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TETSUO

When one person changes everything
von

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Ai shiteru (愛してる)

Es war ein kalter und nasser Ort.

Der Regen vom Abend schlich sich noch immer den kalten Stein der Mauern herunter, obwohl er schon lange aufgehört hatte. Eine kalte und unerträgliche Nacht. Und leblos wie jedes andere Gebäude stand auch dieses unnahbar und still da. Licht flimmerte in Streifen durch den sich drehenden Ventilator dieses Gebäudes, der aus rostigem Eisen war und dabei bedrohlich brummte. Groß und an der Wand eines Raumes der ebenso leer war, wie der Rest der Fabrik in der er sich befand.

Direkt unter dem Ventilator saß auf einem einsamen Stuhl jemand gefesselt. Blut tropfte seine rechte Schläfe hinunter und seine Wange auf jener Seite war ebenfalls geschwollen. So das er kurz Blut vor sich auf den Boden spuckte und tief schniefte. Wie lange war er schon hier eingesperrt? Tage? Er hatte das Zeitgefühl in der Kälte und Dunkelheit völlig verloren. Vielleicht auch ausgelöst durch die Folter. Und es dauerte auch nicht lange hörte er wie eine Tür vor ihm aufging, die einzige Tür in diesen leeren und dreckigen Raum.

Jemand kam herein und er sah auf. Das Selbe verschissene Gesicht wie immer. Sein Peiniger der kam um wieder Antworten aus ihm raus zu prügeln. Und er würde das tun wie er es immer tat…er würde die Fresse halten. Ein böses Grinsen schlich über die fetten Züge des Gefesselten und dann sprach er verhöhnend:

„Oh? So sieht man sich wieder? Der Köter der das Grobe macht und mehr nicht. Bist du es nicht langsam Leid immer die Drecksarbeit zu machen du Wichser?“

Die Tür schloss sich und sein Gegenüber kam näher. Dieser schüttelte nur den Kopf und stand dann auch schon vor ihm. Packte das freche Mundwerk an der einzelnen Tolle und zerrte den Kopf somit leicht zu sich hoch, als er antwortete:

„Bist ja heute so gesprächig. Mal sehen ob du auch für mich singen kannst Joker!“

Und dann bekam er auch schon mit der Rechten eisern eine geballert. So stark das Joker dachte ihm würde der nächste Schlag den Kiefer ausrenken. Er verweilte kurz, aber dann fing er an zu lachen und sprach wieder hoch:

„Mann…du schlägst zu wie ein Mädchen Yamagata!“

Nur um dann von dem Großen wieder eine geknallt zu bekommen. Yamagata hatte die Faxen langsam dicke. Seit einer Woche versuchte er schon aus diesem fetten Stück Scheiße eine Antwort raus zu prügeln. Joker war aber genauso hart wie sein Ruf. Er war nicht leicht zu brechen und sang nur gelegentlich. Aber nicht genug damit sie endlich vorankamen.

Nachdem das in der Fabrik damals passiert war, wo sie diesen mutierten PsyKI besiegt hatten, waren sie ihm auf den Fersen gewesen. Joker war ganz tief untergetaucht und nach dem Tod von Mad Hatter fast nicht zu finden gewesen. Aber Kaneda hatte Mittel, Wege und Tricks auspacken müssen um ihn aufzuspüren zu können. Was auch geklappt hatte. Das war jetzt 3 Wochen her…Einiges hatte sich in Neo Tokyo getan. Es herrschte teils Chaos auf den Straßen. Es war im Untergrund sicherer als auf der Straße…

Joker hustete nach der Schelle und lachte noch immer in sich. Schön das er das so witzig fand. Yamagata aber platzte bald der Geduldsfaden. Der ehemalige Anführer der Clowns sah wieder zu ihm rauf, während Yama sich die Faust etwas einrenkte. Es war zum Lachen…zumindest für Joker. Er sprach:

„…Ihr steckt tief in der Scheiße…“

„Nicht so sehr wie du Arschloch! Sag mir was ich hören will!!“

Yamagata fasste ihn mit der Linken am Kragen und holte drohend mit der Rechten aus. Vielleicht sang er ja mal endlich wenn er ihm komplett das Gesicht verstümmeln würde! Aber Joker sah ihn nur eisern an, er war damit nicht zu erschüttern.

„Was du hören willst? Geh raus auf die Straßen und du bekommst was du hören willst…Jeder wird sterben…Jeder der sich den neuen Kindern wiedersetzt wird früher oder später sterben. Sie sind inzwischen zu mächtig, aber das scheint ihr mit eurem Erbsenverstand noch nicht gerafft zu haben! Sie sind überall. Sie sind ab jetzt die neue Weltordnung! Und an deiner Stelle…würde ich diesem Wichser Kaneda ausrichten das er schön auf sein kleines, durchgebumstes Luder von PsyKI aufpassen soll! Bevor dieses selber noch auf den Geschmack kommt und ihm diese neue Welt gefällt…“

Bei dem losen Maul rutschte Yamagata schon wieder die Hand aus und er schlug zu. Dieses Mal sogar so stark dass der Fettsack einen Zahn verlor und die Faust des Großen leicht blutete, da er so fest zugeschlagen hatte. Er atmete schnell und fasste sich dann die verletzte Faust. Wand sich aber auch schon nach einigen Sekunden ab und sprach hinter sich:

„Falsche Antwort Arschloch! Wenn ich wiederkomme hast du besser was Gutes für mich auf Lager!“

Und dann lief er zu der Tür und machte sie auf. Verließ den dreckigen Raum hinter sich und ließ Joker mit einem Denkzettel zurück. Erst mal hatte er genug. Später würde er noch mal sein Glück und seine Methoden testen. Er schloss die Tür hinter sich, denn er konnte und wollte die Fresse langsam nicht mehr sehen.

Der nächste Raum war etwas komfortabler eingerichtet, wenn dennoch etwas dreckig. Aber wen wunderte das bei ihrem Gebäude? Einige Tische unter anderem ein etwas größerer in der Mitte mit einer Karte von Neo Tokyo und Blaupausen zu den Abwassersystemen unter der Stadt. Auch hatten sie hier ihre Vorräte gelagert, mit samt Waffen. Dieser Raum in einer Fabrikhalle war ihr Unterschlupf geworden. Der tiefste Raum im Gebäude, der nur noch durch einen Tunnel vom Abwasserkanal erreicht werden konnte, denn alle anderen Eingänge wurden verschüttet, und die Luke zum Tunnel war rechts im Raum immer fest verschlossen. Es war der sicherste Ort den sie finden konnten und der am besten zu überwachende.

Er sah zu dem großen Tisch, an dem er endlich ein gutes Gesicht sah, nämlich das seines Liebsten. Kaisuke stand am Tisch und durchforstete Akten und die Karte des Tunnelsystems. Er machte sie wie immer extrem nützlich. Mal abgesehen davon dass er es bevorzuge immer mehr über die Umgebung zu wissen, wenn es mal hart auf hart kam und sie fliehen mussten. Natürlich sah er auch schon gleich zu Yama rüber, als der die alte Metalltür hinter sich hörte und dieser die dann auch geschlossen hatte. Er richtete sich etwas auf und sprach:

„Und? Hat er endlich mal was Nützliches gesagt?“

Yamagata schüttelte den Kopf und kam rechts neben ihn. Küsste ihm schell flüchtig auf die Stirn und sprach danach:

„Mich würde es wundern wenn der Fettesack nur ein Mal das Maul aufreißen würde und es käme keine Scheiße raus…Also: nein. Nichts was wir nicht selber schon herausgefunden haben. Er ist ein harter Brocken, das geb ich zu, aber ich bekomm den schon noch weich!“

Kai sah ihn an. Seit sie Joker vor einer Woche endlich gefangen hatten trampelten sie auf der Stelle. Alle hatten sich erhofft das durch seine Gefangennahme endlich etwas Progress in das Geschehen kommt, aber leider Fehlanzeige. Innerhalb dieser drei Wochen hatte sich vieles getan in Neo Tokyo. Die Welt da draußen war nicht mehr die Selbe. Sie dachten immer es wäre schlimm, aber im Vergleich zu der aktuellen Situation war ihr Leben früher locker gewesen. Jetzt herrschte Krieg auf den Straßen. Bürger gegen die Regierung. Militär gegen die neuen Kinder und die neuen Kindern gegen alle die nicht ihren Glauben teilten. Es war schrecklich. Straßen waren zerstört, genauso wie Häuser. Keine richtige Arbeit mehr und viele hungerten. Es war eine Kriegszone. Und Neo Tokyo war auch komplett abgeschottet von der Außenwelt. Oder sagen wir mal so: zumindest die Kanto-Region Japans. Zu Sicherheit wie es im Fernsehen vom Militär aus hieß. Und genau jene fingen inzwischen an auf jeden eine Jagd zu machen der verdächtig erschien. Und Mitglieder der neuen Kinder wurden erst recht gesucht…und auf Sicht erschossen. Das selbe radikale Vorgehen wie bei den PsyKI. Es gab kein Recht mehr. Es zählte nur noch überleben. Innerhalb von 3 Wochen war die Apokalypse ausgebrochen in Neo Toyko. Und Gott sei es gedankt, denn der einzige PsyKI in dieser Stadt…war Tetsuo. Wären noch andere seiner Art an diesem Ort würde kein Stein mehr auf dem Anderen bleiben. Und er war ihr Freund, dass war das Beruhigende.

Sein Blick fuhr runter zu der verletzten Hand seines Freundes. Er schnaufte und lief dann vom Tisch weg. Yamagata sah ihm nach, sah wie er Desinfektionsmittel und einen Verband aus dem Erstehilfekoffer rausholte, der unter Kai seinem Bett stand und dann kam er wieder zu ihm. Er setzte sich lässig auf die Tischkante vor den Großen und machte auf ein Tuch das Mittel. Tupfte dann sanft über den geschundenen Handrücken.

„…Du sollst dich nicht selber dabei verletzten. Ich möchte nicht dass es sich entzündet oder du dich infizierst. Das können wir momentan nicht gebrauchen ohne Krankenhäuser und medizinische Hilfe.“

Er hörte auf und legte das blutige Tuch weg, fing dann an sanft die Hand zu verbinden. Er machte das so zart wie immer. Er war in allem so zärtlich…Yama grinste und sprach nur darauf:

„Was wollen sie für ihre Dienste Frau Krankenschwester?“

Er kam etwas näher und Kai machte die Schleife auf dem Verband fertig, ließ dann von der Hand ab und sah zu ihm hoch. Muffig sprach er:

„Wie wäre es wenn du einfach vorsichtiger bist du Blödmann?“

Der Große aber ging nicht darauf ein und drückte Kai stürmisch nach hinten auf den Tisch. Der konnte nicht mal so schnell reagieren wie sein Gegenüber dann auch schon über ihm war und zwischen seinen gespreizten Beinen stand. Ihm einen verführerischen Blick zuwarf.

„Ach komm schon…du magst es doch wenn ich so stürmisch bin Kaisuke…“

Der lief rot an, als seine Arme rechts und links neben sich auf den Tisch gedrückt und festgehalten wurden. Er wusste was sein Freund wollte…

„D-Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?...Du willst wirklich JETZT Sex?!“

„Warum nicht? Ich würde meine aufgestaute Energie gern irgendwo ablassen und du magst es doch wenn ich dich hart nehme.“

„Aber nicht mitten auf unserem Operationstisch!! Und erst recht nicht jetzt!“

„Ach komm schon. Kaneda und Tetsuo sind doch nicht da und so schnell kommen die nun auch nicht wieder. Dauert bestimmt ne Weile bis die wieder da sind und das können wir sinnvoll nutzen.“

„Willst du mich veräppeln?!“

Und plötzlich wurde er geküsst. Innig und verlangend. So stark das er schon fühlte wie er langsam schwach wurde. Es hatte nichts damit zu tun das er nicht wollte. Er wollte Sex mit ihm. Aber momentan war er selber so aufgekratzt und in Sorge, dass er nicht einfach so umschalten konnte…Er unterbrach den Kuss von Yamagata und sprach zu ihm:

„…Ich kann nicht…Ich will, aber ich kann gerade nicht…Bitte versteh das Yamagata.“

Sie sahen sich nur an…Und der Große hörte auf. Natürlich verstand er. Und natürlich hörte er auf. Wenn Kai nicht wollte, dann tat er natürlich auch nichts, egal wie sehr er selbst wollte. Er lehnte sich wieder hoch und nahm damit Abstand zu dem Kleinen unter sich. Kai sah ihm dabei zu. Vielleicht sah man ihm das im Moment nicht an, aber es machte ihn sehr glücklich. Er war glücklich dass sein Liebster so verständnisvoll war. Kai wusste dass unter Yamagata seiner harten und rauen Schale ein lieber- und rücksichtvoller Mensch steckte. Was er mit der Aktion wieder bewies.

Und kurz darauf erschraken beide, als sie hinter Kai hörten wie die Luke zu ihrem Versteck auf ging. Erschrocken und in der Situation erstarrt sahen sie von ihrer Position aus hin und waren erleichtert als Kaneda seinen Kopf, vom Boden aus, in den Raum streckte und zu ihnen sah. Das typische breite Kaneda Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit und er kam endgültig rein geklettert. Stellte sich aufrecht und sprach frech:

„Hoppla! Kommen wir ungelegen? Wenn ihr ficken wollt, können wir auch kurz wieder gehen, hehe!“

Kai nahm das Lineal neben sich vom Tisch und warf es im hohen Bogen auf seinen Boss zu, der dem gerade noch mit Ducken ausweichen konnte. Er lachte nur dabei und zwischen das Lachen brüllte Kai:

„Leck mich Kaneda! Du bist so ein Blödmann!“

Er war dabei knallrot und kämpfte sich vom Tisch runter. Kaneda lachte einfach nur weiter und sogar Yamagata stimmte mit ein, so dass er einen bösen Blick von dem Jüngsten zugeworfen bekam und der fauchte:

„Das ist nicht witzig! Warum lachst du?!“

„Ach komm schon! Ein bisschen witzig ist es schon!“

Antwortete Yamagata und bekam einen leichten Schlag von Kai auf den Hinterkopf bis der sich muffig in eine andere Ecke des Raumes verzog und dort an einen anderen Zettel arbeitete. Der Große sah zu seinem Boss hinter und der streckte ihm frech und mit einem geschlossenem Auge die Zunge raus. Kleiner Spaß, durfte in solchen Zeiten nicht fehlen. Yamagata verstand das natürlich und grinste nur zurück. Und endlich kämpfte sich auch Tetsuo die Leiter hoch und kam durch die Luke in den Raum. Er sprach dabei ebenso unbeeindruckt:

„Seid ihr jetzt fertig mit dem Scheiß? Habt ihr Kai genug geärgert?“

Er war auf der anderen Seite der Luke und schloss sie schließlich leise. Kaneda sah ihm dabei zu. Und in dem Moment wurde es ihm wieder bewusst…er hatte sich echt gemacht.

In den letzten drei Wochen war Tetsuo zu einem festen Mitglied der Gruppe geworden. Jeder respektierte ihn und er kam auch, seit dem Vorfall in der Fabrikhalle mit Kuwata, super mit Yamagata zurecht. Es war unglaublich. Er hatte tiefen Respekt von Yamagata bekommen für die Rettung von Kai. Das hatte den entscheidenden Unterschied gemacht.

Tetsuo trug eine blaue Bikerhose und ein weißes, ärmelloses Shirt, darüber eine rote Jacke mit weißem Kragen. Seine Haare waren aber noch immer kurz. Er ließ sie sich auch regelmäßig schneiden. Er mochte die kurze Länge. Auch Kaneda trug mal etwas anderes. Er hatte einen schwarzen langen Mantel an, zu einer schwarzen Bikerjeans und ein weißes T-Shirt darunter. Beide trugen sie schwarze Bikerstiefel. Yamagata sah frech zu ihm und sprach:

„Nein, wir fangen gerade erst an Tetsuo. Wann bist du eigentlich mal dran den Arsch hinzuhalten, hm?“

Tetsuo klatschte sich den Staub von den Händen, den er durch die Luke an sich kleben hatte und sah dann unbeeindruckt und genervt zu Yamagata rüber. Kaneda der Clown spielte den Ball von Yamagata weiter und steckte die Hände in die Jackentaschen, fragte frech zu seinem Liebsten rüber:

„Ja Tetsuo! Wann hältst du mir eigentlich mal den Arsch zum ficken hin?“

Kurz darauf fühlte er auch keinen Boden mehr unter den Füßen und wurde von Tetsuo wortlos, ohne auch nur eines Blickes würdig zu sein, nach rechts gegen die Wand geschmissen und landete dann auf seinem Bett. Natürlich mit seinen telekinetischen Kräften. Kaneda lag auf dem Bett und lachte sich schlapp. Hatte ja auch nicht weh getan, sollte es ja auch nicht. Tetsuo zeigte dagegen mit der rechten Hand auf Yamagata und sprach kalt:

„Nur ein Wort...“

Eine kleine Drohung denn Yamagata würde nicht so glimpflich davonkommen wenn etwas doofes kam. Und dann lief er von der Stelle und machte sich zu Kai hinter, der das alles versuchte zu ignorieren und sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Yamagata hatte verstanden und schwieg nur lächelnd. Sah sich auch wieder die Karte unter sich auf dem Tisch an. Anscheinend war er etwas geladen.

Tetsuo zeigte sich meist ruhiger als er es war. Innerlich war er nämlich sehr nervös, das verstand auch inzwischen der Große. Das eben war nur Spaß gewesen, aber es war auch etwas an der Sache dran. Es war kein Geheimnis mehr, dass Tetsuo und Kaneda sich liebten. Es war sehr offensichtlich und fast offiziell. Es fehlte in Yamas Augen nur noch der Sex um das Ganze zu besiegeln. Küssen und etwas fummeln konnten die Beiden inzwischen sehr gut, aber es kam nie zum Sex. Natürlich wusste Yama das nur weil Kaneda offen mit ihm darüber gesprochen hatte. Gesehen hatte er die Zwei aber noch nie dabei. Am Anfang schien es seinen Boss etwas zu bedrücken und Sorge zu bereiten. Doch das hatte sich inzwischen geändert. Denn nun war das Interessante…das es Kaneda plötzlich nicht mehr eilig zu haben schien. Er hatte ihn mal gefragt: wie er es nur aushalten konnte ohne mal die Gurke endlich zu parken. Aber sein Boss meinte drauf nur: Es wäre noch nicht an der Zeit. Er konnte es Yama selber anscheinend nicht erklären was er damit meinte. Sagte nur es wäre so ein Gefühl. Keine Ahnung. Aber ganz ehrlich: Sex täte beiden echt mal gut.

Kaneda lag locker auf seinem Bett, machte sich ne Kippe an und schloss entspannt die Augen. Dass er in solch einer Welt und in gewissen Situationen momentan ruhig bleiben konnte beruhigte auch automatisch seine Gang. Wenn der Anführer die Nerven verlor ging in der Regel alles drunter und drüber. Deswegen war es gut das Kaneda so locker blieb. Er strömte momentan Ruhe aus und das verteilte sich im Raum.

Tetsuo kam neben Kai an und setzte sich an die Tischkante links von ihm. Die Zwei hatten in den letzten Wochen schon sowas wie ein brüderliches Band geformt. Sie kamen gut miteinander zurecht und verstanden sich gegenseitig auch sehr gut. Lag wahrscheinlich auch daran dass sie beide jeweils in einen Jungen verliebt waren. Kai war ihm quasi nur eine Schippe voraus und das war der Sex. Aber das war Tetsuo auch egal. Das zwischen ihm und Kaneda war etwas anderes. Und Kaneda schien das inzwischen auch voll zu realisieren. Sie küssten sich vielleicht und fummelten Mal aneinander rum, nicht im Intimbereich verstand sich, aber Sex wollten sie so wirklich keinen. Naja…WOLLTEN ist nicht ganz richtig ausgedrückt. Sie wollten schon, immerhin lieben sie sich. Aber es fühlte sich noch nicht richtig an. Ganz komisch. Es war als müsste es zu einem bestimmten Ort und einer gewissen Zeit passieren. Und es würde auch passieren…sie mussten nur schauen wann. Aber das würden sie spüren. Ganz bestimmt…Tetsuo wusste es vielleicht auch schon…

„Hat er geredet?“

Kai sah neben sich zu Tetsuo hoch der diese Frage gestellt hatte. Auch gleich schüttelte er schon den Kopf deswegen und ließ von dem Zettel unter sich ab.

„Nein. Immer noch nicht.“

Yamagata hatte das gehört und setzte sich ebenfalls auf den Tisch vor sich, so dass er zu den beiden gedreht war.

„Es dauert aber nicht mehr lange. Ich hab das im Griff. Er ist zäh aber jeder gibt nach genug Schmerzen irgendwann nach. Ich muss nur seine Schmerzgrenze erreichen und dann wird er singen.“

Tetsuo sah zu ihm rüber und sogar Kaneda hauchte den Rauch aus und hielt die Kippe in der rechten Hand, als er zu Yamagata sah. Dann schwang er sich locker vom Rücken hoch und setzte sich auf das Bett. Machte im Anschluss die Kippe an der Wand hinter sich aus und schnicke sie in eine Ecke neben seinem Bett.

„Dieses miese Arschloch.“

Kam es von Kaneda plötzlich leicht sauer und er stand auf. Von ein auf die andere Sekunde schwang seine Stimmung plötzlich um. Aber es war teils verständlich. Wie gesagt sie hatten nach einiger Sucherei endlich diesen blöden Arsch geschnappt und hofften so dem Ganzen ein Ende gesetzt zu haben. Dass Joker und Mad sich mit den neuen Kindern zusammengetan hatten, sorgte damals dafür das sie glaubten sie wären die neuen Anführer der Gruppierung geworden. Mad war gestorben und so dachten sie mit der Gefangennahme von Joker würde sich etwas ändern. Aber nichts war der Fall, ganz im Gegenteil: die neuen Kinder machten sich in Neo Tokyo breit wie ein parasitäre Spore die sich über die Luft verbreiten konnte. Es wurden immer mehr und sie wurden unaufhaltsamer. Ihre Lehren und Gebete gelangen in so viele Köpfe der Menschen das alles aus dem Ruder lief. Sie wurden bekehrt. Das wurde nicht nur zu ihrem Problem sondern auch zu dem der Menschen in der Stadt und vor allem dem Militär. Es war wie im Weltkrieg da draußen. Keiner traute mehr dem Anderen auf den Straßen. Jeder konnte einer der neuen Kinder und ein Spitzel sein. Und sie wussten auch noch immer nicht was ihr Ziel mit den PsykI gewesen war. Diese Experimente…

Aber was machten die neuen Kinder genau? Ganz einfach: sie verteilten die Lehre das die PsyKI die neue Rasse wären die die Menschheit ablösen würde. Das alles den PsyKI gehören würde. Das sie sie Kinder Gottes wären und das die Menschen sterben mussten damit die Welt leben und gedeihen konnte. Witzig wenn man in Betracht zog das MENSCHEN sowas von sich gaben. Denn kein PsyKI war mehr in dieser Stadt…außer Tetsuo. Und genau DIE würden sowas nicht sagen. PsyKI sahen sich nicht als Ersatz für die Menschheit an. Das hatte Tetsuo schon mal gesagt. Sie lebten lieber versteckt und in seiner Heimat in Frieden. Wollten nichts mit anderen Menschen zu tun haben. Es war also nur krank was in Neo Tokyo abging und wiedersprach jeglicher Logik. Es war nur ein weiterer Grund der vorgeschoben wurde um zu rebellieren und zu morden. So sah das zumindest Kaneda.

Er kam neben Yamagata.

„Dann versuche ich jetzt mal mein Glück.“

Kam es von seinem Boss und er machte sich auf den Weg zur Tür vor ihnen. Die Tür die zu Joker seinem Gefängnis führte. Aber Kai schien besorgt und sprach ihm nach:

„Warte doch mal Kaneda! Vielleicht gehen wir die Sache auch ganz falsch an!“

„Was gehen wir falsch an?! Soll ich ihm seinen Arsch küssen oder was?!“

Kaneda wurde etwas lauter dabei und alle sahen zu ihm als er sich wütend auf der Stelle umgedreht hatte und vor der Tür stand. Besonders Tetsuo sah ihn eindringlich an. Er verlor die Geduld…nicht gut. Kaisuke antwortete ihm:

„Das meinte ich doch gar nicht! Es ist nur…!“

„Mir egal was ist! Ich will Antworten und dieses Stück Scheiße kann sie mir geben!“

Er war so aggressiv…

„Ich kann ihn auch nicht leiden Kaneda. Verdammt ich wünsche mir auch dass er bezahlt für die Dinge die er getan hat! Aber das hier…das sind nicht wir. Wir haben noch nie sowas getan. Alle von unserer Bande sind tot…Und jetzt…seit Wochen foltern wir ihn. Ich…ich fühl mich nicht mehr wohl dabei. Lass uns doch versuchen „normal“ mit ihm zu sprechen.“

Darauf sah auch Yamagata etwas verwirrt und pissig zu seinem Liebsten rüber.

„Was? Normal? Ich denke wir sind weit über NORMAL hinaus Kaisuke! Hast du vergessen was da draußen los ist?“

„Nein hab ich nicht! Aber…kann Gewalt wirklich immer NUR die Lösung sein?“

Da war etwas Wahres dran. Auch wenn das in der Sekunde keiner in dem Raum so sah…außer Tetsuo. Er war auch abgebrühter geworden. Verdammt er hatte sogar schon Menschen draußen auf den Straßen verletzt um sich und seine Freunde zu schützen. Aber dennoch…hat er nie den Glauben an friedliche Lösungen verloren. Alles war er tat, tat er um sich und seine Familie zu schützen. Nie griff er zuerst an…Und seit Kuwata hatte er auch nicht mehr getötet…Alles was seine Feinde abbekamen waren Denkzettel die sie überlebten.

Er sah nachdenklich auf den Boden…und dann kam er von der Tischkante und lief mit beiden Händen in den Hosentaschen zu Kaneda. Sprach dabei:

„Ich geh mit dir rein.“

Alle sahen zu ihm. Aber schon gleich schüttelte der Ältere den Kopf.

„Nein. Du bleibst hier bei Kai und Yamagata. Ich kann das allein.“

Tetsuo kam neben ihm an und sah zu ihm auf. Ein leichtes, freches Lächeln auf seinen Lippen. Eines womit er seine Sorge tief in sich vergrub die er im Herzen hatte. Er konnte es ihm nicht vor den anderen sagen…aber sie gehörten zusammen und passten aufeinander auf. Also standen sie auch das zusammen durch…

„Ich denke Kai hat recht. Vielleicht sollten wir es mal anders versuchen. Und jemand muss ja auf dich aufpassen…damit du keinen Blödsinn machst Kaneda…“

Sie sahen sich an…und dann seufzte der Ältere vor ihm und legte die rechte Hand an seine eine Schläfe, sprach dabei etwas genervt:

„Haaa…macht keinen Sinn dir das auszureden. Aber du bleibst im Hintergrund.“

Tetsuo war dickköpfig. Machte wirklich keinen Sinn. Und dann wand der Ältere sich ab und schloss die dreckige Metalltür auf.

Kaneda wand sich noch mal an seine zwei Jungs:

„Seit vorsichtig wenn ihr da raus geht.“

Denn es war ihre Streife dran und die Suche nach Lebensmitteln. Sie mussten als nächstes raus. Kurz darauf waren beide auch hinter der Tür und im nächsten Raum verschwunden. Und kaum als sich die Tür geschlossen hatte schnaufte Kai etwas erleichtert. Er war froh das Tetsuo das auch so sah. Denn nur er konnte das mit Kaneda in den Griff kriegen und ihn am Boden halten. Ihn daran hindern sich selbst zu verlieren.

Kaneda und Tetsuo standen in dem nur schwach beleuchteten Raum. Lediglich das Licht hinter dem Ventilator spendete etwas Sicht. Noch immer saß Joker einfach nur schlapp in seinem Stuhl. Allein wenn Kaneda das Gesicht und diese Gestalt nur sah wurde ihm schlecht! Er lief auf ihn zu und Tetsuo blieb rechts neben der Tür etwas im Schatten stehen. Sah nur zu…fürs Erste.

„So Joker…dann lass uns jetzt mal etwas reden.“

Kam es selbstsicher und böse von Kaneda und dann stand er auch schon vor ihm. Joker erkannte die Stimmte und fing leicht an in sein Innerstes zu kichern, bis er endlich den Kopf hochhob und dem Schnösel ins Gesicht sah den er schon seit dem ersten Tag ihres Treffens gefressen hatte. Seit er ihn kannte hasste er Kaneda. Der hielt sich immer für etwas Besseres…

„Oh…womit habe ich denn diese Ehre verdient? Das sich der König mal erbarmt nach mir zu sehen…“

Er sah kurz an Kaneda vorbei und erspähte Tetsuo, der mit verschränkten Armen und komplett still nur da stand.

„..und seine übersinnliche Hure hat er auch gleich dabei.“

Und da platzte Kaneda natürlich sofort der Kragen. Er packte ihn an der Tolle und verpasste ihm einen ordentlichen Schlag in die Fresse. Es war erschreckend was für eine kurze Zündschnur Kaneda inzwischen entwickelt hatte. Das bewies es erneut. Er wirkte bald wie eine tickene Zeitbombe…Dann nahm er wieder die Tolle des Clowns und fauchte zu ihm runter:

„Wag es nicht ihn zu beleidigen du mieses Stück Scheiße!!“

Er konnte alles tun. Er konnte gegen jeden lästern und herziehen wie er wollte. Aber wenn er Tetsuo anging dann wurde Kaneda zum Alpha. Und dann schlug er über die Stränge und konnte gewalttätig werden. Immerhin war das sein Weibchen über das er herzog…Joker lachte ihn aber nur dreckig an und sprach:

„Sonst was?! Willst du mich töten?! Dazu hast du nicht die Eier! Aber schön zu sehen das auch DU eine aggressive und egoistische Ader hast Kaneda! Kennt die dein kleines Flittchen schon? Ach was sag ich denn da? Lässt du ihn bestimmt immer spüren wenn du ihn so richtig durchfickst, oder?!“

Es gab das Sprichwort: Rotsehen. Und so ähnlich ging es dem Anführer der Capsules auch gerade. Er holte erneut aus, aber dann hörte er Tetsuo laut sagen:

„Kaneda!“

Er stoppte und sah zu dem PsyKI hinter, der nur den Kopf schüttelte und etwas…besorgt aussah? Und sofort verstand Kaneda ohne Worte und sah wieder zu Joker. Sah wie er den Mistkerl gepackt hatte. Wie er bereits verbeult und blutend unter ihm war. Angebunden. Und er…er schlug auf ihn ein wie auf ein frisches blutiges Steak…Und dann senkte er den Arm. Sowas…tat kein Anführer. Und sogar Joker schien in der Sekunde verwirrt. Nanu? Hatte da jemand doch noch nicht sein Herz und seine Seele an den Teufel verkauft? Den Teufel der Gier, Gewalt und Macht. Und Tetsuo was sehr erleichtert zu sehen was da passierte. Kaneda…war noch immer da drin. Auch wenn er sich verändert hatte in den letzten Wochen…

„Was denn? Hörst du etwa auf dein kleines Sexspielzeug?“

Joker versuchte ihn wieder zu reizen. Er wollte Kaneda brechen. Aber mehr in dem Sinne das er sich selbst verlor und der der er war. Aber nun wieder mit einem kleinen Funken Ruhe sah ihn Kaneda nur an und kam näher zu seinem Gesicht runter. Sprach bestimmt:

„Ich will Antworten Joker. Ich will wissen wo der Hauptkopf der Hydra ist damit ich ihn abschlagen und dem allem ein Ende setzen kann!“

Joker grinste ihn nur an.

„Du hast nicht bitte gesagt Arschloch…“

Er tat wirklich alles dafür um Aggression aus Kaneda raus zu kitzeln. Der hielt sich aber gerade noch, auch wenn er laut dabei wurde:

„Schluss mit dem Scheiß Joker! Wenn du noch ein bisschen Grips und Anstand hast, in dieser gewaltigen Melone die du da auf deinem Hals trägst, dann sag uns endlich wo ihr neuer Anführer ist! Sag mir was ihr Ziel ist! Warum tun die neuen Kinder das alles?! Was ist ihr wahres Ziel?!“

„Hahahah! Ihr wahres Ziel?! Hörst du dich eigentlich selber reden Kaneda?! Das ist alles Bullshit! Hast du nicht zugehört!? Es gibt kein WAHRES Ziel! Nur das was sie immer wieder sagen: nämlich das sie den PsyKI die Welt schenken werden! Und uns Menschen ausradieren!“

„Das ergibt aber keinen Sinn.“

Sie wurden still und sahen beide zu Tetsuo hinter, der das sehr locker gesagt hatte und endlich etwas aus den Schatten kam. Er kam auf sie zu und sprach dabei weiter:

„Ich habe gesehen was sie tun. In den letzten Wochen ist mir so einiges aufgefallen, was aber für mich speziell keinen Sinn ergab. Allein die Logik dahinter ist schon komisch.“

Er stellte sich neben Kaneda und der kam wieder aufrecht und ließ Joker los. Sah Tetsuo an. Was meinte er? Joker grinste dagegen nur und sprach leicht verhöhnend:

„Ooohhhh? Sie mal einer an…entweder hat er dir noch nicht das Gehirn aus dem Leib gebumst, oder du bist doch schlauer als ich es für einen PsyKI möglich gehalten hätte.“

Klar denn Joker sah PsyKI nur als Tiere an.

„Wenn sie wirklich drauf aus sind die gesamte Menschheit auszurotten, damit meine Art sie ersetzten kann, warum töten sie nicht dann auch ihres Gleichen? Liegt es wirklich an der simplen Vorstellung dass erst mal alle Ungläubigen getötet werden müssen und dann töten die Gläubigen sich selbst danach? Funktioniert so ein Glaube bei euch? Funktioniert so eine Reinigung?“

„Tetsuo versuch da nicht mit Logik dranzugehen. Es gibt keine. Das sind einfach nur Mörder die sich austoben wollen!“

Der PsyKI sah zu Kaneda.

„Aber auch das kann ich nicht glauben. Es gibt so viele Möglichkeiten in Massen zu töten. Warum sollte man ausgerechnet meine Art als Auslöser in den Vordergrund stellen nur um offizieller töten zu können? Ich denke hier läuft noch etwas anderes. Und ich denke du weist es Joker.“

Er wand seinen Blick wieder auf den Gefesselten. Und dann folgte Schweigen. Aber es war das erste Mal, obwohl geschwiegen wurde, dass es sich nach Progress anfühlte. Joker hatte etwas auf der Seele. Etwas was er für sich behielt und es dennoch gern ausspucken wollte. Vielleicht nicht unbedingt um ihnen zu helfen, oder weil er plötzlich etwas wie Gerechtigkeit entwickelt hatte. Hah geschweige denn ein Herz. Nein, dass war etwas anderes. Etwas ganz anderes.

„…Hast du dir mal überlegt…wie viel besser es der Welt ohne den Menschen gehen würde? Oder wenn es etwas gebe was uns leiten würde und unsere kaputte Zerstörungswut im Griff behält? Ich bin kein Ökoverfechter oder ein Umweltschützer. Aber sogar ich laufe durch diese Straßen und sehe den Dreck in ihnen…Nämlich Menschen. Wir bekriegen uns. Pumpen uns mit Medikamenten voll um unsere Lebensdauer zu erhöhen und rotten Arten aus für unser Wohl. Verdammt wir stellen sogar die Gesamte Zusammensetzung der Genetik auf den Kopf. Alles weil wir nicht genug bekommen können. Weil wir Egoisten sind. Wir…wir sind die größten Fleischfresser. Wir stehen ganz oben an der verfickten Spitze der Nahrungskette und uns kann keiner was antun…Aber nicht mehr lange…Sobald deine Art uns Menschen ausgerottet hat, wir eine neue Ordnung entstehen. Ein komplette Neuanfang und eine bessere Zukunft.“

„Sagt wer?“

Erstaunt sah Joker Tetsuo vor sich an, der das sehr ernst und bestimmt gesagt hatte.

„Was?“

„Wer sagt dir dass die neue Welt besser wird? Du klammerst dich an Illusionen von denen du keine Ahnung hast ob sie überhaupt wahr werden. Wer sagt denn dass es nicht wieder genauso werden wird? Lass es weitere tausend Jahre sein und dann steht meine Art vielleicht wieder vor demselben Problem und der Zerstörung wie jetzt eure. Und was passiert dann?! Wieder eine Ausrottung?! Ich will wissen wer dir diesen Floh ins Ohr gesetzt hat!...Einer unserer Freunde meinte du hättest mal etwas von „Entwicklung“ gesagt. Das wenn mein Artgenosse, in deinem Hauptquartier damals, mich gefressen hätte, sich hätte weiterentwickeln können…Wer hat dir das gesagt!? Irgendjemand muss dir das gezeigt haben damit du daran so stark glaubst und ich will wissen wer!“

Nun wurde Tetsuo sogar etwas lauter. Kein Wunder denn es wurde auch etwas persönlich. Und ehrlich gesagt…hatte Tetsuo Angst das sich eine Theorie von ihm bewahrheiten könnte…Kaneda sah auch wieder zu Joker. Der Arsch hatte schon mehr gesagt als sonst. Aber es musste noch mehr rauskommen. Und nach den Sekunden Stille fing der ehemalige Anführer der Clowns breit an zu lächeln. Er spuckte rechts von sich auf den Boden und sah dann arrogant zu Tetsuo hoch, als er antwortete:

„Wer?...Du willst wissen WER mich an diesem Plan der neuen Ordnung teilhaben ließ?...Ganz einfach es war Gott…Er kam zu mir und weihte mich ein.“

Tetsuo sah ihn nur still an…

„…Hat dein Gott auch ein Gesicht?“

Fragte er schließlich und Joker grinste nur weiter.

„Man soll sich kein Bild von Gott machen…So sagen die Gläubigen doch immer oder? Aber was wenn ich dir sage das IHR Gott, der Gott der neuen Kinder und MEIN Gott, eine Gestalt hat. Und das er uns versprochen hat uns alle zu führen, als gerechter und gütiger Gott! Etwas was auf dieser Welt immer gefehlt hat! Einer der uns führt und über uns wacht! Über uns richtet wenn es sein muss! Nur so kann man frei sein! Das ist Freiheit die bald Wirklichkeit sein wird!“

Kaneda schüttelte nur angewidert den Kopf. Er konnte nicht fassen was er da hörte und Tetsuo schwieg plötzlich nur in sich hinein, als sein Liebster dann dem kranken Clown antwortete:

„Das was du da laberst, woran du glaubst, ist keine Freiheit…Es ist nur eine neue Art der Versklavung. So zu leben wie es dein Gott für richtig hält, da er dich sonst bestraft? Vielleicht sogar tötet? In Angst vor ihm zu leben? Ihr seid krank. Und deswegen wird das auch niemals passieren.“

Joker sah zu Kaneda. Niemand hätte ihm das zugetraut, aber er schien wirklich gläubig zu sein. Jeder konnte sein was er wollte. Gläubig oder nicht. Religiös in egal welcher Hinsicht. Aber sobald man Menschen etwas damit aufzwang und sie in Mitleidenschaft zog da hörte es bei Kaneda auf. Das war kein Glaube, das war dann fanatisch und einfach Wahnsinn.

„Deine Zeit läuft ab Kaneda…Deine und die jedes Menschen auf dieser gottlosen Erde...Aber Gott ist jetzt da. Und er wird über deine Sorte richten. Und die die an ihn glauben führen und leiten…“

Dann sah er zu Tetsuo hoch, der auch wieder zu ihm sah.

„ Und was dich betrifft…Du solltest schnell von den Menschen ablassen und dankbar sein. Du bist der nächste Schritt in der gottverdammten Evolution des Menschen und du würdigst das nicht mal! Du könntest so viel mehr sein! Diese Welt mit unserem Gott retten und sie in eine bessere Zukunft führen! Aber das tust du nicht!! Du spuckst auf dein Erbe und benutzt deine Kräfte um dieses Ungeziefer von Mensch zu schützen!! Paarst dich sogar mit ihm!! Warum wirfst du dieses Geschenk weg?! Warum?!“

Er sagte das sehr laut und teils…klang aus seiner Stimme Verzweiflung…Glaubte er wirklich daran dass die Welt besser werden würde? Durch diesen angeblichen Gott an den er glaubt? Tetsuo schüttelte nur den Kopf und sprach dann leise zu ihm runter:

„…Das kannst du nicht verstehen. Keiner konnte das je verstehen…Nicht einmal ich…“

Und damit wand sich Tetsuo endgültig ab und lief zu der Tür. Kaneda sah ihm noch nach und dann wieder zu Joker runter, der plötzlich einen ganz komischen Ausdruck im Gesicht hatte…War es Mitleid? Nein das musste sich der Ältere einbilden. Sowas konnte er nicht empfinden.

„Du suchst auch deinen Platz auf der Welt nicht war?

Sagte Joker plötzlich und Tetsuo blieb an der Tür stehen, sah erstaunt zu ihm hinter. War es…so offensichtlich? Warum aber sagte er sowas? Und dann sprach Joker etwas was sehr unvorhergesehen kam:

„…Fahr nach Norden. In das alte Tokyo. Dort oben, außerhalb von Neo Tokyo, in den Trümmern des alten Tokyo, gibt es ein großes Militärgelände…Dort wirst du ein Labor finden…und vielleicht die Antworten die du suchst...“

Tetsuo sah ihn erschrocken an…und dann verließ er auch plötzlich den Raum wortlos und schloss die Tür hinter sich. Kaneda sah von ihm weg und zu dem Clown runter.

„Warum machst du das? Du lügst doch eh. Er wird nichts dort finden. Und du kommst hier auch nicht mehr lebend raus. Also was soll das?“

Joker sah wieder zu ihm.

„Glaub mir oder lass es sein, aber du weist gar nichts…Du weist nichts…Nicht mal etwas über IHN. Denkst du wirklich du kennst ihn? Nur weil ihr euch angeblich liebt? Weil er dir vertraut und dir hilft? Du weist NICHTS über ihn. Wenn er sich nicht mal versteht…wie willst du das dann? Vielleicht…vielleicht hilft es ihm ja wirklich…zu wissen wo er herkommt. Herauszufinden wo er herkommt. Denn scheiße es sieht aus als wüsste nicht mal er woher er kommt. Oder als hätte man es ihm nie gesagt.“

„Worauf willst du hinaus?!“

„…Mir wurden die Augen geöffnet…aber dir nicht. Die Menschheit wird sterben. Und nur die PsyKI werden das überleben. Es gibt immer etwas was die Welt wieder auf Null setzt. Wieder von Vorne anfangen lässt. Sei es ein Stein der vom Himmel fällt, eine Krankheit…oder eine neue Rasse…Im Norden wird er vielleicht seine Antworten finden. Und vielleicht wachst du dann auch auf aus diesem Traum…Heh…Ich hasse dich Kaneda. Ich habe dich schon immer gehasst seit ich dich kenne. Seit du einen Fuß auf meine Straßen gesetzt hast! Aber…nicht mal du solltest unwissend aus dieser Welt gehen…“

Kaneda sah ihn kalt an und kam plötzlich zu ihm runter. Direkt vor sein Gesicht und sprach dann leise:

„Zu Schade…ich hoffe wo auch immer du hingehst…das du dort deinem Gott danken kannst…das er dich hat fallen lassen.“

Und mit diesem Satz zückte er plötzlich eine Waffe mit Schalldämpfer aus der Innenseite seines dünnen Mantels und hielt sie Joker an die rechte Schläfe, bereit es zu beenden. Er hatte genug gesungen…nein…es war egal. Er wollte ihn einfach nur tot sehen…Und Joker grinste noch breiter. Böse und lachte leise, bis er dann sprach:

„Also doch…du bist wie ich…auch du gehst über Leichen…wenn du das hast was du willst…Ich wusste es Kaneda…“

Kaneda sah ihn nur an…

„Ich bin nicht wie du…Ich bin besser.“

Und dann drückte er ab.
 

Als Kaneda einige Minuten danach in den Raum kam, saß Tetsuo bereits auf dem Bett seines Liebsten und sah zu seinen Füßen runter.

Er mochte das nicht. Tetsuo war wieder in Gedanken und genau das mochte Kaneda nicht. Eigentlich war es nichts schlimmes sich Gedanken zu machen. Aber er kannte den PsyKI zu gut und wusste dass er sich nämlich innerlich mit Gedanken zerreißen konnte. Und genau das passierte wieder in dem Moment. Kaneda schloss die Tür hinter sich und lief zu ihm. Still und ohne Worte setzte er sich rechts neben den Kleinen und sah ihn an. Es kam natürlich keine Reaktion. Tetsuo war bereits so tief in Gedanken versunken das er die Blicke seines Geliebten nicht mal spürte. Wo…war er nur wieder? Erst als er ihm sanft auf die Schulter fasste kam eine Reaktion und der PsyKI sah zu ihm. Er schien sogar etwas überrascht und aus seinen Gedanken gerissen worden zu sein. Zumindest sah er Kaneda so an.

„Du musst nicht darüber nachdenken Tetsuo. Er lügt. Er hat schon immer nur Müll gelabert. Alles was er noch hat ist uns in den Wahnsinn zu treiben.“

Aber Tetsuo war sich da nicht so sicher…Aber was er nicht wusste…war das Tetsuo nicht über die Worte von Joker nachgedacht hatte. Nicht nur zumindest. Er dachte mehr an Kaneda. Das was er eben da drin gesehen hatte machte ihm Sorgen. Es war gut zu sehen das Kaneda noch immer da drin war und so rücksichtsvoll und besorgt wie er ihn kennengelernt hatte. Und dennoch…war Kaneda momentan an einem dunklen Ort. Die Art wie aggressiv er eben gewesen war und die Gewalt die er zeigte…machte Tetsuo nicht nur Sorge sondern auch Angst.

Er drehte sich zu ihm um und fasste Kaneda sanft mit der rechten Hand an die Wange. Sein Gegenüber genoss es sogar und schloss kurz die Augen. Schmiegte sich an die Wärme des Kleinen die seine Hand ausstrahlte und seufzte sogar erleichtert. Es tat so gut…eine vertraute Wärme und Geborgenheit…Und dann sprach Tetsuo sanft zu ihm:

„Darum geht es nicht. Ich…naja…“

Er konnte es nicht aussprechen. Er konnte es einfach nicht. Er hatte Angst. Denn er liebte diesen Mann…Aber was sollte er sonst tun? Und dann löste er die Hand von der Wange seines Liebsten und sofort öffnete Kaneda die Augen wieder, als er das spürte. Als riss man ihn aus einem Traum oder das Kind aus der Geborgenheit der Mutter. Schließlich sah er seinem Gegenüber in die Augen. Etwas war komisch, dass spürte sogar Kaneda. Warum tat er…Und es dauerte auch nicht lange da tat Tetsuo etwas was er normalerweise nicht einfach so von sich aus tat…

Er lief plötzlich etwas errötet an und sah auf seinen Schoß runter. Was trieb ihn nur an…was passierte gerade mit ihm…? Und während Kaneda ihm verwirrt zusah, kam eins zu anderen und Tetsuo zog sich seine Jacke aus. Er legte sie neben sich auf den Boden und sah dann beschämt zu seinem Partner auf. Der eine Träger seines ärmellosen Hemd rutschte ihm von der rechten Schulter und entblößte die zarte Haut darunter. Saß da wie ein aufreizendes Mädchen, was aber mehr so bei Kaneda in der Birne ablief. Was Tetsuo tat kostete ihn sehr viel Mut. Dann fasste er auch schon leicht unsicher die rechte Hand von Kaneda, der noch in Trance war von den zarten Schultern und führte sie…führte sie langsam unter sein ärmelloses weißes Oberteil. Sacht unter die Stelle des Oberteils wo er am Bauch sein konnte und so Kaneda die weiche Haut an diesem fühlte, die auch sehr warm war und vor Erregung etwas zitterte. Tetsuo ließ die Hand an der Stelle ruhen und genoss selber die Wärme von ihr auf seiner Haut. Natürlich gefiel ihm das auch. Es gefiel beiden. Aber gleichzeitig traf sein Tun seinen Geliebten wie ein Hammerschlag, als er aus der Trance erwachte. Kaneda sah ihn erschrocken an, ihm blieben die Worte im Hals stecken, nie hätte er gedacht das Tetsuo das mal von sich aus machen würde. Und vor allem so aus dem Nichts! Er wollte…Sex? Konnte es sein?! Dann sprach der Kleine auch unsicher zu ihm:

„Willst du…willst du mit mir schlafen? Also…wollen wir uns paaren?“

Bingo verdammt!

„…Was?“

Das war zu schön um wahr zu sein! Das war wie in einem Traum! Scheiße JA! Ja er wollte mit ihm Sex! Schon immer! Aber dennoch war Kaneda noch immer total verdutzt. Denn obwohl er es wollte fühlte es sich…nicht richtig an. Etwas stimmte nicht. Es fühlte sich komisch an…Hier sollte es nicht…Tetsuo schien plötzlich noch unsicherer zu werden und wand sogar den Blick ab. Er konnte diesem nicht mehr stand halten…Warum ging es nicht mehr?

„I-ich dachte…ich dachte dann geht es dir vielleicht besser…Naja ich dachte…“

Aha…daher wehte also der Wind. Er wusste doch dass da was nichts stimmte. Etwas aufzwingen was noch nicht sein sollte…

„Mir? Und was ist mit dir?“

Sprach Kaneda und darauf sah Tetsuo ihn wieder an. Erstaunt. Wie es…ihm dabei ging? Dessen war er sich gar nicht bewusst. Wie würde es ihm dabei gehen? Wenn er sich jetzt hingab und mit ihm Sex haben würde…wäre das richtig? Wollte er das überhaupt so? Aber warum bot er sich erst an? Er verstand es ja selber nicht.

Kaneda schien ihm diese Frage aber zu beantworten zu können. Und er tat dabei etwas Unglaubliches: Er zog die Hand unter dem Oberteil weg und verließ damit die warme Haut. ER unterbrach das ganze! Es fiel schwer, aber es war besser so. Nein…es war richtig so. Dann sprach er schon etwas lauter, aber nicht aggressiv oder sauer:

„Du möchtest das doch überhaupt nicht! Und das weist du auch! Du weist und spürst genau wie ICH das es noch nicht Zeit dafür ist! Ich…ich kann dir nicht sagen woher ausgerechnet ICH das weis, aber ich kann es auch spüren! Ich kann spüren das dass hier so nicht richtig ist! Also warum machst du das Tetsuo?!“

Er war so gut…er war so ein guter Mensch…Also warum hatte Tetsuo…

„Weil ich Angst habe.“

Kaneda sah ihn erschrocken an, als dies sehr unsicher und leise aus dem Kleinen kam. Etwas war einfach anders geworden…Sie sahen sich dabei noch immer an, als Tetsuo weiter sprach:

„Etwas an dir hat sich verändert… ich dachte vielleicht bin ich daran schuld. Vielleicht liegt es an mir, weil ich dich nicht an mich ranlasse und mich dir ständig verweigere. Vielleicht…vielleicht brauchen wir das ja dringend mal, also uns zu paaren, aber ich verstecke diese Sehnsucht nach dir hinter einem Gefühl von dem ich nicht mal weis ob es richtig oder wahr ist! Ich will mit dir eins werden! Ich will mich mit dir paaren! Aber ich kann nicht! Und ich weis nicht wieso! Mein Gefühl sagt mir das es noch nicht richtig ist! Wie bei dir. Aber warum tut es das?! Ist es überhaupt richtig?! Oder bilde ich mir das nur ein weil ich Angst davor habe?! Weil ich Angst vor einer Paarung habe?! Angst dass es wehtun könnte?! Ich weis nicht mehr was ich tun soll! Ich…das was da gerade passiert ist…wie du gerade da drin warst…so hab ich Angst vor dir…Und ich zweifel selber auch an mir! Was soll ich nur tun Kaneda?! Wer…wer bin ich?! Wo gehöre ich hin?!“

Und das zu hören war als würde man Kaneda einen Dolch ins Herz rammen und danach noch auf ihn eintreten als er am Boden lag. Es war ein schreckliches Gefühl. Unnachgiebig. Und die Sorge das Joker ihm eben einen Floh ins Ohr gesetzt hatte wurde größer. Und genauso erschrocken sah er den Kleinen auch an, der leise in Tränen ausbrach als er das gesagt hatte. Aber etwas tat noch mehr weh als die Sorge um den Floh im Ohr…Er…hatte Angst vor ihm? Er hatte Zweifel an sich selbst? Tetsuo verbarg sein Gesicht hinter seinen Händen und weinte noch leicht. Er kam sich selber so dumm vor. Wie ein kleines Mädchen das rumheulte weil es nicht weiter wusste. Aber er konnte es auch nicht abstellen. Er wollte nicht vor ihm weinen, also warum tat er es dann? War das ein…verzweifelter Hilferuf? Hoffte sein Herz somit das von Kaneda zu erreichen? Das war doch dumm…Aber genau das geschah. Denn kurz darauf fühlte er wie er mit beiden Armen umschlungen wurde, eine Hand dann sein Kinn packte und sie sich plötzlich küssten.

Es war ein langer und inniger Kuss gewesen. Diese Art von Kuss die Tetsuo so liebte…Wo er…ohne seine Kräfte nutzen zu müssen, spürte was Kaneda empfand. Er spürte die Liebe und die Lust nach ihm. In dem Kuss und in jeder Bewegung die er während des Küssens tat. Sie wie Kanedas eine Hand gerade von Rücken sanft runter glitt und sich auf seine Hüfte legte. Dort zupackte. Und als er zupackte schoss ein Schlag durch Tetsuo. Ein Schlag der Erregung…Es war natürlich. Wie wenn ein Männchen sein Weibchen von hinten fest an der Hüfte packte, verhinderte das sie floh, um dann in sie einzudringen und sie zu befruchten…Und genau diesen Instinkt weckte diese Berührung in ihm. Es war verrückt…wie animalisch sie doch waren. Nicht anders als Tiere. Und noch seltsamer war es das Tetsuo wie ein Weibchen darauf reagierte, obwohl er nicht das Zubehör hatte. Er sehnte sich danach von Kaneda genommen zu werden. Stark genommen und am Ende des sexuellen Aktes dann leidenschaftlich befruchtet zu werden. Auch wenn er ihm nie Kinder schenken konnte. Es war komisch, aber so fühlte er. Aber noch bevor er weiter den Gedanken vertiefen konnte ließ Kaneda plötzlich von ihm ab. Er löste den Kuss und sah ihm in die Augen. Ihre Gesichter dicht beieinander, als er sprach:

„Ich bin noch immer ich…und wenn du Angst hast, dann kannst du mir das sagen. Sag mir was es ist…Ich will nicht das du Angst vor mir hast Tetsuo…“

Und das war nicht gelogen…natürlich was es das nicht…Der PsyKI schluckte. Wo sollte er anfangen?

„…Seit ich dich kenne bist du ein Anführer. Deine Freunde respektieren dich und folgen dir. Weil sie dir vertrauen. Und auch ich…ich vertraue dir. Du hast etwas in mir berührt und damit Vertrauen geweckt von dem ich dachte es verloren zu haben…Und als Anführer willst du nur das Beste für dein Rudel. Das hat ein Alphatier so an sich…Doch momentan bist du so auf Rache und auf Beendigung dieses Konflikts mit den neuen Kindern fixiert…dass ich das Gefühl habe du verlierst deinen natürlichen Instinkt…“

„Welchen Instinkt meinst du…?“

Tetsuo fasste ihm sanft auf die linke Wange.

„Dein Rudel zu beschützen und zu behüten…“

Sie sahen sich nur an…und es tat Tetsuo weh diese Worte zu sagen:

„Denn in deine Güte, dein Herz, deine Stärke und deine Treue…in das habe ich mich…Ich habe Angst das du dies verlieren könntest…vielleicht wegen mir.“

Und das traf Kaneda noch heftiger. Und plötzlich bekam er auch Sorge. Hatte er sich wirklich so verändert und das nicht mitbekommen? Aber wenn Tetsuo das sagte…dann war da was dran. Und das wollte er nicht. Er schüttelte den Kopf und schmuste sein Gesicht an das von Tetsuo dran. Beide schlossen ihre Augen und genossen einfach nur die sanften Berührungen dabei. Es war wunderschön. Und bindend, genau das was sie liebten…Bis Kaneda aufhörte und sie sich wieder tief in die Augen sahen…als er sagte:

„Lass das. Du bist nicht daran Schuld Tetsuo…Ich…es tut mir leid. Es ist meine Schuld… Bitte sag mir weiterhin wenn du das spürst…Wenn du spürst das ich vom Weg abkomme…dann hol mich auf diesen zurück, ja Tetsuo? Und bitte…bitte wein nicht mehr wegen mir. Du weist ich will nicht das du wegen mir weinst…Ich liebe dich und ich möchte das nicht…“

Er liebt ihn…Tetsuo liebte ihn auch. Aber anders als Kaneda hatte…hatte er das noch nie gesagt. Er hatte noch nie gesagt dass er ihn liebt. Warum fiel ihm das so schwer? Oder eher gesagt: wovor hatte er Angst? Und dann küsste er ihn noch mal. Es war wieder innig, wenn auch etwas kürzer. Es tat so gut zu hören dass er ihn liebte…auch wenn er das bei jeder Berührung oder bei einem Blick spüren konnte…Aber der Kuss war so knapp gewesen weil Kaneda noch was danach sagte:

„Und es liegt nicht an dir! Ich will nicht hören das es an dir liegt Tetsuo! Ich kann es nur immer wieder sagen bis du es in deinen kleinen Dickkopf bekommen hast! Nicht von all dem ist deine Schuld! Hier in Neo Tokyo…hier ist es einfach anders als in deiner Heimat. Hier ist es kaputt und rücksichtlos…Also lass dich davon nicht beeinflussen Tetsuo. Es hat nichts mit dir zu tun!“

In dem Moment löste sich der PsyKI von seinem Männchen und setzte sich wieder normal neben ihn. Sah auf den Boden. Kaneda verstand nicht was dieser Abbruch sollte. Das war ungewohnt. Aber als Tetsuo anfing zu reden, wurde es ihm klar…

„Nein…es ist hier nicht wirklich anders…“

„Wie meinst du das?“

Und man sah dem jungen PsyKI an das er weit weg war. Das er mit den Gedanken seine Heimat so bildlich sah als wäre er dort…Und dann fing er an zu erzählen…Etwas was er Kaneda nicht gesagt hatte…aber es an der Zeit war.

„In meiner Heimat ist etwas nicht anders als hier…Weist du…auch wir wurden klassifiziert. Auch bei uns gab es soziale Unterschiede und nicht jeder ist gleichberechtigt. Ich denke Hierarchie muss in jeder Gesellschaft sein, sonst geht alles vor die Hunde…“

Das verwunderte Kaneda nun doch etwas.

„Wirklich? Ich dachte ihr seid sowas wie eine Sekte und jeder ist auf derselben Wellenlänge mit Gott oder so.“

Tetsuo sah ihn verwirrt an.

„Was? Nein das ist kompletter Schwachsinn. Wo hast du das denn her?“

Kaneda lächelte kurz frech.

„Keine Ahnung.“

Und dabei musste Tetsuo auch lächeln. Nur eine freundliche Geste von ihm…und er bringt den PsyKI damit auch sofort zum lächeln…Aber er erzählte dann auch schon weiter:

„Jedenfalls…Es gibt auch bei uns eine Rangordnung…Noch neben der Art und Weise dass wir durch unsere Fähigkeiten in gewisse Reihen fallen…Ich hab dir niemals gesagt warum ich so gekleidet war wie ich war, als wir uns damals kennenlernten.“

„Nein hast du nicht. Gab es dafür echt einen Grund? Ich dachte das wäre nur dein Stil gewesen.“

Tetsuo schüttelte den Kopf verneinend.

„Diese Kleidung…Jeder in meiner Heimat trägt diese Kleidung. Wir alle tragen weiß, aber der Unterschied liegt dann in der Farbe unseres Capes. Das ist unsere Daseinsrangordnung die wir nach außen tragen.“

„Also sowas wie ein Personalausweis?“

Tetsuo schüttelte erneut den Kopf.

„Ich denke nicht. Wenn auf dem draufsteht welche Daseinsberechtigung du im Stamm hast, dann ja.“

„Nein das steht definitiv nicht auf einem Perso drauf…Echt? Das wusste ich nicht. Also ich dachte echt nicht das dein Cape den Unterschied macht.“

Tetsuo stockte kurz. Man sah ihm an das es nicht leicht war darüber zu reden. War es so schlimm? Er wusste nicht mal ob Kaneda es verstehen würde. Aber…er wollte ihm das sagen. Er wollte ihm sagen woher er kommt und was in seiner Heimat normal war denn…es war kaum ein Unterschied zu hier…

„Weist du es gibt in meiner Heimat fünf Farben die uns bekleiden. Je nach der Farbe hast du quasi einen Stellenwert und unser Dasein im Stamm geregelt. Kinder tragen ein blaues Cape. Es steht für die unreife und die freie Kindheit. Wenn wir dann erwachsen werden, also fruchtbar und fortpflanzungsfähig, dann erhalten wir die Farbe Gelb. Das passiert in der Regel bei den Männern wenn sie ihre erste Ejakulation haben und die Frauen wenn sie ihre Tage bekommen und anfangen zu bluten. Beides wird dann der Hohepriesterin und dem Oberhaupt gesagt und damit wird dann der Rangwechsel vollzogen. Unser Oberhaupt hat ein schwarzes Cape. Es gibt nur ein einziges Oberhaupt und wie du ja weist beschützt er den ganzen Stamm in meiner Heimat. Seine Farbe steht für die Vielfalt und für die Erde auf der wir leben. Für das Fleisch und den Körper könnte man sagen.“

Daran konnte sich Kaneda erinnern, denn dass hatte Tetsuo schon mal gesagt. Er war sozusagen das Alphatier der Sippe. Was er sagte war Gesetzt und dazu war er noch mächtig.

„Dann kommt die Farbe Weiß…Weiß trägt nur die Hohepriesterin im Stamm. Meine Adoptivmutter Miyako. Weiß steht für die Reinheit und die größte stärke die Gott gleich kommt. Sie steht für die Seele und den Geist. Also ist sie sozusagen das Gegenstück zu unserem Oberhaupt das den Körper und das Fleisch symbolisiert.“

Kaneda drehte sich zu ihm und hörte weiter gespannt zu. Vollendete:

„Also bilden diese zwei eine Einheit…Körper und Seele.“

Tetsuo sah ihn an und nickte. Das hatte er gut beobachtet.

„Sie sind die Basis auf der wir leben. Ihre Worte sind Gesetzt und Stütze zugleich. Sie führen uns…Du merkst wir sind nicht zu verschieden. Auch ihr hab Menschen die euch führen. Habt eine Rangordnung. Im Grunde ist es doch das Selbe nur anders ausgelebt. Deswegen hasse ich Menschen auch nicht mehr…weil wir uns ähnlich sind. Nur haben wir eine andere Art dies zu leben. Unser Lebensstil ist anders. Aber…kann man einen dafür wirklich verteufeln? Nur weil er anders ist? Ich meine…wir tun doch niemanden was. Wir leben friedlich und geschützt, weit weg von euch und eurem Krieg. Also warum…warum hassen Menschen uns so?“

„Weil ihr anders seid.“

„Was?“

„Naja ihr seid schon anders. Ich meine du kannst mit deinen Gedanken Häuser in Trümmern legen, Schädel von Menschen platzen lassen und fliegen! Du kannst in die Vergangenheit und in die Gefühle von Menschen sehen! Das sind alles Dinge die ich nicht kann. Also ein Mensch wie ich nicht kann. Und wenn Menschen etwas nicht verstehen…dann bekommen sie Angst davor. Alles was anders ist und was sie nicht verstehen davor haben sie Angst. Und dann tun sie zwei Dinge: Sie fangen es und versuchen es zu verstehen…Oder sie töten es damit es ihnen nicht mehr gefährlich werden kann…So funktionieren Menschen Tetsuo.“

Und das war leider eine bittere Wahrheit die Kaneda und Tetsuo einsehen mussten. Vielleicht…vielleicht gab es nie eine Möglichkeit das ihre Rassen miteinander leben konnten. Nebeneinander leben konnten. Nicht solange sie voneinander wussten. Man sah es an der Stadt. Neo Tokyo versank im Chaos wegen Gerüchten aus der Vergangenheit und fanatischen Menschen die glaubten ein neues Zeitalter wäre angebrochen und das PsyKI die Menschen ablösen würden. Der nächste Schritt der Evolution und so…Aber Kaneda wollte das nicht glauben…Er wollte wirklich daran glauben dass sie zueinander finden würden. Da sie miteinander leben können, in Frieden und mit einer guten Zukunft im Blick. Ich meine: bei ihm und Tetsuo funktionierte das doch auch! Sie lieben sich! Menschen und PsyKI konnten sich lieben und verstehen! Es funktionierte doch…

Aber etwas fiel Kaneda noch auf…

„Was bedeutet die letzte Farbe?“

Tetsuo stockte erneut und sah ihn nur an. Man merkte richtig dass er nicht wusste wie er darauf antworten sollte. Als hatte er gehofft sein Liebster hätte nicht mitgezählt oder hätte vergessen was sein Cape noch mal für ne Farbe hatte. Aber offensichtlich nicht…

„Was bedeutet die Farbe Rot, Tetsuo?“

Und der junge PsyKI sah wieder auf den Boden und zuckte mit den Schultern undwissend und sanft. Als Kaneda das sah zog er die rechte Augenbraue verwirrt hoch.

„Wie? Du kennst die Bedeutung deiner eigenen Farbe nicht? Wie kann das denn passieren?“

Das wüsste er auch gerne…

„Es wurde mir nie gesagt…Ich habe diese Farbe schon getragen als ich ein Kind war.“

„Moment mal. Du sagtest eben dass Kinder Blau und dann später Gelb tragen. Warum hast du nicht Blau getragen und dann was anderes? Das verstehe ich nicht.“

„Ich auch nicht. Mutter Miyako hat es mir nie gesagt. Und irgendwann traute ich mich auch nicht mehr. Ich war nicht der Einzige im Dorf. Einige trugen auch Rot, aber es waren sehr wenige, du konntest sie an einer Hand abzählen. Aber ich spürte…dass ich anders war. Das etwas nicht stimmte. Ich wurde wegen meiner Farbe verachtet und beschimpft. Ich war ein Außenseiter, oder wurde eher zu einem gemacht. Und ich wusste nicht mal warum…“

Okay das klang wirklich komisch. Kaneda legte die rechte Hand an das Kinn und sah in Gedanken auch zum Boden. Wenn sie alle doch in Frieden und in Einigkeit lebten, warum gab es dann sowas im Stamm? Warum wurde Tetsuo ausgeschlossen und gehänselt? Das ergab überhaupt keinen Sinn. Zumindest keinen den Kaneda sehen konnte…

„…Blut.“

Sprach Tetsuo leise und sein Liebster sah wieder zu ihm.

„Was?“

„Ach ich weis auch nicht ich…ich hab die Farbe immer mit Blut verbunden. Mit unreinem Blut oder so…Keine Ahnung.“

Naja Blut ist rot und das Cape auch. Konnte man so sehen, aber unrein? Das war vielleicht nur eine Einbildung von Tetsuo. Wie konnte Blut unrein sein? Plötzlich stand Tetsuo auf und lief zu seinem Bett rüber. Unter diesem zog er einen Karton heraus und öffnete ihn. Darin waren andere Klamotten, aber alles was er tat war sich sein lieblingsstück rauszuholen…Und er streifte ihn sich auch gleich über…seinen türkisen Hoodie. Kaneda sah ihm dabei zu und lächelte dann. Als der PsyKI das Lächeln sah wurde er etwas beschämt und fragte:

„Was denn?“

„Nichts…Ich finde es nur schön wie sehr du das Teil magst.“

Tetsuo sah an sich runter und fasste sein Oberteil an dem unteren Rand. Dann musste er auch leicht lächeln und sprach:

„Daran hängen Gefühle…Ich hab ihn von einem Freund…Und er ist etwas was mich an mein neues Leben erinnert…“

So wie der Haarschnitt. Deswegen ließ er sich auch immer wieder die Haare regelmäßig von Kai schnippeln. Er verband das mit etwas schönem. Mit einem Neuanfang. Naja und Kaneda konnte nicht leugnen das er süß darin aussah…Aber warum zog er sich plötzlich um?

„Willst du irgendwo hin?“

Kam es spaßig von Kaneda. Er hatte aber selber keine Ahnung dass er damit voll ins Schwarze traf, denn Tetsuo nickte und lief dabei zu der Luke rüber. Er blieb stehen und machte diese auf und da wusste Kaneda auch was los ist und sprach erschrocken:

„Wowwowwow! Ist das jetzt dein Ernst?! Wo willst du hin?!“

Tetsuo sah zu ihm.

„Blöde Frage. Ich gehe in das alte Tokyo im Norden!“

Und da sprang Kaneda förmlich vom Bett auf und sprach lauter:

„Was?! Tetsuo das ist kompletter Blödsinn! Joker hat gelogen! Dort wird nichts zu finden sein!“

„Naja dann haben wir beide immerhin etwas frische Luft geschnappt.“

„Willst du mich verarschen?! Wir waren bereits Stunden unterwegs gewesen! Wir hatten genug Luft! Kai und Yamagata sind jetzt da draußen und wir zwei passen hier auf den Laden auf! Außerdem geht die Sonne schon langsam auf!“

„Hast du Angst dass man mich entdecken könnte am Tage?“

„Tetsuo! Lass den Blödsinn! Es ist einfach zu gefährlich!“

„Tja dann wirst du mich wohl beschützen müssen mein Großer.“

Und damit verschwand Tetsuo durch die Luke und aus dem Sichtfeld seines Partners. Kaneda schlug sich nur fassungslos an die Stirn. Oh mann. Wieder mal musste der Kleine seinen Dickschädel durchsetzten…Und natürlich war ihm nicht entgangen dass Tetsuo ihm eben noch verführerisch den Arsch entgegengestreckt hatte, als er in die Luke stieg…Wie konnte er bei dem Arsch „nein“ sagen? Richtig: nämlich gar nicht…Der mieseste und älteste Trick der Welt. Und Kaneda konnte ihm nicht wiederstehen wie ein Köter in seiner Hitze.
 

Es war ein fröhliches Fest wie immer.

Um das gewaltige Feuer, das mitten auf dem Platz des Dorfes gebaut wurde, tanzten viele Menschen. Der Nachtimmel war klar und Sterne erleuchteten diesen. Sterne wie man sie noch nie gesehen hatte. Hell klar und so weit weg. Frei in der Dunkelheit des Himmelbetts das blau bis schwarz funkelte. Es hatte etwas Beruhigendes an sich. So empfand das zumindest Tetsuo.

Auch er saß in der Nähe des Feuers und konnte seinen Blick nicht vom Himmel über ihm weichen lassen. Was gefeiert wurde interessierte ihn überhaupt nicht. Hatte nichts mit ihm zu tun. Für ihn war das nur ein weiterer Grund um an einem Ort und Ritual gebunden so sein, dass ihm so am Arsch vorbei ging wie nichts anderes. Obwohl er lieber wo anders sein wollte. Aber Mutter Miyako bestand darauf. Jeder sollte an diesem Fest der Liebe und der Paarung teilnehmen. War ja auch okay, aber Tetsuo glaubte nicht an die Liebe. Es gab mal eine Zeit als Kind wo er daran geglaubt hatte, aber das war lange her. Er war immerhin schon 15 Jahre alt. Kindische Ausmalungen von Liebe und ewiger Paarung waren nicht mehr in seinen Gedanken und belasteten diese. Er hatte sich damit abgefunden allein zu sein. Er empfand eben sowas nicht. Hatte keine Lust an der Paarung.

Dennoch wurde er aus dem Himmel über sich gerissen, als ihn etwas sanft an dem linken Oberarm berührte und er dann hinsah. Es war ein kleines Mädchen. Hellbraune Haare, die zu zwei Zöpfen geflochten wurden und mit rosa Bändern die diese zusammenhielten. Sie trug ein blaues Cape, wie alle Kinder und natürlich das weiße Gewand, als sie lieb zu ihm lächelte und fragte:

„Was bedrückt dich denn Tetsuo?“

Sie sagte das so lieb und freundlich und lächelte, dass ihm schon etwas unwohl dabei wurde.

„Nichts. Es ist nichts Kiyoko.“

Es war komisch. In der Regel mieden ihn alle im Dorf. Mutter Miyako und seine beste Freundin Kaori waren die einzigen großen Ausnahmen. Und dennoch schien er mehr Fans zu haben als er dachte. Kiyoko war gerade mal 7 Jahre alt, aber schon viel weiser und mächtiger als manch ein anderes Kind momentan im Dorf. Ausnahmen wurden pro Generation geboren. Natürlich reichte sie nicht an seine Kräfte ran, er war da doch als Kind noch gewaltig mächtiger gewesen, aber sie konnte auch schon Dinge sehr gut die andere Kinder nicht konnten. Unter anderem…Menschen durchschauen. Sie konnte Menschen berühren und sah sofort deren Gefühle und Charakter. Es lag ihr frei wie ein offenes Buch. Sie war sehr emphatisch. Deswegen wusste er auch das er ihr nichts vormachen konnte…Klar hatte sie ihn schon durchschaut. Sie wusste das ihn etwas bedrückte…und vielleicht auch was…Aber wie gesagt er wusste nicht was dieses Kind an ihm fand. Sie setzte sich sogar freiwillig neben ihn und suchte seine Nähe. Nervig.

„Du lügst.“

Sagte sie darauf freundlich und ehrlich. Klar log er! Das ging diese kleine Ratte nichts an. Muffig sah er zu ihr runter und fauchte leicht:

„Und du nervst! Geh jemand anderem auf den Sack Kiyoko! Ich bin nicht dein Babysitter und erst recht nicht dein Freund!“

Kalt. Und damit wand er sich ab und verschränkte die Arme schützend vor sich. Er sah genervt zum Feuer. Es nervte ihn…dieses ganze Fest nervte ihn! Verstand nicht warum diese notgeilen Affen um das Feuer tanzten nur um dann geknallt zu werden! Was sollte das?! Gab es echt nichts Wichtigeres im Leben?!

Kiyoko sah ihn einfach weiter an. Sie war nicht wütend über das was er sagte und auch nicht verletzt. Sie wusste…dass er das nur sagte weil er selber sehr traurig und verletzt war. Sich nach Liebe und Anerkennung sehnte. Und genau deswegen blieb sie weiter neben ihm sitzen und fing spontan an einen kleinen Blumenkranz zu flechten, aus den kleinen Blumen zu ihren Füßen. Sie wuchsen vor dem Holzstamm auf dem sie saßen. Diese gefällten Baumstämme waren nämlich Sitzmöglichkeiten um das Feuer herum. Aber etwas auf Abstand das natürlich genug Platz war um tanzen zu können. Grillen zirpten um sie herum und verstummten leicht durch die Lieder die gesungen wurden und die Trommelklänge die durch die Nacht hallten. Es hatte alles etwas sehr altes an sich. Es war eine neue Kultur die nichts mehr rein mit der Japanischen zu tun hatte. Sogar teils etwas indianisch war. Eben eine neue Kultur und Welt.

Tetsuo war noch immer innerlich etwas wütend auf alles um sich herum. Aber besonders auf sich…Und dann wurde er wieder aus seinen Gedanken gerissen, als ihn von rechts ein kleiner Junge am roten Cape rumzupfte und Aufmerksamkeit wollte. Er sah genervt hin und der kleine Junge sah ihn fröhlich an. Lachte auch etwas dabei. Er hatte ebenfalls hellbraune Haare, kurz und strubbelig und sprach dann zu dem Älteren:

„Du Tetsuo, willst du mit mir und Masaru fangen spielen? Bitte bitte!“

Er könnte platzen! Tetsuo hatte so die Schnauze voll und sah dann auch noch wie der Junge der genannte wurde, nämlich der kleine dickere Masaru mit ebenfalls hellbraunen Haaren, zu ihnen geschwebt kam. Und so waren sie beisammen. Das berüchtigte Esper Trio. Er schlug die Hand des Jungen von seinem Cape leicht weg und fauchte:

„Nein ich will nicht mit euch spielen Takashi! Lasst mich gefälligst in Ruhe und nervt jemand anderen!“

Esper Trio. Die drei Kinder wurden so genannt. Es waren drei sehr begabte Kinder, aber interessanter Weise brachten sie ihr volles Potenzial nur hervor wenn sie gemeinsam unterwegs waren. Sie bildeten eine Einheit etwas was sehr selten war. Noch dazu waren alle am selben Tag und im selben Jahr geboren. Sogar zur selben Stunde, plus minus Minuten. Aber von verschiedenen Eltern. Sowas hatte es noch nie gegeben. Kiyoko war die Einfühlsame und die Stimme der Vernunft. Sie war sehr emphatisch und konnte sogar leicht in die Zukunft sehen, aber das kam sehr selten und unkontrolliert. Sie war auch die Älteste der Drei. Masaru kam direkt nach ihr zur Welt. Er war der kluge Kopf und war sehr bewandert in Telekinese und im Fliegen. Er nutzte das wegen seinem Gewicht auch ununterbrochen und schwebte immer. Selten sah man ihn laufen. Und dann kam Takashi der Jüngste. Er war ein gutherziger Junge und war sehr talentiert im teleportieren. Auch verbarg er eine unglaubliche innere Stärke die es ihm ermöglichte Gedanken zu lesen. Er war der stärkste der Drei, aber auch der der nicht kämpfen wollte und Konfrontationen mied wie die Katze das Wasser. Gemeinsam ergeben sie eine Einheit und ein Wesen. Zudem verband sie das ihre Eltern tot waren. Tetsuo wusste nicht mal warum das passiert war. Interessierte ihn auch nicht. Und warum auch immer, hatten sie die Angewohnheit sich in der Nähe von ihm aufhalten zu wollen. Behandelten ihn wie einen großen Bruder. Der er aber nicht sein wollte. Tetsuo konnte nicht mit Kindern. Das wussten sie auch, er hatte es oft genug durchschimmern lassen. Aber dennoch gaben sie nicht auf. Immer wieder kamen sie zu ihm. Das waren seine kleinen persönlichen Anhänger. Sie waren so nervig für ihn…

Er stand auf und sah hinter sich zu dem Stamm runter, auf dem er eben noch gesessen hatte. Wie Tauben hatten sich die Kinder da hingesetzt und sahen ihn erwartungsvoll und lieb an. Was erwarteten die denn nun!? So drehte er sich um und legte die Hände in die Hüfte, beugte sich etwas runter und fauchte zu jedem abwechseln runter:

„GEHT. MIR. NICHT. AUF. DEN. SACK! Hat das jetzt eure Schaltkreise erreicht, oder muss ich euch erst ne Zeichnung davon machen!?“

Nachdem er das gesagt hatte sahen sich die Kinder verwirrt und abwechselnd an. Tetsuo ahnte schon schlimmes. Und dann sahen sie wieder zu ihm hoch und Takashi sagte freundlich:

„Wir mögen dich trotzdem großer Bruder. Egal wie du bist.“

Sie lachten dann leicht abwechselnd und Tetsuo schwillte der Kamm und platzte förmlich der Sack vor Wut. So das er runter fauchte:

„ICH BIN NICHT EUER GROßER BRUDER!!“

„Weist du, du bist viel netter als du zu gibst.“

Sagte dann plötzlich Kiyoko sehr neutral zu ihm hoch und dem Älteren blieb plötzlich alles im Hals stecken. Er sah sie verwundert an und war etwas erschrocken zugleich. Woher…wollte sie das wissen? Eigentlich war er gut darin seine Gefühle zu verbergen, aber dieses Balg schaffte es echt durch seinen Schutz und seine Fassade durchzuschauen. Sie sahen ihn weiter an. Blicke die ihn zu durchbohren schienen. Und er…verlor die Stärke. Er spuckte neben sich auf den Boden und stellte sich wieder aufrecht, verschränkte die Arme vor sich, als würde es ihn schützen und sah arrogant weg dabei. Er konnte das nicht…also Blicken so lange standhalten.

„Denk doch was du willst! Blöde Gören.“

„Es wird schon bald jemand kommen…“

Als sie das sagte sah Tetsuo wieder verwirrt zu ihr hin. Was? Was laberte sie da? Und sogar die Jungs rechts und links neben ihr sahen erstaunt zu ihr. Kiyoko hatte die Augen geschlossen und hielt den Blumenkranz ganz dich bei sich an ihre Brust gedrückt. Tat sie…etwa…? Dann machte sie die Augen auf und sah zu ihm hoch, lächelte und vollendete ihren Satz:

„…jemand der dich liebt wie du bist. Und um deine Hand anhält. Er trägt den Selben Schmerz wie du in seinem Herzen Tetsuo. Und er wird…alles verändern…“

Er sah sie nur an…Veraschte sie ihn? Es war ja bekannt dass sie immer mal Blicke in die Zukunft erhaschen konnte, aber auch dass diese nicht sehr präzise waren. Mehr Bruchstücke, die missverstanden werden konnten und zusammenhangslos waren. Reimte sie sich da gerade etwas zusammen? Jemand…der ihn liebte und um seine Hand anhielt…Er schüttelte den Kopf sauer und sprach:

„Veralbern kann ich mich selber! Dafür brauche ich dich nicht Kiyoko!“

Aber er konnte nicht weiter in Wut ausbrechen…den etwas erdrückte ihn. Er fühlte wie sich ein Druck in seiner Brust breitmachte und ihn etwas umschlang. Wie eine Lawine über ihn kam und ihn drohte darunter zu verschütten. Und es kam von hinten. Das Gefühl kam von hinter ihm rein gebrochen. So das er sich langsam umdrehte. Und sich alles wie in Zeitlupe abspielte. Die Kinder sahen auch an ihm vorbei. Und nur Kiyoko verzog das Gesicht leicht unsicher.

Er war…wieder da. Schemen und Schatten tanzten. Funken sprühten in der Nacht. Und diese Person tanzte um das Feuer und hatte Tetsuo mit seinen Blicken gefangen und mit einer Kraft umschlossen. Eine die ihn innerlich zerdrückte und versuchte sein Herz zu manipulieren. Er stand nur da…konnte sich nicht lösen. Sah ihm beim Tanzen zu und die Angst machte sich in ihm breit. Er konnte sich nicht bewegen. Er wollte…aber konnte nicht. Panik überkam ihn innerlich. Etwas hatte ihn fest im Griff.

Und dann kam der junge Mann näher. Hörte auf zu Tanzen. Ziel gerecht. Bis er leicht auf Abstand vor ihm stand. Ein böses Lächeln…und dann eine Hand die er Tetsuo reichte. Die Geste anzunehmen…auf das er ewig ihm gehören würde. Es gab dann kein Zurück mehr. Wenn er die Hand nahm, dann war das versprochen. Wie ein Packt mit einem Gott. Unzertrennlich. Tetsuo zitterte. Das war…es war nicht richtig. Er…er wollte diese Hand nicht nehmen. Aber…etwas zwang ihn…Etwas zwang ihn! Es sollte aufhören!

Und als er langsam den rechten Arm anfing zu heben, stand Kiyoko still von dem Baumstamm auf. Takashi und Masaru sahen ihr verwirrt nach. Das sie sich das traute…denn im Gegensatz zu ihr hatten die Jungs auch Angst vor ihm. So wie viele im Dorf. Sie kam neben Tetsuo und hielt den Arm fest. Verhinderte einen schrecklichen Fehler, der durch Manipulation beinahe durchgeführt wurde. Und damit riss sie Tetsuo aus dieser Trance. Er sah erschrocken zu ihr runter und sie lächelte sanft zu ihm hoch, schüttelte den Kopf dabei. Es war nicht richtig…sie hatte jemand anderen gesehen für Tetsuo…Und Tetsuo sah wieder auf. Sah zu dem jungen Mann…Sah Akira an und wand sich dann fluchtartig ab. Er rannte. Es kam ihm vor als würde er um sein Leben rennen. Denn beinahe…hätte er sich auf ewig mit Akira gepaart. Und als er in die Dunkelheit rannte, hoffte alles hinter sich zulassen, sah ihm Kiyoko noch nach. Sie war froh. So war es richtig. Denn sie sah einen ganz anderen Mann in ihrer Vision. Einen jungen Mann…mit einem warmen und aufmunternden Lächeln das Hoffnung in den Herzen sprießen ließ.
 

Die Sonne ging langsam auf und flutete mit ihrem Dämmerlicht den Highway am äußeren Rand von Neo Tokyo.

Noch war die Sonne nicht hoch genug am Himmel, so das sich die Schatten der Nacht noch über die Hochhäuser gelegt hatten, aber langsam spielten und ihre Form änderten, je höher sie stieg. Kaneda und Tetsuo saßen beide auf seiner roten Karre, als sie an einem großen und sehr alten Highway aus Neo Tokyo raus standen. Der Ältere zog seine Bille ab und sah über diesen hinweg. Hinter zu dem alten Stadtteil der sich als Ruinen hervorhob und langsam in Licht getränkt wurde. Der PsyKI hinter ihm dagegen sah dem Sonnenaufgang rechts neben sich zu, die im Osten über den Rand der Welt kam. Es war wunderschön. Und es war wie immer warm, so dass nur der leichte Wind kühlte. Kaneda sah auf seine Uhr am rechten Handgelenk und dann wieder nach vorne. Bevor sie los gefahren sind hatte er sich noch seine rote Motorradkleidung angezogen und darunter trug er eine rote Hose und sein gelbes T-Shirt. Er musste gestehen dass er noch nie zuvor über diesen Highway gefahren war. Dieser Bereich des alten Tokyo war komplett tabu für die Bevölkerung. Es war als wollte die Welt dass man diesen Ort vergisst oder hinter sich lässt. Und wenn er aus der Ferne die Gebäude sah, passte das perfekt. Sie waren noch älter und kaputter als alles andere außerhalb von Neo Tokyo. Und rechts neben ihm stand auch ein altes verwittertes Schild. Auf dem dick draufstand: Zutritt verboten. Radioaktives Gebiet. Nur für Militär zulässig. Und so weiter und sofort. Man sollte nie das Kleingedruckte lesen. Tetsuo sah von dem Sonnenaufgang ab und über die rechte Schulter seines Liebsten zu ihm. Fragte neugierig:

„Alles okay? Warum halten wir hier? Warten wir auf etwas Bestimmtes?“

Kaneda sah verwirrt zu ihm und schüttelte auch gleich den Kopf. Dann setzte er sich gerade auf seine Kiste, so das Tetsuo sich auch etwas hinter lehnen musste, damit beide gerade saßen.

„Nein ich hab nur kurz über etwas nachgedacht.“

„Über was denn?

Kaneda lächelte, so dass der Kleine es nicht sah. Verrückt. Er könnte locker seine Gedanken lesen, aber tat es einfach nicht. Er fragte wie ein ganz normaler Mensch nach. Kein Wunder er hatte versprochen das nicht mehr zu tun. Oder…hatte er vielleicht vor etwas Angst? Er sah wieder auf und dann freundlich über seine rechte Schulter nach hinten.

„Steig ab.“

Tetsuo sah ihn verwirrt an.

„Hä? Warum das denn? Müssen wir nicht nach da drüben?“

„Hey vertrau mir. Steig einfach mal ab.“

Was sollte das denn? Etwas unsicher und muffig stieg er allerdings dann doch ab. Warum sollte er ihm auch nicht vertrauen? Und so stand er neben der Karre und sah Kaneda an. Kam sich etwas wie abgestellt vor bis er dann mit den Schultern zuckte und fragte:

„Und? Was soll das jetzt genau?“

Kaneda sah ihn an und der kleine fühlte förmlich wie die Blicke seines Gegenübers seinen Körper rauf und runter fuhren, so das ihm unwohl wurde. Da war es wieder…warum erzeugte es so komische Gefühle wenn er spürte wie Kaneda ihn begutachtete…

„Zieh deinen Hoodie aus.“

Wie ein Stein erschlugen den jungen PsyKI diese Worte und er lief rot an. Fasste den Rand seines Hoodie unten stramm und fauchte zu ihm:

„W-was denkst du dir?! Ich werde nicht anfangen mich hier im Tageslicht und vor allem im Freien zu entblößen du Perversling!!“

Total überzogen und voller Phantasie. Kaneda dagegen sah ihn baff an. Und schlagartig musste er lachen. So stark das er sich echt am Griff seines Motorrades festhalten musste damit es ihn nicht davon runter pfefferte. Oh mann, dachte er echt es sollte jetzt für ihn strippen?! Das war zu drollig. Und Tetsuo lief noch röter an. Er kam sich dumm vor und fauchte beschämt:

„Hör auf zu lachen Kaneda!!“

Es dauerte einige Sekunden aber der Ältere bekam das hin. Wenn auch unter leichten Tränen. Er rieb sie sich weg und sprach dann:

„Oh mann…Hehehe…Du bist echt süß weist du das? Dachtest du echt ich will dass du für mich strippst damit wir dann auf meiner Karre vögeln können? Zieh mal deinen Kopf aus dem Gitter Tetsuo. Obwohl ich deinen Gedankengang mag, hehe.“

Zugegeben auf de Karre zu ficken wär schon echt geil. So im Licht der aufgehenden Sonne. Tetsuo seine Elfenbein farbene und wunderschöne Haut auf der sich der Schweiß sammelte und dann durch seine starken Stöße im Licht funkelte…Während er in perversen Gedanken kurz abdriftete wurde Tetsuo noch röter. Er kam sich so dumm vor. Es war wirklich peinlich. Aber…er dachte wirklich kurz daran das er wieder etwas versautes vorhatte. Warum auch immer…Kaneda fing sich wieder aus seiner Traumwelt und sprach:

„Ziehst du ihn bitte aus und gibst ihn mir?“

Was solle das denn? Egal. Es war schon peinlich genug, also tat er es einfach ohne lange zu fackeln. Er zog ihn über seinen Kopf und warf ihn dann genervt seinem Liebsten zu, der ihn auch locker mit der rechten Hand fing. Tetsuo stand nur noch mit seinem Hemd da und fragte genervt:

„Und? Zufrieden? Was soll der Blödsinn?“

Kaneda legte sich den Hoodie unter das rechte Bein und sah wieder freundlich zu Tetsuo rüber.

„Der würde dich beim Fliegen nur stören.“

„Was?“

Was meinte er damit…beim Fliegen? Das verstand er nicht. Nicht die Worte sondern den Sinn dahinter. Aber Kaneda erleuchtete ihn auch schon:

„Ich dachte du möchtest deine Flügel mal wieder austrecken. Weist du…seit du bei uns in Neo Tokyo bist hast du nicht mehr die Möglichkeit gehabt zu fliegen wann du möchtest oder falls überhaupt. Zwischen Menschen bist du damit auffällig und es ist gefährlich…Ich kann mir nicht helfen, aber ich glaube es bedeutet dir sehr viel fliegen zu können. Oder irre ich mich?“

Nein…nein er irrte überhaupt nicht damit. Fliegen zu können…war etwas wovor Tetsuo keine Angst bei seinen Kräften hatte. Schon als er klein war liebte er es. Es gab ihm das Gefühl von Freiheit und hingehen zu können wo man wollte. Er sah auf den Boden und nickte nur langsam. Er wollte nicht antworten…das war auch nicht nötig, denn Kaneda verstand auch so.

„Ich fühle mich als hätte ich dir die Flügel gestutzt.“

Und da sah Tetsuo wieder auf. Sichtlich verwirrt. Er…dachte was? Und Kaneda sah plötzlich weg und in die Ferne. Schien etwas betrübt.

„Oder als hätte ich eine Leine um dich gelegt…Als ich dich kennengelernt habe, sagtest du dass du dich von niemanden an die Leine legen lässt. Du liebst deine Freiheit sehr und hattest Angst dich fesseln zu lassen. Das ist gerecht. Ich glaube das ist der natürliche Instinkt von uns Männern. Auch ich möchte nach meinen Regeln leben…Aber auch ich habe mich teils selbst an die Leine gelegt. Ich glaube sowas passiert einfach wenn man Menschen trifft die man liebt oder die zur Familie geworden sind. Man macht automatisch Abstriche und sucht nach einen Beisammensein und einem Leben miteinander. Das ist der Lauf der Natur. Wir können nicht ewig egoistisch sein wie Kinder. Und gemeinsam Leben bedeutet sich der Gefühle der anderen bewusst zu sein und damit zu leben. Einen mittleren Weg zu finden auf dem alle glücklich sein können. Es ist viel mehr Arbeit als sich allein und egoistisch durch die Welt zu schlagen. Aber ich denke…es lohnt sich immer. Oder was meinst du?“

Er sah dann wieder freundlich zu Tetsuo rüber, der ihn erstaunt ansah. Was er dazu meinte? Es stimmte. Alles was er sagte stimmte, oder zumindest sah das Tetsuo genauso. Und in der Sekunde realisierte er…das er nie wirklich erwachsen geworden war. Als er noch in seiner Heimat lebte, auch als er bereits fünfzehn wurde…war er noch immer das Kind das dachte lieber allein sein zu wollen, weil andere einem wehtun. Und er hätte nie gedacht…das Kaneda der sein würde der ihm den Spiegel vorhält und mit einem Schlag auf den Hinterkopf klarmachen würde…das es an der Zeit war erwachsen zu werden. Erwachsen werden bedeutete nicht dass man aufhören sollte Spaß zu haben, zu spielen, frech zu sein oder endlich sein Gemüse zu essen ohne zu meckern. Es bedeutete Verantwortung zu übernehmen. Nicht nur für sich…sondern auch für die die man liebt. Und wenn er ihn so sah…diesen Mann auf dem Motorrad, die Sonne hinter ihm aufgehend und das Lächeln auf den Lippen, dass ihn warm werden ließ und ihn mit Mut und Hoffnung füllte…da wusste er es…Er wollte erwachsen werden. Denn nur so konnte er mit dem Mann zusammen sein den er liebte. Er konnte mit Kaneda zusammen sein. Es stimmt. Er wollte sich nicht anleinen lassen. Das hatte er immer gesagt. Aber nun…Verstand er es. Man wurde nicht voller Zwang an eine Leine gelegt und war mit diesem Menschen deswegen zusammen. Nein. Man ließ sich freiwillig an die Leine legen. Weil man es wollte. Weil es bei den Menschen den man liebt…keine Leine ist.

Er schluckte kurz und lächelte dann glücklich zurück. Er war…wirklich gesegnet. Gesegnet diesen Mann gefunden zu haben. Nie glaubte er an die Liebe. In seiner dummen Kindlichkeit dachte er nicht an Liebe. Aber das hatte sich geändert. Er war…erwachsen geworden. Und bevor wieder Tränen des Glücks sich aus seinen Augenwinkeln schleichen konnten, schniefte er und streckte sich kurz. Drehte sich den rechten Arm etwas zu Recht und sprach dann frech zu Kaneda rüber, der fragte:

„Lust auf ein kleines Rennen?“

Tetsuo grinste.

„Präg dir mein Gesicht gut ein.“

Kaneda sah ihn verwirrt an.

„Was? Wieso?“

Tetsuo kam etwas auf Abstand rechts vorne an das Motorrad und sah frech zu ihm.

„Weil du gleich nur noch meinen Rücken sehen wirst!“

Und just der Sekunde erhob sich Tetsuo auch schon vom Boden und flog los. Sauste förmlich davon. Kaneda grinste und klemmte sich den Hoodie unter sein rechtes Bein, zog die Fahrerbrille auf, schmiss seine Karre an und ließ sie auf schnurren. Und dann raste er ebenfalls los. Der warme Wind rannte beiden durch das Haar und wirbelte es auf. Tetsuo hatte noch etwas Vorsprung, aber es dauerte auch nicht lange da hatte sich sein Liebster mit dem Motorrad genähert. Der PsyKI sah rechts hinter sich und grinste lieb. Bekam ein Lächeln zurück und dann ließ er sich zurück zu ihm fallen, so das Tetsuo und Kaneda auf der selben Höhe die Straße runter bretterten. Er flog links neben dem Menschen und lächelte so glücklich dabei, was Kaneda nach links sehend nur erwiederte. Alles zog in Schemen an ihnen vorbei. Es gab nur noch sie in dem Moment. Und Kaneda wusste das es Tetsuo gut tat. Dieses Lächeln, was tief aus dem Herzen kam, war der Beweis.

Und dann machte der junge PsyKI noch verspielt und glücklich eine seitliche Rolle neben ihm und lachte sogar mit geschlossenen Augen dabei. Er genoss es. Er war frei wie ein Vogel dem man aus einem Käfig gelassen hatte. Und allein DAS machte Kaneda glücklich. Er wollte diesen Jungen glücklich sehen. Und hoffte…das er das für immer tun könnte…ihn glücklich machen.

Tetsuo sah wieder zu ihm und erkannte das Lächeln auf den Lippen seines Gegenübers, der nicht mal auf die Straße sah sondern seinen Blick auf den jungen PsyKI fokussiert ließ. Alles beobachtete was er tat. Und Tetsuo…verstand ohne Worte, lächelte sanft zurück und flog ein Stück näher an ihn ran. Streckte seinen rechten Arm zu ihm raus und reichte ihm die Hand. Als wollte er sich binden. Und während sie so schnell fuhren, diesen langen Highway hinunter, streckte Kaneda ebenfalls einen Arm aus, den linken und fasste nach der Hand von Tetsuo. Sie berührten sich. Erst ganz sanft an den Fingerspitzen und dann an der Handfläche. Zart, auch wenn Kaneda Handschuhe trug, fühlte Tetsuo die Wärme und Energie seines Gegenübers durch diese. Ein Wirbel der Gefühle entstand in den Bäuchen der Beiden. Und aus der sanften Berührung wurde schließlich ein Griff. Eine Verbindung. Sie hielten die Hände und rasten gemeinsam weiter. Dieser Moment zeichnete das Ganze aus wie sie sich kennengelernt hatten. Erst vorsichtig, wie am Rande der Fingerspitzen, was dann immer mehr wurde, bis zur Handfläche und jetzt…waren sie verbunden. Und so sollte es für immer bleiben. In alle Ewigkeit.

Sie sahen sich an und lächelten beide sehr sanft zueinander. Egal aus welcher Welt sie kamen…sie liebten sich. Und was auch immer sie verband war nicht mehr zu trennen. Und dann lachte Tetsuo und ließ ihn los. Er machte einen Satz über Kaneda rollend in der Luft und kam auf die andere Seite des Motorrads. Der Ältere sah ihm nach und lachte dann auch. Dann gab der PsyKI auch wieder Gas und raste nach vorne davon. Kaneda setzte nach und folgte. Und beide realisierten: Dies war einer der schönsten Momente seit sie sich kennen gelernt hatten. Als flogen sie zusammen. An einen Ort wo sie einfach sie sein konnten und sich auf ewig lieben.

In dem alten Stadtteil von Tokyo sah es schlimm aus als sie dort ankamen.

Zumindest von dem was sie sehen konnten. Es war normal geworden das die Teile um Neo Toyko herum verwittert, alt und Ruinen waren, aber der Norden setzte dem Ganzen noch mal ne Schippe drauf. Er war absolutes Sperrgebiet, denn kaum als Kaneda und Tetsuo das Ende des Highway erreicht hatten war da bereits ein Zaun im Weg und ein Checkpoint. Dieser wurde benutzt um Leute abzufangen und zu kontrollieren eher durfte keiner in diesen Bereich rein. Es war offensichtlich dass der Checkpoint erst später erbaut wurde. Sicherlich erst nachdem das Labor dort errichtet wurde. Wenn sich dort wirklich eins befand, aber der Zaun ect. sprach schon sehr dafür dass dahinter etwas war was die normale Bevölkerung nicht sehen durfte.

Tetsuo hatte das Rennen übrigens gewonnen. Er kam zuerst an dem Checkpoint an und war somit der Sieger. Kaneda hatte das mit dem Rennen nur so zum Spaß gemacht um ihn etwas anzufeuern. Es gab keinen Preis, also war es egal wer zuerst an kam. Sie standen vor dem Checkpoint. Zwei kleine Räume an denen man sich anmelden konnte und zwischen diesen waren Stahlgitterzäune, die sich drehten wenn man durch durfte. Alles war natürlich runtergekommen und sogar mit Brettern verstellt. Fenster zugenagelt und das große Schild rechts am Zaun, der der Gebiet umgab, war vollgeschmiert und am rosten. Auch wuchs überall schon Gras und Efeu durch die kleinsten Ritzen, egal ob im Boden oder an dem Gebäude und dem Zaun. Auf dem Schild stand: Militärsperrbereich. Zutritt nur mit Ausweis. Aber unter dem stand mit Graffiti hingeschmiert: Lügner. Und: Tod. Nicht sehr einladend. Aber dennoch war diese Stille sehr entspannend, wenn auch gespenstisch, die durch die Stadt fegte.

Kaneda saß auf seiner Karre und sah sich um. Tetsuo stand links neben ihm und war dabei sich seinen Hoodie wieder anzuziehen. Als er damit fertig war strubbelte er sich noch mal das wüste Haar zu Recht und streckte sich. Durch das Fliegen war sein Haar etwas struppig nach hinten gefegt worden, aber dennoch merkte man dass es ihm gutgetan hatte. Er fühlte sich endlich mal wieder ausgetobt. Und das ohne sich erschöpft zu fühlen wie es in letzer Zeit öfter der Fall gewesen war. Dann sah er zu Kaneda und fragte:

„Und? Wie wollen wir da durch? Soll ich uns nen Eingang machen?“

Kaneda sah noch nicht zu ihm und schob sich die Fahrerbrille hoch auf die Stirn, als er dabei von seiner Karre abstieg und sie ausmachte. Er war sich selber noch nicht sicher. Im Grunde war es eine einfache Lösung. Tetsuo konnte locker ein Loch in den Checkpoint reißen und sie spazierten rein. Aber er wollte noch nichts überstürzen. Also schüttelte er den Kopf.

„Warte noch. Ich möchte erst Mal schauen womit wir es zu tun haben. Vielleicht finden wir in den Hütten da Hinweise ob es hier wirklich ein Labor gibt. Dann können wir noch immer alles einreißen.“

Tetsuo sah ihn erstaunt an.

„Wow das ist…beachtlich vorsichtig von dir. Du bist doch eher der impulsive und spontane Typ bei sowas.“

Kaneda sah dann doch endlich zu ihm.

„Wir sollten vielleicht wirklich nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen. Selbst wenn wir wirklich da drin ein Labor finden, sollten wir nicht gleich zeigen dass wir hier sind. Das Militär ist momentan etwas aufgekratzt, die gehen jedem Hinweis nach. Ich möchte kein Aufsehen erlangen mit der Aktion. Wir finden heraus ob es sich lohnt und dann einen Weg hinein ohne alles in Schutt und Asche zu legen.“

Als das getan war lief er einige Schritte von seiner geparkten Karre weg und auf die rechte kleine Hütte zu. Tetsuo sah ihm nach. Er war noch immer begeistert. Was auch immer Kaneda so aggressiv und unberechenbar gemacht hatte, wie vorhin, war komplett verflogen. Er sah Dinge wieder sachlicher und ruhiger, dass beruhigte den jungen PsyKI selber sehr. Machte ihn froh. So kannte er ihn nämlich. Das laute und aufdringliche das war doch eher Yamagata sein Stil. Und dann lief er ihm nach und sah sich dabei neugierig in der Umgebung um. Immerhin hatte er sowas noch nie gesehen. Kaneda hatte derweil die Hütte erreicht und stand vor der Tür. Sie fehlte komplett und war nur mit losen Brettern vernagelt worden, so das Kaneda sich eins fasste und stark daran zerrte. Etwas verwirrt sah ihm der PsyKI dabei zu und blieb hinter ihm stehen. Sollte er helfen?...Nee. Mal sehen wie er sich anstellte. Und natürlich bekam der Ältere es dann auch mit einem Ruck ab und warf es neben sich auf den Weg. Tetsuo verschränkte die Arme und verzog das Gesicht etwas frech und amüsiert. Nicht schlecht. Derweil machte sich Kaneda in die Hütte und wedelte erst mal den Staub aus seinem Gesicht den er durch das Brett aufgewirbelt hatte. Dann sah er sich um. Rechts waren einige Aktenschränkte und ein Mülleimer. Überall lag eine dicke Staubschicht auf den Sachen und Pflanzen hatte sich bereits Wege in das Innere geschaffen, so dass im Licht der Sonne Pollen zauberhaft durch die Luft tanzten. Und dann sah er links von sich den Schreibtisch und Stuhl direkt unter dem Fenster stehen was zum Durchsprechen da war. Er öffnete eine Schublade links des Tisches und wühlte darin rum während Tetsuo hinter ihm rein sah und fragte:

„Wonach suchst du eigentlich genau?“

Kaneda setzte sich auf den Stuhl und blätterte durch verschiedene Dokumente. Das wüsste er auch gerne. Er wusste selber nicht genau was er zu finden hoffte. Dann legte er die Beine lässig vor sich auf den Schreibtisch und antwortete, weiter mit dem Blick auf die Blätter:

„Nach etwas was mir vielleicht sagen kann ob es hier ein Labor gibt.“

„Und du machst es dir dabei bequem?“

„Jap. Könnte vielleicht etwas dauern.“

„Und was soll ich machen?“

„Ich bin mir sicher du findest schon was. Flieg nur nicht zu weit raus und bleib in der Nähe.“

Tetsuo sah ihn muffig an.

„…Alles klar Mama.“

Kam es motzig aus ihm und er drehte sich um und ging von der Tür weg. Kaneda grinste nur frech. Ihm war der Sarkasmus natürlich nicht entgangen und das amüsierte ihn. Aber bisher waren bei den Dokumenten noch keine besonderen Sachen dabei. Aber er war auch erst mit der ersten Schublade durch. Er hatte im Notfall noch zwei vor sich.

Tetsuo saß derweil draußen, seitlich auf der roten Karre seines Liebsten und sah einfach nur zum Himmel rauf. Er wusste nicht was er tun sollte. Er war nicht gut darin Zeit zu töten und langweilte sich in der Regel auch sehr schnell. Bei so einer Situation zeigte sich das auch er schnell Hummeln im Hintern hatte, obwohl er bei anderen Dingen eher ruhig bleiben konnte. So fühlte er sich gerade abgestellt und gelangweilt. Oh mann.

Er streckte sich und sah dann wieder vor zu dem Checkpoint. Und dann fiel ihm etwas auf. Ein Leuchten…Sofort sprang er von der Karre und lief im Eiltempo hin. Nämlich zu der anderen Hütte links von ihm. Als er dort ankam ging er langsam in die Hocke und lächelte. Er…er hätte nie gedacht hier so was zu finden. So schob er ein loses Brett von der Mauer der Hütte weg und befreite dort etwas und ließ Sonnenlicht darauf scheinen. Kaneda hatte dagegen einen Volltreffer gelandet und kam von dem Stuhl runter, sprach laut und erfreut:

„Bingo! Wusste doch es lohnt sich!“

Eine Akte über einen Menschen der an diesem Ort gearbeitet hatte. Jemand aus einem Labor wie es aussah. Und dann kam er nur mit dem Dokument in der rechten Hand aus der Tür raus gewackelt und sah sich um.

„Tetsuo! Ich hab was gefunden! Tetsuo?“

Wo war er denn? Er war nicht zu sehen und innerhalb von Sekunden hatte Kaneda das Gefühl jemand würde sein Herz zerdrücken. Die Sorge krabbelte gleich in ihm hoch. Aber bevor es schlimmer wurde und er sich panischer umsah, wanderte sein blick nach rechts und er sah den jungen PsyKI auch schon. Sofort lockerte sich der Griff um sein Herz und er atmete auf. Er mochte es nicht wenn er Tetsuo nicht in seiner Nähe hatte oder wusste wo er war. In den letzten Wochen hatte sich das zu einer Angst entwickelt. Er wollte ihn immer um sich haben. Ganz besonders weil Neo Tokyo für den Kleinen nicht sicher war. Noch weniger als vorher…

Er sah ihn da hocken und lief zu ihm hin. Was machte er da? Warum hockte er neben der Bude?

„Tetsuo? Was machst du da? Warum antwortetest du nicht wenn ich dich rufe? Du weist doch das ich da schnell nervös werde vor Sorge.“

Jammer, jammer, jammer. Und dann kam er neben dem Schweigenden an und sah zu ihm runter. Sah endlich was der Kleine da machte. Ein sanftes Lächeln lag auf den Lippen von Tetsuo und Kaneda sah warum, auch wenn er es nicht verstand. Dort waren Blumen. Stink normal Butterblumen, aber auf einer saß ein Insekt drauf. Ein Glühwürmchen. Ganz still und schweigsam saß es auf einer der Blüten und flatterte nur leicht mit den Flügeln, als würde es sich strecken oder damit kühlen. Ein wunderschönes Insekt und auch nicht so oft zu finden. In der Stadt erst recht nicht. Es waren ländliche Tiere und brauchten Ruhe so wie auch Dunkelheit. Sowas gab es in Neo Tokyo mit seinen ganzen Lichtern nicht. Wieder etwas was die Stadt verloren hatte durch die Technologie und Industrie. Er kam runter in die Hocke und sah mit auf das Insekt. Und Tetsuo sprach dann, ohne den Blick von dem Kriecher abzuwenden:

„…Ich habe noch nie eins gesehen…Wusstest du das Glühwürmchen eigentlich keine Würmer sind? Eigentlich sind es Käfer. Warum hat man sie so genannt? Vielleicht weil es süßer klingt? Ich habe in Büchern von ihnen gelesen. Nur die Männchen können fliegen. Wusstest du dass sie die Dunkelheit brauchen? Ohne sie finden sie nicht das Glühen ihrer Partnerin und finden nie zueinander um sich zu paaren. Sie sterben dann ganz allein…Sicher die Männchen sterben so oder so nach der Paarung. Aber wenigstens nicht allein…“

Kaneda sah ihn an. Es kam so…mit Trauer aus Tetsuo…Er lächelte aber dann und stand wieder auf. Lief hinter den Kleinen und umschlang ihn auf den Knien von hinten. Er fasste die Hände des PsyKI und verwirrt fragte Tetsuo nach hinten sehend:

„Was machst du denn?“

„Vertrau mir.“

Hauchte ihm Kaneda sanft in das rechte Ohr und führte dann die Hände von Tetsuo mit seinen eigenen. Legte seine Handflächen auf die Handrücken des Kleinen und führte ihn. Schnell aber sacht führte er sie um das Glühwürmchen zusammen und Tetsuo erschrak. Er hatte das Insekt in den verschlossenen Händen und sprach dann erschrocken zu Kaneda hinter:

„Nicht! Du tust ihm noch weh!“

So besorgt, auch um ein Insekt…Es war in seinen Händen gefangen und er spürte wie es panisch darin flatterte. Wollte seine Hände öffnen, als würde die Panik auf ihn übergehen und er fühlen was das Insekt fühlte, aber sein Liebster ließ das nicht zu, hielt sie in der Position. Nicht…Es kribbelte immer weiter und dann hörte es auf. Kaneda sein Gesicht war rechts über der Schulter des PsyKI und er fragte:

„Fliegt es noch?“

Tetsuo schüttelte den Kopf. Warum machte er das? Er…er tötet es damit…Doch Kaneda zeigte ihm gleich warum. Ganz vorsichtig öffnete er mit seinen Händen die sanften Hände darunter und nur einen Spalt breit, so dass Dunkelheit darin herrschte und man diese sehen konnte. Man sah den Käfer nicht aber dann:

„Pass auf.“

Sprach der Ältere und pustete dann ganz sanft in den Spalt zwischen den Händen hinein. Und wie durch Magie leuchtete der Käfer sanft darin auf und zirpte. Ein zarter, grünlicher Ton der ein Funkeln in den Augen des PsyKI auslöste. Es ging ihm gut. Es war…wunderschön. Obwohl Tetsuo teils sehr ernst war und schnell zu emotionalen Wutausbrüchen neigte, zeigte sich dort eine kindliche Seite an ihm. Denn wie ein kleines Kind, dem man was zu Weihnachten schenkte, strahlten seine Augen vor Freude. Und er lachte sanft dabei. Und das war alles was der Ältere damit erreichen wollte. Er hatte damit es geschafft. Er wollte ihn glücklich sehen.

„Und?“

„Es ist…wunderschön. Das Zirpen ist so beruhigend.“

Antwortete Tetsuo leise und Kaneda ließ seine Hände los, verblieb aber hinter ihm in der Position. Diese kindliche Unschuld…hatte er auch mal gehabt. Es tat gut zu sehen das sowas noch existierte…auch in ihm, denn es machte ihn ebenfalls glücklich das mal wieder getan zu haben. Und der Junge vor ihm sah noch immer auf das Leuchten in seinen Händen hinab, als Kaneda zu ihm sprach:

„Ich hab das als Kind auch öfter gemacht. Immer wenn ich traurig war…Meistens habe ich mich nachts aus dem Zimmer im Waisenhaus geschlichen und welche auf dem Spielplatz beobachtet. Sie flogen immer in der Nähe der Büsche. Bis heute habe ich sie nur dort gesehen, weil das Waisenhaus weiter außerhalb und ländlicher lag. Dort haben diese Insekten noch ihre Ruhe. Ich hab mir eins gefangen und genau das hier immer gemacht. Es…spendete mir Trost. Es wirkte auf mich wie ein Licht der Hoffnung das alles besser wird.“

Er sagte das…mit gemischten Gefühlen. Trauer und Glück, dass hörte Tetsuo genau. Es war der selbe Schmerz den er kannte…Vorsichtig öffnete er dann seine Hände und sah den Käfer noch dort sitzen. Er hörte auf zu glühen, innerhalb von Sekunden, bis er seine Flügel öffnete und davon flog. Sie sahen ihm noch nach wie er in den Schutz der dunklen Hütte verschwand und dann drehte der PsyKI sich halb zu Kaneda hinter und sah ihn an. Sie waren sich wieder sehr nahe und sahen sich nur an…Bis Kaneda wieder lächelte.

„…Wir haben das genauso gemacht.“

Tetsuo legte den Kopf schief.

„Hm? Was denn?“

Sein Gegenüber lächelte noch sanfter.

„Wie die Glühkäfer. Du…du hast in der dunklen Nacht da gesessen und geleuchtet im Licht des Mondes. Und ich schwirrte herum und hab…dich gefunden. Erinnerst du dich?“

Und da lächelte Tetsuo sanft zurück. Natürlich erinnerte er sich.

„Sicher erinnere ich mich. Aber…du hast mich mehr gejagt du Witzbold.“

„Jagen Männchen nicht immer ihren Weibchen hinterher? Hehe, wo war da der Unterschied?“

„Du wolltest mich wegen Geld töten. Das ist für mich ein klarer Unterschied du Blödmann.“

Tetsuo ärgerte und stichelte ihn spielerisch, denn er lächelte die ganze Zeit dabei. Das verstand auch Kaneda und haute ihm leicht verspielt die Stirn an seine, beide lachten und sie schlossen gleichzeitig die Augen dabei, während sie Stirn an Stirn nur da saßen und atmeten. Es wurde um sie herum still. Es gab nur wieder sie und das Gefühl den anderen zu spüren. Er liebte es. Tetsuo konnte ewig so sitzen bleiben…Kaneda aber löste sich und der Kleine erwachte ebenfalls davon, sah ihm nur verträumt dabei zu und drehte sich komplett zu ihm um. Sie saßen nun direkt zueinander gerichtet und sahen sich an. Kaneda leicht größer als Tetsuo.

„Ich bin froh dass ich es nicht getan habe...“

Damit meinte er den Kleinen getötet zu haben. Das verstand er sofort. Und Tetsuo sah ihn nur an. Hörte ihm genau zu…

„Seit ich klein war habe ich mich verlassen gefühlt. Ich habe Freunde gefunden, aber nicht mal bei ihnen redet man tief aus seiner Seele, oder zeigt sich verwundbar. Ich hab…meine Gefühle und Ängste immer weggesperrt. Dinge aus meiner Kindheit die mich verletzt hatten. Meine Eltern die mich einfach ausgesetzt hatten und den Menschen in mir damit getötet haben der ich einmal war. Ich…ich hatte mich verändert zu etwas was ich nie war. Etwas was ich nicht sein wollte, aber musste um zu überleben. Ich hatte an dem Tag mein Herz und meine Seele getötet und dachte nie mehr lieben zu wollten. Aber…aber nun mache ich das. Aus dem Nichts tauchte da ein Junge in der Dunkelheit auf. Riss all meine Schutzwände nieder und ließ mich wieder in die Liebe vertrauen. Und dafür…möchte ich dir danken Tetsuo. Du hast mich gerettet und tust das noch immer.“

Er beendete kurz den Blick und streckte sich dann Tetsuo rechts vorbei. Pflückte eine der Butterblumen und kam wieder in seine Position zurück. Er lächelte und Tetsuo wurde warm. Er lief leicht rot an und spürte wie auch seine Atmung schneller wurde. Es war…so offensichtlich was…Zart und leise steckte ihm Kaneda die Blume in das Haar über den linken Ohr und ließ dann die Hand auf der Wange des jungen PsyKI ruhen. Er lächelte…er lächelte noch immer so sanft und behütend. Es würde Tetsuo nichts passieren, allein das sagte das Lächeln schon aus: Ich beschütze dich…Und während ein warmer Sommerwind über sie hinwegfegte sprach Kaneda zu ihm:

„Ich liebe dich Tetsuo. Und wenn du dir das wünschst…werde ich für immer an deiner Seite bleiben und dich beschützen. Denn ich möchte…das du meine Königin bist, die ich auf Armen tragen werde.“

Vielleicht war es etwas dick aufgetragen aber…es wirkte. Nein, es waren ehrliche Worte. Tetsuo sah ihn nur an und der Wind wehte noch immer sanft um sie herum. Bis sich leise eine einzige Träne aus dem rechten Auge des PsyKI schlich. Es war geschehen. Es gab keinen Zweifel mehr…und kein Zurück. Denn das wollte er auch nicht mehr.

„…Ich liebe dich auch…Shotaro.“

Und der Ältere sah ihn erstaunt an. Shotaro…Normalerweise hasste er diesen Namen. Alles an diesem Namen ließ ihn sich an seine Vergangenheit erinnern. Aber wenn Tetsuo ihn sagte…fühlte es sich vertraut und gut an. Zum ersten Mal seit er seine Familie verloren hatte…Und in seiner Brust schlug ihm das Herz so stark bis zum Hals, dass es das Gefühl erzeugte es würde gleich aus diesem springen. Noch nie war er so glücklich gewesen. Er beugte sich vor und küsste die Träne sanft von der Wange des Kleinen. Rieb dann noch mal mit der linken Hand über diese drüber und fasste schließlich beide Wangen mit seinen Händen. Zog das Gesicht näher zu seinem und flüsterte lieb:

„Du sollst doch nicht wegen mir weinen du Dickkopf.“

Er lächelte frech und lachte kurz dabei und auch Tetsuo regte sich endlich wieder und schniefte, sprach dabei leicht muffig, aber glücklich:

„Dann sorg auch nicht dafür du Esel!“

Blöd machte der Ältere das Geräusch eines Esels nach und beide fingen danach an zu lachen. Es war unvergleichlich. Unvergesslich. DAS war der Grund warum sie sich liebten. Genau dieser Moment. Weil sie sein konnten wie sie waren und sich nicht verstellen mussten. Und als sie aufhörten zu lachen, sprach Tetsuo noch leise:

„Es tu mir leid dass es so lange gedauert hat…“

So lange gedauert hatte zu sagen das er ihn liebt. Kaneda hatte das verstanden und lächelte nur frech darauf.

„Tja, bei Dickschädeln dauert das immer etwas länger, weist du?“

„Sagt der Typ mit der Wand um sein Herz.“

„Hehe touche…Ich mag ihn übrigens.“

„Hm? Was denn?“

„Meinen Namen…aber nur wenn du ihn sagst. Benutze ihn bitte nicht so oft. Lass es…was Besonderes ein. So wie gerade…“

Tetsuo lächelte und nickte. Das würde er…er hatte es nie gesagt, aber…er liebte den Namen. Shotaro war ein schöner Name…Und dann küssten sie sich. Es war überfällig. Aber es gab keine Zweifel mehr. In jener Nacht hatten sich zwei Seelen mit dem selben Schmerz gefunden. Zwei die sich ähnlich waren und auf der selben Wellenlänge ritten. Und ohne dass sie es wussten hatten ihre zwei Seelen nach einander gegriffen. Wollten einander berühren und sich kennenlernen. Denn da war etwas…Und als sie das getan hatten, hatten sie sich untrennbar miteinander verbunden. Sie konnten nicht voneinander weg und sich lösen. Wie Ranken ineinander verwachsen und verschlungen. Sie wollten sich weiter kennenlernen und fühlten sich zueinander hingezogen. Und in diesem Moment. In dem Moment wo sie sich küssten, der Sommerwind sie sanft umhüllte und das Licht sie noch extra wärmte, war es endgültig. Sie wussten es zu dem Zeitpunkt noch nicht, aber ihre Seelen waren durch den Kuss und der Liebe verschmolzen. Aus dem Griff der Seelen wurde eine Einzige. Von dem Zeitpunkt an, waren sie unzertrennlich geworden. Ihre Schicksale und Leben waren miteinander verknüpft. Was auf der körperlichen Ebene nicht offiziell war, war es auf der Spirituellen bereits. Denn ab diesem Zeitpunkt…waren ihre Seelen miteinander verheiratet. Die tiefste Bindung die es gab. So wie Miyako es mal erwähnt hatte…



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