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Lebe wie im Himmel...

...liebe wie die Hölle
von

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...Der Tod ist süß

hay mal wieder!

hier komm ich mit einem neuen Kappi ^^

ich weiß nicht, was ich noch sagen soll außer VIEL SPAß!!^
 

~*~*~*~*~
 

Kapitel 11: ...Der Tod ist süß
 

~~Shinya~~
 

Zittrig schließe ich die Türe hinter mir. Im Gegensatz zu meinem Vater, der wie ein Flüchtling den Gang und die Treppe runtersaust, schlendere ich geradezu gemütlich hinterher. Von wegen gemütlich.

Dieser Besuch war alles andere als gemütlich. Meine Mutter scheint mir mit jedem Tag blasser und kranker. Sie ist immer noch an zahlreiche – wenn nicht sogar ein paar mehr – Schläuche gebunden; durch einen wird ihr künstliche Nahrung eingeflößt, durch einen anderen wird ihr das Atmen erleichtert, und so weiter... Der Bluterguss an ihrem Auge hat sich etwas gelindert. Aber das ist das allermindeste.
 

Als wir im Auto nach Hause fahren, kann ich leider immer noch nichts anderes tun, als nachzudenken. ‚Sie wird sterben’, schießt es mir andauernd durch den Kopf. Jetzt muss schon ein Wunder geschehen, um das Blatt noch zu wenden.

Bevor ich an den Gedanken komme, was ich nicht mehr alles mit mir erleben werde, versuche ich, mich ganz schnell abzulenken. Gedankenwechsel! Und zwar ganz dringend. Sonst fang ich tatsächlich an zu heulen.

Toshiya hat sich widerwillig wieder vom Acker gemacht. Zu gern hätte er Die gesehen. Allerdings halte ich das für keine so gute Idee. Ich will mich den Beiden ja nicht in den Weg stehen, aber ich bin mir sicher, Die ist nicht bereit, Toshiya jetzt gegenüber zu stehen. Immerhin muss er ganz schöne Gewissensbisse haben. Aber irgendwann muss er sich dieser Herausforderung stellen und Klarheit diese Sache bringen. Es wird unangenehm für ihn werden. Und für Totchi.
 

Als wir endlich in unsere Einfahrt abbiegen, seufze ich schwer und steige langsam aus dem Wagen. Es geht leichter Wind und die Sonne ist bereits untergegangen. Was für ein wunderschöner Abend. Welch Ironie.

Als Miyu mit aller Überschwänglichkeit an mir hochzuspringen versucht, fange ich sie schnell und drücke sie an mich. Es kommt mir vor, als müsste ich sie sofort wieder fallen lassen, so entkräftet fühle ich mich. Vielleicht sollte ich mal wieder mehr essen und schlafen.

Milde lächelnd streiche ich mit dem Zeigefinger über Miyus Nase, wobei sie jedes mal die Augen zukneift und lustige Schnaufer von sich gibt. Dann setze ich sie vorsichtig vor ihrem gefüllten Fressnapf ab und begebe mich in mein Zimmer daneben.

„Shinya?“ Ich halte inne.

„Hai?“, antworte ich leise.

„Da hat jemand für sich angerufen. Ich kenne die Nummer nicht.“, erklärt mein Vater gleichgültig und drückt mir das Telefon in die Hand, welches ich stirnrunzelnd anblicke. Könnte vielleicht Kyo gewesen sein. Im Moment ist mir die Nummer auch nicht bekannt. Eigentlich kenne ich die Nummern meiner Freunde; doch mein Gedächtnis scheint wie weggeblasen. Ich drücke die Wahlwiederholungstaste und warte geduldig. Währenddessen starre ich gebannt auf mein Spiegelbild. Vielleicht werde ich morgen schon ein ganz neuer Mensch sein müssen. ‚Hallo, ich bin Shinya. Meine Mutter ist tot.’

„Mòshimoshi?“ Eine Frauenstimme meldet sich. Zum Kuckuck, wessen Mutter ist das?

„Hallo ... ich - hier ist Shinya“ Beinahe hätte ich mein neues Ich vorgestellt.

„Ah, hallo, Shinya. Moment ich hol Kaoru schnell”

Erstaunt weiten sich meine Augen. Mit Kaoru habe ich am wenigsten gerechnet.

„Hai?“

„Kaoru? Du hast mich angerufen.“

„Ah, Shin-chan! Ja, hab ich. Hättest du vielleicht Lust, heute mit mir wohin zu gehen? Ich muss mich ablenken“, schlägt er hastig vor. Er klingt irgendwie zerstreut. Aber habe ich wirklich Lust, heute noch irgendwohin zu gehen? Ich will ihm aber nichts von meiner Mutter sagen...

„Hai, können wir machen. Wohin dachtest du?“

„Na ja“, er druckst etwas herum. „Ich hab mir überlegt, dass wir irgendwo einen trinken gehen könnten. Wird bestimmt lustig, immerhin waren wir schon lange nirgends mehr“

Ich zweifle an einem witzigen Abend.

„Ich dachte, ich komm zu dir, dann könnten wir Totchi auch abholen, der wohnt ja in der Nähe von dir.“

Da hat er Recht, zu Fuß braucht man allerdings eine Viertelstunde zu ihm.

„Hai, meinetwegen“, bestätige ich. Was tut man nicht alles für einen einsamen Freund. Kaoru drückt seine Freude ein wenig eingeschränkt aus und legt auf.

Am liebsten wäre ich wütend auf ihn; ob es ihm überhaupt in den Sinn käme, nach mir zu fragen. Aber dazu habe ich kein Recht, denn er weiß ja nichts von meinem derzeitigen Befinden. Und so wie ich ihn kenne würde er sofort bei mir antanzen und darauf bestehen, dass ich mich bei ihm ausheule. Das ist nun mal seine Art, egal, wie es um ihn steht.

‚Du bist ein Vollidiot’, beschimpfe ich mich in Gedanken und werfe meinem Spiegelbild einen wütenden Blick zu.

Ich will ihm nichts sagen! Nicht jetzt, wo sein Geliebter im Krankenhaus liegt!

„Ach, Kao, sei doch nicht so bescheiden“

Ich lächle etwas. Es wird hart für mich. Sehr hart.
 

~~Kaoru~~
 

Nach einer halben Stunde stehe ich fertig vor der Haustüre der Terachis und klingle geduldig. Ob es eine gute Idee ist, einfach mit Shinya und vielleicht auch Toshiya einfach loszuziehen? Immerhin liegt Die im Krankenhaus.

Genervt über meine Unentschlossenheit verdrehe ich die Augen. Meine Blindheit geht mir allmählich auf den Senkel! Schließlich bin ich hier, um mich abzulenken. Plötzlich wird die Türe aufgerissen, vor der ich erschrocken zurückweiche.

„Hallo, Kao“, begrüßt Shinya mich nüchtern und schließt die Türe hinter sich. „Also ... wir wollen zu Totchi, nicht wahr?“

Ich nicke nur und wende meinen Kopf gedankenversunken weg zu der Himmelsrichtung, in der die Sonne untergegangen ist. Ich blinzle müde dagegen.

„Kaoru? Alles in Ordnung?“

„Huh? Äh ... hai, alles bestens. Ich bin nur etwas ... dämmrig. Schlaf in letzter Zeit schlecht ein“ Ich wuschle mir kurz durch die Haare und schüttle den Kopf leicht.

Shinya mustert mich unsicher. „Aber willst du dann sicher –“

„Unbedingt! Ich kann nicht den ganzen Abend alleine zu Hause verbringen, dann geht’s mir genau wie gestern und ich werde wieder die halbe Nacht im Halbschlaf vor mich hin denken! Also, worauf warten wir?! Auf zu Totchi!“
 

Mir ist wohl entfallen, dass es sich als großer, blöder Fehler erwies, noch zu unserem blausträhnigen Freund zu gehen. Jetzt haben wir einen weiten Fußmarsch vor uns, obwohl mir eigentlich gar nicht danach ist. Zudem kommt noch, dass ich wahrhaftig vorhabe, mich unter den Tisch zu saufen. Und alles nur, damit ich ins Koma falle und alles um mich herum vergessen kann. Das habe ich mir doch redlich verdient.

Endlich kommen wir an der Wohnung der Haras an.

Erst als Toshiya vor mir steht, registriere ich, dass ich eben geistig weit weg gewesen sein muss. „Huh? Du bist ja schon da ...“

„Äh ... Kao? Alles in Ordnung? Ich ähm ... bin grad rausgekommen und ... Wie dem auch sei ... ich werde nicht mitkommen, ich wollte ursprünglich zu Kyo. Gomen ne, aber ich komme ganz sicher nicht mit. Aber sei bitte nicht sauer, ich muss unbedingt mal zu Kyo, schließlich will ich einen guten Eindruck auf Kyo machen und mir ist aufgefallen, dass Kyo-“

Kyo, Kyo, Kyo!

„Ist ja gut!“, falle ich ihm schnell ins Wort. Toshiya ist wirklich mit einem Satz Koffein zu ersetzen!

„Du willst zu Kyo?“, wundert sich Shinya im Hintergrund.

„Hai, damit wir uns richtig ... na ja, wie soll ich sagen, anfreunden können. Oder zumindest besser kennen lernen, hehe...“

„Aah ... okay, dann gehen Kaoru und ich eben alleine. Ist das in Ordnung? Kaoru?“ Ich nicke nur schwach. Damit gibt sich Shinya zufrieden und wir verabschieden uns von einem dauergrinsenden Toshiya.
 

Wir haben gar keine andere Möglichkeit, als den Bus zu nehmen. Schließlich will Shinya nicht, dass wir wegen mir auch noch im Krankenhaus landen, nur weil mein Dickschädel vor diesem Dämmrigkeitszustand plötzlich bewusstlos gegen das Lenkrad knallt. Diese Vorstellung trage ich mir bildlich zur Schau; ein halbwegsbeeindruckter Shinya sitzt ratlos neben seinem armen blöden eingepennten Freund am Steuer, dessen Stirn die Hupe als gemütlich befindet, während sich wütende Autos dahinter geräuschvoll beschweren.

Bei dem Gedanken grinse ich verstohlen und unterdrücke mir ein lautes Auflachen.

„Wo geht’s eigentlich hin?“, räuspere ich mich, immer noch kichernd.

„Wir gehen ins ‚Tokyo’s Nightlife’“, seufzt Shinya und zieht seinen roten Mantel enger an sich. Ich ziehe einen Schmollmund und nicke leicht. Nicht schlecht. Die Frage ist nur, ob sie Shinya reinlassen. Höchstwahrscheinlich – er erweckt nicht gerade das Aussehen eins 16jährigen, wenn auch nicht gerade das eines 20jährigen. Man kann es bei ihm so schlecht sagen, dazu ist er zu emanzipiert.

Ein paar Bushaltestellen weiter drängeln wir uns ohne großen Kraftaufwand nach draußen. Die Straßen sind wie immer voll beleuchtet, überfüllt und laut. Genau das richtige, um mich richtig aufzuwecken.

Ich werde völlig aus meiner Trance gerissen, als der größere Blondschopf neben mir Schlag auf Schlag einfach verschwunden ist!

Hilfesuchend fahre ich herum. „Shin-chan?!“

Jemand tippt mir auf die Schulter. „Ich bin hier“

„HUA!“ Geschockt starre ich einen genervten Shinya in die Augen. „Du hast es wirklich drauf, von einem Moment auf den anderen zu verschwinden!“

„Wir sollten uns vielleicht besser auf den Weg machen, bevor du als nächstes noch an Verfolgungswahn leidest. Die Ampel da hinten ist übrigens grün“, ich folge seinem ausgestreckten Zeigefinger und seufze niedergeschlagen. ‚Lasse einen vertrottelten 18jährigen niemals alleine auf eine Großstadt los.’
 

Wenigstens kommen wir heil in dem Nachtclub an. Gut, fast heil. Ich erkannte den heutigen Tag spätestens ab dann als sehr ironisch an, als der Schrank von einem Türsteher unverweigert Shinya an sich vorbeiließ, mich aber mit einem skeptischen Blick musterte und nach meinem Ausweiß forderte. Ich nannte es Glück im Unglück, als Shinya ganz plötzlich meinen verloren geglaubten Ausweis aus seiner Manteltasche zückte und mir somit den Abend rettete. Er grinste mich nur geheimnisvoll an und schilderte mir genau, wann, wo und wie ich ihn dummerweise mitten auf der Straße fallen ließ. Ich hatte ihn in der Hand.
 

Hinter Shinya schlängle ich mich durch die verschiedensten Menschengruppen durch die Gänge, rings um mich herum donnert der Bass der Musik erbarmungslos runter. ‚Vorsicht, Kao, es könnte noch schlimmer werden’

Obwohl ich eigentlich ein sehr sicherer Mensch bin, und sich alle immer hinter mir verstecken, trifft dies heute nicht ganz zu. Wenigstens mache ich mich mal darin nützlich, als ich zwei freie Plätze an der Bar erhasche und sie sofort einnehme. Da ich keinen blassen Schimmer habe, was ich nehmen soll, entscheide ich mich einfach für das, was Shinya so beliebt. Allerdings habe ich keine Ahnung, was das ist. Ich trinke ja auch regelrecht selten einen über den Durst. Das habe ich bis jetzt zweimal gemacht und jedes Mal hab ich es eindeutig übertrieben.

„Geht’s dir besser?“, ruft Shinya in mein Ohr und versucht, die Musik zu übertönen. Ich nicke deutlich. „Hai“

Die Klänge der „Musik“ im Hintergrund hämmern gegen meinen Kopf und hallen wider. Daran, dass es rauchig und stickig ist, gewöhnt man sich sehr schnell.

Endlich kommen unsere Drinks. Gegen die grellen Lichter kann ich ihn kaum identifizieren. Ich beäuge das Gesöff misstrauisch und nippe leicht daran.

„Hey, nicht schlecht“, murmle ich und spähe zu Shinya, der mit überkreuzten Beinen still dasitzt und das Zeug langsam schlürft. Ich schüttle leicht den Kopf und drehe mich auf dem Barhocker, um mir die Leute zu besehen. Dabei schlage ich ein Bein übers andere und stütze einen Ellenbogen an die Kante der langen Theke. Während meine Lippen an dem Glasrand hängen, gehen meine Blicke auf Wanderschaft. Dieses hier scheint mir einer der berühmtesten, größten Nachtclubs von Tokyo zu sein. Es laufen sehr viele, exzentrische Personen herum. Es erschreckt mich mittlerweile weniger, dass manche sich wirklich so auftakeln und so überschminkt sind, dass sie wie Puppen aussehen. Manchmal richtig unmenschlich. Wenn ich mal Shinya ansehe; er trägt eine lange rote Lederhose, die an den Seite fast bis zu den Hüften Einschnitte hat und ein genauso ledernes schwarzes enges Oberteil. Er hat sich sogar richtig geschminkt, mit tiefdunklem Lippenstift und strahlendem Augen-Make-up. Ich dagegen bin total in Schwarz gekleidet – was aber nicht auf einen Grufti weisen soll – und trage gewöhnlichen, starken Mascara und Kajal an den Augen. Immerhin kann ich selbst sagen, dass das alles perfekt zu meinen blonden Haaren passt. Klar, mir steht leider nichts anderes als schwarz. Zumindest sagt das mein Kleiderschrank.

Seufzend entreiße ich mich wieder meinen vom Thema abgekommenen Gedanken und spende meiner Aufmerksamkeit wieder der Tanzmenge. Egal, wo ich auch hinblicke, dauernd fallen mir irgendwelche glitzernden Discomiezen ins Auge, die mit ihren Partnern beiden Geschlechts wilde Tänze veranstalten. Immer wieder glaube ich Die darunter zu erkennen, was völliger Quatsch ist, weil der mehr oder weniger (mental) schwer verletzt im Krankenhaus liegt. ‚Ach, Die, wenn du jetzt hier wärst...’, überlege ich traurig und stelle mir vor, wie er mich zum Tanzen entführt. Wie ich sich meine Hände in sein flammendes rotes Haar vergraben, wie er mit seinen eiskalten Finger unter meinem Shirt meinen Rücken berührt, seine weichen, ebenso kalten Lippen...

Stooop! Nicht an Die denken! Ich bin hier, um mich abzulenken! Und nicht als Depressivschieber!

Knurrend kippe ich das Zeug im Glas in mich hinein.

„WEAH!“, schreie ich auf und lasse das Glas auf den Tresen fallen, wo es dann gefährlich vor sich hin ruckelt. Entsetzt schnappe ich nach Luft. „Das ist ja Benzin!“

Shinya dreht seinen Kopf langsam zu mir und lächelt etwas. „Manche Drinks sollte man eben mit Vorsicht genießen, mein Freund. Der hier war übrigens so einer, aber ein extrastarker ... schon mal was von Tequila gehört? Das Zeug solltest du auch mal probieren“, schwärmt er mir unbeeindruckt vor.

„Nein, danke. Darauf kann ich gut verzichten. Ich hänge sehr an meiner Speiseröhre“, verneine ich sarkastisch. Der Blonde grinst nur verspielt und bestellt sich was anderes. Ich atme tief ein und frage: „Ist das Zeug auch alkoholhaltig?“

„Spinnst du? Natürlich! Deswegen sollte man es auch nicht damit übertreiben –“

„Dann nehm ich denselben noch mal!“, rufe ich mehr zum Barkeeper als zu Shinya, und hebe das Glas hoch. Der Angestellte nickt stumm und macht sich ans Werk.

Zufrieden drehe ich mich wieder um und überkreuze erneut die Beine. Aus den Augenwinkeln bemerke ich Shinyas skeptischen Blick. „Das ist nicht das richtige, um zu vergessen, Kao. Glaub mir, du wirst dich heute mitten in der Nacht über der Kloschüssel wiederfinden –“

„Weißt du was? Das ist mir egal.“
 

~~Toshiya~~
 

Selbstsicher stehe ich vor der Türe, die zum Haus der Niimuras gehört und habe vor, in den kommenden Sekunden zu klingeln. Ich habe mir noch keine Gedanken gemacht, was ich sagen soll. Ich frag mich eher, wie Kyos Mutter reagieren wird, wenn hier plötzlich ein fremder Typ um diese Uhrzeit auftaucht und nach ihrem Sohn fragt.

Und dann, ganz plötzlich (ich stoße einen mädchenhaften, spitzen Schrei aus) öffnet sie die Tür vorsichtig.

Kyo steht mit undefinierbarer Miene vor mir.

„Hi, Toshiya ...na, komm schon rein“ Mit diesen Worten zieht er mich unsanft hinein.

Es ist dunkel, ich sehe überhaupt nichts. Warum zum Teufel hat er nicht einfach Licht angemacht?

„Kyo, wo ist der Lichtschalter?“, flüstere ich.

„Sscht“, macht der Schwarzhaarige bloß. Alles, was ich von ihm erkennen kann, ist eine leicht im Mondlicht schimmernde Silhouette. „Zieh die Schuhe hier einfach aus und folge mir unauffällig. Meine Mum schläft schon.“

Oho, deswegen der Aufstand.

Wie auch immer, dann tue ich eben, was mir befohlen wird. Schnell entledige ich mich meiner Sneakers, wobei ich tief in die Knie gehe; mein Rücken hat sich seit dem Unfall noch längst nicht vollständig erholt.

Schließlich richte ich mich wieder auf, klopfe meine Röhrenhose ab und blicke ihn fragend an. Er nickt zu der Treppe hinter ihm und schiebt meine Schuhe zur Seite.

Vorsichtig tapse ich die Stufen nach oben. Ich bin schon sehr gespannt auf sein Zimmer.

Im Gang ist es wirklich so stockfinster (kein Wunder, denn es gibt weder Fenster, noch brennt Licht), dass ich erst Kyo an mir vorbeilasse, damit er mich zurechtweißt.

„Bist du’s gewohnt, im D-“

„Ja, ich bin immer zu faul, das Licht anzumachen“ Obwohl ich nichts sehen kann, weiß ich, dass er grinst. „Außerdem willst du nicht wissen, wie’s hier bei Tageslicht aussieht.“ Und schon geht eine Türe quietschend auf und ein Lichtschalter wird angeknipst. Seufzend trete ich hinter dem Kleineren in das Zimmer und schließe die Türe hinter mir ab. Und er hatte Recht.

„Also: das ist mein ‚tolles’ Heim. Mach’s dir irgendwo gemütlich. Wenn möglich“, fügt er mit bitterem Unterton hinzu und lässt sich auf seinen Schreibtischstuhl nieder.

Es wundert mich nicht, dass er sein Zimmer nicht mag, ganz ehrlich. Der Boden besteht aus grauem Teppich, das Bett knarrt und man spürt jede Feder einzeln (ich habe es mir als Sitzplatz ausgesucht), die Tapete an der Wand ist schon an einigen Stellen abgewetzt und die Möbel sind auch nicht mehr die neuesten. Im übrigen ist es hier so eng wie in einer Besenkammer. Und wenn ich mich hier so umsehe, fällt mir plötzlich etwas an einer hinterer Ecke an der Wand auf: Schimmel!

„Irgh!!“, quietsche ich entsetzt auf.

„Huh!?“, Kyo zuckt erschrocken zusammen. „Hast du ’ne Kreuzspinne gesehen, oder was?“

Ich zeige nur auf die schimmlige Stelle. Zu meiner größten Verwunderung zuckt der Schwarzhaarige nur die Schultern,. „Müsstest mal unsre Küche sehen –“

„Das könnt ihr nicht darauf belassen! Ihr werdet noch todkrank, wenn sich das ausbreitet! Tut was dagegen –“

„Ach ja?! Und mit welchem Geld?“, fährt er mich an. Damit hat er der Konversation einen Schlussstrich gesetzt. Etwas eingeschüchtert ziehe ich den Kopf ein. „Euch muss doch irgendwer helfen können ... warte! Ich hab eine Idee! Kao, Shinya, Die und ich können hier vielleicht einiges renovieren! Dies Eltern haben doch so viel Geld und er verdient auch nicht wenig Taschengeld!“, schlage ich heiter vor und klatsche ich die Hände.

„Das ist ja alles sehr nett, aber ich glaube kaum, dass Die sein Geld für mich rauswerfen will. Im übrigen bin ich weder auf seine noch auf deine Hilfe angewiesen“, winkt der Kleinere mutlos ab.

Daraufhin erhebe ich mich wieder und schlendere ein bisschen im Zimmer herum. „Ach was, dafür sind Freunde doch da!“ Neugierig öffne ich den Kleiderschrank.

Hier hat Kyo also seine ganzen alten, manchmal zerrissenen Klamotten. Gerade als ich vorschlagen wollte, er könnte sich was von mir leihen, fällt mein Blick in die Ecke des Schrankes; da blitzt irgendwas und es spiegelt mich wider.

Meinen Blick auf das Etwas gebannt, greife ich danach und ertaste einen langen, festen Hals eines ... Kami-sama!

„Kyo, was ...“ Er blickt erstaunt auf, während ich das Ding herausziehe.

In meinen Händen halte ich eine lange, schwarze Bassgitarre.

„Was ... ist das!“, rufe ich begeistert und präsentiere das Instrument grinsend. Kyo wirft mir einen skeptischen Blick zu. „Ein E-Bass?!“

„Ja, ja, aber warum hast du nie gesagt, dass du Bass spielst?!“, werfe ich ihm fast schreiend an den Kopf.

„Halt die Klappe, Mensch!“ Erschrocken patsche ich die Hand gegen den Mund.

„Und außerdem spiele ich nicht mehr! Ich ... ich kann es nicht. Ich hatte auch mal ’ne Gitarre, aber das konnte ich noch weniger, darum hab ich sie wieder verkauft. Ich dachte, Bassspielen sei einfacher, weil er nur vier Seiten hat, darum hab ich mir einen gekauft.“

„Hast du eine Ahnung! Das dachte ich auch mal! Bassspielen ist nicht unbedingt einfacher als Gitarrespielen! Da gibt’s schon Unterschiede...“ Grinsend nehme ich am Bettrand Platz und rücke mich mit dem Bass in die richtige Position. Resigniert werfe ich Kyo einen fragenden Blick zu. „Darf ich?“

„Mach nur“ Er zuckt die Schultern und seufzt leise. „Aber hau nicht so auf die Saiten, spiel leise!“

„Okay...“

Schnell und vorsichtig lasse ich die Fingern über die Saiten des Instruments gleiten. Ich habe gerade einen Song im Visier, den ich zurzeit gerne nachspiele, aber schon bei den ersten Griffen fällt mir was auf. Die Bassgitarre ist total verstimmt, logisch.

„Wann hast du aufgehört, mit ihr zu spielen?“, hake ich interessiert nach, während ich die Saiten einigermaßen richtig stimme. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Kyo leicht genervt von seinem Geschreibsel auf dem Tisch ablässt. Was schreibt er da nur ständig?

„Ach weißt du, vor ein paar Monaten etwa. Ich hab mir den Bass selber gekauft, aber mein Vater dachte mal wieder anders. Er war ja soo stolz, dass ich mich plötzlich mit Musik beschäftigte, vor allem mit der Band, für die ich mich interessiere.“

Meine Blicke wandern in sekundenschnelle durch das Zimmer; an einer verstaubten Ecke des Zimmers hängt ein angerissenes Buck-Tick-Poster.

„Wieso, was ist mit deinem Vater?“, löchere ich weiter.

Auf einmal schlägt seine Faust so heftig und laut auf dem Schreibtisch auf, dass mir der Bass beinahe aus den Händen rutscht.

„Hör auf, mich das zu fragen! Ich rede nicht über meine Familie! Mein Vater ist Geschichte, das haben wir hinter uns!“, schreit er und versucht, seine Stimme in Zaum zu halten. Ich schlucke unbemerkt. „Gomen“, murmle ich.

„Fertig. Ich spiele dir jetzt einen Song von X-Japan vor. Von Buck-Tick kann ich leider keine.“

Verwundert runzelt Kyo die Stirn, doch ich beachte ihn nicht weiter.

Wie vorhin fliegen meine Fingern über die Saiten, zweimal passiert es mir, dass ich daneben greife und aus dem Takt komme, aber das scheint Kyo nicht zu stören.

Als ich mein Stück geendet habe, blicke ich erwartungsvoll auf. Das Schwarzhaar sitzt nur da und blinzelt müde. „Das ... das war echt gut! Dir liegt das anscheinend wirklich. Du solltest mal in einer Band spielen.“

Nicht wenig überrascht hebe ich die Augenbrauen an. Nie hätte ich gedacht, dass Kyo mir mal so etwas vorschlägt!

„Oh, arigatou! Ich weiß, manchmal übe ich auch schon mit Die oder Kaoru. Aber im Moment scheinen die Beiden ... na ja, nicht in der Lage zu sein, eine Band zu gründen. Aber dafür bin ich ja nach Tokyo gezogen: ich will in einer Band spielen. Vielleicht wird irgendwann mal was daraus. Bin zurzeit auf der Suche“ Irre ich mich oder sehe ich da einen leichten Anflug von einem Grinsen auf Kyos Gesicht?

Ich registriere erst gar nicht, wie lange wir uns in die Augen schauen, bis in mir plötzlich ein Hustenreiz aufkommt.

„Oh Gott, hier drin sollte echt mal Staub gewischt werden!“

Ein Blick auf die Uhr lässt mich ungemein hochschrecken.

„Oh, Kyo, ich muss schleunigst abhauen! Es ist schon kurz vor Mitternacht. Bleiben kann ich leider nicht.“ Schüchtern verstaue ich den Bass wieder sicher in den Schrank und schließe ich vorsichtig.

„Nein, schon okay. Also dann ... Bis dann“, flüstert der Kleinere und steht auf. Erst blicke ich ihm starr in die müden, traurigen Augen, aber dann fasse ich neuen Mut und umarme ihn einfach, aber vorsichtig. Anscheinend ist er irgendwie darauf gefasst, denn er wehrt sich überhaupt nicht, er erwidert die Umarmung aber auch nicht. Ich ignoriere einfach mal die Tatsache, dass es ihm unangenehm ist. Ein unglaublich wohliges Gefühl macht sich in mir breit. Ich spüre den leisen Atem in meinem Nacken. Am liebsten würde ich ihn jetzt noch ein paar Minuten so in den Armen halten...

Doch plötzlich fällt mein Blick auf die vielen, vollbeschriebenen Blätter auf dem Schreibtisch. Ohne meine Augen davon abwendend, löse ich mich von Kyo und greife mit der Hand nach einem Blatt.

„Toshiya, was ist –“

Schnell überfliegen meine Augen die Zeilen.

Ich glaub’s nicht!

Hektisch wühle ich mit den Händen durch die anderen beschrifteten Papieren, bis abrupt eine Hand kalt nach meiner Griff und unangenehm wegzerrte.

„Kyo, was ist das?“, frage ich verwundert, doch er weicht meinen Blicken aus.

„Nichts“

„Wieso sagst du nichts? Es sind doch nur ... Texte! Wie machst du das, dass du so viel Emotionen da rein kriegst ... und dann auch noch so ... so ... gut –“

„Toshiya, könntest du mir bitte einen Gefallen tun und es dabei belassen? Ich rede nicht gerne über das hier“, er deutet zittrig auf die verstreuten Blätter und reißt mir einige davon aus der Hand. „Frag mich nicht darüber aus, verstanden? Das ist so etwas wie mein persönliches Tagebuch, verstehst du?“

Ich nicke nur zaghaft. Schade. So gut vertraut er mir wohl noch nicht.

„Wissen die anderen von denen?“, hake ich sichtlich enttäuscht nach.

„Natürlich nicht“, flüstert Kyo scharf.

Schlagartig erhellt sich meine Miene etwas. Dann bin ich immerhin nicht wieder der Depp, der von nichts wissen darf.

„Okay, es ist besser, du gehst jetzt, es ist wirklich schon spät“, meint Kyo matt. „Und ich bin total K.O.“

Ich grinse breit und drücke ihn noch mal. „Gut Nacht!“

Aber jetzt fängt der Kleinere an, zu zappeln und rückt mich von sich.

„Irgh, l-lass dir das ja nicht zur Gewohnheit machen, du Muttersöhnchen, ich ... ich hasse das!“
 

~~Die~~
 

Gedankenverloren lehne ich meinen Kopf gegen das große, kühle Glasfenster in meinem dunklen Krankenzimmer. Draußen regnet es etwas. Ich seufze tief.

‚Meine derzeitige Stimmung kontrolliert das Wetter.’

Ich weiß ja nicht, warum, aber mir ist gerade ziemlich schlecht. Könnte von den Tabletten kommen, die sie mir gegeben haben, von denen ich nicht mal weiß, wogegen sie sind. Aber der Arzt meinte, es könnten kleine Nebenwirkungen wie Übelkeit aufkreuzen, wenn sie mir zu stark sind. Toller Arzt. Aber er meinte auch, dass diese Wirkung bei fast jedem seiner Patienten aufkommt.

Ein leichter Zitteranfall überfällt mich und ich wende mich mit verschränkten Armen vom eisigen Fenster ab. Es ist kalt im Zimmer. Wenn ich jetzt zu Hause wäre, würde ich wahrscheinlich seelenruhig im Bett schlummern, mit einer warmen Wolldecke um mich. Oder ich könnte bei Kao sein... ja mit Sicherheit.

Ich werfe einen Blick auf die Uhr. „Tse – Null Uhr! So ein Zufall aber auch“, lache ich sarkastisch, lege mich wieder ins Bett und bedecke meinen Körper mit dem dünnen, weißen Stoff, der als Bettdecke dienen soll. Meiner Meinung nach ist das ein Fetzen. Ein Fetzen, der sich weder gut anfühlt, noch wärmt; mir wird eher wieder kälter.

In meinen Augen macht sich ein kribbelndes Gefühl breit. Das kann doch nicht wahr sein! Warum muss ich hier bleiben? Zu Hause würde es mir viel besser gehen. Hier fühlt man sich eingesperrt und alleine. Ich hasse Krankenhäuser.

Es kommt mir wie ein paar Minuten vor, in denen ich immer wieder schmerzhaft – langsam kriege ich Magenkrämpfe – die Augenbrauen zusammenkneife, versuche einzuschlafen und immer wieder schluckend blinzle. Doch als ich wieder auf die Digitaluhr auf meinem Desk schaue, ist bereits eine halbe Stunde vergangen. „Das kann doch nicht wahr sein!“, stöhne ich gequält und schlage die Hände auf mein Gesicht. Mir geht’s dreckiger denn je. Ich atme ganz tief ein und zu meiner grauenvollen Befürchtung kommt dabei ein unangenehmes Würgegefühl in mir hoch. Mein Blick geht starr zur Wand.

‚Okay, Die, keine Panik ... Aufstehen, zum Waschraum rennen und Kotzen! Dann ist alles wieder in Ordnung’

Gesagt, getan.

Ich springe ungeschickt aus dem Bett und stürme wie ein Supersprinter den Gang entlang bis zu den Toiletten.

Und da sich – zu meinem Glück – keine Menschenseele um diese gottverdammte Uhrzeit dort befinden, hab ich wenigstens meine Ruhe und mir muss nichts peinlich sein.

Ich denke gar nicht daran, die Türe zu verschließen.

Ich falle einfach auf die Knie und entleere – mehr oder weniger sauber – geräuschvoll meinen Magen.

Ein paar Augenblicke später richte ich mich wie in Eiszeit zitternd auf und wanke zum Waschbecken. Bevor ich mein Antlitz im Spiegel bewundere, beschließe ich, mich erst mal mit eiskaltem Wasser abzukühlen.

Langsam richte ich mich wieder gerade und erschrecke gar nicht mal so. Außer, dass ich leichenblass bin und sogar noch Reste von dem Kajal unter meinen Augen kleben, sehe ich normal aus. Meine Augen allerdings wirken recht schwach und müde. Das Knurren meines Magens unterbricht plötzlich die Stille. Ich hab so einen Hunger! Wie soll ich da einschlafen?

Bedrückt verlasse ich den grellen, kalten Raum und begebe mich schlaftrunken in mein Zimmer zurück.

Wenn ich nicht so dumm gewesen wäre und gleich ausgetickt wäre, stünde ich jetzt nicht so dumm da. Das ist wohl die Strafe, als Zeichen dafür, dass ich es mir nicht so leicht machen kann. Hab ich in letzter Zeit nicht schon genug erlebt? Überhaupt wundert es mich, dass meine Eltern noch nicht aufgekreuzt sind.

Anscheinend bin ich denen auch egal.

Schwer schluckend lege ich mich in mein kühles Bett und schließe die Augen. Wann ging es mir das letzte mal so dreckig?

Mir ist so kalt.

Zwei Tränen kullern über meine Wangen und befeuchten mit kaum hörbaren Aufprall das kleine Federkissen.

Es scheint eine Ewigkeit zu vergehen, bis ich einschlafe.
 

~~Shinya~~
 

Ungläubig beobachte ich Kaoru und verziehe die Mundwinkel stark; erst dachte ich, ich könnte etwas tanzen gehen oder so, aber anscheinend legt der nette Herr mehr Wert auf seine gefährliche Sauftour. Anfangs hat er das Teufelszeug noch vorsichtig mit großen Schlücken getrunken – jetzt stürzt er es runter.

Und das nicht ganz unauffällig. Es stehen schon einige Passanten um mich, die mich freundlicherweise weggedrängt haben, und Kao mächtig anfeuern.

„Vollidiot“, schimpfe ich flüsternd und schüttle den Kopf. Unsicher blicke ich umher und überlege, was in fünf Minuten passieren wird.

1. Kaoru kippt einfach um

2. Kaoru kotzt alles wieder aus (und wer weiß, wo)

3. Kaoru hält alles tatsächlich durch

4. (und das ist jetzt wohl das wahrscheinlichste) er hält durch, dann kotzt er plötzlich alles aus und dann kippt er um

Und wer macht alles sauber?

Wütend drücke ich den Volltrottel weg, der mich vom Hocker (ich musste bereits zwei Plätze weg von Kao) geschubst hat und schlage mit der flachen Hand auf den Tresen. „Pina Colada!“, rufe ich dem überarbeiteten Barkeeper zu.

„Hey, Süße, nich so stürmisch“, lallt ein stark angesoffener Typ neben mir. Da sich meine Stimmung während der Aufnahme diversen Alkohols erheblich gelockert hat, darf ich diesen netten Kerl auch gleich mit meinen schärfsten Gesichtszügen beglücken. „Pass du mal lieber auf, wen du anmachst!“, fauche ich mit tiefer Stimme. Der Kerl starrt mich nur wie einen Geistesgestörten an und haut ab. Und weil ich ein sehr ausgeglichener Mensch bin, nehme ich wieder ein neutrales Gesicht an und reiße dem Barkeeper den Drink aus der Hand. Immerhin bin ich noch nüchtern genug, um den Cocktail nicht so dermaßen runterzuschütten. Bevor ich einen großen Schluck nehmen kann, höre ich ohrenbetäubendes Gejohle und die Menge tritt rücklings weg und einige stolpern. Neugierig richte ich mich mit der Pina Colada auf. Meine Befürchtungen scheinen sich zu bewahrheiten: Kaoru kriecht am Boden, die Hand an den Mund gepresst. Schnell springt er wackelig auf und bahnt sich in Mordsgeschwindigkeit einen Weg zu den Toiletten durch.

Ich grinse verstohlen und nippe an meinem Getränk. Dass das kommen musste, war mir von Anfang an klar. Ich hab ihn gewarnt, mit diesen exotischen Drinks ist nicht zu spaßen, aber ne...

Sollte ich ihm helfen? Hat er es nicht verdient?

Eigentlich nicht.

Entschlossen stelle ich meinen halbleeren Drink ab und drängle mich bedächtig durch das laute Tanzgewühl.
 

„Kao?“ Hm, nein, halt. Er wird nicht antworten. Oder eher – er kann es nicht.

Von einer Kabine sind eindeutige Geräusche zu vernehmen.

Gelangweilt lehne ich mich an die Wand daneben und begutachte meine Fingernägel. Wie er sich fühlt, brauch ich gar nicht fragen. Warum soll ich mich wonach erkundigen, worauf ich die Antwort schon weiß?

Nach ein paar Minuten macht es „Klick“ und die Kabinentür springt auf. Ich blicke neugierig auf die sich öffnende Tür und erblicke einen fix und fertigen Kaoru, blass, müde, angetrunken.

„Können wir jetzt heim?“, frage ich leise.

Er nickt nur und schließt die Augen. „Ich hatte genug“
 

Mir ist es ganz recht, dass die Busfahrt so still und ereignislos verläuft. Kao klebt mit einem Sieben-Tage-Gewitter-Gesicht an einem Fenster auf einem freien Sitzplatz, ich habe eine Hand auf seine Schulter gelegt, damit er noch etwas wahrnimmt.

Vor seiner Haustür verabschieden wir uns kurz. Ich denke, ich kann ihn schon alleine lassen.
 

Und jetzt liege ich endlich in meinem Bett, das Mondlicht fällt auf meinen Seidenschlafanzug und Miyu schlummert friedlich atmend in ihrem Körbchen.

Ich döse lange Zeit ruhig vor mich hin und schalte völlig ab.

Heute ist nichts passiert. Es war ein ganz normaler Tag, ich hab meine Mum besucht, ich hatte Spaß mit Kao, ich bin müde und froh...
 

„Shinya, steh bitte auf der Stelle auf“

„Shinya!“

Langsam öffne ich die Augenlider. Hat irgendwer was gesagt? Mit verschwommenen Blick sehe ich mich um. Die Sonne strahlt ins Zimmer. Wie spät ist es?

„Wie spät?“, frage ich heiser, während mein Vater die Jalousien hoch lässt.

„Halb eins. So lange hast du ja noch nie geschlafen. Außerdem fahren wir in 30 Minuten, beeil dich“

Ich zucke nur mit den Schultern, als sich mein Vater wieder aus dem Raum begibt. Seit wann ist er so ... gehetzt?

Kurz darauf wanke ich schlaftrunken ins Badezimmer, um mich anzuziehen und die Zähne zu putzen.

Im Spiegelbild sehe ich einen jungen Mann, dessen zerzausten blonden Haare ihn zu einem kleinen Jungen machen und dessen müdes, eingefallenes Gesicht zu einem alten Typen. Ich grinse. Mein Lächeln wirkt unecht. Hab ich doch tatsächlich das Lachen verlernt.

Ich sehe keinen Sinn darin, meine Mutter zu besuchen. Was soll ich da? Ich werde nur eine magere, schwerverletzte Komapatientin sehen. So etwas bringt nur Depressionen.
 

Wie ein neuer Mensch in der aktuellsten Herbstmode im Spätsommer gehe ich ins Esszimmer zu meinem Vater, der bereits gegessen zu haben scheint.

Während ich schweigend mein Frühstück löffle, wartet er nachdenklich und starrt aus dem Fenster.

„Wie spät?“

„Zehn vor eins. Beeil dich mal.“

Als ich endlich mit dem Essen fertig bin, zieht mein Vater mir die Schüssel buchstäblich unter der Nase weg und stapelt sie mit seiner. Gerade als er aufsteht, um das Geschirr wegzuräumen, klingelt das Telefon. Murrend hebt mein Dad ab.

‚Wer kann das wohl sein?’ Ich verdrehe unmerklich die Augen und lausche dem Gespräch.

„Móshimoshi? ... hai ... aha ... schon klar … jetzt sagen sie schon, was – nándatte?“ Nun hält mein Vater sichtlich die Luft an und sein Blick wird starr.

„Aber wie – das ist doch unmöglich! Sie sagten doch, es wäre sicher, dass ... und wie geht es ihr jetzt?“

Jetzt stelle auch ich das Atmen ein. Ob es bergauf geht mit meiner Mutter...? Ich ergreife den Augenblick, als mein Vater aufgeregt zu mir blickt, indem ich ihm bedeute, er solle den Lautsprecher anschalten. Und er tut es, unbewusst.

„Ich hatte ihnen ja bereits gesagt, dass er Zustand unberechenbar ist, gestern schien er mir demnach auch wieder viel instabiler, lassen sie sich gesagt sein, dass eine Besserung zwar nicht ausgeschlossen gewesen wäre –“

„Ja, ja, aber wie –“

„Es tut mir sehr Leid, Terachi-san, aber ihre Frau ist tot. Sie starb heute ca. gegen halb 1 Uhr nachts.“
 

~*~*~*~
 

O.o *räusper*

(Stimmungsdämpfer û.u)

wie fandet ihr das jetzt? oder eher, wie fandet ihr das Kapitel >_>

hier noch standard-laberfloskeln:

Kommis bitte ;o; und hinweise auf fehler oder irgendwelche unklarheiten ^^

bis irgendwann! *verschwind*



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  -Alec-
2007-05-01T13:54:03+00:00 01.05.2007 15:54
Sorry, dass ich erst jetzt zum kommentieren komme... ich bin so unwürdig *Drama* nein, Spaß XD

Oh Gott, ich hab das Kapitel gelesen als es rauskam, ich muss ein bisschen in meinen Erinnerungen suchen...
Ich weiß noch, dass ich es sehr... verwirrend fand. Die Ereignisse haben sich irgendwie so überschlagen und ich saß teilweise sehr verpeilt vorm Bildschirm XDD (was aber auch an der Uhrzeit gelegen haben mag, es dürfte irgendwann nachts gewesen sein =.=) Nya, vielleicht sollte ich es nochmal lesen, mal sehen, ob ichs immer noch so verwirrend finde x_X
Sorry, dass ich heute so wenig konstruktiv bin, mein Hirn ist Brei und eigtl. sollte ich mal wieder lernen =.=
Nyaaa... *shinya pattet* Der arme Junge ôô

*raushusch*
Azra

PS: Das nächste Mal wirds besser, ich schwörs! \m/
Von: abgemeldet
2007-04-30T15:54:26+00:00 30.04.2007 17:54
alsooo...
das kapitel hat mir echt super gefallen!
besäufnisse find ich ja immer cool^^. aber warum muss kao sich eigentlich eher ablenken? das ist jetzt keine kritik, aber kao könnte ja auch wahnsinnig happy sein, weil die noch lebt. fast schon schade, dass die überlebt hat - also, du weißt wie ich mein. ich liebe traurige geschichten -wetten ich hätte geheult...?
toll fand ich auch totchis besuch bei kyo! kyos zimmer passt zu ihm...
der schluss des kapitels war cool... und davor saß ich wie auf kohlen, ob es shinyas mutter jetzt bessser geht oder ob...
ich hoffe du kannst mit meinem kommi was anfangen!!
Miya-chan


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