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Borderline

von

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Mit einem Stöhnen richtete Sam sich auf. Sein Schädel brummte. Langsam fuhr er sich an den Hinterkopf, zog die Hand aber blitzschnell wieder zurück, als er etwas berührte, was ihm eine ordentliche Ladung Schmerzen verpasste, und ihn veranlasste das Gesicht zu verziehen. Er hatte jetzt schon ein beachtliches Hörnchen da sitzen. Wie groß würde die Beule wohl noch werden? Sam beschloss es erst gar nicht auf den Versuch ankommen zu lassen, rappelte sich auf, und verließ das Zimmer.

Da er wenig erpicht darauf war, die Krankenstation aufzusuchen und dem Arzt da unter Umständen einen weiteren Vorwand zu liefern, ihn noch länger krank zu schreiben, schlug er den Weg zur Kantine ein.

Auf dem Weg dahin kam er an einigen Fenstern vorbei und blieb wie angewurzelt stehen. Draußen war es dunkel. Wie lange war er wohl ausgeknockt gewesen? Er blickte sich suchend um. Typisch, wenn man mal eine Uhr brauchte, war nirgendwo eine zu sehen.

Jedenfalls war es schon spät genug, das die Kantine geschlossen war, denn Sam rüttelte vergeblich an der Tür. Na großartig, da blieb ihm wohl doch nur der Gang zur Krankenstation, um etwas zur Kühlung aufzutreiben. Es sei denn… Sam kam eine Idee, warum sollte nicht Wasser aus dem Kranen den gleichen Effekt haben. Er hätte sich ohrfeigen können, warum war ihm das nicht schon früher eingefallen? Der nächste Wasserhahn befand sich in der Herrentoilette. Vielleicht nicht ganz der optimale Ort, aber die nächste Dusche lag eine ganze Weile entfernt.

Da die Kantine bereits geschlossen hatte, sollte er eigentlich keine unliebsamen Überraschungen erleben, immerhin war ja auch schon am Tage wenig los und um diese Uhrzeit verirrte sich sicherlich keine Menschenseele mehr hierher.

Doch grade als Sam den Wasserhahn aufdrehte, ging die Tür auf. Er stöhnte innerlich. Erst kam nie jemand, und dann im denkbar ungünstigsten Moment. „Sag mal, was machst du denn da?“ – „Nach was sieht es denn wohl aus?“ erwiderte Sam knapp, bevor er die Stimme einsortieren konnte. Er stellte das Wasser ab, zog den Kopf zurück, ignorierte dabei, dass ihm jetzt die klare Flüssigkeit in den Nacken und den Kragen lief, und drehte sich zur Tür um. Wie groß war eigentlich die Wahrscheinlichkeit, dass man auf seinen zugeteilten Forscher traf, wenn man die Größe des Instituts und die Uhrzeit berücksichtigte? „Was sollte das werden?“ hakte sein Aufpasser nach. Sam beschloss, das es keinen Grund gab, weshalb er ihm nicht die Wahrheit sagen sollte, schließlich konnte es ja nicht schlimmer als die Krankenstation kommen. Aber etwas verharmlosen war sicherlich nicht verkehrt. „Och, ich habe mich gestoßen, und wollte die Beule grade etwas unter fließendem Wasser kühlen, da die Kantine schon zu hatte und ich mir dort kein Eis besorgen konnte.“

Noch bevor Sam mehr sagen konnte, war der Forscher neben ihm und er musste sich gefallen, das dieser seinen Kopf abtastete, auch wenn dies alles andere als angenehm war.

Als der Forscher die Beule berührte, sog er zwischen den Zähnen die Luft ein. „Junge, junge, ist ein ganz schön großes Ei. Du hast dich also nur gestoßen?“ Sam nickte. „Am Bettrahmen.“ Sein Aufpasser trat etwas zurück und verschränkte die Hände vor der Brust. „Am besten gehen wir zur Krankenstation, das diese sich das mal ansehen.“ Sam seufzte. „Wie? Willst du nicht?“ Sam schüttelte den Kopf. „Hm du musst das wissen, bist langsam alt genug. Allerdings wäre es mir wohler, du würdest dich untersuchen lassen. Mit Kopfverletzungen ist nicht zu spaßen.“ Sam nickte wieder und musste sich noch ein paar Fragen gefallen lassen, ob ihm schwindelig sei, oder er sich irgendwie unwohl fühlte? Er verneinte alles, und als sein Forscher mal kurz absetzte, meinte er stattdessen. „Warum sind Sie eigentlich hier? Soviel ich weiß schlafen Sie doch außerhalb des Campus.“ – „Das stimmt schon.“ Sein Aufpasser lächelte leicht. „Aber ursprünglich dachte ich, dass dir doch langsam aber sicher hier die Decke auf den Kopf fallen muss, jetzt wo man sich doch kaum hier ablenken kann. Da ich heute Abend frei hatte, dachte ich, ob wir nicht etwas unternehmen. In die Stadt gehen und einen Happen essen. Als ich Dich daraufhin nicht im Zimmer gefunden hab, dachte ich mir schon das es eigentlich nicht allzu viele Orte geben kann, wo man sich so hier die Zeit vertreiben kann. Dass der Zivi die Kantine aber so früh schließt, hat sogar mich überrascht.“

Hm, etwas essen gehen, das hörte sich in Sams Ohren verlockend an. Wie lange lag überhaupt sein letztes richtiges Essen zurück? Seinem Magen schien es jedenfalls zu lange zu sein, denn er meldete sich mit einem mal lautstark. Das Grinsen des Forschers wurde breiter, als er das hörte. „Ich sehe schon, einmal Drive-Inn oder so kann wirklich nicht schaden, ach und hör mich bitte auf zu siezen, ich heiße Bob.“ – „Äh…“ Sam war hin und her gerissen. Einerseits stand ihm nun wirklich der Sinn nach etwas Essbarem, allerdings war dieser Forscher doch noch ein Fremder, auch wenn er hier im Institut als so was wie sein Vormund agierte. Aber eigentlich war er langsam alt genug um eigene Entscheidungen zu treffen, zudem hatte er früher ja schon Karate gelernt, auch wenn er nur den blauen Gürtel besaß und den Sport nach einer Verletzung aufgeben musste. Das sollte wohl reichen. „OK, wann geht’s los?“ – „Wenn du möchtest sofort. Ich habe mein Auto draußen auf dem Parkplatz.“

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„Hast du Helgos erreicht?“ – „Ja, aber der ist im Moment gar nicht daheim. Hörte sich eher an, als befände er sich irgendwo auf der Autobahn. Jedenfalls klang es so am Telefon durch, und er meinte auch, das er eigentlich auf dem Weg zu einem Termin wäre.“ – „Konnte er dir sagen, warum sein Account aktiv ist?“ – „Nein, er war selbst ganz überrascht, als ich ihn anrief. Scheinbar hielt er es sogar am Anfang für einen schlechten Scherz.“ – „Pff… ich wünschte, es wäre einer. Was ist jetzt mit ihm?“ – „Helgos hat gesagt, das er versucht so schnell wie möglich seinen Termin abzusagen und nach Hause zurück zu kehren. Nach seinen Angaben hat er sein Passwort erst vorgestern routinemäßig geändert.“ – „Sag ihm, wenn er sich wieder meldet, dass er sich beeilen soll. Hast du schon versucht seinen Account von hier aus zu killen?“ – „Ja, aber er entzieht sich unserer Kontrolle, genauso wie der verdammte ganze Rest.“ – „Na toll, das letzte, was wir jetzt noch brauchen können ist ein gehackter dMGM-Account.“

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„Nun Sam, erzähl mal, wie fandest du die Zeit bisher an unserem Institut?“ Bob und Sam hatten sich, gegenüber sitzend, an einem Tisch in einem Schnellrestaurant niedergelassen. „Gansch gut,“ nuschelte Sam zwischen zwei Bissen in einen Hamburger. „Gibt es etwas besonderes, was dir außerhalb deiner ‚Arbeitszeit’ Spaß macht?“ – „Nun ja,“ Sam schluckte und legte den Burger ab. „Das Testen ist ja eigentlich ganz OK, aber sonst ist das Institut nicht wirklich das Gelbe vom Ei.“ Der Forscher lehnte sich vor. „In wiefern?“ – „Das sieht man doch. Grade weil ich im Moment nicht mit dem PC arbeiten darf fällt es mir besonders auf. Was hat man sonst für Alternativen? Fernsehen … ist auf Dauer auch nicht das wahre. Sportlich gesehen gibt’s hier auch sehr viele Defizite. Man kann höchstens spazieren gehen oder Laufen, aber sonst ist da nichts. Schule…“ Sam zuckte mit den Schultern: „Man kann sich nicht ewig an die gleichen Aufgaben setzen, und auf Dauer wird das auch zu öde, da man keine wirklichen Lernpartner hat.“ – „Hm,“ Bob lehnte sich auf seinem Stück wieder zurück, während vor ihm seine Pommes kalt wurden, die er bisher nur bedingt angerührt hatte. „Eigentlich ein guter Einwand. In der Tat wurde in der Vergangenheit wirklich mehr Augenmerk auf eine gute Ausrüstung gelegt, und der Nicht-Forscherische Aspekt völlig außer Acht gelassen.“ Er nahm einen kleinen Notizblock aus seiner Jacke, schrieb etwas auf und steckte ihn wieder weg. „Ich denke, das sollte man beim nächsten Meeting mal ansprechen. Aber mal zu etwas anderem…“ Bob begann Sam zu befragen zu seinem Spiel, ähnlich wie es sonst in den Fragestunden der Fall war. ‚Irgendwie können diese Forscher auch nicht aus ihrer Haut,’ dachte Sam, während er die Fragen beantwortete und neben seinen Pommes auch die von Bob vernichtete, was diesen offensichtlich nicht zu stören schien, denn er ließ ihn gewähren.

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