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Das letzte Geheimnis

Für immer ihr Geheimnis Teil 4
von

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Hermine.
 

Es ist Fluch und Segen, dass ich hier in Hogwarts so wohlbehütet bin. Ich muss nicht mit den anderen Todessern ausrücken, um euch zu fangen, aber ich weiß auch nicht, was wirklich draußen geschieht.
 

Die Schulpflicht für alle dieses Jahr ist lachhaft. Es ergibt alles keinen Sinn und ich verstehe nicht, wie das niemand sehen kann. Alle Hexen und Zauberer zwischen 11 und 18 müssen nach Hogwarts gehen, auch muggelgeborene, obwohl die angeblich ihre Magie gestohlen haben von Reinblütern? Wenn sie angeblich Diebe sind, warum zwingt man sie dann, zur Schule zu gehen, anstatt ihnen ihre gestohlenen Zauberstäbe abzunehmen?
 

Ich verstehe es einfach nicht. Ich sehe diese Schüler, ich sehe, wie die Carrows sie foltern, ja, foltern. Und ich kann nichts tun. Niemand kann irgendetwas tun. Sind die alle nur hier, damit die Reinblüter jemanden haben, an dem sie den Cruciatus trainieren können?
 

Ich werde wahnsinnig. Wieso hört man nichts mehr von euch? Wo seid ihr? Was plant ihr. Ich weiß, ich sollte es gut finden, dass ich nichts von euch höre, weil das bedeutet, dass ihr noch lebt. Aber es macht mich wahnsinnig.
 

Hermine. Wenn wir uns wiedersehen, wird dann alles wie vorher? Werden wir dann ein normales Paar? Ich meine, sind wir ein Paar?
 

Ich kann mir nicht helfen, diese Unsicherheit kommt immer wieder. Die Frage, ob du mich noch liebst. Du bist seit Monaten alleine mit Potter und Weasley. Es wäre eher seltsam, wenn da nicht was zwischen euch passieren würde, oder?
 

Wenn du sehen könntest, wie alle meine Briefe immer wieder zu dieser Frage zurückkehren … ich bin froh, dass du sie nicht liest. Wenn du sehen könntest, wie erbärmlich ich bin, würdest du vermutlich wirklich vor mir fliehen. Mindestens mit diesen Briefen würde ich dich vertreiben. Ich weiß das. Wenn auch nur der Hauch einer Chance bestehen würde, dass du irgendetwas hiervon liest, würde ich niemals so offen schreiben. Dieses erbärmliche Geheimnis nehme ich mit ins Grab.
 

Mit einem Augenrollen schob Draco das Pergament von sich. Er war auch so schon erbärmlich genug, er musste das nicht auch noch aufschreiben und sich damit noch erbärmlicher machen. Energisch schwenkte er seinen Stab, um auch diesen Brief zu vernichten.
 

Er ließ sich zurückfallen, die Arme von sich gestreckt, den Blick auf den Stoff über seinem Himmelbett gerichtet. Sein Leben ging so normal weiter hier in Hogwarts, dass er mit jedem Tag, der verging, mehr das Gefühl hatte, dass er jeden Bezug zur Realität verlor. Er hatte nichts, was ihn am Boden hielt. Manchmal fühlte er sich, als würde er die Welt nur noch durch ein dickes Okklumentik-Schild wahrnehmen, das er nicht bewusst steuern konnte.
 

Das Rascheln eines Vorhangs signalisierte Draco, dass einer seiner Mitbewohner gerade dabei war, ins Bett zu gehen. Er setzte sich auf und zog den Stoff am Fußende seines Bettes ein Stück zur Seite, um zu sehen, wer es war.
 

„Alles klar?“ Theo schien Augen im Hinterkopf zu haben, so schnell reagierte er darauf, ohne sich zu ihm umzudrehen.
 

„Alles klar“, gab Draco zurück. Er wusste nicht, was er noch sagen sollte. Es war ewig her, dass er ein echtes Gespräch mit irgendeinem Slytherin gehabt hatte.
 

Er wollte gerade seinen Vorhang wieder zuziehen, da drehte sich Theodore um und bedachte ihn mit einem so kühlen Blick, dass er in seiner Bewegung innehielt. Mit vor der Brust verschränkten Armen setzte Theo sich auf die Kante seines Bettes. „Du bist nicht sonderlich gesprächig dieses Jahr.“
 

In einer Geste, die hoffentlich unbeeindruckt wirkte, lehnte Draco sich mit überschlagenen Beinen an den Bettpfosten. „Gibt nicht viel zu sagen.“
 

Theo schnaubte. „Nicht viel zu sagen? Ernsthaft, Draco? Ich glaube, es gab noch nie so viel zu sagen wie in diesem Jahr.“
 

„Für andere vielleicht“, versuchte er abzublocken, doch er sah, dass der Blick des anderen Slytherin noch immer voller kühler Zweifel war.
 

„Lass mich sehen“, setzte Theodore an und hielt eine Hand hoch, an der er nacheinander seine Finger abzählte. „Du hast letztes Jahr Dumbledore getötet, das wäre Anlass zu sehr viel Gerede von dir. Der Dunkle Lord wohnt praktisch bei deinen Eltern. Du bist seit über einem Jahr Todesser und sicher bei vielen Missionen ganz vorne mit dabei. Du triffst dich regelmäßig mit Professor Snape.“ Er tat so, als würde er überrascht auf seine Hand schauen. „Das sind schon vier Gründe und ich habe nicht einmal hart nachdenken müssen. Du hast so viel zu erzählen. Und trotzdem bist du stumm.“
 

Draco schluckte. Theodore Nott war schon immer einer der scharfsinnigsten Mitschüler in seinem Jahrgang gewesen. Es gab wenig, was ihm entging. Darum bemüht, seine gelangweilte Fassade aufrecht zu erhalten, schaute Draco ihn ausdruckslos an. „Und dein Punkt ist?“
 

Die Antwort war ein demonstratives Augenrollen und ein sehr genervter Tonfall. „Komm schon, Draco. Je mehr du so tust, als ob dich das alles nicht berührt, umso zweifelhafter wirkst du. Die Geschichten um deine Fehde mit Potter sind Legende in Slytherin. Dein öffentlicher Gebrauch des Worts Schlammblut gegen Granger ist noch heute allen im Sinn. Du hattest immer zu allem eine Meinung und warst ziemlich laut darin, sie allen mitzuteilen.“
 

„Ich bin kein Kind mehr“, schnappte Draco, der selbst zunehmend genervt von dem Gespräch war. Alles, was Theo sagte, stimmte, und es zeigte ihm, wie unfassbar offensichtlich seine plötzliche Veränderung war.
 

„Ah, ja, natürlich, du bist innerhalb eines Sommers plötzlich erwachsen geworden.“ Theodore erhob sich von seinem Bett und schlenderte zu Dracos rüber, wo er sich ohne Aufforderung niederließ und gegen den anderen Bettpfosten lehnte.
 

„Okay, es wird langsam langweilig. Was willst du von mir?“ Draco bedachte Theo mit einem ähnlich kühlen Blick wie der zuvor gezeigt hatte.
 

„Weißt du, Draco. Je mehr du leugnest, dass du etwas verheimlichst, umso auffälliger wird es. Sind wir Slytherin oder nicht?“
 

„Da weißt du mehr als ich. Sag mir, Nott, was verheimliche ich?“ Draco legte so viel Spott wie möglich in seine Stimme, doch er war sich unsicher, ob er das Zittern vollständig unterdrücken konnte. Er spürte, wie sein Nacken sich verspannte.
 

„Ich weiß nicht, Malfoy“, gab Theodore ebenso spöttisch zurück. „Wenn ich es wüsste, würden wir dieses Gespräch nicht führen.“ Er hielt kurz inne, als müsste er darüber nachdenken. „Oder vielleicht doch.“
 

„Verstehe. Und weil wir hier in Slytherin alle so offen sind, würde ich dir natürlich auf simple Nachfrage verraten, falls ich etwas verheimliche. Ergibt Sinn.“
 

Ergeben hob Theo beide Hände. „Ich sehe, ich komme hier nicht weiter. Ich weiß nicht, was du vor uns allen verbirgst, aber ich bezweifle, ich bin der Einzige, der spürt, dass da etwas ist. Du kannst vielleicht Pansy überzeugen, dass alles wie immer ist, aber nicht mich und sicher viele andere auch nicht. Also. Hier die eine Warnung. Sei besser. Hör auf, mit jedem Schritt, mit jedem Atemzug so verdammt verdächtig zu sein.“
 

Bevor er wusste, was er da tat, ließ Draco seinen Zauberstab aus dem Ärmel gleiten und presste ihn an Theodores Kehle. Sein Gesicht war nur Zentimeter von Theos entfernt und so konnte er jede Regung ganz genau sehen. Er zeigte kurz Überraschung, aber da war keine Angst. Nur immer noch diese abstoßende Überlegenheit, als wäre er unantastbar.
 

„Oh Draco. Draco, Draco, Draco. Wie tief willst du dein eigenes Grab noch schaufeln?“
 

„Hüte deine Zunge!“, zischte er. Wut, angeheizt von allumfassender Panik, brodelte in seinen Adern. Er ignorierte den Schweiß, der ihm den Rücken runterlief. Es war ihm egal, dass Theo sehen konnte, wie seine Hände zitterten. „Glaub ja nicht, dass ich davor zurückschrecken würde, dich in Stücke zu reißen, wenn du nicht sofort deinen Mund hältst.“
 

Endlich schien Theodore ihn ernst zu nehmen. Das überhebliche Grinsen verschwand von seinen Lippen. „Siehst du. Das glaube ich dir tatsächlich.“
 

Er drückte seinen Stab härter gegen Theodores Hals. „Gut. Schön, dass wir uns verstehen. Und jetzt spuck aus, was du wirklich von mir willst.“
 

Die Augen des anderen Jungen schielten nach unten auf den Zauberstab, während er sich über die Lippen leckte. „Wir könnten Freunde sein, weißt du?“
 

„Bull. Shit. Letzter Versuch. Was willst du?“, knurrte Draco, nur noch mühsam in der Lage, seinen Zorn zu zügeln.
 

„Ich glaube, wir beide haben mehr gemeinsam, als du denkst.“ Sein Blick kehrte zu Dracos Augen zurück. „Aber wenn du es nicht aussprechen willst, werde ich das auch nicht tun. Ich weiß, was gut für meine Gesundheit ist.“
 

Nicht zum ersten Mal wünschte Draco sich, dass Snape ihm nicht nur Okklumentik, sondern auch Legilimentik beigebracht hätte. Er wollte wissen, was in Theos Kopf vorging. Er schien etwas andeuten zu wollen, doch er würde es nicht aussprechen, wenn Draco es nicht tat.
 

Erschöpft ließ Draco seinen Stab sinken und rückte von Theodore ab. Er wusste nicht, ob ausgerechnet dieser Slytherin es ernst meinte mit dem, was er indirekt aussprach, oder ob er ihn nur in eine Falle locken würde. Theodore hatte sich immer zurückgehalten und eine unauffällige Neutralität bewahrt. Es war unmöglich einzuschätzen, für welche Seite in diesem Krieg er sich jetzt entscheiden würde. Draco würde es nicht wagen zu hoffen, dass Theo so wie er selbst schon lange nicht mehr an Voldemort und seine Sache glaubte. Das wäre zu schön, um wahr zu sein. Das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war falsche Hoffnung.
 

„Es tut mir leid, Draco“, flüsterte Theo, ohne ihn anzuschauen. „Du kennst mich. Ich habe mich immer aus allem rausgehalten. Beobachten, analysieren, eigenen Vorteil suchen. Das ist, was ich gut kann. Ich weiß nicht, wie man ein guter Freund ist. Ich bereue es, dass wir nie echte Freunde geworden sind. Und es sieht so aus, als wäre es jetzt zu spät.“
 

„Trag nicht zu dick auf.“ Mit jedem Wort, dass Theodore sprach, glaubte Draco ihm weniger. Erst gab er sich überheblich und allwissend, dann tat er so, als würde er sein Verhalten bereuen, und jetzt wollte er sein Freund sein? Es war lächerlich durchsichtig.
 

Theo schenkte ihm ein schräges Lächeln, dann erhob er sich und schlenderte mit derselben Ruhe wie zu Anfang zurück zu seinem Bett, wo er augenblicklich die Vorhänge zuzog. Kopfschüttelnd tat Draco es ihm nach. Er zwirbelte seinen Zauberstab zwischen den Fingern, während er über das kurze Gespräch nachdachte. Er versuchte, sich jedes Wort zu merken, das gesprochen worden war, um es am nächsten Tag genauer analysieren zu können.
 

Vielleicht tat er Theodore Nott unrecht. Seine eigenen Eltern hatten ihn überrascht, als er zu Weihnachten zuhause in Malfoy Manor gewesen war. Sein Vater hatte stets zu den einflussreichsten und loyalsten Anhängern von Voldemort gehört, aber ausgerechnet er überlegte nun, ob sie Draco verschwinden lassen konnten, um ihn aus dem Krieg rauszuhalten. Vielleicht hatte Theo eine ähnliche Wandlung hinter sich und sah Dinge jetzt anders.
 

Müde fuhr er sich über das Gesicht und durch die Haare. Es spielte keine Rolle. Er konnte es nicht riskieren. Wenn Dinge anders wären, würde er vielleicht versuchen, einen Schritt auf Theo zuzugehen. Wenn er nicht ein viel größeres, schlimmeres Geheimnis, das sogar seine Eltern gegen ihn aufbringen würde, hütete, wäre alles anders.
 

Aber wenn er irgendeinen Verdacht erregte und Voldemort ihm in den Kopf schaute, war er geliefert. Er wusste, er war lange nicht gut genug in Okklumentik, um einer intensiven Probe standzuhalten. Und wenn irgendjemand Hermine in seinen Gedanken entdecken würde, war alles vorbei.
 

Hermine.
 

Alles in seinem Leben drehte sich nur noch um sie. Seine Gedanken jeden Tag. Die Entscheidungen, die er fällte. Er unterdrückte die Tränen, die sich unwillkürlich bilden wollten. Er musste sie geheim halten. Um sich zu schützen. So sehr er sich auch wünschte, er könnte der ganzen Welt sagen, dass sie ihm gehörte, er konnte nicht. Noch nicht. Vielleicht niemals.
 

Aber das war die eine kleine Hoffnung, die er sich erlaubte. Dass es bald, irgendwann, soweit war, dass sie endlich zusammen sein konnten.



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