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TMNT - Schicksal?

von

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Quälender Zweifel

Aus Raphaels Sicht:
 

Ich kann es echt nicht fassen! Ich verbringe schon wieder eine Nacht ohne sie! Langsam scheint das echt zur Gewohnheit zu werden und das geht mir gehörig gegen Strich. Nicht nur, dass ich heute schon wieder Zoff mit dem Anführer hatte, jetzt lässt Bernadette mich auch noch hängen. Am liebsten hätte ich es ihr direkt ins Gesicht gesagt, aber irgendwie schien mein Mund in diesem Moment wie zugekleistert gewesen zu sein. Ich war von ihren Worten einfach nur perplex, dabei war die Begrüßung vollkommen anders. Sie freute sich mich zu sehen, das habe doch mitbekommen. Doch warum dann dieser Sinneswandel? Nur weil man müde ist, kann man trotzdem noch eine schöne Zeit verbringen, oder nicht? Die eine oder andere Stunde, an dem sie noch wach ist, hätten ihr auch nicht geschadet, aber anstatt sie damit gleich zu konfrontieren, habe ich mich wieder darauf eingelassen und geschwiegen. Wie mir das stink! Kann es denn nicht einmal so laufen, wie ich es mir gerade vorstelle? Eigentlich hätte ich sogar den Drang, mich einfach umzudrehen und meine Freundin wieder aufzusuchen. Wieso lasse ich mich überhaupt so schnell abspeisen? Liegt es etwa daran, dass sie bereits geschlafen hat und ich mich nun im Nachhinein wie ein Störenfried vorkomme? Dabei wusste sie doch, dass ich sie heute noch aufsuchen werde. Schließlich habe ich ihr eine Nachricht geschickt, oder ist dies bei ihr sogar untergegangen?

Ich fühle mich momentan so richtig mies und würde ich mich gerade nicht über den Dächern einer im Moment stark befahrenden Gegend befinden, so würde ich aus Leibeskräften schreien. Dabei weiß ich nicht einmal, was mir davon am meisten am Geist geht: Die Tatsache, dass ich heute wieder einen Korb bekommen habe, oder dass mir so alles und jeder auf dem Wecker geht? Irgendwie scheint mich gerade das Pech zu verfolgen, oder wie soll ich mir sonst meinen derzeitigen Frust erklären? Dass dies vielleicht nur eine „Phase“ sein könnte, ist mir momentan scheißegal. Ich habe es nun mal satt zu warten und ständig auf andere Rücksichtnehmen zu müssen. Doch was bleibt mir nun anderes übrig? Ich könnte zwar wieder zu ihr gehen und sie sogar dazu drängen, noch etwas länger die Augen offenzuhalten, aber vermutlich würde dies nur in die entgegengesetzte Richtung führen. Was dann folgen würde, ist ganz klar: Ein unnötiger Streit und eine weitere Diskussion, welche nur ins Nirgendwo führt, kommt auf gar keinen Fall in Frage! Das ist doch echt zum Aus-der-Haut-Fahren! Noch immer von meiner Wut gepackt, bleibe ich schließlich auf einen der Dächer stehen und beobachte das nächtliche Treiben der Menschen, die wie Ameisen durch die Straßen herumwuseln. Genervt lasse ich meine Arme auf der Kannte der kleinen Dachmauer senken und lege meinen Kopf darauf. Ein langes Seufzen entgleitet aus meiner Kehle und hätte mich in diesem Augenblick nicht eine mir bekannte Stimme abgelenkt, so wäre ich schon in meine Gedanken versunken: „Hey Bro, was machst du denn hier? Ich dachte du wärst mit deiner Freundin unterwegs. Wieso hängst du dann hier alleine ab?“

„Halt´s Maul Mikey und rück mir nicht auf die Pelle. Ich bin gerade nicht in Stimmung.“, kommt es genervt von mir, wobei ich nicht einmal meinen Kopf zu ihm wende. Ich hoffe, dass er sich schleunigst wieder aus dem Staub macht, aber die Nervensäge hat nichts Besseres zu tun, als mir weiterhin auf dem Panzer zu gehen. Schon nach kurzer Zeit steht er neben mir und fragt mich weiter aus: „Hey, was ist dir denn über die Leber gelaufen? Was ist los und wo ist Bernadette?“ Während er mich das fragt, stupst er mir sogar leicht in die Seite. Als wolle er somit seine Aufforderung mir gegenüber nur noch damit bestärken. Ganz gechillt und grinsend steht er da neben mir, obwohl ich überhaupt keinen Bock auf ihn habe. Weder sein dämliches Grinsen, noch sein „Verhör“ machen meine Laune besser. Im Gegenteil, ich fühle mich nur umso mehr angepisst. Denn was geht es ihm an, was hier oben treibe?! Egal ob ich dabei mit Bernadette unterwegs bin, oder nicht, spielt keine Rolle, er soll sich gefälligst um seine eigene Angelegenheiten kümmern. Damit hat er schon genug zu tun. Doch daran denkt mein verehrter Bruder mit der orangen Maske nicht. Viel lieber stöbert er bei den anderen herum und hofft auf den gewissen „Tratsch und Klatsch“. Sind wir hier etwa beim Kaffeekränzchen?!

Da ich keinen Bock darauf habe, mir das noch weiteranzutun, werfe ich Mikey schließlich an den Kopf, dass er hier nur stört: „Ich hab gesagt, du sollst dich verziehen! Was machst du eigentlich hier überhaupt?! Spionierst du mir etwa schon hinterher?!“ Wütend sehe ich ihn dabei an. Als könnte ich ihn allein durch meinen Blick ihn dazu bewegen, die Biege zu machen, ehe noch Schlimmeres kommt. Doch anders als gewollt, reagiert er auf seine typische Art darauf. Er hebt wie immer, wenn er auf „unschuldig“ macht, schlicht und einfach seine Hände und meint beinahe unbekümmert: „Hey Alter, jetzt komm mal wieder runter und wie kommst du überhaupt auf diesen Schwachsinn? Das ist meine normale Route während der Patrouille. Da kann doch ich nichts dafür, wenn du mir quasi über den Weg läufst.“ „Also Ausreden hast du wohl immer parat, wie?!“, keife ich ihn an. Wäre gerade entweder Leo, oder Donnie derjenige, welcher mir momentan so sehr auf dem Panzer geht, so würde dieses „Gespräch“ schnell in einem Streit, bzw. in einem Kampf enden. Bei Mikey sieht die Sache etwas anders aus. Denn abgesehen von seinem „normalen“ idiotischen Gefasel, kommt er zunächst mit irgendwelchen Sprüchen um die Ecke, welche er wohl irgendwo aus dem Müll „gefischt“ hat. Erst dann, wenn ich es geradezu herausfordere, geht er auf einen Kampf ein. Doch diesmal wäre es mir sogar lieber, ich könnte sofort meine Fäuste zum Einsatz bringen. Nicht nur, dass ich mal meinen Frust etwas abbauen könnte, mein Bruder mit der orangen Maske, würde mal für ein paar Sekunden die Klappe halten.

Leider geht er nicht darauf ein. Stattdessen fragt er mich aus heiterem Himmel: „Sag mal, hängt deine schlechte Laune vielleicht damit zusammen, dass du und Bernadette womöglich gestritten haben könnt? Denn so wie du drauf bist, könnte man wirklich meinen, dass bei euch die Fetzen geflogen sind.“ „Nein, du Puddinghirn!“, schnauze ich ihn an, gehe aber nicht weiter darauf ein, weil es ihm so und so nichts angeht. Da Mikey aber eher zu jener Sorte gehört, welcher sich nicht so einfach abspeisen lässt, bohrt er natürlich nach und sieht mich dabei sogar skeptisch an: „Na klar, das kannst du vielleicht wem anderen erzählen Bro, aber mir kannst du nichts vormachen. Irgendwas ist doch hinterm Busch und so wie du gerade drauf bist, könnte man fast schon meinen, dass du froh bist, von ihr wegzukommen.“ „Einen größeren Dachschaden, hast du wohl nicht abgekriegt, wie?! Zu deiner Information, sie hatte einfach keine Lust und war zu müde für einen nächtlichen Ausflug! Nicht die Bohne ist irgendetwas davon dran, dass wir gestritten haben könnten! Ich war ja nicht einmal lang bei ihr, kapiert?! … War´s das jetzt?! Dann zieh endlich mal Leine und lass mich in Ruhe!“, schnauze ich ihn ein weiteres Mal an und hoffe, dass er mich nun endlich in Ruhe lässt. Eine kleine Prügelei würde zwar auch nicht schaden, aber viel wichtiger ist es mir, dass Mikey nun endlich sein vorlautes Maul hält.

Genervt drehe ich mich nun wieder von ihm weg und starre wie vor hin nach unten, während die Menschenmenge unbeirrt ihren nächtlichen Tätigkeiten nachgehen. Was hier oben abspielt, bekommt keiner von denen mit und manchmal wäre es echt von Vorteil, mal mit einem von ihnen tauschen zu können. Stattdessen hänge ich ihr oben ab, während Mikey, zu meinem Übel, mir auch noch „Gesellschaft leistet“. Meinetwegen könnte er einen Abgang machen und weiter seine Patrouille durchziehen. Doch mein Bruder macht keine Anstalten, mir diese Ruhe zu gönnen. Stattdessen legt er nun seinen Arm um mich und meint dann noch grinsend: „Ach komm, das wird schon wieder. Bald sind ja Sommerferien und da wird dein Herzblatt schon bald mehr Zeit für dich haben. Warte es einfach ab. Auch wenn sich was geändert hat, ….“ Ich höre ihm ungewollt zu, aber bei seinen letzten Worten werde ich stutzig: „Moment mal! Was meinst du mit „Auch wenn sich was geändert hat“? Spuck´s schon aus, bevor ich noch nachhelfen muss!“ Nachdem ich ihn dazu aufgefordert habe, mir das mal zu erklären, erhalte ich plötzlich eine Reaktion, mit der ich zunächst überhaupt nicht gerechnet hat. Mein Bruder steht nun wie gelähmt vor mir. Sein Mund ist leicht offen, als hätte es im gerade die Sprache verschlagen, während er mich nun auch noch etwas unsicher ansieht. Nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, könnte man meinen, dass er in meiner Gegenwart etwas Falsches gesagt hat. Doch jetzt ist es zu spät und allein seine absurde Reaktion bewirkt bei mir nur, dass ich allmählich die Geduld verliere. Wenn Mikey nicht gleich einmal sagt, was Sache ist, dann wird er sich gleich wünschen, mir nicht über den Weg gelaufen zu sein. Das garantiere ich ihm!

„Nun, wird´s bald, oder muss ich auch noch nachhelfen?!“, dränge ich ihn, während ich weiterhin auf seine Erklärung warte. Die ist er mir verdammt noch mal schuldig! Unsicher kratzt er sich an dem Kopf und nur zögerlich fängt er an zu reden, was sich dann aber schnell in einer Art Redeschwall ausartet: „Naja, also … die Sache ist die Bro, uns ist schon eine Weile aufgefallen, dass ihr euch weniger besucht als sonst. In den vorigen Nächten wart ihr ja kaum voneinander zu trennen, wart entweder unterwegs, oder ihr habt euch mal bei ihr, oder bei uns zu Hause eure gemeinsame Zeit miteinander verbracht. … Jetzt aber wo, sagen wir mal, es etwas schwieriger für Bernadette geworden ist, sich in ihrer momentanen Situation zurechtzufinden, ist die Sache nun etwas anders. … Ich kann mir ja schon vorstellen, dass jetzt in ihrem Leben so einiges abgeht und das ist noch milde ausgedrückt. Bei ihr geht es sogar drunter und drüber. Erst der Stress wegen der Mobbingsache, dann die neue Schule, der Literatur-Club und nicht zuletzt die neue Freundin, mit der sie nun verstärkt abhängt. Von ihrer Familie möchte ich erst gar nicht anfangen. Wer weiß, was dem Mädchen sonst noch in die Quere kommt. – Kein Wunder also, dass sie öfters müde ist. Sie ist ja den ganzen Tag mit irgendetwas beschäftigt. Von der Schule mal abgesehen, muss sie sich in ihrem Leben nun neuzurechtfinden und da kannst du mir nicht sagen, dass das so einfach ist.“

Die ganze Zeit über, in der Mikey diesen Blödsinn daher gefaselt hat, habe ich geschwiegen und ihm zugehört. Doch je mehr er über den heißen Brei gequasselt hat und ich nun auf dem springenden Punkt warte, desto mehr habe ich meine Finger in das Gestein gekrallt. Denn die ganze Zeit redet er hauptsächlich von ihr. Als wüsste er zu hundert Prozent, wie es um sie steht, während ich immer mehr den Eindruck bekomme, dass ich nun überflüssig geworden bin und genau das macht mich gerade so wütend. Um daher endlich mal klare Antworten zu erhalten, spreche ich ihn plötzlich direkt darauf an: „Willst du mir etwa damit sagen, dass für mich dabei kein Platz mehr ist?!“ Zornig funkle ich ihn nun, während sich dabei ein wildes Schnauben aus meiner Kehle bahnt. Ich warte nur darauf, dass er mir meine Vermutung, welche sich bereits tief in mir verankert hat, bestätigt, aber dann werde ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich werde ihn dann wie eine wilde Hyäne anspringen und ihn auf meine Weise vom Gegenteil überzeugen. Erschrocken auf meiner Frage und meine Reaktion, schüttelt er aber heftig den Kopf. „Nein … ich … das verstehst du völlig falsch! Was ich sagen will, ist, dass ihr Leben nun mal jetzt neu aufgeteilt ist. Mit dem muss sie jetzt erst einmal selbst zurechtkommen und wer weiß, was sich bei ihr noch ändern wird. Die Kleine hat es momentan nicht leicht und muss sich wahrscheinlich erst einmal selbst darin zurechtfinden. Wer weiß, was bei ihr sonst noch auf dem Tagesprogramm steht.“, versucht er sich herauszureden.

Je länger ich aber dem Witzbold zuhöre, desto mehr dämmert es mir langsam, dass hinter seinem Gefasel noch mehr dahinterstecken könnte. Denn was ist, wenn Mikey und die anderen beiden schon darüber diskutiert haben, wie es mit Bernadette und mit mir weitergehen würde? Glauben die tatsächlich, dass sie mich verlassen wird, dass sie durch die neue Schule nicht nur eine neue Freundin, sondern vielleicht sogar einen neuen Typen anschleppen wird?! Allein der Gedanke daran, von meinem Engel womöglich abserviert zu werden, lässt das Blut in mir kochen. Allein Leo hat mich schon mal darauf angesprochen, dass das passieren könnte. Das nun aber aus Mund von Mikey zu hören, macht mich einfach nur rasend, weswegen ich ihn diesbezüglich anschnauze: „Bist du jetzt etwa genauso wie Leo der Meinung, dass Bernadette mich eines Tages verlassen wird?! Bin ich etwa nicht gut genug für sie?!“ „Hey, jetzt hör mir doch mal zu und leg mir nicht irgendwelche Worte in den Mund! So habe ich das doch gar nicht gesagt!“, verteidigt er sich, doch ich habe ihn bereits durchschaut. Mir kann er nichts vormachen. Er und meine anderen beiden Brüder haben mit Sicherheit bereits darüber diskutiert, weswegen ich mich auch nicht auf irgendetwas anderes einlasse: „Aber du hast es so gemeint! … Jetzt fällt mir schon der nächste Bruder in den Rücken!“

Ich fasse es einfach nicht, was ich mir da anhören lassen muss. Erst der Zoff mit Leo, dann Bernadettes Abweisung und dann auch noch der Möchtegernscherzkeks, der mit dieser Story um die Ecke kommt! Ich habe es einfach so satt! Ohne Mikey die Chance zu geben, es mir zu erklären, drücke ich mich nun knurrend von der Mauer und auch von ihm weg. Bevor ich allerdings loslaufe, sehe ich ihn nur zornig und verachtend an. Vielleicht hätte ich ihn doch eine verpassen sollen, aber ich will einfach nichts mehr hören. Weder von ihm, noch von sonst irgendjemandem, weswegen ich einfach abhaue. Mikey schaut mir nur verdattert hinterher, als ich noch einmal einen Blick zu ihm zurückwerfe. Er versucht es nicht einmal, mich aufzuholen, was mir nur recht ist. Denn seine Ausreden kann er sich sparen! Ich habe ihn schon verstanden und bevor ich mir das noch weiter unter die Nase reiben lassen muss, so verschwinde ich lieber. Wie vom Teufel getrieben, hetze ich durch die Stadt. Von Dach zu Dach springe ich und beschleunige immer weiter mein Tempo, bis ich nur noch meinen schweren Atem und meinen Herzschlag hören kann. Ein Gefühl von Schwermut und Orientierungslosigkeit überkommt mich und ich habe keine Ahnung, wohin es mich verschlägt. Ich laufe einfach darauf los, ohne dabei auf meine Umgebung zu achten. Erst als ich vom nächsten Dach in einer kleinen Gasse herunterspringe, bleibe ich endlich stehen.

Erschöpft lasse ich mich bei der Mauer zurückfallen und sinke sogar ein Stück zu Boden. Was hat mich da nur wieder geritten? Diese Nacht ist einfach nur beschissen. Sie hat bereits schon so angefangen und vermutlich wird es munter so weitergehen. Eigentlich wollte ich nur mit meiner Freundin wieder etwas Zeit verbringen und wo bin ich nun? Ich bin allein und das auch noch in irgendeiner Gasse. Rund um mich herum ist nichts als Müll. Es stinkt bestialisch und zu meiner Linken steht noch dazu ein großer Container, der zu meinem Übel prall gefüllt ist. Ich bin zwar schon einiges gewohnt, was widerliche Gerüche betrifft, aber bei diesem Gestank kommt selbst mir alles hoch. Angeekelt rapple ich mich wieder hoch und will gerade die kleine Gasse auf demselben Weg wieder verlassen, aus der ich gerade gekommen bin, als ich plötzlich seltsame Geräusche höre. Es klingt wie das Scheppern einer verbeulten Dose, sowie nach noch etwas Anderem. Bedacht darauf im Schatten zu bleiben, zücke ich meine Sais und nähere mich vorsichtig und leise der Geräuschquelle. Doch dabei bleibt es nicht. Es sind auch Stimmen dabei, wobei eine von einem alten Mann stammt. Als ich schließlich fest an der Mauer gepresst um die Ecke schaue, bemerke ich eine zwielichtige Gestalt. Gehüllt in einem altmodischen, rockigen Outfit, bedroht der Schwachmat den alten Knacker mit Krückstock. Dieser kann sich gerade noch irgendwie davon abstützen, denn so sehr, wie der zittert, könnte man meinen, er kippt gleich aus den Latschen. Wäre aber auch kein Wunder. Immerhin wird ihm gerade eine Waffe auf die Stirn gezielt.

Selbst wenn er von diesem Ding nicht abhängig wäre, hätte er wohl kaum genug Kraft, noch rechtzeitig ausweichen und fliehen zu können. Dafür steht der Mistkerl zu nahe. Am liebsten würde ich mich sofort auf ihn stürzen. Das Problem ist nur, dass die beiden direkt unter einer Laterne stehen und auch die nahegelegenen Häuser sind stark beleuchtet. Das heißt, dass ich mich wohl oder übel sehen lassen muss, wenn ich den Mann retten will. Unruhig hadere ich noch auf derselben Stelle und blicke wild um mich. Vielleicht schaffe ich es ja doch ungesehen zu bleiben, nur wie stelle ich das an? Mir bleiben nicht einmal mehr ein paar Sekunden, denn schon stößt dieser feige Wicht den Alten den Stock weg, wodurch dieser zu Boden knallt. Jetzt heißt es handeln! Wenn ich jetzt nichts tue, wird es zu spät sein! Ohne weiter zu überlegen, schleudere ich einen meiner Sais von mir weg. Zielgerichtet wird die Hand des Schützen zur Seite geschlagen und der daraufhin ertönende Schuss geht ins Leere. Die Waffe fällt zu Boden. Geschockt sehen sich beide zunächst nur an, bis aber der Mistkerl zu seiner Pistole hinrennt und nach dieser greifen will. Doch soweit kommt es nicht. Denn schon stehe ich Vorort, packe diesen bei seinem Shirt und hebe ihn knurrend zu mir hoch. „Wage es und ich schwöre dir, du wirst den nächsten Sonnenaufgang nicht mehr erleben!“, fauche ich diesen an.

Der Kerl starrt mich mit großen Augen an. War ja klar, dass wieder solch eine Szene kommt, denn wenig später stottert er fragend: „Was … Was bist du?“ „Dein schlimmster Albtraum!“, murmle ich nur und schleudere den Mistkerl von mir weg. Ohne sein Blick von mir zu nehmen, steht er mühselig auf und läuft humpelnd, wie auch schreiend davon. Dabei rufe ich ihm noch hinterher: „Verpiss dich und lass dich nie mehr wieder hier blicken! Wenn ich dich nochmal hier erwischen sollte, wirst du dein blaues Wunder erleben! Also verzieh dich!“ Siegessicher grinse ich. Das habe ich echt gebraucht. Ich spüre förmlich, wie sich ein Teil meiner Wut verflüchtigt hat. Auch wenn ich ihn ruhig länger hätte quälen können. Ein kleines Veilchen hätte den Typen sicherlich nicht geschadet, aber ich glaube, er wird auch so Albträume von mir haben. Ein keckes Auflachen entweicht aus meiner Kehle und ich drehe mich schon um, um wieder zu verschwinden. Doch als ich den alten Mann noch so hilflos auf dem Boden liegen sehe, vergeht mir das Grinsen. Mit verängstigten Augen sieht er mich an und versucht mühevoll und zitternd seinen Gehstock zu erreichen. Doch er ist vor Angst zu sehr gelähmt, als dass er wirklich handeln kann. Vermutlich wartet er darauf, dass ich ihm als Nächstes etwas antue, aber ich gehöre doch zu den Guten. Auch wenn ich anders bin, ich beschütze die Bewohner dieser Stadt. „Warten Sie, ich helfe Ihnen.“, sage ich möglichst ruhig und leise, damit ich ihn nicht noch mehr verängstige, aber das scheint keine Wirkung zu zeigen. Zwar nimmt er seinen Stab entgegen, als ich diesen aufgehoben habe und ihm nun hinreiche, jedoch rutscht er sogleich von mir weg, rappelt sich hoch und humpelt so schnell wie möglich davon.

Dabei murmelt er hysterisch immer wieder: „Ein Monster hat mich gerettet. … Ein Monster hat mich gerettet!“ Sprachlos sehe dem alten Mann hinterher. Das bin ich wohl für Menschen. Ich bin für sie nichts weiter als ein Monster. Ein Wesen, welches einfach nicht in ihre Welt passt. Ich seufze, drehe mich schließlich weg und springe bei der nächsten Möglichkeit auf die erste Etage einer Feuerleiter. Ich sollte besser weg von hier. Es reicht schon wenn mich ein Unschuldiger gesehen hat. Zwar muss ich nicht befürchten, dass dem alten Mann Glauben geschenkt wird, aber dennoch braucht das niemand Weiteres zu erfahren. Erstens habe ich keine Lust auf eine weitere Konfrontation mit einem Menschen und zweitens will ich mir für heute nicht schon wieder von Leo etwas anhören müssen. Einmal hat mir gereicht und doch geht mir der Blick von dem Alten nicht mehr aus dem Kopf. Er war erfüllt von Angst. Eigentlich müsste ich schon längst darauf eingestellt und sogar gewohnt sein. Immerhin ist es nicht das erste Mal, dass ein Mensch, sei es Mann oder Frau, sich vor mir und meinen Brüdern fürchtet. Schließlich hat Dad uns immer wieder darüber aufgeklärt und uns eingebläut, dass die Oberwelt nicht einfach ist. Wir sind nicht normal und die Menschen werden uns niemals akzeptieren.

Was ist aber mit Bernadette, April und diesem komischen Kerl namens Vern? Sie sind doch auch Menschen und haben kein Problem damit wer und was wir sind. Wieso ist das bei anderen Leuten nur so schwierig? Dabei beschäftigen sich die Menschen doch ständig mit Kreaturen, die anders sind als sie selbst. Wie soll ich mir sonst die ganzen Filme und Videospiele erklären und manchmal sind dabei echt Sachen dabei, bei der ich mich wirklich frage: Was für einen Stoff ziehen die sich rein, damit solch ein Mist rauskommt! Die scheinen solche Sachen echt herbeizuwünschen, aber wehe sie begegnen wirklich einer mutierten Schildkröte, dann verkrümeln sie sich wimmernd in irgendein Loch. Ich verstehe die Menschen nicht und ich verstehe dieses verdammte Leben nicht! Alles ist einfach so kompliziert und wenn ich mal glaube, endlich glücklich zu sein, so macht mir das Schicksal ein Strich durch die Rechnung! Wie soll es nun zwischen mir und meinem Engel weitergehen? Was wird sich sonst noch ändern? Es steht jetzt schon ziemlich alles auf dem Kopf und dabei scheine ich von uns beiden der Einzige zu sein, der es mitbekommt und meine Familie ist mir auch keine große Hilfe. Im Gegenteil: Bei ihnen habe ich ständig das Gefühl, als wenn sie zwischen mir und Bernadette keine Zukunft sehen würden. Als wäre unsere Beziehung sogar nur eine Art „Phase“ und dann geht jeder wieder seiner Wege.

Bei Leo wusste ich das ja von Anfang an. Es war sogar offensichtlich. Er machte sich nicht einmal wirklich die Mühe, um es zu verbergen. Der konnte sich ja schwer damit abfinden, dass ich einen Menschen als Partnerin gefunden habe, aber nun zweifeln auch Donnie und Mikey an uns. Gerade bei den beiden hätte ich gedacht, dass sie mir den Rücken stärken würden, aber sowohl Mikey wie auch Donnie scheinen dieselbe Meinung zu teilen wie unser Anführer. Und was ist, wenn mein Engel mich wirklich eines Tages verlassen sollte? Was ist, wenn wir uns auseinanderleben? Was ist, wenn sie auf ihrer neuen High School jemanden kennenlernt, bei dem es einfacher ist? Ich weiß, dass ich mit ihr niemals Dinge machen und unternehmen kann, wie es normale Pärchen tun? Ich kann nicht einmal mit ihr ins Kino gehen? Ich könnte mich zwar verkleiden, aber dennoch würde ich in der Masse auffallen. Allein meine Größe würde aus der Menge herausstechen. Irgendwie komme ich mir beinahe so vor wie damals, an dem ich zum ersten Mal meine Gefühle bewusst zu Bernadette entdeckt hatte. Auch an dieser Nacht kamen mir Zweifel auf. Besonders weil wir damals nur befreundet waren und jetzt sind wir zusammen – jedenfalls noch. Doch so, wie die Lage jetzt aussieht, könnte man meinen, dass unsere Beziehung auf der Kippe steht. Ob sie das auch so sieht? Nein, das kann ich mir irgendwie nicht vorstellen. Sonst hätte sie heute anders reagiert, oder nicht? Oh Mann, ich weiß es nicht! Diese ganze Beziehungssache, diese Veränderungen, sie bringen nichts als nur Ärger!

Knurrend schleudere ich bei der nächstbesten Möglichkeit eine alte Dose, oder etwas Anderes von mir, damit ich diesen Frust irgendwie besänftigen kann. Oh Gott, wie sehr ich mir nach einer Prügelei sehne. Hätte ich doch nur gegen Mikey gekämpft, oder diesen Spinner zusammengefaltet. Ich muss irgendwie Dampf ablassen, sonst explodiere ich noch. Vielleicht habe ich doch ein bisschen Glück. Schließlich bin ich ja in New York, in der Stadt, die niemals schläft und für heute wäre der Abend so und so für mich gelaufen. Nur ein kleines Training könnte es für mich etwas erträglicher machen. Fest entschlossen, mich nach einer Beschäftigung umzusehen, nehme ich meine Beine in die Hand und durchstreife die Dächer. Ich brauche nicht einmal lange zu suchen, schon bemerke ich die nächsten Übeltäter, die gerade eben in ein Juweliergeschäft einbrechen wollen. Doch nicht mit mir. Die können sich schon mal warm anziehen, denn das werden sie mit Sicherheit nicht mehr vergessen. Allein die Tatsache, dass ich jemandem zum Verprügeln brauche, spricht bereits für sich. Schon lasse ich meine Finger knacken, ehe ich mich bereitmache und mich an die Fersen dieser Idioten hefte. Die werden den Tag verfluchen, an denen sie es gewagt haben, in diesem Gebäude einzusteigen und zur ihren Pech ist meine Laune total im Keller. Die können von Glück reden, wenn sie noch atmen können.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mad-Dental-Nurse
2016-07-22T21:27:34+00:00 22.07.2016 23:27
Ohje...Raph kommt so langsam in den Genuss der üblichen Päarchen-Probleme..
Ja, man fragt sich immer wieder, was noch kommt und wie/ob es weitergehen kann...
Jeder kennt das...
Antwort von:  Pamuya_
23.07.2016 20:03
Tja, dem kann selbst eine mutierte Schildkröte nicht entkommen.
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
24.07.2016 21:55
nein, definitiv nicht...^^


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