Zum Inhalt der Seite

Persona: Shadows of Mirror

Kagami no Kage
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

CXXVIII - Stadtbummel

Sonntag, 04.Oktober 2015
 

Lachend schlängelte sich Junko an den Menschen vorbei, welche sich in der großen Einkaufsstraße von Kagaminomachi aufhielten und ihre Einkäufe erledigten. Mirâ, die Mühe hatte den kleinen Wirbelwind im Auge zu behalten, rief ihr zum wiederholten Male zu, dass sie sich nicht zu weit entfernen sollte, doch die Blauhaarige schien auf beiden Ohren taub. Seufzend versuchte die Oberschülerin aufzuholen, musste jedoch immer wieder Passanten ausweichen und aufpassen niemanden anzurempeln, sodass ihre kleine Schwester jedes Mal einen erneuten Vorsprung bekam. Genervt wich Mirâ einer weiteren Person aus und versuchte den blauen Haarschopf der Grundschülerin nicht aus dem Blick zu verlieren. Diese Situation passte ihr so gar nicht und deshalb bereute sie es auch den Vorschlag getätigt zu haben, einen kleinen Stadtbummel zu machen. Eigentlich wollte sie Junko nur beschäftigen, damit ihre Mutter Ruhe hatte einige Unterlagen und Dokumente zu sortieren. Dazu waren sie eigentlich erst auf den kleinen Spielplatz in ihrem Stadtviertel gegangen. Doch da sie auch keine anderen Kinder trafen die Junko kannte, wurde es den beiden recht schnell langweilig, weshalb Mirâ die Idee zu dem Ausflug hatte. Dass es nun so enden würde, hätte sie sich eigentlich denken können, doch hatte sie gedacht, dass Junko aus der Sache in Osaka gelernt hatte. Wie sich herausstellte war dies leider nicht der Fall. Die Oberschülerin allerdings hatte wirklich keine Lust auf den Stress und den Ärger, der sich wieder daraus ergeben würde, wenn ihre Schwester erneut verloren ging. Das letzte Mal hatte ihr wirklich gereicht.

Endlich fand Mirâ eine Lücke und schaffte es so zu Junko aufzuholen und diese am Arm zu packen, nur um sie einen Moment später in eine nicht so belebte Seitenstraße zu ziehen.

„Ich sag es dir nur noch einmal! Renn nicht ständig so weit vorne weg, sonst gehst du wieder verloren! Und darauf habe ich wirklich keine Lust!“, schimpfte sie daraufhin, während ihr Gegenüber sie leicht erschrocken ansah.

Jedoch änderte sich Junkos Gesichtsausdruck einen Moment später bereits zu einem Beleidigten:

„Hör auf mich wie ein Kleinkind zu behandeln, Onee-chan!“

Erschrocken schrak Mirâ bei diesem Satz zurück und bekam nicht einmal mit, wie sich die Kleine darüber ausließ, dass sie sich nicht in Osaka befanden und sie sich mittlerweile sehr gut in Kagaminomachi auskannte. Stattdessen blieb die Ältere wie versteinert stehen, weshalb Junko sie mit schiefgelegtem Kopf, fragend ansah. Doch auch das bekam sie nicht mehr mit. Plötzlicher Schwindel überkam sie, weshalb sie kurz schwankte und sich dann an der Hauswand neben sich abstützte, um nicht den Halt zu verlieren. Der hinzukommende stechende Schmerz in ihren Schläfen veranlasste sie die Augen zu schließen, jedoch machte dies den Schwindel nur noch stärker. Deshalb öffnete sie ihre Augen wieder und schrak erneut zurück, als sie bemerkte, wie die ganze Umgebung um sie herum vollkommen verschwommen wirkte. Zwar wusste sie instinktiv, dass sie sich immer noch in der gleichen Gasse befand, jedoch wirkte das Bild vor ihr vollkommen anders. Das Mädchen, welches ihr nun gegenüberstand, war definitiv nicht Junko. Auch wenn sie nicht viel sehen konnte, so erkannte sie schon die rückenlangen Haare, welche sanft im Wind wehten. Zudem war die Person vor ihr etwas größer als ihre kleine Schwester. Das Gesicht der Gestalt jedoch erkannte sie nicht, allerdings schon, dass sie von ihr angesehen wurde.

„Hör auf mich wie ein kleines Kind zu behandeln, &%§%)=%!“, erklang eine wütende Stimme.

Erneut zuckte Mirâ erschrocken zusammen, als ihr bewusst wurde, dass es sich dabei um ihre eigene handelte. Was hatte das zu bedeuten? Sie versuchte sich die Sache zu erklären, doch kam nicht weit. Denn kaum hatte sie versucht darüber nachzudenken wurde der Schmerz hinter ihren Schläfen um einiges stärker, so als wollte er verhindern, dass sie sich an etwas erinnerte.

„Urgh“, sackte sie leicht in sich zusammen, als sie das Gefühl hatte ihr Kopf würde jeden Augenblick zerplatzen.

Doch plötzlich wurde sie wieder in das Hier und Jetzt zurückgeholt, als sie lautstark die Stimme ihrer kleinen Schwester vernahm: „Onee-chan!? Ist alles in Ordnung!?“

Überrascht riss Mirâ die Augen auf, woraufhin auch sofort der quälende Schmerz verschwand, als sei er nie dagewesen. Irritiert sah sie sich um und brauchte einen Moment, um sich wieder zu orientieren. Kurz darauf schaute sie auf Junko, welche sie mit besorgten rot-braunen Augen musterte. Schnell wandte Mirâ den Blick wieder ab und betrachtete ihre Hand, die sich noch immer an der Hauswand abstützte. Junko hatte ihr Wegtreten also mitbekommen. Natürlich, immerhin war sie plötzlich weggesackt. Selbst einem Blinden wäre da aufgefallen, dass etwas nicht stimmte. Verbittert biss sie sich kurz auf die Unterlippe, denn ihre Schwester war die Letzte, die sie in solch einer Situation hätte erleben sollen. Doch nun konnte sie es nicht mehr ändern. Viel mehr musste sie nun versuchen die Kleine wieder zu beruhigen. Aus diesem Grund schloss die Oberschülerin noch einmal kurz die Augen und atmete tief durch, bevor sie langsam wieder gerade auf die Beine kam, auch wenn es noch etwas wackelig war. Dann schenkte sie dem Mädchen vor sich ein Lächeln.

„Keine Sorge, Junko. Mit mir ist alles in Ordnung. Mir war nur etwas schwindelig, weil ich zu wenig getrunken habe. Bei der nächsten Gelegenheit sollten wir uns etwas holen. Oder wir gehen in ein Café und trinken etwas. Was meinst du?“, beruhigend strich sie der Blauhaarigen über den Kopf, doch diese schien nicht wirklich überzeugt und sah sie weiterhin in Sorge an.

Auch als das Lächeln auf Mirâs Gesicht etwas breiter wurde änderte sich nichts an der Situation. Stattdessen sah sie die Ältere nur noch eindringlicher an. Dann jedoch schien ihr etwas einzufallen, weshalb sie einen Schritt zurück ging und sich dann umsah.

Plötzlich wandte sie sich ab und rannte los: „Ich habe vorhin einen Getränkeautomaten gesehen. Warte hier! Ich hole dir Wasser!“

Noch bevor die Ältere irgendwelche Einwände hätte geben könnten, war die Grundschülerin bereits um die nächste Ecke verschwunden. Besorgt sah Mirâ ihr nach und hoffte, dass Junko sich nicht verlief, war jedoch auch dankbar über den kurzen Moment alleine. Erschöpft ließ sie sich mit dem Rücken gegen die Wand fallen und stützte sich so ab. Ihre Beine fühlten sich an wie Gummi, was eine Verfolgung Junkos so oder so unmöglich gemacht hätte. Vorsichtig wischte sie sich mit der Hand über das Gesicht und versuchte zu sortieren, was da gerade eben passiert war. Es war definitiv wieder eine dieser Visionen, die sie seit dem Tsukinoyo immer wieder hatte. Doch sie wusste immer noch nicht wieso diese immer wieder auftauchten und was sie zu bedeuten hatten. Irgendwie wirkte es so, als seien es Erinnerungen, die jedoch sehr verschwommen waren. Aber das konnte doch gar nicht sein, immerhin war sie erst in diese Stadt gezogen. Es gab immer wieder Ecken, die sie noch nicht kannte. Wäre sie schon einmal hier gewesen, dann müsste sie sich doch automatisch daran erinnern. Doch so? Irgendwas stimmte nicht mit ihr. Das war sicher. Doch je mehr sie versuchte der Sache auf den Grund zu gehen, desto mehr merkte sie, wie ihr Kopf wieder begann zu schmerzen. Es war kein Vergleich zu dem, was sie zuvor gespürt hatte, aber trotzdem unangenehm. Seufzend lehnte sie ihren Kopf gegen die Wand hinter sich und beobachtete den Himmel. Was war nur los mit ihr? Ob sie mit ihrer Mutter darüber sprechen sollte? Immerhin hatte sie ja wirklich einige Gedächtnislücken, nachdem sie als kleines Kind einmal einen Unfall hatte. Selbst an diesen konnte sie sich nicht mehr erinnern. Irgendwann war sie mal im Krankenhaus aufgewacht, woraufhin ihr erzählt wurde, dass sie einen Unfall hatte und deshalb an einer leichten Amnesie litt. Doch das ist schon so viele Jahre her und die Erinnerungslücken betrugen nur einige wenige Stunden. Trotzdem fand sie es merkwürdig. Ob diese Bilder eine späte Folge der Amnesie waren? Vielleicht vermischte ihr Gehirn ja Erinnerungsfetzen mit Orten dieser Stadt und deshalb kamen solch verzerrten Bruchstücke dabei heraus. Das jedenfalls war das Einzige, was sich Mirâ in dieser Situation vorstellen konnte. Sicher war sie sich allerdings nicht, denn dieses ungute Gefühl, dass sich in ihr breit machte, sagte ihr etwas anders. Jedoch konnte sie nicht sagen was. Es war einfach zum Haare raufen. Etwas Kaltes berührte ihre Hand, weshalb sie diese reflexartig zurückzog und dabei aus ihren Gedanken schreckte. Schnell wandte sie ihren Blick zur Seite und erkannte daraufhin Junko, die ihr eine Flasche mit Wasser reichte. Wieder brauchte sie einen Moment, um sich zu sammeln, doch nahm das ihr angebotene Getränkt dann dankend an. Die kühle Flüssigkeit, welche ihr kurz darauf die Kehle hinunterlief tat wirklich gut und weckte in ihr neue Lebensgeister. Auch das gummihafte Gefühl in ihren Beinen ließ nach, weshalb sie sich mit leichtem Schwung wieder von der Wand abstieß und daraufhin geradestand:

„Das tat gut. Vielen Dank, Junko. Wollen wir dann weiter?“

Eine kleine Hand griff nach der ihren: „Wenn es dir nicht gut geht, dann sollten wir besser wieder nach Hause fahren. Meinst du nicht, Onee-chan?“

Überrascht sah die Ältere die Grundschülerin an, immerhin hatte diese sich so sehr über den Stadtbummel gefreut. Andererseits fand sie es aber auch sehr erstaunlich, wie gut Junko in ihrem Alter diese Situation bereits einschätzen konnte und wie viel Rücksicht sie ihr damit entgegenbrachte. Doch die Oberschülerin wollte jetzt noch nicht nach Hause und sie wusste auch, dass es Junko genauso ging. Aus diesem Grund setzte sie wieder ein Lächeln auf und strich ihrer kleinen Schwester erneut über den Kopf:

„Es ist alles gut, Junko. Mir geht es schon wieder besser. Lass uns ruhig noch ein wenig bummeln. Wie wäre es, wenn wir in den kleinen Handwerksladen gehen?“

Mirâ wusste, dass die Blauhaarige gerne in den kleinen Laden ging, in welchem neben Stoffe und Wolle auch kleine selbstgemachte Plüschtiere angeboten wurden. Kanji Tatsumi, ein Student an der Jûgôya, welcher zwar immer recht mürrisch wirkte, aber eigentlich sehr nett war, fertigte diese Tierchen an und verdiente sich damit etwas Studentengeld dazu. Zusätzlich gab er vor Ort auch Kurse im Nähen und anderen handwerklichen Dingen, an denen Junko mittlerweile Freude gefunden hatte, weshalb sie sich mit dem jungen Mann mehr oder weniger angefreundet hatte. Auch Mirâ schaute immer mal wieder gerne dort vorbei, auch wenn sie feststellen musste, dass sie kein wirkliches Geschick für solche Sachen hatte. Zu ihrem Glück ging ihr Plan auf, denn kaum hatte sie den Laden erwähnt, begann Junkos Gesicht zu strahlen.

Nun konnte sich die Ältere ein Lachen nicht mehr verkneifen und griff nach der Hand der Jüngeren: „Na dann los!“
 

Nur wenige Minuten später hatten sie das gesuchte Geschäft erreicht, woraufhin Junko gleich wieder nach vorne stürmte. Seufzend unterdrückte Mirâ das Bedürfnis sie erneut zurechtzuweisen, während sie ihr schmunzelnd folgte. Jedoch hoffte sie darauf, dass nicht jemand aus dem Laden kam, den die Grundschülerin dann umrannte. Doch genau das geschah just in diesem Moment und Junko rannte gegen eine junge Frau mit dunkelblauen kurzen Haaren, die unter einer dunkelblauen Ballonmütze hervorschauten.

Leicht erschrocken fing sie das kleine Mädchen auf: „Hoppla. Nicht so stürmisch, junge Dame.“

„Oh nein“, murmelte Mirâ und rannte auf die beiden zu, nur um sich sogleich zu verbeugen, „Ich bitte vielmals um Verzeihung.“

Überrascht sah die fremde Frau sie an und konnte sich dann ein leichtes Lachen nicht verkneifen:

„Ach was. Schon in Ordnung. Es ist ja nichts passiert. Ich kannte auch mal eine junge Dame, die genauso ungestüm war. Vor allem wenn es um ihren großen Bruder ging.“

„Ähm okay“, bekam die Violetthaarige nur heraus und richtete sich wieder auf, woraufhin sie in das Gesicht der Blauhaarigen sah, welche etwas kleiner war, als sie selbst.

Doch was die Oberschülerin mehr überraschte, war der kleine Schmetterling, welcher langsam in Schlängellinien an ihrem Gegenüber nach oben flog. Sie beobachtete das kleine blau leuchtende Tierchen einen Moment, wie es sich kurz darauf von der Blauhaarigen entfernte und in Richtung der Eingangstür des Ladens flog, welche just in diesem Moment aufging.

„Naoto, du bist ja immer noch da“, kam ein schwarzhaariger junger Mann aus dem Laden, von welchem nun ebenfalls ein kleiner Schmetterling emporflog.

Dieser traf auf den anderen kleinen Flattermann und drehte mit diesem einige Runden, bevor sich beide in Luft auflösten.

„Ach Kanji-kun. Ja, ich wurde von dieser jungen Dame etwas überrascht umgerannt“, lachte die junge Frau namens Naoto.

Überrascht sah Kanji zu besagter Dame: „Junko-chan.“

„Oh ihr kennt euch?“, fragte die Bekannte des Mannes nach.

Dieser kratzte sich etwas verlegen am Hinterkopf: „Ah, sie kommt öfters hier vorbei.“

„Die Plüschtiere, die Tatsumi-san macht sind wirklich super süß. Er kann echt super toll nähen und solche Sachen. Und er ist so nett und zeigt anderen wie es geht. Ich hab auch schon gaaaaaaanz viel bei ihm gelernt“, sprudelte es plötzlich aus Junko heraus, woraufhin sie zwei überraschte Augenpaare trafen.

Während Naoto ein Schmunzeln über die Lippen glitt, war Kanji diese Aussage so peinlich, dass er verlegen in eine andere Richtung sah und meinte, dass das doch nichts Besonderes wäre. Mirâ hingegen legte sich etwas peinlich berührt die Hand an die Stirn und hoffte, dass Junko den Studenten damit nicht auf den Schlips getreten war. Obwohl sie vor einigen Minuten schon richtig erwachsen reagiert hatte, als es ihrer großen Schwester nicht gut ging, merkte man nun mehr, dass die Blauhaarige doch nur ein kleines Kind war. Die fremde junge Frau legte der Kleinen ihre Hand auf den Kopf und erklärte, dass sie genau nachvollziehen könne, was sie meinte, immerhin kannte sie den jungen Mann schon ziemlich lange. Diesen machte die Aussage nur noch verlegener, weshalb er seine Bekannte in einem doch recht ruppigen Ton anging, ob sie nicht langsam losmüsste. Während Mirâ erschrocken zusammenzuckte, lachte die Ältere daraufhin nur und verabschiedete sich dann von der Gruppe. Überrascht sah Mirâ ihr nach und wunderte sich schon fast, dass die blauhaarige Frau so gelassen mit dem Umgangston ihres Bekannten umging. Jedoch hatte sie ja erwähnt, dass sie ihn schon länger kannte. Außerdem hatten die beiden Schmetterlinge, die sie noch wenige Minuten zuvor gesehen hatte, ihr eindeutig gezeigt in welcher Beziehung die beiden zueinanderstanden. Deshalb kam sie letzten Endes zu dem Schluss, dass es wohl böser geklungen hatte, als es gemeint war. Ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als ihr bewusst wurde, wie schön es wohl sein musste, so ungezwungen miteinander umgehen zu können.
 

Der Nachmittag neigte sich langsam dem Ende, weshalb sich Mirâ und ihre kleine Schwester so langsam auf den Heimweg begaben. Glücklich über das kleine Plüschtier, welches sie bei ihrem Besuch in dem Handwerksladen abgestaubt hatte, stolzierte Junko wieder einmal voraus. Dieses Mal jedoch nicht so weit von ihrer Schwester entfernt, sodass diese sie weiterhin beobachten konnte. Sie hatte fast die U-Bahnstation erreicht, über welche sie zurück nach Hause fahren wollten, als etwas beziehungsweise jemand Mirâs Aufmerksamkeit weckte. Voll gepackt mit Einkaufstüten kam ein Mädchen mit türkisgrünen, langen Haaren genau in ihre Richtung, welches jedoch vollkommen überfordert wirkte. Kein Wunder, wenn man bedachte, dass sie mehr Tüten bei sich hatte, als sie eigentlich tragen konnte. Die Oberschülerin beobachtete diese Szene noch einen Moment und überlegte, was sie machen sollte, bevor sie sich mit einem Seufzen in Bewegung setzte.

„Junko warte mal kurz“, hielt sie ihre kleine Schwester noch davon ab ohne sie weiter zu laufen, bevor sie auf die Türkisgrünhaarige zuging.

„Hallo Chisato-chan. Kann man dir irgendwie helfen?“, fragte sie anschließend, woraufhin ihr Gegenüber erschrocken zusammenzuckte und einige der Tüten fallen ließ.

„Oh nein. Verdammt“, fluchte sie und versuchte die heruntergefallenen Einkäufe wieder aufzuheben, wodurch jedoch nur noch weitere Dinge den Weg nach unten fanden, „Ah nein!“

Erneut seufzte Mirâ und ging daraufhin in die Hocke, um die heruntergefallenen Gegenstände wieder aufzuheben. Wie sie feststellen musste, waren diese zum Glück alle unbeschädigt. Auch Junko hatte mittlerweile bemerkt, was los war und hatte sich zu den beiden gesellt, um ebenfalls beim Aufheben zu helfen.

„Danke“, nuschelte Chisato, welche noch nicht so wirklich registriert zu haben schien, wer ihr da eigentlich gerade half.

Erst als die meisten Dinge wieder zusammengesammelt waren, wandte sie sich nun den beiden Helferinnen zu, wodurch sie nun endlich bemerkte, um wen es sich dabei eigentlich handelte:

„Oh…“

„Was heißt hier oh?“, fragte die Älteste in der Runde, doch beließ es dann dabei und schaute wieder auf die ganzen Tüten, „Das ist ganz schön viel für eine Person. Brauchst du Hilfe?“

Die Mittelschülerin schien kurz mit sich zu ringen, was sie darauf antworten sollte. Es war offensichtlich, dass sie nicht unbedingt Hilfe von Mirâ annehmen wollte, aber auch, dass ihr bewusst war, dass sie das alles nicht alleine tragen konnte. Also gab sie sich nach einigen Sekunden geschlagen:

„Wenn ihr so nett sein würdet, wäre ich euch für eure Hilfe dankbar.“

Mirâ lächelte und schnappte sich einige der Tüten, was ihr Junko nachtat, sodass am Ende eine überschaubare Menge für Chisato übrigblieb, die sie locker tragen konnte. Dann setzte sich die kleine Gruppe in Bewegung und machte sich auf den Weg in Richtung Shinzaro Tempel. Auf dem Weg ließ es sich die Violetthaarige nicht nehmen, nachzufragen, wieso sie so viele Einkäufe ganz alleine erledigte. Immerhin war es offensichtlich, dass eine einzelne Person diese Masse niemals bewältigen konnte. Selbst für zwei Personen wäre es schon grenzwertig. Die junge Mikoanwärterin antwortete jedoch nicht sofort. Viel mehr schien sie zu überlegen, ob sie überhaupt darüber sprechen sollte.

„Es ist nicht so, dass mich Masaru-sans Eltern dazu gezwungen haben. Klar?“, sagte sie jedoch plötzlich, als wollte sie verhindern, dass Mirâ sich ein falsches Bild machte, „Eigentlich wollte Masaru-san mir helfen, aber er hat noch so viele andere Aufgaben zu erledigen, dass ich ihm nicht noch mehr Arbeit machen wollte. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es so viel werden würde, obwohl es Masaru-san wohl schon geahnt hatte.“

„Naja, aber diese Aktion war auch nicht gerade gut durchdacht“, sagte plötzlich Junko und ließ damit die Mittelschülerin erschrocken zusammenzucken.

„Junko…“, mahnte Mirâ, doch musste zugeben, dass sie dem nichts entgegenzusetzen hatte, „Allerdings muss ich meiner Schwester Recht geben. Du tust niemandem einen Gefallen, wenn du am Ende Probleme bekommst deine Aufgabe zu erledigen. Ich denke auch, dass Masaru-senpai kein Problem damit gehabt hätte, dir zu helfen, auch wenn seine Arbeit dadurch liegen bleibt.“

„Das weiß ich doch selber gut genug. Aber trotzdem…“, man merkte, dass die Sache Chisato beschäftigte und dass sie selber wusste, wie dumm ihr Alleingang war.

Deshalb beließ es die Violetthaarige dabei und sprach nicht weiter darüber.

„Du sag mal, Nee-san“, begann Junko ihren Blick auf Chisato gerichtet, „Du arbeitest im Tempel? Heißt das du bist eine Miko?“

Angesprochene schüttelte den Kopf: „Nein noch nicht. Ich bin noch in der Ausbildung. Oder besser gesagt in der Vorbereitung zur Ausbildung. Ich helfe aus und Masaru-sans Mama erklärt mir schon einiges.“

„Macht das Spaß?“, kam eine weitere Frage.

Ganz deutlich merkte Mirâ, wie das Mädchen neben ihr zusammenzuckte und dann zu überlegen schien, was sie sagen sollte. Jedoch war sofort klar, welche Antwort ihr auf der Zunge lag. Und dieser Umstand fiel nicht nur der Oberschülerin auf…

„Aber wenn es dir keinen Spaß macht, wieso machst du das dann?“, in ihrer unschuldigen Art sprach Junko die Frage aus, die ihrer großen Schwester schon seit längerem auf der Seele brannte.

Doch da sie sich nie eine Antwort erhoffen brauchte, hatte sie nie gefragt. Mirâ beobachtete Chisato und deren Reaktion genau und konnte dabei erkennen, wie es in ihrem Kopf ratterte. Anscheinend überlegte sie, was sie darauf antworten sollte: Ob sie die Wahrheit sagen oder sich irgendeine Ausrede einfallen lassen sollte. Doch dann seufzte sie und ließ ergeben die Schultern sinken.

Sie wandte ihren Blick kurz gen Himmel, bevor sie ihn wieder auf Junko richtete: „Es ist nicht so, dass es mir gar keinen Spaß macht. Um ehrlich zu sein interessiert mich dieser ganze Tempelkram sogar etwas. Ich mag die Miko-Kleidung und mit den Gebräuchen und Riten bin ich auch ganz gut vertraut. So ist es ja nicht. Aber es ist nicht das, was ich mal machen möchte. Es erfüllt mich einfach nicht. Dass ich diese dumme Ausbildung mache liegt einzig und allein an meiner Mutter, die mich da reinzwingt. Aber gegen sie zu argumentieren bringt nichts. Leider. Deshalb lasse ich das irgendwie über mich ergehen. Und naja… wenn ich mit Masaru-san zusammenarbeiten kann, dann macht es mir sogar richtig Spaß.“

Überrascht sah Mirâ Chisato an und spürte dann ganz deutlich in ihrem Inneren dieses warme Glühen, welches ihr verriet, dass der Social Link der Mittelschülerin weiter angestiegen ist.

„A-Aber erzählt das nicht Masaru-san! Verstanden!?“, ließ diese sie einen Moment später erschrocken zusammenzucken.

Reflexartig griff sich die Oberschülerin an die linke Brust, wo ihr Herz dank der Jüngeren einen kurzen Aussetzer gemacht hatte und atmete kurz durch, bevor sie ein Lächeln aufsetzte und dann versprach dieses Geheimnis für sich zu behalten.
 

Es dämmerte bereits, als die drei Mädchen die gesamten Einkäufe zum Tempel gebracht hatten. Da Chisato an diesem Abend auch wieder zurück nach Gyakuten-mura fahren musste, hatte sie sich schnell von den anderen beiden verabschiedet und war im Haus verschwunden. Daraufhin hatten sich Mirâ und Junko wieder auf den Weg gemacht. Doch gerade, als sie die Treppe erreicht hatten, die sie hinunter zur Hauptstraße bringen sollte, fiel der Violetthaarigen ein auffälliger schwarzer Haarschopf auf, welcher schwerfällig die Treppen hinaufgestiegen kam. Nur einen Moment später stand dann plötzlich Shirota neben ihr und sah sie ebenso verwundert an, wie sie ihn.

„Guten Abend, Tsukiyama-kun“, grüßte die Ältere ihren Kohei freundlich, „Noch ein Spätgebet absetzen?“

„Guten Abend, Shingetsu-senpai“, kam eine verhaltene Begrüßung zurück, „J-ja. I-in meiner Familie war es brauch, am frühen Abend noch einmal den Tempel aufzusuchen.“

Mirâ legte den Kopf schief: „Klingt so, als wäre deine Familie sehr religiös.“

Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf: „N-Nur meine Großeltern. Sie sind zwar schon länger nicht mehr da, aber die Angewohnheit, um diese Zeit herzukommen, ist geblieben.“

„Ach so ist das. Aber es ist schön, dass du die Tradition beibehältst. Deine Großeltern werden sicher darüber glücklich sein“, lächelte die Violetthaarige ihn an, woraufhin er jedoch nur mit den Schultern zuckte und sich wieder in Bewegung setzte.

Gerade als er an der Älteren vorbei war, drehte sich diese noch einmal zu ihm um: „Hör mal, wegen Kuraiko…“

„Entschuldige mich, Senpai. Aber ich muss jetzt weiter. Mach’s gut“, würgte der Schwarzhaarige die junge Frau ab und war kurz darauf bereits weitergegangen.

Leicht missmutig sah die Violetthaarige ihm nach, da man sofort bemerkt hatte, dass er dem Thema aus dem Weg gehen wollte. Dabei wollte sie noch einmal mit ihm über die Sache mit Kuraiko sprechen. Diese hatte sie zwar noch einmal eindringlich gewarnt sich herauszuhalten, aber irgendwie konnte sie das nicht. Wahrscheinlich würde sie es später bereuen, doch sie konnte nicht einfach mit zusehen, wie zwei ehemals beste Freunde sich so auseinanderlebten. Sie konnte nicht einmal wirklich sagen wieso, doch irgendwie empfand sie es als eine Aufgabe, die Dinge nicht einfach so im Raum stehen zu lassen.

„Was war das denn? Wie unhöflich, dich einfach zu unterbrechen…“, schimpfte Junko mit an die Hüften gestemmten Armen.

„Ach schon gut“, kicherte Mirâ und griff dann nach der Hand ihrer kleinen Schwester, „Lass uns nach Hause fahren, Junko. Mama macht sich bestimmt schon sorgen, wo wir solange bleiben.“

Damit verließen die beiden Mädchen das Tempelgelände, um zu der am Fuße liegenden U-Bahnstation zu gehen und nach Hause zu fahren.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben. Bitte entschuldigt, dass ich letzte Woche vergessen habe das Kapitel online zu stellen. T___T Ich war so durch mit allem. Jetzt hatte ich ein paar Tage frei und nun geht es wieder.
Wieder mal ist mir für das Kapitel kein guter Titel eingefallen. Und ich hoffe inständig, dass es nicht schon ein Kapitel mit dem Titel gibt. Ehrlich gesagt weiß ich es nicht mehr... x'D Zu viele Kapitel...
Ich hoffe aber, dass euch das Kapitel gefallen hat. ^^
Dann bis Anfang August. ^^/)
LG eure Shio~ Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  fubukiuchiha
2023-07-23T08:31:52+00:00 23.07.2023 10:31
Hallöchen liebe Shio,

melde mich auch mal mit einem Kommentar XD

Puh, Junko zu Babysitten ist offenbar anstrengender als jedes Fitnessstudio XD der kleien Wirbelwind hält einen ordentlich auf Trab und das kriegt Mirâ am eigenen Leib zu spüren (wobei sie das mittlerweile ja auch wissen sollte XD) Erst ein kleiner Zoff unter Schwestern und dann hat Mirâ einen Schwächeanfall O.o
Oh weh und jetzt wird sie auch noch von Erinnerungsfetzen geplagt, die sie nicht zuordnen kann. Wir erfahren etwas mehr, dass sie eine Amnesie hat und sich an gewisse Dinge nicht erinnern kann. Das hat irgendwas mit Mika zu tun, da bin ich mir sicher, aber ich muss leider warten, bis ich was neues erfahre Q.Q

Was tut man, um die Kleine Schwester aufzuheitern? Man geht Puppen kaufen und natürlich kann da nur unser lieber Kanji helfen. Aber er ist nicht alleine, wir sehen Naoto, Oh mein Gott! ^-^
Die beiden sind einfach so cute zusammen, da kann mir doch keiner was erzählen. Ich hatte ehrlich gesagt eher damit gerechnet, dass Yu bei Kanji auftauchen würde, aber Naoto und vor allem Kanjis Reaktionen darauf sind einfach nur Gold wert XD Ich liebe die beiden und wer was anderes sagt, hat P4 nicht gespielt.

Weiter im Kontext mit Chisato, die sich mit der Arbeit ziemlich übernimmt… Was sie nicht alles auf sich nimmt und ich glaube, wenn Junko nicht dabei gewesen wäre, hätte Mirâ nicht erfahren, was im Kopf meiner Kleinen vorgeht. Man ist so hin und her gerissen zwischen dem was die Eltern einem sagen und dem, was man selber will. Aber Chisato hat da natürlich ganz andere Beweggründe, nicht wahr? *hust* Masaru *hust*

Aber der Abend ist noch nicht vorbei, denn wer da kommt da die Treppen hochgestiefelt? Shirota. Das mit dieser Angewohnheit zum Tempel ist schon etwas überraschend bei ihm, aber ein schönes Detail, was man über ihn erfährt. Ich habe das Gefühl, als ob Mirâ sich mit den beiden Social Links von Kuraiko und Shirota am meisten das Hirn zermartern muss XD und da wird definitiv noch die Bombe platzen. Arme Mirâ, aber was tut man nicht alles für einen komischen, langnasigen Mann, der dir sagt, dass du das tun musst. Ja, Igor, ich rede mit dir <.<

Ein sehr schönes Kapitel und ich freue mich auf den nächsten Monat ^^

Lg Fubuki



Zurück