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Lebe wie im Himmel...

...liebe wie die Hölle
von

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Hölle im Alltag

hay!!

hier kommt Kappi Nummer 12!

Das nächste dauerr wohl wieder 3 wochen, der schulstress ist schlimmer denn je und meine noten sind nicht gerade berauschend >__>

Außerdem will ich ja nicht, dass sich meine schlechte laune plötzlich zu sehr auf die FF überträgt, immerhin hab ich sogar mal einen Plan, wie's weiter geht, den will ich ja nich wieder versauen XD

na denn, viel Spaß!!
 

~*~*~*~*~
 

Kapitel 12: Hölle im Alltag
 

~~Kyo~~
 

Immer wieder seufze oder stöhne ich genervt und wälze mich im Bett herum. Ich bin noch total unausgeschlafen, aber trotzdem – ich kann nicht einschlafen! Nicht nur das, auch die verdammte Sonne scheint mir meinen Tag gründlich versauen zu wollen.

Unterdrückt aufschreiend packe ich den Wecker und versuche unter schummrigen Blick das Ziffernblatt abzulesen. Nach fünf Minuten Hinstarren gelingt es mir auch. „Huh? Dreiviertel eins? Wie ist das denn ...“, ich unterbreche mich selbst und knalle den Wecker grummelnd zurück auf den Nachttisch. Na ja, eigentlich normal, dass ich so spät aufstehe (ein Glas Wasser zum Husten zu bringen ist wahrscheinlich einfacher, als mich vor Mittag aus dem Bett zu jagen), aber dass ich so müde bin?! Na schön, jeder hat mal einen schlechten Start in den Tag. Bei mir häufen die sich halt zurzeit...

Schlaftrunken wandere ich ins Bad, um mich erst mal zu waschen. Schließlich will ich mich nicht durch den Tag träumen.

Nach ein paar Minuten, in denen ich mich fertig angezogen habe, stolpere ich nach unten in die Küche. Was mir zuerst auffällt, ist ein kleiner quadratischer Zettel am Kühlschrank.

Kyo, hoffentlich findest du den Zettel diesmal

Mein Mundwinkel zuckt belustigt; die letzten drei male, in denen mir meine Mutter einen Zettel geschrieben hat, um mir mitzuteilen, sie sei weg, habe ich diesen kleinen Wisch nicht bemerkt und rumgemeckert, ich hätte sie eine Stunde gesucht. Sie wird sich freuen, wenn es diesmal anders ist.

Ich bin nicht da

Ich habe mich in der Zeitung ein bisschen rumgetan und eine Anzeige gefunden – vielleicht arbeite ich bald als Friseuse

Ich werde wohl etwas länger wegbleiben

Ich hab das Frühstück schon auf den Tisch gestellt

Darauf werfe ich einen Blick zum Esstisch. Tatsächlich...

Damit habe ich nicht gerechnet. Meine Mutter muss wirklich gut drauf sein. Anscheinend ist sie endlich über meinen sogenannten Vater hinweggekommen. Ich kann ihr nur gratulieren. Die ersten Wochen, in denen wir uns hier eingelebt haben, waren ... unerträglich. Wir dachten erst mal, ihr werter Mann würde uns zurückverfolgen.

Er hat es nicht getan.

Noch nicht.

Ob meine Mutter sich endlich wieder ganz gefangen hat?

Während ich lustlos in meinem Frühstück rumstochere, denke ich weiter über dieses Thema nach.

Mutter hat nie mit mir geredet zu der Zeit. Es war schrecklich. Die erste Woche dachte ich ernsthaft, wir würden es nicht überstehen, sie würde in ihrer Angst verkümmern, und ich wegen dem ganzen Druck. Dem war Gott sei Dank nicht so.

So, jetzt ist meine Mutter weiter darüber hinweg. Ich nicht. Er kann immer noch irgendwo lauern ...

Plötzlich bleibt mir das Essen im Hals stecken.

‚Der Kerl sitzt noch im Knast – wie soll der uns da hinterher kommen? Was, wenn er wieder rauskommt, und – argh, Stopp, scheiß Gewissen!’

Wie kann ich nur so dumm sein, und jetzt daran denken?! Hätte ich mir nicht wann anders Gedanken darüber machen können? Außerdem sitzt der Typ noch ein Weilchen, da kann er mir gestohlen bleiben.

Glücklicherweise klingelt genau in diesem Augenblick das Telefon. Wann war ich das letzte mal so froh, beim Nachdenken unterbrochen zu werden?

„Móshimoshi?“

„Hallo, Kyo“, höre ich eine raue Stimme.

„Shinya? Du hörst dich seltsam an...“ Dumme Frage.

„Ach? Oh, ja ... ich wollte ... ach, nein, Kyo, ich ... Kami-sama, ich ... kann’s nicht fassen!“ Der Klang der Stimme meines Freundes lässt mich wie vom Stromschlag getroffen zusammenfahren. Sie klingt hysterisch und brüchig, genau so wie ich sie bei Shinya nie vermutet hätte.

„Shinya, was zur Hölle ist los?“

„Sie ist tot, Kyo! Meine Mutter ... heute gestorben! Wo ich ... im Nachtclub war und ... ich hatte so viel Spaß ... und Kaoru war auch dabei ... und genau dann, Kyo, genau zu diesem Zeitpunkt hat ihr Herz aufgehört zu schlagen!“

Ich stammle wirre Worte vor mich hin. Dass mich das so schwer trifft, hätte ich nicht gedacht. Wir hatten doch damit gerechnet ... oder etwa nicht? Dass sie sterben würde... Das kam wohl etwas plötzlich. Das ist grausam...

Just in diesem Moment schießen mir die Gedanken durch den Kopf.

‚Wieso hat sie es nicht geschafft? Wer war dieser verfluchte Mörder, der sie umgefahren hat?? Wieso muss Shinya das passieren!? Das hat er doch nicht verdient...’

Auf einmal höre ich mein Herz bis in die Ohren pochen. Immer lauter und schlimmer wird der Krampf in meinem Magen.

Flach atmend kralle ich die Fingernägel in meine Handflächen, bis es richtig wehtut und ich die Übelkeit loswerde. Schmerz gegen Schmerz.

So habe ich es auch bei meinem Vater getan, wenn er mich in irgendeiner Weise misshandelt hat. So ein ähnliches Gefühl habe ich jetzt wieder.

„Du musst nichts sagen ... sag’s den Anderen ... und komm einfach ... übermorgen zur ... Beerdigung!“, würgt der Jüngere hervor.

Dann höre ich nur noch Piepen.

Sekunden vergehen, endloslange Sekunden, bis ich endlich den Hörer auflege und zittrig auf mein Zimmer gehe.

Essen kann ich jetzt nichts mehr.

Ich will bloß tot sein.

Ein Unglück jagt das andere, sogar der Tod verfolgt uns schon. Die, Shins Mutter ... und ich kenne sie alle...

Wer weiß, vielleicht ist einer von uns bald dran?
 

~~Die~~
 

Matt blinzelnd blicke ich geradeaus, ohne die Digitaluhr wahrzunehmen. Verdammt, wie spät ist es? Warum kann ich mich nicht konzentrieren, welche Ziffern auf der Uhr stehen...

‚Weil du kaum Schlaf hattest und jetzt immer noch halb träumst, Trottel’, verfluche ich mich und richte mich gähnend auf. Ich befinde mich – logischerweise – noch immer in diesem grellen Sanitätshaus und bin am Verhungern.

Einige weitere Minuten stiere ich vor mich hin und lasse meine Blicke umherschweifen, um mich ein wenig zu sammeln. Warum kommt keiner, und bringt mir was zu Essen? Ich hasse Krankenhäuser.

Plötzlich springt die Türe im Raum auf und es kommt eine in weiß gekleidete Frau mit einem Tablett rein.

„Ohayou gozaimasu“, begrüßt sie mich heiter.

Ich murmle nur heiser etwas Unverständliches. Wo ist meine Stimme?

Die Krankenschwester stellt vorsichtig das Tablett ab und beäugt mich besorgt. „Wie geht es Ihnen?“

„Ich weiß nicht“

„Lassen Sie mal sehen“ Sie zückt eine seltsame Mini-Taschenlampe aus ihrer Westentasche und zwingt mir mit den Fingern an der anderen Hand, die Augen aufzureißen und nach oben zu blicken. Damit leuchtet sie in mein Auge und befiehlt mir, nach links, rechts und oben und unten zu schauen. Ich folge ihrer Stimme wie automatisch.

Dann macht sie dasselbe am anderen Auge. Ich hab keine Ahnung was das wird, das Licht ist nicht einmal richtig grell. ‚Hab ich Augenkrebs oder was?!’

Ich gähne etwas.

„Okay, da ist alles in Ordnung. Also, wie geht es Ihnen, Andou-san?“, hakt sie wiederum nach. Ich zucke nur die Schultern und flüstere: „Ich habe Hunger und bin müde.“

„Mh ... der Chefarzt kommt gleich, der untersucht sie noch einmal gründlich.“

Damit sputet die Dame auch schon wieder raus.

Ich sitze immer noch gelähmt da und mustere matt das Tablett. Anscheinend soll das mein Frühstück sein. Gewöhnliches Krankenhausfutter und gesunden Tee dazu. Kann das gut schmecken?

Egal, Hauptsache Essen. Aber warum kann ich nichts anrühren?

Zaghaft kaue ich das komische, haferbreiähnliche Zeug. Aber nach diesem ersten Bissen wird mir irgendwie schlecht und ich spüle es schnell mit dem geschmacklosen Tee hinunter.

„Wääh“, ich strecke die Zunge raus, „wiiderlich“
 

Nach etlichen Minuten Warten kommt endlich der besagte Arzt und tritt munter zu mir ans Bett.

„Morgen, Andou-san! Sie haben ihr Essen ja gar nicht angerührt? Geht es Ihnen nicht gut?“

Ich massiere langsam meine Schläfen und verziehe das Gesicht. Keine Wie-Geht’s-Denn-So-Fragen, bitte!

„Schlecht“ Besser als gar nichts.

Ich spüre den kritischen Blick des Arztes, der vergeblich versucht, Blickkontakt mit mir aufzunehmen.

„Mhm, das hab ich mir fast gedacht ... sie sind ja noch richtig unausgeschlafen. Haben sie keinen Hunger?“

„Doch...“

„Es tut mir Leid, Ihnen morgens schon so viele Fragen zu stellen, aber ist seit ihrem Vorfall, irgendwas passiert?“

„Ich musste mich gestern übergeben. Mitten in der Nacht war das.“

„Also, Andou-san, ich erkläre Ihnen mal die Lage. Ihr seelischer Zustand ist die kritisch. Wir haben Ihnen gestern Schlaftabletten gegeben. Ihren Freund mussten wir vorerst draußen warten lassen, weil Sie plötzlich aufgewacht sind, Ihr Puls hat zu rasen angefangen und sie haben wirre Dinge vor sich hingestottert. Nun ja, dass dies eines Traum wegen passiert ist, ist zwar vorstellbar, aber ich belasse es eher auf den Glauben, dass ihre Psyche stark angeschlagen ist.“

Ich bin verrückt? Na so was...

„Ihre momentane Schwäche basiert – grobgesagt – einfach auf zu akutem Stressdruck. Sie ernähren sich außerdem nicht korrekt, wir haben Sie gestern noch mal untersucht. Der Schlafmangel, Brechreiz und sonstige schwache Symptome schlagen sehr auf Ihren Kreislauf, das kommt eben von dem ganzen Stress. Die nächsten Wochen sollten Sie unbedingt auf sich selbst achten.“ Der Mann in Weiß atmet tief ein und zählt an den Fingern auf, „Schlafen Sie regelmäßiger, essen Sie gesünder und regelmäßiger und stressen Sie sich einfach nicht zu sehr. Das kennen Sie sicher schon alles. Auf jeden Fall werden Sie für kommende Woche krank geschrieben.“ Er macht eine Pause. Ich bin wirklich froh, dass mir nichts ernstes fehlt. Im Vergleich zu Krebs oder derartigem, Kreislaufstörungen sind wohl auch nicht Ohne. Aber ich bin mir sicher, dass ich nicht psychisch krank oder so was bin, nein danke, damit werde ich fertig. Trotzdem hoffe ich, er hat nicht mehr zu sagen, langsam wird es unangenehm.

„Ich will Ihnen diese ganze Leidensprozedur wirklich ersparen. Selbstverständlich ist mir zu Ohren gekommen, dass sie wegen Ihrem Selbstmordversuch hierher gekommen sind, und dass ihr Kreislauf seitdem viel instabiler geworden ist. Und vor allem wegen diesem Vorfall gestern nachts ... ich will Ihnen nichts aufzwingen, aber ich würde Ihnen einen Psychiater empfehlen. Meiner Meinung nach sind sie von Haus aus ein ... nun ja, gehetzter Mensch, aber wenn sie ihr Kreislaufproblem nicht von alleine in den Griff bekommen, wäre dies wirklich die beste Lösung.“

Endlich kann ich mich wieder mit einer sicheren Antwort zu Wort melden. Langsam hebe ich den Kopf an und blinzle den sorgenvollen Arzt müde an. „Das kam nur daher, dass ich zur Zeit soziale Probleme hatte. Die sind schon wieder behoben, meine Freunde stehen wieder voll und ganz hinter mir.“ Und das, obwohl ich einem ganz Bestimmten sehr verletzt habe.

„Gut“, sagt der Mann noch und erhebt sich von seinem Hocker. „Dann lassen wir das vorerst noch, wenn sie es möchten. Ihre Tabletten basieren sich bis jetzt auf ein paar Eisen- und Zinkvitamine – Ihnen fehlt es an Mineralien – und Beruhigungstabletten.“ Damit wendet er sich zum Gehen.

Auf einmal kommt mir noch etwas in den Sinn.

Reflexartig wirble ich zu dem Mann im weißen Kittel und rufe ihn zurück: „Moment, Doc!“

„Hai?“ Er dreht sich etwas verwundert um.

„Waren meine Eltern schon mal hier?“, frage ich abwartend.

Der Angesprochene verzieht die Miene, als würde ihm etwas Wichtiges einfallen.

„Ihre Eltern sind schon verständigt worden, aber sie sind gestern nicht mehr gekommen ... aber ich bin mir sicher, sie –“

Genau in diesem Moment springt die Türe erneut auf.

Ich hätte mir denken können, wer kommt.

„Daisuke! Um Himmels Willen, was stellst du nur für Sachen an? Ist alles in Ordnung mit dir? Wie geht es dir, was hast du?“ Meine Mutter stürmt auf mich zu und fällt mir um den Hals, während mein Vater besorgt daneben stehen bleibt.

„Geht so...“, murmle ich etwas benommen.

„Ihr Sohn ist wohlauf. Sein Kreislauf ist allerdings sehr instabil. Ich würde gerne mit Ihnen sprechen, wenn sie sich bereit dazu fühlen“, der Doc weist auf meine Eltern hin, bevor er lächelnd verschwindet.

„Mein lieber Junge ... ich bin so froh, dass du noch lebst!“

„Warum hast du uns nie erzählt, dass du dich so schlecht fühlst? Du sagst immer, es macht dir nichts, wenn wir arbeiten sind! Dein Vater hat erst heute Morgen erfahren, dass du hier bist. Ich war in voller Sorge. Aber ich schwöre dir, wir haben wieder mehr Zeit für dich“

„Ich kann mir jetzt auch mal wieder öfter frei nehmen, mein Chef sagt unter diesen Umständen bestimmt nichts.“

Schweigsam höre ich den Vorschlägen meiner Eltern zu und schüttle nur leicht den Kopf. „Es hat nichts mit euch zu tun und auch nicht mit eurer Arbeit“, erkläre ich leise, „Es war nur was mit meinen Freunden. Aber jetzt ist wieder alles in Ordnung, okay?“ Mehr habe ich ihnen nicht zu sagen. Es gibt nur vier bestimmte Personen, die ich unbedingt sehen will. Aber um meine Eltern nicht zu kränken, verschweige ich es ihnen. „Ich würde gerne noch etwas schlafen.“
 

~~Kaoru~~
 

Seit geraumer Zeit schlummere ich schon in meinem Bett, kann aber einfach nicht richtig einschlafen, weil irgend so ein Idiot die Jalousien nicht geschlossen hat. Ich kann nun mal nur bei absoluter Finsternis schlafen...

Und ich denke, dieser Idiot war ich.

Nach weiteren zehn Minuten besinne ich mich doch, aufzustehen und die Sonnenblocker runterzulassen.

Plötzlich lässt mich ein heftiger Stich im Kopf zusammenzucken.

„Kuso, was zur Hölle hab ich getan?!“, jammere ich und lasse mich wieder auf mein Bett fallen. Das ist grausam!

Nur schwer erinnere ich mich an gestern...

Ich war mit Shinya in einem Nachtclub. Ich muss mich ganz schön zugedröhnt haben, ich kann mich noch daran erinnern, dass ich fünf Minuten lang gekotzt hab. Wie konnte ich nur Alk trinken? Ich meine, ich trinke eigentlich nicht! Nur, um mal eben nicht an ihn zu denken. Kami-sama, was bin für ein schlechter Mensch.

Auf einmal fängt neben mir etwas zu Klingeln an. Mein Zimmertelefon, manchmal wünschte ich, es würde sich selbst seinen Weg zum Dachfester suchen.

„Móshimoshi“. Meine murrende Stimme.

„Hey, Kao. Ich muss dir was wichtiges sagen, frag aber nicht zu viel, okay? Das lass dir lieber von Shinya sagen, mir graust das alles hier eh schon...“

Juhu, mein bester Freund (Die kann ich ja als „besten Freund“ schon mal abschreiben, der hat jetzt eine andere Funktion) ruft auch mal wieder an.

„Ach, Kyo. Wo brennt’s denn?“, hake ich mürrisch nach. Was kann nun schon wieder passiert sein?

„Das ist nicht witzig, Kaoru! Es geht um Shinya! Seine Mutter ist heute Nacht gestorben!“
 

Vor Schock lasse ich das Telefon fallen und reiße reflexartig die Augen auf.

„NANIII??“, schreie ich aufgebracht. Das ist doch nicht möglich! Zittrig umklammere ich den Hörer und drücke ihn an mein Ohr.

„Doch, ob du’s glaubst oder nicht. Komm übermorgen einfach zur Beerdigung. Mehr hab ich dazu nicht zu sagen. Ach ... und sag den anderen Bescheid. Ich will das nicht tun“ Er seufzt verzweifelt. Kyo hört sich reichlich gequält an.

Aber wieso?

Ohne einen klaren Gedanken fassend, bejahe ich seine Bitte und verabschiede mich trübselig.

Als ob unser Leben nicht schon genug Horror wäre.

Wie konnte seine Mutter sterben? Was ist passiert? Davon weiß ich ja gar nichts!

Wie gelähmt wanke ich ins Badezimmer (dabei stoße ich mir erst mal den Arm am Schrank, ich weiß nicht, wie ich das hingekriegt habe, ohne auch nur das Geringste zu merken) und betrachte mein Spiegelbild überm Waschbecken. ‚Ich sehe aus wie eine wandelnde Leiche’
 

Die verbleibende Zeit bis Dienstag hielt jeder von uns kaum aus. Ich konnte mich nicht auf den Unterricht konzentrieren, Die konnte ich nicht besuchen, weil der Arzt es nicht erlaubte, Shinya war nicht in der Schule, Toshiya und Kyo wechselten ab und an sogar freundschaftliche Worte miteinander, während ich Kyo – wenn Toshiya mal nicht da war – so gut es ging, tröstete. Ich gebe es ja zu, keiner von uns hatte bis jetzt den Mumm, es Toshiya zu sagen. Ich konnte es einfach nicht tun. Und obwohl ich wusste, dass ich es früher oder später tun musste, dachte ich, er würde es nicht verkraften. Denn wenn eins für so einen Menschen wie ihn zu viel ist, dann der Tod eines Menschen.

Und heute ist Dienstagmorgen, der Tag, an dem die Beerdigung von Shinyas Mutter stattfindet. Ich hatte mir schon gedacht, dass Kyo nicht genug Kraft hat, Totchi anzurufen und ihm zu sagen, was passiert war. Also hatte ich es auch getan, und ich muss sagen – es war ... ein Albtraum.

Es war so schönes, warmes Wetter draußen, als ich zu ihm gefahren bin. Als ich bei ihm vor der Haustür stand, hat er mich fröhlich gegrüßt, mich umarmt und mir gesagt, er freut sich, mich zu sehen (Warum verdammt noch mal hat er es mir nur so schwer gemacht?). Und dann hat er mich in sein Zimmer begleitet, und der Gedanke, dass er es in fünf Minuten wissen würde, hat mir fast das Herz gebrochen.

Den Schatten, der seinen fröhlichen Ausdruck verdunkelt hat, werde ich nie vergessen.
 

Als ich meinen Eltern von meinem Vorhaben erzählt habe, übergab mir mein Vater ohne Widerworte seinen Toyota.

Damit hole ich gerade Toshiya ab.

Kyo sitzt bereits neben mir auf dem Beifahrer Sitz. Die ganze Fahrt über reden wir kein Wort, keiner sieht den anderen an, keiner denkt sich irgendwas. Kyo würde es womöglich nicht einmal mitkriegen, wenn ich gegen ein Baum fahren würde.

Als Totchi in den Wagen steigt, grüße ich ihn kaum hörbar. Ich wage einen kurzen Blick zu ihm und versuche, etwas zu lächeln. Er erwidert es emotionslos. Ich traue mich gar nicht, ihn noch mal anzusehen. Er hat gestern noch lange geweint.

Nun fahren wir zu Die ins Krankenhaus. Der Arzt hatte ohnehin genau heute vor, ihn vorläufig zu entlassen. Eigentlich erst gegen abends, aber das geht ja nicht (Die wollte es nicht). Nicht in diesem Fall.

Vorsichtig parke ich direkt vor dem Eingang. Da steht er schon, mit flammenden Haaren und aufgewecktem – wenn auch traurigem – Gesichtsausdruck. Erst jetzt fällt mir auf, wie dürr er ist.

„Hey, Die“, grüße ich ihn lächelnd, als er ins Auto besteigt und Toshiya Platz macht.

„Ohayou“, haucht er leise zurück.

Warum kann ich mich nicht richtig freuen?

Warum bin ich nicht ausgestiegen, habe ihn umarmt, ihn geküsst, ihm gesagt, dass ich ihn so vermisst habe?
 

Ich hasse Beerdigungen. Wer nicht?

Ich hasse auch diesen verdammten Tag. Die Sonne strahlt, nicht eine einzige Wolke verdunkelt den Himmel und Der Wind säuselt aufgebracht durch die raschelnden Blätter der Bäume.

Es sind viele Verwandte gekommen. Ich entdecke Shinya neben seinem Vater stehen. Ich kann nicht sagen, ob er heult, seine Haare hängen ihm ins Gesicht. Er trägt ein weißes, elegantes Kleid. Tatsächlich, ein Kleid. Höchstwahrscheinlich von seiner Mutter. Deswegen trägt er es wohl.

Die anderen drei folgen mir auf Schritt und Tritt, also platziere ich mich ein klein wenig weiter weg von den vielen Menschen und lehne mich an den nächstbesten Baum, wobei ich die Hände in den Hosentaschen vergrabe.

Die kommt neben mir zum Stehen. Ich werfe einen verstohlenen Blick zu ihm. „Du siehst gut aus“, bemerke ich leise.

„Hast du nicht erwartet, was?“

Ich schüttle nur den Kopf. Nach ein paar Minuten spüre ich, wie er meine Hand aus der Hosentasche zieht und seine kalten Finger mit meinen verhakt.

„Du hast mir gefehlt“

„Du mir auch, Dai“

Ich drücke die Hand fester und unterdrücke die aufsteigenden Tränen in mir. Mist, ich darf ihn nicht ansehen!

Und doch kann ich ihm nicht so leicht was vormachen.

„Heute ist nicht der geeignete Tag, seine Gefühle zu unterdrücken, Kao“, flüstert der Junge neben mir.

Schluckend sehe ich ihn an. Das erste, was meinen Blick einfängt, sind seine stechenden Augen, die mich mitfühlend ansehen.

Wie kann ich da meine Tränen unterdrücken?

Ein verzweifeltes Seufzen verlässt meine Lippen und ich drücke den Rotschopf enger an mich.
 

~~Toshiya~~
 

Die Zeit zieht sich grausamst in die Länge. Meine Gedanken gelten nur Shinya. Weder den Beiden neben mir, Die, der sich stumm an Kaorus Schulter an lehnt, Kao, der ihm beschützend den Arm um legt, noch Kyo, der sich völlig ausdruckslos neben mir auf das sanfte Gras niedergelassen hat.

Wie muss Shinya sich nur fühlen? Wenn ich daran denke, meine Mutter zu verlieren...

Ein aufwimmernder Laut rutscht mir aus der Kehle. Schnell drücke ich die Hand auf den Mund und kneife die Augen zusammen. Die ganze Zeit rinnen die Tränen in regelmäßigen Abstand meine Wangen hinunter, wie ein Bach. Meine Hände sind schon ganz nass vom Abwischen und schwarz von den Resten des Kajals vom Vorabend.

‚Kami-sama ... das ist so schrecklich ... gleich ist es vorbei, gleich ist alles vorbei’

Und es ist doch nicht vorbei!

Plötzlich spüre ich eine kalte Hand an meiner, die meine fest drückt.

„Wir haben immer noch uns, Totchi“, flüstert Kyo, der inzwischen aufgestanden ist, beruhigend und drückt meine Hand abwechselnd fester, schwächer. Wenn ich doch im Stande wäre, ihm zu sagen, wie viel leichter er es mir macht, die endlosen Augenblicke zu überwinden.
 

Nach der langen Beerdigungszeremonie löst sich Kyos Hand plötzlich von meiner. Ich realisiere es kaum. „Arigatou“, hauche ich fast unmerklich.

Auf einmal werde ich aus meiner Trance gerissen und richte meinen Blick vom Boden auf.

Ich sehe Shinya, wie er in dem wunderschönen Kleid auf uns zukommt, seinen Blick auf den Boden gerichtet.

Ob er geweint hat?

„Shinya!“, ruft Kaoru als erster und zieht den Angesprochenen sofort in einem Umarmung.

„Hör auf, Kao!“, protestiert er leise. Kaoru schüttelt nur den Kopf. „So schnell lass ich dich nicht mehr los“

„Hey, Shin-chan“, ruft Die weinerlich und zwingt sich ein Lächeln auf. „Du ... siehst aus ... wie ein Mädchen, Mann!“ Somit fällt auch er in die Umarmung mit ein. Während er Schulter an Schulter mit den anderen flennt, winkt er mir mit der Hand her und zieht mich auch noch dazu.

„Leute, hört doch auf! Ich muss doch nicht auch noch ... zum Heulen anfangen!“, schreit Shinya verzweifelt.

„Doch, Shinya, heute heulst du dich mal richtig aus! Sei nicht immer so ein Kühlschrank“ Wie kann er nur seine Gefühle so verdrängen! Seine Mutter ist gestorben! Selbst ich weine um sie...

Langsam drehe ich mich um. Da steht Kyo und starrt ins Leere. Ohne nachzudenken löse ich mich von den anderen und trete wie in Trance zu ihm.

Meine Umarmung erwidert er kaum. Ob er es überhaupt realisiert? Ob er sie überhaupt realisieren will?
 

~~Shinya~~
 

Noch lange stehe ich mit meinen Freunden am Grab. Keiner außer uns ist noch hier. Sie haben sich alle schon verabschiedet. Wann werde ich es tun können? Warum tut es nur so weh, Tschüss zu sagen?

Ich weiß eben nicht, wer es ist, aber ich vernehme eine tiefe, raue Stimme ganz monoton neben mir: „Und wieder geht ein wichtiger Mensch von uns. Und wieder bleibt eine klischeehafte Frage offen...“

„Warum“, hauche ich den Satz zu Ende. Noch nie habe ich so geweint. Ob ich das Weinen nennen kann, weiß ich nicht. Wie heißt es, wenn einem unaufhörlich Tränen die Wangen runterrinnen, ohne, dass man es merkt? Dieses seltsame, stumme Heulen, das man gar nicht will und auch nicht aufhalten kann.

„Shinya? Hey...“, ein Arm legt sich um meine Schulter und jemand schmiegt sich eng an mich. Es ist Toshiya.

„Wenn’s dir irgendwann zu viel wird ... ich werde immer Zeit für dich haben.“

Ich nicke nur leicht und starre weiterhin unbewusst auf den Grabstein.

„Da kennst du ihn aber schlecht, Totchi. Er hat gute Nerven, das kannst du dir nicht vorstellen.“

Immer treue Geliebte – Ruhe in Frieden

„Natürlich kenn ich ihn, was denkst du?! Aber Kao, das ist ... meinst du wirklich“

„Hai, er schafft das.“

Wir werden dich nie vergessen

In Guten Wie In Schweren Zeiten

„Lassen wir ihn alleine, Leute. Er sollte sich jetzt verabschieden.“

„Aber Kyo, sollten wir ihn nicht dabei unterstützen?“

„Toshiya, komm jetzt“

„Hey, wartet geht nicht einfach weg ohne mich!“
 

Wieso passiert eigentlich dir das, Mama? Warum passiert das einem Menschen, der es nicht verdient hat, schon zu sterben?

Ruhig fasse ich mir an die Wange. Wieder kullert eine einzelne Träne. Hoffentlich endlich meine letzte.

Unzählige Chrysanthemen und andere üppige schöne Blumen verzieren ihr Grab. Der Stein, schön geschwungen geschliffen, die Erde, sorgfältig umgegraben, die Schriftzeichen, gleichmäßig bearbeitet.

Was nützt mir das schon? Jetzt liegt sie kalt unter der Erde und fühlt nichts mehr. Sie weiß sicher nicht einmal, dass sie tot ist.

Alles, was bleibt, ist die Erinnerung.

Und das Foto auf dem Grabstein.

Das Bild, an dem mein Blick ständig haftet. Seidig lange schwarze Haare, rehbraune Augen und eine wärmende Ausstrahlung. Und plötzlich merke ich, wie wichtig dieser Mensch doch war.

Der Wind säuselt leise, lässt die Blätter laut rascheln. Mit sich trägt er die schönen Erinnerungen und flüstert längst vergessene Worte in meine Ohren.
 

„Hör auf zu weinen, Shinya. Tränen machen nur unglücklich.“

Ein Lächeln. Ein Lächeln und schon bin ich stärker.

Ich will doch gar nicht heulen.

„Du kannst jeden Schmerz überwinden, und wenn er noch so groß ist.“

„Aber ... ich hab Angst ... wenn ihr sterbt, was soll ich dann machen?“

„Sssh ... so schnell wirst du mich nicht los, Shinya...“

Wieder ein Lächeln. Und ich werde noch stärker.

„Und jetzt geh wieder Schlafen ... ich pass auf dich auf.“

„Kommst du mit mir?“

„Natürlich, mein Kleiner. Ich werde die ganze Nacht auf dich aufpassen.“
 

Ich weiß es noch ganz genau. Damals – ich war vielleicht 5 oder 6 Jahre alt – bin ich zu ihr gerannt, weil ich so einen schrecklichen Albtraum hatte. Ich träumte, dass meine Mutter im Auto fährt, sich auf einmal umdrehte, um mir zu winken, um mich anzulächeln. Ich winkte zurück – und plötzlich war sie verschwunden, über eine Klippe.

Ich hatte bitterlich geweint und sie hat mich in die Arme genommen. Ich hatte solche Angst, dass der Traum Wahrheit werden würde. Aber sie hat es gelassen genommen. Sie wusste, sie hatte noch lange Zeit zu leben und sprach mir Mut zu.

Komisch, oder? Fast jedes Kind träumt einmal von so etwas, jedes kleine Kind fürchtet, dass seine Eltern sterben werden. Ja ... nur, dass es nicht bei allen zutrifft.

Aber seit unserem Gespräch bin ich stärker denn je.

Sogar ihren Tod verkrafte ich.

„Mama ... du weißt, was du für mich getan hast. Wie stark ich geworden bin ... du bist mir mehr wert als alles andere. Ohne dich stünde ich jetzt nicht hier. Ich werde weiterleben, auch ohne dich. Du hast selbst gesagt, ich kann jeden noch so großen Schmerz überwinden, und das tue ich jetzt. Und ich schaffe das. Ich bin nicht alleine... . Leb wohl, Mama.“ Ich schließe noch einmal die Augen und stelle mir vor, wie sich mich ein letztes mal anlächelt. Das Lächeln, das mich mit jedem mal stärker gemacht hat.

Langsam erhebe ich mich und wende mich um. Ich will zu meinen Freunden und ihnen sagen, dass sie sich keine Sorgen machen müssen, weil ich es geschafft habe.

Ich brauche mich nicht umzudrehen.

Du stehst neben mir.
 

~*~*~*~
 

*stimmung abdämpft*

*räusper*

wie war's? nicht so wirklich spannend ... aber wie denn auch ^^

wenn's was zu verbessern gibt oder so - hab nix dagegen o.o

Wie eine beerdigung in japan richtig abläuft, weiß ich nicht genau, da steckt wahrscheinlich mehr dahinter, als ich weiß. (ich müsste nur mein fettes buch über dieses wunderland fertig lesen)

bis mal wieder in drei wochen!



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  -Alec-
2007-05-26T11:39:55+00:00 26.05.2007 13:39
Oi...
*reinschleich*

Jetzt kann ich schon wieder nicht konstruktiv sein, weil mir einfach die Zeit fehlt T_T
Aber ich habs gelesen und ich fand es gut ^^ Leider muss ich gleich schon wieder weg, sodass ich nicht mal aufschreiben kann, was gut war und was nicht T.T Tut mir echt Leid ;_; Aber du kannst dir sicher sein, dass ich die Story auch weiterhin verfolgen werde, auch wenn es mit den Kommentaren im MOment etwas dauert ^^

Mata ne
Azra, die jetzt noch die ENS beantwortet und dann los muss
Von: abgemeldet
2007-05-13T15:30:33+00:00 13.05.2007 17:30
;__;
Oh, mann, ich versteh das Ganze nur zu gut ... ich war in letzter Zeit schon auf zwei Beerdigungen von Müttern meiner Freundinnen ... das ist echt hart.
Ich hasse Beerdigungen.

Trotzdem ... packende Story, gut umgesetzt. Weiter so. ^-^d


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