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Florentina Nomus

Das Blut in mir. . .
von

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*Prolog* Zur Geschichte des Planeten.

Zur Geschichte des Planeten.
 

Schöpfungsgeschichte
 

Eines Abends spazierte Mater, die Urmutter über die Straße des Universums.

Auf ihrem Weg stolperte sie über einen kleinen Stein.

Mater nahm den Stein in die Hand, er war so winzig in ihrer Unendlichkeit, fast so groß wie ein Staubkorn und doch hatte er sie zu Fall bringen können.

Mater betrachte das Staubkorn eingehend und entdeckte sein inneres Glühen.

Eine Wärme schoss durch ihren Körper und sie erkannte die wahre Bestimmung des Staubkorns.

Es war ein Planet, ein ungeschliffener Diamant, von ihrer Schwester Fortuna geschickt um sich seiner anzunehmen.
 

Und so nahm Mater den Stein mit und fing an ihm das Leben zu schenken.

Als erstes erschuf sie aus ihrer Liebe die Numen Sol, ein heißer heller Punkte den sie am Astrum befestigte.

Sols Aufgabe war es, dem Planeten Licht und Wärme zu schenken.

Doch wo Licht ist, da muss auch Finsternis sein.

Als nächstes erschuf Mater daher Luna, die kleine Schwester von Sol.

Auch diese heftete sie ans Astrum, jedoch entgegengesetzt zu Sol.

Und so wurde es Lunas Aufgabe in der Finsternis zu leuchten, den Planeten an die Wärme und das Licht von Sol zu erinnern und ihm Hoffnung zu geben.
 

Als zweites übergoss Mater den Planeten mit ihren Tränen, dem Regen des Lebens.

Die Tränen sammelten sich in den tiefen Rissen des Staubkorns und bildeten die ersten Meere.

Als die Meere sich beruhigten, die Tränen verebbten, Sol die Erde trocknete und Luna die Gezeiten steuern lernte, formte Mater mit ihren Finger die Gebirge.

Malte tiefe dichte Wälder, weitläufige Steppen, Inseln und Flusslandschaften.

Der Stein wuchs und gedeihte und bekam so den Namen Animo.
 


 

Eines Tages fand das jüngste Kind von Mater, Seta den Planeten Animo und fragte seine Mutter was es mit dem winzigen Staubkorn auf sich hatte.

Mater sagte ihr, sie könne es sich ruhig genauer angucken und als Seta Animo in die Hand nahm, spürte sie die Wärme und das innere Glühen.

Und als sie ihr Auge auf Animo warf, erblickte sie die Landschaft und die ersten Tiere die Mater ihm geschenkt hatte.

Seta war so gerührt von dem anblickt das sie dem Planeten eine Träne von ihr schenkte.

Und als die Träne auf die Wälder traf, zersprang sie in tausend Teile und erschuf winzigkleine Wesen.

Diese Wesen waren so klein, dass sie auf Blättern der mächtigen Bäume sitzen konnten, ihre Häuser aus Blüten bauten, und ganze Städte in einem Baum erschufen.

Von da an spielte Seta mit ihren Wesen, lehrte ihnen sich von der Natur zu ernähren und sie zu respektieren. Sie nannte sie Feen.
 


 

Eines Tages sah das fünfte Kind, Quini, was seine kleine Schwester mit dem Planeten machte.

Auch er wollte dem Planeten etwas schenken und so zerrieb er Sternenstaub in seinen Händen und streute es auf die Gebirge.

Und als der Staub auf die Steine traf, formten sich mächtige, geflügelte Wesen.

Die Kreaturen, erfüllt von Sternenstaub, flogen durch die Lüfte, besaßen goldene und silberne Krallen und Schuppen die in Regenbogenfarben leuchteten.

Quini nannte sie Drachen.
 

So langsam wurden auch die anderen Kinder von Mater auf den kleinen Planeten aufmerksam.

Quator der vierte Sohn der Urmutter erschuf die Elben in dem er dem Planeten sein Lachen schenkte. Er gab ihnen die Unsterblichkeit, und verlieh ihnen die Stimme.

Die beiden Zwillinge Tria und Duae gaben jeweils eine Locke ihres Haars.

Die goldene Locke der Tria erschuf die Zauberer, das Brünette Haar dess etwas älteren Bruders die Menschen.
 

Die Geschwister spielten friedlich miteinander, ließen ihre Wesen wachsen und lehrten ihnen den Umgang mit der Natur und der darin innewohnenden Magie.
 

Alle ließen den Planeten durch ihre Liebe wachsen und Mater, die Allmutter war glücklich und dankte ihrer Schwester für diese Geschenk.

Doch etwas änderte sich.

Olim, der erste und älteste Sohn war auf seiner Erkundung durchs Universum gewesen, als seine Brüder und Schwestern den Planeten entdeckten.

Als er wiederkam und sah das sich seine Geschwister um einen kleine Ball versammelten, fragte er, was es damit auf sich hatte.

Die Geschwister erzählten ihm von Mutters Entdeckung und wie sie alle ihre Wesen auf dessen Oberfläche erschaffen hatten.

Doch als Olim fragte, ob er dem Planeten auch etwas schenken könnte, waren seine Geschwister dagegen.

„Da ist doch kaum noch Platz, Olim. Der Planet ist doch so klein.“

Sagten die Zwillinge wie aus einem Mund.

Am stärksten war die Abneigung von Duae, hegte er doch tief in seinem Herzen einen tiefen Groll auf den älteren Bruder.

Standen ihm doch die Privilegien zu, die ihm als Zweitgeborenen so knapp verwehrt waren.

„Und wenn du dich mit deinen Wesen noch dazwischen drängst, müssen unsere verhungern.“

Olim war traurig, wurde er doch von dem Spiel seiner Geschwister als Einziger ausgeschlossen.

Und so schlich er eines Nachts zu dem Planeten, biss sich in den Finger und schenkte dem Planeten sein Blut.

Und als der Tropfen auf die Oberfläche aufschlug, formte er glitzernde Gestalten, welche den Menschen sehr ähnliche sahen.

Doch sein Blut war getränkt mit seiner Trauer und Wut und so verfinsterten sich die Gestalten zu schwarzen Schatten welche mit der Dunkelheit verschmolzen.

In der Dunkelheit erschaffen, waren sie gezwungen die Göttin Sol zu meiden.

Und anstatt sich von Mutter Natur zu ernähren, labten sie sich von der Substanz aus der sie erschaffen wurden. Blut, dem Lebenssaft der Menschen.

Olim nannte seine Wesen, Vampyre.
 

Als Duae am nächsten Morgen auf den Planeten blickte und die Unmenschen sah, geriet er so sehr in Rage, dass ein erbitterte Kampf zwischen den beiden Geschwistern begann, welcher sich wie ein Gift auch auf die anderen übertrug.

Jeder von ihnen versuchte seine Wesen vor Angriffen zu schützen.

Seta versteckte ihre Feen, die kleinsten aller Wesen, tief in den grünen Wäldern.

Quini, gab den Drachen Schuppen so hart wie Panzer und schenkte ihnen das Feuer als Waffe.
 

Als die Urmutter sah, was ihre Kinder mit Animo taten, wie vergifte er schon war, entriss sie ihnen den Planeten und versteckte ihn sicher unter ihrer Brust.

Sie überschüttete ihn mit ihrer Liebe, in der Hoffnung, dass sich die Wesen vertrügen und auf ewig Frieden herrschte.

Nie wieder sollten ihre Kinder einen Blick auf ihn werfen können.

Nie wieder etwas so Kostbares fast zerstören.

Als Strafe für ihren Verrat, schickte Mater ihre Kinder in die sechs verschiedenen Himmelsrichtungen, in der Hoffnung, dass Abstand die Fede zwischen ihnen schmälern würde.
 

Doch der Groll der sich zwischen Olim und Duae befand, war auf ihre Wesen übertragen worden. Und so stürzte die Dunkelheit unter Maters Brust das kleine Staubkorn in die "Dunkle Zeit".

Die Dunkle Zeit, *zusatz info*

„sic transit gloria mundi“ so vergeht die Herrlichkeit der Welt


 


 

Die Dunkle Zeit, Der 50 Jährige Krieg,
 

Vom Geschichtsschreiber der Menschen

 

Vor mehreren tausend Jahren machte ein weiser Mönch eine Prophezeiung.

„Die Zeit möge kommen, da sich ein Riss in den Welten auftut. Da sich ein dunkler Schatten über unser heiliges Land legt und die Wesen aus dem Orbis Alius, der Anderswelt in unser Dies eindringen.“
 

Zu jener Zeit glaubte noch keiner an die Prophezeiung eines alten, verwirrten Mannes.

Doch tausend Jahre später verfiel die Welt in einen dunklen Winter und die ersten Dämonen wurden am Astrum, dem Himmelsfirmament sichtbar.

Merkwürdige Wesen, geschuppt und bewaffnet mit Zähnen und Klauen, die in der rot untergehenden Sonne golden blitzten.

Raubvögel so groß wie Elefanten, jedoch windig und geschickt wie Schwalben im Flug.

Sie versteckten sich im Sudet-Gebrige, hoch oben auf dunkelen Steinterrassen, zogen sie ihre Brut groß und räuberten des Menschen Vieh.

Und die Menschen erkannten die ersten Vorboten der Prophezeiung.

Eine Tages, fiel ein Mädchen in den alten Dorfbrunnen, tief im Wald.

Die Menschen fanden es zu spät und das Mädchen konnte nur noch Tod geborgen werden.

Die Mutter trauerte und flehte die Götter an ihr das Kind zurückzugeben.

Da trat aus der Menge ein Fremder hervor und sagte, er könne das Mädchen retten.

Die Mutter glaubte ihm, gab ihm ihr Kind und der Mann sprach in seltsamen Worten. Als das Mädchen die Augen aufschlug, und dem Fremden die Kapuze vom Kopf riss, sahen die Menschen, dass sie auf einen Dämon hineingefallen waren.

Der Fremde sagte er sei ein Bote seines Stammes, und hab das Mädchen geheilt nicht verflucht. Er habe ihr die Gabe der Natur gegeben.

Doch die Menschen sahen was er wirklich war, ein Bewohner des Orbis Alius.

Ein Gesanter des Teufels, welcher die Menschen mit fremder Stimme verführen sollte. Und so jagten sie ihn und das gerettet Mädchen aus der Stadt.

Wenige Winter später, das Land lag in tiefer Dunkelheit, drangen Schreie aus dem dunklen Lande. Und die Menschen sahen die Ungeheuer zum ersten Mal.

Wesen, die sich kleideten, redeten wie sie.

Wesen die sich anschlichen um ihnen das Herz raus zu reißen, ihr Blut tranken, und ihre Körper verdorren ließen.

Die Vampyre
 

Die Menschen erkannten, dass sich die Prophezeiung erfüllt hatte.

Ein Riss hatte sich aufgetan und den Wesen den Zugang zu ihrer Welt ermöglicht.

Zum Schutz vor Angriffen zogen sie eine Mauer, drei Menschen hoch um ihr Land. Sie sperrten die Dämonen aus, welche sich in den Dunkel Landen, den Grünen Wäldern, den Öden Steppen und dem Sudet-Gebirge niederließen, doch es half nicht.

Immer wieder fand man verdorrte Körper, hörte Schreie aus den Wäldern. Die Ernte verwelkte, Krankheit und Seuchen überzogen das Land und immer wieder stürzten die Räuber vom Himmel um sich Vieh und gelegentlich auch Menschen zu schnappen.

Die Prophezeiung hatte sich erfüllt und die Welt viel in tiefe Dunkelheit.

Tausend Jahre hielt diese Dunkelheit an, da verbreitete sich eine neue Prophezeiung.

Ein Kind würde geboren. Die Verkörperung der Göttin Epona.

Mit Hilfe diese Kindes würde es den Menschen gelingen die Vampyre zu besiegen und ihre Länder zu retten.

Ein Gruppe von Gläubigern, die Persequina, suchten das Kind im ganzen Weiland und fanden es schließlich an einem Ort, der von da an nur noch die Heilige Stadt genannt wurde.

Epona führet die Menschen zusammen, gab ihnen Mut und klärte sie über die Schwächen der Vampyre auf.

So gelang es den Menschen im fünfzigjährige Krieg die Vampyre zurückzudrängen und fast Vollständig auszurotten.

Den Höhepunkt erreicht der fünfzigjährige Krieg, als die Menschen die Burg Redec vernichteten und damit gleichzeitig die Herrscherfamilie der Vampyre.
 

Als die Gefahr vorbei war, das Vampyregeschlecht zuerschlagen, schlossen die Menschen unter Epona´s Anweisung eine Freidensabkommen mit den restlichen Bewohnern des Orbis Alius.

Epona erzählte, dass der Riss zwischen den Welten zu Groß sei, als das man ihn hätte flicken könne.

So sei es an den Menschen, ein Auskommen mit den Bewohnern der Anderswelt zuschließen um in Frieden zuleben.
 

Die Vampyre flüchteten in den Untergrund und sonnten auf Rache.

Sie warteten auf ihre Lady, Ihre Herrscherin, welche die Vampyre wieder zusammen führen sollte. Das Kind, welches den Angriff auf die Rote Burg überlebt hatte und sie in den Kampf gegen die Menschen führen würde.

Kapitel Eins

„Vivat, crescat, floreat!“ Es möge leben, wachsen und blühen


 


 

Es war eine stürmische Nacht, der Wind heulte um die alten Gemäuer, des Roten Schlosses. Das Volk war in Aufruhr.

„Kolja, die Persequina sind schon vor den Burgmauern.“ Eine kleine Gestalt regte sich auf den Armen der blonden Frau, deren Augen vor Schreck geweitet waren und doch zittert die Hand, mit der sie ihr Bündel zärtlich streichelte nicht.

„Keine Angst meine Geliebte, sie werden diese Festung nicht einnehmen, keiner hat das bist jetzt geschafft. Wir werden sie verteidigen…“
 

Schreie, entsetzliche Schreie und Blut, überall so viel Blut.

Der Boden bedeckt mit Staub, der Wind weht ihn über die Flure.

Das Gemäuer schreit, nein, die Menschen darin?

Blutige Fänge, aufgerissene Kehlen. . .

„Kolja sie kommen.“

„Nimm Esterial und lauf, flieh von hier Alenka.“

„Ich kann dich nicht zurück lassen . . . Nein!“
 

Schreie, so laut, dass sie einen zerreißen, ein Man im schwarzen Umhang, ein Mädchen mit weißen Augen.

„Kolja. . .!!!“

„Rot, alles ist rot, sogar der Schnee", ich wache auf.

Schweißgebadet liege ich in meinem Bett und starre die seidenen Vorhänge an.
 

Was zum Teufel war das für eine Traum?
 

Mein Name ist Florentina, nun ja eigentlich ist das der Name den mein Dad mir gegeben hat. Jetzt werdet ihr natürlich sagen, dass ist ja nichts besonderes.

Ist es in meinem Fall dennoch, denn mein Dad ist nicht mein leiblicher Vater.

Mein Adoptivvater ist Abundius Nomus, erster Vorsitzender der Völkervereinigung und Schulleiter der Tover, der „erste völkerumgreifenden Schule“ im Animo.
 

Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und blinzelte um den blauen Seidenvorhang herum auf meinen pinke Wanduhr.

Der kleine Zeiger stand auf viertel vor, der Große näherte sich langsam aber stätig der Acht.

„Verdammt..“

Die Tochter des Schulleiters zu sein, brachte bestimmt viele Privilegien mit sich, jedoch schützte sie nicht vorm Zuspätkommen und ich Florentina Nomus, war eine notorische Zuspätkommerin.

Ich hastete ins Badezimmer und verfluchte meine pinke Wanduhr, die mal wieder nicht geklingelt hatte.

Wer kam auch auf die blöde idee eine Wanduhr pink zu zaubern?

Ich wusste natürlich wer, Selina, eine taltentierte jung Hexe und meine beste Freundin.

Gut gemeind, aber seid dem funktioniert das blöde ding nicht mehr richtig.

Ob sich der Kukuk schämte in seinem pinken Tütü, auch eine Nebenwirkung des Zaubers, herauszukommen, ist noch nicht ganz klar.

Auf einem Bein hüpfend, die Zahnbürste im Mund - schrubben wird sowieso überbewertet - versuchte ich mir die Hose über den Fuß zu ziehen.
 

Auf verzauberte Wanduhren sollte man sich eben nie verlassen.

Ich schaffte es irgendwie in die Hose zu kommen, lies die Zahnpaste im Mund zergehen, um ohne Probleme in mein T-Shirt zu schlüpfen, während ich gleichzeitig aus dem Bad stolperte.

Ein blick auf die Wanduhr genügt um mich in Panik geraten zu lassen.

Der kleine Zeiger stand auf fünf vor, der Große berührte die Acht schon fast.

Mir blieben also noch ganze fünf Minuten um meine Schuhe anzuziehen, meine Tasche zu schnappen und die drei Stockwerke zu meinem Klassenzimmer hoch

zurennen.

Natürlich schaffte ich es nicht rechtzeitig.

Fast fünfzehn Minuten später erreichte ich völlig zerzaust und außer Atem die Tür meines Klassenzimmers.

Und natürlich musste ich ausgerechten heute meinen „Lieblingslehrer“ Mr. Glauco haben.
 

Kennt ihr das, ihr habt irgendwie immer einen Lehrer den ihr nicht leiden könnt, den ihr auf den ersten Blick hin unsympathisch findet und er, erstaunlicherweise, euch auch.

Mein besonderer Lehrer dieser Art hieß Mr. Efrian Glauco, er war ein Elb und generell schon ziemlich streng uns Nicht-Elben gegenüber. Mich jedoch hasste er, weil ich ihm bei unserer ersten Begegnung auf die Schuhe gekotzt hatte. Ich war gerade fünf Jahre alt und lernte, dass nicht alles was gelb war auch gut schmeckte.
 

„Ah, Miss Florentina, wieder einmal zu spät. Das ist schon das dritte Mal in diesem Monat. Ich hoffe sie geben sich nicht der falschen Annahme hin, dass für sie als Tochter des Direcktors, gesonderte Regeln gelten. Ganz im Gegenteil, gerade sie in ihrer Position sollten den anderen ein Forbild sein.“

Ich blickte in die Klasse, auf die Mitschüler denen ich ein Vorbild sein sollte.

Die Meisten nutzten die Zeit meiner Strafpredigt um noch ein Bisschen zu dösen.

In der zweiten Reihe von hinten saß Selenia.

Ich unterdrückte ein Grinsen bei ihrem Anblick.

Türkise Haare, rotes Zipfelsweatshirt, lilafarbene Leggins zu blauem, löchrigen Jeansrock und roten Clogs. Wir tauschen mitleidige Blicke aus und ich wartet den Rest von Glaucos Predigt ab.
 

„Ich bitte Sie daher ihren Adoptivvater zu besuchen und ihm das hier zu geben…“ ,er hielt mir einen weissen Umschlag hin auf dem er mit seinem langen Finger ein kleines Symbol zeichnete.

Typisch Elben, vertrauen keinem.

Ich nahm den Brief und verließ das Klassenzimmer um zum Büro des Direktors zu gehen.

Ein Blick auf meine Armbanduhr verriet mir jedoch, dass mein Dad nicht in seinem Büro war.

Es war kurz vor halb neun an einem Mittwoch morgen, von daher gab es nur einen Ort an dem sich mein Vater zu dieser Zeit befinden würde, nämlich in seiner Wohnung.

Wie ich vermutet hatte, saß mein Vater an seinem Esstisch und mampfte Porcias selbst gemachte Pfannkuchen.

Porcia war unsere Köchin und die heimliche Verehrerin von meinem Dad.

„Florentina…“, stieß er zwischen zwei Bissen hervor, als er mich erblickte: „Was machst du den hier?“

„Ich hatte Glauco in der ersten Stunde und hab verschlafen.“ ,antwortete ich, reichet ihm den Brief und nahm mir ebenfalls einen Teller mit Pfannkuchen.

Mrs. Porcia machte die besten Blaubeerpfannkuchen auf ganz Animo.

Hätten wir sie damals nicht auch als Köchin und Hauswirtschaftlerin gehabt, wären wir bestimmt elendig verhungert oder noch schlimmer, mein Dad hätte uns vergiftet.

Ich muss wohl nicht extrer erwähnen das mein Dad ein grausieger Koch ist, der eine Tomate noch nicht mal von einer Paprika unterscheiden kann.

In dem mixen von tinkturen Brilliant, im Kochen eine niete.

Ich blickte meinen Dad über den Rand der Sirupflasche hinweg an.

Abundius Nomus sah aus wie ende dreißig.

Er hatte kurzes braunes Haar, was ihm in wilden Wirbeln vom Kopf abstand.

Dazu ein rundes Gesicht, mit dicken Pausbacken die Porcia hegte und pflegte und eine Brille, die er nur brauchte, weil seine Augen nicht vom Zauber betroffen waren.

Den in Wahrheit war mein Dad schon über sechzig und könnte genau so gut mein Großvater sein.
 

„Mh, hier steht du bist zum wiederholten Mal zu spät gekommen, ist das richtig? “, er blickte mich streng an. Nun ja, er versuchte es zumindest.

Denn sein strenger Blick glich seinem lieben Blick fast auf ein Haar, nur kniff er bei dem lieben Blick nicht die Augenbrauen zusammen.

Ich stopfte mir gerade ein Stück Pfannkuchen in den Mund und nuschelte etwas von pinkter Wanduhr.

„Die Wanduhr war schuld Dad, der Kukuck weigert sich herauszukommen in seinem Pinken Tütü.“ Ich verkniff mir gerade so ein lachen bei dem Gedanken.

„Ach den du von Selenia zum Einzug in dein neues Heim bekommen hast?...“ Mein Vater verschluckte sich an seinem Kaffee, „Ihr habt dem Kukuk ein Tütü angezogen…“

„Ja, genau der…“ bestätigte ich lachend.

Noch vor einem Jahr wohnte ich mit meinem Dad zusammen in dieser kleinen Wohnung im Schloss. Doch zu meinem sechzehnten Geburtstag erlaubte er mir, dass ich wie eine ganz normale Schülerin auch in den Schlafzimmertrackt umzog.
 

Mehrere Minuten aßen wir schweigend unsere Pfannkuchen und hätte es Glauco nicht auf mich abgesehen, wäre die Sache mit dem Zuspätkommen unter dem Berg von Pfannkuchen und Sirup wohl begraben worden.

So jedoch fing der Brief nach dem dritten Teller an zu pfeifen.

Mein Dad erschrak, fuhr mit dem Finger über den Brief und murmelte ein altes Wort, woraufhin sich die Wörter auf dem Papier neu bildeten.

„Glauco ist der Meinung, dass du für dein Vergehen bestraft werden solltest. Er schreibt, dass er das Putzen der Schaftrakt Flure als geeignete Vergeltung einstufen würde.“

„Och Dad...", jammerte ich.

„Tut mir leid Prinzessin, aber Glau… ähm, Professor Glauco ist ein ehrenwertes Mitglied meines Lehrerstuhls und ich muss mich nach seinen Vorschlägen richten.

„Er ist ein Elb, er liebt Vorschriften und der hasst mich…“ , grummelte ich, doch es nützte nichts.

Mein Dad war wohl wieder der Meinung, dass er härter durchgreifen musste.
 

Das Schloss Tover, war nicht immer eine Schule, früher gehörte es einem reichen Fürsten der für seine ausschweifenden Feste bekannt war.

Man erzählt sich, dass vor allem die heutigen Schafsäle, das Zentrum dieser Partys gewesen waren. Und wenn man diese Feste ehrt und vielleicht sogar noch übertrift, dann würde es die Succubi und Incubi anlocken, die der Graf in den Kellergemäuern versteckt hatte.

Ja, man erzählt sich.

Ich jedoch weiß es besser.

Der Graf dem dieses Schloss früher gehörte war Freiheer Arcis von Castellum und die einzigen wilden Partys die er zu Lebzeiten gefeiert hatte, waren ausschweifenden Schachpartien mit sich selber.

Er war ein alter, kauziger Zauberer, der meinen Vater und mich jedoch gerne bei sich leben lies. Später kam dann noch Porcia dazu und als ich ca. vier Jahre alt war, entwickelte mein Dad die Idee der völkerumgreifenden Schule.

Arcis hatte nichts dagegen, er sehnte sich sowieso nach mehr Sonne und Strand und zog daher auf eine kleine Insel im Nördlichem Meer.

Das erzählte zumindest mein Vater.

Ich hingegen glaube, dass Arcis bei einer seiner ausschweifenden Schachpartys den Löffel abgegeben hat.

Oder sich selber Schach mat gesetzt hat?

Wie dem auch sei, mein Vater war schon immer ein Mann der Tat und setzte die Idee mit der völkerumgreifenden Schule gleich um.

Er baute die alten Schlossräume so um, dass sie als Schlaftrakt für Jungen und Mädchen herhielten, aus dem Rittersaal machte er eine Kantine mit Porcia als Chefköchin, und aus dem Westflügel den Klassentrackt.

Als alles fertig war und mein Vater die Schule feierlich eröffnen wollte, stellte er jedoch fest, dass er eine entscheiden Sache vergessen hatte.

Nämlich die Schüler.

Die Zaubererschaft ist im Allgemeinen sehr tolerant und da mein Dad ein hohes Ansehen als mächtiger Elementarmagier in Terra Fina genoss, dauerte es nicht allzu lange, bis die ersten angehenden Zauberer und Hexen die Schulbank drückten.

Doch das war meinem Vater nicht genug.

Er hatte die Schule als eine Art kommunikativen Austausch zwischen den Völkern erbaut und zwar zwischen allen Völkern.

Und so lies er verkünden, dass alle Kinder jedes Volkes, egal ob Elb, Zauberer, Vampyr, Drache, Mensch oder auch Feen und Waldgeister in seiner Schule herzlich willkommen waren.

Es dauerte ca. zwei Jahre, da hatte er es geschafft und die ersten Kinder der „anderen Völker“ zogen in unsere Schule ein.

Nun ja, eigentlich nur die Elben.
 

Denn Feen und Waldgeister gehen natürlich nicht zur Schule.

Sie würde ihre geliebten Wälder nie verlassen.

Genauso verhielt es sich mit den Drachen.

Eigentlich sind sie viel zu groß und auch viel zu stolz, als dass sie in eine Schule gingen, die von einem Zauberer geleitet wird.

Was meinen Dad jedoch nicht daran hinderte, eine Drachenlandebahn und ein spezielles Klassenzimmer im Freien bauen zu lassen.

Auch die Elben sind ziemlich selbstgefällig und eingebildet, vor allem seid sie das geheimniss der Unsterblichkeit kenne. Doch mein Dad konnte einige von ihnen als Lehrer einstellen und so besuchten auch Elbenkinder unsere Schule.

Der größte Anteil unserer Schüler besteht jedoch weiterhin aus Hexen und Zauberern.

Und Menschen?

Tja, die fehlen ganz in unserer Schule. Sie sträuben sich so sehr gegen alles Magische und die Anderswelt, wie sie uns nennen, dass jeglicher Versuch meines Vaters mit ihnen zu reden abgeschlagen wurde.

Früher herrschte Krieg zwischen unseren Welten.

Besonders zwischen den Menschen und den Vampyren, wobei das Vampyrvolk weitestgehend ausgelöscht wurde.

Ihre Herrscherfamilie wurde bei diesem Krieg getötet und so zerstreute sich das Volk der Vampyre in den Wäldern.

Niemand weiß genau, wo sie im Moment leben oder ob überhaupt noch welche am Leben sind.

Aber wenn welche übrig wären und sie Kinder hätten, dann bin ich mir sicher, dass mein Vater auch diese Kinder in seiner Schule aufnehmen würde.
 

„Was machst du hier?“, fragte mich plötzlich eine vertraute Stimme.

Ich kniete gerade im Flur des Schlaftraktes für Jungen auf dem Boden und bearbeitete die Fliesen.

„Ich schrubbe den Boden, dass siehst du doch“, gab ich entnervt zu Antwort.

Innerlich immer noch Glauco verfluchend, hatte ich Verus gar nicht bemerkt.

Verus war ein Elb und er war mein Freund.

Nun, er war einfach immer in meiner Nähe und da ich sowieso kaum Freunde habe, zählte ich ihn einfach mal dazu.

Denn eigentlich hatte ich nur Selina als beste und einzige Freundin.
 

„Der aufenteilt von Mädchen im Jungentrakt ist aber nach den Regeln verboten.“, betet Verus die Schulordnung herunter.

„Ja ich weiß, dass ändert aber nichts daran, dass ich die Flure der Schlaftrakte putzen muss und zwar beider Schlaftrakte.“

„Aber …“

„Nichts aber, Glauco hat es angeordnet und mein Dad, ... ähm ich meine Professor Nomus hat ihm zugestimmt.“

„Professor Glauco..“, murmelte Verus.

Ich seufzte.

Eigentlich war Verus ziemlich okay, man konnte mit ihm reden und trotz seines spießigen Auftretens auch Spaß haben.

Jedoch nur, solange man sich an die Regeln hielt.

Denn er war, wie schon gesagt, ein Elb und als solcher ganz versessen auf Regeln.

Ein Elb bekommt von klein auf an eingetrichtert sich an Regeln zu halten.

Es gibt so gut wie keine Rebellen unter ihnen oder Kinder, die auch nur ansatzweise gegen Regeln verstoßen. Dabei machen sie keinen Unterschied ob die Regeln von den Elben selbst oder von meinem Dad, dem Schulleiter aufgestellt wurden.

Selina und ich sind der Meinung, dass Elbeneltern ihre Kinder mit einem „Regel-Befolg-Zauber" belegen, wenn sie noch kein sind und diesen Zauber dann einfach vergessen im Alter zu entfernen.
 

„Hi Florentina, Hallo Verus, sag was hast du da in der Hand“, Selina bog um die Ecke und steuerte direkt auf Verus zu.

Verus der wohl eingesehen hatte, dass ich hier sein durfte und das dies einer dieser Momente war, wo eine Regel von einer anderen überdeckte wurde, erschrak, versteckte das Buch hinter seinem Rücken und kniff bei Selinas Anblick die Augen zusammen.

Jedoch nicht, weil sie mittlerweile zu der gewankten Kombination von heute Morgen auch noch lila Strähnen in ihren türkisen Haaren hatte.

„Und was machst du hier, Selina?“, fragte er argwöhnisch.

Selina überging ihn, was sie zugegebenermaßen öfters tat: „Hier steckst du ...

Ich hab dich schon gesucht … ich hab das neue Album von ´In The Rocks´, dass müssen wir hören.“

„Geht nicht, ich muss die Böden hier noch schrubben … Anweisung von meinem Dad.“

„Ach so“, entgegnete mir Selina. Sie überlegte einen kurzen Moment, dann fing sie an zu grinsen.

„Dein Dad hat bestimmt nur gesagt das die Böden geputzt werden sollen, oder?“

Ich verstand sie sofort: „Jaa...“.

Sie hockte sich hin, leget ihre Hände über Bürste und Eimer und murmelte ein paar Worte.

Gleich darauf fingen die Geräte an sich selbstständig zu machen.

„Ich glaube nicht, dass dein Vater und Professor Glauco sich deine Strafe so erdacht haben!“, gab Verus zu bedenken und sah missmutig auf die selbsttätige Bürste.

„Ich denke, Florentina sollte dies tun und du Selina sollest den Jungenschlaftrakt verlassen. “

„Ach Verus, jetzt sei nicht so ein Frosch, wozu hat man den die Magie, wenn man nicht einmal einer Freundin damit helfen kann …“, und noch bevor Verus anfangen konnte über den eigentlichen Verwendungszweck der Magie zu lamentieren, schnappte Selina mich am Arm und zog mich den Flur entlang.

„Wir kommen in einer Stunde wieder und beenden den Zauber, keine Angst, es wird niemandem auffallen. Und außerdem dürfen wir doch sowieso nicht im Jungentrakt sein … So sind die Regeln … „, zwitscherte Selina.
 

„Danke für deine Hilfe …“, seufzte ich und ließ mich auf ihr Bett fallen.

Ihr Zimmer war genauso bunt wie sie selber, ich zählte allein sechs Farben, die nur ihre Wände zierten.

„Ach kein Problem, warte nur, in ein paar Monaten hast du Geburtstag und dann kannst du das auch.“
 

Ja.. in ein paar Monaten hatte ich Geburtstag, dann würde ich 17 werden und somit volljährig in der Welt der Magier.

Dass ich so wenige Freunde hatte, lag nicht nur daran, dass ich die Tochter des Direktors war, sondern auch daran, dass ich nicht wusste was genau ich war.

Ich war kein Elb, so viel stand fest, mir fehlten die typischen, spitzen Ohren.

Dass ich kein Drache und auch keine Fee war, verstand sie von selbst.

Doch ich war auch keine richtige Hexe, denn bis jetzt hatten sich noch keinerlei magische Kräfte bei mir gezeigt. Es ist zwar normal, dass sich bei einer Hexe oder auch Zauberer die Kräfte nicht sofort entwickeln und das bei manchen die Magie schneller und bei anderen langsamer ist, jedoch ist es sehr selten, dass eine Hexe oder ein Zaubere bis zu seinem sechzehnten Lebensjahr nicht das kleinste bisschen Magie in sich verspürte.

Selina war besonders talentiert aber selbst der untalentierte Zauberer der Schule konnte in meinem Alter schon einen einfachen Aufrufzauber bewerkstelligen.

Nur bei mir tat sich nichts.

„Florentina, du musst bis zu deinem Geburtstag Geduld haben, es ist doch nicht mehr lang und dann kommen auch bei dir deine vollständigen Kräfte zutage.“, sagte mein Dad seit Kurzem immer, wenn ich ihn frage, was den mit mir los sei.
 

Ich weiß also weder wie ich richtig heiße, noch wer ich wirklich bin.

Das Einzige was ich weiß, ist das, was mein Dad mir über diese eine Nacht erzählte, in der er mich fand: „ Ich ging in den Wäldern nahe des Dunkellandes, auf der Suche nach einer Schneeblume spazieren. Es hatte kurz zuvor geschneit.

Plötzlich hörte ich ein Knacken ganz in der Nähe, ich blieb stehen und schaute mich um, doch da war es auch schon verschwunden.

Als ich weiter ging, entdeckte ich eine Lichtung. Abermals hörte ich dieses Knacken. Und als ich mich umdrehte, war fand ich dich. In einem dicken Mantel lagst du eingebettet im Schnee. Du sahst so süß aus mit deinen blonden Löckchen im fahlen Licht der Göttin Luna und mir dargelegt wie ein Geschenk. Ich nahm dich hoch und als der Mondschein auf die Lichtung fiel, sah ich, dass wir inmitten der Schneeblumen standen.

Hell und glitzernd lugten sie unter dem Schnee hervor und ich gab dir ihren Namen, Florentina.“

Früher als ich von Albträumen gequält verängstigt dalag, hatte mein Vater mir oft diese Geschichte erzählt. Danach hauchte er mir einen Kuss auf die Stirn und flüsterte: „Du musst keine Angst haben, ich werde immer da sein und dich finden, egal was passiert, meine kleine Florentina.“
 

Es war lange her, dass ich das letzet Mal einen Traum, von Blut und Gewalt hatte, fast zehn Jahre.

Doch heute Nacht hatte er mich wieder eingeholt.

Kapitel zwei

„Spes ultima moritur“ die Hoffnung stirbt zuletzt


 

Ich unterhielt mich noch lange mit Selina, über Jungs und über unsere neue Lieblingsband. Laut grölten wir die Songs mit und vergaßen dabei ganz, was wir versprochen hatten.
 

Am nächsten Tag weckte mich eine nigelnagelneue Wanduhr.

Schwarzes, auf Hochglanz poliertes Ebenholz, mit großen Messingzahlen und einer kleinen, verzauberten Platinfigur als Kuckuck.

Mein Dad hatte die kleine Figur, die wie ein menschlicher Krieger angezogen war, wohl mit einem verzaubert belegt.

Denn, immer wenn es Zeit war aufzustehen, erschien der kleine Krieger und fing an zu singen und zwar so falsch und schlecht, das seine Platinrüstung nur so klapperte.

Es musste absichtlich so singen, denn selbst ein Platinritter muss doch ab und an einen Ton treffen.

Frei nach dem Sprichwort: „Ein blinder Kobold tut trotzdem weh, wenn er dich trifft.“

Erst als ich dem Ritter drei mal versprochen hatte, dass ich jetzt wach bin und nicht wieder einschlafe, lies er sich dazu erbarmen ,ruhig zu sein.
 

So kam es, dass ich, fünfzehn Minuten zu früh zu „Geschichte des Anios“ war.

Fünfzehn Minuten zu früh!

Das bedeutet auch mindestens zehn Minuten weniger schlaf und das nur ,weil eine kleine, miese Platinfigur meint ,sie sei der Wächter der Zeit persönlich.
 

Ich setzte mich also äußerst schlecht gelaunt auf meine Platz und wollte gerade Selina über die neue Schikane meines Dads informieren, obwohl ich mir sicher war, dass auch Glauco seine Finger mit im Spiel hatte, als mich ein Tippen an meiner Schulter davon abhielt.

Ich sah hoch und blickte in die saphirblauen Augen eines gereizt aussehenden Elbs.

„Hi Verus...“

Ob Verus wohl auch zu früh geweckt wurde?

Seinem Blick nach zu urteilen, musste irgendetwas den Elben mächtig verärgert haben.

„Hallo, Florentina.., Selina.“ ,er strafte uns Beide mit einem besonders strengen Blick.

„Ich dachte es würde euch vielleicht interessieren, dass ich gestern Nacht den kleine Putzzauber im Jungenschlaftrakt beendet habe. Und zwar bevor sich die Bürste und der Eimer über einen schlafenden Jungen hermachen konnten.“

„Ups…“, Selina musste sich sichtlich das Lachen verkneifen.

„Oh ähm ja, vielen Dank Verus …“, entschuldigte ich mich, doch da war er auch schon zu seinem Platz marschiert.

„Das hat er auch nur für dich gemacht…“, meine beste Freundin zwinkerte mir zu.

Ich verdrehte die Augen: „Ja und nach der Stunde hält er uns Beiden einen Vortag über den richtigen Gebrauch von Magie und über die Regeln, die irgend so ein alter Zauberer oder Elb dazu verfasst hat.“

Wir mussten beide Kichern.
 

Die Tür flog schwungvoll auf und Miss Sepentia, unsere Lehrerin für „Geschichte des Anio“ betrat das Kassenzimmer. Wie immer war sie bestens gelaunt und freudestrahlend.

„Guten Morgen alle zusammen, heute fangen wir mit einem neuen Thema an…“

Miss Leonora Sepentina war eine junge und ausgesprochen beliebte Hexe. Das sie so beliebt war, konnte natürlich darauf zurückzuführen sein, dass sie sehr hübsch war, mit ihren langen brünetten Haar, dem herzförmigen offenem Gesicht und dem , jetzt zitiere ich einige meiner Mitschüler, `Wahnsinns Körper´.

Es konnte aber auch daran liegen, dass sie sich immer für ihre Schüler einsetzte, an jeden von uns glaubte und ihre schrullige, aber sehr sympathische Art dazu führte, dass selbst ein Fach wie Geschichte nicht langweilig wurde.

Erste Annahme bestätigten natürlich die Jungs unsere Schule.
 

Miss Sepentina stellte ihren geblümten Rucksack aufs Lehrerpult, kramte erstaunlich lange in ihm herum und holte dann ein in schwarzes Leder gebundenes Buch hervor.

Triumphierend hielt sie es uns hin, gerade so, als währe es ein wahnsinns Schatz, den wir nun bewundern mussten.

Als wir nicht in Erstaunen ausbrachen, wie sie vielleicht vermutet hatte, deute sie auf das Buchcover.

„Die Dunkel Zeit“ war in silbernen Lettern drauf geschrieben.

Doch auch das entlockte uns keine oh´s oder ah´s.

Sie seufzte: „Na gut. Ich sehe schon. Ihr wisst noch nicht genug über die Dunkel Zeit um dieses außergewöhnlich spannende und interessante Epoche unseres Planeten zu würdigen. Doch das werden wir nun ändern! “

Hierzu musste man sagen, dass für Miss Sepentina alle Themen außergewöhnlich spannend und interessant sind.

„Also gut, was wisst ihr den schon über die Dunkel Zeit?“

Ein Junge aus der ersten Reihe meldete sich, ein Elb namens Diogo.

„Die Dunkel Zeit erstreckte sich von Sechzehnhundertzwanzigunddrei bis Siebzehnhundertneunzigundacht. Im Zeitraum der Dunkel Zeit, begann ca. Siebzehnhundertsiebenundsibzig der Blut Krieg.

Die Dunkele Zeit wurde durch eine Verschiebung der Planeten, dem zufolge Sol, das Licht verdeckt wurde, hervorgerufen...“, doch Miss Sepentina hörte ihm schon nicht mehr richtig zu.

Eifrig nickend hatte sie bei der Erwähnung des Blut Kriegs in die Hände geklatscht und laut ahha gerufen.

„Sehr gut, Diogo, dass reicht erst mal … Also gut, der sogenannte Blut Krieg begann also noch während der Dunkel Zeit. Besser gesagt, war die Dunkel Zeit der eigentliche Auslöser für diesen Krieg, warum? Ähm, Selina?“

Selina, welche gerade das Logo von In The Rocks auf ihr Blatt gekritzelt hatte, gab einen erstickten Laut des Erschreckens von sich.

„Oh..naja..“ stotterte sie.

„Warum die Dunkel Zeit der Auslöser für den fünfzigjährigen Krieg war.“, flüsterte ich ihr zu.

„Ach so… Ähm, also die Dunkel Zeit war Auslöser für den Krieg, weil es vor dem Krieg dunkel war!?“ entgegnete sie, mehr fragend als ausdrückend.

„Sehr gut Selina, das ist Richtig! Tatsächlich war der Auslöser des Krieges die vorangegangene Dunkelperiode. Es wurde einfach nicht mehr hell. Wie beeinträchtigte das das Leben der ..mhh.., sagen wir mal, der… Drachen Verus ?“

Ich atmete erleichtert auf.

Drachen waren von Natur aus verschwiegene Wesen. Sie behielten ihre Geschichte stets für sich. Zudem hatten sie einen entschiedenen Vorteil was die Weitergabe ihrer Erinnerungen und Erfahrungen betraf. Sie konnten nämlich ihr gesamtes Wissen auf ihre Jungen übertragen, quasi mit der Muttermilch. Daher ist es sehr schwer etwas über die Historie der Drachen zu erfahren und somit war es fast unmöglich diese Frage korrekt zu beantworten…
 

„ Die Dunkelheit verringerte das Nahrungsangebot der Drachen. Sie ernährten sich jeher von den Lebewesen, die in den Wäldern rund um das Sudet-Gebrige lebten. Aufgrund der Dunkelperiode trat jedoch ein erhöhtes Baum- und Pflanzensterben auf.

Durch den Rückgang der Vegetation, kam es zu einem dezimiertem Nahrungsangebot der Herbivore, also den Pflanzenfressern.

Ihr Population ging zurück, was wiederum die Population der Carnivora beeinträchtigte, also auch die der Drachen. Durch das knappe Nahrungsangebot sahen sich ein paar abtrünnige Drachen dazu gezwungen, die Viehherden der Menschen zu wildern…“
 

… Außer, man hieß Verus und hatte das gesamte Wissen der Elben, ebenfalls mit der Muttermilch zu sich genommen. So kam es einem jedenfalls vielfach vor.

Auch heute war sein Rucksack wieder zum bersten mit Büchern gefüllt.

Er war so überfüllt, dass ein kleines, in dunkelblauses Leder gebundenes Büchlein an der Seite rauszufallen drohte. Seltsam, keins unserer Schullektüren hatte so ein Format.

Auch nicht die Bücher in der Bibliothek, da war ich mir sicher. Bestimmt war das wieder eins der Bücher, die er sich von Magier & Co. hatte schicken lassen, um wer weiß was zu lernen oder nach zuschlagen.
 

„Sehr gut ,Verus … Sehr gut, genau so war es. Dadurch wurde den Menschen zum ersten mal bewusst, dass sie nicht alleine auf dem Anio waren. Wer bediente sich noch an den Nahrungsquellen der Menschen?... Florentina, versuch du es doch mal.“

Sie lächelte mir aufmunternd zu.

„Ähm, die Vampire..“

„Sehr gut und warum?“

Natürlich, von allen Wesen musste ich die schwierigsten bekommen.

Durch den Blut Krieg und die daraus resultierende, fast vollständige Ausrottung der Vampyre sind auch die meisten Schriften verbrannt worden oder verschwunden.

Zum Glück interessiert sich mein Dad ausgerechnet für diesen Teil der Geschichte ganz besonders, weshalb er es geschafft hatte einige, verschollen geglaubte Bücher wiederzufinden und seiner Buchsammlung hinzu zufügen. Weiß der Vultur woher er die hatte.
 

„Die Vampire ernähren sich von Blut. Jedoch waren sie schon seit hunderten von Jahren in der Lage, Tierblut selber zu synthetisieren. Sie nutzen dazu die Energie der Sol, also des Lichtes. Durch die Dunkel Periode konnte das Volk der Vampire nicht genügend Blut synthetisieren, sodass eine kleine Spähergruppe im Wald jagen gehen musste. Bei einer ihrer Erkundungen entdeckten sie einen Menschen. Der Mensch war von einem wilden Tier angefallen und verletzt worden. Der Duft seines Blutes berauschte die ausgehungerten Männer so sehr, dass sie sein Blut tranken.

Das war wohl der erste bekannte Fall in dem ein Vampir das Blut eines Menschen trank.

Begeistert von ihrem Fund brachten die Späher den Menschen in ihr Dorf.

Ihre Wissenschaftler entdeckten, dass der Mensch fast das gleiche Blut in sich trug, wie ihr synthetisiertes. Zudem war es fast genauso ergiebig und der Geschmack vor allem wohlschmeckender. Sie berichteten dem hungernden Volk ihre Entdeckung in der Hoffnung, so einen Weg aus der Hungersnot gefunden zu haben.

Die Herrscherfamilie war jedoch dagegen jagt auf die Menschen zu machen. Sie befürchteten einen Krieg und setzte deswegen eine hohe Strafe auf diejenigen aus, die sich diesem Gesetz wiedersetzten. Dennoch, es war zu spät. Das ausgezehrte Volk begehrte das wohltuende Blut und startete ein Angriffe auf das nächst gelegene Dorf der Menschen…

Ähm,... die Menschen ließen sich das natürlich nicht gefallen und erklärten den Vampiren daher den Krieg… ähm… so kam es zum Blut Krieg.“
 

Als ich geendet hatte war es still in der Klasse, so still wie wohl schon seit langen nicht mehr. Alle Blicke waren starr auf mich gerichtet, selbst die der Elben.

Und das obwohl sie sonst gerne den Eindruck vermittelten Allwissend zu sein.
 

„Woher zum Teufel weißt du das so genau?“, fragte Selina in die Stille hinein.

„Mein Dad hat da so ein Buch in seiner Bibliothek, da steht das drin…“ , ich war es nicht gewohnt andere mit meiner Antwort zu überraschen. Meistens gehörte ich eher dem Mittelmaß der Schule an.

„Also haben die Menschen den Krieg mit den Völkern begonnen?“, kam es aus der dritten Reihe von Aurora, einer Hexe mit Blonden Bubi Kopf.

„Das klären wir dann in der nächsten Stunde.“ , entgegnete Miss Sepentina als es auch schon klingelte.

Sichtlich enttäuschte stopfte sie ihr Lehrbuch zurück in den geblümte Rucksack.

Als ich an ihr vorbei ging, hörte ich sie noch murmeln; muss unbedingt mit Abundius über das Buch sprechen, da wurde ich auch schon von Selina mit Fragen bombardiert.

„Woher weiß du das alles über die Vampire?“

„Hab ich doch gesagt, mein Dad hat ein Buch in seiner Bibliothek.“

„Ja, und du hast mir noch nie gesagt, dass du da liest.“ ,sichtlich empört blickte sie mich an, gerade so als ob ich ihr über jedes Buch was ich lesen würde Rechenschaft schuldig wäre.

Ich seufzte: „ Ja, keine Ahnung, eines Abends hatte ich nichts mehr zu lesen und da bin ich in seine Bibliothek gegangen. Da lag so ein altes, zerschlissenes Buch auf dem Tisch.

Was bei meinem Dad eher ungewöhnlich ist, du weiß ja, wie sorgsam er mit seinen Büchern umgeht.“

Selina nickte.

„Ich nahm es hoch und las den Titel, ´Gesichte der Vampire´ stand da in krakeliger Schrift.

Ich überflog die ersten Seiten und es war wirklich sehr interessant, mehr wie ein Roman, nicht wie ein Geschichtsbuch.“, ich zucke mit den Schultern: „Da las ich es eben zu ende.“ Ich verstand Selinas Neugier wirklich nicht, auch wenn es sich um ein Buch meines Vaters handelte, war das schließlich nichts besonderes.

Mein Vater hat so lange ich denken kann, schon immer Bücher über besondere Magie, Zauberhistorie oder Geschichten über die Entstehung des Anio gesammelt und archiviert.

Seine Sammlung ist eine der bekanntesten in ganz Terafina und seit längerem hat er diese Sammlung, nun ja, einen Teil, der schlosseigenen Bibliothek zur Verfügung gestellt.
 

Verus gesellte sich, die Tasche lässig über die Schulter geworfen, zu uns. Ein wunder bei der Menge an Bücher.

Lässig?...Verus schien irgendwie verändert zu sein.

„Und, hast du deinen Dad gefragt wo er das Buch her hat?“, löcherte mich Selina immer noch .

„Hab ich tatsächlich, er sagte nur das er ein Faible für besonders schwer zu bekommende Literatur hat.“

Selina überlegte eine Zeit lang, dann sagte sie: „Meinst du dein Dad würde mir das Buch mal leihen?“

„Sag mal warum interessiert dich das so?“

Sie wurde rot, blickte erst zu mir und dann zu Verus, den sie wohl eben erste bemerkt hatte und dann wieder zu mir: „Ähm... also der Liedsänger von In The Rocks soll ein Vampir sein.“

Ich fing zu lachen an, Verus auch. Verblüfft schauten wir ihn an. Ich hatte ihn noch nie über etwas so banales lachen hören. „Oh man, Mädchen.“, seufzte er und fuhr sich durch die Haare.

Also doch seine Haare, irgendwas war da doch anders, doch bevor ich richtig erfasst hatte was es war, hatte er sich auch schon umdreht und lief richtung Treppe.

„Kommt, lasst uns essen gehen…“.
 

In den kommenden Wochen benahm sich Verus immer merkwürdiger.

Anstatt seines weißen Hemds und der schwarzen Stoffhose trug er nun auch mal Jeans und eines Tages auch ein T-Shirt. Zuerst dachte ich, er hätte vielleicht Probleme mit dem Wäschedienst gehabt. Eine Verwechslung oder seine Klamotten waren auf wundersame Weise alle verschwunden und er musste sich von Freunden etwas zum anziehen leihen.

Was auch passiert war, Verus hatte seinen Klamottenstil sichtlich verändert.

Und das fiel nicht nur mir auf. Zu meinem großen Erstaunen erblickte ich immer wieder kichernde Mädchen in seiner Nähe.

Heute zum Beispiel saß er mit dunkelblauer Jeans und schwarzem Hemd, am Tisch in der Cafeteria umringt von einem Haufen lachendender Elben und Hexen.

Mutierte Verus etwa zum Mädchenschwarm?
 

Auch Selina war Verus´ neue Art nicht verborgen geblieben und als er auf ihre Fragen hin immer neue Ausflüchte erfand, war ihre Neugier geweckt.

Seit dem verbrachte sie jede freie Minute oder sagen wir die Zeit in der sie nicht den Liedsänger von In The Rocks anhimmelte damit, Verus´ Geheimnis zu lüften.

Eines Tages, ich saß gerade bei einem spannenden Buch unter der großen Linde in unserem Innenhof, mein Lieblingsplatz nebenbei bemerkt, da höre ich Selina schreiend auf den Hof rennen.

Dicht gefolgt von Verus stürmte sie durch das Eingangstor und brauste mit wehendem Haar, zurzeit Rosa gelockt, auf mich zu. In ihrer Hand ein kleines lilafarbenes Buch, was mir seltsam bekannt vorkam.

„Folrentina, das musst du sehen, das glaubst du mir sonst NIE…“, kreischte sie, warf mir das Buch zu und schlug gleichzeitig einen Haken um Verus zu entkommen.

Überrascht fing ich das Büchlein auf.

Wie ich das Herz einer Hexe gewinne, ohne Zauberei und Hexentrank, Band 2

„...Siehst du, Band 2… er hast schon das Zweite…“ , kreischte Selina wieder, während Verus mittlerweile von ihr abgelassen hatte und wie ein Häufchen Elend neben mir stand: „Ja komm schon, mach dich ruhig über mich lustig…“

„Ach Verus, du bist einfach zu süß.“,sagte ich lachen, drückte ihm das Buch zurück in die Hand und schaute Selina gespielt böse an. “Selina, so was kannst du doch nicht machen. Den armen Verus so zu ärgern.“

„Ja mich so zu ärgern… Das arm kannst du ruhig weglassen, Florentina“, wir fingen alle drei an zu lachen. Damit war die Sache für mich gegessen, nicht jedoch für Selina. Sie hakte sich betont freundschaftlich bei Verus unter und fragte mit zuckersüßer Stimme: „Sag mal, welches Hexenherz willst du den erobern?“

Verus wurde knall rot, murmelte etwas von; kennst du nicht und flüchtete in Richtung Bibliothek.

Sie lächelte verschmitzt und wollte ihm gerade hinterher, als ich sie am Arm festhielt. „Komm, lass ihn einfach in Ruhe, wir müssen sowieso noch unser Magie Projekt überarbeiten…“, entgegnete ich und zog sie am Ärmel Richtung Klassentrakt.
 

Der Himmel war mit dicken Schneewolken gespickt, die Burgzinne mit weissem Schnee gepudert.

Es war bitterkalt.

Auch die dampfende Tasse mit heißer, selbstgemachter Schokolade von Porzia, welche auf meinem Nachtisch stand, half nicht die Kälte in meinem Körper zu vertreiben.

Zu tief hatte sie sich in meine Seele eingenistet.

Eine Kälte, die mich seit den ersten Morgenstunden erfasst hatte und jetzt zum Abend hin ihren Höhepunkt erreichte.

Denn es war der dreiundzwanzigste November, mein siebzehnter Geburtstag und zugleich der schlimmste Tag meines bisherigen Lebens.
 

Alles war vorbereitet als ich am Morgen meines Geburtstags aus dem Bett kroch.

Ein kleines Törtchen verziert mit Zuckergussschneeblumen stand auf meinem Nachttisch, umringt von kleinen Geschenken meiner Freunde und meinem Dad. Wie jedes Jahr hing ein Banner mit der Aufschrift ´Herzlichen Glückwunsch´ quer durch den ganzen Raum.

Die einzelnen Buchstaben wurden von einem Zauber an ihrem Platz gehalten.
 

Herzlichen Glückwunsch.., murmelte ich.

Endlich war ich siebzehn und somit volljährig. Ich konnte also tun und lassen was ich wollte und doch war mir zum heulen zumute.

Wochen, ja sogar Monate, hatte ich mich auf diesen Tag gefreut.

Dem Tag an dem ich siebzehn wurde, und endlich meine vollständigen Kräfte erhalten würde.

Und obgleich ich mich freute, überfiel mich auch eine unbändige Angst.

Was würde passieren, wenn ich keine Kräfte ausbilde?

Wenn einfach nichts passiert?

Wenn ich eben keine Hexe war?

Ein Schauer der Angst lief meinen Rücken hinab und ich spürte das Brennen in meinen Augenwinkeln.

Ich verdrängte den Gedanken schnell und machte mich lieber über meine Geschenke her.

Ein großes in Gelb verpacktes Buch lag ganz oben auf dem Stapel, das Papier schillerte leicht orange. Eine Karte, mit feiner Handschrift beschrieben, verriet mir das es von Verus war.
 

Vorsichtig wickelte ich es aus seinem Papier und zum Vorschein kam ein großes in Leder gebundenes Buch.

Ich schmunzelte. Eigentlich war der Elb gegen alles Unnützes und verschenkte deshalb eigentlich immer nur Bücher, die man eher in der Schule las als in der Freizeit.

Deshalb war ich um so erstaunter, als ich erkannte, um was für ein Buch es sich handelte.

Es war die Sonderausgabe meiner Lieblingsautorin Elisabet Mays, eine begnadete Hexe und Romanschreiberin, wie ich fand.

Der Gedanke daran, wie Verus in den Laden gegangen war, um ein für ihn unnützes und sinnloses Buch zu kaufen, trieb mir ein Lächeln auf den Lippen.

Es war das erste Mal seit langem, dass ich überhaupt wieder lächelte.

Zu groß war die Angst vor diesem Tag gewesen, zu groß die Angst vor der Enttäuschung.
 

Das nächste Geschenk war von Selina, dass sah man sofort an den bunten Bändern die sie um das rotgold gesprenkelte Papier gewickelt hatte. Ihr Packet war kleiner und flacher.

Also schon mal kein Buch, vermutetet ich und ich hatte recht.

Es war die neue Platte von In The Rocks, plus einer Karte, auf der sie in großen, sich um sich selbst drehenden Buchstaben, Einkaufsgutschein geschrieben hatte.
 

Von meinem Dad bekam ich passend zur Platte, Konzertkarten. Die Band sollte nächstes Jahr im Sommer in unserer Stadt spielen und um Nichts in der Welt würden Selina und ich uns das entgehen lassen.

Wie jedes Jahr war natürlich auch ein schulisch relevantes Buch unter den Geschenken meines Vaters. Mich störte es nicht. Er hatte schon immer eine Vorliebe für diese Art von Geschenken, vor allem seit er Schuldirektor war.

Zu meinem letzten Geburtstag hatte ich ein Buch bekommen, dass sich mit den Konstellationen unserer Sterne und Himmelskörpern beschäftigte

Genau richtig zum Anfang meines Astrologie Kurses.

Diesmal gab es das Buch „Die Geschichte der Vampire“ von Adem Kans.

Und das wunderte mich doch, den wäre nicht ein Buch über Magie zweckmäßiger gewesen?

Schließlich würde das zum heutigen Anlass besser zu mir passen.

Wusste er vielleicht schon, dass ich auch an meinem siebzehnten Geburtstag keine magischen Kräfte entwickeln würde?

Oder wollte er mich einfach nur nicht unter Druck setzen?

Mein Blick fiel auf mein Beschwörungsbuch.

Sollte ich es probieren?

Fühlte ich mich denn überhaupt anders?

War da ein Kribbeln im Magen, ganz leicht ,möglicherweise so, als ob jemand die Seiten einer Zitter in mir spannte?

Meine Hand bebte als ich sie nach dem Buch ausstreckte, vielleicht ein ganz kleiner Beschwörungszauber nur?

Als meine Finger den Einband gerade berührten, schlug es gerade zwölf.

Das Tor öffnete sich und mein kleiner, treuer Platinsoldat kam heraus marschiert.

Er legte eine Hand auf seine Rüstung, ungefähr da, wo ein Mensch sein Herz hatte und fing an in den schönsten Tönen ein Geburtstagslied für mich zu singen.

Zwar quälte er mich immer noch jeden morgen mit schiefen Tönen, wenn ich nicht schnell genug aufstand, doch wenn er glaubte alleine im Raum zu sein, sang er die lieblichsten Lieder.
 

Einmal hatte ich ihn erwischt wie er die Ode von William Pege sang. So rein und klar war seine Stimme, ich hab noch nie etwas wundervolleres gehört. Doch als er mich bemerkte, war er schnell in seiner Uhr verschwunden. An dem Tag hatte er seinen Namen, William, von mir bekommen.

Als William sein Lied beendet hatte, war ich ganz ruhig, kein Zittern mehr in meinen Fingern, kein Flattern in meinem Bauch.

„Das war wunderschön William! “ Die kleine Figur verbeugte sich und ich meinte eine leichte Rötung auf seinen Platinwangen erhaschen zu können, bevor er in seiner Uhr verschwand.

Die herrliche innere Ruhe hielte jedoch nicht lange an.

Ein Blick auf das Buch mit den Beschwörungsformeln reichte aus, um das Beben in meinen Fingern zurück zu holen.

„Jetzt reicht es ! “, bestätigte ich mir und schwang ein Bein aus dem Bett.

Ich legte die Geschenke weg, zog mich an und ging in die Wohnung meines Dad´s.
 

Es war kurz vor eins, als ich die schwere Eichentür der Wohnung öffnete.

Gerade rechtzeitig für das Geburtstagsfestessen mit meiner Familie und meinen Freunden.

Porzia ließ sich nicht lumpen, vor allem nicht, wenn es um meinen Geburtstag ging.

Es gab bei ihr immer die verschiedensten Leckereien zu Essen, doch wenn es einen besonderen Anlass gab, dann wuchs die füllige Köchen über sich hinaus.

Und so schlug mir schon beim öffnen der Tür der süße Geruch von allerlei

Köstlichkeiten entgegen.

Frischen Waffeln mit Stachelbeeren und Sahne, Blaubeerpfannkuchen mit Ahornsirup, eine größere Version des Törtchens, dass immer noch unberührt in meinem Zimmer stand, ein traumhaft aussehender Obstkuchen, mit frischen Früchten und Zuckerglasur. Der massive Tisch ächzte unter der schweren Last und mir lief das Wasser im Munde zusammen.

Doch bevor ich auch nur eine dieser Leckerbissen näher in Augenschein nehmen konnte, fiel mir Salina um den Hals. „

Alles Gute zum Geburtstag !“ ,schrie sie in mein Ohr und die anderen stimmten mit ein.

Alle saßen sie da und strahlten mich glücklich an.

Verus, mein Dad und Porzia natürlich.

Wie jedes Jahr.

Nur war dieser Geburtstag eben nicht wie jedes Jahr und das wussten auch alle.

An diesem Geburtstag würde sich herausstellen, ob ich eine Hexe sein sollte oder eben nicht.

„Und hast du es schon probiert ?“ ,Selinas Stimme drang aufgeregt an mein Ohr.

„Noch nicht. “, nuschelte ich und versuchte den erneuten Kloß in meinem Hals unauffällig hinunter zu würgen. Die Angst in meiner Stimme konnte ichjedoch nur schwer verbergen.

„Fühlst du dich denn schon anders ? “, bohrte sie weiter.

„Wie soll sie sich denn fühlen, Selina? “Verus warf mir einen Blick zu den ich nicht eindeutig zuordnen konnte.

Allerdings entdeckte ich eindeutig Mitleid in ihm.

Trotzig zog ich die Schultern hoch: „Ich fühle mich tatsächlich etwas anders.“

„Tatsächlich ?“ , ich musste ihm nicht in den Augen blicken um zu wissen, dass er mir nicht so recht glaubte.

„Ja, so als ob jemand die Saite eines Bogens in meinem Köper gespannt hätte.“ (Verdammt, wieder schwang diese unterschwellige Angst in meiner Stimme mit.)

Ich blicke meinen Dad an: „Ist das Normal ?“

„Mh, jeder empfindet die Macht in sich anders. Wenn ich mich recht erinnere, hatte ich dieses komische Gefühl, als würde ich von einem hohen Gebäude stürzen, ihr wisst schon, dieses Kribbeln im Bauch…“ ,er lachte: „Zum Glück hat das ziemlich schnell nachgelassen! “

Als wir mit dem Essen fertig waren, nun ja die anderen aßen, ich stocherte nur nervös in meinem Obstkuchen, ließ Porzia mit einem Fingerschnippen die schweren Teller in die Küche schweben. Dort angekommen, verpackten sich die Kuchenreste in handliche Päckchen, die Teller stellten sich in Reih und Glied auf, während sich die Spülschüssel mit Seife und Wasser füllte.
 

Mein Dad stand auf und legte eine Orange auf die polierte Tischplatte.

„So Florentina, dann zeig uns mal, was du kannst !“, zuversichtlich schaute er mich an.

„ Bring die Orange doch mal dazu ein Stück nach vorne zu rollen.“

Ich war nervös, sehr nervös.

Meine Hand zitterte.

Was, wenn nichts passiert?

Ich atmete einmal tief ein und aus um mich zu beruhigen, blickte in die Runde, dann murmelte ich die Beschwörungsformel.

Und Nichts geschah.

Die Orange bewegte sich nicht ein Stück nach vorne, dafür setzte jedoch prompt das nun schon viel zu vertraute Brennen in den Augenwinkeln ein.

„Versuch es noch einmal, konzentrier dich auf die Worte. Forme sie mit deinem Geist und deiner Zunge, lass dich von deiner Macht durchfließen, Florentina. Ich weiß, dass du das kannst, mein Kind, ich glaube an dich ! “, mein Vater blickte mich aufmunternd an.

Ich räusperte mich, versuchte den Kloß der meinem Hals nicht mehr verlassen wollte zu ignorieren, genauso wie das Brennen in meinen Augen.
 

Bewegung eines Objektes, etwas einfacheres gab es nicht, vor allem bei einem runden Objekt. Verdammt, diese dämliche Orange rollte ja schon wenn man sie anhauchte, dass sollte ich doch schaffen.

Ich versuchte es noch einmal, wiederholte die Beschwörungsformel.

„Permovere“

Doch wieder geschah nichts. Meine Kehle war wie zugeschnürt und in meinen Augen bildeten sie die ersten Tränen.

Verdammt! …

„...Okay... Nun wissen wir es... Ich bin ein Mensch…“ ,ich versuchte es so trocken wie möglich klingen zu lassen : „Macht ja nichts... Menschen sind auch…“ ,doch ich konnte nicht mehr sagen was ich über Menschen dachte. Meine Stimme versagte und noch bevor die erste heiße Träne meine Wange hinunter rollen konnte, hatte Verus schon die Arme um mich geschlungen.

Ich schluchzte schon hemmungslos in seine Schulter, als sich Selina´s Arme ebenfalls um mich legten und auch ihre Tränen in meinen Pullover sickerten.

Nun stand es fest. Ich war kein magisches Wesen. Ich würde nie richtig dazu gehören.

Ich war ein Mensch. Ein Normalo, eine Sterbliche. Ich würde nie das Gefühl mit ihnen teilen können. Würde nie wissen wie es war, eine Macht in mir zu spüren, eine Macht, von Sol gegeben, die einen durchströmte und auch im Dunkeln halt gab.
 

Da lag ich nun, siebzehn Jahre alt, den fünften, dampfenden Becher heiße Schokolade vor mir, und die Gewissheit ein Mensch zu sein.

Mein Vater freute sich bestimmt, endlich auch einen Menschen an seiner Schule zu beherbergen. Weitere bittere Gedanken rankten im meinem Kopf, doch das war gemein von mir! Hatten sich doch alle den ganzen Tag um mich gekümmert, hatten mich getröstet und mich mit Süßigkeiten und Geschenken aufgemuntert.

Doch trotz allem hatte sich die Kälte in meinem Körper ausgebreitet.

Eine Käte die, wie ich mir selber eingestehen musste, schon immer da war.

Hatte ich nicht schon immer geahnt anders zu sein?

Anders alles alle Anderen?

Hatten mich nicht deshalb die Anderen gemieden?

Nun wusste ich es! Auch sie hatten gespürt, dass ich anders war, nichts Besonderes, nichts Magisches. Ihr Sensor hatte funktioniert.

Meiner auch, wenn ich ehrlich zu mir selbst war. Nur die von Selina und Verus mussten kaputt sein.

Ganz gefangen in meinen dunklen Gedanken, bemerkte ich meinen Vater erst, als er sich schon über mein Bett gebeugt hatte.

„Geh weg ! ..“ ,rief ich und zog mir die Decke über den Kopf.

Doch es half nichts, ich merkte, wie sich die Matratze absenkte, als mein Dad platz nahm.

„Florentina, mein Schatz, ich hab noch ein Geschenk für dich.“ , er strich mir liebevoll über mein braunen Locken bis ich ihn anblickte.

„Sei nicht traurig mein Engel, noch ist nichts verloren.“

„Ich bin siebzehn Dad, wenn ich bis dahin keine Kräfte habe, dann bekomm ich auch keine. Das weiß jeder. Es ist der siechere Beweis dafür, dass ich ein Mensch bin.“

„Ja, für uns bist du nun siebzehn aber der Tag deines wahren Geburtstages, ist vielleicht gar nicht heute.“

Ich richtete mich auf: „Wie meinst du das ? “

„Nun, ich habe dir doch schon erzählt, dass ich dich mit circa einem Jahr gefunden habe. Heute vor siebzehn Jahren um genau zu sein. Doch kann ich natürlich nicht sicher sagen, dass heute auch dein richtiger Geburtstag ist.“

Meine Miene hellte sich schlagartig auf.

„Das heißt, dass ich immer noch meine Kräfte entwickeln kann ? “

„Ja, mein Engel, dass heißt es. “, erwiderte mein Dad traurig.

Doch den Kummer in seiner Stimme bemerkte ich nicht. Viel zu sehr klammerte ich mich an diesen kleinen Funken Hoffnung. Dieser Silberstreif am Horizont, der mir sagte, es war noch nicht zu spät. Ich hatte noch Zeit.

„Warum sagst du mir das denn erst jetzt ? “, fuhr ich grummelnd meinen Dad an.

Doch der lachte nur.

„Hier meine Süße, die anderen Geschenke hast du ja schon bekommen. Das jedoch wollte ich dir in aller Stille geben.“, er hielt mir ein in goldenes Papier gewickeltes Packet hin.

Es war so groß wie eine kleine Ringschatulle und als ich die goldenen Schleife abnahm und die Schachtel öffnete, kam tatsächlich ein wundervoller Ring zum Vorschein.

Ein Rubin der die Form einer Träne hatte, war in der Mitte des Rings platziert. Eingebettet in einem glitzernden Halbmond aus .. Diamanten ?! „Oh Dad, der war bestimmt furchtbar Teuer.“

„Das kann sein, aber ich hab ihn nicht gekauft. Er gehörte schon immer dir, ich habe ihn bei dir gefunden, er lag in der Decke in der du eingewickelt warst . “

„Oh ...“ , zum wiederholten mal an diesem Tag füllten sich meine Augen mit Tränen und mir versagte fast die Stimme: „Warum gibst du ihn mir erst jetzt ? “

Ehrfürchtig drehte ich den Ring in meinen Händen.

„Weil ich Glaube, dass er etwas mit deinem Schicksal zu tun hat und nenn mich ruhig altmodisch aber ich bin der Meinung, dass man in der Kindheit noch Kind sein sollte und auf sein Schicksal pfeifen kann. Doch nun bist du erwachsen Florentina, zumindest, wenn es nach unseren Gesetzen geht. Für mich wirst du nämlich immer das kleine Bündel bleiben, meine kleine Schneeblume. Und trotzdem gebe ich dir nun diesen Ring, denn das Schicksal lässt sich leider nicht ewig hinhalten. Doch ich hoffe, er zeigt dir, dass du zu Großem bestimmt bist und bringt dich auf den richtigen Weg.“

Tränen glitzerten in den Augen meines Vaters.

Ich fiel ihm schluchzend in die Arme: „ ...Dad, ich hab dich so lieb.“

„Ich dich auch, meine kleine Schneeblume. Und jetzt versuche zu schlafen.“

Er hauchte mir einen Kuss auf die Stirn und plötzliche fühlte ich mich wieder so klein wie damals, als ich von Albträumen geplagt nicht schlafen konnte und mir mein Vater zur Beruhigung Geschichten von Märchenprinzen und roten Schlössern erzählte hatte.
 


 

Tief unter dem Gemäuer regte sich ein Schatten.

„Ihr habt mich gerufen Herr ? “

„Ja, in der Tat, es wird Zeit, ihre Wandlung steht kurz bevor. Mach dich auf den Weg und hilf unsere Herrin auf die andere Seite!“

„Ja, mein Herr… Wie ihr wünscht !“, der Schatten verschwand.

Kapitel Drei

SOOO Geschafft,
 

eigentlich sollte das Kapitel ja schon viel früher kommen, aber ich hab mich dieses Semester so übernommen, dass ich es einfach nicht früher geschafft habe ;__;

dann sollte es noch vor Weihnachten kommen, so als kleine Überraschung,

aber das hat ja leider auch nicht geklappt. ;__;
 

wie dem auch sei, hier ist es nun mein Drittel Kapitel. *TADA*
 

SO ganz bin ich nicht zufrieden, ich finde ein paar stellen sind sehr unsauber ausformuliert und OBWOHL mein Beta drüber geguckt hat ( und ich auch noch mal versucht habe nen paar Fehler weg zu machen. xD) hab ich das Gefühl, das da doch noch ne Menge drin stecken.. ;_;

*vielleicht bin ich ja auch nur Fehlerblind, weil ich es jetzt zum gefühlt 1000 mal durchgelesen habe XD*
 

Gewidmete ist es diesmal meinem Lieben Komi Schreiber

Weil sie immer zu mir steht und mir auch so manches mal in den AR** getreten hat.. xD
 

Eigentlich wollte ich ja schon viel weiter sein mit der Ganzen Story,

EIGENTLICH SCHON FERTIG!

Und jetzt muss ich euch noch mal vertrösteten.

Durch den ganzen Klausur Stress, der jetzt noch auf mich zu kommt, kann ich wohl erst wieder im Februar schreiben und was neues Hochstellen… ;_;

*sorry*
 

So und jetzt Schluss mit dem Gerede und los geht’s mit dem neuen kapitel :)

Hoffe euch gefällt es :P
 

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„Media in vita in morte sumus“ Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen


 


 

Kapitel 3.
 


 

Der Regen prasselte wie wild gegen mein Fenster.

Als ich die Augen aufschlug, war es dunkel. Eigentlich zu dunkel für diese Uhrzeit, doch das störte mich nicht, denn es war zudem der morgen nach meinem siebzehntem Geburtstag und somit der zweitschlimmste Tag in meinem bisherigen Leben.

Ein Blitz zuckte über den nachtschwarzen Himmel und erhellte schemenhaft mein Zimmer, in welchem noch immer meine Geschenke und die Geburtstagsgirlanden lagen.

Das dunkele grollen des Donners, folgte rasch und vermischte sich unheilverkündend mit dem schlagen der Wanduhr.

Zwölf Uhr Mittags und doch trat mein treuer Platinsoldat nicht hervor, den er hasste Gewitter.
 

Es war, als würde das Wetter mein Inneres wieder spiegeln.

Der Wind pfiff heulend um die Ecken des Schlosses, drang durch mein geöffnetes Fenster, bauschte meine Vorhänge auf und ließ die kleine Kerze auf meinen Nachttisch gefährlich flackern.

Behutsam stieg ich aus dem warmen Bett und bereute es sofort. Denn es war bitterkalt und der Boden vor dem Fenster hatte die ersten Tropfen abbekommen. Schon drang der zweite Windstoß in den Raum, verfing sich in meinen Haaren und trieb mir die Kälte in die Knochen.

Schnell schloss ich das Fenster und flüchtete mich wieder in mein behagliches Bett, seufzte tief und sah zu, wie erneute Blitze den schwarzen Himmel erhellten.

Ich war hundemüde, denn trotz der späten Stunde, hatte ich nicht viel geschlafen.

Die Worte meines Vaters hatten mich wach gehalten.

Denn obwohl er mir beteuerte, dass noch nicht alles verloren sei, fühlte ich mich trotzdem von jeglicher Hoffnung verlassen.

Das anfängliche Gefühl der Zuversicht war schon lange verschwunden.

Denn, „dass nicht alles Verloren ist“, heißt auch, dass ich wieder warten musste und genau dass brachte mich um den Verstand.

Warten.

Ich wartete seit ich zehn Jahre alt war. Seit ich zum ersten Mal in meine Klasse kam und merkt, dass ich anders war.

Ich hatte mich nicht, wie die meisten in meiner Klasse, vor den Wesen mit den spitzen Ohren gefürchtet und man musste mir auch nicht mehr den Unterschied zwischen Hexen und Elben erklären.

Denn mein Vater hatte mir früh beigebracht, dass wir zwar anders aussahen, uns anders verhielten und vielleicht auch anders sprachen, im Grunde jedoch alle gleich waren.

„Den uns verbindet die Kraft Sol´s. “ , hatte er damals zu mir gesagt und ich hatte ihm geglaubt. Doch als ich endlich alt genug war, um in seine Schule gehen zu dürfte, stellte ich sehr schnell fest, dass mir etwas fehlte.

All meine Mitschüler waren umgeben von dieser untrüglichen Aura. Ein Brechen der Luft, ein Flimmern um sie herum, die Kraft von Sol. Eine Kraft, die ich nicht besaß.
 

Als ich meinen Vater danach fragte, entgegnete er mir, ich müsse mich gedulden : „Das ist ganz normal mein Engel. Nicht jeder besitzt in deinem Alter Kräfte, die man wahrnehmen kann. Gedulde dich. Früher oder später wird dich die Aura genauso umfließen wie die anderen.“

Es stimmte, nicht jeder hatte dieses Schimmern sofort besessen.

Selina hatte es und auch alle Elben, jedoch nur ein paar der anderen Schüler.

Also warteten wir zusammen. Doch der Kreis der wartenden lichtete sich von Jahr zu Jahr und als ich zwölf war, wartete ich alleine.

Meine Mitschüler begannen mich zu meiden, denn nun war ich wirklich fremdartig und anders.

Eine Außenstehende in ihrer Mitte.

Ich erinnere mich daran, wie ich meinen Vater unter Tränen anschrie.

„Was stimmt nicht mit mir? Warum bin ich anders?“

„Du bist nicht anders, Florentina. Du bist besonders. Einige der bedeutendsten Hexen und Zauberer entwickelten ihre Kräfte erst mit vierzehn oder noch später. Eine Hexe kann ihre Kräfte bis zum siebzehnten Lebensjahr entwickeln. Du musst nur Geduld haben.“

Geduld! Inzwischen hasste ich dieses Wort.

Ich ließ die Sticheleien über mich ergehen, denn ich hatte ein Ziel und ich hatte Selina.

Selina, die immer zu mir hielt, die mich nicht mied und meine Freundin wurde, meine beste Freundin.

Ich wartete bis zu meinem siebzehnten Geburtstag, ich hielt durch, obwohl meine Hoffnung von Jahr zu Jahr geringer wurde.

Ich hielt durch, weil ich ein Datum vor Augen hatte, doch nun war diese Frist verstrichen.

Nun gab es keinen Ankerpunkt mehr an dem ich mich hätte halten können.
 


 

Drei Wochen waren seit meinem vermurksten Geburtstag vergangen und obwohl es mir noch nicht wirklich besser ging, hatte ich schlichtweg keine Zeit mehr Trübsal zu blasen.

Denn der klausurintensivste Monat stand vor der Tür und gerade ich, als Tochter des Schulleiters, stand unter enormen Leistungsdruck.

Denn die meisten Lehrer waren der Meinung, dass ich eine gewissen Vorbildfunktion hatte und erwarteten daher ausschließlich gute Noten von mir.

Vor allem Glauco war es in dieser Zeit nie müde mir wiederholt zu sagen, was für eine Schande ich für meinen Vater war.

Zum Glück für mich, waren meinem Vater die Prüfungen ziemlich egal.

Im Gegenteil, wenn es nach ihm ginge, wäre seine Ausbildung eine klausurfreie Ausbildung geworden.

Er war nämlich ein großer Verfechter des Lehrsatzes, dass jeder Schüler in seinem eigenen Tempo lernen sollte. Und vor allem sollte jeder nur das aus dem Unterricht mitnehmen, was ihm oder ihr wichtig erschien.

So gesehen war seine Schulform eigentlich sehr angenehm für uns Schüler.

Wenn es da nicht vor ein paar Jahren die Sache mit dem Aufsichtsrat gegeben hätte.

Denn wie jede Schule in Terrafina, steht auch die Schule meines Vaters unter der Aufsicht des Gremiums.

Dem Gremium der Weisen kam zu Ohren, dass mein Vater keine Prüfungen abhielt und dies sorgte im ganzen Land für Aufruhr. Eine Schule musste seine Schüler prüfen, um den Wissensstand seiner Lehrlinge abzufragen. Nur so konnte sie die Bescheinigung zum Lehren erhalten.

Deshalb wurde ein Gesandter geschickt, um den Zustand der Institution meines Vaters zu überprüfen.

Und der Abgesandte kam zu einem furchtbaren Ergebnis. Nicht nur das die Schule meines Vaters keine Klausuren schreiben ließ, es gab schlichtweg auch keinen Lehrplan.

Das Gremium stellte meinem Vater ein Ultimatum, entweder er ließ seine Schüler Prüfungen und führte einen Lehrplan ein oder seine Schule würde geschlossen.
 

Ich erinnere mich noch gut an den Tag, an dem mein Vater das Schreiben des Gremiums erhalten hatte. Ich hatte ihn selten so wütend erlebt.

„Diese Ignoranten, veralteten, überholten Sturköpfe.“ Hatte es aus seinem Büro geschrien.

Es ist anzumerken, dass mein Vater nicht viel jünger war, als die Weisen.

Doch obwohl er sogar drohte aus dem Gremium auszusteigen, konnte er sie nicht dazu bewegen für seine Schule eine Ausnahme zu machen.

Gesetzt ist eben Gesetz und vor allem war das einhalten dieser Gesetze, die einzige Aufgabe, die das Gremium hatte.

Mein Vater musste sich beugen und so wurden zum Jahresende hin die ersten Klausuren geschrieben.

Die Klausuren wurden in Absprache mit den Weisen gestellt und von den lehrenden Professoren benotet.

Meinem Vater waren diese Noten egal. Er ließ keinen ein Jahr wiederholen, nur weil seine Noten zu schlecht waren. Das war die einzige Auflehnung die er sich leisten konnte.

Jedoch mussten auch Hexen und Zauberer nach der Schule ihren Sold verdienen. Der gute Umgang mit ihren Kräften konnte also nicht schaden.
 

Geprüft wurde in allen Fächern, die die Schule meines Vaters zu bieten hatte.

Natur- und Tierkunde, war mein Lieblingsfach. Denn da kam es nicht auf das eigene Sol an, sondern um den geschickten Umgang mit Mutternatur´s Geschöpfen.

Dann gab es natürlich noch, Geschichte des Anio, Selina hasste diese Fach. Sie konnte sich einfach keine Zahlen und Ereignisse merken und bekam daher regelmäßig ein Malus.

Planetenkunde und Arithmetik wurde von Professor Glauco unterrichtet. Hier war es für mich natürlich unmöglich eine gute Note zu bekommen, jedoch viel es auch den anderen Hexen und Zauberer schwer, auch nur ein Remedium zu erhalten.

Einzig die Elben bekam ohne größere Probleme eine gute Noten.

Bewegungslehre oder auch Lehre des Körpers und des Geistes genannt, war seit einem Jahr das neue Lieblingsfach der meisten weiblichen Schüler. Und das obwohl in diesem Fach der Umgang mit Schwert und Degen vermittelte wurde, so wie das schießen mit Pfeil und Bogen von einem Pferd aus.

Der Grund für den plötzlichen Sinneswandel der Mädchen, war Professor Gente.

Ein junger Elb der erst seit kurzem an der Schule meines Vaters unterrichtet. Alle meine Mitschülerinnen waren heimlich in ihn verknallt, sogar ein paar der Professorinnen.

Wie alle Elben hatte Professor Gente einen athletischen und eleganten Körper.

Wenn er Übungen zu Pferde oder den Umgang mit dem Schwert demonstrierte, hörte man die Mädchen reihen weise seufzen.

Bewegungslehre war Verus Lieblingsfach.

Er liebte den Fechtkampf, obwohl man bei ihm eher von einem Fechttanz reden konnte. Wenn er ganz versunken die schwierigsten Bewegungen trainierte, hielten nicht nur die weiblichen Hexen die Luft an. Es versteht sich von selbst, dass er stets ein Optimus in der Klausur bekam.

Generell schaffte Verus in allen Fächern die Bestnote. Selbst in Lehre der magischen Tränke und das obwohl Professor Saturnus, ein wirklich alter und hutzeliger Zauberer, dieses Fach unterrichtete. Verus war sogar der Einzige, der in diesem Fach ein Optimus bewerkstelligte. Den Professor Saturnus war der Meinung, dass erst ein Schüler der so viel Lebenserfahrung hat wie er hatte, in der Lage war, sich ein Optimus zu verdient.
 

Das letzte Fach in dem geprüft wurde, war Beschwörung.

Auch hier war ich nicht die Schlechteste. Im Gegenteil, ich schaffte regelmäßig ein Bonum.

Denn da ich noch immer keine Kräfte ausgebildet hatte, musste ich, sehr zum Ärger meiner Mitschüler, nur den theoretischen Teil absolvieren.

Und dank Professor Medinis Beschäftigungstherapie – in den fachpraktischen Stunden, musste ich immer Beschwörungsformel abschreiben – hatte ich damit selten Problem.

Im Gegenteil zu Selina. Schaffte sie im praktischem Teil ohne Probleme ein Optimus versagte sie in der Theorie vollends.
 

„Wie beeinflussen sie die Luft bei einem Schwebezauber?“ Fragte ich Selina.

Sie saß auf dem Flickenteppich in der Bibliothek. Auf ihren Knien lag ihr Beschwörungsbuch, ihre Haare waren wild zerzaust und notdürftig mit einem Zopf zusammen gebunden. Vereinzelte Strähnen kämpften sich aus dem Nest und vielen in auf ihre geröteten Wangen.

„Ähm das mach ich …“ gedenken verloren Blätterte sie in ihrem Buch rum.

„Ah man… Warum zum Teufel muss ich das denn wissen…“ stöhnen ließ sie sich auf den Rucken fallen. „Wenn ich will das etwas Schwebt sag ich Pendere zeige auf das Objekt meiner Wahl und es schwebt. Fertig!“

„In Wahrheit beeinflusst du die Luft gar nicht sondern die Energie des Objekts. Das Objekt bekommt so zu sagen eine eigene Energie-Hülle. Diese Energiehülle ist von der dichte her Geringer als die Materie, die sie umgibt. Deshalb schweb das Objekt was sich in dieser Hülle Befindet.“ Verus saß in einem Flauschigen Ohrensessel uns gleich gegenüber.

Um ihn herum stapelten sich die verschiedensten Lehrbücher. Wie immer kurz vor den Prüfungen hatten wir uns zusammen in die Bibliothek verzogen um zu Lerne. Beziehungsweiße Selian und ich verzogen uns in die Bibliothek um zu lernen.

Verus leistete uns meist nur Gesellschaft. Manchmal half er uns wenn wir nicht weiterwussten oder erklärte uns komplizierte zusammenhänge, die wir aus den Büchern einfach nicht verstanden.

Meistens saß er jedoch einfach nur neben uns und lass in irgendein einem Buch.
 

„Also wie in einer Gigantischen Seifenblase?“ Fragte Selina mich und fing bei der Vorstellung an zu kichern. „Stell dir mal vor, ein Stuhl oder ein Kerzenständer in einer Seifenblase.“

Kichernd viel ich in ihre Gelächter mit ein.

Verus verdrehte die Augen und konzentriert sich wieder auf sein Buch.

Auch wenn der Anlass unschön war, liebte ich diese Zeit vor den Prüfungen. Wenn wir alle gemeinsam in der Bibliothek saßen, Tee tranken und mehr oder weniger gut lernten.
 


 

Ich lag unter der großen Linde, meinem Lieblingsplatz im Schloss und genoss die ersten warmen Sonnenstrahlen, mit einem meiner Bücher in der Hand.

Das Rauschen des Windes umspielte mein Ohr, wenn er sich in den neuen, zarten Trieben des mächtigen Baums verfing.

Ganz in Gedanken, bemerkte ich Verus erst, als sein Schatten auf mich fiel.

„ Hallo Florentina .“

„ Hi...“ , murmelte ich lahm, las die letzen paar Sätze zu ende und klappte das Buch seufzend zu. Ich hasse es wenn ich beim lesen unterbrochen wurde. Verus hatte sich derweil ins frische Gras neben mich gesetzt und spielte nervös mit einem Grashalm.

„ Florentina, ich muss dich etwas fragen…“

„ Okay … worum geht es? “ Doch Verus antwortete mir nicht gleich, es war als müsste er erst die richtigen Wörter suchen, was mich ziemlich verunsicherte, den das war für ihn vollkommen untypisch.

„ Also bald ist doch Frühlingsball …“, sagte er endlich, mied jedoch immer noch meinen Blick. Irgendwas stimmte nicht. Dieses Verhalten kannte ich gar nicht von ihm, sonst kam er immer gleich auf den Punkt. Seine Sätze waren stets so präzise formuliert, als ob er für seine Aussagen jedes Mal eine Note bekommen würde.

Doch vor allem blickt er einem beim sprechen in die Augen, das verlangte schon seine Erziehung als Elb.

Ich rutschte unruhig im Rasen hin und her, und gerade als ich ihn fragen wollte was zum Henker los sei, atmete er einmal tief ein und aus, drehte sich zu mir um und blickte mir endlich in die Augen.

„Gehst du mit mir auf den Ball ? “ ,es war das erste Mal, dass ich seine Stimmte so schüchtern in meinen Ohren vernahm.

Ich lachte erleichtert auf und die Anspannung wich aus meinen Gliedern.

„ Natürlich, Verus! Mensch, jag mir doch nicht so einen Schreck ein. Ich dachte es wäre sonst was passiert. Wir drei gehen doch immer zusammen zum Ball. “, beruhigt wollte ich mich wieder meinem Buch zuwenden, als er plötzlich nach meine Hand griff.

„ Nein , so mein ich das nicht. Nicht wir drei. Ich meine nur du und ich. Also nur wir beide...“ , fahrig fuhr er sich durch die Haare und blickte mich erwartungsvoll an.

Da begriff ich endlich, was er mir die ganze Zeit versuchte zu sagen und lief ich feuerrot an.

Fragte Verus mich gerade wirklich nach einer Verabredung?

Mein Herz schlug wie wild, meine Finger begannen zu schwitzen und mein Magen kribbelte vor Aufregung.

Was sollte ich tun?

Schließlich war er einer meiner bester Freund.

Mein innerer Unruhe spiegelte sich wohl in meinem Gesicht wieder, denn Verus ließ meine Hand mit einem bekümmerten Gesichtsausdruck los.

„ Okay, ich hab schon verstanden, vergiss das einfach. War eine dumme Idee von mir. “ , er wollte schon aufstehen, als ich ihn diesmal reflexartig am Ärmel festhielt.

„Warte, ich würde gerne mit dir zum Ball gehen. Also du weiß schon.“ Verlegen sah ich auf meine Hand.

Oh Gott, was tat ich nur? Ich spürte, wie meine Lippen die Worte formten, doch wollte ich sie auch wirklich sagen?

Ich war mir gar nicht sicher, doch jetzt war es zu spät.

Wie sagte mein Vater immer so schön; gesagt ist gesagt. Oder: „Der Gnom ist schon in den Brunnen gefallen.“

Verus begann augenblicklich an zu strahlen: „Wirklich ? “ Es fehlte nur noch, dass er vor Freude in die Luft sprang.

Ich nickte und meine Wangen verfärbten sich noch ein wenig intensiver.

Falls das überhaupt möglich war.

„Gut, dann lass ich dich weiter lesen, wir sehen uns ja dann im Schloß.“ Beschwingt stand er auf, immer noch strahlend, doch nun etwas gefasster und sichtlich gelassener.

Völlig verblüfft schaute ich ihm nach.

Was zum Henker war gerade passiert ?
 

Gleich nach dem Gespräch mit Verus, hatte ich mein Buch endgültig zugeschlagen und war Selina suchen gegangen. Schließlich war eine beste Freundin gerade für diese Art von Situationen da. Gefunden hatte ich sie, sehr zu meiner Verwunderung, in der Bibliothek. Dort brütete meine beste Freundin gerade über einem dicken, in Leder gebundenem Buch.

Ein sehr seltener Anblick, doch ich war zu durcheinander um darüber nachzudenken.

Ausser Atem erzählt ich ihr, was gerade passiert war.

„Er hat sich also endlich getraut .“ , erwiderte Selina seicht, schob dann jedoch das Buch von sich und fing an zu grinsen.
 

Da saßen wir nun, ich völlig verwirrt, Selina immer noch schelmisch lächelnd, tranken Tee und hörten Musik, wie an einem ganz gewöhnlichen Sonnabend.

Nur war dieser Tag nicht gewöhnlich, schließlich hatte ich mich gerade zu meiner ersten richtigen Verabredung verabredet.

„Und, was hast du ihm geantwortet ? “ ,durchbrach Selina schließlich unser Schweigen.

Sie war noch nie gut darin gewesen einfach nur still dazusitzen und nichts zu sagen. Mein Gesicht färbte sich zum wiederholten Mal und ich bekam einen Schlug auf. Na Toll!

Seufzend ließ ich mich in meine blaue Tagesdecke fallen.
 

„ Aber das ist doch gut…“, Selina konnte sich das Lachen kaum verkneifen, als sie mein betrübtes Gesicht sah.

„ Mensch Flora, jetzt zieh nicht so ´ne Schnute. Erstens steht es dir nicht und zweitens ist es gar nicht nötig. Freu dich lieber das er sich endlich getraut hat…“

„ Ja aber er ist doch mein Freund..“

„ Na und ? Ich sehe da kein Problem drin. Das heißt doch nur, dass du ihn schon mal magst. Stell dir mal vor, es wäre nicht Verus sondern Natalis oder so gewesen, der dich nach einem Treffen gefragt hätte.“

„ Natalis !“ , rief ich entsetzt aus, was Selina einen erneuten Lachanfall bescherte.

Mich hingegen schüttelte es am ganzen Körper, bei dem Gedanken daran das dieser Kerl eine Verabredung mit mir wollte. Den Natalis war ein grobschlächtiger, junger Zauberer aus unserer Klasse, der einem Troll schon verdammt ähnlich sah. Nein, da war Verus mir wesentlich lieber, das stimmte. Aber dennoch.

„ Außerdem ist Verus schon so lange ich denken kann in dich verliebt.“ ,theatralisch ließ sie sich ebenfalls auf mein Bett fallen.

„ Das stimmt doch gar nicht ! “ ,protestierte ich sofort und beobachtete, wie sie ihre Tasse erst dreißig Zentimeter über ihr schweben ließ, bevor sie diese dann zielsicher auf meinem Nachtisch abstellte.

„ Meine Güte, du merkst so was aber auch gar nicht. Seitdem er in unsere Klasse gekommen ist, hat er ein Auge auf dich geworfen. Ich dachte ja du erkennst es endlich, als ich dir sein kleines lila Buch gezeigt habe.“ Immer noch feixte sie bei dem Gedanken. „Aber du hast wohl echt Fabalis auf den Augen wenn es um so was geht.“

Verus kam erst ein Jahr später in unsere Klasse. Damals war er sehr schüchtern und verschlossen gewesen.

Er stammte aus einer der adeligen Elbenfamilien, hatte mein Vater mir mal erzählt. „Weiß du Florentina, in den Adelsfamilien ist es üblich, dass die Kinder nicht reden, bis sie dazu aufgefordert werden. Es ist bei ihnen eine Art der Höflichkeit und des Respekts gegenüber den Älteren. Erst wenn ein junger Elb sich in seiner Familie bewiesen hat, darf er seine Meinung frei äußern.“
 

Viele hatten Verus jedoch einfach nur für arrogant gehalten. Selbst die Elben hatten ihn gemieden. Seine überragend guten Noten halfen ihm ebenfalls nicht, Anschluss zu finden. Ganz im Gegenteilig. Verus wurde schnell zum Außenseiter, genau wie ich.

Damals wie auch heute dachte ich, dass er sich deswegen unserer kleinen Gruppe angeschlossen hatte, weil er alleine war.

Das er es nur getan haben sollte, weil er verliebt in mich war, konnte ich einfach nicht glauben.
 

„ Meinst du das ernst, dass er schon so lange verliebt in mich sei ?“ , hackte ich unsicher nach. In meinen gesamten siebzehn Lebensjahren, gab es noch keinen Jungen, der irgendwie verliebt in mich erschien. Dabei wünschte ich mir schon seit langem einen Freund. Wer tat das nicht in meinem Alter ? Jedoch war mein Prinz immer verwegen, muskulös und ein bisschen dunkel in seiner Ausstrahlung. Er war ein Krieger und würde mich als solcher beschützen. In meiner Fantasie würde er sein Leben für meins geben.

Das ich so ein ausgeprägtes Bild von meinem Prinzen hatte, lag vor allem an meinem Vater.

Schon als kleines Mädchen hatte er mir Geschichten erzählt. Über eine Prinzessin, die in einer verborgenen Welt lebte. Die Prinzessin spürte, dass es nicht ihre Welt war, dass sie wo anders hin gehörte. Doch so sehr sie sich auch bemühte dieser Welt zu entkommen, sie schaffte es einfach nicht. Eines Tages, wurde die Prinzessin furchtbar krank. Alle Mediziner des Landes konnten ihr nicht helfen. Bis schließlich eines Nachts ein Fremder zu ihrem Schloss kam. Ihr Prinz in schwarzer Rüstung. Er rettet sie und nahm sie mit in seine Welt, wo er aus ihr eine Königin machte.
 

Ich konnte mir Verus nur sehr schwer in schwarzer Rüstung vorstellen. Für mich war er immer der nette, sympathische, vor allem aber liebenswürdige Junge gewesen. Mein Freund, auf den ich mich verlassen konnte. Der immer zu mir hielt, egal was auch passierte. Jemand, der in meinen schwersten und dunkelsten Stunden da war, um mich aufzuheitern.

An ihm haftete nie etwas Dunkles, Kriegerisches oder gar Gefährliches.
 

„ Ach verflucht Selina! Ich weiß einfach nicht was ich tun soll.“ ,meine Stimme klang verzweifelt. Selina piekste mich lachend in die Seite: „Also, als aller erstes müssen wir mal gucken, was du so zum anziehst hast.“
 

Das rosa Kleid welches Selina mir leihen wollte, war mir definitiv zu rosa und meine weisse Tunika wurde dann doch einstimmig abgelehnt.

„Du sollst ihn ja nicht gleich heiraten. Erst mal nur mit ihm ausgehen. “, bestimmte Selina und steckte ihren Kopf zurück in meinen Kleiderschrank.

Seit fast zwei Stunden suchten wir nun schon nach dem richtigen Kleid für meine erste Verabredung.

Überall in meinem Zimmer türmten sich die Kleiderberge und trotzdem war das Richtige einfach nicht dabei.

Das lag ganz sicherlich nicht an der geringen Auswahl, den Selina und ich wahren leidenschaftliche Sammler, doch für meine erste, offizielle Einladung zu einem Ball musste es etwas Besonderes sein.

Etwas Elegantes und auffallendes, aber auch nicht zu auffallend. Zudem sollte es schon traditionell sein, obwohl ein paar modernen Einflüssen auch nicht schaden konnten.
 

„Ich glaube, wir müssen einkaufen gehen.“ ,stellte Selina überzeugt fest und ich nutzte die Gelegenheit meinen Geburtstags-Einkaufsgutschein bei ihr einzulösen.

Gleich am nächsten freien Tag machten wir uns auf den Weg nach Scire, der Hauptstadt von Terafina.

Die Stadt Scire war die schönste und zugleich älteste Stadt in unserem Land. Sie lag auf hoch auf einem riesigen Hügel. Umgeben von Wäldern, Wiesen und Wasser. Eine steile Steinmauer kreiste das Zentrum der Stadt ein und schützte so die Hauptburg vor übergriffen. Schmale, dafür aber sehr hohe Steinhäuser reihten sich dicht aneinander.

Durchbrochen wurden diese Reihen nur von großen, weit in den Himmel ragend Wachtürmen. Die Aussicht auf diesen Türmen war einfach überwältigend. Mehrere Kilometer weit konnte man ins Tal blicken. So waren damals mögliche Feinde schon auf drei Tagesmärsche weit auszumachen. Damals, den Feinde gab seit dem großen Krieg keine mehr.

Auch unsere Schule konnte man von hoch oben aus sehen.

Die runden Türme des Schlosses ragten weit ins Firmament und in den blauen Zinnen spiegelten sich die Wolkengebilde und die warmen Strahlen von Sol.
 

Die Hauptburg von Terafina, bildete das Zentrum der Stadt und war gleichzeitig der Sitz der Weisen.

Hier regierten und lebten die ältesten und gebildetsten Zauberer und Hexen in unserm Land.

Das Gremium der Weisen wurde nicht vom Volk gewählt. Früher einmal ja, heute jedoch ist es ein Privileg aufgenommen zu werden und aufgenommen werden nur die, welche sich als würdig erwiesen. Meistens sind diese Würdenträger ziemlich alt.

Genau vor dem Eingang der Hauptburg, lag der große Marktplatz.

Ich liebte diesen Ort. Die Festaufgestellte Buden und Marktstände sahen mit ihren bunten Planen aus, wie Blumen auf einer wilden Wiese. Und wie Schmetterlinge folgen die Besucher von einem Stand zum Nächsten.

Jeden Tag, bei Wind und Wetter, boten die Kaufleute ihre Waren an.

Und was für außergewöhnliche Waren. Man konnte einfach alles bekommen; Gewürze, Seide, edle Stoffe, Waffen, Zaubersteine , Kessel, Kräuter und natürlich auch Ballkleider.
 

Selina und ich hatten unseren Lieblingsstand schon entdeckt, noch bevor wir den Platz richtig betreten hatten. Maratin, eine wirklich hübsche Hexe, zufällig wusste ich von meinem Vater, dass sie sich mit einem Verschönerungszauber jung hielt, begrüßte uns wie immer sehr herzlich.

„ Florentina, Selina, ich wusste, dass ihr kommt. Schließlich ist bald Frühjahrsball, nonne?

Ihr sucht neue Kleider,? Ich hab genau das Richtige für euch beide ...vere“ , sie zwinkerte uns zu und bahnte sich ihren Weg durch das Labyrinth an Stoffen und Kleidern.

Maratin war sehr groß, hatte dickes, schwarz gelocktes Haar und einen dunklen Teint.

Ihr kurviger Körper wurde heute von einem atemberaubenden, sonnenfarbenden Samtkleid gekonnt in Szene gesetzt.

Überall im Pavillon hingen die kostbarsten, ausgefallensten und aufregendsten Kleider in ganz Terafina. Das Zelt war so erfüllt von ihnen, dass nur noch vereinzelte, kleine Wege frei waren, auf denen Maratin nun entlang tänzelte und ein Kleid nach dem anderen für uns hervorholte.

Die grob gearbeiteten Armreifen, die sie wie immer um ihr Handgelenke trug, klierten dabei unaufhörlich.

„ En! Selina. Ist das nicht das vollkommene Kleid für dich? Ich hab es gesehen und musste sofort an dich denken.“

„Oh, Maratin. Es ist wunderschön.“ , jauchzte Selina und verschwand auch schon hinter dem Vorhang um das Kleid anzuprobieren.

Maratin umwarb uns wie eine fette Spinne ihre Beute und eh wir uns versahen stecken wir beide in traumhaft schönen und doch so verschiedenen Kleidern.
 


 

Der Tag mit Selina in Scire war einer der schönsten Tage seit langen. Im bunten Treiben des Marktes konnte ich endlich meine unguten Gefühle bezüglich meiner Zukunft vergessen. Dass ich nicht ganz dazu gehörte machte an diesem Ort keinem etwas aus.

Denn hier gehörte keiner wirklich dazu und doch waren alle Willkommen.

Es waren nicht nur Reiche, nicht nur Gelehrte die den Markt besuchten, sondern auch Reisende, Fremde, arme Bettler, Zauberer, Elben, Leute aus allen Schichten.

Der Markt gehörte allen. Die Gerüche, die prächtigen Farben, die vielen Eindrücke, alles prasselte immer wieder von neuem auf mich ein. Egal wie oft ich den Markt besuchte, es war immer wieder ein Erlebnis für alle Sinne.

An diesem Ort hatte man gar keine Zeit schlechten Gedanken hinterer zu hängen, geschweige denn, sich dem Kummer hinzugeben. Und eigentlich gab es ja auch gar nichts, worüber ich mir Sorgen machen musste. Die Klausuren waren geschrieben, die Ergebnisse wurden erst nach dem Frühlingsball bekannt gegeben und meine Kräfte? Nun, ich hatte jetzt schon so lange gewartet, es würde mich nicht umbringen noch ein wenig länger zu warten.

Und falls sich doch herausstellen sollte, dass ich keine Hexe sein sollte, dann hatte ich immer noch meinen Vater und meine Freunde, die mir helfen würden.
 

Die Tage wurden länger und wärmer. Nun strahlte die Sonne wieder hell in mein Zimmer. Die Vögel fingen an ihre Lieder zu singen und folgen aufgeregt von Ast zu Ast, wenn sie einen Artgenossen entdeckt hatten. Die Bäume begannen zu knospen und der erste, liebliche Duft von Blumen erfüllte die Gärten des Schlosses.

Es wurde Frühling und zwar in voller Pracht.

Die Zeit verstrich so schnell, dass es mir vorkam, als wäre seit dem Einkauf der Kleider, den Klausuren und vor allem seit Verus´ Frage, nur ein paar Tage vergangen.

Tatsächlich jedoch, war ein ganzer Monat ins Land gezogen. Ein Monat in dem die Schule für das große Fest geputzt und geschmückt wurde. Und je näher der große Tag kam, desto aufgeregter wurde ich. Doch nicht nur ich war aufgeregt, sondern auch meine Mitschüler. Pfeifend und lachend saßen sie in den Gängen, hingen Blumengirlanden auf und wischten den Staub von den alten Leuchtern. Der deutlichste Beweis dafür, dass der Ball kurz vor der Tür stand, war jedoch das andauernde Getuschel auf den Gängen.

Die Mädchen saßen immer häufiger in Gruppen draußen im blühenden Garten oder in den Nischen auf den Fluren und unterhielten sich über die neusten Kleider und Ballfrisuren. Oder, wer mit wem zum Ball ging und wer wenn gefragt hatte.

Denn traditionell musste der Junge das Mädchen zum Ball einladen.

Und so kam es, dass wann immer ein Junge einen Raum betrat, sich alle Mädchenköpfe nach ihm umdrehten.

Immer häufiger sah man nun vereinzelt Mädchen in den Gängen stehen, oder zufällig auftauchen, wenn sie den Jungen, von dem sie gerne gefragt werden wollten, alleine irgendwo stehen sahen.

Auch Selina wurde gefragt. Zu meiner und zu ihrer großen Überraschung. Doch ganz anders als ich, lehnte sie ab.

„ Ich brauch keinen Partner um auf einen Ball zu gehen. Nein, danke !“

Der Junge hatte ausgesehen wie ein begossener Pudel und irgendwie tat er mir furchtbar leid.

Doch schließlich war es Selinas Entscheidung mit wem sie oder eben nicht, auf den Ball ging.

Um ehrlich zu sein, wäre es mir lieber gewesen, wenn Salina sich auf die Verabredung eingelassen hätte. Denn als ich den ersten Schock über meine eigene Verabredung überwunden hatte, fiel mir etwas Neues, überaus Unangenehmes ein.

Wenn ich mit Verus ging, dann ging Selina alleine.

„Warum bist du nicht mit ihm zusammen gegangen? Dann hätten wir eine vierer Verabredung gehabt ? “ , doch Selina schüttelte nur den Kopf: „Nee, lass mal,“ sagte sie schlicht.
 

Am Abend des Balls war ich so aufgeregt, wie schon lange nicht mehr.

Selina stand vor mir und verteilte, passend zu meinem blauen Kleid, Liedschatten auf meinen Augen. Als sie einen Schritt zurück trat und ich mich das erste Mal im Spiegel sah, verschlug es mir fast die Sprache.

„Gut siehst du aus !“ ,sie lachte über mein überraschtes Gesicht : „Hast du gedacht, ich schmink dich so sehr wie mich selbst ? Nee... Ich weiß doch, dass du das nicht magst.“

„Und dir steht Auffallendes auch viel besser . “ ,konterte ich fröhlich und drehte mich, um mein Kleid fliegen zu lassen.

Der mitternachtsblaue Stoff fühlte sich an wie flüssiges Wasser, auf meiner vor Aufregung erhitzten Haut. Der Reifrock ließ den Stoff weit um meine Hüften fallen. Die eng anliegende Korsage, welche vorne spitz in den Langen wallenden Rock mündet, verlieh mir eine elegante Hüfte. Zumindest hatte das Maratin gesagt.

Die Schultern waren freiliegend, was meinen Vater zuerst einen gehörigen Schreck eingejagt hatte. Jedoch musste er zugeben, dass ich das Kleid sehr gut tragen konnte und erlaubte mir daher es auf dem Ball zu tragen.

Auch Selina sah unglaublich schön aus. Sie trug ein lindgrünes Kleid mit weißen Tupfen.

Ihr Kleid war kürzer als meins und wurde nur mit einem roten stück Stoff im Nacken zusammen gehalten. Zudem war es weit ausgeschnitten. Im, passend zum Anlass verzaubertem, goldblondem Haar, trug sie einen grünen Haarreif mit roter Schleife.

Dazu Lindgrünen Liedschatten und drei kleine, golden Sterne in den Augenwinkeln.

Mein Vater war fast das Herz stehen geblieben, als er Selina das erst Mal in ihrem Ballkleid gesehen hatte. Mein aufreizendes Kleid war schlagartig vergessen.

Er war eben eher der konservative Typ. Zwar hatte er überzeugend bekräftigt, dass Selina sehr gut darin aussah, doch als wir später zusammen zum Ball aufbrachen, konnte ich ihn ganz deutlich murmeln hören: „Da müssen sich andere Väter drum kümmern...“
 

Das Frühlingsfest war traditionell, ein Fest der Ernte und der Fruchtbarkeit. Früher wurde es von den Hexen und Zauberern ausgerichtet um den Gottheiten der Natur, vor allem aber Mater, zu huldigen.

Die gesungenen Zauberformeln sollten den Winter vertreiben und die Erde reinigen, um die Wiedergeburt der Natur einzuleiten.

Doch schon seit mehreren Jahrhunderten vollzogen die Zaubere und Hexen nur noch symbolisch den gemurmelten Spruch-Sing-Sang. Denn nur noch die alten glaubten an seine Wirkung. Zwar verehrten wir Mater noch immer, als die größte Naturgöttin und Schöpferin allen Lebens, jedoch feierten wir, vor allem die jüngeren Generationen, den Ball hauptsächlich dem feiern zuliebe.

Für uns Schüler bedeutete das Fest vor allem eins; Freiheit! Wir feierten den Abschluss eines Schuljahres, das Ende der Prüfungen und den Beginn der großen Freizeit.
 

Wie jedes Jahr war der geräumige Festsaal des Schlosses festlich geschmückt. An den Wänden und in den Kronleuchtern befanden sich lange, weisse und grüne Kerzen.

Rosen in allen Farben und Formen waren neben Ehren, Gräsern und Weiden in großen Gestecken überall im Raum verteilt.

Goldene, grüne und rote Girlanden zogen sich von Balken zu Balken, von Tür zu Tür und von Fenster zu Fenster.

Die Tische waren zur Seite geschoben worden, um Platz für eine riesige Tanzfläche zu schaffen. Denn seit jeher, war der Frühlingsball ein Tanzball gewesen. Früher tanzten Hexen und Zauberer nackt um ein Lagerfeuer und schrien ihre Flüche und Beschwörungen aus. Ein Bild von diesen Gelagen, hing in der privaten Bibliothek meines Vaters.

Heute tanzen Schüler und Schülerinnen in schicken Ballkleidern zu dröhnen Bässen der hiesigen Schulband. Selina versuchte jedes Jahr auf´s neue In The Rocks für den Ball anzuheuern, jedoch vergebens.
 

Der Saal war trotz der frühen Stunde schon überfüllt mit Schülern. Überall saßen Gruppen zusammen und tuschelten. Die große Tanzfläche war leer, denn es war noch zu früh.

Ich musste nicht lange suchen um Verus zu erblicken. Er stand direkt neben der Tür und hielt Ausschau. „Hast du auf mich gewartete ? “ , entgegnete ich dümmlich und lief puderrot an.

„ Ja ...“ , sichtlich verlegen schaute er zu mir hoch.

Selina verdrehte die Augen, murmelte etwas von, das ist ja peinlich, ich geh mal gucken ob die Band auch was von in The Rocks spielen kann und wuselte davon.
 

Da stand ich nun vor meinem besten Freund und wusste einfach nicht, was ich sagen oder tun sollte. Verus schien es nicht anders zu ergehen. Nervös drehte er die blaue Kornblume, die mittlerweile schlapp die Blätter hingen ließ, in den Händen.

„Ist die für mich ? “ ,wieder erschien mir meine Frage sinnlos, doch bei Verus löste sie wohl etwas aus.

Gedanken verloren starte er auf die schon leicht lädierte Blume: „Oh ja . „

Er murmelte ein Paar Worte und die Blume strahlte im neuen Glanz.

Grinsend streckte er sie mir entgegen.

„ Du sieht wirklich hübsch aus Flora.“

„ Danke . “, ich erwiderte sein Lächeln, nahm ihm die Blume ab und fühlte mich augenblicklich besser.

Wärme und Geborgenheit legten sich über meinen ganzen Körper. Meine Haut begann zu kribbeln und mein Magen rebellierte auf angenehme weise.

Fühlte sich so verliebt sein an?

Doch noch eh ich meine Gefühle richtig deuten konnte, spielte die Band ein neues, sehr viel langsameres und vor allem ein sehr bekanntes Stück.

Selina hatte es also tatsächlich geschafft.

„Wollen wir Tanzen Florentina? “ , ich nickte, da ergriff er auch schon meine Hand und zog mich auf die Tanzfläche.
 

Ich hatte nie bemerkt, wie gut Verus in seinem Frack aussah. Wie die meisten jungen Männer trug er die Jacke offen. Hervor blitze ein weisses Hemd und die ebenfalls weisse Weste.

Um seien Hals war er die obligatorische weiße Fliege gebunden, auf die viele andere Kerle gerne verzichteten. Doch ich fand ihm steht sie unglaublich gut. Genau so, wie seine leicht zerwühlten Haare, die seine spitzen Ohren leicht verdeckt.

Als wir die Tanzfläche erreichten, leget er seinen Arm ordnungsgemäß um meine Hüften. Nicht zu hoch und vor allem nicht zu tief. Eben genau richtig und doch stockte mir der Atem und meine Beine fingen an zu zittern. Ich war dankbar als er meine Hand ergriff, denn ich brauchte dringend eine Stütze. Wenn sich so verlieben anfühlte, dann hatte es mich stark erwischt.
 

Verus war ein guter Tänzer, dass wusste ich schon von den Jahren zuvor, doch ich war auch nicht schlecht. Zwar waren meine Bewegungen nicht so elegant und ausgeformt wie die eines Elbs, doch ich konnte ihm folgen und das ohne ihm auf die Füße zu treten, normalerweise. Diesmal jedoch musste ich mich anstrengen. Mein Blick verschwamm immer mehr. Erst war es nur eine leichte Unschärfe an den Augenwinkeln, doch dann legte sich langsam ein milchiger Schleier über meine Augen und sie fingen an zu tränen. Nur noch unscharf konnte ich Selina am Rand der Bühne ausmachen. Und das auch nur, weil ihr Kleid aus der Menge herausstach, wie ein bunter Schmetterling unter einem Schwarm von Motten.

Mit wem sie sich unterhielt, konnte ich allerdings nicht mehr erkennen.

Mir wurde immer schwummriger und ich bette meinen Kopf auf Verus´ Schulter.

Das war kein verliebt sein, dessen wahr ich mir jetzt sicher. Irgendetwas stimmte nicht und es hatte begonnen, als ich die Kornblume von ihm entgegen genommen hatte.

Hatte Verus etwa einen Zauber auf mich gesprochen? Nein, dass würde ich ihm nie zutrauen. Ich wusste, dass er mir nie Schaden würde, ich vertraute ihm.
 

Doch irgendetwas war mit mir geschehen, irgendetwas lief ganz und gar nicht richtig und das machte mir Angst, große Angst. Ich wollte etwas sagen, um Hilfe bitten, doch meine Zunge war auf einmal schwer wie Blei und mein Mund ausgetrocknet wie die öden Steppen.

Mein Kopf ruhte schwer an seiner Brust, zu schwer um ihn zu heben. Ein Dröhnen drang an mein Ohr und ich begriff, dass es sein Herzschlag war. Ich konnte hörte, wie sein Lebensmuskel sein Blut durch seinen Körper pumpte.

„Florentina .“ , leise vernahm ich meinen Namen. Nur noch ganz schwach, den mein Kopf war zu schwer und meine Gedanken zu schleppend. Ich konnte ihn, über das betörende Rauschen seines Blutes, kaum versteh.

Verus holte tief Luft, ich fühlte wie sich seine Lungen dehnten und wie sich sein Puls beschleunigte. Er war nervös. „ Florentina.. Ich muss dir etwas sagen.“ ,wir hörten auf zu tanzen doch in meinem Kopf drehte es sich weiter. Meine Augen waren schon lange zugefallen, meine Lieder zu schwer um sie erneut zu öffnen.

Und da roch ich es zum ersten Mal. Einen Geruch so köstlich, so verführerisch wie ich ihn noch nie vernommen habe.

Ein Geruch, so anmutig und süßlich wie die zarteste Blume und gleichzeitig so animalisch und wild, wie das feuchte Fell eines Rappens.

Im nu stand mein Körper in Flammen. Langsam hob ich den Kopf. Wollte näher an die süße Quelle diesen Geruchs.

„Ich wollte dir das schon lange sagen, Florentina… Ich...“ , Verus redet weiter doch ich hörte ihn nicht mehr, dass Rauschen in meinem Kopf war zu laut. Endlich hatte ich die Stelle erreicht, meine Lippen berührten seien Haut. „Ich liebe dich…“ ,hörte ich es durch meinen Rauschen. Seine Hand legte sich auf meinen Kopf, drückten mich unbewusst an seine Hals, meinem Ziel entgegen. Doch ich braucht keine Unterstützung. Mein Körper wusste genau, wo er hinwollte und was zu tun war.

Meine Kehle war mittlerweile so trocken das es schmerzte.

Sie sehnt sich nach etwas, wovon ich wusste, dass es da war, so nah vor mir.

Ich musste es nur noch tun…
 

Es geschah alles so rasend schnell und doch so langsam, dass ich es wie in Zeitlupe wahrnahm.

Ich hörte meinen Vater schreien. So laut in meinen Ohren, doch nicht wütend, eher verzweifelt. Ich hatte meinen Vater noch nie ängstlicher erlebt, bis zu diesem Moment.

Eine Hand riss mich fort von der süßen Stelle, auf die sich meine Lippen immer noch so begierig pressten. Die Hand meines Vaters, wie ich bemerkte, als ich in sein verzweifeltes Gesicht blickte.

Dann sah ich Verus, seine schockgeweiteten Augen, eine Hand hatte er auf seinen Hals gepresst und doch fielen dicke dunkelrote Tropfen auf sein weißes Hemd.

Ich sah Selina, wie sie angerannt kam. Ich sah die Menge an Schülern, wie sie ängstlich zurück wichen. Ich roch ihre Angst, roch das Blut, welches sich seinen Weg über Verus´ Haut bahnte.

Ich lecke mir über die Lippen und doch konnte ich keinen dieser köstlichen Tropfen auf ihnen schmecken. Wut erfasste mich, Wut und Hunger.

Und doch fiel mein Blick zurück auf meinen Vater, in seine traurigen Augen und sah zum ersten mal Mitleid. Mitleid, für mich…

Und dann sehe ich nichts mehr, fühlte nur noch, wie sich seine Hand auf meine Augen legt, bevor ich in bodenlose Schwärze versank.
 


 

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*sorry für den Cliffhanger* :P



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Kommentare zu dieser Fanfic (19)
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Von:  Thuja
2012-01-28T10:02:37+00:00 28.01.2012 11:02
Pff
Von wegen „Sorry für den Cliffänger“
Ich nehme dir nicht ab, dass es dir leid tut
Du willst uns doch nur quälen. Richtig
Und das gelingt dir ganz wunderbar.
Aber anstatt mich aufzuregen rede ich lieber über das Kapitel


Cool
Kein „ja ganz cool“
Sondern ein COOOOOOOOOOOOOOOOOOOLL!!!
Abgefahren!!!
Das ist ein tolles Werk,
voller Gefühl und Spannung.
Der Anfang, wo Verzweiflung sie durchwallt
Der war richtig aufwühlend geschrieben. Ich habe die Formulierungen aufgesaugt und mit ihr die Qual durchlitten
Mir tat es so Leid, wo sie an früher denkt und wie lange sie doch schon sich wünscht, gleich zu sein

Auch war ich begeistert von den super schönen Vergleich, wie zum Beispiel, dass die Marktstände wie Blumen sind und die Leute Schmetterlinge

mir tut Verus Leid. Wird seine Liebe dem standhalten. Irgendwie habe ich das Gefühl, sie wird bei dem dunklen Ritter landen, den sie immer geglaubt hat, zu bekommen
Aber ich muss sagen Ich mag Verus sehr.

Ich freu mich darauf, dass es weitergeht

Von:  fahnm
2011-12-28T20:47:35+00:00 28.12.2011 21:47
Hammer Kapi^^
Von:  Thuja
2011-09-24T06:44:35+00:00 24.09.2011 08:44
Pure Begeisterung durchwallt mich.
Ich kann kaum erwarten, wie sich die Story entwickelt und was noch alles geschehen wird
Für mich tut sich hier ein großartiges Werk auf.
Deine Formulierungen waren wie immer sehr gelungen.
Man konnte mit den Charakteren lachen, aber auch mit ihnen weinen.
So viele tolle Szenen gab es in dem Kapitel, so interessante Persönlichkeiten, dass ich nicht fertig werden würde, wenn ich alle aufzähle.
Allein wie du die Geschichtslehrerin beschrieben hast, war sehr klasse.
Ich habe sie richtig vor mir gesehen.
Aber auch Verus Veränderung fand ich zu süß und ich habe wirklich gegrübelt, was mit ihm los ist
*Selinas Hand schüttele*
Danke das du es rausgefunden hast ^^

Ich liebe auch Florentinas Vater total. Er ist so ein herzensguter Mensch.
Was wird geschehen, wenn sie zu den Vampiren geführt wird
*zitter*
davor habe ich wirklich Angst. Ich hoffe sie vergisst ihre Freunde nicht, die mit ihr geweint haben und die zu ihr stehen.
Und erst recht hoffe ich, dass sie niemals ihren Vater etwas tut.
*lach* Ihr Wecker war einfach zu genial. Von dem hätte ich aber schnell die Schnauze voll :D

kleiner Fehler an dieser Stelle:
„Nun, ich habe dir doch schon erzählt, dass ich dich mit circa einem Jahr gefunden habe. Heute vor siebzehn Jahren um genau zu sein. Doch kann ich natürlich nicht sicher sagen, dass heute auch dein richtiger Geburtstag ist.“
Er muss sie vor 16 Jahren gefunden haben. Sonst wäre sie jetzt 18 ^_-

Ich freue mich schon auf die Fortsetzung :D
Mein Herz schlägt schon ganz schnell vor Aufregung.
Halt mal dein Ohr an den Bildschirm!
*bumm, bumm, bumm, bumm*
und? Kannst du es hören?
Das verursacht deine Geschichte. Sie ist so toll, dass ich wirklich hibbelig bin.

Von: abgemeldet
2011-09-08T19:31:37+00:00 08.09.2011 21:31
Ohhhh neeeein... wie traurig ;///////////////; .........
Du hast ihre Trauer ganz toll beschrieben, ch würd auch kein doofer Mensch sein wollen !!!
^^
Von:  Zwiesi
2011-09-07T11:18:35+00:00 07.09.2011 13:18
Das ist klasse!! Abgesehen von ein paar Rechtschreib und grammatikfehlern kann man das ganze echt gut und flüssig lesen.. Bin schon gespant, wie es weiter geht!
Von: abgemeldet
2011-09-04T23:44:00+00:00 05.09.2011 01:44
haha, hasse jetzt doch die zweite version genommen ^^
also ich mag die stelle mit dem lila buch von verus, die ist lustig.. ich find die hexe hat da besonders viel änlichkeit mit mir xDD
naja.. ansonsten ist nur zu sagen, dass florentina immer mehr ähnlichkeiten zu dir aufweist..xDD
aber ich mag das neue kapitel..nur stört mich auch weiterhin das "dad".. is ne deutsche gesichihte und da fänd ich vater besser 8D
Von: abgemeldet
2011-08-25T20:00:01+00:00 25.08.2011 22:00
Wann kommt den wieder was Neues ????
Bin sooo gespannt wie es weiter geht *_*
Von:  Thuja
2011-08-20T04:38:14+00:00 20.08.2011 06:38
Ach Mädchen
Für die Rechtschreibung erhältst du aber keinen Preis. Da haben sich ziemlich viele Fehler eingeschlichen

Wofür du aber einen Preis verdienst und zwar einen wirklich großen ist dein Ausdruck und deine Geschichte.
Ich fühle mich nach dem Lesen richtig beschwingt und wach. Das war so super, dass ich gerade absolut ins Schwärmen geraten will
Und natürlich eine Sache ist mir wieder aufgefallen. Deine Spontanität, die lockere Art und der Humor, der immer wieder mit einfließt und das ganze zu einem Hochgenuss macht
Rofl
Der Kuckuck in dem pinken Tütü. Lol. Kein Wunder, dass er nicht raus will
„Auf verzauberte Wanduhren sollte man sich eben nie verlassen.“
Danke. Ich merke mir die Weisheit, sollte ich mal eine bekommen.
Wunderbar, wie du die Elben auch darstellst, was für feste Eigenschaften du ihn gibst und damit die Völker schön abtrennst

Ihren Adoptivvater habe ich sofort ins Herz geschlossen. Du bringst ihn super rüber. Er ist so lieb und nett und hat meiner Meinung nach ein großes Herz
Ich war etwas überrascht, dass sie erstmal mit Pfannkuchen isst. Der Unterricht war doch noch nicht vorbei. Das leuchtete mir nicht ganz ein
Aber ich war sehr begeistert, dass ihr Vater nicht der strenge Direktor ist, denn ich erwartet hätte. Nein er geht sogar mir ihrem Vergehen sehr locker um. Wäre Glauco nicht gewesen, er hätte sie wahrscheinlich damit durchkommen lassen ^^
Sehr anschaulich ist dir auch die Beschreibung von ihm gelungen. Ich habe jetzt ein schönes Bild vor Augen

Ich kann ihren Geburtstag kaum erwarten. Was werden ihre Freunde sagen, wenn sie erfahren, was sie ist Oo

Von:  Thuja
2011-08-06T04:41:18+00:00 06.08.2011 06:41
Du darfst raten: Was hat mir einen guten Start in den Tag gegeben.
a) ein Nutellabrötchen
b) ein Kaffee
c) dein Kapitel

Ich schätze dieses Kind, welches den Vampyre zu neuer Macht verhilft, wird wahrscheinlich jenes sein, dass einst im Brunnen starb, so ist jedenfalls meine Vermutung ^^
Es haben sich hier und da ein paar Rechtschreibfehler eingeschlichen, aber davon abgesehen:
Toll.
Es klang wie die Geschichte dieser Welt, die jeder dort kennt.
Ein alter Krieg, der gewonnen scheint und doch wahrscheinlich wieder aufleben wird.
Und ich bin gespannt auf dieses Mädchen, dass die große Verantwortung auf seinen Schultern trägt, den Vampyre wieder an die Macht zu helfen

Von:  Namikaze
2011-07-29T11:51:20+00:00 29.07.2011 13:51
Ich will wissen was mit den Vampyre ist. Wie sie im Dunkeln wachen und warten.
*grins*
Ein weiteres Klasse kapitel. Find ich sehr interessant.
Ihr Adoptivvater ist wirklich eher wie ein Großvater, anstelle Vater.
Verus und Selina sind unterschiedlich wie eh und je, aber wie heißt es so schön
"gegensätze ziehen sich an und aus =)"
Da wird bestimmt doch auch noch nen Adult kapitel kommen. HrHr =)
Eine Hexe und ein Elb, was da wohl so vor sich geht ;)
Oder Florentina und Verus? Bin darauf mal gespannt.
Bis zum nächsten Kapi


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