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Rajah

A Midgard Saga Chronicles Sidestory
von

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Im Herzen

Der kleine Raum wurde von schwachem Kerzenschein erhellt, der tanzende Schatten an die Holzwände ringsum warf. Die Fenster waren längst verschlossen. Schwere, graue Vorhänge sperrten das Licht der Sterne aus. An der Wand gegenüber standen ein einfaches Holzbett und direkt daneben ein kleiner Hocker und ein halbhoher Tisch, auf dem eine Schale und ein Krug aus braunem Ton platziert waren. Einen Schrank gab es nicht, doch die Holzkiste am Bettende erfüllte den selben Zweck, auch wenn sie aussah, als ob sie jeden Moment auseinander fallen würde.

Inmitten dieses kleinen, unscheinbaren Zimmers kniete Rajah, vor sich eine alte, mit Wasser gefüllte Holzschüssel.

Konzentriert fixierten ihre Augen den farblosen Inhalt, über dem sie die zierlichen Handflächen ausgebreitet hatte. Immer wieder formten ihre Lippen die gleichen flüsternden Worte. „Ich befehle dir zu erstarren!“ Doch auch dieses Mal wollte sich außer einem leichten, fast schon spöttischen Kräuseln der Wasseroberfläche keine Veränderung einstellen. Verärgert runzelte sie die Stirn und fluchte leise, doch ans Aufgeben wollte sie gar nicht erst denken und so betete sie unermüdlich den gleichen Satz wieder und wieder vor sich hin. Als es ihr nach unzähligen weiteren Versuchen noch immer nicht gelingen wollte, das Wasser gefrieren zu lassen, verschränkte sie enttäuscht die Arme vor der Brust und stierte nachdenklich auf den Inhalt der Schüssel. Warum nur klappte es nicht? Bei ihrer Mutter sah es doch so einfach aus.
 

Wie aus dem Nichts tauchte eine Hand über der Schüssel auf, glitt ruhig in einigem Abstand über das Gefäß und hinterließ eine dünne Eisschicht auf der Wasseroberfläche. Rajah, die zuerst erschrocken zusammengezuckt war, wandte nun strahlend ihren Kopf zur Seite und sah blickte in ein blasses, aber hübsches Gesicht, das mit dem langen, schwarzen Haar im Schein der Kerze auch eine geisterhafte Erscheinung hätte sein können.

„Um diese Uhrzeit gehören kleine Kinder längst ins Bett!“

„M-Mama …“ Ertappt und erleichtert zugleich sah sie ihre Mutter an. Doch die Begeisterung kehrte schnell zurück. „Wie hast du das gemacht? Da gibt’s bestimmt einen Trick, oder? Bei mir klappt das nie!“ Ihren Unmut kund gebend, verzog sie das Gesicht und rutschte unruhig auf dem Boden hin und her.

„Es gibt keinen Trick.“ Kopfschüttelnd stellte Shirai die Schüssel auf dem Tisch ab und scheuchte ihre Tochter ins Bett. Folgsam krabbelte die kleine Halbelfe unter die Decke, ließ ihren fragenden Blick jedoch hartnäckig auf ihrer Mutter ruhen. Doch erst als sie bereits ungeduldig auf ihrem Platz hin und her schaukelte, ließ sich Shirai neben ihr auf dem Bettrand nieder und setzte zu einer Erklärung an, die Rajah hoffentlich zufrieden stellen würde.

„Magie ist nichts, was man erzwingen kann. Du musst es tief hier drinnen verstehen und wollen.“ Sie griff nach Rajahs Hand und legte sie ihr auf die Brust. Nachdenklich runzelte Rajah die Stirn, als sie das lebendige Pochen spürte. „Im Herzen?“

„Ja“, bestätigte Shirai ihr nickend. „Versuche niemals, dir die Magie zu unterwerfen. Öffne dich ihr, lass sie durch deinen Körper strömen und mach sie dir vertraut. Erst dann kannst du danach greifen, sie formen und nutzen.“ Liebevoll legte sie einen Arm um ihre Tochter und wartete, bis Rajah ihren Kopf auf ihren Schoß gebettet hatte. „Wenn du das begriffen hast, kannst du die Magie, die in dir schlummert, einsetzen. Aber um sie beherrschen zu können, wirst du viel üben müssen und dich vor allem konzentrieren. Irgendwann wird es ganz einfach sein, so natürlich wie das Atmen.“

Schweigend dachte Rajah über die Worte ihrer Mutter nach, kuschelte sich dabei tiefer in die Decke. Das klang nach einem langen Weg, nach viel Zeit, die vergehen würde, bis sie es endlich richtig konnte. Dabei wollte sie doch jetzt schon Wasser zu Eis gefrieren lassen und kleine Eisblumen aus dem Nichts zaubern können, so wir ihre Mutter es konnte. Die Kinderstirn legte sich in nachdenkliche Falten. Dann würde sie eben viel üben müssen und gleich morgen damit beginnen. Ja, so würde sie es machen! Mit sich selbst und der Welt im Reinen ließ sie sich ohne den leisesten Protest sanft von Shirai in die Kissen drücken. „Und jetzt schlaf ...“ Zärtlich drückte sie ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn und noch während sie die Kerzen löschte, war Rajah ins Land der Träume entschwunden.
 

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Diesmal noch ein (sehr) kurzes Kapitel, in dem nicht wirklich viel passiert. Demnächst werden sie aber länger und spannender. ;) Zumindest ist das so geplant. ^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  -Moonshine-
2010-05-04T19:32:39+00:00 04.05.2010 21:32
Das war ein kurzes Kapitel, aber dafür ein sehr schönes. Shirai als Mutter gefällt mir echt gut, und wenn ich daran denke, was für ein Verhältnis sie und Rajah jetzt zueinander haben bzw. was aus ihr geworden ist... man oh man. Das macht mich traurig.
Ist sicher nicht einfach. *Loki bösen Blick zuwirft* Ob sie wieder die Alte werden kann bzw wird? Aber ich greif ja schon vor...
Du machst ein ganz schönes Geheimnis aus Rajah's Vater. XD Ich bin noch immer gespannt, was es mit ihm auf sich hat und hoffe, dass da jemand (vorzugsweise du XD) bald etwas Klarheit reinbringt. ^^
Hm, zu Stil und so kann ich nichts sagen. Ich meine, ich kann nicht nörgeln oder so. ^^; Keine Fehler, kein gar nichts, alles toll! Aber man kennt es ja nicht anders.
Ich freu mich auf das nächste Kapitel! Rajah als Kind ist echt süß und irgendwie genauso, wie ich sie mir vorgestellt habe. ;)

LG
Eli


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