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Borderline

von

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Zurück im Institut hatte sich Sam wieder auf sein Zimmer begeben, lag nun auf seinem Bett und starrte die Decke an. Ihm war langweilig und unwillkürlich wanderte sein Blick zum Schreibtisch. Wie langweilig musste einem sein, das man freiwillig für die Schule arbeiten würde? Sehr langweilig. Er seufzte, erhob sich und ging hinüber um sich auf dem Stuhl niederzulassen.

Doch schon die ersten Aufgaben in Mathe ließen ihn bereuen, diesen Schritt gewagt zu haben. Da fiel ihm ein, das er seinen letzten Traum ja noch gar nicht in das Buch hineingeschrieben hatte, immerhin erfüllte es die nötigen Anforderungen. Irgendwie war es ja schon seltsam. Vielleicht brachte aber die Niederschrift etwas, denn zweimal das gleiche, oder zumindest etwas so ähnliches zu träumen kam relativ selten vor. Es jetzt aufzuschreiben war jedenfalls verlockender als sich mit dem Schulzeug abzuplagen, und so angelte er das Büchlein hervor, schlug eine Seite auf, und begann die Träumerei niederzuschreiben.

Es dauerte etwas, bis Sam das Buch wieder unter der Matratze verstaute. Obwohl er sich den Text mehrere Male durchgelesen hatte, fiel ihm nicht wirklich ein Zusammenhang zwischen den Träumen auf, einmal davon abgesehen, das es sich bei beiden um das Spiel gedreht hatte, was er testete. Verdammt, was war auf einmal mit ihm los. Dieses ganze Verhalten sah ihm doch sonst überhaupt nicht ähnlich.

Zum ersten Mal spielte Sam nun mit dem Gedanken, das Projekt abzubrechen. Er seufzte, lehnte sich auf dem Stuhl zurück und schloss die Augen.

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„Nächstes Mal gehst du zum Chef.“ – „War es so schlimm?“ – „Wie? Das fragst du noch? Ich dachte sein Geschrei hätte man bis hier unten hören müssen. Er war nicht sonderlich begeistert als er erfahren hat, das wieder einmal Korea ran muss. Ich war froh, als ich mich unter dem Vorwand schnell wieder aus seinem Büro verabschieden konnte, dass wir noch am Server arbeiten müssen. Da oben hatten alle Wände Ohren. Ich kam mir vor wie beim Spießrutenlauf. Wusste gar nicht, dass so viele Leute hier arbeiten, so ziemlich alle Bürotüren waren offen und wenigstens einer hat in den Flur geschaut, was los war.“ – „Au weia, aber es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht.“ Ein Stöhnen. „Eine Schlechte? Dann die bitte zuerst.“ – „Komischerweise können zwar immer mehr Leute connecten, aber wir und unser GM-Stab kommen immer noch nicht drauf.“ – „Dann hoffen wir mal, das die User nicht merken, dass es keinen Support gibt im Moment. Was ist die Gute?“ – „Korea hat sich endlich gemeldet. Sie sind grade dabei mit ihren Rechnern zu uns eine Verbindung einzurichten. Sie müssten sich eigentlich jeden Moment wieder melden.“ – „Ich hoffe …“ Wieder schlugen die Sirenen an. „Och, nö…“

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„Colonel.“ – „Ja, Sir?“ – „Veranlassen Sie, das meine Maschine startklar gemacht wird, und sagen Sie Parker Bescheid. Er soll das nötigste von seinem Krempel einpacken. In zwei Stunden fliegen wir.“ – „Welches Ziel sollen wir dem Tower mitteilen?“ – „Nach Deutschland, Spangdahlem. Veranlassen Sie alles Nötige und vor allem, achten Sie darauf, das Parker nicht wieder sein halbes Labor mitschleppt. 3 Leute aus seinem Stab können ihn begleiten. NUR 3! Verstanden?“ – „Ja, Sir. Die Einschränkung wird ihm aber nicht sehr gefallen, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf Sir.“ – „Richten Sie ihm in diesem Fall aus, das er lieber darüber nachdenken soll, wegen wem wir nun in diesem ganzen Schlamassel stecken.“ - „Ja Sir.“

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Wenn er in Physik aufgepasst hätte, wüsste er, das alles einen Schwerpunkt hat, den man nur begrenzt verlagern konnte. Doch Sam machte den Fehler auf seinem Stuhl sich zu weit zurück zulehnen und so passierte das Unvermeidliche. Die zwei hinteren Rollen, auf denen der Stuhl jetzt mit vollem Gewicht lastete, konnten ihn nicht mehr halten und rutschten nach vorne weg, wodurch der Rest sich nach hinten verabschiedete. Sam versuchte noch, sich nach vorne zu werfen, um dem drohenden Fall zu entgehen, doch vergeblich. Er stürzte mit dem Stuhl nach hinten, und nun rächte sich die Größe seines Zimmers. Er knallte mit dem Hinterkopf gegen den Bettrahmen und sah Sternchen.

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„Oh Mann, ist das kompliziert.“ Ekwin griff sich an den Kopf. Ihm brummte der Schädel und irgendwo zwischen den Schmerzen schwirrten die merkwürdigsten Abkürzungen durch sein Hirn. Warum mussten die Lenker nur so viele fremde Begriffe benutzen. Konnten die nicht einfach ganz normal sprechen, wie jeder normale Mensch? Dieses ganze Kürzelkauderwelsch machte einen doch total irre. „Entschuldige Chino, aber ich verstehe langsam nur noch Bahnhof und Abfahrt. Mir schwirrt schon der Kopf.“ Der Knight hörte auf zu reden, und knuffte ihn dafür freundschaftlich in die Seite. „Mach dir nichts draus. Mir ging es am Anfang genauso, beziehungsweise meinem Lenker. Du willst nicht wissen, was der sich ab und an für Spitzen deswegen geleistet hat, wenn ihm auf die Schnelle nicht das richtige Kürzel eingefallen ist, oder er ein anderes brachte im Glauben, es wäre das richtige.“ Der Gedanke schien zu reichen, dass sich auf Chinos Gesicht ein breites Grinsen zeigt. „Aber du hast schon recht. Ich könnte dir noch viel mehr erzählen, aber praktische Erfahrungen können dir sicherlich schneller helfen, dich daran zu gewöhnen. Lass uns nach Prontera zurückkehren.“ Chino erhob sich, und streckte sich ausgiebig. „Ah, das tut gut. Diese lange Sitzerei ist echt nichts für mich.“ Unterdessen versuchte Ekwin sich unauffällig die Stelle zu massieren, damit es keinen blauen Fleck gab. Seine leichte Rüstung bot ihm nicht sonderlich viel Schutz vor Metallhandschuhen. Nur langsam folgte er Chinos Beispiel und sie wanden sich hin zu der Stadtmauer.

Doch je näher sie der Stadt kamen, desto langsamer wurden Ekwins Schritte. Sein Freund bemerkt es, und wurde ebenfalls langsamer. „Komm schon. Ich kann es dir schon im Gesicht ablesen, das du dich nicht danach sehnst, mit den ‚Gelenkten’ in Kontakt zu treten, aber auf Dauer wird es sich nicht vermeiden lassen.“ Er griff nach Ekwins Arm und zog ihn mit sich. Nur widerwillig ließ sich dieser mitziehen und sträubte sich noch einmal kurz, als sie vor dem Eingang der Stadt standen, und er das Portal sah. Doch Chino kannte kein Erbarmen.

Da war es wieder, das Gefühl des Ameisenhaufens und etwas anderes. Doch es verschwand genauso schnell wieder wie die Ameisen.

Die Stadt war schon merklich belebter nun. „Ah, sie haben ihre Probleme wohl jetzt langsam im Griff. Schade, da wird Lisa aber nicht sehr glücklich sein. Wann hat man denn schon das Glück einen Dungeon fast für sich allein zu haben.“ Als Ekwin diesen Namen hörte, sah er vor seinem geistigen Auge wieder die Priesterin, doch ihr Bild verschwamm und ihm wurde schwindelig. Er schüttelte kurz den Kopf und war froh, als er merkte, das der Schwindel verschwand. Wenigstens schien Chino den Moment der Schwäche zum Glück nicht bemerkt zu haben. Ekwin hielt es auch für besser seinen Freund lieber nicht weiter zu beunruhigen, war der Anfall doch wieder vorbei und ihn deshalb im Unklaren zu lassen. So versuchte er lieber sich auf das zu konzentrieren, was vor ihnen lag, und im Moment waren das eine ganze Menge Abenteurer mit versteinerten Gesichtern und entrückten Blicken.

Einige der Händler hatten so seltsame beschriftete Balken über den Köpfen schweben, und als ob Chino es bemerkt hätte, schob er dieser ihm einen weiteren Zettel zu. ‚Das sind Shops, doch ohne einen Lenker, können wir nicht sehen, was die da drin anbieten. Habe es schon versucht. Du kannst sie höchstens fragen, was sie verkaufen und hoffen, das die Lenker des Händlers grade da sind, und dir deine Frage beantworten. Aber am besten lässt du es. Wir besorgen unsere Sache bei dem Händler-NPC, da sind sie zwar teurer, aber wir können es kaufen.’ Ekwin seufzte, zerknüllte den Zettel und ließ ihn in einer seiner vielen kleinen Taschen an der Rüstung verschwinden. Das ganze war so kompliziert. Wieder etwas, was er nicht so recht verstand.

Eine Gruppe kam auf sie zu, und machten keinerlei Anstalten auszuweichen, und so stießen ein Magier und ein Crusader mit ihnen zusammen bevor sie kommentarlos weitereilten. „Noch nie was von Ausweichen oder Entschuldigen gehört?“ rief Ekwin ihnen hinterher. „Ach komm, lass gut sein. Es wird dir im Moment eh nichts bringen, das du dich über so etwas aufregst. Viel mehr sollten wir mal den Grund finden warum wir immer noch ohne unsere L… oh FC.“ Chino presste mit einem Mal die Lippen fest zusammen und zog Ekwin hastig in eine Seitengasse.

Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass sie alleine waren, lehnte er sich gegen eine Wand, und fuhr fort. „… warum wir immer noch ohne unsere Lenker durch die Gegend laufen. Mist, jetzt wäre mir das fast in aller Öffentlichkeit rausgerutscht, wo es jeder lesen kann.“ – „Aber, wie willst du das machen, und wo anfangen?“ Ekwin verstand es nicht, warum sein Freund so erpicht darauf war, herauszufinden warum sie nicht gelenkt wurden. Genoss er es überhaupt nicht frei herumzulaufen und nach seinem eigenen Willen agieren zu können?

„Komm mit, ich kenne einen Ort, wo es möglich sein könnte, das wir etwas herausfinden.“ Chino zog ihn weiter in die Gasse hinein, bis er an ein Gräberfeld kam. Er lief zwischen den Kreuzen hindurch, bis er auf einen weiteren Weg stieß, der zu einem Haus, ganz am Rand der Mauer, führte.

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