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Persona: Shadows of Mirror

Kagami no Kage
von

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CXXVII – Schuld

Samstag, 03.Oktober 2015
 

Gähnend stieg Mirâ an der zentralen U-Bahnstation von Tsukimi-kû aus der Bahn, um hinunter zum Gleis der Hahen Linie zu gelangen, welche sie in den Stadtteil Jûgôya-kû bringen würde. Sie war so müde. Irgendwann mitten in der Nacht war sie auf ihrem Schreibtisch aufgewacht und hatte sich mit Mühe und Not in ihr Bett geschliffen, wo sie sofort wieder eingeschlafen war. Doch erholsam war der Schlaf nicht gewesen. Dazu kamen noch immer pochende Schmerzen hinter ihren Schläfen, die trotz einer Schmerztablette nicht besser werden wollten. Sie hoffte nur, dass diese Kopfschmerzen nur vom vielen Grübeln kamen und die nächsten Stunden wieder verschwinden würden. Krank zu werden konnte und wollte sie sich gerade nicht leisten, zumal immer noch nicht sicher war, ob jemand in der Spiegelwelt war.

"Urgh...", fasste sich die Oberschülerin an den Kopf, als sie auf dem unteren Bahnsteig ankam, auf dem reges Treiben herrschte.

Als sie den Blick wieder hob erkannte sie bereits ihre beste Freundin, welche etwas von ihr entfernt an einem Pfeiler lehnte. Dabei merkte Mirâ sofort, dass etwas nicht zu stimmen schien. Auch Akane wirkte an diesem Morgen so, als würde es ihr nicht gut gehen und die Violetthaarige hatte da auch so eine Vermutung, woran es liegen könnte. So ging sie auf die Brünette zu und tippte sie vorsichtig an die Schulter, als sie bei ihr angekommen war. Leicht erschrocken hob Besagte den Blick und sah Mirâ mit trüben grünen Augen und blassem Gesicht an, was deren Befürchtung verstärkte.

"Guten Morgen, Akane. Ist alles in Ordnung mit dir? Du siehst nicht gut aus", grüßte sie ihre Freundin daraufhin, welche jedoch nur ein leichtes Lächeln übrighatte:

"Sagt diejenigen, die Blass wie eine Hauswand ist..."

Angesprochene lehnte sich neben die Brünette an den Pfeiler: "Ich bin gestern Abend am Schreibtisch eingeschlafen und als ich dann mitten in der Nacht im Bett lag, war der Schlaf alles andere als erholsam. Und bei dir? Ist es wegen Yasuo-senpai?"

Akane nickte und hob den Kopf, als die U-Bahn einfuhr. Sie nahm sich noch die Zeit gemeinsam mit ihrer Freundin einzusteigen und sich dann einen Sitzplatz zu suchen, ehe sie erklärte, was sie bedrückte:

"Ich mache mir Sorgen, Mirâ. Senpai war ja gestern nicht in der Schule und meine Nachrichten hat er auch ignoriert. Ich habe Angst, dass er jetzt sauer auf mich ist und mich nicht mehr sehen will."

"Ach quatsch. Das kann ich mir nicht vorstellen", kam es wie aus der Pistole geschossen.

Ihre Freundin jedoch seufzte nur: "Doch, ich denke schon. Das ist meine Schuld..."

"Wie meinst du das?"

"Wir hätten nur die Unterlagen vorbeibringen und danach gleich wieder gehen sollen. Dann hätten wir die Fotos nicht gesehen und Senpais Großmutter hätte uns nicht ohne seine Erlaubnis von damals erzählt", erklärte die brünette Schülerin niedergeschlagen, "Nur weil ich das Angebot angenommen habe..."

Beruhigend strich Mirâ ihrer besten Freundin über den Rücken, während sie nun auch das schlechte Gewissen packte. Wenn jemand die Schuld dafür hatte, dann wohl eher sie selbst. Denn wenn sie nicht diese Sache mit den Social Links am Hals hätte, dann hätte sie das alles nie erfahren. Da war sie sich sicher. Aber das konnte sie Akane nicht sagen. Wie hätte sie das auch erklären sollen? Stattdessen überlegte sie, was sie tun könnten und sprach letzten Endes das Erste aus, was ihr einfiel:

"Lass uns nachher zu Senpai gehen und ihn direkt selber fragen. Und wenn er heute wieder nicht in der Schule ist, gehen wir zu ihm Nachhause. Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss der Berg halt zum Propheten kommen. Nicht wahr? Ich begleite dich. Okay?"

Überrascht sah das andere Mädchen sie an, doch nickte dann und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln, welche sich gerade angefangen hatten zu bilden.
 

Die Hoffnung, den blauhaarigen jungen Mann in der Schule anzutreffen, erfüllte sich leider nicht. Auch an diesem Tag hatte er gefehlt. Die Nachfrage bei Masaru hatte letzten Endes nur die Folge, dass Akane erneut einen Stapel Blätter mit sich herumtragen musste. Trotzdem war sie sofort gewillt, diese an sich zu nehmen, wobei Mirâ vermutete, dass sie einfach nur eine Ausrede suchte, um letzten Endes wirklich zu Yasuo zu gehen. Immerhin konnte sie sich dann nicht mehr davor drücken. Und so machten sich die beiden Mädchen direkt nach Ende des Nachmittagsunterrichts auf den Weg zu besagtem jungen Mann, in der Hoffnung mit ihm ein vernünftiges Gespräch führen zu können und alles wieder ins Lot zu bringen. Je näher sie jedoch dem Haus kamen, desto unruhiger wurde Akane. Mirâ verstand ihre Situation; wer wollte schon auf direkten Konfrontationskurs mit einem geliebten Menschen gehen? Doch es half nichts. Wenn sie wirklich herausfinden wollte, ob Yasuo sauer war oder nicht, dann musste sie ihn direkt dazu befragen. Und da er nicht auf Nachrichten reagiert und sich die Brünette auch nicht traute anzurufen, blieb ihnen nur direkt vor Ort mit ihm zu sprechen. So schwer es auch fallen mochte. Genau aus diesem Grund war Mirâ ja auch mitgekommen. Sie wollte ihre Freundin mental unterstützen und sich gegebenenfalls ebenfalls bei ihrem Senpai entschuldigen. Immerhin war immer noch nicht klar, ob sie nicht doch eine Grenze überschritten hatten. Die Unruhe der Brünetten wurde noch stärker, als sie es endlich schafften, dass Haus der Esunos zu erreichen. Die Violetthaarige griff aus diesem Grund die Hand ihrer besten Freundin, um sie so etwas zu beruhigen. Dann schluckte diese und machte einen Schritt auf das Tor zu.

"Akane?", erklang jedoch plötzlich Yasuos Stimme, welche die junge Frau mit einem "ieks" zusammenzucken und wie eine Salzsäule erstarren ließ.

Überrascht sah Mirâ über ihre Schulter und erkannte dann gesuchten jungen Mann, welcher die beiden Mädchen etwas irritiert ansah. Einen Moment später spürte sie, wie etwas um ihre Beine schlich und damit ihre Aufmerksamkeit forderte, woraufhin sie nach unten blickte und Bejû erkannte. Dieser scharwenzelte schwanzwedelnd um die beiden herum und schien sich sehr über den Besuch zu freuen. Vor allem Akanes Aufmerksamkeit wollte er damit erregen, was ihm jedoch nicht so wirklich gelang. Immer noch stand diese stocksteif in der Landschaft und rührte sich nicht, was den Hund dazu veranlasste sich auf seinen Hintern zu setzen und sie mit schiefgelegtem Kopf anzusehen.

"Ist etwas passiert?", forderte Yasuo wieder die Aufmerksamkeit der beiden Mädchen.

"A-ah. Du warst seit gestern nicht in der Schule. Deshalb haben wir uns Sorgen gemacht. Nicht wahr Akane?", vorsichtig stieß Mirâ ihrer besten Freundin in die Rippen.

Diese zuckte kurz zusammen und nickte dann zaghaft.

Der Blauhaarige ging sich kurz durch die Haare, bevor der Violetthaarigen auffiel, wie er sich wieder über die Hüfte rieb: "Ja, mir ging es gestern nicht so gut. Deshalb..."

"Und die Nachrichten?", drehte sich Akane plötzlich um und bekam daraufhin nur einen irritierten Blick ihres Freundes als Antwort, "Ich hab dir mehrere geschrieben. Wieso hast du nicht drauf geantwortet?"

"Ähm...", irritiert griff der Ältere in seine Hosentasche und fischte sein Handy heraus, um kurz darauf herum zu tippen und dann überrascht drauf zu gucken, "Oh..."

"Was heißt hier oh?", zog Mirâ eine Augenbraue nach oben.

Der Blauhaarige hob das Handy und zeigte den Mädchen so das Display, auf welchem man mehrere ungeöffnete Chats erkannte. Darunter auch den von Akane.

"Eh?", kam es nur irritiert von dieser.

"Ich mag es nicht, wenn so viele Push-Nachrichten auf dem Display sind. Ich drücke dann immer alle weg. Anscheinend waren da auch die ganzen Chatnachrichten dabei. Deshalb hab ich nicht mitbekommen, dass ihr geschrieben hattet...", erklärte der junge Mann und stolperte plötzlich etwas zurück, als er von seiner Freundin am Kragen gepackt wurde.

Auch Mirâ erschrak in diesem Moment und wollte die Brünette zurückhalten, doch stoppte, als diese begann zu sprechen.

"Du verdammter Idiot", murmelte sie mit gesenktem Blick, "Ich habe mir Sorgen gemacht. Ich dachte du wärst wütend auf mich."

Verwirrt sah Yasho sie an: "Wieso sollte ich wütend sein?"

"Wegen der Sache vorgestern", ergriff die Violetthaarige das Wort, bevor ihre brünette Klassenkameradin vollkommen eskalieren konnte, "Nachdem uns deine Großmutter von der Sache erzählt hatte, warst du so komisch. Und weil du uns weggeschickt hattest, hat sich Akane Gedanken darüber gemacht. Sie dachte du wärst jetzt sauer auf sie."

"Oh", schien dem Blauhaarigen nun klar zu werden, wo der Hase lief, woraufhin er sich an seine Freundin wandte, "Stimmt das?"

Die Angesprochene nickte, verweilte allerdings weiterhin in ihrer Position. Plötzlich zuckte sie jedoch zusammen, als sie Yasuos warme Hände an ihren spürte, die sie mit sanfter Gewalt dazu zwangen ihn loszulassen.

Ein Seufzen ließ sie aufschauen, während der junge Mann nur betroffen den Blick abwandte: "Tut mir leid, Akane. Es war nicht meine Absicht dich zu verunsichern. Es stimmt, dass ich in dem Moment etwas sauer war, aber ganz sicher nicht auf euch. Eher auf meine Großmutter, aber im Nachhinein war das such schwachsinnig. Sie hat ja nur erzählt, was geschehen ist. Es ist nur... das weckt nicht gerade schöne Erinnerungen."

"Das verstehen wir doch", meinte Mirâ.

Der Blauhaarige schüttelte nur den Kopf: "Trotzdem habe ich mich falsch verhalten. Tut mir leid, Akane."

Nun konnte sich die Brünette nicht mehr zurückhalten und fing zum wiederholten Male in diesen Tagen bitterlich an zu weinen, während sie sich an den Größeren klammerte. Etwas überfordert mit der Situation strich Yasuo ihr über den Kopf und versuchte sie so zu beruhigen.
 

Lächelnd beobachtete Mirâ die beiden und war froh, dass sich alles geklärt hatte und Akane nun sichtlich erleichtert war. So leid es ihr auch tat ihre Versöhnung zu stören, gab es etwas, was sie nun unbedingt herausfinden wollte.

Deshalb ergriff sie wieder das Word: "Senpai entschuldige, wenn ich wieder zu persönlich werde, aber... mir ist aufgefallen, dass du manchmal eine Stelle an deiner Hüfte reibst. Hat das eine besondere Bewandtnis?"

Überrascht sah der Drittklässler sie an. Ihre braunhaarige Freundin verstummte auf die Frage hin und sah fragend zu der Violetthaarigen, bevor sie wieder zu ihrem Freund sah. Auch ihr war diese Marotte des jungen Mannes schon öfters aufgefallen, doch sie dachte, es wäre einfach nur ein Tick gewesen.

"Du machst das sicher unbewusst, deshalb fällt es dir gar nicht so auf, aber...", versuchte Mirâ die Situation zu entspannen, wurde jedoch von dem Älteren unterbrochen.

Dieser schüttelte den Kopf, während er wieder an seine Hüfte fasste: "Habt ihr schonmal davon gehört, dass Narben plötzlich anfangen zu jucken oder brennen? Obwohl sie eigentlich verheilt sind?"

"Heißt das, du hast da eine Narbe?", fragte Akane irritiert nach und bekam daraufhin ein Nicken als Antwort.

Er seufzte und ließ von Akane ab, um sich kurz darauf auf den niedrigen Zaun zu setzen, der das Haus seiner Großeltern umgab: "Ich denke, ich sollte es euch erzählen..."

Er schaute kurz über seine Schulter auf die verschlossene Haustür, um sich zu vergewissern, dass seine Großeltern nicht herauskamen, bevor er weitersprach: "Von dem Unfall von meinem Vater wisst ihr ja mittlerweile und auch, dass ich an dem Tag dabei war. Meine Großeltern denken, ich kann mich nicht mehr an den Tag erinnern, aber eigentlich... naja... ich erinnere mich nicht an alles... der Unfall direkt und das danach ist nur noch schemenhaft da, aber alles davor ist noch gut in meinem Gedächtnis..."

"Warum erzählst du deinen Großeltern dann, dass du dich nicht mehr daran erinnern kannst?", fragte Akane, während sie sich neben ihn setzte.

"Weil ich wohl der Grund für den Unfall war...", wieder fasste sich der Blauhaarige an die Hüfte, "Ich glaube, ich habe meinen Vater damals wegen irgendwas abgelenkt, weshalb er von der Straße abgekommen ist und dabei diesen Unfall verursachte..."

Erschrocken sahen die beiden jungen Frauen den Älteren an.

"Ich wurde damals schwer verletzt. Ein paar scharfkantige Teile vom Auto hatten mich an der Hüfte getroffen. Von der Wunde sind einige Narben geblieben, die jedes Mal ziemlich brennen, wenn ich an das Thema erinnert werde", meinte er, "Es heißt, dass Wunden, die durch Reue oder Hass entstanden sind, schlecht oder gar nicht verheilen, solange der Hass und die Wut der Person, die sie einem zugefügt hat, nicht erloschen ist. Vielleicht ist das meine Strafe für das, was passiert ist..."

"So ein Schwachsinn!", fand Mirâ als erstes ihre Sprache wieder, "Du warst ganz bestimmt nicht Schuld an dem Unfall. Und ich glaube auch nicht, dass dein Vater dich dafür hasst. Viel mehr denke ich, dass er froh ist, dass du überlebt hast."

Mit großen Augen sah der Blauhaarige sie an und richtete seinen Blick dann auf Akane, welche seine Hand gegriffen hatte: "Mirâ hat Recht. Gib dir dafür nicht die Schuld, Senpai. Auch ich glaube, dass er froh ist, dass du lebst, denn ich bin darüber auch glücklich. Sonst hätte ich dich nicht kennenlernen können."

"Akane... Mirâ...", betroffen senkte der Ältere den Blick, "Danke..."

Mehr als ein Lächeln konnte die Violetthaarige daraufhin nicht aufbringen, während sie beobachtete, wie ihre beste Freundin nun versuchte Yasuo zu trösten. Sie verstand nun, was den Älteren die ganze Zeit umgetrieben hatte und wieso er vor einigen Tagen so reagiert hatte und war froh, dass nun alles geklärt war. Ihre Hand auf die Brust legend, sah sie in den dämmrigen Abendhimmel, während sie ganz deutlich das warme Glühen in ihrem Inneren spürte.
 

Erschöpft verließ Mirâ etwas später die U-Bahnstation in Tsukimi-kū. Mittlerweile war es dunkel geworden und dazu auch noch ziemlich frisch. Eigentlich hatte sie nicht gedacht, dass es so lange bei Yasuo dauern würde, doch nun war es nicht mehr zu ändern. Sie wollte nur noch nach Hause, ein warmes Bad nehmen und dann ins Bett. Dass sie die letzte Nacht so schlecht geschlafen hatte, machte sich nun brachial bemerkbar, zumal sie immer noch das leichte Pochen hinter ihren Schläfen spürte. Genüsslich gähnte sie einmal, während sie auf die große Kreuzung zulief, an welcher Alecs Schwester tödlich verunglückt war. Seit ihrem letzten Gespräch, was etwas unglücklich geendet hatte, war sie dem Studenten nicht noch einmal begegnet. Damals war er nach ihrem Gespräch sehr aufgebracht gewesen, weil sie ihn als netten Menschen bezeichnet hatte. Und das war er definitiv. Unbewusst legte sie ihren Finger ans Kinn, während sie ihren Gedanken nachhing. Was mochte nur der Grund dafür sein, dass er sich selbst so niedermachte? Es musste etwas wirklich Schlimmes sein, ansonsten würde er mit Sicherheit nicht so reagieren. Ihren Gedanken nachhängend lief sie ihren üblichen Heimweg entlang und achtete dabei gar nicht mehr so wirklich auf ihre Umgebung, als sie plötzlich am Kragen gepackt und zurückgezogen wurde. Nur wenige Sekunden später fuhr dicht vor ihr ein Auto entlang, was sie noch einmal erschrocken einen Schritt zurückmachen ließ.

„Meine Güte… du magst es dich sinnlos in Gefahr zu bringen oder?“, schimpfte plötzlich eine ihr bekannte Stimme.

Sie drehte sich um und erkannte darauf Alec, welcher sie etwas mürrisch ansah: „Achte gefälligst mehr auf deine Umgebung, junge Dame!“

Noch einmal sah Mirâ kurz zurück auf den Punkt, an welchem kurz zuvor das Auto vorbeigefahren war, und dann wieder zu Alec. Erst danach schien ihr so richtig bewusst zu werden, was gerade geschehen war, aber auch was der Ältere kurz darauf zu ihr gesagt hatte. Und obwohl sie nur ganz knapp einem Unfall entronnen war, fing sie plötzlich an zu lachen. Vollkommen irritiert sah der junge Mann sie an und wusste nicht so genau, wie er darauf reagieren sollte.

„Was ist daran so witzig? Du wärst fast auf einem Auto gelandet!“, schimpfte er deshalb nur.

Doch die Oberschülerin ließ sich davon nicht abhalten und lachte unbeirrt weiter: „Aber… du hast dich gerade angehört, wie ein alter Mann…“

„Eh!?“, erst langsam drang diese Information zu dem Studenten vor, aber auch dann konnte er an der Situation nichts Lustiges erkennen, „Sag mal…“

„Entschuldige…“, beruhigte sich Mirâ langsam wieder und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln, „Ich weiß, das ist nicht witzig, aber… pff…“

Noch einmal überkam die junge Frau ein Lachflash, weshalb das Ganze von vorne losging. Alec jedoch fand immer noch nichts Lustiges an der Situation, doch ließ die Violetthaarige erst einmal gewähren, bis diese sich endlich wieder beruhigt hatte.

„Hach… ich hab schon seit einigen Tagen nicht so gelacht. Mir tut der Bauch weh“, sagte sie, als sie es endlich geschafft hatte ihren Lachkrampf zu überwinden, „Entschuldige bitte.“

„Tze“, schnalzte ihr Gegenüber jedoch nur mit der Zunge.

Mirâ rang dies nur ein kleines Lächeln ab, bevor sie ihren Blick auf die kleine Vase richtete, in welcher wieder eine neue Blume steckte: „Ich wollte mich noch für das letzte Mal entschuldigen. Ich scheine etwas gesagt zu haben, was dir nicht gepasst hat. Obwohl ich nicht ganz verstehe, was genau du daran auszusetzen hattest…“

Alec schwieg, aber die Oberschülerin bemerkte seinen Blick auf sich ruhen. Dann seufzte er plötzlich und lehnte sich an die Wand hinter sich, während die junge Frau nun doch zu ihm sah.

„Nein, ich muss mich entschuldigen. Ich habe letztes Mal überreagiert, immerhin hast du es nur gut gemeint“, meinte er anschließend.

Die Jüngere legte den Kopf schief und sprach den Studenten nun direkt auf sein Verhalten an: „Gibt es einen Grund, wieso du so reagiert hast? Wieso bist du der Meinung kein guter Mensch zu sein? Hat es etwas mit dem Unfall zu tun, bei dem deine Schwester starb?“

Wieder schwieg der Schwarzhaarige und schien zu überlegen, was er darauf antwortete. Dann nickte er und erzählte, was an jenem Tag geschehen war: Dass er an diesem Tag seinen Führerschein gerade frisch bekommen hatte und eine Spritztour mit dem Wagen seiner Eltern machen wollte. Seine Schwester wollte ihn unbedingt begleiten und obwohl er erst dagegen war, ließ er es letzten Endes doch zu.

„Es war alles gut. Ich war mir meiner Sache eigentlich ziemlich sicher. Bis wir an diese Kreuzung kamen und uns der LKW erfasste“, erzählte er weiter mit schmerzhaftem Blick, „Für meine Schwester kam damals jede Hilfe zu spät. Sie starb noch an Ort und Stelle.“

„Aber das ist doch nicht deine…“, begann die Oberschülerin, doch wurde sofort von dem Älteren unterbrochen: „Doch ist es! Hätte ich meine Schwester nicht mitgenommen, es ihr ausgeredet, dann wäre sie bei dem Unfall nicht ums Leben gekommen. Als Fahranfänger hätte ich anders reagieren müssen. Ich hätte sie mitnehmen sollen, nachdem ich Erfahrung gesammelt hatte. Dann…“

Der Schwarzhaarige redete sich in Rage, weshalb Mirâ nur eine Möglichkeit sah ihn zu stoppen. Es klatschte kurz, als sie ausholte und ihm eine Backpfeife verpasste. Irritiert stoppte Alec und sah sie mit großen Augen an, während sie ihn böse musterte.

„Schluss damit! Denkst du ernsthaft so etwas wäre dir nicht passiert, wenn du deinen Führerschein länger gehabt hättest? Wohl kaum. Immer und überall kann dir sowas passieren. Es hätte also auch an jedem anderen Tag passieren können! Aber ganz davon abgesehen war es nicht deine Schuld!“, hielt sie ihm eine gehörige Standpauke, „Der LKW-Fahrer hat sich falsch verhalten und dadurch den Unfall verursacht! Wie hättest du da etwas machen können?“

Die junge Frau atmete kurz durch, um ihren Puls zu beruhigen: „Ich habe noch keinen Führerschein, aber ich habe schon einige Situationen erlebt, wenn meine Eltern gefahren sind. Glaub mir, es gibt Dinge, da kann man nichts machen, nicht reagieren. Vor allem an einer Kreuzung wie dieser, die ziemlich unübersichtlich ist… man sieht teilweise gar nicht, wer von Links oder Rechts kommt. Also hör auf dir die Schuld dafür zu geben und dich so runter zu putzen. Deine Schwester würde das mit Sicherheit auch nicht wollen.“

„Woher willst du…?“

„Weil ich selber eine Schwester habe!“, kam es wie aus der Pistole geschossen.

Alec verstummte und senkte den Blick, während er über ihre Worte nachzudenken schien. Mirâ wusste, dass sie eigentlich gar nicht in der Position war, ihm solch eine Standpauke zu halten. Sie hatte niemanden verloren, der ihr wichtig war und schon gar nicht auf solch tragische Weise. Doch sie war sich sicher, dass es der falsche Weg war, sich in solchen Momenten die Schuld dafür zu geben, vor allem, wenn man wirklich nichts dafürkonnte. Es führte nur dazu, dass man sich von seinem Umfeld abwandte, so wie Alec es tat. Doch das führte nur in eine Spirale, aus der man nicht so einfach wieder herauskam. Er musste diese also durchbrechen. Und der erste Schritt dafür war, dass er sich eingestand, dass er nichts dafürkonnte.

Ein Seufzen ließ sie wieder ins Hier und Jetzt kommen und zu dem Schwarzhaarigen schauen, welcher nun gen Himmel sah. Überrascht stellte sie fest, dass ein kleines verbittertes Lächeln sein Gesicht zierte.

Dann wandte er sich wieder an sie: „Vielleicht hast du Recht. Allerdings ist es nicht so einfach, dass von sich abzuschütteln. Aber ich werde über deine Worte nachdenken.“

Er wandte sich von ihr ab und ging hinüber zu seinem Motorrad, welches er kurz darauf startete und dann davonfuhr, während ihm die Violetthaarige etwas verunsichert hinterher blickte und dabei wieder das warme Glühen in ihrer Brust spürte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Jetzt ist schon ein halbes Jahr rum... und es ist wieder Juli: Camp NaNoWriMo Zeit. Ich hoffe, dass ich diesen Monat mein Pensum schaffe und damit etwas mit meiner FF voran komme. Ich gebe nämlich nur ungern zu, dass ich aktuell sehr schlecht voran komme. Keine Sorge, ich habe noch genug Kapitel bis Anfang nächstes Jahr... aber trotzdem. Ich arbeite ungern ohne Vorpsrung... deshalb wird es Zeit. Drückt mir also die Daumen, dass ich dieses Mal wieder was sinnvolles geschrieben bekomme. ^^"
Nun aber zum Kapitel. Es war wieder etwas Depri... sorry, bei Yasuo könnte es noch öfters dazu kommen. ^^" Also ja... ich hoffe es hat euch trotzdem gefallen. ^^
Wir lesen uns dann spätestens Mitte Juli wieder. =D
Bis dahin
eure Shio~ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fubukiuchiha
2023-07-01T19:43:45+00:00 01.07.2023 21:43
Huhu Shio,

Neuer Monat, neues Kapitel (freu ^^)
Oh weh, da sieht unsere Mirâ aber alles andere als fit aus… hoffentlich wird sie wirklich nicht krank, denn das wäre richtig mies… und Akane sieht nicht wirklich besser aus. Die beiden sind mental gefühlt am Limit und was die zwei brauchen ist echt mal etwas Ruhe. Naja, nach der Schule geht es erst einmal zu unserem Yasuo, der einfach mit seiner Art absolut keine Ahnung hat, wie es in Akane aussieht. Gut, er hat seine eigene Art und Weise und wenn er so mit seinem Handy umgeht kann man es ihm nicht verübeln. Zum Glück können er und Akane ihre kleine, sehr unnötige Stresssituation klären… Akane ist, wenn es um ihre Freunde und geliebten Menschen geht eine sehr emotionale Person… Aber das macht sie so sympathisch.

Danach erfahren wir ein wenig mehr über Yasuos Vergangenheit und über den Unfall… Oh man, armer Yasuo, er kann einem nur leidtun, aber Mirâ hat Recht mit ihrer Aussage, dass sein Vater es nicht wollen würde, dass Yasuo sich so fertig macht… Ich hoffe, dass er diesen Schmerz irgendwann hinter sich lassen kann. Mit Akane und Mirâ an seiner Seite wird es das mit Sicherheit schaffen.

Danach sehen wir auch den guten (auch wenn er das nicht so sieht) Alec wieder, der Mirâ erneut vor einem Auto retten muss… ernsthaft, diese Ecke ist doch nicht sicher O.O da muss mal ne Ampel hin. Jetzt wissen wir auch mal, was mit Alecs Schwester passiert ist und holy fuck, da hat Mirâ aber eine klatschende Ohrfeige verteilt. XD
Sie hat aber recht mit ihrer Aussage, du kannst als Autofahrer so gut sein und vorausschauend fahren wie du willst, die Fehler der anderen kannst und wirst du niemals voraussehen… Hoffentlich nimmt sich Alec mal die Worte zu Herzen und denkt darüber nach.

Hach ja, der NaNoWriMo, ich drücke dir die Daumen und hoffe, dass du es hinkriegst.
Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel und wir hören voneinander.

Lg Fubuki



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