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Just friends

Seltsame Wege geht die Liebe
von

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Lolita

7. Kapitel: Lolita
 

Piep, piep, piep, piep!

Krach!

Stille.

Ich könnte alle Wecker der Welt verschrotten lassen!

Ich drehe mich wieder um. Nicht ein einziges Mal die Augen geöffnet.

Meine Glieder werden wieder schwer. Ich merke wie ich wieder einschlafe.

Plötzlich wird meine Zimmertür aufgerissen und das Licht angemacht.

Licht.

“Hmmm…”, mache ich wenig begeistert und Rolle mich zusammen um das Licht auszusperren.

“Jetzt ist es aber wirklich genug Vera! Wenn du jetzt nicht aufstehst kommst du zu spät zu Schule!”

Wäre das denn so schlimm?

Meine Mutter zieht meine Decke weg.

Ich hole zischend Luft.

Verdammt ist das kalt!

“Wie konnte ich nur so einen Morgenmuffel großziehen?”, höre ich meine Mutter murmeln.

Langsam setzte ich mich auf und ziehe die Beine an die Brust und lege die Arme darum. Das ist wenigstens etwas wärmer…

Mutig blinzle ich gegen das Licht an.

Meine Mutter steht mir mit in die Seiten gestemmten Händen gegenüber. Sie schüttelt nur mit dem Kopf und geht dann langsam aus meinem Zimmer.

“Komm endlich. Immerhin ist heute Freitag! Morgen kannst du ausschlafen!”

Freitag. Na wenigstens etwas.

Mühsam raffe ich mich auf und schlurfe zu meinem Schrank.

Ich blinzle hinein und greife mir irgendetwas.

Dann fällt mir die Sternchenkrawatte auf. Ich verzeihe meine Lippen zu etwas, das als müdes Lächeln durchgehen könnte.

Schon habe ich den Entschluss gefasst sie heute anzuziehen. Bisher hatte sie ja immer nur im Schrank gelegen und Gina wird sich sicher freuen.
 

Als ich aus der Tür gehe freue ich mich ein wenig auf ihre Reaktion. Ach was ein wenig? Riiiesig!

Fragt sich eigentlich nur noch, warum eigentlich? Ist doch nur ne Krawatte…
 

Als ich endlich in der Schule ankomme klingelt es gerade zum Unterricht. Also schlurfe ich direkt die Treppe zur Klasse hoch.

Gemütlich setzt ich mich auf meinen Platz und lehne mich zurück.

Da kommt sie ja auch schon!

Sie unterhält sich mit Nina und Jana.

Als sie den Blick hebt und in meine Richtung schaut breitet sich langsam ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht aus.

“Ich wusste doch das sie dir gefällt!”

“Hallo erstmal. Ja, mir geht’s gut und selber? Die Krawatte ist echt schön.”

Ich grinse ebenfalls.

Gina geht lachend an mir vorbei zu ihrem Platz. Sie streckt ihre Hand aus und wuschelt durch meine Haare.

Mein Herz beginnt laut zu klopfen, meine Ohren zu rauschen und meine Hände zu kribbeln. Was…

“Vera?… Geht’s dir nicht gut?”, Gina schaut mich besorgt an.

Mein Kopf wird wieder klar.

“Was… ne ist alles in Ordnung, wieso sollte was sein?”, mühsam ringe ich mir ein Lächeln ab.

Mein Herz klopft immer noch wie nach einem Marathon.

Gina kratzt sich am Kopf.

“Na dann…” So ganz überzeugt schien sie nicht zu sein.
 

Die ganze Unterrichtszeit über versuchte ich mein Herz wieder zur Normalität zu bringen. Plötzlich füllte es sich so leer an. Irgendein Teil fehlte. Das wusste ich ganz genau!

Als endlich das Wochenende endlich begann, war ich fix und fertig. Ich hatte es bestimmt selbst die ganze Zeit schlimmer gemacht. Ich hätte einfach nicht daran denken sollen, dann wäre es schon besser geworden.

Das einzige was auf dem Heimweg nachhallte war immer noch das Gefühl das etwas fehlte.

Zuhause ließ ich mich auf mein Bett fallen und umarmte mein Kopfkissen. In der Hoffnung diese Leere zu verdrängen. Aber es drang nicht ganz zu mir vor.

Ich weiß nicht wie lange ich so da lag, aber es kam mir wie Stunden vor… Dabei waren es sicher nur ein paar Minuten gewesen. Jedenfalls wäre ich fasst vor Schreck vom Bett gefallen, als mein Handy klingelte.

Ich angelte es aus meiner Hosentasche, als ich endlich Begriff was es gewesen war.

“Ha-Hallo?”, sagte ich noch etwas atemlos.

“Hi, ähm alles in Ordnung?”

“Klar… Alex bist du das?”

“Äh, ja sorry. Ich wollte mal hören wann du los willst.”

Los? Wohin los?

“Äh…”

“Na zum stoppen! Oder hast du das schon wieder vergessen?”

Ich klatschte mir mit der flachen Hand gegen die Stirn. Natürlich!

“Wegen mir sofort… oder sagen wir in einer halben Stunde am Bahnhof?”

“Geht klar… bis dann!”

“Okay bis gleich…”

Tuut. Tuut. Tuut.
 

Alex rammte mir leicht ihren Ellenbogen in die Seite. Wir waren mittlerweile in einem Stadtviertel gelandet in dem ich seltsamer Weise noch nie rumgestöbert hatte.

“Kennst du den Laden eigentlich schon?”, fragte sie mich. Dabei zeigte sie auf einen kleinen aber gemütlichen Laden.

“Nö… hab ich noch nie gesehen… du?”, startete ich eine Gegenfrage.

“Nur schon mal dran vorbeigegangen… hatte aber noch keine Zeit reinzuschauen. Los komm schon.”

Mit diesen Worten packte sie mich am Arm und zog mich hinter ihr her in den Laden.

Drinnen sah es schon nicht mehr ganz so gemütlich aus…

Nicht das ich etwas gegen Gothics hätte… aber der Laden war echt gruselig! Überall hingen an den Seiten schwarze Klamotten herunter. Mit Jedemenge Rüschen und Nieten. Da ein Matrixmantel neben den anderen und hier eine ganze Sammlung von Leder… was auch immer das darstellen sollte.

Alexandra drehte sich zu mir um.

Ein wirklich breites grinsen zog sich über ihr ganzes Gesicht.

“Ich wusste gar nicht das ein Mensch so große Augen machen kann”, sagte sie dann zu mir.

Ich funkelte sie kurz an.

“Ich finde es echt unheimlich hier.” Diese Antwort schien sie noch mehr zu belustigen, aber sie sagte daraufhin nichts mehr.

“Entschuldigung. Kann ich Ihnen behilflich sein?”

Die Stimme erschreckte mich so, dass ich zusammenfuhr. Aber auch Alex drehte sich schlagartig um.

“Ähm, nein, ich glaub wir haben uns nur verlaufen…”, machte ich Anstalten endlich aus dem Laden zu kommen. Diese wurden aber sofort wieder zu Nichte gemacht.

“Wir wollen uns nur ein bisschen umschauen.”

Ich hätte ihr in diesem Moment mit Freuden den Hals umdrehen können!

Mit sicheren Schritten hielt sie auf einen Stand mit Lolita-Kleidern zu.

“Vera, sieh dir das mal an. Das ist doch hübsch oder meinst du nicht?” Sie hielt ein kurzes Kleid hoch, mit einem Bordeauxroten Korsett und schwarzen Rock. Die Rüschen sahen aus wie gestickte Blumen. Alles in allem machte es einen fertigen Gesamteindruck, der noch mit einem schwarzen Petticoat mit Rotschimmer abgerundet wurde.

Normalerweise stand ich ja nicht auf Kitsch, aber dieses Kleid wirkte einfach als müsse es so sein. Kurz gesagt, es gefiel mir auf den ersten Blick!

Ich sah es mir genauer an, und fühlte auch mal den Stoff. Baumwolle und Satin vermute ich.

“Gefällt es dir? Probier doch mal an!”, Alex schien Feuer und Flamme zu sein.

“Es ist wirklich schön… Aber das passt doch gar nicht zu mir. Und überhaupt zu welchen Anlass sollte ich das denn mal anziehen.” Ein Emo mit Gothicklamotten wäre doch echt mal was neues, oder?

“Probieren Sie es einfach mal an, ob Sie es dann nehmen, können Sie dann immer noch entscheiden. Ich glaube jedenfalls das es Ihnen hervorragend stehen würde, wenn ich das mal anmerken darf.” Schon wieder ganz plötzlich diese Stimmer. Der Verkäufer stand direkt hinter mir. Es klang nicht so überschwänglich wie bei anderen Verkäufern die einfach nur etwas verkauft haben wollten… Jedenfalls bewegte mich irgendetwas dazu, dieses Kleid einfach mal anzuprobieren.

Es endete knapp über dem Knie, aber ich hatte ein paar Boots geliehen bekommen, damit das Gesamtbild stimmte.

Und verdammt wie es stimmte!

In der Kabine betrachtete ich mich etwas länger im Spiegel und dann macht ich vorsichtig den Vorhang auf, damit mich Alex sehen konnte.

“Wow… ich bin echt sprachlos…”

War das jetzt alles was sie dazu sagen konnte?

“Wenn Sie mich fragen fehlt noch eine Kette und ein Armband…”, meinte der Verkäufer und wuselte davon.

Der wurde ja echt zum Modeberater.

Die Klingel des Ladens ging. Kurz darauf kam ein Goth in mein Blickfeld.

Mit verschränkten Armen blieb er mir gegenüber, circa drei oder vier Meter von mir stehen.

Er fing an zu lächeln.

“Als wäre das Kleid für dich entworfen worden!”, meinte er dann und strahlte über das ganze Gesicht.

Er wirkte hübsch. Bestimmt schon zwanzig aber immer noch sehr Jugendlich. Seine langen Haare waren im Nacken zu einem Zopf gebunden, aber ein langes Pony fiel ihm in die braunen Augen.

Normalerweise fühle ich mich bei so was ja verarscht, aber er hatte so etwas aufrichtiges in seinem Blick. Also lächelte ich einfach zurück.

Alex hingegen musterte ihn mit versteinerter Miene von oben bis unten.

Jetzt kam auch der Verkäufer zurück gewuselt, grüßte mit einem Kopfnicken den anderen Mann und legte mir dann eine dezente Kette um den Hals und ein breites Nietenarmband um das Handgelenk.

Dann musterte er mich von oben bis unten und nickte schließlich.

“Perfekt”, sagte er dann.

Ich sah mich im Spiegel skeptisch an, aber mir gefiel was ich da sah. Plötzlich eine Lolita. Aber war es so schlimm einmal von dem Standart den ich mir als Emo gesetzt hatte abzusehen? Schließlich kam es dabei ja nicht auf das Äußere, sondern auf die innere Einstellung an. Und schließlich wird man kein Emo, sondern man ist einer. Und das würde ich auch weiterhin bleiben!

Ich war schon überzeugt es zu nehmen, dann hörte ich Alex Stimme hinter mir.

“Wie viel sollte es denn kosten?”

“Alles zusammen… Ich könnte ihnen einen Sonderpreis von, sagen wir 95 Euro machen…”

Mir klappte der Mund auf, so viel!

Und auch Alex schien das ein wenig viel zu sein, sie schnappte hörbar nach Luft.

“Lass mal gut sein, gib es ihr für 30!”, der Goth der in den Laden gekommen war hatte das Wort ergriffen.

“Ich hab mich schließlich nicht entschieden es so teuer zu machen! Das warst doch immerhin du!”, der Verkäufer wirkte eher verwirrt als aufgebracht.

Jetzt kam der andere Goth auf mich zu. Er musterte mich ebenfalls und auch er nickte dann. Schließlich streckte er mir seine Hand entgegen. “Backer, ich habe das Kleid entworfen”, sagte er dann mir ruhiger Stimme. Ich schüttelte seine Hand und starrte kurz mit offenen Mund zu ihm hoch. Er hatte es entworfen? Geschmack hat er ja!

“Äh,… Vera!”, stellte ich mich dann endlich vor. Irgendwie war mir das peinlich.

Er drehte den Kopf wieder zu dem Verkäufer, anscheinend sein Kumpel.

“Gib es ihr für 30”, wiederholte er dann.

Der Verkäufer zuckte mit den Schultern und nickte.

“Dann also alles zusammen für 30 Euro.”
 

Kurz darauf, als ich wieder umgezogen war, zahlte ich dann, bevor er es sich wieder anders überlegen konnte. Der Goth zahlte dann doch noch 60 Euro dazu! Hatte der zu viel Geld?

Backer ging dann mit uns aus der Tür. Ein kühler Wind blies uns entgegen und die Dämmerung war am Horizont schon auszumachen. Wir hatten uns wirklich lange in diesem Geschäft aufgehalten.

Ich drehte mich zu ihm um. “Äh, danke. Das Kleid ist wirklich schön!”

“Kein Problem… Ich finde es passt so gut zu dir… bis auf die pinken Strähnen vielleicht… aber die wirst du sicher auch nicht ewig haben, stimmt’s?”

“Nein, bestimmt nicht… Wollen Sie vielleicht noch mit uns einen Kaffee trinken? Sagen wir als kleines Dankeschön?”

“Sehr gerne!”

Alex rollte nur mit den Augen, aber das war mir dann auch egal.
 

Wir fanden ein sehr schönes, kleines Cafè.

Ich bestellte mir einen Kakao, Alex und Backer einen Cappo und Backer bestellte sich noch einen Espresso dazu.

Wir machten es uns gemütlich.

Backer fing dann an zu erzählen, von seinem Job als Designer.

Ein echter Designer! Neben mir am Tisch!

“Es ist zwar nur ein kleines Label, gut es ist ja auch noch sehr neu, aber es scheint sehr beliebt zu sein. Man hält sich halt damit über Wasser. Aber abgesehen davon liebe ich diese Klamotten!”, er kam ins Schwärmen.

“Ich kann gut verstehen das es so beliebt ist. Immerhin sind wir ja nicht gerade die Zielgruppe”, gab Alex dann auch mal ihren Senf dazu.

Er musterte uns beide noch mal und brach dann in ein unsicheres Lachen aus.

“Nein, das stimmt!”, bestätigte er dann, als er sich wieder eingekriegt hatte.

“Darf ich Sie fragen wie sie überhaupt zu diesem Beruf gekommen sind? Das gilt ja mehr so als Frauenberuf…”, fragte ich dann.

“Hmm… so ganz genau weiß ich das gar nicht. Ich habe erst Kunst studiert. Und durch einen Freund kannte ich auch die Goth-Szene ganz gut. Er war schon damals darin integriert… Ein richtiger Gothic bin ich selbst nie gewesen. Ich mag nur diesen Kleidungsstil. Ich bin aus reichem Hause, da wäre es für mich nie in Frage gekommen selbst großartig so etwas zu tragen, obwohl es ja genau genommen sehr edel wirkt, zumindest meistens. Kurzum, ich hab irgendwann angefangen meine eigenen Klamotten in einem noch etwas edleren Stil zu entwerfen. Damit ich es auch mal tragen konnte und hatte einfach Spaß daran. Naja, jedenfalls wird meine Label auch zum Teil mit Edelgoth bezeichnet. Das gefällt mir irgendwie…”

Dieser Kerl hatte ein wirklich sonniges Gemüt! Das er aus gutem Hause ist, war mir schon an seiner Art zu reden aufgefallen. Aber es schien das Ganze nicht zu beeinträchtigen.

“Edelgoth… das hört sich echt gut an, finde ich”, meinte Alex.

Ich gähnte. Dann schaute ich auf die Uhr und sprang auf, wobei ich fast den ganzen Tisch umschmiss, die Tassen schwappten über und die andern beiden riefen erschrocken aus.

“Verdammt schon so spät! Ich muss den nächsten Zug kriegen! Meine Mutter hat meine Ausgehsperre nach dem letzten Mal um eine Stunde früher gelegt!”, rasselte ich runter.

“Auch das noch!”, stöhnte Alex auf.

“Dann will ich euch nicht aufhalten! Ich werde das hier schon bezahlen, kein Problem.”

“Nein! Sie haben schon das Kleid bezahlt da…”, widersprach ich entrüstet.

Aber Alex unterbrach mich. Sie klatschte einen Zettel auf den Tisch. “Das ist meine Nummer. Wir treffen uns demnächst noch mal, dann können wir Ihnen immer noch das Geld zurück geben”, Backer machte schon den Mund auf um zu widersprechen, aber Alex war schneller. “Und keine Widerrede! Wir sehen uns! Bis dann!”, mit diesen Worten zog sie mich in Richtung Tür und ich konnte nur noch die Hand zum Gruß heben, bevor wir wieder in den kühlen Abend traten.

Draußen angekommen rannten wir uns die Seele aus dem Leib um noch rechtzeitig zum Zug zu kommen.

Als wir am Bahnhof ankamen, war der Zug schon eingefahren. Wir stürmten über den gesamten Bahnhof direkt auf die Zugtüren zu. Mit schweren Atem stolperten wir hinein. Wir ließen uns auf einen Sitz fallen und rangen nach Atem, da fuhr der Zug auch schon los. Gerade noch geschafft, das passierte mir in letzter Zeit wirklich häufig!

Alex brachte zwischen zwei rasselnden Atemzügen nur noch ein paar Wörter hervor: “Wirklich netter Kerl!”

Zu erwähnen das ich das sofort erkannt hatte wäre wohl überflüssig gewesen. Aber er hatte mich auf jeden Fall von noch mehr Ärger gerettet!

“Ja! Auf jeden Fall!”



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2008-08-18T23:09:43+00:00 19.08.2008 01:09
Uh, ein Kleid. Und ein Designer. Das ist für manche Leute wie ein Lottgewinn, schätze ich.
Von: abgemeldet
2008-03-21T17:37:53+00:00 21.03.2008 18:37
Ein tolles Kapitel, besonders die Idee mit dem Designer und dem Kleid fand ich klasse.
Freue mich schon auf das nächste Kapitel.


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