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Einsamkeit

von

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Der Kuss

Severus war einigermaßen überrascht als Narzissa Mafoy am nächsten Morgen mit einem Koffer in der Hand auf dem Schlossgelände auftauchte. Als er heute früh erwacht war hatte er zunächst gedacht, dass er im Alkoholrausch alles nur geträumt habe. Doch es war real. Narzissa kam zu ihm und umarmte ihn freundlich. Er zeigte ihr ein freies Gästezimmer im Schloss. Er wollte sie nur ungern irgendwo bei sich in den Kerkern einquartieren.
 

Anschließend ging er wieder ins Schulleiterbüro, um sich weiter an seinen Papierstapeln abzuarbeiten. Er merkte dabei nicht wie die zeit verging, denn als die Tür zum Büro aufging und Narzissa eintrat sah er sie zunächst überrascht an.
 

„Hast du mich nicht erwartet?“, fragte sie.
 

„Ich dachte, du würdest dich noch einrichten.“, sagte Severus ohne von der Pergamentrollte auf seinem Schreibtisch aufzusehen.
 

„Oh, ich komme mit Wenig aus. Bei den Blacks hat man uns schon immer sehr spartanisch erzogen.“, antwortete sie.
 

„Hätte ich nicht gedacht.“, sagte Severus.
 

„Ich bin weder meine Schwester noch mein Cousin.“, entgegnete Narzissa und ließ sich auf dem Sessel vor dem Kamin nieder. Sie sah sich um. „Machst du das den ganzen Tag?“
 

„So ziemlich. Es ist wie verhext. Ich arbeite den ganzen Tag Papierstapel ab und am nächsten Morgen steht da ein Neuer.“, antwortete Severus nicht ohne Ironie in der Stimme.
 

Narzissa lächelte sanft. Sie überschlug die Beine und sah ihn an. Severus merkte wie unruhig er wurde, während sie ihn beobachtete. Als er sich gar nicht mehr konzentrieren konnte legte er die Feder weg und ging hinüber zu Narzissa. Er setzte sich neben sie.
 

„Also schön.“, sagte Severus. „Kann ich etwas für dich tun?“
 

„Du könntest mich in den Arm nehmen.“, sagte Narzissa ungerührt, doch Severus sah sie ungläubig an. „Fühlst du dich nicht auch manchmal so leer? So vergessen?“
 

„Ja.“, gestand Severus zu seiner eigenen Überraschung. „Weißt du, es hat mich mitgenommen. All das. Als du letzte Mal hier warst, da dachte ich … nun, ich dachte ich kann deinen Schmerz verstehen.“
 

„Draco war alles, was ich hatte – und dieser elende Krieg hat ihn mir genommen. Warum musste ich überleben und er nicht?“, fragte Narzissa und Severus konnte sehen wie diese unglaubliche Traurigkeit wieder in ihr Gesicht zurückkehrte.
 

„Ich habe auch Menschen verloren.“, sagte Severus. „Es gibt keinen Grund. Sie starben einfach.“
 

„Wen hast du verloren?“, fragte Narzissa.
 

„Das ist schon zu lange her als ob es noch eine Bedeutung hätte.“, sagte Severus.
 

„Du hast den Schmerz verdrängt.“
 

„Nein, der Schmerz ist noch in mir. Ich muss jeden Tag mit ihm leben. Ich habe akzeptiert, dass es weh tut.“, antwortete Severus.
 

„Wie?“, fragte Narzissa.
 

„In dem ich mir Hoffnung machte, dass ich sie eines Tages wiedersehe, aber vermutlich ist das albernes Geschwätz.“, entgegnete Severus düster.
 

„Wer war sie?“, fragte Narzissa.
 

„Das ist egal.“, sagte Severus.
 

„Aber du empfindest noch immer etwas.“
 

Severus verdammte sich selbst. Er hätte die Klappe halten sollen! Tief atmend erhob er sich, stecke die Hände in Taschen seine Robe und sah aus dem Fenster. Severus kämpfte mit sich und fühlte den dicken Kloß in seinem Hals.
 

Er spürte wie Narzissa ihre Hand auf seine Schulter legte.
 

„Du musst nicht darüber sprechen. Es tut mir leid.“, sagte sie.
 

„Nein.“, antwortete er mit ungewöhnlich schwacher Stimme. „Schon okay. Außerdem ist das alles verdammt lange her.“
 

Narzissa legte ihren Kopf an seine Schulter. Wieder fühlte Severus sich seltsam, weil sie ihn so berührte. Es überforderte ihn. Diese ganzen menschlichen Dinge. Severus wndte sich Narzissa zu und legte seine Arme um sie. Dabei roch er zum ersten Mal bewusst den Duft ihrer Haare. Warum fiel ihm das gerade jetzt auf?
 

Sie standen da, mitten im Lehrerzimmer sanft aneinander gelehnt.
 

Das ist so seltsam, dachte Severus immer wieder. Warum hatte er diese Gefühle? Lag es wirklich nur an ihrem gemeinsamen Schmerz? Er hatte nie mehr als Freundschaft für sie empfunden und jetzt war er so verwirrt und wusste nicht mehr wie er das alles einordnen sollte.
 

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Nach dem Gespräch im Lehrerzimmer war Narzissa verschwunden. Sie wusste, dass sie Severus verletzt hatte als sie so ausgefragt hatte. Also ging sie zurück in ihr Gästezimmer. Sie wusste bis dato gar nicht, dass es so was in Hogwarts überhaupt gab. Der Raum war ähnlich den Quartieren der Lehrer. Mit einem Wohnbereich, einem Schlafzimmer und einem kleinen Bad.
 

Narzissa lag auf der Couch vor dem Kamin und hatte die Beine hochgelegt als plötzlich das laute Knallen eines Apparierzaubers erklang. Sie schreckte hoch und sah einen Hauselfen, der sich tief vor ihr verbeugte.
 

„Madam, der Schulleiter lässt fragen, ob Sie das Abendessen mit ihm einnehmen möchten?“, fragte der Elf mit hoher Piepstimme.
 

Narzissa hatte gar nicht an so etwas gedacht, da sie glaubte, sie hätte Severus in Verlegenheit gebracht.
 

„Natürlich.“, sagte sie zu dem Elfen. Mit einem erneuten Knall verschwand er.
 

Es dauerte vielleicht eine halbe Stunde ehe es an ihrer Tür klopfte. Nazissa öffnete und erblickte Severus. Er sah ganz seltsam aus ohne seine Robe und nur in einem schwarzen Pullover, aus dem sein weißes Hemd herausragte.
 

„Also, wollen wir? Das Abendbrot habe ich in den Kerker bringen lassen. Die Große Halle ist schließlich immer noch ein Trümmerfeld.“, sagte er und reichte ihr seinen Arm.
 

Sie wunderte sich über seine Manieren. Ohne jedoch weiter darauf einzugehen ergriff sie seinen Arm und ging mit ihr hinunter in den Kerker.
 

„Ich wollte mich entschuldigen.“, sagte Narzissa kurz bevor sie da waren. „Ich hätte nicht so aufdringlich sein sollen.“
 

„Keine Entschuldigung nötig.“, entgegnete er ihr. „Ich bin ein Esel und zwar ein verdammt langsamer.“
 

Severus öffnete die Tür zu seinem Quartier. Auf dem Tisch im Wohnzimmer stand das Abendessen mit silbernen Tellern und Gläsern. Es gab Steak und Würstchen und Nachtisch. Alles, was es sonst in der großen Halle auch gab, nur in einem viel kleineren Maßstab.
 

Sie setzten sich und begannen zu essen. Severus war anständig-höflich. Eine Seite an ihm, die wohl nur die Wenigsten zu Gesicht bekamen. Nachdem er den ersten Bissen seines Steaks heruntergeschluckt hatte wandte er sich an sie.
 

„Weißt du, ich glaube, ich weiß jetzt, was du von mir willst.“, sagte er und faltete die Hände. „Du willst weit mehr als nur eine Umarmung.“
 

Narzissa schenkte ihm ein Lächeln. Warum war dieser Mann nur so begriffsstutzig? Das hatte sie ihm doch schon am Abend im Anwesen erklärt!
 

„Wie du schon sagtest, ich bin langsam.“, fügte Severus hinzu. „Die Wahrheit ist , ich will das auch. Du bist immer noch eine gute Freundin und ich weiß nicht, warum ich plötzlich diese Gefühle für dich entwickle.“
 

„Aber ich weiß es.“, entgegnete Narzissa. „Wir sind beide viel verletzlicher als wir aussehen. Du bist einsam, genau wie ich. Und wir beide haben jemanden verloren, der uns sehr nahe stand.“
 

„Wow.“, machte Severus leise. „Du hättest Psychologin werden sollen.“
 

„Dazu brauch ich keinen Seelenklempner. Das ist Intuition.“, sagte Narzissa.
 

„Und was ist mit Lucius?“, fragte Severus.
 

„Was hast du nur immer mit meinem Mann?“, fragte Narzissa ungehalten.
 

„Früher oder später wird er es herausfinden.“
 

„Und wenn schon!“, sagte Narzissa. „Er hat seit Dracos Tod nichts anderes gemacht als mich zu ignorieren und sich zu verkriechen. Ich weiß, du denkst, du handelst gegen deinen besten Freund, wenn du Zeit mit mir verbringst. Das es unangemessen ist und so weiter.“
 

„Ich bin nicht gut in solchen zwischenmenschlichen Einschätzungen.“, gab Severus zu. „Ich will nur nicht, dass du wegen mir Probleme bekommst.“
 

„Mach dir um meinen Mann keine Sorgen.“, antwortete Narzissa.
 

„Wenn du das sagst.“
 

Sie konnte den Zweifel in Severus' Stimme hören. Er glaubte vermutlich nicht, dass das gut enden würde. Sie mochte Severus, aber er war ein beinahe grenzenloser Pessimist.
 

Nach dem Abendessen begleitete er sie zurück zu ihrem Zimmer. Als sie in der Tür stand drehte sie sich noch einmal zu Seveus um und gab ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. Sie konnte sehen wie er steif wurde, während sein Gehirn verarbeitete, was sie gerade getan hatte.
 

„Gute Nacht.“, sagte sie zu ihm und verschwand endgültig durch die Tür.
 

Severus stand noch mindestens eine Minute im Flur. Er war wirklich langsam.



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