Zum Inhalt der Seite

Das letzte Geheimnis

Für immer ihr Geheimnis Teil 4
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Hermine.
 

Ich kann nicht glauben, wie unfassbar dumm ihr seid. Da seid ihr für Wochen und Monate nicht auffindbar, und dann plötzlich entgeht ihr zweimal nur knapp den Todessern? Was hattet ihr in Godric’s Hollow zu suchen? Und wer kam auf die bescheuerte Idee, Lovegood zu besuchen? Was wolltet ihr überhaupt von ihm? Jeder weiß doch, dass er ein verrückter alter Mann ist. Und dass seine Tochter entführt wurde. Bekommt ihr wirklich gar nichts mehr mit? Oder wollt ihr euch fangen lassen? Ich verstehe nicht, wie ihr so dämlich sein konntet.
 

Ich wette, es war Potters Idee. Er war ja in Hogwarts schon immer gut mit der Lovegood befreundet. Aber wozu hat er dich? Kannst du ihm nicht seine Dummheit ausreden? Was wolltet ihr bei ihm?
 

Ich kann nicht glauben, dass ihr es da lebend rausgeschafft habt. Ich habe selbst gesehen, dass mehrere Todesser geschickt wurden, um euch zu greifen. Ihr müsst verdammt noch mal vorsichtiger sein!
 

Wenn ihr gefasst werdet … Hermine, ich weiß nicht, was ich dann tun soll. Mein Zuhause ist Sammelpunkt für alle möglichen Todesser, seit Du-weißt-schon-wer bei uns eingezogen ist. Wenn sie euch fassen, dann bringt man euch zu uns. Was soll ich dann tun? Was soll ich tun?
 

Zitternd legte Draco die Schreibfeder weg. Da er über die Weihnachtsferien bei seinen Eltern in Malfoy Manor war, hatte er natürlich mitbekommen, dass Selwyn und Travers ganz dicht dran gewesen wären, Potter zu schnappen. Und Hermine war bei ihm gewesen. Sie waren nur zu zweit, weil Weasley angeblich krank im Bett lag, aber Draco wusste, dass das eine Lüge war. Warum war Weasley nicht bei ihnen gewesen? Bei Lovegood waren sie zu dritt gewesen, aber in Godric’s Hollow alleine? Und warum waren sie überhaupt zu Lovegood gegangen? Godric’s Hollow konnte er vielleicht noch verstehen, aber einen verrückten Zauberer zu besuchen?
 

Wie so oft zuvor entzündete Draco mit einem Schwenk seines Stabes das Pergament. Er wusste gar nicht mehr, wie viele Briefe er inzwischen schon an Hermine geschrieben hatte, die anschließend in Flammen aufgegangen waren.
 

Er wusste wirklich nicht, was er tun würde, wenn Hermine als Gefangene hierhergebracht werden würde. Er wünschte, er könnte mit absoluter Gewissheit sagen, dass er sie befreien würde, doch er spürte, dass er sich nicht sicher war. Er hatte Angst. Viel zu große Angst.
 

Er hatte Glück gehabt, dass er nicht zu den Todessern gehört hatte, die dieses Mal geschickt worden waren, um Potter zu fangen. Mit jedem Mal, das er an der Seite von Todessern Hermine gegenüberstand, stieg die Gefahr, dass er sich verriet. Er würde es sich nicht verzeihen können, wenn sie wegen ihm zu Schaden kam.
 

Aufgewühlt lief er in seinem Zimmer auf und ab. Er wollte überall lieber sein als hier. Jeder seiner Schritte wurde überwacht – oder zumindest fühlte es sich so an. War er nur paranoid oder schienen die anderen Todesser ihm wirklich zu misstrauen? Er konnte nicht einmal seine Eltern fragen, weil er nicht wusste, ob er ihnen noch vertrauen konnte.
 

Seine Eltern schienen sich ja gegenseitig schon nicht mehr zu trauen. Seit sein Vater bei der Mission um die Prophezeiung versagt hatte, hatte sich etwas in ihm verändert. Draco hatte immer viel Respekt vor ihm gehabt, aber wenn es darauf ankam, hatte sein Vater trotzdem ein offenes Ohr für ihn. Jetzt hingegen schien er so sehr in die Kämpfe innerhalb der Todesser-Hierarchie verwickelt zu sein, dass er ihn kaum noch sah.
 

oOoOoOo
 

„Ich habe gehört, dass Mr. Crabbes Junge sich neuerdings sehr gut macht.“
 

Ungläubig ließ Draco sein Besteck sinken. Es war der letzte Tag der Winterferien, und jetzt meinte sein Vater, seine schulischen Leistungen ansprechen zu müssen? Sie hatten die ganze Zeit, die er hier gewesen war, kaum ein Wort miteinander gesprochen. Was sollte das jetzt?
 

„Nicht wirklich“, erwiderte er, während er sich sorgfältig den Mund abwischte. „Er ist nur in Dunkle Künste gut. In allen anderen Fächern ist sein unterlegener Intellekt immer noch von großem Nachteil.“
 

Sie blauen Augen seines Vaters musterten ihn kühl. „Und ausgerechnet in dem Fach ist er dir überlegen?“
 

Anspannung ließ seinen Rücken starr werden. Wurde er gerade von seinem eigenen Vater bedroht? Er schluckte, ehe er eine Antwort zustande brachte: „Er gewinnt die Duelle im Unterricht mit reiner Kraft. Er beherrscht nur eine kleine Anzahl an Flüchen und schleudert die wahllos gegen seine Gegner. In einem echten Kampf wäre er mir nach wie vor unterlegen.“
 

Sein Vater sah nicht überzeugt aus. „Soweit ich es gehört habe, besiegte er dich regelmäßig. Was sollte draußen der Unterschied sein?“
 

Am Rande seines Gesichtsfelds bemerkte Draco, wie seine Mutter stur weiter aß, als gäbe es nichts Interessantes zu sehen oder zu hören. Er nahm einen Schluck Wein, dann erklärte er: „Im Unterricht geht es darum zu zeigen, was man alles gelernt hat. Es geht nicht einfach darum, immer nur zu gewinnen. Ich versuche, die neuen Sprüche und Flüche zu zeigen. Natürlich beherrsche ich die nicht so gut, wie Crabbe die alten Sprüche.“
 

Noch immer schaute sein Vater ihn unbeeindruckt an. Was wollte er von ihm? Schweiß bildete sich auf seiner Stirn. War sein Vater wirklich so kalt, dass er ihn ans Messer liefern würde, wenn er einen Riss in seiner Verteidigung fand? Versuchte er gerade, in seinem eigenen Sohn einen Verräter zu enttarnen, um ihn dem Dunklen Lord ausliefern zu können? War sein Vater wirklich so berechnend?
 

Vermutlich hatte er Glück, dass seine Tante und alle anderen, die derzeit eigentlich auch hier wohnten, nicht anwesend waren. Sie hatten das Anwesen am Morgen verlassen, seine Tante hatte ihm verschwörerisch zugezwinkert, aber niemand hatte ihn eingeweiht, wo sie hingehen wollten.
 

„Carrow scheint darüber anders zu denken, oder wie erklärst du dir, dass er dir schlechtere Noten gibt?“
 

Er hatte genug. Wenn selbst sein eigener Vater nicht davor zurückschreckte, ihn ans Messer liefern zu wollen, gab es nichts mehr für ihn zu sagen. Es war besser, wenn er das Weite suchte. Mit grimmiger Miene erhob er sich, „Ich werde mich dann zurückziehen.“
 

„Setz. Dich. Hin!“, befahl sein Vater augenblicklich. Kalte Wut verzerrte sein Gesicht.
 

Überrascht von der offenen Feindseligkeit ließ Draco sich zurücksinken. „Was willst du von mir, Vater?“
 

Er spürte, wie die Panik am Rande seines Bewusstseins nur darauf lauerte, ihn vollständig zu verschlingen. Hatte er sein eigenes Todesurteil unterzeichnet, als er sich entschlossen hatte, die Weihnachtsferien zu Hause zu verbringen? Und warum sagte seine Mutter nichts? Sie aß, als gäbe es keine Sorge in der Welt.
 

„Ich will“, sagte sein Vater und betonte dabei jedes Wort einzeln, „dass du begreifst, wie es außerhalb von Hogwarts aussieht. Deine kleinen Lügen funktionieren außerhalb des Schlosses nicht.“
 

Er ballte unter dem Tisch die Fäuste. Das musste sein Vater ihm nicht sagen, er war sich dessen nur zu bewusst. Kalt erwiderte er: „Ich versuche zumindest, das Ansehen der Malfoys wiederherzustellen. Was tust du denn, mh? Versteckst dich hier und lässt dich gehen!“
 

„Genug!“, zischte der andere Mann und erhob sich: „Genug mit deinen leeren Worten! Genug mit deiner naiven Blindheit. Mach die Augen auf und sieh hin!“
 

Wütend sprang Draco ebenfalls auf. „Naiv? Blind? Dass ich nicht lache! Ich sehe sehr wohl, was hier vor sich geht! Wer von uns beiden war es, der für den Fehler des anderen bezahlen musste? Ich musste dein Versagen ausbaden, nicht umgekehrt! Mein Leben stand das ganze letzte Jahr auf dem Spiel, nicht deines.“
 

Mit langen Schritten ging sein Vater um den Tisch herum und baute sich vor ihm auf. „Denkst du, deine Leistungen letztes Jahr waren genug? Glaubst du wirklich, dein mickriger Versuch, die Wünsche unseres Lords zu erfüllen, waren auch nur im Ansatz ausreichend?“
 

„Nein!“, schrie Draco ihm entgegen: „Nichts davon war genug! Denkst du, das weiß ich nicht? Glaubst du, ich weiß nicht, dass er mich jede Sekunde einfach so töten könnte, weil ich versagt habe? Meinst du, ich verstehe nicht, dass du und Mutter ebenso jeden Tag in Gefahr schwebt? Ich weiß verdammt noch mal ganz genau, wie beschissen unsere Situation ist! Genau deswegen erzähle ich die kleinen Lügen, damit ich zumindest in Hogwarts halbwegs sicher bin. Du denkst immer noch, ich wäre ein kleiner Junge, der die Welt nicht versteht“, brüllte er, während Tränen der Wut und Verzweiflung über seine Wangen rollten.
 

Sein Vater, der Mensch, zu dem er sein Leben lang aufgeblickt hatte, stand hier vor ihm und schaute ihn mit so kalten Augen an, als ob er ihm einfach nichts mehr bedeutete. Und seine Mutter rührte ebenfalls keinen Finger. Gegen seinen Willen schluchzte er laut auf. Hastig wischte er sich die Tränen von den Wangen. „Ich weiß das alles, Vater. Ich will doch nur, dass wir das alles überleben. Wir, als Familie.“
 

Er ließ die Schultern hängen und senkte den Blick. Er wünschte, er könnte seinem Vater erzählen, wie sehr er sich danach sehnte, dass der Dunkle Lord einfach tot war. Besiegt von irgendjemandem, seinetwegen auch von Potter.
 

Zwei Arme schlangen sich plötzlich um ihn und zogen ihn in eine Umarmung. Überrascht und schockiert erstarrte er in der Umarmung seines Vaters.
 

„Das will ich doch auch“, flüsterte dieser ihm zu: „Ich will doch nur, dass du lebst und alt wirst und glücklich bist. Das ist alles, was zählt.“
 

Wieder schwamm sein Blick unter Tränen. Obwohl er ihn gerade noch angeschrien hatte, obwohl er gerade noch nackte Angst verspürt hatte, erwiderte Draco die Umarmung seines Vaters.
 

„Ich will doch nur, dass du auf dich aufpasst und nicht nachlässig wirst“, erklärte der leise: „Lass niemanden deine Angst sehen. Gib niemandem Grund zu Verdacht.“
 

Weinend vergrub Draco sein Gesicht an der Schulter seines Vaters. Er hatte ihn nicht ausgefragt, weil er ihn an den Dunklen Lord ausliefern wollte. Er hatte ihn beschützen wollen. Sein Vater liebte ihn genauso, wie er selbst seine Eltern liebte. Verzweifelt klammerte er sich an ihm fest und weinte seine ganze Angst und Erleichterung hinaus. Sein Papa hatte ihn immer noch lieb.
 

„Oh Lucius.“ Die zarte Stimme seiner Mutter klang brüchig.
 

Schniefend löste Draco sich aus der Umarmung und schaute zu ihr. Sie hatte endlich das Besteck weggelegt und sah zu ihnen hinüber. Ein trauriges Lächeln spielte um ihre Lippen. „Dein Vater ist manchmal der blindeste Narr, den dieses Anwesen je gesehen hat. Bitte trag ihm nicht nach, dass er laut geworden ist.“
 

„Ich mache mir nur Sorgen um unseren Sohn, Narzissa!“, gab Lucius streng zurück, während er sich wieder auf seinen Platz am Kopf der Tafel setzte.
 

„Das hättest du auch einfach so sagen können“, warf Draco ein, der sich ebenfalls wieder hinsetzte. „Für einen Augenblick klang es so, als wolltest du mich am liebsten des Hauses verweisen.“
 

Der Blick seines Vaters huschte zu seiner Mutter. Misstrauisch beugte Draco sich vor. „War das der Plan?“
 

Sofort langte Narzissa über den Tisch und fasst nach Dracos rechter Hand. „Natürlich nicht. Wir haben nur darüber gesprochen…“
 

„Es war nur ein Gedanke, den wir beide hatten“, schaltete Lucius sich ein. „Du bist zu jung, um in diese ganzen Todesser-Missionen verwickelt zu werden.“
 

„Morgen geht es zurück nach Hogwarts, dann bin ich nicht mehr hier.“
 

Wieder tauschten seine Eltern einen seltsamen Blick aus. „Das ist es, was uns Sorgen macht“, erklärte sein Vater leise. „Ich vertraue Severus und weiß, was für ein fähiger Zauberer er ist. Aber es gibt im Schloss auch Feinde und ich fürchte, es ist nur eine Frage der Zeit, bis er Krieg auch in Hogwarts ankommt.“
 

Irritiert blickte Draco zwischen seinen Eltern hin und her. „Mehr Geheimnisse?“
 

Beide zögerten, doch dann war es Narzissa, die das Schweigen brach. „Wir haben überlegt, ob es eine Möglichkeit gibt, dich in Sicherheit zu bringen. Weg von hier, aber nicht in Hogwarts.“
 

Schockiert starrte Draco seine Mutter an, ohne eine Antwort zu geben. Wie lange hatte er selbst schon genau darüber nachgedacht? Wie sehr hatte er sich gewünscht, dass er nicht hier sein musste, nicht in Hogwarts sein musste? Und wie sehr sehnte sich ein immer größerer Teil von ihm danach, einfach mit Hermine zu fliehen? Hatte er nicht gerade erst darüber nachgedacht, mit ihr irgendwohin zu gehen, wo niemand sie kannte, wo es keinen Krieg gab?
 

Doch ehe er etwas dazu sagen konnte, unterbrach das leise Klacken von Absatzschuhen das verschwörerische Gespräch am Tisch. Seine Tante war offensichtlich zurück. Mit einem schnellen Blick zu seinen Eltern, die schon wieder zurück in ihre Rollen als kühle, emotionslose Hausherren gefallen waren, nahm Draco Messer und Gabel in die Hand und setzte sein Mahl fort.
 

Er hoffte, dass er heute noch eine Chance bekommen würde, mit seinen Eltern über diesen sehnlichsten Wunsch zu sprechen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück