mich noch nie nur im Bikini gesehen...“

„Und außerdem verstecken deine Haare das Tattoo sehr gut.“, stellte er fest und zog sie jetzt ganz in seine Arme. Mit einem zufriedenen Lächeln hielt er sie fest bei sich und konnte förmlich merken, wie sich April an ihn sinken ließ. Ohne einen Zweifel daran zu haben, lag sie einfach nur in seinen starken Armen und beobachtete das Wasser. Die kleine Yacht schaukelte leicht und so verstärkte sich dieser absolut geruhsame und romantische Moment noch weiter.

Jackson seufzte und drückte April noch ein bisschen fester an sich heran, während sein Blick auf dem leuchtenden Wasser ruhte. „Wann fliegst du wieder zurück?“, fragte er leise nach.

„Morgen schon ... hätte ich eher gewusst, dass du hier bist, hätte ich versucht länger zu bleiben.“, seufzte sie einmal auf.

Leicht zogen sich seine Augenbrauen zusammen und er wirkte ein kleines bisschen nachdenklicher. „Ach, es ist doch eigentlich nur eine Woche und sobald ich wieder in Seattle bin können wir uns ja schon wieder sehen.“, versuchte er ihr die aufsteigende Traurigkeit zu nehmen. Jetzt, da er sie endlich in den Armen halten durfte, wollte er sie eigentlich auch nicht wieder los lassen. Sanft drückte er einen Kuss auf ihre Schläfe, woraufhin sich ein sanftes Lächeln auf Aprils Zügen bildete.

„Wehe wenn nicht...“, flüsterte sie und legte ihre Hände auf die Arme, die ihre Schultern umschlossen. Jackson lachte noch leise auf. Beide beobachteten noch eine ganze Zeit lang das Meereswasser, bevor sie sich in die Koje kuschelten und Arm in Arm einschliefen.

 

Andrew gähnte. Oh ja, auf Schlafen freute er sich jetzt in der Tat auch. Drum rieb er sich seine Augen und warf noch einen letzten Blick auf seine Armbanduhr. Es war jetzt 19 Uhr. Hinter ihm lag eine lange Operation, eine hitzige Diskussion, ein Plan und so vieles mehr. Erst jetzt fühlte er die wirkliche Müdigkeit in sich aufsteigen. Er unterschrieb ein Krankenblatt und trank noch den letzten Schluck Kaffee – der mittlerweile leider kalt war – und konnte sich darüber hinaus ein kleines Gähnen nicht mehr verkneifen. Die Erschöpfung stand ihm ins Gesicht geschrieben und so rieb er sich einen Moment die strahlend blauen Augen, die er kaum noch offen halten konnte. Eine leichte Berührung auf seiner Schulter ließ ihn seinen Blick hoben und sogleich sah er in das Gesicht von Dr. Tamina Harper, die ihm mit einem breiten Lächeln auf die Schulter getippt hatte.

„Harper?“, fragte er mit einem kleinen Stirnrunzeln nach.

„Ich wollte Ihnen nur sagen, dass sie heute absolut grandios waren. Sie können stolz auf sich sein, denn Dank ihnen wird Toby ein ganz normales Kind werden... er hat endlich die Chance all das zu werden, von dem Sie erzählt haben.“, strahlte ihm die Anfängerin entgegen.

Andy hob eine Augenbraue. „Danke... allerdings war ich nicht alleine in dem Operationssaal. Wir alle haben unseren Teil dazu beigetragen.“, sprach er nickend und drehte sich zu ihr um. Lässig lehnte er sich an den Tresen des Aufnahmebereiches und ließ seinen Blick einmal ganz ungeniert über sie gleiten. Sie sprudelte gerade so über vor Glück und das entlockte ihm doch tatsächlich ein sanftes Lächeln. All die Anspannung der vergangenen Stunden viel von seinen Schultern und so konnte er endlich locker lassen.

„Unsinn. Sie hätten das auch ganz alleine geschafft.“, lächelte sie ihn an.

„Ich glaube nicht. Immerhin hatte ich die beste Kardiochirurgin bei mir... die Göttin schlecht hin.“, neckte er sie dann ein wenig.

Tamina schnitt eine kleine Grimasse. „Das Sie auch immer noch darauf rumreiten müssen. Ich wollte mir nur ein bisschen Mut machen“, betonte sie noch einmal ganz energisch. Es war wirklich zum verrückt werden wie sehr er sich noch immer über die Situation von vor ein paar Wochen amüsierte.

„Das hat doch nichts damit zu tun, dass ich mich lustig mache. Vielleicht entsprechen die Worte auch ganz einfach der Wahrheit.“, lachte er auf.

“Natürlich, McTattoo.“, rollte sie mit ihren Augen, woraufhin ein schiefes Grinsen entstand.

„Den Spitznamen werde ich wohl auch nicht mehr los...“, seufzte er auf.

“Tja. Vielleicht werden Sie ja irgendwann Mc Awesome...“, grinste sie ihn breit an. Das er absolut fantastisch aussah und noch dazu der wohl schönste Mann im Krankenhaus war, brauchte sie gerade wohl nicht noch extra betonen. Er wusste das sicherlich schon.

Andrew lachte einmal auf, befeuchtete sich seine Lippen und beugte sich ein wenig zu ihr hinunter. Sogleich beschleunigte sich Taminas Herzschlag auf erschreckende Weise.

„Vielleicht will ich das ja auch für Sie sein. Wer weiß?“, sprach er. Der unverkennbare Klang seiner Stimme ließ sie leicht frösteln und die Gänsehaut verstärkte sich sogar noch weiter, als er die Hand hob und ihr eine Strähne aus dem Gesicht streichelte, die so vorwitzigerweise aus ihrem Zopf gerutscht war.

Die beiden Chirurgen sahen einander schweigend an. So viele Fragen schienen in Taminas Kopf zu explodieren und alle liefen nur auf eine Antwort hinaus: Küss ihn!! Leider unterbrach eine vorbeieilende Schwester des Pflegepersonals die knisternde Stimmung.

„Dr. Gallagher?“, rief eine Krankenschwester, woraufhin er seinen Blick hob und zu ihr schaute.

„Ja?“, fragte er nach und streichelte noch einmal leicht über die Wange von Tamina.

„Jemand verlangt nach ihnen. Behandlungsraum drei.“, klärte die durchaus gehetzte Krankenschwester ihn auf. Wie vor jedem Beginn der Nachtschicht musste noch viel erledigt werden.

“Wer?“ Andrew runzelte seine Stirn.

„Sie sagt, sie sei ihre Frau.“, erwiderte die Krankenschwester und huschte um die nächste Ecke.

Tamina sah Andrew entsetzt und zugleich fragend an. Langsam nur zog er seine Hand zurück und sogleich verschwand der freudige und liebevolle Ausdruck aus seinen Zügen. Stattdessen bildete sich über den Augenbrauen in paar kleine Fältchen, ebenso runzelte er seine Stirn. Die Besorgnis war ihm deutlich anzusehen.

„...Ihre Frau?“, wiederholte die junge Anfängerin und wirkte gelinde gesagt ziemlich erschrocken. Das er eine Tochter hatte, wusste sie, allerdings hatte sie wohl all die Zeit nicht wahr haben wollen, dass es auch eine Mutter zu seiner Tochter gab... Andrews Ehefrau...

Schweigend standen beide voreinander. An Schlafen war jetzt nicht mehr zu denken. Die Müdigkeit war wie weggepustet.

 

Callie entwich ein kleines, aufgeregtes Quietschen und Arizona schlug ihre Hände vor ihren Mund. Beide Frauen hatten ihre Karten und den Kellner der neben ihnen stand vollkommen vergessen! Stattdessen starrten sie hinüber zum Tisch von Mark und Lexie, ebenso wie sich sämtliche Augenpaare der anderen Gäste auf sie richteten.

Noch immer starrte Lexie ihn ungläubig an, als er die Serviette wieder beiseite legte und sich wie in Zeitlupe von seinem Stuhl erhob. Der kleine Ring in ihren Fingern glitzerte und funkelte und ebenso leuchteten seine magischen und tief blauen Augen. Mark ging vor Lexie auf die Knie und ihre Augen weiteten sich noch ein kleines Stückchen mehr. Sie hatte mit Vielem gerechnet! Aber nicht damit!! Mark nahm ihre Hand und er griff den kleinen Ring. In dem Restaurant erstarben alle Gespräche und stattdessen beobachteten die Menschen gespannt und ergriffen die kleine romantische Situation, die sich ihnen bot.

„Alexandra.“, setzte er an und wählte ganz bewusst ihren vollen. „... Lexie ... kleine Grey.“, schmunzelte er dann allerdings, woraufhin ein kleines Lächeln auf den Zügen der jungen Frau aufblitzte. Ihr Herz schlug wie verrückt. Es war absolut magisch. Sie vermochte es nicht ihren Blick von ihm zu nehmen. Andächtig lauschte sie seinen sanften Worten.

„Ich liebe dich, von ganzem Herzen und schon seit so vielen Jahren. Immer wieder muss ich aufs Neue erkennen, dass mein Leben ohne dich keinen Sinn mehr hat. Was bringt es mir dich aus der Ferne zu bewundern, wenn ich dich immer nur in meine Arme nehmen will. Mein größer Wunsch ist es mein Leben mit dir zu teilen, dich durch die finsteren Zeiten zu begleiten und auch mit dir all die wunderschönen, leuchtenden, hellen Tage und Zeiten zu erleben. Du bist es. Die Einzige, die ich jemals von ganzem Herzen geliebt habe und ohne die mein Leben nur wie ein Schatten ist. Wenn du nicht bei mir bist, dann fühle ich mich leer, beinahe so, als hätte ich all meine Farbe verloren.

Lass uns all das vergessen, was uns immer wieder entzweit hat und lass uns das leben, was uns stets wieder zusammenführt: Die Liebe. Diese reine, unverwechselbare Liebe, die mich sogar dazu bringt mich vor dich zu knien.“, sprach er und Lexie lächelte wieder flüchtig.

„Alexandra Grey: Willst du mich heiraten...?“, fragte er. Ein kleines Raunen ging durch die Menge, das Mark gekonnt ausblendete.

Lexie nickte eifrig. „Ja... ja ... ... ich ...“ Ihr fehlten die Worte und so schniefte sie auf. „Ja!“, stieß sie noch einmal auf und schenkte Mark ein freudiges Lächeln. Sanft nahm er den Ring und schob sie auf ihren Finger. Das Saphir und die Diamanten funkelten ihr entgegen. Der Ring passte wie angegossen.

„Oh Mark.“, flüsterte Lexie, sprang auf und fiel ihm um den Hals! Ohne sich noch weiter von ihren trüben Gedanken zurückhalten zu lassen, küsste sie ihn innig und leidenschaftlich. Mark erhob sich, ohne dabei seine Arme von ihr zu nehmen und hielt die kleine Grey endlich, nach so lange Zeit wieder bei sich.

Arizona lachte und sprang Callie freudig um den Hals. „Mission Amor bei Mark und Lexie ist geglückt.“, lachte sie freudig und konnte sich eine kleine, ergriffene Träne nicht verkneifen. Die Besucher des Restaurants applaudierten und auch der ein oder andere Gast war zu Tränen gerührt, ebenso das Personal. Lexie und Mark nahmen nichts mehr um sich herum wahr. Sie lagen sich in den Armen und küssten einander innig. Endlich. Nach so langer Zeit hatten sie sich wieder. 

 

~*~

 

„Vergiss den heutigen Tag nicht, denn er ist der Anfang von der Ewigkeit. Vom Immer. Immer Dein. Immer Mein. Immer Uns. Wenn sich zwei Seelen finden und einander lieben, dann ist die Ewigkeit das mindeste, was man haben will. 

Zwei Herzen schlagen im Einklang und lassen uns all die Traurigkeiten vergessen. Kein Warum, kein Wieso zählt mehr, es sind du und ich allein.

So soll es sein.

Für die Ewigkeit.“

 

Meredith Grey



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Kommentare zu dieser Fanfic (17)
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Von:  Luna-Noir
2012-04-10T19:54:52+00:00 10.04.2012 21:54
also ich muss sagen ich hab erst mal nicht schlecht geschaut als Andrew so abgegangen ist, hab mir auch webbers Gesicht dabei richtig gut vorstellen können. Wer will schon so angegangen werden XD
Aber Burke als Nachfolger??? Nee, das wird nicht gut, ich ahne schlimmes... allein wie er so richtig selbstzufrieden in dem Stuhl sitzt... boah... dem gehört mal so die Meinung gesagt ^.-
Ich schließ mich annelien an XD könn sie eigentlich noch mal so machen nach deinen Vorgaben ^^
weiter so ^^

Von:  Luna-Noir
2012-03-05T18:43:15+00:00 05.03.2012 19:43
Andrew is aber auch nicht schlecht, hat der noch mehr solcher Zitate drauf, wenn sie zur Story passen würd ich sie gern lesen XD
Na da sieht Derek mal was er angestellt hat und muss nu damit leben, wie er wohl erst reagiert wenn er weiß was passiert ist als er da auf dem OP Tisch lag… uhhh noch mehr Schuldgefühle
Lexi und Marc, mensch gib dirn Ruck Mädel… und Owen soll Burke verhauen, das wär sicher ein sehr amüsanter Anblick XD

Von:  Luna-Noir
2012-03-04T23:41:28+00:00 05.03.2012 00:41
16
Wow, sie haben gleich 10 gemacht, na ja, schon eindeutig, das hätte ein Gang zum Frauenarzt aber auch gebracht ^.- jetzt muss sie sich was einfallen lassen was sie mit der Info anfängt und wie sie das Callie beibringt dürfte besonders schwer werden…
HAHA, da ist sie ja, Bailey. Ich liebe sie und ihre trockene ehrliche Art zu sagen was sie denkt. Auch was Jackson angeht denke ich wirkt es auf alle so, also warum sollte es gerade bei ihr ganz anders sein.
Burke is doof und soll die zwei in Ruhe lassen so, war Jahre nich da und denkt er könne jetzt einfach so mal wieder einziehen, der Typ is echt unfassbar.

Von:  Luna-Noir
2012-03-04T23:41:12+00:00 05.03.2012 00:41
15.
Da sucht er sie und übersieht sie doch nicht auch noch prompt, is ja schon ein bissel peinlich ;) Aber wie er da so steht kann er einem schon arg leid tun, man mag ihn eigentlich nur knuddeln.
Hab ich schon mal erwähnt, dass ich meredith sehr nervig finde? Sowohl in der Serie als auch hier, was aber heißt, dass du sie ganz gut getroffen hast :) Dennoch tut sie mir leid, ich würd auch nich ignoriert werden wollen.
Na irgendjemandem von den beiden musste das ja passieren, nur irgendwie doof, dass es gerade die überzeugte Lesbe ist. Naaa, aber das wird noch interessant, davon bin ich überzeugt.
Weiter so ^^

Von:  Luna-Noir
2012-02-27T13:35:23+00:00 27.02.2012 14:35
14.3:

ich fand es so schön, dass Cristina durch das Baby wieder etwas auftauchte und nu muss sie es wieder abgeben? *sniff* sie tut mir so leid, und Owen auch, ich hoff sie blockt dann nich gleich wieder ab
Achso, gibs jetzt also nen neuen McDreamy, ob woh mir McTattoo noch am besten gefällt. Bin gespannt was er mit Jackson vor hat und vll. kommt er dann auch besser mit der Tatsache zurecht, die ihn ja gerade so beschäftigt. Muss er sich eben noch was mehr anstrengen wenn er da was reißen will ^^ Und ob er seine Chance wahr nimmt, aber so blöd isser ja nich, oder bei dir doch? XD
Von:  Luna-Noir
2012-02-27T13:34:57+00:00 27.02.2012 14:34
13:

nachdem hier meine eigentliche rückmeldung offenbar nicht gepostet wurde, und ich keine Lust hab das noch mal zu schreiben (und zu doof war es nicht wenigstens vorher zu kopieren zur sicherheit) bleib ich hier jetzt mal etwas kürzer:

also ich finds immer noch toll, und ich freu mich dass cristina wieder lachen kann, hab ihr dreckiges Lachen noch richtig im Ohr XD

hast du toll gemacht :)
Von:  Luna-Noir
2012-02-27T13:34:42+00:00 27.02.2012 14:34
12.2:

oh ja, cristina hat mutter gefühle, oder irgendwas in der art, denk ich mal, oder es is einfach nur der instikt etwas zu schützen, dass sich selbst nicht schützen kann... oh bitte sag mir, dass die Mutter wenigstens in deinem Kopf ordnetlich bestraft wird dafür, oder wer auch immer das getan hat, wenn du es nicht vorhast auch zu schreiben...

Aiaiaiai... ich habs geahnt. Wer hätte gedacht, dass Arizona mit einem Mann ... XD arme callie...

ja, Dr. Yang zu widersprechen bekommt einem nicht sonderlich gut ^.-
ich feuere Owen an, mach aus ihr wieder die alte bitte.
hihi, und Burke denkt cristinas kind isses, das find ich grad richtig klasse, einmal links bitte und die rechte Wange nehmen wir auch gleich noch.

Lg
Von:  Luna-Noir
2012-02-27T13:34:28+00:00 27.02.2012 14:34
11.2:

Ach ja, Jackson is so putzelig, aber die Idee mit der privaten und völlig anderen April find ich toll. SIe kann ja nicht immer wie ein aufgescheuchtes Hühnchen sein XD nein wirklich, sehr schön sehr schön :) Ahhhh er drückt die Stirn gegen die Scheibe, als ob er da mehr sehen würde *___*
Ohhh und schon is die Spannung zwischen den Beiden auch schon wieder weg :(
Aha aha aha, der schicke Fetzenfisch aus dem Sealife hat dich inspiriert XD ja, das sind wirklich hübsche Tierchen ^^

Und Callie tut mir irgendwie leid, sie routiert und routiert um allen irgendwie zu helfen und alle weisen sie ab, bring vorschläge Mädel, dann wird das sicher noch was ^^

Schön schön, finde du hast die Stimmung gut wiedergespiegelt, wenn man da so durchläuft fühlt man sich wirklich so und ich kann Jackson nachfühlen wie er sich gefühlt hat, in gewisser weise war ich da ebenso begeistert auch wenn ichs nich so gezeigt hab wie er :)

weiter so ^^
Von:  Luna-Noir
2012-02-05T22:25:49+00:00 05.02.2012 23:25
10.2:

Oha, der Fisch is ne Person, nehm ich an, oder irgendwas anderes Wichtiges XD Aber ernsthaft, das ist echt ne traurige, rührende und schöne Situation, hast das ganze toll geschildert.
Hihi, sie flitzen also in die Betten von Nr. 08 und 34, soso XD Dürfte ein interessantes Erwachen werden. Ich nehme mal nicht an, dass sie beide gemeinsam wo gelandet sind.
Jeah, gibs der Frau. Passt gut zu der verdrehten Schwester und alles was ihr sonst noch so nachgesagt wird XD
Sehr gut geschrieben und schön ausführlich

Supi Kappi :)
Von:  Luna-Noir
2012-02-05T21:39:23+00:00 05.02.2012 22:39
9.2:

Ich sag ja, wie ein Hündchen, habs doch gut getroffen XD Und April mag also Fische... gut, mit dieser Wendung hatte ich nun auch nicht gerechnet, interessant, zugegeben. Und Jackson sollte sie dann mal besser schnell kennen lernen, wenn er es ernst meint, was er da gemacht hat.
So fies, wie Alex manchmal auch sein kann, so erstaunt es mich doch immer wieder, dass er auch anders kann. Schwer einzuschätzen der Typ, da hast du ihn ganz gutgetroffen, ich bin begeistert.
... und das letzte schockiert mich jetzt doch... Die Mutter gehört ordentlich bestraft!!! Ich hoff nur Cristina kriegt das hin °__°

schau mer mal, nu les ich noch das neue ;)


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