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Die Wölfe 3 ~Der Pianist des Paten~

Teil III
von

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~Zickenkrieg~

Eilig laufe ich zu dem großen Wäscheberg am Boden vor meinem Bett und sammle die Klamotten ein. Drei Unterhosen, vier Hemden und eine Hose kommen zusammen. Zwei Schritte weiter verteilen sich etliche Socken kreuz und quer. Das Kissen meines Bettes liegt vor dem kleinen Nachttisch ebenso wie die Lampe, die ich im Eifer des Gefechtes beim Liebesspiel mit Toni umgestoßen habe. Die Bettdecke ist zurückgeschlagen und wirft etliche Falten. Im weißen Laken meine ich noch Spuren unserer Nummer zu sehen, also erhebe ich mich zügig und greife die Wäsche mit nur einer Hand, um die Decke über diese verräterischen Spuren zu schlagen.

Schritte bewegen sich durch den Raum. Judy sieht sich prüfend um und geht dabei zum Fenster.

„Tut mir leid, Ordnung liegt mir nicht!“, erkläre ich beschwichtigend und zupfe die Decke noch etwas weiter über die Matratze, dann hebe ich das Kissen vom Boden auf und werfe es an seinen Platz.

Judy sagt nichts zu all dem Chaos. Sie bleibt am Fensterbrett stehen und fährt mit der flachen Hand über das Holz. Dabei bleibt so viel Staub an ihrer Hand kleben, dass sie ihn abstreifen muss. Noch einmal wischt sie danach über die selbe Stelle, dann dreht sie sich nach mir um und setzt sich auf die vom Schmutz befreite Oberfläche. „Mit wie vielen Frauen warst du schon hier?“, will sie wissen und verschränkt die Arme vor der Brust. Ein Bein schlägt sie über das andere und betrachtet dabei ihre Füße.

Die Frage überrascht mich. Die Unordnung macht ihr nichts aus, aber darüber will sie Bescheid wissen? „Wie kommst du denn jetzt darauf?“, stelle ich eine Gegenfrage.

„Nun, du wohnst neben einem Bordell und man hört so einiges über dich.“

Ob sie wohl die Sache mit der Prostituierten meint, die ich flachlegen musste, um Erik und Vincent zu überzeugen nicht schwul zu sein? Das hat sich schon bis zu ihr herumgesprochen? Ich seufze und werfe die Schmutzwäsche in einen Korb, der neben meinem Nachttisch steht. Ihm fehlen schon einige der Stäbe und aus dem Boden ist eine Ecke weggebrochen. Den sollte ich mal austauschen, nehme ich mir vor und vergesse es im selben Moment auch wieder, liegt doch auf den kaputten Stellen nun die Schmutzwäsche.

„Wenn es dich beruhigt, du bist die erste Frau, die ich mit auf mein Zimmer genommen habe.“ Das ist nicht mal gelogen. Selbst Annette darf mein Zimmer nicht betreten. Wenn sie es dürfte, würde es hier sicher deutlich besser aussehen, doch dann findet sie vielleicht Dinge, die sie nicht zu Gesicht bekommen soll. Wie die Dose mit Vaseline, die halb unter das Bett gerollt ist. Als ich sie entdecke, trete ich sie unauffällig ganz darunter.

Meine Antwort scheint Judy zu gefallen, denn sie lächelt schwach, während sie sich weiter umsieht. Neben einem Kleiderschrank, dessen Schubladen und die rechte Schranktür offen steht, gibt es keine weiteren Möbel. Auch im Schrank liegen meine Klamotten kreuz und quer durcheinander. Aus der Schublade quillen meine Unterhosen heraus. Als ich mich hier angezogen habe, war ich so in Eile, dass ich alles offen stehen gelassen habe.

„Ich denke…“, beginnt Judy und lässt ihren Blick noch einmal durch das Zimmer schweifen, „… vorerst bleibe ich bei meiner Schwester wohnen.“

Überrascht betrachte ich sie. Ihre Worte erleichtern mich so sehr, wie sie mich auch wurmen.

„Wenn du unser Zusammenleben anständig geplant hast und dein Leben in geregelten Bahnen verläuft, dann darfst du vielleicht deine zukünftige Frau zu dir holen“, bestimmt sie.

Ich betrachte sie einen Moment mit erhobener Augenbraue. Sie hat echt Ansprüche und seltsamerweise, verspüre ich nach ihren Worten tatsächlich den Drang, meine Angelegenheiten so weit zu regeln, dass sie hier einziehen kann. Irgendwie seltsam. Bei Toni war mir das Chaos immer völlig egal, auch wenn es ihn genauso stört, dass ich keine Ordnung halten kann und er sich ständig darüber beschwert, dass man mein Zimmer nicht gefahrlos betreten kann.

Judy senkt den Blick, sie wippt mit den Beinen und betrachtet dabei ihre Schuhe. „Auch wenn mir ein Haus ehrlich gesagt lieber wäre.“

Ich will ihr gerade antworten, dass die Fabrik teuer genug gewesen ist und ich ganz sicher nicht noch ein Haus bauen werde, als es an meiner Zimmertür klopft.

Noch bevor ich dazu komme, den Besuch herein zu bitten, öffnet sich bereits die Tür. Anette ist es, die eintritt und sich suchend nach mir umsieht. „Enrico, wir brauchen ganz dringend eine…“, beginnt sie zu sprechen, bis ihr Blick an Judy hängen bleibt. Mitten im Satz unterbricht sie sich und bleibt wie angewurzelt stehen.

Auch Judy versteinert einen Moment lang, dann richtet sich ihr vorwurfsvoller Blick auf mich. „So viel dazu, dass keine anderen Frauen in dein Zimmer kommen!“, beschwert sie sich.

Ich rolle mit den Augen, während ich mich verteidige: „Das ist nur Anette, unsere Putzfrau!“

Judy betrachtet Anette noch einmal von oben bis unten, dann schweift ihr Blick im Raum umher, bis er wieder bei unserer Putzfrau hängen bleibt. „Ach wirklich? Die sollten wir entlassen!“ Judy fährt mit dem Zeigefinger durch den Staub auf der Seite des Fensterbrettes, den sie nicht weggewischt hat. Demonstrativ malt sie etwas in ihn hinein. „Hier braucht man nicht mal einen weißen Handschuh, um zu erkennen, das seit Wochen nicht sauber gemacht wurde!“

Anette plustert die Backen auf und stemmt die Arme in die Seiten. „Wer ist die blöde Kuh?“, will sie wissen.

Wenn ich nicht will, dass sie Judy gleich an die Gurgel springt, muss ich hier wohl etwas klarstellen, so erkläre ich: „Für Anette ist mein Zimmer tabu! Wenn sie hier aufräumt, finde ich nichts wieder.“

Judy sieht sich ungläubig um. „Du wirst in diesem Chaos hier wirklich fündig?“, fragt sie mehr sich selbst, als mich.

Ich vermeide es ihr eine Antwort zu geben. Den wahren Grund für diese Regel muss Judy nicht wissen. Dafür bin ich Anette noch eine Antwort schuldig, also wende ich mich ihr zu, während ich auf Judy deute. „Das ist meine Verlobte. Judy Longhard. Sie wollte sehen wie ich wohne.“

Anette sieht zwischen mir und Judy hin und her, dann bekommt sie ein breites Grinsen im Gesicht, das weiter und weiter wächst, bis sie schließlich laut lachen muss. „Du willst den da heiraten? Ernsthaft?“

Judys Blick wird daraufhin finster! Sie starrt Anette so lange böse an, bis diese aufhört zu lachen.

Der Blick meiner Kindheitsfreundin richtet sich wieder auf mich. „Das ist ein Scherz, oder?“

„Nein!“, erwidere ich ernst.

Nun werden auch Anettes Gesichtszüge ernst. Ihre Augen fahren Judy von oben bis unten ab, dann richten sie sich wieder auf mich aus. „Du kannst doch was Besseres finden!“

„Bitte was?“, echauffiert Judy sich und rutscht vom Fensterbrett. Energisch macht sie einen Schritt auf Anette zu.

„Hast du was an den Ohren, oder willst du dir das nur nicht von einer Putzfrau sagen lassen?“, fragt Anette.

„Du bist auf jeden Fall entlassen!“, keift Judy.

Anette hebt stolz den Kopf und verschränkt die Arme vor der Brust. „Ich bin ein Mitglied der Wölfe und du hast hier gar nichts zu sagen, stimmts Enrico!“

„Ich bin die Verlobte des Chefs und ob ich was zu sagen habe. Los mach ihr das gefälligst begreiflich, Enrico!“

Ich schaue zwischen den beiden Frauen hin und her und murre dann in mich hinein: „Oh man…“ Ich ahne bereits, dass das nicht der letzte Streit der Beiden gewesen sein wird und ich dann erneut zwischen die Fronten geraten werde. „Keiner wird hier entlassen, Ohne Anette wären wir längst im Chaos und unserer Dreckwäsche erstickt“, richte ich mich erst an Judy. Ohne meiner Verlobten eine Chance zu lassen, etwas dazu zu sagen, belehre ich auch Anette: „Und ob es dir passt oder nicht, Judy wird nun sicher oft unser Gast sein, also gewöhne dich an sie.“

Keine der beiden Frauen scheint mit meinen Worten zufrieden zu sein. Während Judy den Kopf stolz erhebt und zur Seite weg schaut, dreht Anette sich um und verlässt mein Zimmer. „Ach, ist mir eigentlich auch egal! Du musst mit ihr klar kommen. Ich habe Antonio“, sagt sie lediglich und wirft die Tür nach sich zu.

Finster ziehe ich die Augenbrauen in die Gesichtsmitte und brumme dunkel in mich hinein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Brooky
2024-04-01T07:20:21+00:00 01.04.2024 09:20
Oh man. Ich mag das Kapitel nicht. Sowohl Judy als auch Annette reagieren über, wobei es vor allem Judy Schuld ist, dass das eskaliert. Annette ist noch nicht Mal ins Zimmer rein gekommen, sondern stand lediglich an der Türe. Sie ist echt ganz schön eifersüchtig. Ich hoffe einfach Mal, dass sie das mit Tony dann nie rauskriegt und wenn doch, dass sie dann etwas reifer geworden ist. Schließlich heiraten die beiden ja nicht aus Liebe, sondern weil Judy schwanger ist und sie, wenn das rauskäme, von der Gesellschaft geächtet würde. Und das haben sie auch klar gestellt. So gesehen hat Judy also auch eigentlich gar keine Ansprüche auf Enrico, bis auf die Tatsache, dass sie sich beide um das Kind kümmern und diesem ein gutes Zuhause bieten müssen.
Antwort von:  Enrico
01.04.2024 09:23
Ja Judy zeigt sich hier nicht von ihrer besten Seite. Sie ist eben eine verwöhnte Tochter aus reichem Hause die es gewohnt ist Dienstpersonal herumzuscheuchen, wenn es welches gibt. Und Anette fiel dummerweise in diese Kategorie nach Enricos Erklärung und jab sie ist extrem eifersüchtig. Was das Problem mit Toni und Enrico nicht einfacher machen wird.


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