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Umwege einer Liebe

von

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Beziehungsstreit

Sonntag, 27.05.
 

Es war kurz vor Mittag, als er wieder in seinem Zimmer war, weil er vor dem MRT so lange hatte warten müssen. Der Morgen war ereignislos verlaufen. Die Visite hatte ihn untersucht und da seine Kopf- und Nackenschmerzen weg waren, machten sie sich keine großen Sorgen, dass noch etwas kommen würde, aber das MRT wollten sie zur Vorsicht trotzdem machen. Wegen eines schweren Autounfalls musste er allerdings eineinhalb Stunden warten, bis er überhaupt dran kam, da die anderen verständlicherweise Vorrang hatten. Immerhin hatte es da Zeitungen und Zeitschriften im Wartebereich gegeben, mit denen er die Zeit hatte totschlagen können.

Jetzt schob ihn ein Pfleger wieder zurück in sein Zimmer – er musste im Rollstuhl sitzen, falls doch was war – und entdeckte Oikawa, Matsukawa und Hanamaki, die an seinem leeren Bett saßen und auf ihn warteten.

„Iwaizumi! Da bist du ja! Wie geht es dir?“, wollte Hanamaki sofort wissen und er kletterte auf das weiche Bett und deckte sich zu, da er seine Anzughose nicht angezogen hatte und ihm kalt war.

„Gut soweit. Die Schmerzen haben nachgelassen und ich muss jetzt noch die Auswertung der MRT Aufnahmen abwarten, die sie eben gemacht haben.“

„Mensch, was machst du denn auch? Dir ist echt einer hinten reingefahren?“, hakte Matsukawa nach und Iwa nickte nur seufzend.

„Ja. Er hat wohl den Wagen übersehen und wollte die Straße viel zu schnell runter brettern und da krachte es auch schon.“

„Verdammte Scheiße! Das hätte echt übel ausgehen können! Gott sei Dank scheinst du Glück gehabt zu haben“, murmelte Mattsun und Makki nickte neben ihm.

„Ja, das hatte ich wohl wirklich. Da er erst kurz vorher in die Straße eingebogen war, hatte er noch nicht so viel beschleunigen können. Aber mal ernsthaft: Wer übersieht denn die roten Rücklichter!?“

„Keine Ahnung … Aber Hauptsache, dir geht es soweit gut! Das ist das wichtigste!“, meldete sich Oikawa zu Wort und er nickte ihm lächelnd zu.

„Ja, du weißt doch, dass mich so schnell nichts umhaut.“

„Na zum Glück!“

„Aber sagt mal, wie war denn noch euer Abend? War es so schön, wie ihr euch das vorgestellt habt?“, wollte Iwaizumi wissen und lenkte vom Thema ab, weil er keine Lust hatte, weiter darüber zu reden. War schon beschissen genug, dass sie ihn hier im Krankenhaus besuchen mussten.

Lächelnd beobachtete er, wie sich die zwei frisch Verlobten anlächelten und Taka erwiderte: „Ja, das war es. Danke nochmal, dass ihr uns beiden bei den Geschenken und Vorbereitungen geholfen habt. Es war der perfekte Tag, den wir uns für einen Antrag immer gewünscht haben. Wir haben auch schon den anderen geschrieben. Das werden wir nie vergessen und Komi hat den Antrag sogar gefilmt, sodass wir immer eine tolle Erinnerung daran haben werden. Wir möchten euch allerdings auch noch etwas sagen.“

„Noch was?“ Irritiert hob der Setter die Augenbraue und Matsukawa übernahm das Wort: „Ja. Wir haben beschlossen, nach westlichem Vorbild zu heiraten. Und Toru? Ich hätte dich gern als meinen Trauzeugen.“

„Und ich möchte dich als meinen Trauzeugen, Hajime.“

Oikawa und er tauschten einen Blick aus und fingen breit an zu grinsen, als sie im Chor erwiderten: „Na klar! Da sind wir dabei!“

Die Vier umarmten sich und lachten glücklich, als die anderen beiden Patienten – ältere Herren – zurück ins Zimmer gebracht wurden. Sie räusperten sich, da sie leiser sein sollten und konnten das Grinsen dennoch nicht lassen.

Iwa freute sich so sehr, dass die Zwei heirateten und dass der Antrag so schön war, wie sie es sich vorgestellt hatten.
 

Zu seiner Überraschung tauchte der behandelnde Arzt bereits nach einer Stunde, in der sie sich noch über verschiedene Dinge unterhalten hatten, bei ihnen im Zimmer auf und schritt auf ihn zu, während sie noch ins Gespräch vertieft waren.

„Herr Iwaizumi?“

„Ja?“

Aufgeregt wandte er sich um und schaute ihn nervös an.

„Konnten Sie sich die MRT Bilder bereits anschauen?“

Er hielt beinahe die Luft an, als der Doktor nickte und seine Freunde sahen so angespannt aus, wie er sich fühlte. Hoffentlich war alles in Ordnung. Sonst wüsste er nicht, wie er reagieren würde. Er wollte zurück nach Hause in sein Bett! Und zum Volleyballtraining, weil sie am Mittwoch ein wichtiges Spiel hatten. Er wollte doch das erste Mal seit langem wieder gemeinsam mit Toru auf dem Platz stehen und spielen.

„Es ist absolut alles in Ordnung. Die Schwester macht bereits die Papiere fertig, damit Sie entlassen werden können.“

„Gott sei Dank!“, rief Oikawa neben ihm und die anderen sahen genauso erleichtert aus, wie er aussehen musste. Es war alles gut. Kein Grund zur Sorge. Zum Glück!

„Kann ich heute Nachmittag zum Volleyballtraining?“, fragte er noch rasch, bevor der Arzt wieder weg war und dieser nickte zögernd.

„Übertreiben Sie es nicht beim Training und hören Sie sofort auf, sollte irgendetwas sein und kommen Sie zurück.“

„Verstanden. Vielen Dank, Doktor!“

Der Arzt verschwand lächelnd aus dem Raum und schloss die Tür hinter sich.

Erleichtert ließ er sich von jedem einmal umarmen und Oikawa gab ihm saubere Klamotten, die er ihm mitgebracht hatte.

Damit betrat er das kleine Bad und duschte sich kurz. Er konnte nachher zum Training und Mittwoch das erste Mal seit Wochen mit seinem besten Freund auf einem Spielfeld stehen und spielen.

Ein Grinsen stahl sich auf seine Lippen, als er sich im Spiegel betrachtete und glücklich summend verließ er das Badezimmer und gemeinsam mit seinen Freunden holte er seine Entlassungspapiere ab und konnte das Krankenhaus endlich wieder verlassen.
 

„Hey, da seid ihr ja endlich! Warum seid ihr so spät?“, bellte der Trainer und Iwaizumi antwortete ruhig: „Verzeihung, aber die Jungs waren so nett, mich aus dem Krankenhaus abzuholen. Und danach musste ich noch zur Polizei, Anzeige erstatten und eine Aussage machen.“

„Krankenhaus? Polizei?“, echote der Coach und seine harte Miene wurde weich und besorgt. Auch die anderen schauten ihn mit großen Augen an. Immerhin hatten sie sich gestern noch verabschiedet und es war alles gut gewesen.

„Was war los?“

Es war Akaashi, der ihn fragte und in knappen Sätzen berichtete Iwaizumi, was passiert war und er musste dem Trainer hoch und heilig versprechen, dass er sich beim kleinsten Wehwehchen sofort melden würde.

„Heilige Scheiße, Bro! Bist du sicher, dass du fit bist?“, wollte Bokuto wissen und er nickte.

„Ja, macht euch keinen Kopf. Ich werde aufpassen.“

„Krasse Geschichte. Und das an so einem Tag …“, murmelte Inouka neben ihm.

„Ja, erst dieser perfekte Antrag und dann geht der Tag von 100 auf 0 so den Bach runter. Das ist doch scheiße!“, beschwerte sich Hayato, während er den Ballwagen holte.

„Ihr sagt es. Aber ich bin fit und bereit, euch zu zeigen, wie gut ich in Form bin! Also fangen wir an!“, forderte Iwaizumi motiviert und er wärmte sich mit seinen drei Freunden auf, während der Rest die beiden Netze vorbereitete.
 

Sie trainierten den ganzen Nachmittag bis in den Abend hinein und Iwaizumi ging es hervorragend. Er genoss das Training noch mehr als sonst und freute sich einfach, dass alles gut gegangen war. Ihm war bewusst, dass da mehr als ein Schutzengel im Spiel gewesen sein musste und er war unglaublich dankbar dafür. Dennoch achtete er auf seinen Körper und ließ es ruhiger als sonst angehen. Er musste ja sein Glück nicht derart herausfordern.

In der Umkleide waren der Antrag und der Unfall das Gesprächsthema Nummer eins und die Drei mussten eine Menge Fragen beantworten, als sie nach einer gefühlten Ewigkeit lachend die Halle verließen und er erstarrte, während er Kaori mit verschränkten Armen entdeckte.

Oh shit, er hatte sich seit der Verabschiedung gestern gar nicht mehr bei ihr gemeldet. Er hatte sie einfach … vergessen. Fuck! Wie konnte er seine Freundin vergessen!?

„Hajime! Was ist los!? Warum reagierst du nicht auf meine Nachrichten? Ich habe mir den ganzen Tag Sorgen gemacht! Und du kommst hier gut gelaunt und lachend aus der Halle, als wäre nichts?“

Hinata lief nach vorn und wollte gerade etwas sagen, als Kageyama ihm gerade noch den Mund zuhalten konnte und ihm etwas ins Ohr zischte.

„Es tut mir leid. Ich bringe dich nach Hause und erkläre es dir, ja?“

„Auf die Erklärung bin ich gespannt“, erwiderte sie zickig und Iwaizumi verabschiedete sich knapp von den anderen, um dann mit Kaori loszugehen.

Wie sollte er ihr das erklären? Er hatte sie zwischenzeitlich einfach … vergessen. Was war er eigentlich für ein Freund, dass er sich in so einer Situation nicht bei ihr meldete? Welcher Mann vergaß denn bitteschön seine Freundin, wenn er gerade in einen Autounfall verwickelt war?

„Also. Was ist los, Hajime? So kenne ich dich gar nicht …“

„Kaori, es tut mir unendlich leid, dass ich mich nicht gemeldet habe. Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren war, aber gestern Abend war ich noch in einen Autounfall verwickelt.“

„Du warst was!?“, rief sie beinahe panisch und blieb erschrocken stehen.

„Ein anderes Auto hat mich übersehen, als ich den Wagen zurückfahren wollte und ist hinten reingefahren. Um eine schwere Gehirnerschütterung ausschließen zu können, musste ich die Nacht im Krankenhaus verbringen und heute Mittag bin ich von da aus direkt zur Polizei, um Anzeige zu erstatten und dann zum Training, weil zum Glück alles in Ordnung ist. Das ging alles ziemlich schnell.“

„Du warst sogar im Krankenhaus??? Aber warum … Warum hast du dich nicht gemeldet? Ich wäre doch für dich da gewesen!“

„Ich weiß, dass du sofort gekommen wärst … Ich … Ich weiß nicht, warum ich mich nicht gemeldet habe“, murmelte er ehrlich und schaute auf den Boden. Im Augenwinkel sah er, wie sie verständnislos ihren Kopf schüttelte.

„Aber Oikawa war bestimmt da, oder? Natürlich war er das als bester Freund! Da muss man seine Freundin ja nicht informieren! Reicht ja, wenn sich einer kümmert!“

„Kaori, ich kenne ihn seit der Grundschule! Natürlich ist er der erste, der so etwas erfährt! Das hat nichts mit dir zu tun!“

„Ja, aber warum erfahre ich das dann nicht als Zweites? Vertraust du mir nicht? Soll ich dich nicht sehen, wenn es dir schlecht geht?“

Iwaizumi seufzte frustriert und spürte gerade diese Distanz zwischen ihnen. Es war ätzend. So schnell hatte er nicht mit ihrem ersten Streit gerechnet, aber er konnte es ihr nicht einmal übel nehmen. Ihm war ja selbst nicht klar, warum er sich nicht bei ihr gemeldet hatte. Toru hatte in dem Moment einfach gereicht. Mit ihm war es so einfach, weil sie sich schon so lange kannten. Über jemand anderen hatte er sich gar keine Gedanken gemacht. Liebte er sie dann überhaupt, wenn er in so einer entscheidenden Situation nicht mal richtig an sie dachte?

„So ein Blödsinn! Natürlich vertraue ich dir!“

„Ja, das merke ich“, meinte sie bitter und setzte sich wieder in Bewegung.

„Kaori, es tut mir wirklich leid, dass ich mich nicht bei dir gemeldet habe. Ich kann dir nicht erklären, warum ich das nicht getan habe. Aber nichtsdestotrotz liebe ich dich.“

Er folgte ihr und spürte, wie sie unter Strom stand. Ihre Muskeln bewegten sich unaufhörlich unter der Haut und er war nicht sicher, ob sie sich nicht einfach plötzlich umdrehte und er dann eine Faust im Gesicht hatte.

„Hajime, ich liebe dich auch. Deswegen bin ich ja noch mal zur Sporthalle gelaufen, weil ich mir Sorgen gemacht habe, weil ich den ganzen Tag nichts von dir gehört habe. Aber ich verstehe einfach nicht, warum du dich nicht gemeldet hast, wenn du einen Unfall hattest.“

Als er nichts darauf erwiderte, weil er einfach nicht wusste, was er dazu sagen sollte, seufzte sie genervt und sagte entschieden: „Entschuldige, aber ich finde den Weg nach Hause allein. Ich muss nachdenken …“

„Kaori!“

Sie ignorierte ihn und schritt weiter, während er immer langsamer wurde. Was für eine scheiße! Warum hatte er sich denn auch nicht gemeldet? Er liebte sie doch!
 

Zuhause angekommen, pfefferte er seine Sporttasche frustriert in eine Ecke und verschwand direkt in seinem Zimmer. Seine Freunde, die er im Wohnzimmer im Augenwinkel gesehen hatte, ließen ihn in Ruhe, wofür er sehr dankbar war und er griff seine Kopfhörer, hörte laut Musik und trainierte auf dem Fahrrad. Normalerweise nutzte er es, wenn es draußen regnete, um fit zu bleiben, doch um Stress abzubauen, war es genauso gut geeignet.

Über eine Stunde radelte er sich den Frust von der Seele, lauschte der Metal Musik, die ihn innerlich schreien ließ und es tat so gut. Ihm war einfach nicht klar, warum er sich nicht bei ihr gemeldet hatte. Egal, wie er es in Gedanken drehte, kam er immer zu dem gleichen Ergebnis. Er hatte sich bei Oikawa gemeldet, weil er das immer tat, wenn etwas los war und da er unter Schock gestanden hatte, hatte er nicht klar denken können und war einfach froh gewesen, als sein bester Freund bei ihm gewesen war. Da seine Eltern in Miyagi waren, war Toru seine Stütze in Notsituationen und vielleicht – wenn Kaori ihm das verzieh – konnte sie ebenfalls eine werden. Aber er war sich absolut nicht sicher, ob sie ihm noch eine zweite Chance geben würde nach ihrem Abgang. Verdammte scheiße, ging ihm das alles auf die Eier! Der Antrag war so toll gewesen und der Rest des Wochenendes eine einzige Katastrophe. So ein Dreck!
 

Vollkommen fertig schritt er in das leere Badezimmer und ließ Wasser in die Wanne laufen. Normalerweise duschte er immer, weil er das Gefühl mochte, wenn das Nass seinen Körper hinablief, aber jetzt stand ihm der Sinn nach einer ausgiebigen Badewanne.

Vorsichtig ließ er sich kurze Zeit später in das warme Wasser gleiten und schloss tief durchatmend die Augen. Die Wärme des Wassers kroch in seinen Körper und seine wie Bogensehnen angespannten Muskeln lockerten sich. Nur seine Gedanken rasten noch immer durch ihn und schienen sich nicht beruhigen zu können.

So beschissen es gewesen sein mochte, war er davon überzeugt, dass er das mit Kaori wieder geradebiegen konnte. Er wollte sie an seiner Seite und er wollte, dass sie glücklich war.

Also würde er alles daran setzen, dass sie ihm verzieh.



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