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Im Wechsel der Jahreszeiten

von

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Frühling, Sommer, Ja Teil 22 / Sturmzyklus Teil 6 - Geständnis und Prügel

Als Marti die Wohnung betrat, kam ein kleiner schwarzer Blitz auf ihn zugesaust. Er hockte sich nieder und schwupps, war Midnight auf seinem Arm, rieb sich an ihm, schleckte ihn und maunzte laut.

"Hey meine kleine! Ist ja gut... ich hab dich so vermisst!"

Er streichelte und kraulte sie. Jako stand ihm gegenüber, in die Schlafzimmertür gelehnt.

"Hey", sagte er.

"Hey."

"Hast du mich auch ein bisschen vermisst?"

"Wäre ich sonst hier?", knurrte Marti.

Er wollte jetzt kein Geplänkel. Er wollte Tacheles reden.
 

Kurze Zeit später saßen sie zu dritt um den Küchentisch.

Marti hatte Felix gebeten, ihnen zu helfen. Er wollte einfach den ruhigen, besonnenen Felix dabei haben, der ihnen notfalls beiden vors Schienbein treten konnte, wenn sie es nicht schafften, sich wie erwachsene Menschen zu benehmen.

Midnight hatte die seltsame Stimmung gespürt und sich erst einmal wieder in ihren Tranportkorb verkrümelt.
 

"So", sagte Marti.

"Ich bin hier. Und jetzt rede."

"Marti, es tut mir leid, wie ich dich behandelt habe. Ich weiß, dass du der ehrlichste Mensch bist, den es gibt. Und ich weiß auch, dass du mich nie betrügen würdest."

"Jako, warum dann also das ganze?"

"Ich... ich habe selber Scheiße gebaut. Und irgendwie hat mein Unterbewusstsein wohl gedacht, wenn ich schon selber so was anstelle, dann vielleicht auch du..."

"Was?!"

Marti verschluckte sich fast an seinem Kaffee.
 

"Jako, jetzt eiere hier nicht rum, was heißt Scheiße gebaut?"

Jako schluckte.

"Die Uni-Party letztens. Ich war ziemlich betrunken..."

"Oh ja, ich erinnere mich."

"Ich habe... eine Kommilitonin geknutscht. Ich war echt betrunken. Ich weiß, das entschuldigt nichts. Und ich bitte dich, mir zu glauben, dass es nur beim knutschen geblieben ist. Na ja... es ist halt passiert, und so gern ich möchte, kann ich das nicht rückgängig machen. Marti, das ganze tut mir so leid. Die ganze verdammte Scheiße, alles, was daraus entstanden ist."
 

Marti saß da mit offenem Mund.

Das dritte mal, seit sie sich kannten, hatte Jako es geschafft, Marti sprachlos zu bekommen.

Als er die Sprache wieder gefunden hatte, sagte er, wütend und gefährlich leise:

"Seriously? Du knutschst mit irgendeinem Mädel, und anstatt mit mir zu reden, und schlimmstenfalls zu riskieren, dass ich verletzt und ein paar Tage sauer bin, ziehst du so eine Scheiße ab? Machst mich fertig? Unterstellst mir die gleiche Scheiße und schlimmeres? Seriously?"
 

Jako nickte

"Ich fürchte ja. Ich weiß, ich bin ein Riesenarschloch. Ich habe es nicht verdient, dass du je wieder mit mir redest, geschweige denn... trotzdem wünsche ich mir, dass wir noch eine Chance haben."
 

In Martis Kopf herrschte ein wildes Durcheinander.

Er war so unglaublich sauer auf Jako. Oh Mann, echt sauer. Aber... irgendwie war die Verzweiflung weg.

Warum eigentlich? Na ja, vielleicht einfach, weil er sich nicht mehr so hilflos fühlte sondern einen ganz konkreten Grund hatte, auf Jako sauer zu sein.

Und er war sauer. Oh Mann, und wie.
 

Den Göttern sei Dank.

Den Göttern, den Nornen, den Kriegern Wallhalls oder meinetwegen auch den Fäden des Schicksals, ganz egal an wen man nun glaubt oder auch nicht glaubt.

Jedenfalls Dank an wen-auch-immer, für Martis fröhliches, zuversichtliches, in sich selbst ruhendes Naturell. Dem war es nämlich zu verdanken, dass Marti in all dem nicht das Ende sah, sondern die Chance.

Die Chance für ihre Beziehung.

Denn ihre Liebe, das wusste er, war ungebrochen stark. Er atmete tief durch.
 

Ja, er würde mit Jako einen Neuanfang wagen.

Als er diesen Entschluss gefasst hatte, fiel ihm ein Stein in der Größe der mittleren Karpaten vom Herzen.

Aber... er würde Jako nicht ganz so einfach davon kommen lassen.
 

"Okay", sagte er. "Ich weiß, dass du mich liebst. Ich liebe dich auch. Und ich glaube sogar, das Schicksal hat uns füreinander bestimmt. Und ich denke, am Ende kann aus der Sache vielleicht sogar Gutes erwachsen.

Deshalb möchte ich uns eine Chance geben und gemeinsam mit dir neu durchstarten."
 

Jako strahlte. Er konnte es fast nicht glauben.
 

"Lass uns morgen über das Wie reden. Ich denke, wir müssen da ein paar Dinge besprechen. Aber wenn du es auch so sehr willst, wie ich, können wir es versuchen. Allerdings..."

"Ja?", sagte Jako aufgeregt.

"Allerdings kann ich dich nicht einfach so davon kommen lassen."
 

Marti erhob sich und verließ die Küche. Felix und Jako sahen sich fragend an. Man hörte Marti die Schlafzimmertür öffnen. Kurze Zeit später war er wieder da. Er hatte einen ledernen Gürtel in der rechten Hand, den er zu einer Schlaufe gefaltet hatte. Den legte er vor sich auf den Tisch.

"Felix", sagte er, "ich weiß, ich habe dich gebeten, zu kommen und uns zu helfen. Aber jetzt muss ich dich bitten, wieder zu gehen. Ich werde Jako die Tracht Prügel seines Lebens verpassen. Und ich glaube nicht, dass du das mitbekommen möchtest."
 

Jako sah ihn mit großen Augen an und schluckte trocken.

Felix sah Marti entsetzt an.

"Dein Ernst?"

"Aber so was von", sagte Marti tiefernst.

Felix sah in sein Gesicht, das von Jako ab- und ihm zugewandt war - und sah ein Grinsen und ein Augenzwinkern.

Aha.

"Okay", sagte er, ebenfalls mit soviel Ernst in der Stimme, wie es ihm möglich war. "Dann geh ich mal."

Jako hatte seinen Blick auf Midnights Fell gesenkt, die zu seinen Füßen saß und schnurrte.

Felix grinste breit. Er fand, dass Jako ein bisschen Angst durchaus verdient hatte.

"Ich will ja schließlich meinen besten Freund nicht schreien hören."

Und er verließ die Wohnung, rannte die Treppen hoch, und als er die WG betrat, brach er in erleichtertes, schallendes Gelächter aus.
 

Frodo sah aus seinem Zimmer.

"Wat'n los?"

"Jako und Marti haben sich eingekriegt", sagte Felix froh.

Und dann erzählte er, was unten gerade abging.

Frodo grinste.

"Marti is echt n bekloppter. Sowat fällt auch nur dem ein. Manchmal frage ich mich, wer bei den beiden tatsächlich die Hosen an hat."Mit dieser Frodo-typischen, etwas naiven Bemerkung, hatte der Gute vermutlich den Nagel auf den Kopf getroffen, dachte Felix.
 

An seinen Mitbewohner gewandt, sagte er:

"Ich rufe dann mal Bianca an. Keine Angst, ich erzähle ihr keine Details, dafür kenne ich sie noch nicht gut genug. Aber sie sollte wenigstens wissen, dass sich unten alles einrenkt."
 

Der Sturm hatte sich gelegt.

Jetzt ging es darum, die Sturmschäden zu beseitigen und die Großwetterlage neu zu analysieren.



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