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Rajah

A Midgard Saga Chronicles Sidestory
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
29.09.2013:
Das hier ist der überarbeitete / neue Prolog der Story. Den alten gibt es allerdings noch als separates Special-Kapitel. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Das hier ist der ursprüngliche Prolog von 'Rajah', den ich am 17.04.2009 hier erstmals veröffentlicht habe. Eigentlich ist es eher unüblich, einen Prolog nachträglich noch zu ändern, aber er erschien mir nicht ganz so passend für die eigentliche Geschichte, weswegen ich mich für eien Überarbeitung und den Austausch entschieden habe. Dennoch möchte ich euch die alte Version nicht vorenthalten, da es mit diesem immerhin begonnen hat. :)

Die 3 Kommentare, die zu diesem Kapitel damals abgegeben wurden, findet ihr beim eigentlichen Prolog, da ich dort nur den Text ausgetauscht habe.

Viel Spaß also mit dem ursprünglichen Prolog (samt damaligem Kommentar meinerseits). Komplett anzeigen

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Rajah

Die Dunkelheit der Nacht umfing sie wie ein zärtlicher Liebhaber, als Shirai, geweckt von einem kühlen Windhauch auf der nackten Haut, schläfrig die Augen öffnete. Nur langsam klärte sich ihr Blick und es dauerte einen Moment, ehe sie begriff, dass sie alleine war.

Suchend strich ihre Hand über das noch warme Laken neben sich, doch von ihm fehlte jede Spur. Mit einem Schlag war sie hellwach. Dumpf und schwer pochte ihr das Herz in der Brust, als sie hastig die Beine aus dem Bett schwang und sich ein schlichtes Leinenhemd über den Kopf zog.

Barfuß eilte Shirai zur Tür hinüber, die sie schwungvoll aufriss, nur um mitten in der Bewegung abrupt innezuhalten.

„Schhhhht, du weckst sie sonst noch.“

Eine Welle der Erleichterung durchströmte ihren Körper und löste den Kloß in ihrem Hals. Sie hatte befürchtet, ihn nicht mehr im Haus vorzufinden, dass sich ihre größte Angst in dieser Stunde bewahrheitete und er sie und das Kind verlassen hatte. Stattdessen saß er hier in der Küche auf einem der Schemel, ein weißes Bündel in den Armen, das er liebevoll wiegte. Bei dem Anblick ging ihr das Herz auf und sie hieß die Wärme willkommen, die sich in ihr ausbreitete.

„Sie ist so schön“, entfuhr es ihm leise. Seine Stimme klang heiser und voller Traurigkeit. „Es bricht mir das Herz, sie nicht aufwachsehen sehen zu können.“ In einer fließenden Bewegung erhob er sich zu seiner gesamten, hochgewachsenen Gestalt. Mit gesenktem Kopf trat er vor Shirai und übergab ihr das Kind. Sein Kind, seine Tochter. Ein Geschenk der Götter, das er nicht verdiente. Ebenso wenig wie die schlanke Frau vor ihm, deren Gesicht vor Schreck kreidebleich geworden war.

Zärtlich strich er ihr das lange, schwarze Haar hinters Ohr und beugte sich herunter um ihr einen sanften Kuss auf die Stirn zu hauchen. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er bereits seine Robe, die eines Kämpfers, angelegt hatte und auch sein Schwert, das in all den Jahren zu seinem kostbarsten Gefährten geworden war, zeichnete sich unter dem Umhang an seiner Hüfte ab.

Er war ein wundervoller Mann. Das helle Haar fiel ihm zu einem Zopf gebunden über den Rücken und bildete einen herrlichen Kontrast zu seiner dunklen Haut. Er hatte ein jugendliches, makelloses Gesicht mit langen spitzen Ohren, das sein wahres Alter gekonnt vertuschte. Doch das Faszinierendste an seiner Erscheinung waren seine Augen. Sie hatten die Farbe von dunklem Honig. Und er hatte ihr sein Herz geschenkt, nur um das ihre nun zu brechen.

„Dann ist es also Zeit.“ Die Bitterkeit in ihrer Stimme traf ihn tief, dennoch musste er diesen Schritt gehen, wenn er Frau und Kind schützen wollte. Tränen sammelten sich in ihren rehbraunen Augen, als sie das Baby behutsam an ihre Brust drückte, die blasse Wange in seine Hand geschmiegt.

„Ja.“ Liebevoll strich er mit dem Daumen eine einzelne Träne fort, die sich aus ihrem Augenwinkel gelöst hatte. „Shiari, du weißt ich liebe euch. Aber zu bleiben, würde euren sicheren Tod bedeuten. Außerdem…“ Er konnte ihrem anklagenden Blick, in dem gleichzeitig so viel Schmerz und Verzweiflung lagen, nicht länger Stand halten.

Betrübt betrachtete er seine Tochter, die ihm so ähnlich sah, dass es ihn mit Stolz erfüllte und zugleich ängstigte. Die kleinen Finger haltsuchend um den dargebotenen Finger Shirais geklammert, blinzelte die Kleine verschlafen. Vorsichtig strich er dem zerbrechlichen Wesen über den Kopf und erregte so die Aufmerksamkeit des kleinen Mädchens. Dunkle honigfarbene Augen sahen ihn neugierig an. Obwohl sie bis eben still gewesen war, brabbelte die Kleine nun munter vor sich hin.

Ja, sie war unverkennbar seine Tochter. Es zu leugnen wäre sinnlos. Stolz schwoll in seiner Brust an, als er erneut ganz vorsichtig über den kleinen Kopf strich. Schon jetzt liebte er sein Kind ebenso wie dessen Mutter. Lange hatte der Elf mit sich gerungen, doch seine Entscheidung stand fest. Er musste beide verlassen. Noch in dieser Nacht.
 

Shirai spürte, dass ihr Geliebter nach den richtigen Worten suchte. Sie hatte gewusst, dass dieser Tag kommen würde. Der Kampf um Utgard, dem sie selbst dank dem Elf nur knapp mit dem Leben entkommen war, folgte ihm wie ein dunkler Schatten und die Geister der Vergangenheit hatten ihr Klauen tief in ihn geschlagen.

„Unzählige mussten durch mein Schwert und meine Magie sterben, viele werden ihr Schicksal in diesem endlosen Krieg noch teilen und solange ich meine Buße nicht getan habe…“ Anstatt auszusprechen, was ihm auf der Zunge lag, zog er Shirai und das Kind in eine Umarmung.

Er hatte großes Leid über das Land gebracht und nun musste er wenigstens versuchen den Schaden zu begrenzen. Noch größeres Leid hatte er über seine Tochter gebracht, über dieses zarte Wesen, das nichts von der Bürde wusste, die ihm das Schicksal auferlegt hatte. Alles Kämpfen, Bitten und Flehen war vollkommen umsonst. Er hatte getobt, geschrien, geweint, gebettelt. Die Götter hatten sich ihm nicht erbarmt und so hatte das Schicksal ungehindert seine unsichtbaren Fäden um das Kind gesponnen.

„Erfüllst du mir einen letzten Wunsch bevor ich gehe?“ Sacht schob er Shirai auf Armeslänge von sich, die Augenbrauen fragend in die Höhe ziehend. Ihr bedächtiges Nicken war ihm Antwort genug. Wieder senkte er den Blick zu dem Baby in ihren Armen und bedachte es mit einem friedlichen Lächeln.

„Sie soll den Namen Rajah tragen.“ Andächtig strich er seiner Tochter über die rosigen Wangen.

„Eines Tages wirst du sehr stark sein müssen, meine kleine Rajah. Ich wünsche dir die Kraft, dein Leben zu meistern. Mach deiner Mutter keinen Kummer, denn sie ist eine wunderbare Frau.“

Shirai konnte ihren Schmerz nicht länger zurückhalten. Heiße Tränen bahnten sich einen Weg über ihr blasses Gesicht, sie zitterte am ganzen Körper und nur das Kind in ihren Armen schien ihr die Kraft zu geben sich noch auf den Beinen zu halten.

Zärtlich wischte er ihre Tränen fort und vereinte seine Lippen ein letztes Mal mit ihren. Kurz darauf vernahm sie ein geflüstertes „Lebt wohl“ an ihrem Ohr. Elegant wandte sich der Elf zur Haustür um und verschwand in der Dunkelheit der Nacht.

Shirai wusste, dass sie ihn gehen lassen musste. Wahrscheinlich würden sie einander nie mehr begegnen und doch konnte sie ihm nicht folgen. Es war, als würde sie eine unsichtbare Kraft daran hindern. Stumme Tränen rannen ihre Wangen hinunter.

Seine Silhouette war längst mit den Schatten des nahen Waldes verschmolzen, als sie an die Tür trat und obwohl Shirai ihn nicht mehr sehen konnte, formten ihre Lippen fast lautlos einige Worte.
 

„Leb wohl Oiodin. Auch wenn dies ein Abschied für immer ist......schwöre ich dir meine ewige Liebe.“

Zukunftsängste

„Rajah?“

Wo trieb sich dieses Kind nur schon wieder herum? Nichts als Unfug hatte die Kleine im Kopf.

Längst war es Zeit fürs Abendessen. Die Sonne stand tief über den westlichen Hügeln und tauchte das idyllische Land in sanfte Orangetöne.

Hier, in der Sicherheit des Dorfes – gab es eigentlich einen friedlicheren Ort als Tamuka? - konnte und würde ihr sicher nichts zustoßen und doch war die Sorge um die einzige Tochter viel zu groß. Schließlich war Rajah alles, was sie hatte. Alles, was ihr lieb und teuer war. Ihr kleiner Schatz, der Sonnenschein in ihrem Leben.

„Rajaaah!“
 

Ein schwarzer Haarschopf lugte um die Ecke. Dunkle, honigfarbene Augen fixierten schelmisch die schlanke Frauengestalt, die den Blick hinunter zum Flussufer gerichtet hatte. Ein freches Grinsen huschte über den Kindermund und verriet die Dummheiten, die sich hinter der Stirn zusammenbrauten. Leise und auf Zehenspitzen pirschte sich die Sechsjährige heran und blieb schließlich hinter der zierlichen Frau stehen, deren rehbraune Augen noch immer die Umgebung absuchten.

„Was ist denn, Mama?“

Erschrocken fuhr Shirai herum. „Himmel, Kind!“ Sie bedachte ihre Tochter mit einem tadelnden Blick. „Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du mich nicht so erschrecken sollst?! Und wie siehst du nur schon wieder aus?“

Kopfschüttelnd ging sie vor Rajah in die Hocke, strich ihrer Tochter liebevoll über die mit Erde verschmierten Wangen und durch das zerstrubbelte, rabenschwarze Haar. Sie sah ihm so unglaublich ähnlich, mit den spitz zulaufenden Ohren und dem deutlich dunkleren Teint.

Seufzend wischte Shirai ihr den gröbsten Schmutz mit den Fingern aus dem Gesicht. „Hast du dich etwa schon wieder mit Kenta geprügelt?“ Besorgnis schwang in ihrer Stimme mit.

Rajah senkte Verlegen den Kopf, klopfte sich den Staub aus ihrem braunen Leinenkleid. Schuldbewusst riskierte sie einen kurzen Blick ins Gesicht der Mutter, ehe sie nickte. „Aber er hat angefangen!“, versuchte sich die junge Halbelfe sogleich zu verteidigen. „Er hat Selina und mich die ganze Zeit geärgert. Mich hat er ein Spitzohr genannt und dann hat er Selinas Blumenkranz kaputt gemacht, dabei hat sie sich so viel Mühe damit gemacht.“ Trotzig streckte sie das Kinn vor und krallte die Finger in den Stoff ihres Kleides. „Das war gemein von ihm!“

Ein sanftmütiges Lächeln zeichnete sich aufs Shirais Gesichtszügen ab. „Du hast Recht mein Schatz. Das war nicht nett von ihm.“ Sie nickte bestätigend, ehe sie mit sanfter, aber tadelnder Stimme fortfuhr. „Aber trotzdem ist das noch lange kein Grund sich gleich zu schlagen, oder?“

Rajah dachte einen Moment angestrengt über die Worte ihrer Mutter nach, dann schüttelte sie entschuldigend den Kopf.

„Na siehst du.“ Liebevoll strich Shirai ihr über die Wange. „Ignoriert seine Stichelein das nächste Mal einfach. Du wirst sehen, Kenta verliert dann ganz schnell den Spaß daran und lässt euch in Ruhe.“

Rajahs Augen wurden groß. Fragend und erstaunt zugleich sah sie ihre Mutter an. „Wirklich? Und... und Selina muss dann nicht mehr wegen ihm weinen?“

Shirai nickte und brachte somit die Augen ihrer Tochter vor Freude zum Leuchten. Wenn das wirklich stimmte – und Rajah zweifelte keine Sekunde an den Worten ihrer Mutter – dann würde sie es auf diesem Weg versuchen. Rajah selbst machte sich nichts aus Kentas Stichelein, doch Selina nahm sich alles immer gleich zu Herzen. Selbst, wenn die Gemeinheiten des Jungen gar nicht ihr selbst, sondern vielmehr Rajah galten, war das Mädchen zutiefst betrübt. Dabei hatte Selina so ein schönes und ansteckendes Lächeln, das sie leider nur noch selten zeigte, wenn Kenta in der Nähe war.

„Gut! Ich will nämlich nicht, dass sie ständig wegen Kenta weinen muss!“ Entschlossen sah sie ihre Mutter an und entlockte dieser ein warmherziges Lächeln. „Ja, meine Kleine. Du wirst gut auf sie aufpassen. Aber jetzt geh dich erstmal waschen, so ein Dreckspatz kommt mir nämlich nicht in die Küche!“

„Jaaa!! Bin schon weg!“ Fröhlich fiel Rajah ihrer Mutter in die Arme und kuschelte sich kurz an sie, ehe sie auf dem Absatz kehrt machte und lachend ins Haus rannte.
 

Shirai erhob sich langsam und sah ihrer kleinen Tochter betrübt hinterher. Rajah war ein kleiner Wirbelwind, ständig in Bewegung, und genau das machte der jungen Mutter solche Sorgen. Noch bot die Sicherheit des Dorfes ihr und den anderen Kindern eine wunderbare Spielwiese. Doch der Frieden war trügerisch.

Reisende, die auf ihrem Weg durch Midgard auch Tamuka durchkreuzten, brachten oft schlechte Nachrichten und düstere Geschichten mit sich. Dunkle Wolken zogen über Utgard auf und drängten Midgrads Grenzen entgegen. Sie sprachen von grausamen Kreaturen, die keine Gnade kannten und jeden töteten, die sich ihnen auf ihrem Streifzug in den Weg stellten – oder ihnen auch nur begegnete. Immer wieder kursierten Gerüchte um mutige, starke Kämpfer, die bei Nacht und Nebel auf mysteriöse Weise verschwanden. Einige von ihnen hatte man bereits aufgefunden – tot.

Die Zeiten waren schon vor sieben Jahren nicht sicher, waren es jetzt noch weniger und an die Zukunft wollte lieber keiner denken.

Im Haus klapperten die Teller und Becher und ein lautes 'Ups' drang an ihre Ohren. Shirai seufzte. Eines Tages würde auch die kleine Halbelfe ihre Unbeschwertheit verlieren und aufhören das Kind zu sein, das sie war. Bei dem Gedanken daran, wurde es Shirai schwer ums Herz. Was mochte die Zukunft wohl für Rajah bereithalten? Das bedrückende Gefühl eines kommenden Krieges lag in der Luft und als Magierinnen würden sie beide unweigerlich daran beteiligt sein – doch Shirai würde dies zu verhindern wissen. Bisher wusste niemand um Rajahs und ihre Fähigkeiten und das sollte auch so bleiben. Vielleicht war das ihre einzige Chance.
 

„Mama?“ Mit fragendem Blick stand Rajah in der Tür. „Kommst du? Ich hab so schrecklichen Hunger!“

Ein sanftes Lächeln zeichnete sich auf Shirais Lippen ab, als sie die Frage ihrer Tochter bejahte. Sofort erhellte sich Rajahs Gesicht. Hastig rannte sie auf ihre Mutter zu und schob ihre zierliche Kinderhand in Shirais. Es war eine stille Aufforderung, der Shirai nachgab und gemeinsam betraten sie die kleine Holzhütte am Rande des Dorfes.

Vielleicht sollte sie doch einmal Salima, die Dorfweise, aufsuchen und um einen Blick in die Zukunft ihrer Tochter bitten.

Im Herzen

Der kleine Raum wurde von schwachem Kerzenschein erhellt, der tanzende Schatten an die Holzwände ringsum warf. Die Fenster waren längst verschlossen. Schwere, graue Vorhänge sperrten das Licht der Sterne aus. An der Wand gegenüber standen ein einfaches Holzbett und direkt daneben ein kleiner Hocker und ein halbhoher Tisch, auf dem eine Schale und ein Krug aus braunem Ton platziert waren. Einen Schrank gab es nicht, doch die Holzkiste am Bettende erfüllte den selben Zweck, auch wenn sie aussah, als ob sie jeden Moment auseinander fallen würde.

Inmitten dieses kleinen, unscheinbaren Zimmers kniete Rajah, vor sich eine alte, mit Wasser gefüllte Holzschüssel.

Konzentriert fixierten ihre Augen den farblosen Inhalt, über dem sie die zierlichen Handflächen ausgebreitet hatte. Immer wieder formten ihre Lippen die gleichen flüsternden Worte. „Ich befehle dir zu erstarren!“ Doch auch dieses Mal wollte sich außer einem leichten, fast schon spöttischen Kräuseln der Wasseroberfläche keine Veränderung einstellen. Verärgert runzelte sie die Stirn und fluchte leise, doch ans Aufgeben wollte sie gar nicht erst denken und so betete sie unermüdlich den gleichen Satz wieder und wieder vor sich hin. Als es ihr nach unzähligen weiteren Versuchen noch immer nicht gelingen wollte, das Wasser gefrieren zu lassen, verschränkte sie enttäuscht die Arme vor der Brust und stierte nachdenklich auf den Inhalt der Schüssel. Warum nur klappte es nicht? Bei ihrer Mutter sah es doch so einfach aus.
 

Wie aus dem Nichts tauchte eine Hand über der Schüssel auf, glitt ruhig in einigem Abstand über das Gefäß und hinterließ eine dünne Eisschicht auf der Wasseroberfläche. Rajah, die zuerst erschrocken zusammengezuckt war, wandte nun strahlend ihren Kopf zur Seite und sah blickte in ein blasses, aber hübsches Gesicht, das mit dem langen, schwarzen Haar im Schein der Kerze auch eine geisterhafte Erscheinung hätte sein können.

„Um diese Uhrzeit gehören kleine Kinder längst ins Bett!“

„M-Mama …“ Ertappt und erleichtert zugleich sah sie ihre Mutter an. Doch die Begeisterung kehrte schnell zurück. „Wie hast du das gemacht? Da gibt’s bestimmt einen Trick, oder? Bei mir klappt das nie!“ Ihren Unmut kund gebend, verzog sie das Gesicht und rutschte unruhig auf dem Boden hin und her.

„Es gibt keinen Trick.“ Kopfschüttelnd stellte Shirai die Schüssel auf dem Tisch ab und scheuchte ihre Tochter ins Bett. Folgsam krabbelte die kleine Halbelfe unter die Decke, ließ ihren fragenden Blick jedoch hartnäckig auf ihrer Mutter ruhen. Doch erst als sie bereits ungeduldig auf ihrem Platz hin und her schaukelte, ließ sich Shirai neben ihr auf dem Bettrand nieder und setzte zu einer Erklärung an, die Rajah hoffentlich zufrieden stellen würde.

„Magie ist nichts, was man erzwingen kann. Du musst es tief hier drinnen verstehen und wollen.“ Sie griff nach Rajahs Hand und legte sie ihr auf die Brust. Nachdenklich runzelte Rajah die Stirn, als sie das lebendige Pochen spürte. „Im Herzen?“

„Ja“, bestätigte Shirai ihr nickend. „Versuche niemals, dir die Magie zu unterwerfen. Öffne dich ihr, lass sie durch deinen Körper strömen und mach sie dir vertraut. Erst dann kannst du danach greifen, sie formen und nutzen.“ Liebevoll legte sie einen Arm um ihre Tochter und wartete, bis Rajah ihren Kopf auf ihren Schoß gebettet hatte. „Wenn du das begriffen hast, kannst du die Magie, die in dir schlummert, einsetzen. Aber um sie beherrschen zu können, wirst du viel üben müssen und dich vor allem konzentrieren. Irgendwann wird es ganz einfach sein, so natürlich wie das Atmen.“

Schweigend dachte Rajah über die Worte ihrer Mutter nach, kuschelte sich dabei tiefer in die Decke. Das klang nach einem langen Weg, nach viel Zeit, die vergehen würde, bis sie es endlich richtig konnte. Dabei wollte sie doch jetzt schon Wasser zu Eis gefrieren lassen und kleine Eisblumen aus dem Nichts zaubern können, so wir ihre Mutter es konnte. Die Kinderstirn legte sich in nachdenkliche Falten. Dann würde sie eben viel üben müssen und gleich morgen damit beginnen. Ja, so würde sie es machen! Mit sich selbst und der Welt im Reinen ließ sie sich ohne den leisesten Protest sanft von Shirai in die Kissen drücken. „Und jetzt schlaf ...“ Zärtlich drückte sie ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn und noch während sie die Kerzen löschte, war Rajah ins Land der Träume entschwunden.
 

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Diesmal noch ein (sehr) kurzes Kapitel, in dem nicht wirklich viel passiert. Demnächst werden sie aber länger und spannender. ;) Zumindest ist das so geplant. ^^

Prophezeiung

Leise raschelte der Stoff ihres Kleides bei jedem ihrer Schritte. Immer wieder sah sie sich nervös nach allen Seiten um, als sie den kleinen Dorfplatz überquerte in dessen Mitte sich bereits der Frühjahrsbittbaum über die Dächer erhob. Im Schutz dieses Baumes, mit dem alljährlich im Frühling die Götter um fruchtbare Erde und eine reiche Ernte im Herbst gebeten wurden, hielt sie inne und warf einen verstohlenen Blick über die Schulter.

Niemand folgte ihr. Sie war und blieb die Einzige, die zu dieser späten Stunde noch unterwegs und vermutlich auch wach war. Nur vereinzelt konnte sie einen schwachen Lichtschein ausmachen, der sich durch kleine Löcher in den schweren Fenstervorhängen der Häuser fraß.

Für wenige Sekunden verweilte die junge Frau auf der Stelle, schöpfte neuen Mut, ehe sie weiter in noch dunklere Schatten auswich. Es war immer besser, unentdeckt zu bleiben, zumal sie in diesem Dorf schon oft genug misstrauische Seitenblicke erntete. Vermutlich vertraten die Dörfler die engstirnige Auffassung, sie würde ihre Blicke nicht bemerken, von dem heimlichen Gerede nichts wissen. Sie waren Narren. Ausnahmslos. Doch so lange Tamuka einen sicheren Unterschlupf bot, würde sie diesen Ort nicht verlassen.
 

Als sie den Rand des Dorfes erreichte, warf sie erneut einen verstohlenen Blick über die Schulter, während sie auf eine einzelne Hütte zusteuerte. Noch immer war sie der einzige Mensch auf der Straße und dennoch hielt sie an der untersten Treppenstufe einen Moment inne, um in die Dunkelheit zu lauschen und sich davon zu überzeugen, dass ihr niemand gefolgt war.

Die Blätter raschelten leise im Wind, in der Ferne war das Rufen eines Waldkauzes zu hören, darüber hinaus nur die Stille der Nacht. Sie war definitiv alleine.

Erleichtert wandte sie sich wieder der Hütte vor ihr zu und atmete tief durch. Schon hier draußen konnte sie den erdrückenden, süßlichen Geruch verschiedener Kräutermixturen wahrnehmen, der eindeutig aus dem Inneren Hütte strömte. Entschlossen überwand sie die drei Stufen zur Tür und füllte ihre Lungen ein letztes Mal mit frischer Nachtluft. In dieser Nacht würde sie ihre Antworten bekommen. Hoffentlich.

Noch ehe sie anklopfen konnte, öffnete sich die Tür wie von Geisterhand geführt mit einem leisen Knarren. Der fremdartige Geruch wurde schlagartig stärker und schien sich wie eine unsichtbare Wand zwischen Shirai und dem zwielichtigen Inneren der Behausung zu schieben. Nur schemenhaft konnte sie eine kleine, unförmige Gestalt ausmachen, die sich in der Hütte befand. Doch sie war sich nicht sicher, ob es sich tatsächlich im einen Menschen handelte oder ob ihr ihre von dem seltsamen Geruch getrübten Sinne einen Streich spielen wollten.
 

„Für einen Moment dachte ich, du würdest deine Entscheidung noch einmal überdenken und umkehren, ... aber deine Angst um deine kleine Tochter und dein eigenes Wohlergehen hat dich schließlich doch in meine Arme getrieben, nicht wahr?“ Ein belustigtes Glucksen hallte aus dem Inneren. „Tritt ein, Shirai...“ Rau und kratzig klang die Stimme, wie eine Schreibfeder, die über ein altes, unebenes Stück Pergament fuhr.

Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Kalte Schauer überliefen die junge Frau, doch sie tat wie ihr geheißen und trat, wenn auch zögerlich, ein. Als die Tür hinter ihr geräuschlos ins Schloss fiel, umhüllte sie der Duft der wirren Kräuter ganz und begann ihre Sinne zu vernebeln. Ihre Gedanken wurden schlagartig träge und das heftige Pochen ihres Herzens beruhigte sich allmählich.

„Ihr wusstet, dass ich kommen würde?“ Nur langsam gewöhnten sich Shirais Augen an das vorherrschende Zwielicht. Trotzdem wagte sie es, nun endgültig in die Mitte des kleinen Raumes zu schreiten. Die Hütte hatte schon von außen klein und schäbig ausgesehen und tatsächlich schien es nur ein einziges Zimmer zu geben und zwar das, in dem sie gerade stand.
 

Auf dem Boden unter ihr erstreckte sich ein bunter Teppich, der einmal viel wert gewesen sein musste. Doch die Zeit hatte es nicht gut mit ihm gemeint. Er war abgewetzt und starrte nur so vor Dreck, sodass das eins kunstvoll gewebte Muster fast vollständig unkenntlich geworden war. Dennoch glaubte sie das Schicksalsmuster darauf zu erkennen, in dessen Mitte, umgeben von unzähligen Kerzen, eine kleine alte Frau saß, der man nur zu deutlich ansah, dass auch sie von den Jahren stark gebeutelt worden war.

Das bodenlange, verfilzte Haar hatte die Farbe von schmutzigen Schnee und jeglichen Glanz verloren. Ihre Haut war faltig und blass, fast schon durchsichtig. An ihrem Hals und an den Händen schimmerten deutlich die dünnen blauen Äderchen im Kerzenschein hindurch. Bekleidet war die Alte mit einem einfachen braunen Kleid aus Sackleinen und einem abgelaufenen Paar Schuhe, deren Sohlen mehr Löcher wie Lauffläche aufwiesen. Doch am meisten erschütterten Shirai ihre Augen. Dass die Dorfweise blind war, hatte sie bereits gewusst, doch ihre Augen wirkten auf sonderbare Weise unnatürlich, geradezu verstörend unheimlich. Sie waren tiefschwarz und in diesem Moment fest auf Shirai gerichtet.

„Natürlich. Ich weiß und sehe alles, mein Kind.“ Als sie zu sprechen begann, entblößte sie zwei zahnlose Reihen. „Nimm Platz und erzähle mir, warum du einer alten Frau so spät noch einen Besuch abstattest.“

Shirai war davon überzeugt, dass die Alte längst wusste, weshalb sie hier war – zumindest wenn es stimmte, was man der Weisen nachsagte – doch sie verkniff sich eine entsprechende Bemerkung. Dafür war ihr Anliegen viel zu wichtig.

Zögerlich ging sie in ausreichendem Abstand vor der zahnlosen Frau auf die Knie und verbeugte sich ehrfurchtsvoll, sodass ihre Stirn den abgewetzten Schicksalsteppich berührte. Diese Frau mochte blind sein, aber Shirai war sich sicher, dass sie trotz allem sehen konnte, was sie tat. Tatsächlich huschte ein zufriedenes Lächeln über die Züge der alten Frau, als Shirai sich wieder aufrichtete. Ein kalter Schauer überlief sie und in ihrem Magen machte sich ein unangenehmes Ziehen breit. Ihr Unbehagen hinunterschluckend, rief sie sich wieder zu Ruhe und atmete tief aus, ehe sie ihre Bitte vorzutragen begann.

„Weise Salima, verzeiht, dass ich Euch in Eurer Nachtruhe störe, aber ich wusste mir keinen anderen Rat mehr. Ich... mache mir Sorgen um das Wohlergehen und die Zukunft meiner Tochter. Was wenn sie nach ihrem V-“

Erschrocken brach Shirai ab und konnte nur mühevoll den Reflex unterdrücken, sich die Hände vor den Mund zu schlagen. Fast hätte sie zu viel gesagt, dabei hatte sie sich geschworen, nie wieder über Rajahs Vater zu sprechen. Aus Angst vor dem Schmerz, der Zukunft, der Trauer. Aus Angst um ihre Tochter. Doch zu ihrem tiefsten Entsetzen schien die Alte sehr wohl verstanden zu haben, denn ein wissendes, unheimliches Lächeln zierte die runzeligen Lippen.

„Was wäre wenn? Ja, was wenn das süße Töchterchen seine Unschuld verliert? Wenn sie nach dem Vater kommt? Dem Gradwanderer, dem Elf...“

Mit einer beängstigenden Zielgenauigkeit griff die blinde Frau nach einer alten, vom Ruß schwarz gefärbten Schüssel, die sie scheinbar aus dem Nirgendwo hervorholte und nun zwischen sich und Shirai platzierte. Noch während sie sprach, gab sie mehrere verschiedene Kräuter in das Gefäß, von denen die junge Frau noch nicht einmal die Hälfte benennen konnte, und übergoss das Gemisch mit einer öligen Flüssigkeit.

„Hüte deine Zunge, schweigen sollst du nun. Die Vergangenheit lassen wir heute ruh'n, die Gegenwart an uns vorüberzieh'n, in die Zukunft wollen wir entflieh'n.“ Salima war in eine Art Sprechgesang verfallen, während sie nach einem getrockneten Kräuterblatt und einer der umstehenden Kerzen griff. Beides hielt sie in geringem Abstand über der Schüssel, sodass bereits einzelne Wachströpfchen zischelnd in die Mixtur eintauchten. „Hör zu...hör gut zu, wenn sich die Zukunft offenbart. Aber sei auf der Hut, denn zu wissen, was einmal sein wird, kann eine viel zu große Last werden.“

Mit diesen Worten entzündete die Alte das Blatt, das kurz darauf den Inhalt der Schüssel in leuchtenden Flammen aufgehen ließ. Binnen weniger Sekunden breitete sich ein berauschender, süßlicher Duft im Raum aus, der nun vollständig von weißem. die Sicht raubendem Rauch erfüllt war. Hektisch sah sie sich um, doch ihre Augen nahmen nichts wahr außer den weißen Rauch, der sich zu einem dichten Nebel gefestigt hatte. Selbst Salima blieb vor ihren Augen verborgen. Ein eisiger Schauer überlief sie. Sie musste hier raus. Sofort!
 

Panik nahm von ihr Besitz, als ihr Verstand endlich begriff, dass sie nicht länger Herrin über ihren Körper war, selbst das entsetzte Keuchen verließ nur stumm ihre Lippen. Doch noch bevor sie sich endgültig in ihrer Angst verlor, lichtete sich der Nebel vor ihr. Genau dort, wo sich soeben noch die rußige Schüssel befunden hatte, loderte und zischelte ein helles und viel zu buntes Feuer. Anstelle der Gelb- und Rottöne, flackerten die Flammen auffallend blau mit einem fliederfarbenen Schimmer. Unnatürlich. Unwirklich. Der Anblick war beängstigend und faszinierend zugleich, dass sich Shirais Panik wie von selbst legte und nun, da ihr Verstand wieder frei war, konnte sie auch das blasse Gesicht der alten Frau ihr gegenüber im Nebel ausmachen.
 

Salima saß mit ausgebreiteten Armen vor ihr, fast so, als schien sie das Feuer umarmen zu wollen. Ihr Gesichtsausdruck wirkte seltsam entrückt, mit den weit geöffneten, in die Ferne gerichteten Augen. Kein Muskel regte sich, um der starren Mimik die Unmenschlichkeit zu nehmen. Sie sah in die Zukunft. Ihre Augen mochten blind für das Weltliche sein, nicht aber für das was war und das was sein würde.

Wieder verspürte Shirai das dumpfe Gefühl der Angst, das sich in ihrem Magen ausweitete und mit eisiger Hand nach ihrem Herzen griff, doch dieses Mal ließ sie es nicht zu. Sie war gekommen, um Salimas Worten zu lauschen und das würde sie auch tun.
 

Doch die Alte hüllte sich in eisernes Schweigen. Noch immer kam kein Wort über ihre Lippen, während sich die Anspannung deutlich auf ihrem Gesicht abzeichnete. Minuten vergingen, dehnten sich ins Endlose und zerrten an Shirais Nerven. Für Salima dagegen schien die Zeit in ihrer Trance keinerlei Bedeutung mehr zu haben, denn ihr Geist hatte den gebrechlichen Körper auf ihrer Suche verlassen, streckte seine Fühler aus um Fragen beantworten zu können, deren Antworten womöglich besser im Verborgenen bleiben sollten.

„Die Zukunft ist ein ungewisser Ort“, brach die Alte unvermittelt ihr Schweigen. Die plötzlich so klare Stimme mit der Salima nun sprach, schien nicht länger ihre eigene zu sein. Noch immer klang sie alt, aber alt an Wissen und Weisheit und passte nicht im Geringsten zum Bild der gebrechlichen Frau.

„Dunkle Schatten strecken ihre dürren, nach Macht gierenden Finger nach dem Land der Mitte aus. Mit ihnen halten Angst, Leid und Verderben Einzug in unsere Mitte. Mehr denn je werden die qualvollen Schreie der seelenlosen Armee das Land erschüttern. Alles brennt im Schein des schwarzen Feuers...“
 

Shirai schluckte schwer ob der Gleichgültigkeit mit der Salima die Worte über die rissigen Lippen kamen. Die Flammen züngelten um das Gesicht der Greisin ohne sie auch nur zu berühren oder gar zu verbrennen, fast so als sei ihr Körper nicht existent – oder als fehle dem Feuer jegliche Hitze.

Eine schwache Erinnerung blitze irgendwo in ihrem Kopf auf. Das Schicksalsfeuer mit der temperaturlosen blau-violetten Flamme.

Die junge Frau war sich sicher, dass diesen speziellen Flammen jegliche Wärme fehlen musste, dennoch wagte sie nicht ihre Finger nach ihnen auszustrecken. Es war verboten, ein ungeschriebenes Gesetz für alle Ungeweihten, wie sie es war.
 

„Wie ein Schleier trübt der Nebel des Schicksals meine Sicht. Noch ist diese Zukunft nicht besiegelt. Nicht solange die Lichtgeborene auf Erden weilt. Schlafend – noch – im menschlichen Körper, beschützt vom verborgenen Wächter, Hand in Hand mit dem Friedensbringer. Nur sie können den Schatten entgegentreten, im Kreis der erwachenden Krieger.“
 

Shirai runzelte irritiert die Stirn. Sie wusste weder, wovon die Alte sprach, noch in welcher Verbindung ihre Tochter zu alldem stehen sollte. Doch sie unterbrach Salimas Monolog nicht, wollte die Seherin nicht aus dem Zustand ihrer Trance reißen. Die nächsten Worte der alten Frau jagten ihr jedoch eiskalte Schauer über den Rücken.
 

„Das Elfenkind ist für den Krieg bestimmt. Sobald die dunklen Schatten über Midgard ziehen, kann sie ihrem Erbe nicht mehr entfliehen. Des Vaters Pakt es einst besiegelt, seine Seele sich im Kinde spiegelt. Sie ist sein Fleisch, sein Blut, sein Erbe. Noch bevor die Eltern sich gekannt, ward sie vom Schicksal bereits zum Träger ernannt.“
 


 

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Nach schier endlos langer Zeit gibt es also mal wieder ein neues Kapitel - das war auch längst überfällig. Ich entschuldige mich für die lange Wartezeit.
 

Dieses Kapitel hat mir ein wenig Kopfzerbrechen bereitet und schlummerte daher sehr lange auf meinem PC, bis ich es jetzt endlich beendet habe. Mit Salimas Prophezeiung habe ich mich wirklich schwer getan, da sie zum einen auf die spätere Personenkonstellation passen musste und zum anderen nicht zu viel preisgeben und zugleich Rätsel aufgeben sollte.
 

Mit neuen Kapiteln wird es hier vermutlich insgesamt etwas länger dauern, da ich auch das zukünftige Geschehen (im RPG) berücksichtigen muss, dennoch werde ich mich bemühen, die einzelnen Zeitspannen nicht zu groß werden zu lassen.
 

Zudem habe ich ein neues, festes Konzept für diese OF entwickelt (Das erste war nicht ganz ausgefeilt). Ich werde hieraus also keine Biografie werden lassen, sondern mich auf bestimmte Altersabschnitte beschränken, denen immer eine gewisse Anzahl an Kapiteln gewidmet ist. Die Anzahl ist von den Ereignissen im jeweiligen Lebensabschnitt abhängig, daher kann und werde ich mich auf keine Zahlen festlegen.
 

Bis zum nächsten Kapitel :)

Chimizu

*** Special 001: Rajah [Prolog alt | Erstveröffentlichung vom 17.04.2009]

Schnellen Schrittes eilte die zierliche Gestalt den schmalen Feldweg entlang. Das lange schwarze Haar wehte sacht in der abendlichen Sommerbrise und der Stoff ihres weinroten Kleides raschelte bei jedem ihrer Schritte. In den Armen hielt sie ein kleines weißes Bündel, das sie schützend an ihre Brust drückte.
 

Schon von weitem hatte sie die hochgewachsene Gestalt am Waldrand ausmachen können, vor der sie nun leicht außer Atem stehen blieb. Das blasse Gesicht zu dem seinen erhoben, sah sie ihn aus traurigen rehbbraunen Augen an.
 

Er trug die Robe eines Kämpfers. Sein Schwert, das für ihn in all den Jahren zu einem kostbaren Gefährten geworden war, hatte er am Gürtel befestigt. Das helle Haar fiel ihm zu einem Zopf gebunden über den Rücken und bildete einen herrlichen Kontrast zu seiner dunklen Haut. Er hatte ein jugendliches, makelloses Gesicht mit langen spitzen Ohren, das sein wahres Alter gekonnt vertuschte. Doch das Faszinierendste an seiner Erscheinung waren seine Augen. Sie hatten die Farbe von dunklem Honig.

Dies war der Mann, den sie von ganzem Herzen liebte. Der Elf, dem sie ihr Leben zu verdanken hatte.
 

Langsam hob er seine Hand zu ihrem Gesicht und strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. „Shirai...“ Liebevoll flüsterte er ihren Namen. „Du weißt, ich liebe dich … aber ich kann nicht länger bleiben.“ Sacht strich er über ihre blassen Wangen. Sie wirkte so unendlich zerbrechlich.
 

Erschrocken sah sie ihn an. „Nein, bitte nicht. Was soll denn aus uns werden? Und aus ihr? Sieh sie dir doch an. Sie ist deine Tochter!“ Verzweifelt senkte Shirai den Kopf und blickte auf das Bündel in ihren Armen. „Soll sie ohne ihren Vater aufwachsen?“ Ihre Stimme war nur ein Flüstern, dennoch bebte sie vor Angst und Verzweiflung.
 

Schweigend betrachtete der Elf das in weiße Leinentücher gehüllte Baby. Die kleinen Hände haltsuchend um den dargebotenen Finger der Mutter geklammert, blinzelte es verschlafen. Vorsichtig strich er dem zerbrechlichen Wesen über den Kopf und erregte so die Aufmerksamkeit des kleinen Mädchens. Dunkle honigfarbende Augen sahen ihn neugierig an. Obwohl sie bis eben still gewesen war, brabbelte die Kleine nun munter vor sich hin.
 

Ja, sie war unverkennbar seine Tochter. Es zu leugnen wäre sinnlos. Stolz schwoll in seiner Brust an, als er erneut ganz vorsichtig über den kleinen Kopf strich. Schon jetzt liebte er sein Kind ebenso wie dessen Mutter. Lange hatte der Elf mit sich gerungen, doch seine Entscheidung stand fest. Wollte er Mutter und Kind schützen, so musste er sie verlassen.
 

Shirai spürte, dass ihr Geliebter nach den richtigen Worten suchte. Mit einer Mischung aus Hoffnung und innerer Unruhe sah sie ihn an.
 

„Ist es dir lieber, wenn sie mit dem Wissen leben muss, einen Mörder zum Vater zu haben? Du hast doch selbst gesehen, zu was ich fähig bin. Unzählige Menschen und Elfen mussten durch mein Schwert und meine Magie ihr Leben lassen und in diesem endlosen Kampf werden noch viele ihr Schicksal teilen. Ich werde als Mörder und Verräter gesucht!“

Betrübt zog er sie samt dem Kind in eine zärtliche Umarmung. Tränen sammelten sich in ihren Augen. „Das ist nicht fair! Du tust es doch für die Gerechtigkeit, für den Frieden... du bist kein schlechter Mensch...“
 

Er schwieg. Statt einer Antwort hauchte er ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn.

„Bitte verzeih mir meine Liebste und bete, bete dass unsere Tochter mein Erbe nicht in sich trägt oder es gar antreten wird...
 

Shirai verstand nicht was er ihr damit sagen wollte, doch sie nickte unter Tränen, gegen die sie nicht länger ankämpfen konnte.
 

„Erfüllst du mir einen letzten Wunsch bevor ich gehe?“ Sacht schob er die junge Frau ein Stück von sich und sah ihr in die Augen. „Gib ihr nicht irgendeinen Namen. Er soll weder menschlichen noch elfischen Ursprungs sein.“ Er bedachte das Kind in ihren Armen mit einem friedlichen Lächeln. „Sie soll den Namen Rajah tragen.“ Andächtig strich er seiner Tochter über die rosigen Wangen.

„Eines Tages wirst du sehr stark sein müssen, meine kleine Rajah. Ich wünsche dir die Kraft, dein Leben zu meistern. Mach deiner Mutter keinen Kummer, denn sie ist eine wunderbare Frau.“
 

Nun brach es endgültig aus Shirai heraus. Heiße Tränen bahnten sich einen Weg über ihr blasses Gesicht, sie zitterte am ganzen Körper und nur das Kind in ihren Armen schien ihr die Kraft zu geben sich noch auf den Beinen zu halten.
 

Zärtlich wischte er ihre Tränen fort und vereinte seine Lippen ein letztes Mal mit ihren. Kurz darauf vernahm sie ein geflüstertes „Lebt wohl“ an ihrem Ohr. Elegant wandte sich der Elf um und stieg in den Sattel seines Pferdes.
 

Shirai wusste, dass sie ihn gehen lassen musste. Wahrscheinlich würden sie einander nie mehr begegnen und doch konnte sie ihm nicht folgen. Es war, als würde sie eine unsichtbare Kraft daran hindern. Stumme Tränen rannen ihre Wangen hinunter.

Seine Silhouette war längst mit den Schatten des Waldes verschmolzen und obwohl Shirai ihn nicht mehr sehen konnte, formten ihre Lippen fast lautlos einige Worte.
 

„Leb wohl Oiodin. Auch wenn dies ein Abschied für immer ist......schwöre ich dir meine ewige Liebe.“
 

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*räusper* Yea, I know...der Prolog hört sich nicht ganz so dramatisch an, wie vielleicht die Beschreibung, aber das ändert sich im Laufe der Kapitel noch. ;) (Zumindest ist es so geplant :D)

Der Prolog ist übrigens schon etwas älter... *hust* war ganz schön staubig das Ding. :P



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  -Moonshine-
2015-01-13T13:26:40+00:00 13.01.2015 14:26
So, jetzt hab ich den ueberarbeiteten Prolog auch endlich mal gelesen. Dann musste ich den alten Prolog lesen, um einen Vergleich zu haben. XD
Der neue Prolog gefaellt mir sehr gut. Den anderen fand ich zwar auch super, aber der Ueberarbeitete ist noch ein bisschen mehr gefuehlvoller und voller Atmosphaere. Das finde ich schoen.
*Nur ist der Prolog jetzt laenger als das erste Kap* XDD Aber nicht schlimm. Ich muss sowieso nochmal die ganze Story soweit lesen, um mich reinzufinden. :)

Antwort von:  Foresight
14.01.2015 10:19
Dankeschön. :) Es freut mich, dass sich die Überarbeitung gelohnt hat.
Das mit der Länge ist mir auch schon aufgefallen. Eigentlich wollte ich auch die anderen Kapitel noch überarbeiten, aber da kämpfe ich noch mit mir.
Von:  -Moonshine-
2010-05-04T19:32:39+00:00 04.05.2010 21:32
Das war ein kurzes Kapitel, aber dafür ein sehr schönes. Shirai als Mutter gefällt mir echt gut, und wenn ich daran denke, was für ein Verhältnis sie und Rajah jetzt zueinander haben bzw. was aus ihr geworden ist... man oh man. Das macht mich traurig.
Ist sicher nicht einfach. *Loki bösen Blick zuwirft* Ob sie wieder die Alte werden kann bzw wird? Aber ich greif ja schon vor...
Du machst ein ganz schönes Geheimnis aus Rajah's Vater. XD Ich bin noch immer gespannt, was es mit ihm auf sich hat und hoffe, dass da jemand (vorzugsweise du XD) bald etwas Klarheit reinbringt. ^^
Hm, zu Stil und so kann ich nichts sagen. Ich meine, ich kann nicht nörgeln oder so. ^^; Keine Fehler, kein gar nichts, alles toll! Aber man kennt es ja nicht anders.
Ich freu mich auf das nächste Kapitel! Rajah als Kind ist echt süß und irgendwie genauso, wie ich sie mir vorgestellt habe. ;)

LG
Eli
Von:  -Moonshine-
2009-06-09T14:59:24+00:00 09.06.2009 16:59
Mensch. Ich hab mir das Ding schon zweimal durchgelesen - einmal am Erscheinungstag und einmal vor ner Woche - und hab's nicht geshcafft, zu kommentieren. XD Shame on me.
Aberrr jetzt!
Rajah ist ein echt süßes Kind. *knuddeln will* Ich will auch so eins. XDD Aber ohne die spitzen Ohren, das würde sonst nur gehänselt werden in der Schule. XD
Ne, Spaß beseite. Du machst es ja echt spannend. Ich hoffe, da kommt noch so eiiiniges, ich bin nämlich echt neugierig, wie eins zum anderen kommt, mit Shirai und so, und ob Rajah's Papa nochmal vorkommt (du könntest es mir ja in einem geheimen ICQ-Gespräch flüstern... *mit dem Zaunpfahl eins überbrat* XD)
Also: *Fahne schwenk* Weiter bitte im Text!

HDL!
Von:  Caralein
2009-04-20T16:02:52+00:00 20.04.2009 18:02
Rajahs Papa! *erster Gedanke*
Shirai ist ja richtig süss *zweiter Gedanke*
Rajahs Augen sind honigfarben? *dritter Gedanken und merkt was sie vergessen hat*
*lach*
Das hier erinnert mich daran, dass ich Calandis' Geschichte angefangen hatte und mich nun wieder daran setze also vielen Dank für diesen Anstoss schon mal^^
Für das, dass der Prolog älter sein soll, finde ich ihn gut und man möchte wissen wie es weiter geht mit der kleinen Rajah und wieso ausgerechnet der Name interessiert mich auch. Um auf meine Vorrednerin einzugehen, ja ich will auch mehr von Rajahs Papa wissen und ob man was erfährt^^
Die Anspielung mit dem Merchandising hab ich aber nicht verstanden oder habt ihr eine Rumeuspuppe gebastelt? xD

Liebe Grüsse
Caralein^^
Von:  -Moonshine-
2009-04-17T22:25:37+00:00 18.04.2009 00:25
Dammit, ich nochmal, sorry... Warum kann man Kommentare eigtl nicht editieren? Wär mal sinnvoll..
Mir ist eingefallen: wir haben die anderen ja noch gar nicht gefragt, ob wire ihr Gedankengut verwenden dürfen. XD" Muss nicht! XDDD
Sorry... Und damit das hier noch Kommentarcharakter hat:
Coole Story! Schreib schnell weiteeer!!11elf XD
Von:  -Moonshine-
2009-04-17T22:19:20+00:00 18.04.2009 00:19
Oi... very tragisch und dramatic! Macht richtig Lust auf mehr und ich hoffe, du schreibst schön dran weiter. Frag mich grad, ob man noch irgendwas über den Vater erfährt. Fänd ich mal interessant bzw. ich würd gern mehr Hintergründe wissen. XD

Eine kleine Sache, die mir aufgefallen ist:
"Du hast doch selbst gesehen, zu was ich fähig bin." -> Ich würde schreiben "wozu ich fähig bin". Ich find "zu was", "vor was" usw hört sich immer leicht unbeholfen an. ^^ Aber naja, meine Meinung. Sogar Nachrichtensprechen reden ja so. XD
Egal. Ansonsten alles einwandfrei. Bin grad so im Fangirliemodus. XDD Aber hey... das geht ja voran mit unserem Merchandising. Zwar langsam, aber immerhin, gell? ^^

Ich bin gespannt, was du noch draus machst. *Zelt aufstell und hier camp* XD
Bis bald. ^^



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