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Dunkle Nächte

Wenn das Schicksal zuschlägt...
von

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Eine unerwartete Freude

Kapitel 31

Eine unerwartete Freude
 

Ein Abendessen mit dem Mann, der ihn dazu gebracht hatte, sich vor aller Augen lächerlich zu machen, war nicht gerade das, was er jetzt gebrauchen konnte. Kamil war ja ganz nett, ebenso wie Kaiba, wenn er sich nicht gerade wie ein Idiot verhielt. Dummerweise konnte er nicht genau sagen, wann sich der Zustand von freundlich zu mies veränderte und wie er sich dem gegenüber verhalten sollte. Dass er keine Chance zu Entkommen hatte, wurde ihm schnell klar. Er versuchte noch Einspruch zu erheben, indem er sich zuerst umziehen und frisch machen wollte, doch das ließ Kaiba nicht zu. Als wüsste er, dass er danach so tun wollte, als hätte er sich verlaufen. Von der Tatsache einmal abgesehen, dass es gar nicht so unwahrscheinlich wäre.

So einigte sich Joey mit sich selbst darauf, dass er nur kurz bleiben würde und nach dem Essen als Entschuldigung nähme, dass ihn ein Jetlag eingeholt hatte. Mit dieser Ausrede konnte er sich hoffentlich auf sein Zimmer stehlen und musste nicht mit feiern. Er hatte von Diskotheken und Musik genug. Er sah jedes Wochenende die betrunkenen jungen Leute singen und grölen, während er dann mitten in der Nacht damit beschäftigt war, Schmuck, Handys, Jacken und hin und wieder ganze Handtaschen einzusammeln, die unter Tischen, zwischen den Stühlen oder in den Ecken vergessen wurden. Er sah, wie sie die Kontrolle verloren und die ein oder andere Ohrfeige ausgeteilt wurde, wenn ein junger Mann die falsche Frau küsste. Was sollte er daran also besonders finden? Wenn er die Wahl hatte, dann machte er einen Bogen um all das. Außerdem war er als Barkeeper sowieso viel zu kritisch, um irgendwo anders etwas zu trinken. Er hasste zwar den Genuss von Alkohol, doch in seinem Beruf war er unerwartet gut. Vielleicht lag es daran, dass er Alkohol nicht mochte. Für ihn war es wie ein Spiel, er war wie der zuckersüß lächelnde Teufel hinter der Bar, der sie in ihr Verderben schickte. Drink um Drink!
 

„Wo steckt du jetzt wieder mit deinen Gedanken?“ Erstaunt sahen die braunen Augen auf und er begriff, dass Kaiba nur wenige Zentimeter vor ihm stand und ihn fragend anstarrte. Er hatte den Kopf gesenkt, um dem Blonden möglichst nah zu kommen und nun spürte Joey den Atem des anderen auf seinen Wangen. Ohne noch eine Chance zu haben, schoss die Hitze in diese und er spürte, wie er wieder rot im Gesicht anlief. „Du hängst heute aber auch nur mit dem Kopf in den Wolken.“ Beschwerte sich der Firmenführer und Joey lächelte verlegen. „Ach weißt du, in Wahrheit träume ich doch nur von Kamil! Wer gibt sich schon mit dem Trostpreis zufrieden?“ Er legte einen spöttischen Ton in diese Worte und sah, wie die feine Augenbraue in die Höhe geschoben wurde. Für einen Moment schien der Brünette zu überlegen, wie er darauf reagieren sollte, doch er fand einen fiesen Weg. „Aber nicht, dass du für ihn wieder mit dem Schwanz wedelst!“

Diese Breitseite saß und nun wurden die kräftigen Wangen noch etwas dunkler. Kaiba konnte aber auch kontern. Immer, wenn er das Gefühl hatte, endlich mal einen Lauf zu haben, kam eine solche Aussage und Joey wusste nicht, wie er reagieren sollte. Der 22 Jährige richtete sich wieder ganz auf, die Hände in den Hosentaschen vergraben. „Ach, Wheeler, du musst noch viel lernen. Jetzt wäre eine gute Antwort, ob ich denn eifersüchtig wäre. Irgendwann, wenn du alt und grau bist, bekommst du das vielleicht hin. Du schaffst echt immer nur den ersten Ansatz und dann versagst du kläglich.“ Er hatte sich schon von ihm weggedreht, als er noch fragte. „Ist das im Bett mit dir auch immer so? Gibt es nur eine Runde und dann ist Schluss?“ Stichelte er und Joey musste schlucken. „Im Be…Bett?“ Fragte er und sein Herz schlug hektisch schnell.
 

Mit einem Lachen drehte der großgewachsene Mann den Kopf zu ihm und meinte dann. „Ja, im Bett oder wo immer du deinen Sex pflegst. Auf dem Küchentisch, dem Sofa, dem Boden….“ Er zwinkerte ihm zu und wollte schon weiter gehen, als er dennoch inne hielt. Joey stand dort, als wäre er ein kaputtes Gerät, dass einfach jemand vergessen hatte wegzuräumen. Die braunen Augen sahen groß aus und er wirkte überfordert. Was auch immer in seinem Kopf vor sich ging, es schien ihn so zu schocken, so in Verlegenheit zu bringen, dass er kaum noch reagierte.

Währenddessen geisterten in dem blonden Schädel die Bilder herum, die er seit einer Weile zu ignorieren versuchte. Er wusste, dass Chanwoo die Lagerräume der Diskothek regelmäßig nutze, um Dinge zu tun, für die er nicht bezahlt wurde. Der kleine Koreaner war ein begnadeter Barkeeper und hatte das Lächeln eines Engels. Er legte mehr Frauen an einem Abend flach, als Joey zählen konnte. Als er dem 27 Jährigen das erste Mal dort erwischt hatte, war er im Boden versunken. Mittlerweile wusste er, wann er diese Räumlichkeiten meiden musste und kam so gut hinter der Bar zurecht, dass er die Schicht auch alleine schaffte. Zumindest für die Zeiten, in der sich der freche Chanwoo anderweitig beschäftigte. Doch jetzt war da nicht das Bild in seinem Kopf, welches den kleinen Lüstling zeigte. Jetzt sah er dort den jungen Mann vor sich, der ihn so dreist anlächelte. Sah Kamil dort, das Gesicht rot vor Erregung, die Augen geschlossen. Er sah, wie Kaiba diesen Mann gegen die Wand drückte, hörte die tiefen Stimmen lustvoll stöhnen.
 

Der Brünette kam näher, er zog eine Hand aus der Hosentasche und griff sanft nach dem Kinn des jungen Mannes, der noch immer völlig entgeistert dort stand. Kühl schmiegten sich diese an die warme Haut und die honigbraunen Augen zeigten doch keine Reaktion. Langsam beugte sich Kaiba vor, das dunkelrote Gesicht musternd. Er spürte die Hitze, die von diesem Mann ausging. Als wäre er gefangen, konnte er dem Blick nicht entsagen, der ihn nicht einmal registrierte. Immer weiter beugte er sich vor, bis nur noch eine Handbreit zwischen ihre Lippen passte. Woran auch immer Joey dachte, es schien beinahe so, als läge etwas in der Luft. Was auch immer in diesem Moment geschah, er konnte dem Versuch, ihn zu küssen, nicht wiederstehen. Nur noch ein paar Zentimeter, nur noch ein paar Herzschläge. Seto spürte, wie sein Blut in den Ohren rauschte. Er spürte, wie sein eigener Körper reagierte. Wie von einem Bann ergriffen, war er unfähig etwas anderes zu denken, zu verlangen. Er musste diesem Ruf folgen und diese weichen, großen Lippen wirkten so anziehend, so verführerisch. Er musste sie einfach küssen.
 

Laut erklang das Klatschen. Ohne zu begreifen, was hier geschah, hatte Joey ausgeholt. Mit voller Wucht hatte er zugeschlagen und getroffen. Beinahe hätte der Brünette das Gleichgewicht verloren, doch er konnte sich gerade noch fangen. Stille trat ein. Eine so gewaltige Stille, dass das Geräusch seines Schlages beinahe wie ein Echo schien, welches den Raum erfüllte. Entsetzt starrte Joey den Mann an, den er so eben geschlagen hatte. Schon jetzt konnte er sehen, wie sich die helle Wange rot färbte. „Es… es… tut mir… es tut mir leid…“ Stammelte er und bemerkte Kamil, der hinter dem Firmenführer zum Vorschein kam. “Ok, I seem to have missed something!” Gab er trocken von sich und sah von dem blonden, völlig verlegenen jungen Mann zu seinem Freund, der sich die geschlagene Wange hielt und dezent überfordert wirkte. So etwas war dem Firmenführer dann doch noch nie passiert.

“Holy shit, that hurts!” Gab er in einem Ton von sich, der deutlich machte, was er empfand. Joey zuckte zusammen und trat einen Schritt zurück. Er hob die Hände, als wollte er sich verteidigen, als erwartete er einen Gegenangriff. “I’m sorry! I’m really sorry!” Kam von ihm und er wechselte wieder in die japanische Sprache. „Das… das war ein Reflex. Ich… ich habe das nicht absichtlich getan.“ Versuchte er einen neuen Ansatz und langsam richtete sich Kaiba wieder zur vollen Größe auf. Als er seine Hand sinken ließ, wurde das feuerrot seiner Wange sichtbar. Der Schlag hatte gesessen. “You hit pretty hard for not doing it on purpose.” Gab er nun etwas gelassener von sich, doch sein Gesicht verriet, dass er innerlich immer noch um seine Fassung rang.
 

Sie standen im Vorraum zu einem der Restaurants und um sie herum hatten sich einig Gäste versammelt. Es war schon spät, daher waren es vergleichsweise wenig. Eine Dame mit dunkler Hautfarbe und klaren Augen trat an sie heran. Sie trug ein schickes, wahrscheinlich sehr teures Abendkleid und fragte in einem ruhigen, leicht distanzierten Ton, der etwas Professionelles hatte. “Are you alright? Have the disagreements been cleared up or do you need a mediator?” Sie hatte ihre schwarzen Haare nach oben gesteckt und ihre Ohren zierten lange goldene Ohrringe. Sie hatte graue Augen und ihre Lippen waren mit einem dunklen Rotton geschminkt. Während ihr dunkelgrünes Kleid einen auffälligen, aber schlichten Schnitt aufwies. “No, everything is fine. I just wanted to play a prank on him, but that was probably a lousy idea. He had already warned me in advance. Sometimes you should keep your hands off some ideas.” Gab er an und hatte dabei einen lockeren, leicht lachenden Ton. Alles an ihm wirkte plötzlich so… Joey konnte es nicht genau beschreiben. Der Mann vor ihm, dessen Wange leuchtend rot glühte, schaffte den Spagat zwischen einem professionellen, seriösen Auftreten und dieser leichten, flatterhaft charmanten Art eines Gigolos. Ja, genau das war es. Er sah diese Frau mit einem Blick an, als wäre jeder Gedanke, den er hegte, jede Geste, die er tat, jedes Wort, das er sprach, nur für sie gedacht.

Und es wirkte. Ihre distanzeierte Art bracht sofort und sie schenkte ihm ein sanftes Lächeln. Sie legte ihre Hand auf seinen Unterarm und meinte in seinem einfühlsamen Ton. “Some ideas are doomed to fail. If you want to avoid further inconvenience, I am always available for a conversation and a good cocktail.” Joey verstand nicht alles, aber er verstand eines. Der Kerl hatte gerade in weniger als einer Minute ein Date klar gemacht! “Thank you very much! What an exceptionally good offer. Maybe I'll come back to that later. Now I have a dinner date with a good old friend.”
 

Er legte wie nebenher seine Hand auf die ihre und schenkte ihr ein Lächeln, dass einfach jeden umhauen konnte. Joey stand da, als hätte ihm jemand einen Spaten über den Hinterkopf gezogen. Eben stotterte er sich noch einen ab, weil er dem Kerl reflexartig welche gescheuert hatte und nun machte er die vielleicht 35 jährige Frau so offensichtlich an, dass es doch jeder bemerken musste oder? Erschrocken zuckte er zusammen, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte und er drehte den Kopf ruckartig in diese Richtung. Kamil lächelte und sah ihn frech an. Leise flüster er ihm zu. “A gift. It’s an incredible gift. Seto has the ability to be so miserably charming from now on that everyone falls for him.” Joey blickte verwirrt in dieses ebenmäßige Gesicht und blinzelte. Er schien für einen Augenblick überfordert. “Why? I mean, it's so damn obvious.” Kam plötzlich von ihm und er versuchte dabei leise zu bleiben. Kurz floh sein Blick zurück zu den beiden, die beinahe wie alte Freunde miteinander sprachen. Sie hatte ihre Hand noch immer auf seinen Arm liegen und er seine auf der ihren. Sie hob die andere Hand und fuhr sanft über die gerötete Wange.

“Look at him! As if he was Prince Charming himself! She must notice that!” Beschwerte er sich und deutete unauffällig auf die beiden. Selbst die Hand auf seiner Schulter ignorierte er. Selbst das Kamil ihm so unendlich nah war, schien ihm nicht aufzufallen. “I find it interesting that you notice. Very few can see it. He's so perfect at it that even most viewers don't notice the trick. Congratulations.” Raunte ihm Kamil zu und Joey verengte die Augen. Er starrte die beiden an, sah dieses falsche Lächeln, diese gespielte Art und doch lief ihm eine Gänsehaut über den Rücken. Kaiba wirkte wie ein großer Tiger, der vorgab ein kleines Kätzchen zu sein, nur um im richtigen Moment grausam zuzuschlagen und seine Beute zu verschlingen. Das war doch so was von offensichtlich! “Don't fool me, everyone has to see it!” Gab er nun etwas ungehaltener von sich und die Dame verabschiedete sich von dem Brünetten.
 

“I'm really not kidding you. In this way he gets every woman and every man. I've never seen him fail with this. Not to mention that someone slapped him in the face.” Erklärte der Araber und Joey sah ihn anklagend an. Dass er jetzt verlegen sein müsste, überging er einfach. Ein gewisser Zorn hatte sich sogar in ihm angestaut und er meinte in einem barschen Ton. “1. It was his own fault. I warned him not to give me that shit. 2. I don't think so! It can't be that he gets everyone with it!” Er wirkte aufbrausend und sah dann aus seinen braunen Augen zu Kaiba, der zu ihnen getreten war und diese kleine Ansprache gehört hatte. Er lächelte mit diesem unglaublich himmlischen, sanften Lächeln, dass jeder Frau die Knie weich werden mussten. Für Joey hingegen erschien es noch schrecklicher, als dieser grausam gemeine Ausdruck, den er eher von dem Kerl kannte. “I agree with the first point. What is the second about?” Selbst seine Stimme hatte diesen sanften Ton und ein Schauer des Ekels lief über den Rücken des 19 Jährigen. “Stop it!” Fuhr dieser ihn nun an und in einem Moment der Verwunderung blickte Kaiba zu seinem alten Freund, um die Verbindung zu verstehen. Was war denn nun in den Blonden gefahren?

“He sees through your game, Seto. He said it had to be obvious and he can't understand why you just made a date in less than three sentences. Nor does he believe that this trick will always work.” Erklärte der Araber mit einem breiten Grinsen und nun sah der Firmenführer den Jüngsten im Bunde mit einem süffisanten Grinsen an. Er hatte wieder diesen Ausdruck, den Joey nicht mochte. In einem solchen Moment wirkte der Mann vor ihm mit den eisblauen Augen und den brünetten Haaren wie ein Raubtier, das hungrig seiner Beute lauerte, um im richtigen Moment gnadenlos zuzuschlagen. “Oh, but it works every time. I'll prove it to you later when we go out for a drink. And yes, you come with us! After this slap, you owe it to me!” Er hatte einen kalten Ton in der Stimme und Joey musste schlucken. Er wusste, dass Kaiba diesen Schlag gegen ihn ausspielen würde, wenn er sich jetzt noch gegen den Abend stellen würde. Doch seine Lust, sich dieses Spektakel anzusehen, war noch geringer. Er hatte kein Interesse an solchen Aktionen. Außerdem wollte er sich da raus halten. Er hatte Kaiba gesagt, dass er die Idee für eine dumme hielt. Wenn der Kerl dennoch mit einer anderen Frau schlafen wollte, musste er das alleine mit sich klären… und mit Viktoria!
 

Doch so leicht kam er aus der Aktion nicht raus. Er entkam ihr nicht einmal beim Essen, obwohl er sich Mühe gab. Es war ein überragendes Restaurant, dessen Eingang wie eine große, goldene Röhre wirkte, von welcher immer wieder Sitzgelegenheiten abzweigten. Folgte man dem Weg bis zum Schluss, kam man zum Herzstück des Raumes. Ein großes Aquarium stand in der Mitte, welches bis zur Decke reichte. Es wirkte wie eine gewaltige, große Säule, die sich in die Höhe zog. Drum herum waren die Tische verteilt und der Raum selbst war in einem dunklen Blau gehalten. Begeistert und abgelenkt musste Joey jedes Detail dieses unglaublichen Restaurants finden. Er konnte sich gar nicht sattsehen, an all den Kleinigkeiten und auch während des Essens waren seine honigbraunen Augen auf das große Glas gerichtet, hinter dem die Fische schwammen. Über was sich Seto und Kamil unterhielten, bekam er nur am Rande mit. Es ging um den heutigen Abend und dass sie trinken wollten. “So, I'm out. I don't drink alcohol anyway.” Kam plötzlich ganz unerwartet von Joey und er musterte einen großen Fisch, der in seinem blauen Schuppenkleid gelbe, leuchtende Punkte verbarg. Er achtete nicht auf die entsetzten Gesichter und erst, als ihm die Stille am Tisch auffiel, schaute er zu den beiden jungen Männern.

Seto starrte ihn mit großen Augen an und Kamil stand der Mund ein Stück weit offen. “You don't drink alcohol?” Fragte der Araber mit seinen braunen Augen und konnte es nicht fassen. Seine Stimme hatte einen entsetzten Ton und Joey konnte es kaum glauben. Es wirkte, als hätte er ihnen erzählt, dass er gerade eben jemanden umgebracht hätte, weil der Nachtisch zu wenig Schokolade besaß. Nun, wahrscheinlich wäre diese Aussage an diesem Tisch nicht mit so viel Entsetzen betrachtet worden. “You mean that you just don't drink certain alcohol?“ Fragte nun der brünette Firmenführer und hoffte, dass er eine andere Antwort bekam, als die, die er voller Furcht erwartete. “No, I really don't drink alcohol. No cocktails, no drinks, nothing like that.” Gab Joey nun an und die beiden Männer ließen ihren Blick von ihm zu dem jeweils anderen wandern, als wollten sie in dem vertrauten Gesicht lesen, dass sie sich nur verhört hatten. Mit einem seltsamen Grinsen meinte Joey dann noch einmal frech. “Not even a beer or a glass of sake.” Er wusste, dass er die beiden damit provozierte und mit einem Kopfschütteln, ignorierte er die plötzlich aufkommenden Fragen und Argumente, warum seine Entscheidung eine dumme wäre. Viel interessanter war das kleine Schokoladentörchen vor ihm, welches mit einem grünen Minzeblatt verziert war und als zusätzliche Dekoration eine platte dunkle, in warben gegossene Schokolade vorzeigen konnte.
 

Alles Klagen half ihm nicht. Er versuchte sich zwar aus der Sache heraus zu winden, doch schlussendlich bezahlte Kamil das Essen und beide Männer packten je nach einem Arm. “Oh no stop it!” Rief er noch und wurde von ihnen doch erbarmungslos mitgezogen. Die Argumente, dass es ihm sicher Spaß machen würde und dass er ja keine alkoholhaltigen Cocktails trinken musste, fanden bei ihm keinen Anklang. Schlussendlich ergab er sich den beiden und meinte, dass sie ihn los lassen könnten, er würde schon mitkommen. Doch auch da gaben sie ihn nicht frei und mit aller Mühe versuchte Joey nicht darüber nachzudenken, dass jetzt wohl jede Frau neidisch auf ihn wäre. Zwei solche Männer, die ihn fest an sich drückten und für die er zumindest in diesem Moment der Mittelpunkt ihrer Welt war. So ein Mist aber auch!
 

Obwohl er wirklich seine Meinung ändern musste. Hatte er erwartet, dass es in diesem gewaltigen Käfig an Attraktionen überirdischer Machtspielchen nichts weiter zu entdecken gab, so hatte er sich geirrt. Er starrte auf einen großen, von Licht hinterlegten Kreis, an dessen Rand „Gold on 27“ stand. Das sah nicht nach etwas aus, das er jemals in seinem Leben gesehen hätte. Das sah nicht einmal so aus, als wenn er sich vorstellen könnte, was es dahinter gab. Er fühlte sich wie ein kleines Kind, dass am Weihnachtsmorgen vorsichtig die ersten Schritte in den Raum der Träume setzte.

Gold! Es war überall. Sein Blick schweifte über den vergoldeten Boden und er fragte sich, ob es wirklich Marmor mit Gold gab, aber es war an den Wänden verarbeitet worden. Vorhänge aus glitzernden Fänden teilten die kleinen Sitzgruppen von einander ab und auch die Decke war von einem durchzogenen, gleichmäßigen Goldton. Seine Augen waren groß und rund. Er war so eingenommen von diesem Anblick, dass er nicht einmal den fragenden Blick der Frau am Eingang des Bar bemerkte, geschweige denn ihre gesamte Existenz. Er trat vorsichtig ein, hörte nicht, wie sie ihn ansprach und es war Kamil, der den blonden Mann rettete, indem er charmant erklärte, wer sie waren und was sie hier her geführt hatte.

Die Musik spielte gerade so laut, dass man sie gut hören konnte, aber nicht über sie hinweg schreien musste. Es war weniger zum Tanzen ausgelegt, als eher zum Trinken. Und wie man hier trinken konnte! Joey blieb einfach vor der Bar stehen und starrte mit offenem Mund auf die goldenen Regale. Hier im 27. Stockwerk des teuersten Gebäudes der Welt fand er Spirituosen, von denen er wusste, wie teuer sie waren. Doch weder die vergoldeten Stühle, noch die vielen kleinen, niedlichen Details auf dem Tresen konnten ihn so fangen. Er starrte den jungen Araber an, der in einer Leichtigkeit den goldenen Cocktailshakter durch die Luft tanzen ließ. Seine braunen Augen folgten dem Gefäß und er zuckte mit der rechten Hand.
 

Kamil und Kaiba waren abgeschrieben. Sie versuchten den Mann noch aufzuhalten, doch Joey war nicht mehr zu bremsen. Er setzte sich in Bewegung, bevor der Brünette nach seiner Schulter greifen konnte. Ohne zu fragen, ohne Rücksicht quetschte er sich zwischen zwei Damen, die in der vollen Reihe an der Bar saßen. Er hörte nicht, wie sie schimpfend zu ihm sahen. Sein Blick galt nur den Bewegungen und wie hypnotisiert folgte er jedem einzelnen Handgriff. Der junge Mann sah ihn verwundert und leicht fragend an, schwieg aber dennoch. Die Frau an Joeys Seite tat es nicht. Sie beschwerte sich und er hob einfach nur die rechte Hand, sah sie nicht einmal an. Sein Mund stand ein Stück offen und die linke zuckte, als der Barkeeper den Shaker mit der selben wieder auffing. Sie war offenbar eine Latina, schwarze, leicht gewellte Haare, die über ihren nackten Rücken fielen und dunkel, seidige Haut. Als ei ihn erneut ansprach, reagierte Joey gar nicht mehr. Er betrachtete auch nicht das hübsche Glas, welches mit einem Goldrand und einem kleinen Schirmchen den Weg zu der aufbrausenden Dame fand. Sein Blick ruhte nur auf den Händen des Mannes, der schon wieder nach dem nächten Glas griff und in die nächste Flasche heran zog. Die dunkelbraunen Augen beobachteten nun seinerseits Joeys Hände, die immer wieder zuckten, als reagierten sie auf einen Gedanken, eine Intuition.

“You're a bartender too, right?” Fragte er plötzlich mit einem vielsagenden Lächeln, als er den Shaker wieder durch die Luft tanzen ließ und mit einer solchen Sanftheit auffing, als wäre er niemals der Berührung dieser Finger entkommen. “Yes… yes… I am a bartender too…” Gab er nur halb anwesend von sich und dann verengten sich die Augen Joeys und er bekam einen konzentrierten Ausdruck. Er hatte die Phase des Schocks und der Überraschung überwunden und war nun an dem Punkt angekommen, an dem er jede Bewegung analysierte, um sie zu kopieren. Er beugte sich leicht vor und brachte damit den Araber zum Schmunzeln. Neben ihm standen noch zwei weitere Barkeeper hinter dem Tresen, die nicht ganz so begeistert davon waren. Sie bekamen nicht ganz mit, was da geschah, aber die zwei Frauen neben Joey waren nicht sonderlich zufrieden.
 

“How long have you been one?” Fragte er nun und trat einen Schritt zurück, um mehr Platz zu haben. “Ladies!” Wandte sich der junge Araber nun an die beiden etwas verstimmten Damen bot ihnen als Entschädigung eine ganz besonders atemberaubende Leistung. Sein Lächeln war sanft und verführerisch, seine Ausstrahlung beinahe göttlich. Die schwarzen Haare glänzten wie dunkle Seide, die Augen leuchteten und das schwarze Hemd welches er trug, schmiegte sich perfekt an seinen Körper, um freche Falten zu werfen, wenn er sich bewegte. All das bemerkte Joey nicht. Er beobachtete nur die Handgriffe, die wie ein Zauber wirkten. Für ihn gab es in diesem Moment nichts anderes mehr. Nur die sich in stetem Rhythmus bewegenden, nie stillstehenden Hände, die Zutaten mischten, Flaschen verschoben und Eiswürfel tanzen ließen. “Just under two years.” Antwortete er irgendwann, als er registrierte, dass er angesprochen wurde. “Are you good?” Fragte der vielleicht 35 Jahre alte Mann hinter dem Tresen und zum ersten Mal sah der blonde Zuschauer in das hübsche Gesicht. In einem so trockenen und ernsten Ton gab Joey von sich. “Compared to you, I'm a loser!“ Er erhielt dafür ein einfühlsames Lächeln und der Barkeeper schob der Frau links neben Joey einen Drink zu. “I've been doing this for over 15 years now.” Erklärte er und warf einen kurzen Blick auf den Zettel, welchen er vor sich liegen hatte. Eine neue Bestellung. Nun schien der Mann Joey erst recht beeindrucken zu wollen, den mit einem Mal kreiste auch die Flasche durch die Luft und voller begeistertem Respekt beobachtete, wie der Mann diese mit der anderen Hand wieder auffing und so sanft auf dem Tresen aufstellte, dass er ihr noch einen Schubs geben konnte, damit sie wieder auf die andere Seite hinüber glitt.
 

Wenn jemand das Wort „Maulaffenfeil“ beschreiben sollte, hätte in diesem Fall einfach ein Bild von Joseph Wheeler ausgereicht. Er starrte den Mann auf der anderen Seite einfach nur mit großen Augen und einem offenen Mund an. Er konnte nicht anders. Wie sollte man bei einem solch begnadeten Einsatz nicht wie der letzte Idiot gaffen und die Welt um sich herum vergessen? Die anderen um ihn herum begannen zu applaudieren, selbst Kamil und Seto hinter ihm waren nicht zu knickrig, was ihren Applaus anging. Nur Joey saß da und rührte sich nicht. Er blickte ihn einfach nur an und brauchte einen Moment, um sich wieder zu fassen. Mit einer Flasche hatte er das noch nie gemacht. Er hatte davon gehört, aber es noch nie so gesehen. Er war bisher immer davon ausgegangen, dass es ein reiner Mythos wäre.

Plötzlich sah ihn der Mann an, als wollte er etwas von ihm. Er hatte das Glas schon gefüllt und weiter gereicht. Nun musterten die dunklen Augen Joey und er fragte mit einer verheißungsvollen Stimme. “Can you dance?” Er brauchte einen Moment und dann musste er grinsen. “Not as good as you, but yeah I can dance.” Sein Grinsen wurde immer breiter, als wüsste er ganz genau, was dieser Mann meinte. Der Barkeeper griff derweil erneut nach einem Glas und dem Shaker. Es dauerte nur wenige Herzschläge und der goldene Mischbescher war wieder gefüllt. Der 35 Jährige ließ den Shaker in den bekannten, leichten Bewegungen vor sich in der Luft kreisen, während er sein Blick den von Joey gefangen hielt. Es war still geworden, die beiden sahen sich einfach nur an und die Luft schien zwischen ihnen zu brennen. Es war eine einfache Drehung seiner Hand. Der goldene Mischbecher flog so unerwartet über den Tresen, dass die beiden anderen Barkeeper erstaunt zusammen fuhren. Auch die Damen links und rechts neben Joey waren erschrocken. Nur der blonde junge Mann zuckte nicht einmal mit einer Augenbraue. Er trat in einer fliesenden Bewegung zurück und fing den Becher mit der linken Hand. Er folgte der Flugbahn und gab ihr einen kleinen anderen Winkel. Seine Hand wanderte elegant zurück hinter seinen Rücken und Kamil starrte ihn groß an. Das goldene Stück glänzte und flog in einem steilen Bogen hinter dem Rücken des Mannes in die Höhe und über die Schulter zurück. Mit der rechten Hand fing er diesen wieder und nur kurz waren die honigbraunen Augen zu dem wertvollen Objekt gewandert. Der Araber stellte ein langstieliges Glas auf den Tisch, in dem sich schon drei Eiswürfel befanden. Joey drehte den Shaker noch einmal und ließ ihn dann wieder in die linke Hand wandern, um ihn mit rechts aufzudrehen. Er ließ den Inhalt des Bechers sanft in das Glas fließen und stellte dann in einer einzigen, bestimmten, aber sanften Bewegung beide Teile neben das Glas auf den Tresen.

“It's nothing special. Just the usual stuff.” Erklärte er mit einer leichten angedeuteten Verbeugung und der Barkeeper tat es ihm gleich. Er hatte ein wissendes Lächeln und griff wieder nach den beiden Teilen des Shakers. “You should stay tuned. You have potential. Such a clean process without knowing the weight is really good.” Mit diesen Worten nahm er auch das Glas von Tresen und stellte es auf das Tablett, welches der Kellner schon ungeduldig bereit hielt. Joey wurde rot und musste sich verlegen mit der Hand über den Nacken fahren. “Thank you very much.” Murmelte er und kam so langsam wieder zu sich. Er hatte nicht erwartet, dass er so von dem anderen vereinnahmt, ja, regelrecht gefangen genommen wurde. Auch die Damen, die sich bis eben noch über ihn geärgert hatten, sahen ihn nun deutlich bewundernder an. “Keep training and come back in three years. We could use someone like you here. Handsome, kind and talented. That fits.” Nun war der Punkt erreicht, an dem Joey ihm nicht mehr in die Augen sehen konnte. Er lief noch etwas dunkler im Gesicht an und nuschelte vor sich hin.
 

Als er wieder aufsah, bemerkte er, wie sein Sichtfeld deutlich geringer geworden war. Zu beiden Seiten standen Kaiba und Kamil, die ihn mit einem fragenden und interessierten Blick musterten. “Do you know that you have to explain this to us?” Kam direkt von dem Araber und auch der Fremdenführer wirkte nicht weniger interessiert. Joey hingegen schluckte und wurde noch verlegener. Die Überlegenheit, die er eben bewiesen hatte, schien sich in einem absoluten Nichts aufzulösen. “Well, it's my job. I work as a bartender.” Gab er kleinlaut an und wusste, dass er dazu noch weit mehr Fragen beantworten musste. “Let's sit down first?” Fragte er und sah die beiden hoffungsvoll an. Zumindest entkam er so für einen Moment dieser Situation. Die beiden waren mit diesem Vorschlag einverstanden und Kamil schlug vor, den hinteren Bereich aufzusuchen. Es war voll und die Bar im 27. Stockwerk nicht überragend groß. Doch von hier aus war die Aussicht atemberaubend. Der Blick fiel durch die schrägen Fenster direkt ins Dunkel der Nacht und zeigte ein eindrucksvolles Bild der leuchtenden Stadt. Vorsichtig trat Joey an die Scheiben heran und ließ seinen Blick schweifen. So weit oben waren sie, dass die Lichter der Häuser wie kleine, funkelnde Steine wirkten. Es kam ihm beinahe so vor, als hätte jemand einen Eimer voll glitzernder Lichter umgeworfen und sie sie zu Füßen dieses Hotels ausgeschüttet. Es war ein wunderschöner Anblick.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Gwenya
2021-10-06T16:40:17+00:00 06.10.2021 18:40
Seufz. Kaum freut man sich, das ein neues Kapitel online ist da hat man es auch schon wieder zu Ende gelesen. :)
Bin gespannt wie es weiter geht und wünsche den beiden so sehr ein Happy End zusammen.
Antwort von:  Traumfaengero_-
06.10.2021 22:49
Herzlichen Dank, für diese lieben Worte, auch wenn sie sehr traurig sin. Ich versuche so gut es weiter geht zu schreiben, aber ich bin momentan froh, wenn ich es bis zum nächsten Monat schaffe. :)
Na ja, es wird gute Zeiten geben, nicht so gute Zeiten, schlechte Zeiten, dramatische Zeiten... O.o und ich bin ehrlich, mein Herz will ein Happy End, aber es ist eigentlich ein Drama. Bisher ist das Ende noch ungeschrieben, ich lasse mich also gerne von meinen Leserinnen und Lesern inspirieren. :)

Liebe Grüße
Traumfänger



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