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Elf

von

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Kapitel 3
 

Gravitation und die Charaktere gehoeren nicht mir und ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Touma nahm vorsichtig seine Geige aus ihrem mit Samt ausgelegten Koffer und brachte sie in Position. Eigentlich war sie schon gestimmt, doch Touma schaffte es einfach nicht stillzusitzen. Nicht etwa, weil er heute seinen grossen Auftritt mit einem der schwierigsten Violinensoli ueberhaupt hatte, sondern weil ihm das Gespraech mit seinem Vater nicht mehr aus dem Kopf ging.

Ryuichis Augenfarbe hatte sich nicht verzaubern lassen. Ueberhaupt besass dieser Elf eine ziemlich starke Immunitaet gegen Magie, wenn nicht sogar eine Blockade. Aber Touma war kein Arzt, er konnte das nicht beurteilen. Schliesslich hatte er sich einen Augenzwicker von seiner Schwester "ausgeborgt" und ihn so verhext, dass er Ryuichis Augen blaeulich erscheinen liess. Seiner Schwester hatte er damit sogar noch einen Gefallen getan. "Ich finde meinen goldenen Zwicker nicht! Der silberne passt nur zu diesem Outfit, da blieb nicht viel Auswahl..." Zur Freude aller, und sie kamen nicht zu spaet.

Die Spitzen von Ryuichis Ohren hatte Touma braun eingefaerbt, sodass sie zwischen dem dichten Haar kaum auffielen. Gerne haette er Ryuichi auch zu Hause gelassen, aber heute wurde in ihrer aller Abwesenheit das Haus gereinigt und so konnte er ihn nicht verstecken.

"Wer ist das?" hatte sein Vater barsch gefragt, als er ihm den Elfen als "Sakuma-san" vorstellte. Herr Seguchi hatte es aufgegeben, seinem Sohn das Mitbringen von Freunden zu verbieten. Solange es unauffaellig geschah und keine Geruechte aufkamen, die die Familie in ein schlechtes Licht rueckten. Aber Touma wusste wie er das anstellen musste und so liess ihn sein Vater in Ruhe.

Zum Glueck hatte Ryuichi genuegend Angst vor Herrn Seguchi gehabt und sich dementsprechend halbwegs normal verhalten, ohne seine Elfennatur zu verraten. Dennoch hatte Touma den Verdacht, sein Vater haette es gespuert. Schliesslich war er ein maechtiger Zauberer, sass in verschiedenen Aufsichtsraeten und Universitaetsvertretungen und war Stadtrat. Wieviel er wohl wusste?

"Beeil dich, Touma, es geht gleich los."

"Ja."

Er klemmte sich die dicke rotlederne Notenmappe unter den Arm - nicht dass er sie gebraucht haette - und folgte Kamui auf die Buehne.

Der Vorhang war noch zugezogen.

"Ein Wunder, dass du hier bist. Und so ausgeschlafen..."

Touma warf seinem vorwitzigen Klassenkameraden mit dem Maedchengesicht einen verschwoererischen Blick zu.

"Mir kam etwas dazwischen. Ich musste frueher nach Hause. Ich war muede."

"Aha. Muede." Kamui glaubte ihm kein Wort.

"Sicher weisst du auch am besten von uns allen, weshalb Hiroshi diese Ringe unter den Augen hat." Touma laechelte ein suesses, aber wissendes Laecheln.

Kamui zuckte gespielt ahnungslos die Schultern. "Er wird wieder die Nacht ueber getrunken haben."

"Nur dass man danach normalerweise noch richtig sitzen kann... Ich hatte ja schon nicht mehr daran glauben wollen."

Kamui bliess sich eine blonde Straehne aus den wasserblauen Augen. "Teufel." Er grinste anzueglich.

"Viel Glueck." Touma winkte ihm froehlich und ging an seinen Platz im Orchester links neben dem Dirigentenpult.

"Na endlich."

"Um Vergebung, O-Ukai-sensei."

"Ruhe. Wie viele Finger seht ihr?" Er streckte drei Finger aus.

"Vier...?", kam es aus den Reihen der Trommeln ganz hinten.

"Ksch!", zischte jemand aergerlich.

"Wer von euch hatte weniger als fuenf Stunden Schlaf?"

Knapp die Haelfte des Orchesters hob die Hand. Touma nicht.

"Seguchi-ku... aeh... -san?", fragte Her Ukai ueberrascht. Nach ihrer offiziellen Entlassung gestern mussten auch die Lehrer sie mit der Anrede fuer Erwachsene ansprechen.

"Ja, O-Ukai-sensei?", fragte Touma unschuldig.

"Nichts... Also. Mir ist bekannt, dass ihr nur hier seid, weil man euch bei Abwesenheit sonst das Zeugnis nicht aushaendigt. Eure Leistungen hier koennen nirgendwo mehr vermerkt werden, doch sie werden in den Koepfen und den Herzen eurer Zuhoerer erhalten bleiben. Ueber zehn Jahre habt ihr auf dieser Schule verbracht, das rennomierteste Konservatorium dieser Stadt und damit des Landes." Er liess einen Blick durch die gelangweilten, uebermuedeten, verkaterten Reihen wandern. Es tat seinem Enthusiasmus keinen Abbruch, er war es gewohnt.

"Meine Damen, meine Herren", er sprach langsam, stuetzte sich feierlich auf seinem Pult ab und beugte sich zu ihnen vor, "lasst uns eine Welt erschaffen."

Das sagte er jedesmal, und heute zu ihnen zum letzten Mal, denn nach diesem Tag wuerden sie alle auseinander gehen.

"Jawohl!" erscholl es von irgendwo aus den Reihen.

"Bravo", meinte Kamui und klatschte dezent, doch niemand wusste ob er das ernst oder ironisch gemeint hatte. Verhaltener Applaus brach aus, doch Herr Ukai legte den Finger an die Lippen und zwinkerte ihnen zu.

"Schsch. Der alte Herr", er deutete mit dem Daumen ueber die Schulter, "hat auch noch was zu sagen."

Nun erklang von draussen halbherziges Klatschen und Herr Ukai verschand seitlich von der Buehne. Es wurde dunkel hinter dem Vorhang, nur ein Lichtkreis war in der Mitte zu sehen. Touma erkannte den Schatten des Direktors, der nun mit seiner weichen Stimme Ehrengaeste begruesste, das Programm ueberflog und das Konzert eroeffnete.

Beifall folgte.

Touma wusste, dass irgendwo da draussen Ryuichi sass. Wie ihm wohl die Musik der Menschen gefallen wuerde? Ob er sie kannte? Und ob alles gut ging und er nicht entdeckt wurde...?

Der Vorhang wurde zur Seite gezogen und Kerzen entzuendeten sich auf ihren Notenpulten. Herr Ukai betrat die Buehne und alle klatschten laut, auch die Musiker. Sie erhoben sich und warteten, bis Herr Ukai ihnen erlaubte sich wieder zu setzen. Er blickte alle ernst durch seinen dicken Zwicker an, laechelte, wurde wieder ernst und hob den Taktstock.
 

"Elegante Rede", wurde der Direktor von seiner Schwester begruesst, als er sich auf seinem Platz in der ersten Reihe niederliess.

"Danke." Herr Kitazawa entspannte sich ein wenig und betrachtete seine Abschlussklasse. "Ich hoffe nur, dass sie diesmal nicht unter das Niveau von vor vier Wochen sinken so wie letztes Jahr", raunte er und sein Blick blieb an Touma haengen.

Die Musik begann.

Der junge Seguchi... und sein Freund Kamui. Sie waren diejenigen, die auch unter Stress die besten Leistungen brachten. Ja, oder gerade dann. Aus der Elite der Schule hoben sie sich, was das Talent anbetraf, nicht sehr hervor, doch ihre besondere Stressimmunitaet und vor allem ihre Elternhaeuser gaben ihnen Moeglichkeiten, die andere nie haben wuerden. Nakano Hiroshi-kun zum Beispiel, der die Universitaetspruefung nicht geschafft hatte, weil er fuer das Schulgeld arbeiten musste und ihm die Zeit zum Lernen fehlte. Oder Lawrence Blither, der zwar Fuehrungskraft und Talent besass, jedoch aus einer Kaufmannsfamilie stammte. Oder Ayaka mit ihrer Allergie auf zu starke Magie... Und dann gab es natuerlich noch die uebliche Anzahl von Moechtegern-Talenten wie Aizawa und Ma, die zu ignorant waren um ihre Unfaehigkeit zu erkennen oder gar zuzugeben. Opfer ihrer Erziehung.

Ja, Touma wuerde es weit bringen. Kamui sah zwar nicht so aus, aber er war oft vertraeumt, auch uebermuetig, berauscht vom Leben und zielte auf kurze, schnelle Erfolge. Touma tat das ebenfalls, doch er besass bereits jene Voraussicht und Kontrolle, die maechtige Persoenlichkeiten auszeichnete. Vielleicht wuerde er nicht sofort der Ranghoechste seines Jahrgangs sein, aber er wuerde es werden. Und auch bleiben.

Und er sah gut aus. Sein geradezu katzenhaft anmutiges Aeusseres liess ihn harmloser erscheinen als er tatsaechlich war. Die schlanken gepflegten Finger, wie sie ueber den Saiten tanzten, die schwungvolle Armbewegung mit welcher er den Bogen fuehrte, kraeftig und filigran zugleich, die aufrechte, stolze und doch zugleich unaufdringliche Koerperhaltung, die konzentrierten Augen, versunken in der Musik und doch irgendwie abwesend, neutral, darueberstehend...

Erst als der Applaus begann, wurden Herrn Kitazawas Gedanken jaeh beendet. Er tat so als habe ihn die Musik beruehrt und klatschte eifrig mit.
 

Ryuichi patschte begeistert die Haende zusammen und rief "Bravo!" Es fehlte nicht viel und er waere aufgesprungen. Das trug ihm von seiner Nachbarin ein pikiertes, aber neugieriges Laecheln ein. Der Applaus hielt eine Weile an und so hatte sie Zeit ihn zu betrachten und eine der vielen Fragen auszuwaehlen, die ihr auf der Zunge lagen. In dem recht engen schwarzen Anzug mit dem gruenen Innenfutter, den wirren Haaren und dem goldenen Zwicker sah er aus wie ein Literat. Ein Student vielleicht.

"Begeistert Sie Musik so sehr?", fragte sie schliesslich, waehrend der naechste Programmpunkt angekuendigt wurde. "Oh, ja! Musik ist das tollste was es gibt! Kuma...!" Und dann verstummte er, als ihm einfiel, dass Touma ihm strikt verboten hatte, sein Plueschtier auch nur mit einem Wort zu erwaehnen.

"Eh... was?"

"I-I-Ich meinte...!" Ryuichi wedelte aufgeregt. "...Ku... Wunderbar! Wunderbar sagte ich! Puh...!"

"...Aha. Mein Name ist Granger. Hermine Granger. Sind Sie Student? Verzeihen Sie wenn ich Sie so anspreche aber Sie sehen mir aus als wuerden Sie sich sehr viel mit Buechern beschaeftigen."

"Buecher? Naja, also... no da..." Ryuichi kratzte sich am Hinterkopf.

"Wie bitte?"

"Ich meine..."

"Wie heissen Sie denn?"

"Ry... Sakuma."

"Sakuma." Hermine zog die Brauen hoch. "Sakuma. Einfach nur Sakuma."

Ryuichi kam nun arg in die Bredoullie, einen zweiten Namen zu erfinden, denn seinen Elfennamen durfte er ja nicht verraten, aber da betrat ein Solist die Buehne und rettete ihn. Er hatte fast schulterlanges hell schimmerndes Haar und trug Kleidung, die aussah als habe er sich Lumpen ueber Lumpen ueber Lumpen angezogen. Gleichwohl wirkte es elegant, was unwirklich.

"Das ist Kamui...!" fluesterte Hermine aufgeregt.

Ihr Nachbar auf der anderen Seite verdrehte die Augen.

"Das ist Kamui! Das ist Kamui!", aeffte sie eine Stimme von hinten nach. "Koennten die Schlammblueter auf den billigen Plaetzen endlich mal ihren vorlauten Rand halten."

"Halt du deinen Rand, Malfoy", kam es von dem Jungen links von Hermine.

"Uuuuh, da krieg ich ja Angst! Ein Wiesel...! Hilfe!" piepste Malfoy und brach anschliessend in Gelaechter aus.

Ryuichi sah ihn an.

"Was glotzt du so?"

Crabbe gab ihm einen Stoss an die Schulter. Ryuichis Zwicker fiel herunter und baumelte an der goldenen Kette. Hastig drehte er sich um, beugte sich tief ueber seinen Schoss und setzte ihn wieder auf.

Malfoy beobachtete es.

Dann zuckte er zusammen, als die Musik begann. Hermine verzog das Gesicht, denn die Lautstaerke schmerzte und Ryuichi durchlief ein ganz schoen grosser Schauer.

Taikos donnerten. Die uebermannshohen riesigen Trommeln, die man zuvor im Licht der Kerzen hatte erahnen koennen, droehnten nun aus der Finsternis und versetzten den ganzen Saal in Schwingungen. Es war wie ein heraufziehendes Gewitter.

Ein roter Blitz zuckte, begleitet von einem doppelten Geigenton, bei dem sich den meisten aelteren Zuhoerern Haare und Naegel aufstellten. Touma war hinter Kamui erschienen und entlockte seiner Geige fremdartige Toene, die in den Koepfen der Zuhoerer fremdartige Fantasien weckten.

Touma trut ein flammend rotes Zauberergewand mit unzaehligen Schnitten, Fransen und Falten. Unter dem Kapuzenrand sah man seine Augen leuchten, kalt, im Gegensatz zu seinem feurigen Kostuem. Rot tropfende Streifen zierten seine blassen Wangen, und auch seine Fingernaegel hatten rote Kleckse.

Die Geige tanzte durch das Gewitter der Taikos, sprang durch den Donner, spielte mit ihm und durchdrang ihn mit Leichtigkeit.

Kamui hatte die Augen in fast sehnsuechtiger Ekstase geschlossen, und als die Geige verstummte, begann er zu singen.

Hermine sah aufs Programm. "Dornen der Wueste", las sie mit Ehrfurcht in der Stimme.

"Wohl eher wuestes Gedroehne", ergaenzte Ron. "Was meinst du Harry?"

"Klappe, Wiesel." Malfoy trat in die Lehne des Sitzes vor ihm, aber den Spass an der Musik konnte ihm Ronald Weasley trotzdem nicht nehmen. Seine Zaehne leuchteten weiss, als er laechelte.

Der Saenger und die Geige lieferten sich einen erbitterten Kampf. Toumas Bogen ritt das Instrument, als wollte er es zersaegen, dann ploetzlich streichelte er es wie eine innig Geliebte, und Kamuis Gesang reagierte auf jede Veraenderung, zog entweder mit oder ging zum Angriff ueber. Trotz des offensichtlichen Konflikts griffen die beiden Stimmen ineinander, zogen sich gegenseitig mit, harmonierten, rieben sich, stachen und versoehnten sich, bis schliesslich Toumas Saiten Feuer fingen. Er riss die Arme mit der Geige hoch und warf den Kopf zurueck. Kamui sank in einer grauen Nebelwolke in sich zusammen und mit einem letzten Knall der anschwellenden Taikomusik endete der Sturm. Touma verschwand in einem flammenden Blitz und nur Kamuis langsam verblassendes Grabeslicht blieb in der Finsternis zurueck. Bis auch dieses verschwand.
 

Stille.
 

Magie zitterte im Raum und verlor sich allmaehlich.

Leises Gemurmel erhob sich.

"Aaah...", Harry rieb sich die Stirn.

"Was ist los, Harry?" Hermine beugte sich besorgt zu ihm.

"Nichts. Nichts... war wohl nur der Blitz." Er rieb sich die Augen.

Vereinzelt erklang Applaus. Auch Malfoy klatschte laut, und mit ihm seine beiden Helfer.

Hermine und Ron sahen sich wissend an. Sie waren froh, dass morgen die Weihnachtsferien zuende waren und Harry wieder sicher in Hogwarts sein wuerde. Irgendwo in dieser Stadt trieb sich Voldemort herum...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2006-01-15T10:12:06+00:00 15.01.2006 11:12
Cooles Chapi
Das du da auch Harry Potter mit reingebracht hast find ich auch gut^^
*gleich weiterlesen wird*


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