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Star Trek - Timeline - 02-01

Das Sonneninferno
von

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Aufbruch der U.S.S. ALAMO

Persönliches Logbuch

Lieutenant Valand Kuehn

Sternenzeit: 38624.5

 

Ich werde aus Sylvie nicht recht klug. Direkt nach ihrem Dienstantritt auf der ALAMO wirkte sie noch so lebhaft, wie ich sie aus Akademietagen in Erinnerung habe. Doch gestern, bei Dienstantritt wirkte sie seltsam bedrückt und abwesend. Während unserer gemeinsamen Tätigkeit auf der Brücke brachte sie kaum ein Wort heraus. Ich frage mich manchmal, ob ich jemals in der Lage sein werde, ein solches Verhalten wirklich zu verstehen.

Vielleicht hat sie auch einfach nur schlecht geschlafen – möglich wäre es, denn immerhin ist dies ihr erstes Bordkommando und es geht gleich für fünf Jahre hinaus ins All. Möglicherweise ist sie schon bald wieder ganz die Alte, wenn wir erst einmal unterwegs sind, und Sylvie sich an den Bordalltag gewöhnt hat.

Dies scheint mir noch am wahrscheinlichsten zu sein, denn auch ich habe in der ersten Nacht an Bord nicht allzu viel Schlaf gefunden.

Schon in einer Stunde wird die ALAMO zu ihrer Mission in den Beta-Quadranten aufbrechen, und ich freue mich schon sehr darauf, beweisen zu können, was ich als Teil der Crew, bei einer solchen Mission leisten kann. Ahy´Vilara scheint es ganz ähnlich zu gehen, obwohl ich selbst hoffe, dass sie nicht allzu oft eingreifen muss. Alloran hat sich vorgestern Abend, während unseres Zusammenseins bei Melanie, ähnlich geäußert. Auch er hofft auf einen Flug, ohne allzu große Komplikationen.

Triple-C ist ganz in ihrem Element. Gestern tauchte sie an allen Ecken wo man sie nicht vermutete auf, inspizierte nochmals sämtliche Abteilungen, und tat laut kund, wenn ihr dabei etwas nicht gefiel. Würde ich die Tellaritin mittlerweile nicht besser kennen, so würde ich mir jetzt ernsthaft Gedanken um den Erfolg der Mission machen. So jedoch weiß ich, dass Schiff und Crew bei ihr in den besten Händen sind.

Jetzt wird es langsam Zeit mich auf den Dienst vorzubereiten. Der Beta-Quadrant wartet bereits wieder auf uns.

 
 

* * *

 

Die Brückencrew der U.S.S. ALAMO war vollzählig auf der Brücke anwesend. Valand saß an der hinteren Doppelkonsole auf dem Platz des Taktischen Offiziers, der sich in Flugrichtung auf der rechten Seite der Konsole befand. Links neben ihm hatte Sylvie LeClerc ihren Platz eingenommen und blickte mürrisch auf ihre Anzeigen. Hinter den beiden jungen Offizieren nahm das gewaltige Statusdisplay der Schiffsübersicht beinahe den gesamten Platz an der Wand ein.

Vor dieser Konsole befand sich der Platz des Captains und davor die geteilte Doppelkonsole für NAV und CONN. Der bolianische Navigator, Lieutenant Junior-Grade Frock, kontrollierte noch einmal die verschiedenen Konfigurationen seiner Konsole, während Ensign, Thania Walker, eine dunkelhaarige Kanadierin und Zweiter Steuermann des Schiffes, die Bereitschaft der Antriebssysteme prüfte. Sie war erst vor wenigen Wochen an Bord gekommen und zeichnete sich durch einen hervorragenden, geradezu virtuosen, Umgang mit der Schiffssteuerung aus. Triple-C persönlich hatte Thania Walker für diese Schicht eingeteilt, da sie der jungen Frau die Gelegenheit geben wollte, Erfahrung bei diesem Ausflugmanöver zu geben. Der erste Steuermann, Lieutenant Senior-Grade Daron Dimur Lenar, ein vereinigter Trill, hatte bereits einige solcher Manöver hinter sich.

An den beiden vorderen Wandkonsolen, rechts und links neben dem Hauptbildschirm, versahen drei Männer und eine Frau, alles Unteroffiziere verschiedener Ränge, an den Maschinen und Antriebskontrollen ihren Dienst.

An der rechten Wissenschaftskonsole bereitete sich die vulkanische Chefwissenschaftlerin, T´Parin akribisch auf die kommende Aufgabe vor. Zu ihrer Rechten saß ein junger unvereinigter Trill, im Rang eines Master-Chief-Petty-Officers, der ihr bei den Vorbereitungen assistierte.

Die linke Wissenschaftsstation war im Moment noch inaktiv, doch das würde sich ändern, sobald Commander Numo Tscharun, der momentan zusammen mit Captain Crel in deren Bereitschaftsraum weilte, auf der Brücke erschien. Tscharun galt als wissenschaftlich sehr kompetent, und zuweilen unterstützte er T´Parin bei ihrer Arbeit, wenn es seine Aufgabe als XO des Schiffes zuließ. Nicht zuletzt deshalb verstanden der dunkelhäutige Kameruner, und die Vulkanierin sich sehr gut. Gelegentlich wurde hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, es wäre mehr als Kameradschaft bei beiden im Spiel, doch diese Gerüchte hatten sich bislang als haltlos erwiesen. Fakt war hingegen, dass T´Parin des Öfteren, so wie heute, ihre Schulterlangen, schwarzen Haare mit einer kostbaren Spange, die sie von dem Commander geschenkt bekommen hatte, zusammenhielt.

Während die Brückencrew auf das Erscheinen der beiden höchsten Führungsoffiziere des Schiffes wartete, nahm Valand Kuehn die letzten Checks vor, wobei er gelegentlich einen fragenden Blick zu Sylvie hinüber warf. Dann fragte er geradeheraus, und so leise, dass nur die Französin ihn verstehen konnte: „Hast du irgend etwas? Seit dem Abend bei Melanie scheinst dich etwas zu bedrücken.“

„Nein, alles bestens“, erwiderte die junge Frau kurz angebunden, wobei sie nicht von ihren Kontrollen aufsah. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie dabei den prüfenden Blick Valands und sie erklärte mit gereiztem Tonfall: „Ich fühle mich nur nicht hundertprozentig, das ist alles.“

„Okay“, meinte Valand seufzend. „Kein Grund gleich die Waffensysteme auf meine Position auszurichten.“

Sylvie LeClerc ließ die letzten Worte Valands unkommentiert und entsagungsvoll mit den Schultern zuckend konzentrierte sich Valand wieder auf die letzten Systemkontrollen. Beinahe gleichzeitig öffnete das Schott zu seiner Rechten, seitlich hinter ihm, und Cianera Crel betrat, gefolgt von Numo Tscharun, die Brücke.

Ein Pärchen wie Max und Klärchen, schoss es Valand kurz durch den Sinn und ein flüchtiges Grinsen überflog sein Gesicht. Er beobachtete, wie die Tellaritin sich hinter ihren Platz begab, wobei Tscharun links von ihr Position bezog.

„Status?“, erkundigte sich Triple-C, ohne sich dabei umzudrehen. Valand Kuehn blickte zu Sylvie, die als OPS-Offizier nun eigentlich hätte antworten sollen, doch die Französin schien mit finsterer Miene vor sich hin zu träumen. Schnell sprang er in die Bresche, rief den Status auf seiner Konsole ab und meldete: „Alle Stationen haben ihre Bereitschaft gemeldet, Captain. Das Schiff ist klar zum Start.“

Nun drehte sich die Tellaritin doch zu ihnen um, wobei sie leicht ihre Augenbrauen zusammenzog, sich jedoch eines Kommentars enthielt. Dann sagte sie: „Danke, Lieutenant.“ Sie wandte sich wieder dem Hauptbildschirm zu, der den Innenbereich des riesigen Hangars der Sternenbasis-1 zeigte. Dann befahl sie: „Fertigmachen zum Start.“

Währenddessen hatte der Commander über seinen Kommunikator den rigelianischen Chefingenieur, Baran Scunaren, der ALAMO angerufen und ihm mitgeteilt, dass nun der Start des Schiffes unmittelbar bevorstand.

Captain Crel sagte fast gleichzeitig: „Eine Verbindung zum Dockoffizier, Lieutenant Kuehn.“

„Aye, Captain – Verbindung steht.“

Cianera Crel legte ihre Hände flach auf die Hüften und sagte über den Schiffskom: „Dockkontrolle, hier U.S.S. ALAMO. Erbitten Startfreigabe.“

Über den Schiffskom kam umgehend die Antwort. Eine sonore männliche Stimme antwortete: „Hier Dockkontrolle: Startfreigabe erteilt. Die Raumschotten werden sich in dreißig Sekunden für Sie öffnen. Gute Reise, ALAMO.“

„Vielen Dank, Dockkontrolle“, bestätigte die Tellaritin und setzte sich in ihren Sessel, während Thania Walker die Schiffsverankerungen löste. Gleich darauf lief die Bestätigung der Dockkontrolle bei ihr ein, dass die Verankerung gelöst war, und von Seiten der Station eingefahren wurde.

Dann erklärte Captain Crel: „Von jetzt an dreißig Sekunden bis Raumschotten.“

Thania Walker erkundigte sich schnell: „Manövrierdüsen achtern?“

Die Tellaritin bestätigte: „Bringen Sie uns hinaus, Miss Walker.“

„Aye, Captain.“ Die Kanadierin aktivierte die Manövriertriebwerke, die sich über das gesamte Schiff verteilten, und gab Schub auf die achteren Emitter. Im Grunde handelte es sich, trotz der altertümlichen Bezeichnung weniger um ein Schubsystem, sondern um eine Form besonderer Druckprojektoren, den Impulstriebwerken nicht unähnlich – jedoch genauer vektorierbar und nicht annähernd so leistungsstark.

Das hörbare Arbeitsgeräusch auf der Brücke steigerte sich nur unmerklich um eine Nuance, während das Raumschiff der Sternenflotte, majestätisch langsam seinen Platz verließ und unter der präzisen Steuerung von Ensign Walker langsam nach Steuerbord, auf die sich öffnenden Panzerschotten zu driftete.

Während sich das Schiff exakt auf das Schott ausrichtete, durch welches die samtene Schwärze des Weltalls, mit seinen Myriaden Lichtpunkten, sichtbar wurde, zischte Valand Sylvie beinahe unhörbar zu: „Aufwachen, Ensign. Auf der Brücke wird nicht geschlafen.“

Die blonde Frau warf ihm einen beinahe mörderischen Blick zu, wobei sie, übertrieben freundlich, flüsternd antwortete: „Vielen Dank für die Belehrung.“

„Immer gerne“, erwiderte Kuehn und das zornige Funkeln in seinen Augen hielt Sylvie LeClerc davon ab etwas darauf zu erwidern. Wütend auf sich selbst wandte sie sich brüsk ab wobei sie sich vornahm nicht weiterhin unaufmerksam zu sein. Dabei war ihr schon klar, dass Valand eben die Situation durch seine schnelle Reaktion gerettet hatte, denn die Klarmeldung an den Captain weiterzugeben lag in ihrem Verantwortungsbereich. Und diese Erkenntnis brachte ihr Blut noch mehr in Wallung. Für einen Moment überlegte sie, sich bei Valand zu bedanken, doch dann ließ sie es.

Seit vorgestern Abend rumorte es in ihrem Inneren. Sie hatte sich nicht zuletzt für den Dienst auf der ALAMO entschieden, weil sie sich erhofft hatte, Valand dabei näher zu kommen. Und nun hatte sich herausgestellt, dass irgend so ein andorianisches Flittchen sich den Mann geangelt hatte, in den sie sich doch verliebt hatte. Vermutlich war Valand der erste vernünftige Mann gewesen, den sie seit langer Zeit kennen gelernt hatte. Eine irrationale Wut auf Ahy´Vilara Thren stieg in ihr auf. Dieses lose Weib. Wahrscheinlich konnte Valand nicht einmal etwas dazu – ganz sicher war er in die Fänge dieses gewissenlosen Geschöpfes geraten, ohne zu erkennen, dass sie nicht die Richtige für ihn war.

Die Hände der Französin ballten sich, und sie war kurz davor wütend auf die Konsole zu schlagen. Es kostete sie Mühe, diese finsteren Gedanken zu überwinden, und sich wieder auf die Situation zu konzentrieren, die sie umgab. Dabei glomm ein kleiner Hoffnungfunken im hintersten Winkel ihres Gehirns auf.

Was wenn es ihr gelang Valand davon zu überzeugen, dass es dieser blauhäutigen Person lediglich darum gegangen war, sich den nächstbesten, gut aussehenden Offizier zu angeln, ohne wirklich etwas für ihn zu empfinden? An diesen Gedanken klammerte sie sich, wie eine Ertrinkende, und während sie beschloss all ihr Streben darauf auszurichten besserte sich ihre Laune zusehends. Oh ja, sie würde das perfide Spiel der Andorianerin schonungslos ans Tageslicht zerren. Dass ihre Überlegungen von vollkommen falschen Grundvoraussetzungen geprägt wurden, auf diese Idee kam sie dabei zu keinem Zeitpunkt. Ihr Ziel war es nach wie vor, Valand Kuehn für sich zu gewinnen, und sie würde ihr Ziel erreichen – auf Biegen oder Brechen. Kapitulation war keine Option.

Sie blickte unauffällig zu Valand und dachte: Ja, dieser Kampf ist noch lange nicht entschieden. Ich werde dir schon die Augen öffnen.

Diese Gedanken gaben der Französin neue Zuversicht, und jetzt sah ihre nahe Zukunft längst nicht mehr so schwarz aus, wie noch vor ein paar Momenten.

Grimmig achtete sie auf ihre Anzeigen.

Auf dem Hauptbildschirm konnte sie beobachten, wie sich das Raumschiff nun schneller werdend dem Raumschott näherte. Während der letzten Jahrzehnte hatte die Sternenbasis einige Umbauten erfahren. Dazu gehörte auch, dass man die beiden Hauptschotten der Pilzsektion signifikant vergrößert hatte. Die Zeiten, als ein Schiff der EXCELSIOR-KLASSE so gerade eben durch das Schott passte waren längst Geschichte. Nach dem letzten Umbau konnten sogar Schiffe der AMBASSADOR-KLASSE in den Hangarbereich einfliegen, ohne dabei Probleme zu bekommen. Was man hingegen beibehalten hatte, war das optische Leitsystem. Gewaltige Scheinwerfer bildeten einen Lichterzaun, in dessen Grenzen sich die ALAMO nun der Schottöffnung näherte.

Thania Walker hielt das Schiff exakt auf Kurs, wobei sie die Leistung der achteren Manöverdüsen längst auf Maximum ausgefahren hatte. Schneller, als gedacht schob sich die ALAMO mittig aus der Öffnung in den Raum hinaus.

Dieses Mal war Sylvie LeClerc auf Draht und meldete eine Sekunde später: „Die ALAMO ist frei, Captain.“

Die Tellaritin nickte ihr knapp zu. Anscheinend hatte sie nicht vor, ihren kleinen Fauxpas von eben weiter zu verfolgen. „Danke, Miss LeClerc.“

Dafür näherte sich Numo Tscharun mit pantherhaften Bewegungen und blieb dicht neben ihr stehen. „Ich dachte schon, wir hätten Sie verloren“, raunte er ihr augenzwinkernd zu und schmunzelte, ob der verlegenen Reaktion. Dann meinte er ebenso leise: „Auch ich war bei meinem ersten Kommando etwas aufgeregt, Ensign. Aber seien Sie jetzt auf Zack.“

„Aye, Sir“, antwortete die blonde Frau ebenso leise. „Danke, Sir.“

Der Commander nickte ihr aufmunternd zu, bevor er sich an die Wissenschaftliche Station an Backbord begab und sie aktivierte. Während er noch Platz nahm, wies Cianera Crel die kanadische Steuerfrau an: „Voller Impuls voraus, Miss Walker. Sobald wir die Erde einhundert Millionen Kilometer hinter uns gelassen haben, gehen Sie auf Warp 7. Navigator: Setzen Sie einen Kurs, Richtung Typhon-Ausdehnung.“

Sie bekam zweimal ein Aye, Captain zur Bestätigung.

Nach gut zwanzig Minuten meldete Sylvie LeClerc, dass das Schiff den vorgegebenen Abstand erreicht hatte, und Captain Crel wandte sich an Thania Walker: „Dann bringen Sie die alte Dame mal auf Warp 7, Ensign Walker. Beschleunigen.“

Die Kanadierin bestätigte, wobei sich in ihren sanften, rehbraunen Augen ein unternehmungslustigen Funkeln widerspiegelte. Ihre schlanken Finger huschten über die Sensortasten, und im nächsten Moment drang das Schiff, unter einer grellen Blitzentladung in den Subraum ein, um dem fernen Raumgebiet im Beta-Quadranten entgegen zu eilen.

 
 

* * *

 

In den nächsten Tagen besserte sich Sylvie LeClercs Laune spürbar, doch noch immer merkte Valand Kuehn die leichte Spannung zwischen ihnen beiden, die er sich nicht recht erklären konnte. Irgend etwas schien seit dem Abend bei Melanie passiert zu sein, aber er hatte nicht die leiseste Ahnung, was es sein könnte. Zu Akademiezeiten hatten sie sich stets ausgezeichnet verstanden, darum schien ihm ihr Verhalten nun um so rätselhafter. Er beruhigte sich mit dem Gedanken, dass es vielleicht wirklich nur eine ganz normale Reaktion auf die neuen, noch ungewohnten, Umstände war.

Zum Glück hatte sich die Französin gefangen, und verrichtete ihre dienstlichen Obliegenheiten gewissenhaft und fehlerlos. Offensichtlich hatten die leisen, ruhigen Worte des Ersten Offiziers eine durchschlagende Wirkung erzielt.

Jetzt, knapp eine Woche nach dem Aufbruch vom Orbitalstützpunkt, über der Erde, verrichteten Valand Kuehn und Sylvie LeClerc ihren Dienst Hand in Hand, worüber der Norweger sehr erleichtert war, denn für die Sicherheit des Schiffes war es unabdingbar, dass es dienstlich keine zu großen Reibungspunkte zwischen ihnen gab. Was das Private anbelangte, so hatte er Sylvie bereits zweimal zu sich und Ahy´Vilara zum Abendessen einladen wollen, doch beide Male hatte Sylvie wichtige Dinge, die sie noch zu erledigen hatte vorgeschoben. Im Moment befand sich das Schiff im Warpflug, und es gab nicht allzu viel für ihn zu tun. Sinnend blickte er zu Sylvie hinüber und überlegte kurz, ob er noch einen weiteren Versuch starten sollte, sie zu einem Abendessen mit ihm und seiner Frau zu überreden. Er konnte zusätzlich Alloran einladen. Mit diesem Gedanken raunte er Sylvie zu: „Hättest du nicht Lust, heute nach Dienstende mit Commander Veron, Ahy´Vilara und mir zu Abend zu essen? Es wäre bestimmt nett, einige alte Geschichten aus unserer Kadettenzeit aufzuwärmen.“

Sylvie LeClerc blickte zu ihm auf, und zuerst hatte Valand den Eindruck, dass sie auch dieses Mal ablehnen würde. Doch dann lächelte sie fein und meinte: „Gute Idee, Valand. Zu welcher Zeit?“

„Sagen wir, gegen 20:00 Uhr?“

Die Französin nickte. „In Ordnung, ich freue mich darauf.“

Numo Tscharun, der momentan die Brücke hatte, wandte sich kurz zu ihnen um und hüstelte dezent. Er mochte es nicht besonders, wenn die Brückenoffiziere, während des Dienstes Privatgespräche führten.

Beide Offiziere verstanden den subtilen Wink des XO und konzentrierten sich wieder auf ihre Aufgabe. Dabei überlegte Sylvie, dass es töricht gewesen war, die beiden vorherigen Einladungen auszuschlagen. Sich in den Schmollwinkel zurückzuziehen brachte in dieser Angelegenheit rein gar nichts. Nein, hier musste sie sich schon in die Höhle des Löwen begeben, um etwas zu bewirken. Zwar passte es ihr nicht, dass der Commander dabei war, aber vielleicht ergab sich auch trotz seiner Anwesenheit die Chance Valand in ihrem Sinne zu beeinflussen, und ihre Konkurrentin auszustechen.

Während ihres restlichen Dienstes an diesem Tag konnte sie es kaum erwarten, dass ihre und Valands Schicht sich dem Ende zu neigte, und zum ersten Mal seit Tagen spürte sie in der Nähe des Norwegers wieder jenes bekannte Kribbeln, welches ihr nur allzu deutlich machte, was sie für ihn empfand. Ein zufriedenes Lächeln lag dabei auf ihren Lippen.

 
 

* * *

 

Als Sylvie LeClerc sich am Abend auf den Weg zum gemeinsamen Quartier von Valand und seiner Frau machte, war sie bester Laune. Sie hatte sich eine Menge vorgenommen für diesen heutigen Abend. Schon zu Akademiezeiten hatte man ihr oft eine scharfe Zunge nachgesagt, und heute Abend würde sich schon zeigen, dass sie seitdem noch nichts verlernt hatte, in dieser Hinsicht.

Sie hatte unter der Dusche noch einmal darüber nachgedacht, ob es richtig sein würde, um Valand zu kämpfen. Immerhin war er verheiratet, und es schien fast unmöglich zu sein, ihn aus dieser Beziehung wieder zu lösen. Andererseits, sollte ihre Vermutung stimmen, und seine andorianische Gespielin wirklich nur auf den erstbesten, ungebundenen Mann gewartet haben, der sich auf dem Schiff blicken ließ, dann musste sie es versuchen.

Also hatte sie beschlossen den Kampf anzunehmen.

Als sie das Quartier der Kuehns betrat, nachdem sie ihre Hand auf den Kontaktgeber gelegt hatte, stellte sie fest, dass Alloran Veron bereits anwesend war. Bei Melanie Gerlach, vor einer Woche, hatte sie erfahren, dass die beiden die Trauzeugen des Paares gewesen waren, und so schien die Vertrautheit zwischen ihnen nicht weiter verwunderlich.

Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als Ahy´Vilara sie herzlich begrüßte. Wie sie das hasste. Wenn diese Person doch bloß etwas garstig zu ihr gewesen wäre, nur etwas, dann wäre es ihr wesentlich leichter gefallen, den Kampf gegen sie aufzunehmen. Aber diese Freundlichkeit blockierte ihr gesamtes Denken. Sie musste sich davon befreien. Was sie schon wesentlich zufriedener stimmte, war die Freundlichkeit Valands. Ihren kleinen Disput, während des Ablegens von Sternenbasis-1 hatte sie bereits vergessen. Nun konzentrierte sie sich ganz darauf, seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Darum hatte sie sich auch ganz besonders sorgsam für diesen Abend zurecht gemacht, und ein besonderes Parfüm aufgelegt.

Als Alloran Veron sie begrüßte musterte er die junge Frau intensiv, wobei er etwas die Luft einsog und lächelnd meinte: „Sie haben nicht nur einen guten, sondern auch einen nicht ganz preiswerten Geschmack. Wenn mich nicht alles täuscht, dann bevorzugen sie das Label Sunrise von De Minaris.“

Sylvie LeClerc blickte den Arzt etwas erstaunt an. Dann erwiderte sie: „Sie kennen sich aber sehr gut aus, Commander.“

„Nun ja“, erklärte der bereits leicht ergraute, stattliche Mann. „Ich war immerhin über zehn Jahre lang verheiratet. Bis vor vier Jahren.“

Etwas erschrocken blickte Sylvie LeClerc zu ihm auf und fragte schließlich: „Was ist denn passiert. Ist Ihre Frau... ich meine...“ Sie schluckte und suchte nach Worten.

Veron blickte die Französin etwas unverständlich an, bevor ihm ein Licht aufging, was diese junge Frau vermutete, und schnell erklärte er: „Nein, sie ist gesund und munter. Sie hat sich bloß von mir scheiden lassen, das ist alles. Sie kam zum Schluss nicht mehr damit klar, dass wir die meiste Zeit von einander getrennt waren.“

Erleichtert atmete die blonde Frau auf. „Mon Dieu – ich dachte schon, ich hätte, mit Anlauf, ein Fettnäpfchen erwischt.“

Der Arzt lachte launig, deutete zum gedeckten Tisch hinüber und meinte: „Kommen Sie, Ensign, ich habe einen Bärenhunger.“

„Solange kein Bär aufgetischt wird...“

Valand, der ihre letzten Worte mitbekam, schüttelte lachend den Kopf. „Nein, kein Bär. Dafür Fledermausragout auf andorianische Art, mit Beilage.“

Die Augen der Französin weiteten sich. „Das ist nicht dein Ernst?“

Valand nickte. „Doch, aber koste erst einmal, bevor du die Nase rümpfst. Das Gericht schmeckt einfach köstlich.“

Zweifelnd setzte sie sich zwischen Alloran Veron zu ihrer Linken, und Valand zu ihrer Rechten an den quadratischen Tisch und beobachtete Ahy´Vilara dabei, wie sie ihr eine großzügige Portion auf den Teller häufte. Während auch die Anderen ihre Portionen von ihr bekamen begutachtete sie misstrauisch was sie vor sich auf dem Teller hatte. Das graubraune Ragout machte keinen besonders vertrauenerweckenden Eindruck, und diesen violetten Knollen, mit dem grün-gelb gesprenkelten, länglichen Gemüsestücken traute sie überhaupt nicht über den Weg. Ein bräunlich schwarzer Klecks daneben machte einen noch unheimlicheren Eindruck auf sie.

Während sie sich umständlich das Besteck nahm beobachtete sie, wie der Arzt neben ihr, mit Begeisterung zugriff.

Nun denn!, dachte Sylvie. Was der Arzt vertrug, das würde sie auch noch herunter bekommen. Sie probierte vorsichtig von dem Ragout und blickte verwundert drein. Es schmeckte einfach köstlich – ganz wie der Arzt es behauptet hatte. Nach und nach probierte sie von den Beilagen, die ebenfalls weitaus besser schmeckten, als sie aussahen.

Von allen Beteiligten freute sich die Andorianerin am meisten, dass es ihrem Gast schmeckte, denn es handelte sich um ein Gericht, welches sie selbst etwas abgeändert hatte.

Nach dem Essen sprach Sylvie dem grünen Tokajer zu, den Valand für besondere Fälle in Reserve hatte. Dieser Wein war nicht repliziert, sondern ein Originalprodukt.

Die Französin nickte anerkennend und meinte: „Dieser Tokajer ist wirklich nicht schlecht. Zwar etwas anders, als der Wein, den meine Eltern herstellen, aber sehr gut.“

„Ihre Eltern sind Winzer?“, erkundigte sich der Arzt interessiert.

Sylvie nickte lebhaft. „Ja, sie besitzen ein altes Weingut im Loire-Tal, das schon seit mindestens ein Dutzend Generationen in Familienbesitz ist, bei La Roche-Guyon, westlich von Paris gelegen.“

„Ah“, machte Veron. „Ich kenne die Gegend aus meiner Jugendzeit. Sehr malerisch. Gibt es dort nicht auch eine alte Burgruine, von der man behauptet, dass zur Zeit der Bauernaufstände dort ein rotbärtiger Teufel erschienen ist, der die Tochter des Fürsten vor dem Zorn der Aufständischen gerettet haben soll?“

Sylvie LeClerc lachte erheitert. „Ja, eine Bauernmär. Vermutlich handelte es sich lediglich um einen Ritter des Fürsten, der besondere Fähigkeiten besaß.“

Alloran Veron nickte zustimmend: „Ja, so wird es wohl gewesen sein.“

Sie wechselten das Thema und während Sylvie bereits das dritte Glas Wein zur Hälfte geleert hatte, kam sie geschickt auf den Ausflug nach Aspen zu sprechen, den sie im Frühjahr 2358 mit Valand und vier weiteren Kadetten unternommen hatte. Sie war gespannt darauf, wie er und vor allem Ahy´Vilara auf ein bestimmtes Detail reagieren würde.

Ahy´Vilara sagte unbefangen zu Valand: „Das muss wirklich ein interessanter Ausflug gewesen sein, da dein Freund Tar´Kyren ihn auch erwähnte.“

Die Französin horchte kurz auf und fragte sich, wann sie Tar´Kyren Dheran kennen gelernt haben mochte, bevor sie lächelnd meinte: „Oh ja, bei einigen von uns hat es damals mächtig geknistert. Vor allen Dingen in der Sauna, nicht wahr?“

Ahy´Vilara blickte etwas ratlos zu Valand, der ihr erklärte, was eine Sauna war. Dabei warf er Sylvie einen unwilligen Blick zu, als er merkte, dass seine Frau bei dem Gedanken, dass Sylvie und er sich bereits nackt gesehen hatten, nicht sonderlich erfreut reagierte. Zwar war Nacktheit für Andorianer einerseits etwas Normales, andererseits war Valand kein Andorianer, und darüber hinaus ihr Mann.

Sie blickte in das Gesicht der Französin, auf dem sich kurzzeitig ein süffisantes Grinsen zeigte, und ihre Antennen bogen sich leicht nach Innen. Dann blickte Ahy´Vilara schnell wieder zu Valand und meinte kühl: „Dieses Detail hast du wohlweislich ausgelassen, als dein Freund Tar´Kyren davon erzählte.“

„Nicht jetzt“, bat Valand leise. „Wir reden später darüber.“

„Nein, wir reden jetzt darüber“, blieb die Andorianerin stur.

Alloran Veron, der die gesamte Szene genau beobachtet hatte, fasste Sylvie LeClerc unauffällig am Unterarm und sagte schnell in Richtung des jungen Paares: „Es ist spät geworden, Miss LeClerc und ich werden uns nun verabschieden.“

Die Französin versuchte sich aus dem Festen Griff des Arztes zu winden, doch der Grauhaarige zog sie unerbittlich mit sich, wobei er ihr zu raunte: „Kommen Sie, Ensign, für heute haben Sie bereits genug angerichtet.“

Gezwungenermaßen verließ Sylvie LeClerc mit Veron das Quartier und draußen auf dem Gang meinte der Arzt ernst: „Kommen Sie mit zur Krankenstation, Ensign LeClerc.“

Die junge Frau wagte keinen Einwand. Allein der Ton seiner Stimme gebot eine Autorität, der sie sich nicht zu entziehen vermochte.

Sie erreichten wenig später die Krankenstation, und Alloran Veron begab sich rasch zu einem der Wandfächer, dem er eine kleine Packung entnahm. Er reichte sie der Französin und meinte: „Dieses Mittel sorgt dafür, dass man morgens keinen Kater hat, wenn man etwas zu viel getrunken hat. Ich denke mir sie können es brauchen.“

Sylvie, die mittlerweile erkannt hatte, dass der Arzt nicht nur Valand, sondern auch seine Kollegin Ahy´Vilara offenbar sehr mochte, nickte nur. Dann wollte sie sich abwenden, doch die plötzlich etwas lauter werdende, schneidende Stimme Verons hielt sie zurück.

„Hier geblieben und den Blick geradeaus, Ensign! Ich bin noch nicht fertig! Sie sollen wissen, dass ich Ahy´Vilara und Valand Kuehn nicht nur als Kollegen, sondern als Freunde – ja, beinahe als einen Teil meiner Familie sehe! Und sollten Sie es daher noch einmal wagen Zwietracht zwischen den beiden zu sähen, dann lernen Sie mich kennen! Vergessen Sie nicht, dass ich als Bordarzt jederzeit eine psychologische Untersuchung bei auffälligem Verhalten anordnen kann, und ich werde nicht zögern es in Ihrem Fall zu tun, sollten Sie meinem Rat nicht folgen! Sie wissen, was es für ihre Karriere bedeutet, wenn in ihrer Dienstakte ein Vermerk bezüglich eines traumatischen Stress-Syndroms in Folge eines Flugunfalls aufscheint?“

Die Französin schluckte und nickte kleinlaut. „Aye, Sir.“

Die Haltung des Arztes entspannte sich etwas. „Dann sehen Sie zu, dass es nicht dazu kommt, Ensign LeClerc.“ Die letzten Worte des Arztes waren ruhiger, aber nicht weniger eindringlich gewesen.

„Ja, Commander.“ Sylvie LeClerc fühlte sich schlecht, was nicht nur an der Menge Wein lag, die sie konsumiert hatte. So herunter geputzt worden war sie noch nie, und das Gefühl in ihrem Innern, dass es völlig zurecht geschah, machte es nicht besser.

Alloran Veron nickte knapp. „Jetzt können Sie gehen, Ensign.“

„Aye, Sir“, brachte sie gepresst hervor und verschwand schnell auf den Gang hinaus. Dabei nahm sie sich fest vor ihr Ziel dennoch nicht aus den Augen zu verlieren. Sie musste lediglich etwas subtiler vorgehen. Dabei dachte sie mit geballten Fäusten: Irgendwann...



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