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Im Wechsel der Jahreszeiten

von

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Frühlingsblüten, Sommerastern, Herbstzeitlosen, Winterschnee Teil 4 - Sorgen und Haferbrei

„Danke, Felix“, sagte Jako und legte auf.

Er hatte sich bei Felix Rat und Hilfe geholt zur Vorbereitung des Abendessens.

Möhrenfrikadellen sollte es geben. Mit Bulgur und Salat.

Mit Feuereifer machte er sich an die Arbeit.

Das Kochen machte ihm tatsächlich richtig Spaß.

Kochen ist eine Kunst, sagt man, und ja, irgendwie kam das Ganze seiner künstlerischen Ader entgegen. Im Prinzip ging es dabei ja darum, einzelne Bestandteile zu nehmen, zu verändern, zusammenzufügen und somit am Ende daraus etwas ganz neues zu schaffen.

Es unterschied sich gar nicht so sehr von dem Prozess beim Erschaffen neuer Fewjar- Songs.

Er grinste zufrieden, während er sich daran machte, die Möhren auf der Küchenreibe zu zerkleinern.
 

Er dachte an Marti.

Marti, der begeistert war ob der Tatsache, dass er jeden Tag wieder etwas leckeres auf den Tisch brachte.

Marti, der mit großen Augen liebevoll zusah, wenn er die letzten Handgriffe machte und alles auf den Tisch stellte.

Marti, der mit Hochgenuss verspeiste, was Jako gezaubert hatte.

Marti, der mit Lob und Dankeschön und liebevollen Küssen nicht sparte.

Und ja, verdammt, an Martis Lob lag ihm was, schließlich war er der wichtigste Mensch in Jakos Leben.
 

Jako pfiff fröhlich vor sich hin, als plötzlich das Telefon klingelte.

Das Festnetztelefon.

Das konnten eigentlich nur die Eltern sein.

Er wischte sich die Hände an einem Küchentuch ab und nahm den Hörer auf.

„Joi... äh, Fischer?“

Manchmal passierte es ihm noch, dass er sich verhaspelte.

„Hallo, Jakob. Hier spricht Mutter.“

Das klang nicht gut.

Ihre Stimme klang ernst.

„Hallo Mama“, sagte er, und dann hörte er sich an, was sie zu sagen hatte.
 

Als Marti circa eine Stunde später von der Arbeit kam, hörte er kein gewohntes Geschirrklappern aus der Küche. Und was noch ungewöhnlicher war: keine maunzende kleine Katze kam auf ihn zugestürmt.

Irgendetwas stimmte da nicht.

Er schleuderte seine Schuhe in die Ecke... ja, schon klar, er wusste, dass Jako sich darüber aufregte, der hatte schon erzieherische Maßnahmen angekündigt, wenn er sich das nicht schleunigst abgewöhnte.

Ach, Fuck, ein andermal.

Er warf einen Blick in die Küche.

Niemand zu sehen.

Und im Wohnzimmer?

Ja, da saß Jako auf dem Sofa, zusammengekauert, den Kopf gesenkt, und mit Midnight auf dem Schoß, die er gedankenverloren kraulte.
 

„Jako?“

Der blickte auf, und Marti sah in zwei wunderschöne, aber verweinte Augen.

„Jako, du meine Güte, was ist los?“

Jako schluchzte.

„Ach, Marti....“

Marti war mit einem Satz beim Sofa, kniete vor Jako auf dem Boden und legte beruhigend die Arme um ihn.

Und Jako begann zu erzählen.

„Mein Papa...er hatte einen Schlaganfall. Diesmal schlimmer als beim ersten Mal. Es geht ihm schon wieder besser, hat Mama gesagt, aber... Die Ärzte haben von einem letzten Warnschuss gesprochen. Er muss dringend seine Lebensgewohnheiten ändern.

Und er ist doch so ein verdammter Sturkopf...“

Marti streichelte ihn sanft über den Rücken.

„Klar“, sagte er leise. „Das hat er ja auch an seinen Sohn  vererbt.“

Jako lächelte unter Tränen.

„Marti, ich habe Angst. Ich will ihn nicht verlieren, verstehst du?“

„Jako, dein Vater ist doch auch ein kluger Mann. Wenn wir ihm ins Gewissen reden, wir und deine Mama, ich denke, dann wird er ein Einsehen haben.“

Jako sah ihn dankbar an.

Er brauchte jetzt Martis Trost und Nähe.
 

„Jako... wirst du hinfahren?“

Jako schüttelte den Kopf.

„Mama hat gesagt, im Moment könne ich ohnehin nicht helfen. Und ich solle mein Studium, meine Musik und vor allem meinen frisch gebackenen Ehemann nicht vernachlässigen.“

Marti nickte.

„Ich denke, als es letzte Weihnachten das erste mal passiert ist, war sie hilfloser. Diesmal weiß sie, wie sie mit all dem umzugehen hat.“

„Ja, Marti. Aber, wenn es ihm schlechter gehen sollte, fahre ich trotzdem.“

„Selbstverständlich. Dann fahren wir beide.“

Jako küsste ihn dankbar.
 

Marti bot an, die Küche aufzuräumen und Pizza zu bestellen. Aber Jako wollte lieber zu Ende kochen. Das würde ihn ablenken.

Und so saß Marti kurze Zeit später mit einer Tasse Tee am Küchentisch und sah seinem Schatz beim Arbeiten zu.

Jako arbeite mit präzisen, knappen Bewegungen, mit geradezu tänzerischer Sicherheit.

Es faszinierte Marti jedes mal.

Er genoss es.

Sein Mann war schön.

Auch und gerade in der Bewegung einfach schön.

Marti liebte und bewunderte ihn, und er würde immer für ihn da sein, egal, was auch geschähe.
 

Eine Woche später war klar, dass es dem Vater wieder besser ging.

Er würde wieder auf die Beine kommen, allerdings stand nun erst einmal eine mehrwöchige Rehakur an. Die würde in einer Kurklinik in Brandenburg stattfinden, nur eine Stunde Fahrt von Berlin.

Jako und Marti würden ihn also besuchen fahren. Übernächstes Wochenende zum ersten Mal.

Und nach der Reha würde der Papa voraussichtlich wieder gut auf dem Damm sein.

Aber er würde tatsächlich seine Lebensgewohnheiten drastisch ändern müssen.

Ernährung umstellen, Sport treiben und vor allem deutlich weniger Stress. Man hatte ihm den Vorruhestand nahegelegt. Oder wenigstens eine deutlich reduzierte Arbeitszeit.
 

Jako sorgte sich, klar, aber er kam doch erstaunlich gut mit der Situation zurecht.

Dank Marti, der ihn unterstützte, wo er nur konnte und der ihm durch seine Liebe und seine Fröhlichkeit Mut machte.

Wenn Jako daran dachte, dass dieser wunderbare Mann ihm gehörte, und zwar ein ganzes Leben lang, dann durchströmte ihn ein tiefes Glück.

Und er war überzeugt, dass es ihm gemeinsam mit Marti gelingen würde, den Vater zu überzeugen.

Immerhin wollte er ihn noch lange behalten, denn er liebte seinen coolen Papa aus tiefstem Herzen.
 

Ein andere Sache jedoch ging ihm im Kopf herum.

Eine Sache, die mit alledem zusammenhing.

Er würde darüber mit Marti reden müssen.
 

Ach ja, reden.

Das fiel ihm nach wie vor nicht leicht, aber...

es war wichtig.

Es würde schon werden.
 

_ _ _
 

Ein paar Tage vergingen, und  Marti spürte, dass Jako durch den Wind war.

Und dass er etwas auf dem Herzen hatte.

Und mal wieder nicht mit der Sprache raus rückte.
 

Jako war einerseits nachgiebig mit Marti.

Es gab immerhin Regeln in diesem Haushalt; Regeln, die für sie beide galten, aber auch einige wenige, die speziell für Marti bestanden.

Marti hielt sich daran; er gab sich Mühe, besonders gehorsam zu sein, um es Jako nicht schwerer zu machen, als nötig.

Aber er hatte den Eindruck, dass Jako sich darum gar nicht kümmerte.
 

Zum Beispiel das Ding mit den Schuhen. Diese Unart hatte er sich immer noch nicht abgewöhnt; wenn er von der Arbeit kam, pfefferte er sie immer noch einfach in die Ecke.

Er hatte inzwischen ein paar mal erlebt, dass Jako sie einfach genommen und seufzend an ihren Platz gestellt hatte, anstatt ihn zur Verantwortung zu ziehen.
 

Andererseits jedoch schnauzte Jako Marti für irgendwelche Kleinigkeiten an.

Beispielsweise hatte er Marti angefahren, als der im Bad fröhlich vor sich hin gepfiffen  hätte. Er hätte Kopfschmerzen und Marti solle gefälligst seine nervige Klappe halten.

Marti war verletzt, hatte es ihm aber letztendlich nicht übel genommen, da er einfach viel Verständnis für Jako aufbrachte.
 

Trotzdem konnte es so nicht weitergehen.

Sie waren beide unglücklich damit; und so beschloss Marti, etwas zu unternehmen.

Damit Jako endlich redete.
 

So ging er in die Küche und nahm eine Packung Instant- Haferbrei aus dem Schrank.

Das war so ein Zeug, das man nur mit heißem Wasser oder Milch anrühren musste. Bisschen Zimtzucker drüber,  Obst oder Honig und schon hatte man ein ganz leckeres Frühstück, das mochten sie. Besonders in der kalten Jahreszeit, bevor man aus der gemütlichen Wohnung raus musste in die Kälte.

Jedenfalls stellte Marti den Wasserkocher an, nahm ein Schälchen und rührte etwas Brei an. Zimtzucker drauf, Löffel rein.

Dann ging er damit ins Wohnzimmer, wo Jako an seinem Schreibtisch saß und für die Uni arbeitete.

Er stellte die Schale mitten auf den Schreibtisch.

Jako sah ihn erstaunt und fragend an.

„Marti, was soll das jetzt?“
 

„So“, sagte Marti.

„Wenn du unbedingt um den heißen Brei herumschleichen willst, dann bitte um den da.“

Er sah seinem Mann in die Augen.

„Aber das, was du auf den Herzen hast... raus damit. Ich habe nämlich genug davon, dass du irgendwas mit dir rumschleppst und uns beide ans Ende unserer Nerven bringst, weil du wieder mal den Mund nicht aufkriegst.“
 

Jako schnappte nach Luft.

Im ersten Augenblick wollte er zornig auffahren.

Aber dann wurde ihm klar, dass Marti ja Recht hatte.
 

Er setzte sich aufs Sofa und Marti kuschelte sich in den Sessel, so fühlten sie sich am wohlsten. Midnight überlegte einen Augenblick und befand dann, dass offensichtlich Jako ihre Unterstützung brauchte und sprang auf seinen Schoss.

Jako begann, sie zu kraulen und war ganz dankbar dafür, dass seine Hände so Beschäftigung hatten.
 

„Also Marti, es geht um folgendes...“

Er musste erst nach Worten suchen.

„Wie fange ich an... also, ich hab ja ein mein Einkommen, von dem, was über YouTube und über die Musik so reinkommt. Das ist okay, ist halt nicht regelmäßig oder  besser gesagt, nicht wirklich planbar. Und ich hab da noch die monatliche Unterstützung durch meine Eltern. Zusammengenommen hat es immer für alles gelangt. Und ich habe  mir nie Gedanken darum gemacht. Lief halt immer so vor sich hin.

Na ja, aber nun ist es halt so, dass unsere Eltern uns ja bei der Hochzeit kräftig unterstützt haben; und durch die Tatsache, dass Papa in Zukunft nicht oder nur noch wenig arbeiten kann, wird sich ihr Einkommen drastisch verringern...“
 

Marti ahnte so langsam, worauf das hinauslief.

Jako fuhr fort.

„Na ja, und nun möchte ich mit ihnen besprechen, dass sie die monatliche Unterstützung an mich einstellen. Ich meine... es wird auch ohne gehen, wenn...“

Ehrlich, sie waren inzwischen verheiratet, hatten aber noch nie so wirklich über... diese Dinge geredet. Es war immer irgendwie gelaufen...
 

Er sah Jako an und setzte dessen Gedanken fort.

„Jako, das ist eine sehr gute Idee, eigentlich sogar das einzig vernünftige. Ich verdiene gut, und mit dem, was YouTube und die Musik einbringen, reicht das allemal bequem für uns beide. Mach dir keine Sorgen, okay?“

Er beugte sich vor und küsste Jako.

„Im Moment ist die Lage sehr gut. Wenn der Job vorbei ist, ist schon der nächste am Start, und ab dem nächsten Frühjahr geht die nächste Staffel der Kindersendung los...also fürs nächste Jahr ist erst mal gesorgt. Und dann wird’s schon weitergehen, und wer weiß, was sich bis dahin entwickelt...“
 

Jako nickte.

„Es ist halt nur... na ja... es ist bei mir so wenig planbar, und wenn dann mal nur sehr wenig reinkommt... dann bist du halt... na ja...“

„Jetzt hör mir mal zu Jako. Ich habe dich geheiratet, weil ich dich liebe und für dich da sein will. In guten wie in schlechten Zeiten, auch wenn dieser Spruch auf dem Standesamt so nicht gesagt wird. Er gilt für mich trotzdem. Und außerdem, wenn man heiratet, übernimmt man Verantwortung füreinander. Das hast du selbst gesagt.“

Jako nickte.

„Na siehst du. Und wenn du jetzt nicht sofort aufhörst, dir darüber Sorgen zu machen, dann versohle ich DIR den Po, hast du verstanden?“

Er sah Jako liebevoll an. Der grinste. Küsste Marti auf die Nase.

„Frechdachs, du bist einfach der Beste.“
 

„Ich weiß“, sagte Marti breit grinsend.

Er nahm sie Schale mir dem Brei und setzte sich rittlings auf Jakos Schoss. Midnight flüchtete.

„Und jetzt schön den Mund aufmachen, den heißen Brei brauchen wir nicht mehr!“

Jako tauchte den Löffel ein und führte ihn zu Jakos Mund.

„Hiiier kommt das Flugzeug!“

Jako lachte und ließ sich füttern wie ein Kleinkind.

Kurze Zeit später benahmen sie sich beide jedoch sehr erwachsen. FSK 18, um genau zu sein.

Es wurde laut, und leidenschaftlich, und Midnight verzog sich beleidigt in ihr Transportkörbchen.

Im Wohnzimmer war ihr eindeutig zu viel los.



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