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Irgendwo in dieser Welt

von

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Grund zum Feiern

Es war fast äußerst anstrengend, nicht einfach zu lachen anzufangen, während ich Sorluska und Nozomu dabei beobachtete, wie sie erfolglos versuchten, die Grillkohle anzuzünden. Beide kamen immer wieder abwechselnd mit neuen Ideen, nur um sich gleich darauf über den jeweils anderen zu beschweren, da es nicht funktionierte.

Jatzieta verschränkte mit einem tiefen Seufzen die Arme vor der Brust. „Da bekommen wir tatsächlich die Erlaubnis, auf dem Krankenhausgelände zu grillen und keiner bekommt ein Feuer hin. Was ist nur aus der Männerwelt geworden?“

„Sie waren wohl nie bei den Pfadfindern“, kommentierte ich trocken.

Thalia schmunzelte daraufhin tatsächlich. „Ich könnte mir die beiden auch nicht in einer Pfadfinder-Uniform vorstellen.“

„Oder bei ihrer täglichen guten Tat“, ergänzte Jatzieta.

Sie und Thalia lachten einstimmig, was ein äußerst seltsamer Anblick war, wenn man mich fragte. Es wurde Zeit, dass ich das unterbrach: „Was genau machen wir hier eigentlich?“

Ohne jede Erklärung waren mir kurz zuvor Pappteller und Plastikgeschirr in die Hand gedrückt worden, mit der Bitte, das alles nach draußen zu bringen, ich würde den Grill schon finden. Seitdem saß ich dort, beobachtete die beiden Jungs und wartete darauf, dass jemand mir sagte, was das eigentlich alles sollte. Glücklicherweise antwortete mir Jatzieta nun tatsächlich: „Oh, Liebes, weißt du das denn wirklich nicht? Wir feiern heute Geburtstag.“

„Wessen?“, hakte ich nach, als keine weitere Erklärung kam.

Thalia blies Luft durch ihre geschlossenen Lippen. „Das ist ja typisch für ihn, er hat dir gar nichts gesagt?“

Ich wandte ihr meinen Blick zu und wollte gerade weiter auf eine vernünftige Antwort drängen, als sie auch schon von selbst kam: „Zetsus Geburtstag natürlich, er wird heute 18“

Die Aussage traf mich hart, ähnlich wie ein Amboss in einem dieser unzähligen Cartoons. Ich hatte gewusst, dass er demnächst volljährig werden würde, aber nicht, dass das an diesem Tag sein sollte. Davon hatte er tatsächlich absolut nichts erwähnt – aber ich machte ihm da keinen wirklichen Vorwurf, immerhin sprachen wir eher selten in den letzten Tagen.

Nein, meine Vorwürfe galten den anderen, denn von denen hatte mir auch keiner etwas gesagt. Wann hatten sie das alles nur geplant, ohne dass ich etwas mitbekam?

„Wo ist Zetsu eigentlich?“

Bislang war er nicht anwesend, genausowenig wie Subaru, Baila oder Narukana... gut, auf die Letztgenannte hätte ich auch verzichten können. Aber wie das Glück so spielte kam diese da gerade aus dem Gebäude heraus, wie eh und je mit hoch erhobenem Kopf. Schnurstracks ging sie an uns vorbei auf den Grill zu und verscheuchte die beiden selbsternannten Grillmeister.

Zu meiner großen Überraschung zog sie einen Grillanzünder hervor und platzierte diesen zwischen Kohle und Holz, drapierte noch dazu alles schön mit dem bereitgelegten Zeitungspapier und zog zuletzt ein Feuerzeug aus einer Tasche – das allerdings so geschickt, dass es wohl kaum jemand außer mir sehen konnte. Ich war erstaunt wie routiniert sie mit all diesen Utensilien ein Feuer entzündete, behauptete, dass wir das ihren göttlichen Kräften zu verdanken hätten, den beiden dann noch Anweisungen gab, wie sie nun zu verfahren hätten und sich dann auf eine der Bänke zurückzog, von der aus sie alles beobachtete.

Also schien sie in manchen Instanzen doch zu wissen, dass sie über keine göttlichen Kräfte verfügte, wollte die anderen aber im Glauben darüber lassen. Vielleicht war es einfach ihre Masche geworden und sie merkte das nicht einmal mehr selbst.

„Sie ist ja doch zu was zu gebrauchen“, kommentierte Thalia.

Jatzieta kicherte daraufhin. „Vielleicht sollten wir sie in einer Grilltherapie unterbringen, das sollte ich mal Salles vorschlagen.“

Wenn er wirklich so schlau war, wie ich ihn bislang einschätzte, würde er bei einem solchen Vorschlag lediglich mit dem Kopf schütteln und sich nicht einmal die Mühe machen, eine verbale Antwort zu geben.

Ehe ich noch einmal nach Zetsu fragen konnte, erschienen Subaru und Baila ebenfalls. Die Einkaufstüten in ihren Händen ließen darauf schließen, dass sie alle nötigen Nahrungsmittel für das Grillen eingekauft hatten – und direkt hinter ihnen folgte Dr. Breen, ohne Arztkittel. Nach einem kurzen Lauschen hörte ich heraus, dass er die beiden zum Einkaufen begleitet hatte.

Eigentlich fehlten nur noch vier Personen, damit wir vollständig waren – und ohne große Überraschung stellte ich fest, dass Dr. Cworcs da gerade mit Satsuki und Zetsu ebenfalls aus dem Gebäude kamen. Das Timing war fast so perfekt wie in einem Film... oder einem Buch. Oder einer Telenovela, da war der Vergleich wieder.

Satsuki lief ein wenig voraus und stellte sich vor uns. „Ta daa! Überraschung, Zetsu!“

Mit gehobener Augenbraue musterte er alles. Ihm war deutlich anzusehen, dass er keine Ahnung hatte, was eigentlich los war. „Überraschung?“

Sie nickte heftig. „Mh-hm! Alles Gute zum Geburtstag!“

Nun wirkte er tatsächlich überrascht, fast so als hätte er vergessen, dass es bereits Zeit dafür war. Noch vor wenigen Wochen hatte er diesen Tag herbeigesehnt und nun schien er ihm wirklich entfallen zu sein. Ich fragte mich, ob das mir zu verdanken war – oder ob ich mir da zu viel Bedeutung einräumte.

Dr. Cworcs schob lächelnd seine Brille zurecht – ich war geneigt, ihm zu raten, sich eine neue zu besorgen, die besser passte – und sah dann erst zu Zetsu hinüber. „Ich bin erstaunt, dass du das so einfach vergessen hast. Die letzten Monate hast du in unseren Sitzungen von nichts anderem gesprochen.“

„Ja...“, erwiderte Zetsu gedehnt. „Ich hatte wohl andere Dinge im Sinn.“

Er sah nicht zu mir, so dass ich nicht sagen konnte, ob ich gemeint war. Aber ich redete mir das einfach mal ein, um mich ein wenig besser zu fühlen... und vielleicht stimmte es ja.

Zetsus Aufmerksamkeit galt aber bereits etwas anderem. Er ging zu Nozomu und Sorluska hinüber. „Woah, habt ihr es ganz allein geschafft, ein Feuer zu entzünden?“

Ich bekam nicht mehr mit, was die beiden antworteten, dafür aber Narukanas empörte Reaktion, dass niemand anderes ihren Ruhm einstreichen sollte.

Alles sah nach einem interessanten Tag aus. Noch vor wenigen Wochen wäre ich bei dem Anblick dieser Szene schreiend weggerannt, aber nun freute ich mich tatsächlich darauf, Teil von alldem zu sein – und ich fand den Gedanken nicht einmal erschreckend...
 

Als wir schließlich wieder alles zusammenzupacken begannen, war die Sonne bereits untergegangen. Lediglich die karg verteilten Straßenlampen im Krankenhauspark spendeten ein wenig Licht, so dass wir gerade so sehen konnten, was wir eigentlich taten – was Narukana aber nicht davon abhielt, sich darüber zu beschweren, dass irgendjemand ihr immer wieder etwas wegnahm.

Mit einem Lächeln erinnerte ich mich wieder an den kurzen Besuch Dr. Hantos, der offenbar etwas von dem Ereignis mitbekommen hatte, aber bald darauf wieder verschwunden war, als Satsuki ihn stets mit Bel-Bel angesprochen hatte; ich erinnerte mich an Jatzietas kleine Anekdote von einem noch jungen Salles Cworcs, der an seinem ersten Arbeitstag zu spät kam, da er die Klinik nicht gefunden hatte und ich erinnerte mich an Narukanas erfolglosen Versuch, das Feuer im Grill mittels ihrer Kräfte zu löschen.

Ich war erstaunt, dass wir am Ende mehr Sachen zu Wegwerfen und Wegräumen hatten als wir überhaupt mit zum Grillen gebracht hatten. Das war wie dieser Mythos des Urlaubskoffers, der auf der Heimreise stets schwerer als auf der Urlaubsfahrt war.

Das waren Gedanken, die mir durch den Kopf gingen, als ich den letzten Müll wegbrachte, in einen der wenigen aufgestellten Eimer. Auch das war offenbar mit der Krankenhausleitung abgesprochen worden, zumindest hatte Dr. Cworcs das so gesagt – in Anbetracht dessen war ich doch sehr über seinen Einfluss erstaunt. Er schien doch mehr zu sagen zu haben, als ich dachte. Wobei es mich gar nicht mehr wundern würde, wenn die Krankenhausleitung mit ihm befreundet wäre.

Als ich wieder zur Grillstelle zurückkehrte, war diese bereits verlassen, vermutlich hatte Nelia, die gegen Ende dazugekommen war, alle bereits hineingescheucht. Lediglich eine Gestalt saß noch auf einer der Banken und ich brauchte nicht lange, um ihn zu erkennen. „Willst du nicht auch reingehen, Zetsu?“

Lächelnd wandte er mir den Kopf zu und bedeutete mir, dass ich mich zu ihm setzen sollte, was ich auch sofort tat. Ich konnte gut und gern darauf verzichten, ihn wieder mit allen anderen zu teilen.

„Du ärgerst dich bestimmt, dass ich dir nicht gesagt habe, dass ich heute Geburtstag habe.“

„Mhm, anfangs schon ein wenig... Aber du scheinst es ja selbst vergessen zu haben.“

Sein leises Lachen sorgte dafür, dass mir das Blut ins Gesicht schoss. Es war einfach ein sehr... schöner Klang, da konnte man sagen, was man wollte.

„Ja, meine Gedanken waren wirklich ganz woanders gewesen in den letzten Tagen und da wir nicht auf der Station waren, habe ich wohl auch den Anruf meiner Familie verpasst.“

Das weckte eine Frage in mir: „Wo waren deine Gedanken denn?“

„Dass du das noch fragen musst.“

Wieder wirkte er äußerst amüsiert, genau wie ich ihn am Liebsten hatte. Fragend sah ich ihn an, er lächelte nach wie vor. „Meine Gedanken waren stets bei dir.“

Es war unheimlich kitschig, fast schon ekelhaft – und doch ließ es mich geradezu dahinschmelzen. Immerhin sagte er das zu mir und ich las es nicht nur oder sah es in irgendeiner romantischen Komödie mit ihren austauschbaren Protagonisten. In der Realität empfand man vieles wohl ganz anders als wenn man nur ein unbeteiligter Zuschauer war.

Mir fehlten die Worte, um etwas darauf zu erwidern, aber offenbar war das auch unnötig. Immer noch lächelnd zog er mich zu sich und schloss die Augen, ehe er seine Lippen auf meine legte.

Wie beim ersten Mal konnte ich erst gar nicht reagieren, doch als das paralysierende Gefühl der Überraschung verflogen war, legte ich die Arme um ihn und schloss ebenfalls die Augen, um diesen Moment, der nur uns beiden gehörte, zu genießen.

Hätte ich damals nur gewusst, was in den nächsten Tagen geschehen würde, ich wäre mit Sicherheit nicht so ruhig und gelassen gewesen wie in jenem Moment.



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