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Last Desire 9.5 Teil 1

Concealed Desire
von

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Das Gesetz des Stärkeren

Da Ezra sich kaum auf den Beinen halten konnte, trug Elion ihn in die Wohnung und legte ihn vorsichtig aufs Bett ab. Nicht nur, dass die Kleidung durchnässt war, er hatte Verletzungen im Gesicht und zudem sehr starke Schmerzen. Auf dem ersten Blick sah es so aus, als wäre er brutal zusammengeschlagen worden. „Ezra, was ist passiert? Wer hat dir das angetan?“ „Das ist nichts und jetzt verschwinde!“ rief er gereizt und war ziemlich aggressiv drauf. „Ich komm allein klar und jetzt hau ab!“ Aber Elion spürte, dass der Junge entsetzliche Schmerzen haben musste und da konnte er ihn doch nicht einfach so alleine lassen, ohne wenigstens seine Wunden zu versorgen. Er wusste ja, dass bei Menschen die Verletzungen unglaublich lange brauchten, um zu verheilen. Und wenn die Wunden nicht versorgt wurden, konnte es sogar noch schlimmer werden. „Ezra, ich will doch nur helfen. Hör mal, ich sehe doch, dass es dir schlecht geht und…“

„Ich will keine Hilfe, von niemandem! Also fass mich gefälligst nicht an und verpiss dich endlich!“ Nun wurde der klein geratene Junge richtig aggressiv und stieß Elion grob weg. „Lass mich endlich alleine und hör auf zu nerven.“

„Aber ich kann dich doch nicht einfach so verletzt hier lassen.“

„Natürlich kannst du das, verdammt. Leg dich einfach auf die Couch und gut ist. Echt, du nervst langsam. Also jetzt mach endlich einen Abgang oder es kracht!“ Obwohl Ezra immer lauter und angriffslustiger wurde, blieb Elion ruhig und fühlte sich irgendwie mies, ihn so zu sehen. Er war dem 18-jährigen nicht mal böse, dass dieser ihn so attackierte, sondern hatte das Gefühl, dass dieses aggressive Gebärden nur dazu da war, weil Ezra sich fürchtete. Aber wovor hat er Angst, fragte sich Elion. Hat er Angst vor mir und will er mich deshalb so schnell loswerden? Oder hat er Angst davor, dass man ihm zu nahe kommt? In diesem Fall konnte er einfach nur an ein verletztes Tier denken, das alles und jeden attackierte, weil es sich schützen wollte. Vermutlich war das ja auch bei Ezra so. Womöglich verhielt er sich deshalb so, weil er sich schützen wollte. „Ezra, ich kann einfach nicht wegsehen, wenn du Schmerzen hast. Also lass mich dir bitte helfen.“

„Warum willst du mir helfen? Mal ehrlich, du hast doch sicher nur irgendwelche Hintergedanken, oder?“

„Nein, aber du hast mich gerettet, deswegen will ich doch zumindest diese Schuld begleichen und dir helfen. Hör mal, ich kann deine Wunden zurücksetzen, dann sind sie genauso verschwunden wie meine und du hast dann auch keine Schmerzen mehr. Aber dazu muss ich wissen, was für Verletzungen du hast.“

„Dann verzichte ich lieber.“ Warum nur ist er so stur und leidet lieber, als dass er sich helfen lassen will? Offenbar kann er mir einfach nicht vertrauen. Elion versuchte es zu verstehen, aber es war dennoch recht schwer. Dann aber kam ihm ein Gedanke, als er diese Angst in Ezras Augen sah, die der 18-jährige so sehr zu verstecken versuchte. Konnte es sein, dass er sich vielleicht schämte? „Ezra, du musst dich nicht schämen und du brauchst auch keine Angst zu haben.“ „Ich habe keine Angst und hör gefälligst auf, mir irgendetwas einreden zu wollen. Verpiss dich aus meinem Zimmer und hau ab! Ich hab die Schnauze voll, weiter mit dir herumzudiskutieren, du Freak!“ Und als er sich aufrichten wollte, da wurden die Schmerzen zu viel und er fiel aufs Bett. Elion wollte gerade nachsehen, ob er vielleicht das Bewusstsein verloren hatte, doch kaum, dass er näher kam, da holte Ezra aus und schlug ihn ins Gesicht. „Komm mir nicht zu nahe!“ Obwohl der Schlag nicht sonderlich heftig war, geriet Elion dennoch aus dem Gleichgewicht und taumelte zurück. Etwas verwundert presste er eine Hand auf seine Wange, wo ihn der Schlag getroffen hatte und eine Weile stand er da und sagte nichts. Er sah Ezra an und fragte sich, was ihm wohl widerfahren war, dass er so heftig reagierte, wenn man ihm so nahe kam, während er verletzt war und sich kaum bewegen konnte. Wie konnte er Ezra denn helfen, ohne dass er so eine Angst hatte? Vielleicht war es besser, sich ihm etwas vorsichtiger zu nähern. Womöglich fand sich ja irgendwie ein Kompromiss, sodass er ihm helfen konnte, ohne ihm zu nahe zu kommen. Elion atmete leise aus und wartete, bis auch der 18-jährige zumindest ein klein wenig ruhiger geworden war. „Du kannst mich meinetwegen gerne schlagen. Du kannst mich treten, mir den Arm brechen und mich sogar töten. Ich stehe wieder auf und am nächsten Morgen ist alles bei mir so, als wäre nie etwas gewesen. Aber obwohl ich auch keine Schmerzen mehr spüre, vergesse ich sie nicht. Ich erinnere mich wie schmerzhaft es ist, verletzt oder getötet zu werden und allein die Erinnerung daran ist schlimm genug. Aber du… du musst beides ertragen. Du wachst nächsten Morgen auf und hast immer noch Schmerzen und sie werden nicht so schnell weggehen. Glaub mir, ich weiß wie schlimm das ist. Aber wenn es dir zu unangenehm ist, dann werde ich auch nicht nachfragen. Und wenn du nicht willst, dass ich deine Wunden sehe, dann gib mir wenigstens die Chance, einen Kompromiss zu finden. Als erstes musst du dringend raus aus den Klamotten, bevor du noch krank wirst. Ich kann mir die Augen verbinden, wenn das hilft und wenn ich nicht aufpasse, kannst du mir ruhig noch mal eine reinhauen.“

Immer noch war Ezra extrem misstrauisch und wurde offenbar das Gefühl nicht los, als hätte Elion irgendwelche Hintergedanken. Aber da er so langsam erkannte, dass er ihn nicht wirklich loswerden konnte, grummelte er missmutig und sagte „Wenn’s dich glücklich macht. Im Schrank liegt mein Pyjama. Den kannst du mir rausholen.“ Elion war schon froh, dass Ezra sich wenigstens auf diesen Kompromiss eingelassen hatte. Er ging zum Kleiderschrank hin und fand, als er ihn geöffnet hatte, tatsächlich einen Pyjama und entdeckte sogleich noch etwas, was er noch nie gesehen hatte. Es waren kleine Kleidungsstücke, die wie Hände aussahen. Er holte sie heraus und wandte sich an Ezra und zeigte sie ihm. „Was ist das?“ „Das sind Handschuhe.“

„Und wozu trägt man die?“

„Entweder, weil man sonst kalte Finger bekommt, weil man bei Verbrechen keine Fingerabdrücke zurücklassen will oder weil man mit irgendetwas nicht in direkten Hautkontakt kommen will. Ich hab sie mal getragen, aber sie sind mir viel zu groß. Kannst ja mal gucken, ob sie dir passen. Dann muss ich sie wenigstens nicht wegschmeißen.“ Elion zog sich die schwarzen Lederhandschuhe an und stellte fest, dass sie ihm tatsächlich ganz gut passten. Super, dachte er und behielt sie auch gleich an. Dann gehe ich zumindest kein Risiko ein, versehentlich noch eine mentale Verbindung aufzubauen, wenn ich ihn berühren sollte. Wenn der Unborn vielleicht doch noch nicht ganz verschwunden ist, könnte ich ihn schlimmstenfalls infizieren und damit würde ich ihm auch nicht sonderlich helfen. Er legte den Pyjama raus und ging noch ins Bad, um ein Handtuch zu holen. Ezra war völlig durchnässt und musste abgetrocknet werden und dann trockene Kleidung anziehen. Im Bad fand er im Schrank ein Handtuch und kam schließlich wieder zurück, wobei er von dem 18-jährigen mit einem feindseligen Blick gestraft wurde. „Was willst du damit?“ „Du bist nass und musst dich abtrocknen. Da du dich aber kaum bewegen kannst, mach ich das. Ich verbinde mir die Augen und pass auch auf. Du hast ja die Möglichkeit, mir einfach eine reinzuhauen, wenn ich nicht vorsichtig bin.“ „Nicht nur das: ich kastrier dich eigenhändig wenn du es wagen solltest, mich zu verarschen.“ Doch davon ließ er sich auch nicht sonderlich abschrecken. Stattdessen ließ er sich von Ezra ein Tuch geben, mit welchem er sich selbst die Augen verband. Natürlich wusste er, dass es alles andere als praktisch war und es sich äußerst schwierig gestalten würde, ihm beim Umziehen zu helfen. Aber wenn das die einzige Möglichkeit war, ihm zu helfen, dann blieb kaum etwas anderes übrig. „Okay Ezra, ich hab mir jetzt die Augen verbunden und fang jetzt an, in Ordnung?“ „Mach…“, kam es gereizt zurück und das deutete der Proxy einfach mal als ein ja. „Wenn irgendetwas sein sollte, dann sag es mir ruhig.“ Von Ezra kam nur ein genervtes Schnauben und sogleich begann Elion, ihm dabei zu helfen, den Kapuzenpullover auszuziehen. Das klappte so einigermaßen gut und als er das geschafft hatte, zog er ihm auch sogleich den Rollkragenpullover darunter aus. „Ist dir mit zwei Pullovern im Sommer nicht irgendwie warm?“ „Ich friere immer“, antwortete der 18-jährige knapp. „Meine Eisenwerte sind ständig im Keller, daher kommt das.“ Nachdem die nassen Pullover ausgezogen waren, half er ihm noch aus der Jeanshose heraus. Schließlich begann er nach dem Handtuch zu tasten, was er eigentlich in greifbarer Nähe hingelegt hatte, um nicht zu lange danach suchen zu müssen. Aber dann bekam er es von Ezra ins Gesicht geworfen. Er sagte nichts dazu und konzentrierte sich darauf, schnell weiterzumachen und es auch für den Jungen nicht noch unangenehmer als nötig zu machen. Er beeilte sich so gut es ging und begann nun mit dem schwierigsten Teil, nämlich Ezra dabei zu helfen, den Pyjama anzuziehen. Doch wie sich herausstellte, konnte sich der 18-jährige gerade noch gut genug bewegen, um einen Teil der Arbeit selbst zu erledigen. Als er fertig war, sagte er „Kannst die Augenbinde wieder abnehmen“, wobei sein Ton nun nicht mehr ganz so aggressiv und schroff war wie zuvor. Elion nahm das Tuch wieder ab und sah, wie sich Ezra nun die Haare abtrocknete. Anschließend holte dieser aus der Schublade des kleinen Schränkchens neben seinem Bett ein weiteres Medikamentendöschen und schluckte zwei Tabletten. Es waren Schmerzmittel und offenbar nahm er sie schon öfter mal. Zuerst dachte Elion daran zu gehen, aber da beschäftigte ihn noch eine Frage, die er dem 18-jährigen stellen wollte. „Warum willst du eigentlich keine Hilfe annehmen, Ezra? Du machst dir das Leben doch nur selber schwer.“

„Lass das mal meine Sorge sein. Ich brauche keine Hilfe. Hilfe brauchen nur die Schwächlinge in dieser Welt und es sind die Schwächlinge, die dann zu Fußabtretern werden und hinterher in der Gosse landen. Das sind die Versager der Gesellschaft und die müssen sich ständig helfen lassen und ziehen dann andere mit hinunter. Und ich bin kein Schwächling, hast du kapiert?“ Doch so wirklich wollte das nicht bei Elion ankommen, denn so ganz verstand er Ezras Denkweise nicht. Er konnte nicht nachvollziehen, wieso es falsch sein sollte, einfach mal Hilfe anzunehmen, wenn es einem dadurch besser ging. „Wieso denkst du denn, dass man ein Schwächling ist, wenn man andere um Hilfe bittet? Ich meine, es braucht doch eine gewisse Stärke, um Schwäche einzugestehen.“

„Wer Schwäche eingesteht, ist ein Vollidiot und sonst nichts“, entgegnete Ezra, wobei er ziemlich laut wurde und das Döschen mit den Schmerzmitteln zurück in die Schublade warf und diese zuknallte. „In so einer Welt überlebt man nur, wenn man stark ist und keine Schwäche zeigt. Du hast doch überhaupt keine Ahnung, also spiel dich nicht als Moralapostel auf.“

„Ja aber ich verstehe deine Denkweise einfach nicht. Wenn du meinst, dass jeder, der Hilfe braucht, ein Schwächling ist, dann musst du mich doch auch für einen halten.“

„Bist du ja auch. Ohne meine Hilfe wärst du Fischfutter geworden oder würdest jetzt aufs Meer hinaustreiben. Alleine kommst du doch nicht zurecht. Genauso ist auch Archi einer, weil er ohne mich einfach verreckt wäre und der Köter ist selbst zu dumm dazu, um meine Stimme von Sammys zu unterscheiden. Wer zu Boden fällt, der sollte gefälligst von alleine wieder aufstehen, denn du kannst von niemandem erwarten, dass er dir hilft. Wenn man nicht aus eigener Kraft aufstehen kann, sollte man besser einfach liegen bleiben.“ „Offenbar spricht da der Schmerz aus ihm“, bemerkte Frederica, die das ganze Szenario mitverfolgt hatte und mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen lehnte. „Wenn mich mein Gefühl nicht täuscht, dann muss er furchtbar viel durchgemacht haben, dass er jetzt so etwas denkt.“

„Ich finde es nicht schlimm, wenn man auch mal Hilfe annimmt. Dann geht es einem doch wenigstens besser und Hauptsache ist doch, man kommt wieder auf die Beine, als überhaupt nicht.“ Doch der 18-jährige verzog nur verächtlich die Mundwinkel und schüttelte den Kopf über Elions Naivität. „Glaub mir, wenn du ein Mal am Boden liegst, dann wird niemand da sein, um dir zu helfen. Entweder du schaffst es und überlebst, oder du bleibst liegen und verreckst elendig. Und eines steht fest: ich werde überleben.“ Hier sprach purer Kampfgeist aus ihm und obwohl er sich vor Schmerzen kaum bewegen konnte, dachte er nicht daran, Schwäche zu zeigen und Hilfe anzunehmen. „Aber wenn du der Ansicht bist, dass man alleine wieder auf die Beine kommen sollte, wieso hilfst du mir und warum hast du Archi und Sammy gerettet?“ Natürlich stellte das einen extremen Widerspruch zu Ezras Ansichten dar und Elion versuchte auch ihm irgendwie klar zu machen, dass das alles totaler Quatsch war. „Wenn du wirklich so denken würdest, dann hättest du mich doch gar nicht retten müssen.“

„Hey, nur weil ich der Meinung bin, dass nur die Starken überleben und man sich auf niemanden verlassen sollte, heißt das noch lange nicht, dass ich ein Unmensch bin, klar?“ Irgendwie wurde Elion das Gefühl nicht los, dass Ezra nicht von ganzem Herzen hinter dieser Meinung stand, dass man gefälligst am Boden bleiben sollte, wenn man es nicht aus eigener Kraft auf die Beine schaffte. Wahrscheinlich waren es schlimme Erinnerungen, die da aus ihm sprachen. Elion setzte sich schließlich zu ihm ans Bett, faltete die Hände und betrachtete ihn nachdenklich. „Hattest du denn nie jemanden, der dir geholfen hat? Nicht mal deine Eltern?“

„Hör mir bloß damit auf“, schnaubte der 18-jährige und begann sich in seine Decke einzuwickeln, da ihm langsam kalt wurde. „So etwas wie die braucht man eh nicht. Eltern sind das Schlimmste, was einem passieren kann, glaub mir. Wenn sie überfordert sind, schieben sie dich ab und für sie bist du eh nur eine Belastung und mehr nicht. Oder du bist für die nur ein Mittel, um an Geld ranzukommen.“

„Hast du schlechte Erfahrungen gemacht?“ Ezras Blick verdüsterte sich und er drehte sich von Elion weg. „Schon gut“, sagte der Proxy und erhob sich. „Du musst es mir nicht sagen, wenn du nicht willst. Aber ich denke nicht, dass alle Eltern grundsätzlich schlecht sind. Weißt du, als ich im Institut gelebt habe, da kam mich eine Frau sehr oft besuchen, die für mich wie eine Mutter war und ich habe sie auch Mum genannt. Sie ist ein sehr liebevoller Mensch und sie war immer für mich da, wenn sie mich gefoltert oder auf die anderen gehetzt haben, damit wir uns gegenseitig töten.“

„Schön und gut, aber sie war nicht deine Mutter. Was ist mit deinen echten Eltern, hm?“

„Nun, von meinem Vater weiß ich nichts und meine biologische Mutter ist die Leiterin der Experimente.“

„Siehst du? Deine eigene Mutter lässt Experimente an dir durchführen und hat dich doch fast mit diesem Ding gekillt, was dir so zu schaffen gemacht hat. Also erzähl mir nichts von irgendwelchen Geschichten. Man ist definitiv besser dran, wenn man als Waise aufwächst und auf niemanden angewiesen ist. Überhaupt ist man alleine besser dran.“

„Weil dann niemand da ist, der einen verletzen oder enttäuschen könnte, oder?“ Ezra sagte nichts darauf und drehte sich auch nicht zu Elion um. Er wollte einfach nichts dazu sagen, weil er wohl wusste, dass Elion den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Schließlich aber schickte sich der Grauhaarige an, das Zimmer zu verlassen, nahm aber die nassen Kleidungsstücke mit. „Ich werde die Sachen im Badezimmer aufhängen, damit sie trocknen können. Brauchst du noch irgendetwas?“

„Nein und jetzt verschwinde schon.“ Elion schloss die Tür leise hinter sich und ging mit den Sachen ins Bad um sie zu trocknen. Frederica folgte ihm und fragte sogleich „Und? Bist du zufrieden?“ „Nicht wirklich“, gab der Proxy zu und hängte den tropfnassen Kapuzenpullover in der Dusche auf, ebenso wie den Rollkragenpullover und die Hose legte er über die Heizung. „Ich kann einfach nicht sehen, wie er leidet und Schmerzen hat. Er hat mir das Leben gerettet und da möchte ich ihm schon gerne helfen. Ich meine, ich habe die Möglichkeit, ihm seine Schmerzen zu nehmen.“

„Und du bist nicht böse, dass er dich geschlagen und dich einen Freak genannt hat?“

„Er hatte einfach Angst und wusste sich nicht anders zu helfen in der Situation. Ich denke, dass diese ganze Aggression bei ihm eigentlich ein Zeichen von Angst oder Unsicherheit ist und deshalb bin ich ihm auch nicht böse deswegen.“

„Du scheinst ihn ja ziemlich gut zu durchschauen, oder?“

„Weil ich aufgrund meiner Fähigkeiten eben spüren kann, wie er sich fühlt. Sheol hat es immer als Geruch wahrnehmen können, das kennt man ja unter Synästhetikern. Ich nehme es irgendwie wahr, als würde ich es selber empfinden. Wenn ich ihn berühren würde, wäre alles viel intensiver. Deshalb finde ich die Handschuhe sehr praktisch.“ Elion betrachtete die schwarzen Lederhandschuhe, die ihm wirklich perfekt passten und obwohl es sich komisch anfühlte, war es spürbar besser als vorher. So konnte er es wenigstens ein bisschen besser kontrollieren und wurde nicht so vielen Reizüberflutungen ausgesetzt, wenn er andere berührte. Nun, wenn er sie am Ärmel berührte oder an der Kleidung, dann war das ja nicht schlimm, aber Hautkontakt war für ihn ein kleines Problem und es fiel ihm schwer, sich selbst gegen diese Wahrnehmung abzuschirmen.

„Ich habe da so das Gefühl, als hättest du etwas vor, kann das sein?“ fragte das Albinomädchen und blickte ihn forschend an, wobei der goldene Ring in ihrer Iris fast zu leuchten begann. Nun, da sie sich beide momentan einen Körper teilten und sie ihn auch ohne Worte verstehen konnte, konnte er eben unmöglich seine Gedanken vor ihr verbergen. Er lächelte und nickte. „Ja, du hast es richtig erkannt. Aber ich will noch warten, bis er schläft.“

„Du hast doch nicht etwa vor, ihn auszuziehen und ihn zu untersuchen.“

„Nein“, rief er schon fast und sah sie entgeistert an. „So etwas würde ich nie machen. Nein, ich werde auf gut Glück seinen Körper um ein paar Stunden zurücksetzen in der Hoffnung, ihm so helfen zu können. Selbst auf das Risiko hin, dass er mir morgen den Kopf abreißen wird.“

„Du kannst es auch nicht sein lassen, oder?“

„Das lässt mir eben einfach keine Ruhe. Irgendetwas ist mit ihm passiert und er will nicht darüber reden. Und die Schmerzen, die er hat, wecken eben Erinnerungen an die Zeit im Institut. Auch wenn sie immer mehr verblassen und eher wie ein lange vergangener Alptraum wirken, so habe ich irgendwie das Gefühl, als…“ „Als wäre er du“, ergänzte Frederica und nickte nachdenklich. Ja, es stimmte. Elion fühlte sich bei Ezras Anblick an seine Zeit zurückerinnert, wo er in seiner Zelle lag und völlig am Ende mit seinen Kräften und seinem Lebenswillen war und sich nur noch den Tod herbeiwünschte, um von seinen Schmerzen befreit zu werden. Es war für ihn schon schlimm genug gewesen. Aber es tat ihm weh, Ezra so zu sehen. Er wollte niemanden leiden sehen, der eigentlich keinen schlechten Charakter hatte. Und Ezra hatte ihn gerettet und ihn bei sich aufgenommen. Deshalb wollte er ihm helfen um sich zumindest ein bisschen bei ihm zu bedanken.
 

Also wartete Elion, bis es spät genug war und ging dann in Ezras Zimmer. Der 18-jährige schlief bereits tief und fest und so zog der Proxy einen Handschuh aus und legte seine Hand auf die Stirn des Schlafenden. Er atmete tief durch und brachte seine ganze Konzentration auf, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Nun gut, es kostete ihn nicht so viel an Energie, wie er erst befürchtet hatte, doch als er damit begann, Ezras Körper um ein paar Stunden zurückzusetzen, da spürte er starke Kopfschmerzen und er wusste, dass er schlimmstenfalls wieder Gehirnblutungen bekommen würde, aber der Tag war eh fast rum, da kam es auf die wenigen Stunden auch nicht mehr an. Nachdem er genug getan hatte und er der Ansicht war, dass es Ezra wieder gut gehen müsste, ging er ins Wohnzimmer, ließ sich erschöpft auf dem Fußboden nieder und schlief dort sofort ein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  pri_fairy
2014-12-07T20:19:58+00:00 07.12.2014 21:19
schönes Kapitel :)
Von: abgemeldet
2014-12-06T15:26:24+00:00 06.12.2014 16:26
Ein echt tolles Kapitel^^


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