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Das letzte Geheimnis

Für immer ihr Geheimnis Teil 4
von

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Hermine.
 

Ich habe immer noch nicht wieder von euch gehört. Nur ein seltsames Gerücht, dass Weasley irgendwo gesichtet wurde. Ich vermute, das war nur jemand, der rote Haare gesehen hat und sich wichtig machen wollte, ausgerechnet Ron gesehen zu haben, aber ich kann mir nicht sicher sein. Ihr seid doch zu dritt unterwegs, oder? Du bist nicht mit Potter alleine?
 

Der Gedanke, dass du mit ihm alleine bist, gefällt mir noch weniger, als wenn du mit beiden unterwegs wärst. Da ist nichts zwischen euch, oder?
 

Ich weiß, ich sollte dir vertrauen. Du hast nichts getan, um mein Misstrauen zu wecken. Aber ich bin einfach so unsicher. Wir haben uns so lange nicht gesehen. Du bist die ganze Zeit nur mit Potter zusammen. Kann ich wirklich darauf vertrauen, dass du mich noch liebst, wenn wir uns das nächste Mal wiedersehen?
 

Liebst du mich überhaupt?
 

Vergiss, dass ich das gefragt habe. Es bringt mir nichts, diese Fragen zu stellen. Ich versinke nur in Selbstmitleid.
 

Ich habe letzte Woche tatsächlich versucht, mich deinen verschwundenen Freunden anzuschließen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie lange ich vor dem Raum der Wünsche stand. Aber ich konnte es nicht. Ich wollte, aber ich konnte nicht.
 

Oder vielleicht wollte ich auch nicht. Mit jedem Tag, den ich ohne dich verbringe, merke ich mehr, wie ich nichts will, nichts kann, nichts weiß.
 

Bevor ich dich kannte, ich meine, wirklich kannte, wusste ich nicht, wie tief eine Beziehung sein kann. Ich meine nicht nur Liebesbeziehung. Auch Freundschaften oder mit Verwandten. Ich dachte immer, dass ich einige Freunde habe und Eltern, die für mich da sind. Ich hatte nie das Gefühl, dass mir etwas fehlt. Es gab immer jemanden, der Zeit für mich hatte.
 

Aber die Dinge, die ich mit dir erlebt habe. Die Art, wie ich mich dir öffnen kann, das ist so viel mehr. Es ist, als ob du der einzige Mensch auf der Welt bist, der mich wirklich kennt. Bei dem ich so sein kann, wie ich wirklich bin. Als ob ich durch dich überhaupt erst entdeckt habe, wie ich bin, wer ich bin. Und jetzt, wo du weg bist, fühle ich mich verloren.
 

Ich komme mir lächerlich vor, wenn ich sowas aufschreibe. Aber gleichzeitig fühlt es sich so natürlich an, so zu fühlen. Und vielleicht ist es das ja auch? Dieses Gefühl, dass man einen Menschen gefunden hat, der die perfekte andere Hälfte ist. Wo einfach jedes Teil passt. Und wenn man alleine ist, dann ist man eben nur noch halb. Und was ist halb? So kann man nicht leben.
 

Ist es falsch, dass ich das so fühle? Ich hoffe nicht. Es ist, als ob du mir die Tür zu einem besseren Leben geöffnet hast. Wenn du mir jetzt sagst, dass es unnormal ist, was ich fühle, dann machst du die Tür wieder zu. Das würdest du nicht tun, oder?
 

Ein Plätschern ließ Draco aufschauen. Er hatte nicht vorgehabt, hier in der Toilette einen Brief zu schreiben, aber er hatte so lange gewartet, dass er sich schließlich irgendwie die Zeit vertreiben musste. Er hatte befürchtet, dass sich die Warterei nicht lohnt, doch das Geräusch von schwappendem Wasser bewies ihm jetzt das Gegenteil. Eilig entzündete er den Brief und stand auf.
 

„Myrte.“
 

„Hallo Draco.“
 

Nur ihr Kopf ragte aus der Kloschüssel, als wüsste sie nicht, ob sie wirklich zu ihm wollte. Unschlüssig trat Draco näher und lehnte sich gegen den Türrahmen der Klokabine. „Ich hatte gehofft, dass du auftauchst.“
 

„Und ich hatte gehofft, dass du nicht auftauchst“, erwiderte Myrte mit schmollendem Unterton.
 

Abwehrend hob Draco beide Hände. „Ich kann gehen, wenn du das willst. Aber ich bin hier, weil ich mich entschuldigen wollte.“
 

Bei den Worten kam Myrte aus der Kloschüssel geflogen und bespritzte ihn dabei mit Wasser. „Entschuldigen? Du willst dich bei mir entschuldigen?“
 

Angewidert wischte Draco sich mit einem Ärmel über sein nasses Gesicht, doch er ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen. „Ich habe in meiner Wut Dinge zu dir gesagt, die unfair und gemein waren. Das tut mir leid.“
 

Als wüsste sie nicht, was sie zu diesen Worten sagen sollte, drehte Myrte mehrere Runden durch die Mädchentoilette. Draco wartete geduldig. Er kannte den Geist inzwischen gut genug, um zu wissen, dass sie dazu neigte zu schmollen und anderen Dinge lange nachzutragen. Aber so nett, wie Myrte zu ihm im letzten Jahr gewesen war, hegte er die Hoffnung, dass sie ihm verzeihen konnte. Sie war, trotz ihrer Verschrobenheit, eine echte Freundin für ihn geworden.
 

Mit einem übertrieben lauten und theatralischen Seufzen senkte Myrte sich schließlich auf das Waschbecken hinab. „Na schön, Draco Malfoy. Du tust mir zu sehr leid, als dass ich dir deine bösen Worte nachtragen könnte.“
 

Empört zog Draco beide Augenbrauen hoch. „Es ist also nur Mitleid, das du für mich hast? Myrte, du brichst mir das Herz!“
 

„Tut mir leid, Liebster“, kicherte der Geist verschämt, „aber mein Herz gehört schon lange einem anderen.“
 

Kurz fragte Draco sich, in wen dieser Geist, der in einer Toilette wohnte, die alle mieden, verliebt sein könnte, doch dann fiel ihm ein Gespräch mit Hermine ein. „Potter?“
 

Myrtes Augen wurden groß. „Wie kannst du das wissen? Kannst du mein Innerstes sehen? Weißt du alles, was ich denke?“
 

Lachend schüttelte Draco den Kopf. „Mach dir keine Sorgen, das kann ich nicht. All deine jungfräulichen Geheimnisse sind sicher. Ich hab’s von Potters bester Freundin gehört.“
 

Er war sich sicher, wenn ein Gespenst erröten könnte, wäre Myrte jetzt leuchtend rot. Sie schlug beide Hände vor ihrem Gesicht zusammen und flog hoch hinauf zur Decke, wo sie sich im Schatten eines Balkens verbarg. „Keiner sollte das wissen! Nur Harry! Oh, Harry! Du weißt gar nicht, wie wundervoll er ist.“
 

Darauf konnte Draco nur schnauben. „So wundervoll, dass er mich letztes Jahr beinahe umgebracht hätte. Genau hier, Myrte. Und du hast das gesehen, oder nicht?“
 

„Ooooh, ja, das war furchtbar!“ In einer dramatischen Geste wirbelte sie zurück auf den Boden und griff sich ans Herz. „Ich dachte wirklich, er hätte dich umgebracht.“
 

„Die Intention war jedenfalls da.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und starrte Myrte herausfordernd an.
 

„Aber es tat ihm sofort leid! Es tat ihm sooo leid!“
 

„Es tat ihm leid, dass Snape sofort hier war und ihn auf frischer Tat ertappt hat“, beharrte Draco.
 

„Du verstehst ihn nicht, mein Lieber. So viele verstehen ihn nicht.“ Gewichtig nickte Myrte vor sich hin. „Aber ich verstehe ihn. Ich werde immer einen Platz in meiner Toilette für ihn haben.“
 

Stöhnen fuhr Draco sich durchs Haar. Es hatte keinen Sinn, in diesem Punkt mit Myrte zu diskutieren, zumal er es auch gar nicht so ernst meinte. Er war der letzte, der anderen vorwerfen konnte, jemanden in Lebensgefahr gebracht zu haben.
 

Er beschloss, das Thema zu wechseln, und schaute Myrte grinsend an. „Was hat er überhaupt getan, um deine Liebe zu gewinnen?“
 

Schmachtend lehnte Myrte sich an ihn. „Unsere Liebesgeschichte ist soooo romantisch. Es fing alles vor fünf Jahren an, als die Kammer des Schreckens wieder geöffnet wurde. Da tauchte er plötzlich hier auf. Mit zwei Freunden, seiner besten Freundin und einem rothaarigen Jungen.“
 

„Hermine und Weasley. Was wollten die drei hier?“
 

„Die Regeln brechen! Das ist der einzige Grund, warum irgendjemand herkommt. Oder zum Weinen.“ Seufzend spielte Myrte mit ihren Haaren. „Da habe ich ihn das erste Mal gesehen. Er war so höflich zu mir, so freundlich. Ich wusste sofort, dass er ein gutes Herz hat.“
 

„Aber warum waren sie hier?“, bohrte Draco nach. Er konnte sich nicht vorstellen, was die drei im zweiten Jahr ausgerechnet hier gewollt hatten.
 

„Sie haben einen Trank gebraut, im Geheimen. Naja, eigentlich hat nur Hermine Granger den Trank gebraut. Vielsafttrank, wenn ich mich richtig erinnere. Hermine Granger hat den Trank gebraut, Ronald Weasley hat zugeschaut und Harry Potter hat mit mir geredet.“ Wieder stieß sie ein langes Seufzen aus. „Sie waren so oft hier. Der Trank hat einen Monat gedauert. Und Harry hat so viel mit mir geredet.“
 

Er konnte nur lachend den Kopf schütteln. Natürlich würde Hermine Granger in ihrem zweiten Jahr in Hogwarts versuchen, Vielsafttrank zu brauen. Der Trank war so komplex, dass es nur wenige Schüler gab, die ihn in Hogwarts je korrekt gebraut haben. Und sie versuchte es auf eigene Faust.
 

„Und?“, hakte er nach. „Was ist daraus geworden?“
 

„Oh, es war zu amüsant!“ Myrte lachte, als ob ihr jemand den besten Witz ihres Lebens erzählt hatte. „Die beiden Jungs haben sich ganz normal in zwei andere Jungs verwandelt, irgendwelche aus Slytherin. Aber Hermine Granger! Sie hat ein Katzenhaar in den Trank gemischt! Sie hatte Fell und einen Schwanz und Ohren! Das war das Lustigste, was mir nach meinem Tod passiert ist. Und sie hat sich so geschämt!“
 

Draco war gefangen zwischen Unglauben, dass der Trank tatsächlich gelungen war auf der einen, und noch größerem Unglauben, dass ausgerechnet Hermine so einen dummen Fehler gemacht haben konnte, auf der anderen Seite. Sie hatte mit gerade einmal zwölf Jahren einen perfekten Vielsafttrank gebraut und war dann an einem Haar gescheitert? Er musste zugeben, das war lustig.
 

Während er innerlich darüber kicherte, fiel ihm etwas anderes auf. „Warte, du hast gesagt, dass sie sich in Slytherin-Schüler verwandelt haben? Weißt du noch, wer das war?“
 

Myrte zuckte nur mit den Schultern. „Keine Ahnung, wie die hießen. Aber aus dem Gespräch klang es so, als wären das deine beiden besten Freunde gewesen.“
 

Draco riss die Augen auf. Zu dem Zeitpunkt hatte er noch so ziemlich jede freie Minute mit Crabbe und Goyle verbracht. Myrte konnte niemand anderen meinen. Nachdenklich lehnte er sich an eine Toilettentür und schloss die Augen. Das zweite Jahr war so lange her. War ihm irgendetwas im Gedächtnis geblieben?
 

„Warte mal!“, stieß er schockiert aus. „Das eine Mal! Da hatte Goyle eine Brille auf. Ich weiß noch, wie überrascht ich war, dass er lesen konnte!“
 

Lachend schlug er sich gegen die Stirn. Natürlich. Wie hatte er damals nicht sehen können, dass das offensichtlich Potters Brille war? Und je mehr er darüber nachdachte, umso mehr fiel ihm zu dem Tag ein. Die beiden hatten sich mehr als seltsam verhalten. Seltsam genug, dass er sich auch jetzt noch, fünf Jahre später, daran erinnern konnte.
 

„Heile Nimue“, flüsterte er, während er auf den Boden starrte. „Potter und Weasley waren im Slytherin-Gemeinschaftsraum! Und sie haben mich ausgehorcht. Dachten wohl, ich wäre der Erbe Slytherins.“
 

„Hermine Granger musste danach in den Krankenflügel“, setzte Myrte unerwartet ihre Geschichte fort. „Sie hat sich ewig geziert, weil ja keiner wissen durfte, dass sie einen Trank gebraut hat.“
 

Auch daran erinnerte er sich plötzlich. Als er aus den Weihnachtsferien zurückgekehrt war, hatte er das Gerücht gehört, dass Hermine Granger seit Wochen im Krankenflügel war. Alle hatten damals gedacht, dass sie auch angegriffen worden war, aber dann tauchte sie wieder im Unterricht auf, während alle anderen Opfer weiter versteinert waren. Heiße Scham durchfuhr ihn, als er sich daran erinnerte, dass er ihr damals gewünscht hatte, angegriffen zu werden. Er wusste, er hatte das nicht wirklich so gemein und hatte nur was Fieses sagen wollen, aber es war trotzdem eine unangenehme Erinnerung. Vielleicht sollte er sich dafür entschuldigen, wenn er Hermine das nächste Mal sah.
 

„Das war kurz bevor ich angegriffen wurde“, fuhr Myrte fort, als würde sie gar nicht bemerken, wie viele Gefühle Draco gerade durchlebte. „Irgendjemand fand es lustig, mich mit einem Buch zu bewerfen. Aber dann kam Harry wieder und er war so lieb. Er hat sich so um mich gesorgt. So viele Fragen gestellt. Und er hat das furchtbare Buch mitgenommen. Da war es um mich geschehen.“
 

„Was für ein Buch?“, fragte Draco abgelenkt. Seine Gedanken drehten sich immer noch um sein furchtbares Verhalten im zweiten Jahr.
 

„Das Buch war böse!“, kreischte Myrte. „So böse! Ich hab das sofort gespürt, als es durch mich durch ging. Kein Wunder, dass das kleine Mädchen mit dem Buch so völlig durcheinander war. Wie besessen. Sie hat die Kammer geöffnet, hier, direkt vor meinen Augen, das Buch in der Hand, und mit einer ganz komischen Stimme gesprochen.“
 

Etwas in Dracos Kopf machte Klick. Das Buch. Ginny Weasley. Die seltsamen Andeutungen seines Vaters. Der Erbe Slytherins. Er hatte sich immer gefragt, wer damals die Kammer geöffnet hatte, aber niemand wollte ihm etwas sagen. Dumbledore hielt es vor allen Schülern gemein und sein Vater hat nur mit Verachtung auf alle Fragen dazu reagiert.
 

Doch jetzt erinnerte er sich. Damals, im Buchladen in der Winkelgasse. Sein Vater hatte ihm verschwörerisch zugezwinkert, als er der jüngsten Weasley ein Buch untergeschummelt hatte, und ihm zugeflüstert, dass er die Augen offenhalten sollte, weil dieses Jahr spannend werden würde. Und dann wurde die Kammer des Schreckens geöffnet. Ginny Weasley war sicher nicht die Erbin Slytherins, aber etwas an dem Buch hatte sie beeinflusst, dessen war er sich jetzt sicher.
 

„Moment, hast du gesagt, die Kammer wurde hier geöffnet?“ Zwischen all den anderen Dingen, die ihm durch den Kopf wirbelten, stach das plötzlich heraus.
 

„Ja! Und Harry war so mutig!“ Myrtes Tonlage war noch höher als sonst. „Er hat seltsame Worte gezischt und dann ging das Waschbecken auf. Er hat einen Professor gezwungen, zuerst zu springen, dann sind er und der andere Junge hinterher. Ich hab ihm zum Abschied angeboten, dass er meine Toilette teilen kann, falls er da unten stirbt.“
 

Gilderoy Lockhart. Draco hatte sich immer gefragt, was ihm zugestoßen war. Nachdem Ginny Weasley wieder aufgetaucht war, hörte man nur noch, dass er nach St. Mungo’s gebracht worden war. Irgendetwas war ihm also in der Kammer zugestoßen. Und es war ausgerechnet Potter gewesen, der heldenhaft eine andere Schülerin gerettet hatte.
 

Ein seltsames Zittern ergriff Draco. Er musste sich bei Hermine für alles entschuldigen, so viel stand fest. Aber er konnte nicht länger leugnen, dass sein Hass auf Harry Potter nicht richtig war. Ja, er war ein arroganter selbstverliebter Gryffindor, der von viel zu vielen Professoren bevorzugt behandelt wurde. Aber dass er mit gerade einmal zwölf Jahren die Kammer des Schreckens geöffnet hatte und vermutlich das Monster darin bekämpft hatte, um eine Schülerin zu retten, das war heldenhaft. Er hasste es, dieses Wort zu benutzen, aber kein anderes drückte es besser aus.
 

Er schluckte. Gegen seinen Willen hatte er plötzlich Respekt vor Potter. Warum hatte Myrte ihm diese Geschichte erzählen müssen?
 

Mit einem Mal schien ihm die Idee, dass so viele Zauberer und Hexen ihre Hoffnung in Harry Potter legten, dass er den Dunklen Lord besiegen könnte, nicht mehr so abwegig. Vielleicht war das der Grund, warum Hermine ohne zu zögern an seiner Seite geblieben ist. Sie hatte ihn Jahr um Jahr begleitet und gesehen, was er konnte. Einen Großteil seiner Heldentaten hatte er sicherlich nur dank ihr vollbringen können, aber Fakt blieb, er hatte sie vollbracht. Vielleicht war es nicht irrsinnig, dass er selbst ein wenig Hoffnung in Harry Potter setzte.
 

Aber nur ein ganz klein wenig.



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