Zum Inhalt der Seite

Star Trek - Timeline - 02-01

Das Sonneninferno
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Rückschläge

Zweites Logbuch der U.S.S. ALAMO

Lieutenant Valand Kuehn

Sternenzeit: 39876.4

 

Die ALAMO wurde von zwei Shuttles, mit Hilfe ihrer Traktorstrahlen, mühsam ausgerichtet und hält nun Kurs auf einen Raumbereich, der frei von Objekten ist, soweit die Scanner unserer Shuttles das anzeigen. Zumindest sind wir damit erst einmal den Druck los, dass das Schiff mit einem interstellaren Objekt kollidieren könnte.

Das Shuttle von Ensign Thania Walker ist mittlerweile gelandet, und draußen wachen Lieutenant Miranea Kerath und ihr Co-Pilot über die Sicherheit der angeschlagenen U.S.S. ALAMO. Wir sind nun soweit, den Versuch eines Kaltstarts des Warpkerns zu wagen. Keiner weiß, was wirklich passieren wird, und so können wir nur das Beste hoffen...

 
 

* * *

 

Gespannte Erwartung zeichnete sich auf den Mienen aller Anwesenden im Maschinenraum ab. Valand Kuehn hielt sich im Hintergrund und beobachtete. Er war nur Laie und hätte sich, trotz seines höheren Ranges, eine unverblümte Abfuhr eingefangen, hätte er sich in den Aufgabenbereich der Techniker eingemischt. Geduldig wartete er, bis sich Chirome schließlich an ihn wandte und meinte: „Wir sind soweit, Sir.“

„Dann wollen wir mal die Backen zusammenpressen und hoffen, dass alles klappt, Mister Chirome.“ Der Norweger fing Chiromes befremdlichen Blick auf und meinte dann: „Ich erkläre Ihnen später, was damit gemeint ist. Fangen wir an.“ Sein Chronometer zeigte 13:47 Uhr Standard an. Aber was hieß das schon, hier draußen abseits aller Föderationswelten? Immerhin war es etwas, an das man sich klammern konnte – ein Stück Gewohnheit.

Der Bolianer gab seinen Leuten das Kommando, und sie fuhren vorsichtig die Nebenaggregate hoch. Ein sanftes Summen erfüllte das Schiff welches sich um eine Nuance steigerte, als Chirome und Sarah Mintal den Startprozess initiierten. Dabei blickten sie permanent auf die Anzeigen der teilweise eingeschränkt arbeitenden Konsolen.

Einige Minuten vergingen in quälender Ungeduld. Dann glühte der Warpkern schwach auf und das Gerät gab ein dumpfes Pochen von sich. Das Pochen steigerte sich nach einigen Sekunden zum typisch rhythmischen Arbeitsgeräusch des Warpkerns und Valand Kuehn wollte schon zufrieden lächeln, als ein Anruf von Crewman Langdon, der sich in einem der Nebenabteilungen befand, seine Gedankengänge unterbrach.

„Wir haben hier unten ein Problem an der Hauptenergiekopplung festgestellt. Ich empfehle dringend...“

Gleich darauf gab es einen trockenen Knall. In einem Funkenregen explodierte eine der Nebenkonsolen, an der sich momentan zum Glück niemand aufhielt.

Mit fieberhafter Anstrengung deaktivierten Sarah Mintal und Chirome die laufenden Aggregate und das Arbeitsgeräusch des Warpkerns erstarb.

Der Bolianer warf einen letzten verzweifelten Blick zu dem Hauptenergiesystem des Schiffes und meinte dann entsagungsvoll zu Valand Kuehn: „Das hatte ich befürchtet, Sir. Die Energiekopplung hat versagt, weil wir vermutlich neue Magnetspindellager für die Reaktionssteueranlage brauchen. Ich ahnte, dass die eingebauten in starke Mitleidenschaft gezogen wurden, durch die Notabschaltung.“

Der Norweger blickte Chirome fragend an. „Wie schnell können Ihre Leute das erledigen, Mister Chirome?“

Der Bolianer machte eine vage Geste. „Das wäre selbst mit der Unterstützung einer modernen Sternenflottenwerft eine Arbeit von einigen Tagen, Sir. Wir müssen die alten Spindeln komplett ausbauen und mit den bescheidenen Mitteln an Bord, reparieren. Das dauert einige Wochen, wenn nicht Monate, selbst wenn wir rund um die Uhr arbeiten. Außerdem werden wir zusätzlich eine neue Energiekopplung einbauen müssen.“

Wäre Kuehn allein gewesen hätte er einen Kraftausdruck benutzt. So meinte er lediglich seufzend. „Na schön, Mister Chirome. Das lässt sich nicht ändern. Für heute ruhen Sie und der Rest des Teams sich aus, ich erwarte Sie dann alle nachher in der Messe. Und Morgen werden Sie mir dann einen vorläufigen Zeitplan für die Reparaturarbeiten ausarbeiten – inklusive eines Schichtplans für die beteiligten Techniker. Ich möchte nicht, dass mir jemand wegen Überlastung zusammenbricht. Das können und werden wir uns nicht leisten.“

„Aye, Sir“, bestätigte Chirome und blickte Kuehn hinterher, als dieser missgestimmt, aber aufrecht den Maschinenraum verließ.

 
 

* * *

 

Als Valand Kuehn gegen 18:00 Uhr die Offiziersmesse betrat war die abkömmliche Crew bereits dort versammelt. In seinen Händen hielt er eine kleine Schachtel, in der sich die Abzeichen für die Provisorischen Sternenflottenränge befanden. Außer den Verletzten im Lazarett fehlten lediglich Sylvie LeClerc, die bereits von Kuehn bezüglich der wichtigsten Umstrukturierungen vorab informiert worden war, Miranea Kerath, die noch mit ihrem Shuttle der ALAMO voraus flog, und zwei Crewmen, von denen sich einer im Shuttle befand und ein anderer der Sylvie im Lazarett half. Abzüglich der 22 Crewmitglieder im Lazarett befanden sich außer Valand Kuehn noch 83 Leute in der Offiziersmesse. Kuehn grüßte freundlich in die Runde und nickte den Leuten aufmunternd zu. Dann ergriff er das Wort und sagte mit klarer Stimme: „Seien Sie gegrüßt. Ich wünschte mir, der Grund dieser Zusammenkunft wäre ein erfreulicherer, aber es lässt sich nun einmal nicht ändern. Sie alle wissen warum ich Sie hierher gebeten habe. Kommen wir also zur Sache, die letzten Tage waren für uns alle anstrengend genug und ich möchte einigen von Ihnen die Erholungszeit bis zum Dienst nicht mehr kürzen, als nötig.“

Valand Kuehn machte eine kurze Pause um sich zu sammeln und ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen, bevor er durchatmete und fortfuhr: „Das was ich nun tun werde ist in der Geschichte der Sternenflotte nur wenige Male vorgekommen. Aber unsere Lage zwingt mich dazu. Für Situationen, wie die, in der wir uns zur Zeit befinden ist das Notfallprotokoll, zum Etablieren eines Provisorischen Rangsystems, ins Leben gerufen worden. Als höchstrangiger Brückenoffizier der U.S.S. ALAMO übernehme ich, mit sofortiger Wirkung, das Kommando des Schiffes als Commander der Sternenflotte. Ich informiere Sie des weiteren davon, dass ich in dieser Eigenschaft, Ensign Sylvie LeClerc zu meiner Stellvertreterin, im Rang eines Lieutenant-Commanders einsetze.“

Ein leises Raunen ging durch die Reihen der Anwesenden, bis Valand Kuehn, der bereits die neuen Insignien am Kragen der Uniform trug, den rechten Arm hob. Nachdem wieder Ruhe eingekehrt war, erklärte er: „Sie wundern sich vielleicht, dass nicht Miranea Kerath den Posten des XO einnimmt. Ich möchte Ihnen die Gründe dafür erläutern. Einerseits benötige ich Lieutenant Kerath auf unabsehbare Zeit als Shuttlepilotin. Sollten wir wieder in der Lage sein, die ALAMO zu steuern, dann wird Lieutenant Kerath, die gleichzeitig als Zweiter Offizier fungieren wird, die Leitung der Technischen Abteilung übernehmen, da sie von den Offizieren am meisten davon versteht. Ihr Stellvertreter wird Mister Chirome sein, den ich für die Dauer unserer Odyssee, in den Provisorischen Rang eines Lieutenants befördere. Kommen Sie zu mir, Mister Chirome.“

Da der Bolianer bereits vorbereitet war, brauchte es des kameradschaftlichen Anstoßes von Sarah Mintal kaum, um ihn zu Valand Kuehn gehen zu lassen. Als er bei Kuehn ankam nahm dieser ihm das Crewman-Abzeichen vom Kragen und heftete ihm das des Provisorischen Lieutenants an. Danach reichte er dem Bolianer die Hand. „Willkommen im Club, Lieutenant Chirome. Ich erwarte innerhalb einer Woche Vorschläge von Ihnen, wen wir zusätzlich als Ensign einteilen können.“

„Aye, Sir.“

Kuehn machte weiter und verteilte weitere Lieutenant-Abzeichen an einen hochgewachsenen Vulkanier aus der Wissenschaftlichen Abteilung, einen jungen Mann, den Melanie Gerlach als zusätzlichen Sanitäter vorgeschlagen hatte und an jene Rigelianerin, die er auf seiner ersten Silvesterparty an Bord der ALAMO kennengelernt hatte. Sie verstand nebenbei etwas von Raumnavigation, wie sich herausgestellt hatte, da sie während ihrer Kindheit, zusammen mit ihren Eltern, lange Jahre auf einem Frachter geflogen war.

Zuletzt befestigte er das Rangabzeichen eines Lieutenant-Commanders an Melanie Gerlachs Kragen und wandte sich danach wieder der Crew zu. „Meine Damen und Herren, ich möchte, dass Sie alle unter den neu ernannten Offizieren genauso weiterhin ihren Dienst verrichten, wie Sie das unter den verstorbenen Offizieren getreulich getan haben. Ehren Sie damit das Andenken an unsere gefallenen Kameraden.“

Wieder blickte Valand Kuehn in die Gesichter der Crew und er entdeckte Zustimmung in den Mienen. Dann nickte er freundlich und sagte: „Sie können wegtreten.“

Die neu ernannten Offiziere kümmerten sich um ihre Leute, die zum Dienst eingeteilt waren, während der Rest überwiegend die Quartiere aufsuchte. Die letzten Tage waren für jeden Einzelnen sehr anstrengend gewesen. Nachdem sich die Menge großteils verlaufen hatte, trat Valand Kuehn an die Fensterfront und blickte durch die dicke Scheibe aus einer transparentem Aluminium-Duranium-Legierung hinaus in den Weltraum. Erst nach einigen Augenblicken bemerkte er, dass jemand vorsichtig hinter ihn getreten war, und zuerst dachte er, es wäre Melanie Gerlach. Als er den Kopf wandte erkannte er jedoch, dass es sich um die dunkelhaarige Rigelianerin mit den beinahe bernsteinfarbenen Augen handelte, die er eben erst zum Lieutenant befördert hatte. Seine Augenbrauen hoben sich etwas als er fragte: „Was kann ich für Sie tun, Lieutenant Scrillian.“

Die Rigelianerin wirkte erstaunt, weil Kuehn ihren Namen kannte. Dann fasste sie sich und sagte mit angenehm klingender Stimme: „Ich erinnere mich noch an die Silvesterparty, in dem Jahr, als Sie an Bord kamen, Commander. Damals hatten einige Kameraden und ich, zusammen mit Miss Kerath und Ihnen getanzt.“

Der Norweger nickte. „Ich erinnere mich daran, Lieutenant. Manchmal scheint es mir, als wäre das bereits Jahrzehnte her.“

Die Rigelianerin nickte zustimmend. „Ja mir auch. Wissen Sie, damals hielt ich Sie für einen typischen Offiziersschnösel, der sich zu gut dazu ist, sich mit einem Crewman, wie mir, einzulassen.“

Es dauerte einen Augenblick, bis Valand Kuehn wieder einfiel, dass sie es gewesen war, die ihm, scheinbar zufällig, beim Tanzen um den Hals gefallen war. Und er erinnerte sich daran, wie er sie förmlich an den Schultern wieder aufgerichtet hatte. „Es tut mir leid, Miss Scrillian, wenn ich damals ihre Gefühle verletzt haben sollte.“

„Es war nur die Enttäuschung, Commander.“ Die Rigelianerin lächelte schwach. „Ich wollte Ihnen eigentlich nur sagen, dass ich bedauere, was ich damals über sie dachte, nachdem sie zur Bar gegangen waren. In den letzten Tagen habe ich erkannt, dass dieses Bild, das ich mir von Ihnen gemacht hatte vollkommen falsch war. Ich glaube mittlerweile fest daran, dass wir es schaffen werden nach Hause zurück zu kehren. Jeder glaubt das. Falls Sie es noch nicht gemerkt haben, Sir, die Crew vertraut Ihnen. Und ich tue es auch.“

Kuehn schluckte. Eben noch hatte er sich grenzenlos allein gefühlt. Hatte diese Rigelianerin es wohl gemerkt? Vermutlich, und sie hatte genau die richtigen Worte in dieser Situation gefunden. Gerührt antwortete er: „Ich danke Ihnen, Lieutenant.“

Die Frau, mit dem exotischen Gesichtsmuster erwiderte sein Lächeln. „Sie entschuldigen mich nun bitte.“ Damit ging sie.

Valand wandte sich wieder dem Fenster zu und horchte in sich hinein. Er fühlte sich noch immer verlassen, aber nicht mehr so allein, wie zuvor.

 
 

* * *

 

Sarah Mintal, auf Chiromes Empfehlung hin, vor einigen Tagen erst zum Ensign ernannt, schien über ein schier unerschöpfliches Repertoire an Schimpfwörtern zu verfügen, die sie gerade in diesem Moment gegen das zu ersetzende Magnetspindellager ausstieß, das sie im Begriff war auszubauen.

„Du verdammtes Scheißding!“, tobte sie. „Du mistige Fehlkonstruktion! Komm endlich heraus, oder ich sprenge dich elendes Miststück eigenhändig in die Luft!“ Die junge Technikerin wusste, dass es nicht das Geringste am hartnäckigen Widerstand des wuchtigen Maschinenteils änderte, aber sie hätte dennoch stundenlang so weiter toben können.

Chirome, der wusste, dass Sarah um so besser arbeitete, je mehr sie fluchte, warf einen kurzen Blick um die Ecke, grinste schief und zog sich hastig zurück, bevor sie ihn bemerkt hatte. Niemand, der an seinem Leben hing, kam Sarah Mintal ohne Not freiwillig zu nahe, wenn sie sich in diesem Zustand befand. Der frischgebackene bolianische Lieutenant beschloss statt dessen eine Runde durch das Schiff zu unternehmen, und sich vom Fortschritt der Arbeiten im gesamten Schiff ein Bild zu machen. In der letzten Woche hatte er sich zur Nemesis der Reparaturteams entwickelt. Er tauchte zu den unmöglichsten Zeiten auf, korrigierte, wo er Fehlerquellen erkannte, packte mit an und verschaffte sich somit einen Überblick über den Zustand der Reparaturen auf dem gesamten Schiff. Bis auf die Schäden an der Außenhülle der Brücke waren alle Hüllenbrüche notdürftig abgedichtet worden, und man hatte die Notkraftfelder abschalten können.

Momentan waren zwei Teams dabei, die beschädigten Decken und Böden zu flicken, durch die jene Plasmafackel sich gebrannt hatte, die dicht bei der Brücke eingeschlagen war. Chirome wechselte einige aufmunternde Worte mit den beiden Teamleitern und setzte seinen Weg zu Deck-1 fort, wobei er sich auf den oberen drei Decks durch die Jeffries-Röhren quälen musste.

Auf der Brücke bekam Crewman Robert van der Falk beinahe einen Herzschlag, als Lieutenant Chirome unvermittelt und laut schnaufend, im gespenstischen Licht der Notbeleuchtung, aus der Bodennotluke, direkt hinter dem Platz des Captains, hervor kletterte. „Eine Art ist das...“, beschwerte sich der gebürtige Niederländer. „Irgendwann werde ich bei einem Ihrer Auftritte einen verdammten Herzstillstand erleiden. Und dann?“

„Dann werde ich einen Ersatz für Sie suchen müssen“, antwortete der Bolianer fast weinerlich, doch das belustigte Funkeln seiner Augen verriet, wie es in ihm aussah. „Also machen Sie mir keinen Kummer, und bleiben Sie noch eine Weile am Leben. Zumindest bis wir das Schiff wieder einigermaßen zusammengeflickt haben.

Van der Falk blickte den Bolianer fassungslos an. „Danke schön, das habe ich jetzt auch verstanden.“

Chirome wandte sich amüsiert ab. Dann wurde er wieder ernst und begutachtete die Arbeiten an der Decke der Brücke. Eine Weile schaute er den Männern und Frauen bei der Arbeit zu, bevor er sich an die zuständige Teamleiterin wandte.

„Wie lange werden wir noch benötigen, bis die Brücke wieder weltraumdicht ist, und wir das letzte Notkraftfeld abschalten können?“

„Mindestens noch zehn Stunden, Sir.“

„Mist“, entfuhr es dem Bolianer. Dann meinte er: „Danke, wenn das erledigt ist, dann werden wir als nächstes einen der Turbolifte wieder zum Laufen bringen – oder besser Ihre Ablösung.“ Er beendete seinen Rundgang über die Brücke und machte sich dann an den beschwerlichen Abstieg, hinunter ins Schiff. Als nächstes stand die Krankenstation auf seinem Besichtigungsprogramm.

 
 

* * *

 

Auch Valand Kuehn war an diesem Tag in den verschiedenen Abteilungen des Schiffes unterwegs. Er hatte zunächst den Verletzten, die sich alle auf dem Weg der Besserung befanden, einen Besuch abgestattet. Einige von ihnen würden bereits in den nächsten Tagen schon wieder diensttauglich sein. In den letzten Tagen hatte er sein Quartier quasi nur zum Schlafen aufgesucht. Ansonsten war er unermüdlich unterwegs, sprach viel mit der Mannschaft und erkundigte sich danach, was jeder Einzelne auf welche Art und Weise tat. Das Wissen, was sich Kuehn so über jede Abteilungen des Schiffes aneignete, war enorm.

Völlig verrußt kam er aus Richtung der Impulsreaktoren, als ihm Miranea Kerath über den Weg lief. Vor einer halben Stunde hatte sie Thania Walker dabei abgelöst, dem Schiff voraus zu fliegen. Sie wirkte abwesend, und war auf dem Weg zu ihrem Quartier. Als sie Valand erkannte lächelte sie schwach. „Hallo, wie geht es dir. Du siehst aus, als könntest du eine Dusche vertragen.“

„Ja, das könnte jetzt wirklich nicht schaden“, knurrte der Norweger verstimmt. „Manchmal gewinne ich den Eindruck, dass uns die ALAMO unter den Füßen auseinander fällt, während wir sie an anderer Stelle zu flicken versuchen. Ich komme gerade von den Impulsreaktoren. Einen werden wir für einige Wochen stilllegen müssen.“

Die Izarianerin hob etwas die Augenbrauen. „Ist es ernst?“

Kuehn seufzte schwach. „Das kann man nicht gerade sagen, aber wir werden uns zusätzlich etwas einschränken müssen. Einige Abteilungen, die wir nicht unmittelbar benötigen, werde ich vom Netz nehmen lassen. Es ist eher ärgerlich, als ernst.“ Er blickte die blonde Frau ernst an und fragte dann: „Gehst du mit mir in der Offiziersmesse etwas essen? Ich habe Hunger wie ein Bär.“

„Zuerst wollte die Frau ablehnen, doch dann meinte sie leise: „Okay, ich finde ohnehin keine Ruhe, wenn ich in meinem Quartier allein bin.“

Valand Kuehn nickte, wobei er sich insgeheim Sorgen um den Zustand der Izarianerin machte. Er konnte sich lebhaft vorstellen, was Miranea momentan den Schlaf raubte. Auch sie hatte einen geliebten Partner verloren, so wie er auch. Er beschloss, in der Messe mit ihr darüber zu reden.

In der Messe angekommen bestellten sich beide nur einen kleinen Snack am Replikator. Wenigstens dieses System war kaum beschädigt worden – eine der wenigen guten Nachrichten, nach der Havarie. Vollkommen allein in dem Raum, der noch immer Spuren der Zerstörung aufwies, setzten sie sich ans Fenster, und Valand überlegte für einen kurzen Moment, dass dies genau der Platz gewesen war, an dem Sylvie und er zuletzt gesessen hatten, als das Verhängnis seinen Lauf genommen hatte. Das ungute Gefühl in seinem Innern niederkämpfend nahm er dennoch dort, über Eck, neben Miranea Platz.

Beide aßen nur sehr wenig von ihrem Snack und schließlich meinte Valand leise: „Ich schlafe seit einer Woche kaum. Wie gehst du mit dem Verlust um?“

Die blonde Frau blickte traurig zu dem Norweger. „Nur sehr schwer, Valand. Siran fehlt mir so sehr. Als ich sie fand, da war ich nicht einmal in der Lage zu weinen. Ich hatte nur einen dicken Klos im Hals und ich spüre ihn immer noch dort.“

Valand nickte und sagte dann leise: „Ja, ich kenne das Gefühl. Was da passiert ist, kann man kaum begreifen, und wir alle werden sicherlich noch eine Weile brauchen, die Geschehnisse aufzuarbeiten. Aber wir müssen es tun, Miranea, sonst werden wir wahnsinnig. Wenn ich eins in den letzten Tagen begriffen habe, dann ist es die Tatsache, dass ich mich dem was passiert ist stellen muss.“

Die Izarianerin blickte den Norweger direkt an. Dann nickte sie schwach, und zwei Tränen rannen plötzlich über ihre Wangen. Dann löste sich der Knoten in ihrem Inneren, der die gesamte Zeit über drückend auf ihrer Seele gelegen hatte, und sie klammerte sich schluchzend an Valands Oberarm.

Kuehn zog sie spontan zu sich heran, bettete ihren Kopf an seine Schulter und legte seine linke Hand, wie zum Schutz, über Miraneas Kopf, während diese all ihren aufgestauten Gefühlen freien Lauf ließ.

Den Norweger zerriss es fast innerlich, doch er wusste, dass dieser Ausbruch der Frau zum beginnenden Heilungsprozess ihrer Seele gehörte und deswegen unabdingbar war, weshalb er auch so etwas wie Erleichterung empfand. Der erste Schritt war nun gemacht, und weitere würden folgen. Und in diesem Moment schwor er sich selbst, dass er die Crew der ALAMO mit all ihren Sorgen und Nöten nicht allein lassen würde. Er schluckte mehrmals um zu verhindern, selbst in Tränen auszubrechen. Es dauerte, nach Valands Wahrnehmung, eine kleine Ewigkeit, bis sich Miranea wieder etwas fing. Ihre Stimme klang brüchig, als sie schluchzend sagte: „Ich war nicht bei ihr, als sie starb, Valand.“

Der Norweger wusste, dass Siran Torinar gemeint war. Leise antwortete er: „Es kam zu plötzlich und unerwartet für uns alle. Du konntest nichts dafür.“

Als hätte die Izarianerin ihm gar nicht zugehört, fuhr sie fort: „Sie war ganz allein, dort unten im Dunkel. Alles war voller Blut, Valand. Die Verletzung war grauenvoll...“

„Quäle dich doch nicht selbst, Miranea. Behalte sie in Erinnerung, aber so, wie sie im Leben war. Nicht so, wie du sie gefunden hast. Ich bin sicher, das wäre in Sirans Sinn.“

Für eine Weile schwieg die Frau, während ihr Schluchzen weniger wurde. Dann erwiderte sie mit erstickter Stimme: „Vielleicht hast du Recht. Aber es tut so weh.“

Valand schluckte erneut. „Ja das tut es, Miranea. Er hielt sie fest in seinen Armen, und während er zum Fenster hinaus blickte verschwamm das Bild vor seinen Augen.



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück