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Last Desire 13

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Melancholie

Es regnete in Strömen und in der Ferne hörte man es donnern. Und obwohl es kalt war, stand Lacie auf dem Dach im strömenden Regen und hatte die Augen geschlossen, während sie ihr Gesicht zum Himmel wandte. Sie war vollkommen durchnässt und machte dennoch keine Anstalten, das Dach zu verlassen. In diesem Moment sah sie fast so aus, als würde sie beten oder meditieren. Die Tür öffnete sich und L kam raus und hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt, als er näher kam. „Lacie, was machst du da?“ „Kannst du sie hören?“ Schon seit sie gestern erfahren hatte, dass sie ein Proxy war, wirkte sie irgendwie verändert und noch nachdenklicher als sonst. Wahrscheinlich hatte sie noch an der Tatsache zu knabbern, dass ihr Leben bislang nur eine Lüge gewesen war. Verdenken konnte man es ihr nicht wirklich. „Was meinst du damit?“ fragte L und trat näher und versuchte bei dem lauten Regen etwas herauszuhören. „Die Glocken. Kannst du sie nicht läuten hören?“ Nun hörte er genauer hin und tatsächlich… er konnte irgendwo in der Ferne das Läuten von Glocken hören. Die Glocken der St. Michael Kirche, die ihm aus seiner frühen Kindheit in Erinnerung geblieben waren. Merkwürdig. Irgendwie kam ihm diese Szene vertraut vor. Hatte er vielleicht eine Art umgekehrtes Deja-vu? Er hatte schon mal so ein Erlebnis auf einem Dach bei strömendem Regen gehabt, wo er dem fernen klang der Glocken von St. Michael gelauscht hatte. Nämlich mit einem guten Freund, den er verloren hatte und mit seinem Feind, der ihn fast getötet hatte. „Lacie, wir sollten besser…“

„Ich frage mich gerade“, begann sie weiterzureden, „wie es wohl weitergehen wird, wenn das alles hier vorbei ist. Immerhin haben wir alle durch dieses eine Projekt zusammengefunden und es ist das, was uns zusammenhält. Wenn es vorbei ist, gibt es diesen Zusammenhalt nicht mehr.“

„Man entwickelt sich eben weiter“, erklärte L und schien noch nicht einmal großartig zu bemerken, dass er klatschnass wurde. „Selbst Familien gehen irgendwann auseinander, wenn die Kinder erwachsen werden.“ „Ich weiß“, sagte Lacie und für einen Moment hätte L schwören können, dass sie weinte, aber es konnte auch der Regen sein. „Ihr habt wirklich großes Glück, eine solche Familie zu haben. Aber… meinst du nicht, dass es trotzdem einsam werden könnte?“ Einsam? Hatte er diese Worte nicht auch einmal gesagt? Damals, als er… als er davon ausgegangen war, dass er sterben würde? Ja, er hatte den eigenen Tod vor Augen gehabt und sich auf sein Ende vorbereitet. Aber dann wurde dieses Schicksal wie durch ein Wunder im letzten Moment abgewandt, weil nicht er, sondern Light durch den Shinigami getötet worden war. „Worüber denkst du nach?“ „Wie es wohl sein wird, wenn es vorbei ist und wie es mit mir weitergeht. Im Grunde gibt es doch nichts, was mich mit euch verbindet und was mich zu einem Teil dieser Familie macht. Keine Verwandtschaft, nur die Freundschaft zu Dathan und er hat jetzt deine Mutter. Er braucht mich nicht mehr und Elohim ist streng genommen auch kein fester Teil dieser Familie. Zwar existiert auch noch die Freundschaft mit Frederica, aber das auch erst seit kurzem. Also macht es doch nichts aus, wenn ich nicht mehr da bin, oder?“ Ach darum geht es also, dachte L und atmete geräuschvoll aus. Offenbar fühlt sie sich nicht dazugehörig und hat Angst, ganz alleine zu sein, wenn das alles hier vorbei ist. Na wenn dies das einzige Problem ist… „Du gehörst zur Familie dazu, da mach dir keine Sorgen. Jeder war in dieser Familie mal ein Fremder und ist dann schließlich doch zu einem festen Teil davon geworden. Manche Dinge brauchen einfach ihre Zeit. Lass uns wieder…“ „Hey, was macht ihr beiden da für einen Blödsinn?“ Nastasja und Beyond waren dazugekommen und ergriffen schließlich Lacie und L am Arm, woraufhin sie die beiden ins Trockene brachten. „Ihr seid doch komplett verrückt. Es reicht doch schon, wenn Ezra krank ist und Sheol sich bei ihm auch noch angesteckt hat. Ab mit euch ins Warme, aber dalli!“ Nachdem sie wieder drin waren, warf die Russin ihnen Handtücher zu, denn sie waren komplett durchnässt und das Wasser tropfte ihnen von der Kleidung und von den Haarspitzen. Der Serienmörder begann nun damit, L die Haare zu trocknen und schüttelte den Kopf. „Und du sagst mir, ich mache immer Unsinn… na komm, du musst erst mal aus den nassen Klamotten raus und dann am besten ab ins Bad. Ansonsten wirst du noch krank und das können wir im Moment nicht gebrauchen.“ Während sich Nastasja um Lacie kümmerte, brachte Beyond den Detektiv ins Bad und setzte seine kleine Standpauke noch eine Zeit lang fort. Er ließ ihm ein heißes Bad ein und nahm sich im Anschluss die Freiheit, L Gesellschaft zu leisten und ihm den Rücken zu waschen. „Was sollte die Aktion auf dem Dach eigentlich, kannst du mir das mal erklären?“ „Ich hatte da ein Deja-vu gehabt, das ist alles.“ Beyond schüttelte den Kopf und verstand es nicht wirklich, dass der Meisterdetektiv solche bescheuerten Aktionen machte. Das sah ihm doch gar nicht ähnlich. Naja, zumindest nicht allzu sehr… „Du bist doch verrückt, bei solch einem Sauwetter rauszugehen. Willst du etwa schon wieder krank werden? Mensch, wenn du irgendwelche Sorgen hast, dann sag es mir doch. Dafür bin ich ja auch da.“ L schwieg einen Moment, während Beyond ihm die Haare wusch und lehnte sich dann zurück, woraufhin der Serienmörder seine Arme um ihn legte. „Es ist eben so gut wie vorbei“, sagte er schließlich und wirkte irgendwie sehr nachdenklich. „Wenn wir den Alpha-Proxy und Elohims dunkle Seite aufgehalten haben, dann ist eigentlich genau das fort, was uns alle erst zusammengeschweißt hat. Und da hat Lacie nicht ganz Unrecht. Jetzt im Moment halten wir alle zusammen, aber auch hauptsächlich deshalb, weil wir aufeinander angewiesen sind und die Hilfe des anderen brauchen. Wie wird es denn weitergehen, wenn das hier vorbei ist? Meine Mutter hat ihre eigene Familie, um die sie sich kümmern muss und Dathan wird ihr wahrscheinlich nach Amerika folgen. Frederica wird als Assistentin bei uns beiden bleiben, aber Jeremiel wird sein Leben wohl oder übel mit Liam verbringen. Da lässt er sich leider auch nichts mehr sagen. Ich kann ihn nicht daran hindern und Mum sieht das alles viel entspannter als ich. Oliver und Andrew haben ihr eigenes Leben und Rumiko hat ebenso ihre Familie. Es wird nicht mehr wie vorher sein und da ist auch die Sorge da, dass wir uns immer weiter auseinander entwickeln.“

„Das glaube ich nicht“, sagte Beyond schließlich und hielt L fest im Arm. Es war so angenehm, seine Körperwärme zu spüren und von ihm im Arm gehalten zu werden. So angenehm warm und beruhigend. „Jetzt denk doch mal nach: in dem halben Jahr, wo wir nichts von dem Alpha-Proxy gehört haben, da hat die Familie doch trotzdem zusammengehalten. Nun gut, es mag sein, dass sich diese große Gemeinschaft in ihre Grüppchen aufteilt. Aber wir stehen doch trotzdem allesamt in Kontakt und wir werden einander doch nicht gänzlich aus den Augen verlieren. Nastasja ist deine Mutter und Jeremiel dein Bruder. Andrew und Oliver sind unsere besten Freunde und Rumiko wohnt direkt nebenan. Sheol und Ezra sind deine Adoptivbrüder und Frederica ist quasi deine große Schwester und ist jetzt Wataris Nachfolgerin. Daran wird sich nichts ändern, auch wenn man sich vielleicht nicht mehr so oft sieht. Aber wieso machst du dir Gedanken über so etwas?“ Unsicher zuckte L mit den Achseln und dachte nach. „Vielleicht ist es die Sorge, dass es nie wieder so sein wird wie vorher und dass diese Bindungen auseinanderbrechen.“

„Ach L, du machst dir zu viele Gedanken. Mag sein, dass es vielleicht nicht mehr so ganz wie vorher sein wird, aber wir werden einander bestimmt nicht vergessen und außerdem: wir haben alle dann wenigstens die Chance endlich unser Glück zu genießen, ohne irgendwie Angst haben zu müssen, dass irgendetwas sein könnte und dass wir Gefahr laufen, von Proxys angegriffen zu werden. Irgendwie bist du echt ganz schön deprimiert geworden und das macht mir Sorgen. Vielleicht sag ich das nicht oft genug, aber so langsam erinnerst du mich immer mehr an Alice Wammy.“ L schwieg, denn er wusste ja selbst, dass er dabei war, ihr immer ähnlicher zu werden und dass sich Beyond deswegen große Sorgen um ihn machte. Vielleicht lag es daran, weil er so viele Kontakte geknüpft hatte, dass er nicht mehr derselbe war, oder eben weil die Angst groß wurde, das alles vielleicht zu verlieren. „Lass mich dir eines sagen, L: es wird nicht dazu kommen, dass wir gänzlich auseinandergehen. Jeremiel wird immer dein Bruder sein und deine Mutter wird auch für dich da sein, wenn du sie brauchst. Rumiko und Jamie werden weiterhin nebenan bei uns wohnen und selbst zu Andrew und Oliver werden wir sicher nicht den Kontakt verlieren. Die beiden verreisen ja inzwischen nicht mehr allzu oft, seit Rumiko schwanger ist und danach werden die beiden erst mal genug damit zu tun haben, der kleinen Charity gute Väter zu sein. Hey, es gibt keinen Grund, Angst zu haben. Versuch dir mal etwas von Lacies Optimismus abzuschauen. Die glaubt ja genauso felsenfest wie Frederica daran, dass wir es alle schaffen werden und dass alles gut wird. Oder… brauchst du vielleicht wieder eine kleine Ablenkung?“ Damit wanderte Beyonds Hand langsam zu L’s Körper herunter und normalerweise hätte L vielleicht protestiert und ihm irgendetwas an den Kopf geworden und sich gewehrt, aber er ließ es einfach zu und spürte die sanften Berührung an seinem Körper. Eine Ablenkung… das alles vergessen… zumindest für einen Augenblick… das Glück genießen… ja, vielleicht hatte Beyond Recht. Er sollte endlich damit aufhören, alles so negativ zu sehen und sich Sorgen zu machen. „Deine Augenringe sind auch wieder dunkler geworden. Kann es sein, dass du wieder die Nächte durchmachst?“ „Vielleicht…“ Als L eine Berührung zwischen seinen Beinen spürte, spürte er, wie sein Herz langsam schneller schlug und diese wohlige Wärme in ihm wuchs. Sanft küsste Beyond seinen Nacken und seine Schulter, bevor er seine Zähne darin vergrub. „Tja, was soll ich nur mit dir machen? Hm?“ In L wuchs die Aufregung. Er wollte es ja auch, aber gleichzeitig hatte er irgendwie das Gefühl, als könne er dafür einfach nicht die Konzentration aufbringen. So viele andere Sachen beschäftigten ihn, dass er einfach nicht so richtig in Stimmung kam. Und das blieb auch dem BB-Mörder nicht verborgen. Und mit ruhiger und fast schon besorgt klingender Stimme bemerkte er „Offenbar lässt dich das einfach nicht los, oder?“ „Irgendwie schon. Weißt du, es neigt sich so langsam dem Ende zu und ich habe das Gefühl, dass irgendetwas Schlimmes passieren wird. Ich mach mir einfach Sorgen, dass einer von uns es vielleicht nicht schaffen könnte. Deshalb wäre es mir lieber, Mum, Sheol, Ezra und du bleiben besser hier.“

„Ich lasse dich doch nicht alleine gehen“, protestierte Beyond sofort, als er das hörte. „Du kriegst es doch nie und nimmer zustande, einen Menschen umzubringen oder eine Waffe zu bedienen. Und jetzt denk doch mal nach: wir haben Liam, Frederica, Dathan und dann noch Elohim. Das sind zwei Entitäten, ein Sefira und dann als letzter ein Seraph. Und wenn ich das richtig verstanden habe, sind die Entitäten nach Ajin Gamur die allermächtigsten Wesen, sogar noch stärker als die Sefirot. Und Lacie kennt den genauen Aufbau der Anlage. Es kann also nichts schief gehen. Na komm, versuch doch mal etwas positiv zu denken.“ Beyond küsste ihn noch mal und wollte gerade schon mit seinen Annäherungsversuch weitermachen, doch da hämmerte irgendjemand gegen die Tür und sie hörten, dass es Sheol war. „Scheiße Mann, was macht ihr da schon wieder drin? Wollt ihr euch etwa mal wieder gegenseitig die Poperze pudern oder was?“ „Verzieh dich, Giftzwerg“, rief Beyond genervt und wandte sich zur Tür. „Es gibt mehr als nur ein Bad hier im Haus.“

„Ezra blockiert aber gerade das andere, weil er damit beschäftigt ist, sich die Seele aus dem Leib zu kotzen.“

„Dann warte wenigstens noch einen Augenblick. Und wenn’s nicht geht, dann mach nen Knoten rein!“ Genervt seufzte der Serienmörder und gemeinsam stiegen sie aus der Badewanne. Nachdem sie sich abgetrocknet und je ein Handtuch um die Hüften gewickelt hatten, wurden sie auch schon von Sheol rausgeschmissen. „Ernsthaft“, murmelte Beyond, als sie zurück in ihr Zimmer gingen, um sich anzuziehen. „Der Kleine ist manchmal echt eine Plage…“ Er wirkte schon recht mies gelaunt, weil er sich von dem gemeinsamen Bad schon etwas mehr versprochen hatte. Und eines stand fest: er würde schon dafür sorgen, dass dieser laufende Meter noch sein blaues Wunder erleben würde. „Ich sag dir eines, L: sollte jemals der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass wir beide mal ein Kind haben werden so wie Andy und Oliver, dann hoffe ich, dass es nicht ganz so nervtötend wird.“

„Wie kommst du jetzt auf dieses Thema?“

„Weiß nicht… einfach so.“ Als sie sich fertig angezogen hatten, gingen sie in Richtung Salon und stießen beinahe mit Nastasja zusammen. „Hey ihr beiden, alles in Ordnung?“ „Ja, soweit schon“, antwortete L und sah die Medikamente in ihrer Hand. „Wolltest du zu Ezra?“ Die gebürtige Russin nickte und erzählte, dass sich ihr jüngster Schützling wohl endgültig die Grippe geholt hatte und zudem unter starken Magenbeschwerden litt. „Sheol hat auch schon Fieber und Magenbeschwerden. Bei dem Wetter ist es ja eh kein Wunder. Ich würde euch deshalb raten, den beiden erst mal fern zu bleiben. Ich hab sowieso ein gutes Immunsystem und Elion bzw. Elohim kann nicht krank werden, da sich der Körper automatisch um Mitternacht komplett zurücksetzt. Bei Liam machen die Bazillen freiwillig wieder einen Abgang und die Unvergänglichen können sich sowieso vor Krankheiten schützen.“ Irgendwie schon beneidenswert… Nastasja ging hoch, um die beiden Kranken zu versorgen und als L und Beyond den Salon betraten, fanden sie auch schon Liam und die anderen. Lacie hatte inzwischen ihre Haare getrocknet und frische Kleidung angezogen und sah sich zusammen mit Elohim Dathan und Liam an, die wieder einen Übungskampf durchführten. „Du musst mehr auf deine Beinarbeit achten und nicht gleich bei jedem Angriff das Weite suchen. Manchmal muss man auch abblocken und parieren, hast du verstanden?“ Der Mafiaboss nahm den Ärmsten ziemlich in die Mangel, da er ein ziemlich strenger Lehrmeister war. Und er ging unerbittlich vor, was den armen Dathan nur noch mehr einschüchterte und es ihm unmöglich machte, gegen ihn anzukommen. Schließlich aber ging Elohim dazwischen, da er sich das nicht mit ansehen konnte. „Liam, das hat doch so keinen Sinn. Wenn du ihn noch mehr unter Druck setzt, wird sich doch nichts ändern.“ „Glaubst du etwa, der Alpha-Proxy und dein anderes Ich werden ihn mit Samthandschuhen anfassen? Es geht hier um weitaus mehr als nur um ein bisschen Säbelrasseln und das soll er sich auch mal vor Augen führen. Es geht hier ums Überleben und darum, Jeremiel zu retten und dieses verdammte Projekt zu stoppen, welches schon genug angerichtet hat.“ Doch Elohim blieb bei seiner Meinung und ließ sich von Liam Evas Schwert geben, welches der Mafiaboss in Verwahrung hatte, solange sie noch im Koma lag. Er nahm nun dessen Platz ein und wirkte in diesem Moment wie ein Fels in der Brandung. Von ihm ging eine solche Ruhe aus, dass man meinen konnte, er könnte damit die schwersten Stürme zähmen. „Nivkha, atme tief durch und versuch dich zu entspannen.“ Dathan ließ das Schwert sinken und so langsam schwand auch seine Nervosität, während er die Worte seines Vaters hörte. „Richte den Blick in die Ferne, weit über das Unendliche hinaus und schau nicht nach rechts, oder nach links. Beruhige dein Herz, atme tief durch und lass deinen Körper frei und völlig unverkrampft sein. Entfalte deinen Geist und löse dich von der Vergangenheit und der Zukunft und konzentriere dich einzig und allein auf das Hier und Jetzt. Vergiss dein menschliches Selbst und erinnere dich einfach daran, wie es war, als du dich mit Liams Seele verbunden hast und was du da gefühlt hast. Und lass dieses Ich wieder hervortreten.“ Elohims Worte klangen beinahe hypnotisch und es ging etwas so Beruhigendes von ihm aus. Und tatsächlich schaffte es Dathan, seine Angst abzulegen und als sein Vater zum Angriff ansetzte, konnte er den Schlag parieren. Es entstand ein kleiner Kampf zwischen ihnen und das Klirren von aufeinanderschlagendem Metall erfüllte den Raum. Sie beobachteten den Kampf und waren erstaunt, wie selbstsicher Dathan auf einmal geworden war. Wirkte er vorher noch völlig verkrampft und unsicherer, schien er jetzt viel lockerer und entschlossener zu sein. Es war so, als hätte er nie etwas anderes getan und war gar nicht mehr wiederzuerkennen. Lacie lächelte, als sie diese Szene sah und wandte sich an Liam. „Eine jüdisches Sprichwort besagt: strafe einen Mann mit einer Peitsche und ein Kind mit einem Schnürsenkel. Für einen solchen Charakter wie Dathan braucht es schon mehr Feingefühl. Darum kannst du ihn auch nicht mit einer Peitsche erziehen.“ Liam schwieg und setzte sich erst mal, wobei sein Blick so finster war, dass er damit wirklich jeden in die Flucht geschlagen hätte. Er wusste ja selbst, dass er nicht das nötige Feingefühl für solch einen sensiblen Charakter wie Dathan besaß. Er hatte angenommen, dass der Junge eine starke Hand brauchte, um etwas härter zu werden, aber offenbar war er da auf den Holzweg gewesen. Er war eindeutig der falsche Lehrer für ihn, das ließ sich nicht leugnen. „Die Entitäten sind auch eigentlich keine Kämpfer“, fügte Lacie hinzu und ließ sich von Frederica, mit der sie sich inzwischen angefreundet hatte, einen Earl Grey Tea einschenken. „Und wenn sie kämpfen, dann nur aus dem Grund, weil alles auf dem Spiel steht. Deine Unterrichtsmethode ist nicht verkehrt, aber sie ist nicht für jemanden wie Dathan geeignet. Das Problem bei ihm ist, dass er immer noch viel zu „menschlich“ ist. Er kennt es nicht, wie es sich anfühlt, mehr zu sein als nur ein Mensch und deshalb muss er erst einmal lernen, was es bedeutet, ein Teil der Unendlichkeit zu sein. So zumindest hat Elohim mir das gesagt.“ Sie sahen den beiden noch eine Weile zu, bis Nastasja zurückkam und den Kampf unterbrach. Erschöpft setzte Dathan sich und bekam von Lacie ein Handtuch gereicht. Sein Vater klopfte ihm auf die Schulter und sagte „Du hast eine sehr gute Grundhaltung und Technik. Einzig an deinem Selbstvertrauen müsstest du arbeiten, dann könntest du mir eines Tages wirklich Konkurrenz machen.“ „Danke, Dad.“ Nastasja räusperte sich und klärte alle über den Grund für ihre Unterbrechung auf. „Also folgendes Problem stellt sich: Ezra hat Grippe und 40°C Fieber und Sheol hat jetzt auch 38,6°C. Leider steht Ezras Zustand nicht zum Besten und sein Fieber steigt noch weiter. Ich versuche es zurzeit noch, mit Medikamenten zu behandeln, aber Fakt ist, dass ich die beiden unmöglich alleine lassen kann. Das Dumme ist nur, dass es sich um eine sehr ansteckende Krankheit handelt…“

„Ich könnte mich um die beiden kümmern“, schlug Frederica vor und hob etwas zögerlich die Hand, um sich zu melden. „Ich kann mich gegen eine Ansteckung besser schützen und ich weiß auch, wie ich mit solchen Fällen umzugehen habe. Immerhin habe ich mich ja auch damals um L gekümmert, als er als Kind hohes Fieber hatte.“

„Wir brauchen aber jede erdenkliche Unterstützung, wenn wir das Institut stürmen wollen“, wandte L ein, der so seine Bedenken hatte. „Vielleicht wäre es besser, wenn du hier bleibst, Mum.“ „Aber im Institut werdet ihr vielleicht ihre Hilfe brauchen. Nastasja ist im Nahkampf besser als ich und sie kennt sich mit den Proxys und den ganzen Experimenten ebenfalls besser aus. Ich habe keinerlei Chancen gegen den Alpha-Proxy und wir dürfen auch nicht die Möglichkeit außer Acht lassen, dass sie weitere Proxys herschicken, um Ezra und Sheol gefangenzunehmen und als Druckmittel gegen uns einzusetzen. Schlimmstenfalls werden sie sie sogar töten. Und in dem Fall ist es besser, wenn ich hier bleibe. Du und Beyond, ihr steckt euch nur an und es nützt nichts, wenn ihr auch krank werdet. Liam ist für den Kampf genauso unersetzlich wie Elohim und Dathan ist stärker als Liam und ich zusammen. Lacie weiß, wie das Institut aufgebaut ist und Nastasja ist mit den Projekten gut vertraut und kennt sich mit allem besser aus. Also ist es die vernünftigste Entscheidung, wenn ich hier bleibe und mich um Sheol und Ezra kümmere. Und sollten uns neue Proxys angreifen, kann ich sie besser bekämpfen und mich auch gegen die Resonanzkatastrophe abschirmen. Menschen können das leider nicht.“ L dachte darüber nach und begann bedächtig auf seiner Daumenkuppe zu kauen. Er wog alle Möglichkeiten ab und versuchte, die bestmögliche Lösung zu finden, aber schlussendlich lief es darauf hinaus, dass Frederica wohl die Einzige war, die dafür infrage kam. Auch wenn es ihm selbst nicht wirklich gefiel, aber es war die beste Entscheidung, wenn sie da blieb, um die anderen zu beschützen. „Also gut“, sagte L nach einer Weile. „Dann wird Frederica also hier bleiben. Und du meinst, du bekommst das wirklich hin?“

„Oh glaub mir, L. Wenn jemand meine Familie bedroht, dann kann ich noch richtig gefährlich werden! Und solange Eva im Koma liegt, werde ich an ihrer Stelle die Familie mit meinem Leben beschützen.“ Frederica war wirklich wild entschlossen und sie glaubten ihr auch, dass sie keine Gnade kennen würde, wenn es jemand wagen sollte, Sheol oder Ezra etwas anzutun. „Okay“, sagte der Detektiv mit den Pandaaugen, nachdem er alles noch mal durchdacht hatte. „Dann bleibt Frederica hier bei den beiden und wir gehen ins Institut. Nachher besprechen wir uns, wie wir dabei vorgehen wollen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  pri_fairy
2015-02-04T20:40:51+00:00 04.02.2015 21:40
Ein wirklich tolles Kapitel :) Der Anfang mit L und Lacie fand ich besonders schön :)
Von: abgemeldet
2015-01-30T08:13:32+00:00 30.01.2015 09:13
Das Kapitel war wirklich super^^


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