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Zwei Gesichter

von

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Aller Anfang ist schwer

„Vater, das ist doch wohl nicht dein Ernst oder?“, fragte der Junge hitzig und gestikulierte wild mit seinen Händen.

„Doch das ist es!“, sagte der hoch gewachsene Mann ruhig und lächelte seinen Sohn an, dem diese Geste nur noch mehr auf die Palme trieb.

„Ich will aber nicht! Weder umziehen noch eine neue Familie! Keine neue Mutter und schon gar keinen Bruder!“, fauchte dieser aufgebracht und funkelte seinen Vater wütend an.

„Aber Chiyo ist sehr nett und ihr Sohn bestimmt auch! Außerdem liebe ich sie, versteh das doch bitte!“, versuchte der Ältere den Burschen zu beruhigen, doch vergebens.

„Mutter hast du auch geliebt und jetzt?! Jetzt willst tu mit ner anderen Frau zusammenziehen! Ich dachte wir wollten immer in unserem und Mutters Haus bleiben!“, das wütende Blitzen in den Augen des Jüngeren wich einem verzweifelten und flehenden Ausdruck.

„Kou versteh doch, sie ist jetzt schon über 6 Jahre tot! Sie hätte bestimmt nicht gewollt, dass ich für immer zu Hause rum sitze und in Selbstmitleid und Trauer versinke!“, sagte der Mann ruhig und mit trauriger Miene, als er an seine verstorbene Frau dachte.

„Ich habe sie mehr als alles andere geliebt, ja, aber ich kann ihr nicht ewig nachtrauern! Das Leben geht weiter mein Junge! Vielleicht wirst du es irgendwann verstehen!“, sagte der Mann noch und verließ das Zimmer seines Sohnes, indem sie das Gespräch geführt hatten. Der Junge hatte dem nichts mehr hinzuzufügen und sah seinem Vater betroffen hinterher.

Neue Familie und alte Erinnerungen

Kapitel 1
 

„Komm schon Kou! Steig aus und räum deine Koffer aus dem Auto, schließlich willst du doch nicht hier drin übernachten oder? Also, mach schon! Außerdem musst du Chiyo noch begrüßen! Hopp hopp!“, drängelte der Vater seinen Sohn, der per tout nicht aus dem Auto aussteigen wollte und aus Protestgründen die Hände vor der Brust verschränkt hatte und schmollend in die andere Richtung aus dem Fenster starrte.
 

Heute morgen waren sie abgereist und hatten das leere Haus zurückgelassen. Hätte Koun keinen Stolz gehabt, hätte er sicher geheult. Das Haus jedoch werden sie höchstwahrscheinlich behalten und als Ferienwohnsitz verwenden. Hatte ihm sein Vater zumindest gesagt und nun versuchte dieser ihn dazu zu bewegen, sein neues ‚Heim’ inklusive ‚Familie’ zu begutachten. Kou schnaubte verächtlich und funkelte zornig aus dem Fenster. Einen Teufel würde er tun. Soll ihn sein Vater doch aus dem Auto tragen, er würde sich nicht rühren.
 

Seufzend gab der ältere Mann auf und ging ohne sein aufbrausendes Mitbringsel zum Haus, wo ihn bereits eine strahlende Chiyo, die in der Tür stand, erwartete. Er begrüßte seine Liebste mit einem Kuss und einer Umarmung.

„Hallo Seijo, Schatz!“, begrüßte sie ihn lächelnd.

„Hallo Chiyo, Liebes! Wie geht es dir?“, fragte er ebenfalls lächelnd und gab ihr einen kleinen Kuss.

„Mir geht’s ganz gut und dir?“, fragte sie zurück und lächelte ihn immer noch strahlend an.

„Auch gut! Nur ein bisschen erschöpft von der Reise!“, sagte er und streckte sich kurz.
 

„Apropos! Wo ist denn dein Sohn? Ist der nicht mitgekommen?“, fragte Chiyo und ein verwirrter und fragender Ausdruck machte dem Lächeln platz.

„Tja… Das ist mein momentanes Problem! Ihm ist es etwas schwer gefallen, aus dem Haus seiner Mutter auszuziehen und er nimmt mir das wohl ziemlich übel, dass wir zu dir ziehen und jetzt weigert er sich, auch nur einen Schritt vors Auto zu setzen!“, seufzte der Mann und warf einen kurzen reumütigen Blick zum Auto.

„Ach so ist das! Was machen wir denn da?“, sie stich sich gedankenverloren mit Daumen und Zeigefinger übers Kinn.

„Ich hab’s! Soll ich vielleicht Kai rufen und ihn bitten, den Kleinen aus dem Auto zu holen?“, lächelte sie nun wieder.

„Einen Versuch wär’s wert und außerdem kenn ich deinen Sohn auch noch nicht!“, lächelte Seijo zurück.
 

Sie ging ins Haus und rief den Namen ihres Sohnes.

„Ach ja, bevor ichs vergesse! Du weißt doch, dass Kai stumm ist oder?“, fragte sie ihren Gefährten und dieser nickte.

„Ja das hast du mir schon gesagt, aber das macht nichts! Ich werd die Zeichensprache schon lernen!“, lächelte er und diesmal nickte Chiyo.

„Aber ja! Ist ja nicht so schwer!“, meinte sie und beide hörten eine Tür ins Schloss fallen.

„Er kommt schon!“, sagte sie und schaute wieder kurz Richtung Auto.
 

Nun konnten sie schon Schritte hören und wendeten sich dem Inneren des Hauses zu, wo ein hoch gewachsener junger Bursche auf sie zukam.

Er war schlank, dennoch muskulös; hatte lange, auf einen Zopf zusammengebundene, dunkelblonde Haare und wie ein Diamant glänzende, tiefblaue Augen mit dunkelblauen Schattierungen. Kai hatte einen hellen Teint, aber dennoch etwas dunkler als Koun. Die weite Hose und das mindestens drei Mal zu große Shirt ließen ihn ein bisschen ungepflegt und schlaksig wirken.
 

„Ah da bist du ja!“, sagte seine Mutter lächelnd, als ihr Sohn neben ihr zum Stehen kam. Er hatte einen neutralen Gesichtsausdruck und schaute seiner Mutter tief in die Augen.

„Hast du etwa noch geschlafen?“, fragte sie ihn ungläubig und er antwortete mit einem ‚Ja und das ziemlich gut’ - Blick.

„Sorry Großer! Aber bevor ichs vergesse, dass da ist Seijo Itshashiba, mein neuer Lebenspartner und dein Ziehvater!“, sagte sie freundlich und deutete mit einer höflich wirkenden Geste auf den ein Stück neben ihr stehenden Mann.

Kai drehte sich um und schaute sich Seijo genau an. Minuten vergingen, bis er ihm schlussendlich die Hand reichte und dieser nahm sie froh und erleichtert zugleich an, denn er hätte nicht gedacht, dass der Junge ihn so schnell akzeptierte.
 

„Nun zu unserem kleinen Problem!“, sagte Chiyo und ihr Sohn wendete sich wieder seiner Mutter zu.

„Dein Stiefbruder weigert sich das Auto zu verlassen und da wollte ich dich fragen, ob du vielleicht nicht mal versuchen könntest, ich dazu zu bewegen auszusteigen!“, sagte sie und schaute ihrem Sohn in die Augen.

Dieser zog eine Braue hoch und bedachte sie mit einem ‚Das ist aber nicht dein Ernst’ - Blick.

„Doch das ist es! Bitte sei so lieb!“, sagte sie freundlich und ihr Sohn blickte kurz zum Auto, indem sein neuer Bruder saß und stur aus dem Fenster in die andere Richtung schaute.

Kai seufzte lautlos und ging langsam zum Auto, um seinem Bruderherz einen kleinen Besuch abzustatten.
 

„Sag mal Chiyo-Schatz, wie machst du das, dass du auf Anhieb weißt, was er dir sagen möchte, so ganz ohne Zeichensprache?“, fragte Seijo verwirrt und schaute dabei seine Liebste an.

„Weißt du, er ist was ganz besonderes! Ich bin nicht die Einzige, die das kann! Einige aus seiner Clique können das ebenso! Aber er entscheidet ganz alleine, wen er in seinen Augen lesen lässt und wen nicht! Wenn er dir genug vertraut, wirst auch du die Zeichensprache nicht mehr brauchen und jedes einzelne Wort in seinen Augen lesen können!“, lächelte sie und schaute Richtung Auto.
 

Kai war inzwischen vorne angekommen und besah sich einmal der Person, die drin saß.

„Sturer, leicht sauer werdender Typ mit ein bisschen zu übertrieben zerstrubbelten Haaren…“, ging es dem Langhaarigen durch den Kopf.

„Er will immer seinen Willen durchsetzten, doch in diesem Fall steckt einfach tiefe Trauer hinter der Fassade des Schmollenden…“, er musterte den im Auto sitzenden nochmals, beugte sich dann ein Stück vor und klopfte sachte an die Scheibe.
 

Koun war gerade tief in Gedanken versunken gewesen und zuckte deswegen umso heftiger in sich zusammen, als es plötzlich an der Autoscheibe klopfte. Er blickte in tiefblaue, glänzende Augen, die ihn sofort gefangen nahmen und in seinen Bann zogen. Sein Herz begann schneller zu schlagen und er glaubte, dieser Bursche, der ihn da so intensiv ansah, könnte in sein tiefstes Inneres blicken und seine kompletten Gedanken lesen.

In seinen Augen konnte er sehen, wie der Fremde ihm bedeutete aus den Auto zu kommen. Die Worte ‚Mach schon, steig aus’ konnte er in den Seen aus Blau sehen und er folgte ihnen. Mit zitternden Händen umschloss er den Griff der Tür und öffnete diese. Der junge Bursche trat beiseite, um ihn hinauszulassen und dies tat er auch. Langsam stieg er aus und sein Blick glitt über das Haus, zu seinem Vater, dessen Freundin und schlussendlich wieder zu dem Langhaarigen, der ihn so in seinen Bann gezogen hatte.
 

„Ah da bist du ja! Hat dich Kai doch zur Vernunft bringen können?“, hörte er seinen Vater sagen, doch er blickte immer noch zu dem Jungen, mit diesen tiefblauen Augen.

„Kai? Ist das etwa mein Stiefbruder?“, schwirrte es Koun durch den Kopf, aber diesmal konnte er die Antwort nicht in den Augen seines Gegenüber lesen.

Sein Vater und dessen Freundin kamen zu ihnen und Chiyo trat zu ihm.

„Ich bin Chiyo Kaso und das ist mein Sohn Kail Akuma Kaso, dein Stiefbruder!“, sagte sie freundlich und reichte dem immer noch leicht verwirrten Koun ihre Hand.

Dieser kam nun endlich zurück in die Realität, löste sich von den Augen seines Bruders und reichte seiner Stiefmutter nun ebenfalls die Hand.

„Mein Name ist Koun Itshashiba! Sehr erfreut!“, sagte er, schüttelte ihre Hand und Chiyo lächelte ihn warm an.
 

„Nun kommt doch rein! Kai wird dir dein Zimmer zeigen Koun, dann kannst du ja deine Koffer reintragen!“, sagte Chiyo und bedeutete den beiden Neuankömmlingen, einzutreten. Seijo trat an die Seite seiner Liebsten und Kou zögerte, bevor er hinter Kai herging, der ihm mit einer kurzen Geste bedeutete, ihm zu folgen. Sie gingen eine Treppe hoch und den Gang rechts nach vor, bis Kai vor einer Tür stehen blieb und sie aufmachte. Beide gingen ins Zimmer, wobei Kou hinter seinem Bruder eintrat.
 

Kou ließ seinen Blick durchs Zimmer schweifen und er musste feststellen, dass es eigentlich sehr einladend aussah. Es war in einem hellen zartblau gestrichen; hatte sogar vier Fenster; ein großes Doppelbett; einen großen Kasten; eine kleine Bar ganz hinten im Raum und am Ende kam er zu dem Entschluss, dass er sich hier sicher gut einleben würde. Doch bevor er seinen Rundblick beendete, blieb er an der Wand hinter dem Bett mit seinem Blick hängen. Diese Wand zierte ein großes schwarzes, chinesisches Zeichen, dessen Bedeutung er aber leider nicht kannte.
 

Nun wanderte sein Blick wieder zu seinem neuen Bruder, der etwas gelangweilt und leicht schläfrig aus dem Fenster sah. Er folgte seinem Blick und bemerkte erst jetzt den Balkon und die wundervolle Aussicht. Langsam ging er zum Fenster, öffnete es und ließ sich den Wind um die Nase wehen. Die transparenten Vorhänge schwangen leicht im Wind und die Haare des Burschen ebenfalls.

„Muss man dem Kerl lassen, dieser Anblick hat schon was für sich! Wie er da so steht mit seinen strubbeligen Haaren, der engen Hose und dem ärmellosen Shirt!“, dachte Kai und betrachtete das Schauspiel vor sich.
 

„Sag mal Kai, ich hoff ich darf dich so nennen…“, begann der Strubbelhaarige und als keine Antwort kam, wendete er sich seinem neuen Bruder zu. Dieser schaute ihn nur mit einem unidentifizierbaren Blick an und nickte dann auf seine Frage kurz.

„…findest du es denn ok, wenn deine Mutter wieder einen neuen Mann hat?“, setzte er seinen vorher begonnenen Satz fort und schaute seinem Bruder tief in die Augen.

Dieser machte keine Anstalten auch nur in irgendeiner Weise zu antworten und so drehte sich Koun wieder von ihm weg.

„Is ja auch egal!“, er lächelte bitter und nach ein paar Sekunden setzte er sich in Bewegung und ging an seinem Bruder mit einem „Hol nur meine Koffer“ vorbei und verschwand Richtung Treppe.
 

„Seine Stimme ist tief, dennoch ein bisschen weiblich und doch höher, als meine es wäre; eine schlanke, aber dennoch muskulöse Figur und kristallblaue Augen! Vielleicht ist es doch nicht so schlimm, einen neuen Bruder und Vater zu bekommen! Zu meiner Mum sagte ich zwar immer, dass es ok sei, aber irgendwie wollte ich es doch nicht! Wie’s scheint, hab ich mich geirrt!“, dachte der Langhaarige und verschwand aus seinem ehemaligen Zimmer. Hier hatte er früher noch gewohnt, bevor ES passiert ist.

Langsam ging er um die Ecke und schloss die Tür hinter seinen eigenen vier Wänden.
 

Koun hingegen lud seine Koffer aus dem Auto und schleppte sie die Treppe hoch in sein Zimmer. Dort ließ er sie erstmal achtlos in einer Ecke stehen und warf sich aufs Bett. Seine Gedanken schweiften sofort, wie von Zauberhand gelenkt, zurück zu seinem neuen Bruder. Warum hatte dieser nie ein Wort gesagt? Mochte er ihn nicht? Oder konnte er etwa nicht sprechen? Das hätte man ihm doch gesagt, oder?
 

Allein die langen, blonden Haare und die tiefblauen Augen mit den dunklen Schattierungen waren eine Welt für sich. So tiefgründige und wunderschöne Augen hatte er noch nie zuvor bei jemandem gesehen und er hatte schon viele Leute kennengelernt. Bitte, bei seinem Beruf, wie könnte es auch anders sein? Aber das Bild im Ganzen war schon beeindruckend. Die langen Beine und dennoch so schmale Hüften, seine Brust und sein Hals, umspielt von den langen, dunkelblonden Haaren, sein Gesicht so fein geschnitten wie das einer Frau und dennoch mit so scharfen und geprägten Zügen darauf, wie nur ein Mann sie haben kann.
 

Seufzend drehte sich Kou zur Seite, um aus dem Fenster sehen zu können. Mysteriös und unnahbar war dieser Mensch, dass wusste er nach seiner bisherigen Einschätzung schon. Er würde sich sein Vertrauen hart erarbeiten müssen, auch das stand bereits fest.
 

Abermals seufzte er tief und da er ein leicht nervöser Mensch war, der nicht stillsitzen konnte, was wiederum von seinem Beruf kam, stand er auf und begann seine Sachen aus den Koffern im Kasten oder sonst wo, zu verstauen. Lange brauchte er nicht dafür, denn er war flink und seine Finger hatten da schon einiges an Übung. Abermals betrachtete er den Raum und sein Blick blieb an dem Zeichen an der Wand hängen. Gesehen hatte er es schon mal, dass wusste er, aber der Bedeutung konnte er sich nicht mehr entsinnen und er ließ es bleiben, darüber nachzugrübeln.
 

Der restliche Tag verlief ziemlich ruhig und er hielt sich die meiste Zeit in seinem neuen Zimmer auf, um auf dem Balkon zu sitzen und in den wolkenverhangenen Himmel hinaufzustarren und nachzudenken. Seine ganzen Freunde hatte er zurückgelassen, obwohl, wenn er genau nachdachte, hatte er nie wirklich enge Freunde gehabt. Er vertraute niemanden, außer ein paar Ausnahmen und er wollte es auch nicht. Beziehungen hatte er sowieso nie angefangen, denn er interessierte sich weder für Frauen, noch für Männer so wirklich.
 

Seid diesem einen Vorfall schon gar nicht mehr. Das war wahrlich eine schwere Zeit gewesen und damals hatte er sich geschworen, niemals, aber auch wirklich niemals mehr eine Person an sich heran zulassen. Weder aktiv, sprich sexuell, noch passiv, sprich Vertrauen, Freundschaft usw.. Allein die Erinnerung an dieses Arschloch ließ wieder unbändige Wut und Trauer in ihm aufsteigen. Wie konnte dieser Bastard es nur wagen, ihn so auszunutzen! Erst von wegen ‚Ich liebe dich mein Schatz’ und dann? Ja dann hatte er ihm wehgetan, ihn befleckt, erniedrigt und gebrochen.

Sein Vater weiß bis heute nichts davon, ihm hatte er gesagt, er wäre in eine Schlägerei verwickelt worden.

Nein! Nie wieder würde er jemanden ins Vertrauen ziehen, nie wieder jemanden von sich etwas preisgeben, nie wieder lieben.
 

Als es dann schließlich Abend wurde und er seinen Namen in Verbindung mit den Worten ‚Es gibt Abendessen’ hörte, stand er auf, streckte sich und ging langsam nach unten in den Raum, wo sie ihre Mahlzeiten zu sich nahmen.

„Na, Kou? Hast du dich in deinem Zimmer schon eingelebt? Hast dich ja den ganzen Tag nicht blicken lassen!“, lächelte ihm Chiyo entgegen und er lächelte etwas matt zurück.

„Ja hab ich! Es ist wirklich sehr schön und die Aussicht ist umwerfend!“, sagte er und wendete sich wieder seinem Essen zu.

„Das freut mich!“, sagte sie und tat es ihm gleich.

Er hatte keinen großen Hunger, deswegen war er als erstes fertig und schaute sich derweilen im Raum um, wo sein Blick auf ein paar Fotos fiel. Da er sie von seinem momentanen Standpunkt aus nicht genau erkennen konnte, nahm er sich vor, sie in den kommenden Tagen mal genauer unter die Lupe zu nehmen.
 

„Ach ja Kai!“, der angesprochene hob seinen Kopf und schaute zu seiner Mutter.

„Wann musst du denn heute arbeiten?“, fragte sie ihn so nebenbei und räumte den Tisch ab, da alle bereits mit dem Essen fertig waren.

„Um 20:00 Uhr!“, sagte er indem er ein paar Gesten der Zeichensprache vollführte.

„Ah ok! Dann hast du ja noch Zeit! Is ja erst 18:00 Uhr!“, sagte sie lächelnd und ging in die Küche, um das Geschirr, dass sie auf ein Tablett gestellt hatte, abzuwaschen.

„Arbeiten? Was arbeitet er wohl?“, fragte sich Kou und sprach es auch gleich aus.

„Kai? Was arbeitest du denn?“, fragte er den Langhaarigen, der ihn nun anblickte und abermals mit seinen kristallenen Augen fesselte. Doch statt irgendetwas der gleichen zu tun, sah er seinen Bruder nur an.
 

„Ich versteh schon Zeichensprache! Kannst ruhig so antworten, außer du willst mir nicht antworten!“, seufzte Kou und blickte seinen Bruder fest an. Er hatte mitbekommen, dass dieser nicht sprechen konnte.

Der Blonde bedeutete ihm mit einem „Geht dich nichts an“, dass er nicht weiterfragen sollte und stand auf, um den Raum in Richtung seines Zimmers zu verlassen. Koun seufzte und starrte auf den nun leeren Platz.

„Kou?“, fragte sein Vater leise und dieser sah auf.

„Ja?“, erwiderte er und schaute seinen Vater an.

„Was hat er gesagt und woher kannst du überhaupt die Zeichensprache?“, fragte sein Vater vorsichtig, dem das Temperament seines Sohnes sehr wohl bekannt war und dieses leicht dazu neigte, sofort ins Gegenteil umzuschwingen.

„Das…“, er machte die selbe Geste wie sein Bruder vorhin, „…heißt soviel wie ‚geht dich nichts an’ und woher ich das kann? Ein Kunde von mir hat mir das beigebracht! Besser gesagt einer seiner Freunde!“, antwortete Koun neutral und stand nun ebenfalls auf, um in sein Zimmer zu gehen.
 

Dort angekommen nahm er sich eine Decke und setzte sich abermals auf den Balkon. Ja, dieser ‚Freund’ von dem Kunden von ihm, der ihm das beigebracht hatte, war der Bastard gewesen, der ihm sein Herz gebrochen hatte. Ryuichi. Er war die erste und einzige große Liebe gewesen. Hätte er ihn nicht so zugerichtet, würde er wahrscheinlich immer noch mit ihm zusammen sein. Mit diesem Abschaum von einem Kerl.

New Job

Kapitel 2
 

Er schaute in den pechschwarzen Himmel hinauf und betrachtete die zahllosen Sterne, die kleinen leuchtenden Pünktchen in einem Meer von Schwarz und Dunkelheit. Nach diesem verhängnisvollen Tag, es war übrigens Vollmond gewesen, hatte er keinen einzigen Lichtfleck mehr gesehen. Seine gesamte Zukunft war dunkel und einsam. Niemand war da gewesen und seinen Vater wollte er damit nicht belasten, denn dieser war noch in einem zu labilen Zustand wegen dem Tod seiner Mutter gewesen. Er wollte nicht alleine sein und dennoch hatte er sich geschworen, es zu bleiben.
 

Koun hielt es nicht mehr aus und stand auf. Er musste weg, irgendwohin in eine Bar. Seine Arbeit musste er auch aufgeben, auch wenn er sie geliebt hatte wie nichts anderes auf der Welt. Das schwingen der Flaschen, der Duft von einer frisch geöffneten Flasche Tequila und die Musik. Die laute Musik, die einem in einen euphorischen und gleichzeitig rauschähnlichen Zustand brachte und man nichts mehr um sich herum wahrnahm, außer die Flaschen, die sich wie Wind in den Händen bewegten. Lange hatte er gebraucht, viele Kurse hatte er belegen müssen, um solch eine Perfektion in sein Handwerk zu bringen. Dort, wo er früher wohnte, war er berühmt für seine ‚Kunst’, ja, er war wirklich Barkeeper mit Leib und Seele und er würde sich wieder eine Bar suchen, die wie für ihn geschaffen war. Die Bar früher war auch sein Reich gewesen, ihm war dieses Gebäude sofort ins Auge gesprungen und das war Grund genug gewesen, sich dort zu bewerben und schließlich aufgenommen zu werden.
 

Er durchsuchte seinen Kasten nach seinen Klamotten, die er immer bei seinem Job getragen hatte. Eine eng anliegende, schwarze Hose mit Nietengürtel und ein enges schwarzes, ärmelloses Shirt. Seine Haare brachte er diesmal in eine geordnete Form, indem er sie leicht nach unten drückte und einen Scheitel zog, den man aber unter seiner fülligen Mähne nicht bemerkte. Ein bisschen schwarzen Kajal um seine Augen auftragen und perfekt war die Maske, die er beim Weggehen immer aufgesetzt hatte. Dann nahm er noch seine Schuhe aus dem Schrank und fertig war er für die Jobsuche.

Koun öffnete die Tür und ging nach unten, um seinen Vater bescheid zu sagen, dass er weggehen würde, um die neuen Bars unsicher zu machen.
 

„Wie siehst du denn aus?“, fragte ihn Chiyo, nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte.

„Keine Sorge Schatz! So sieht er immer aus, wenn er weggeht!“, sagte Seijo beruhigend zu seiner Liebsten und wendete sich nun wieder seinem Sohn zu.

„Willst du dir wieder die selbe Arbeit suchen?“, fragte er Koun, welcher nickte.

„Ja das will ich! Es ist meine Bestimmung, den gleichen Job wieder zu wählen!“, sagte er und die Entschlossenheit war aus seiner Stimme herauszuhören.

„Nun gut! Dann geh und folge deiner Bestimmung!“, lächelte sein Vater und zeigte mit einer freundlichen Bewegung zur Tür.
 

Als sich Koun allerdings umdrehte, blieb er wie angewurzelt stehen. Kai kam gerade die Treppe runter und wie dieser jetzt aussah, verschlug ihm regelrecht die Sprache. Die eng anliegende, an manchen Stellen zerrissene Jeans und das ärmellose, an den Schultern ausgefranste Kapuzenshirt, ließen seine Figur besonders gut zur Geltung kommen und verliehen ihm einen maskulinen und erwachsenen Eindruck. Seine Haare hatte er am Hinterkopf zusammengebunden und sie standen oben am Zopf wild vom Kopf ab. Der Rest seiner blonden Mähne umrahmte sein Gesicht und wirkte nicht mehr so brav heruntergekämmt wie am Nachmittag. Er konnte nur über diesen Anblick staunen, denn so hatte er seinen Bruder nicht eingeschätzt.
 

„Komplett in schwarz und mit Kajal umrahmten Augen! Das hätt ich jetzt nicht gedacht! Sah er doch aus wie so ein typisches braves Muttersöhnchen! Wie man sich täuschen kann und dann noch diese Figur betonenden Klamotten! Mensch! Nicht schlecht! Hätt ich nicht besser machen können!“, dachte der Langhaarige und musste sich ein Grinsen verkneifen.

„Wird doch wohl viel interessanter als ich gedacht hab! Mal sehen als was sich unser kleiner Neuankömmling entwickelt!“, fügte er in Gedanken noch hinzu.
 

„Vielleicht kann dir Kai ein paar Tipps geben, wo du hingehen könntest und wo ein Platz frei ist!“, sagte Seijo freundlich zu seinem Sohn.

Koun hingegen schaute seinem Bruder nun tief in die Augen und alle schwiegen für einen Moment, dann ging er an Kai vorbei zu Tür und sagte dabei, ohne sich umzudrehen, „Ich denke nicht, dass er mir helfen wird! So wie ich das sehen, kann er mich nicht gerade gut leiden und außerdem werd ich mir alles mal alleine ansehen! Bis später!“

Er hob noch einmal verabschiedend die Hand und verschwand durch die Tür, die hinter ihm wieder ins Schloss fiel.
 

„Was war das denn gerade?“, fragte Chiyo, die verwundert eine Augenbraue nach oben gezogen hatte.

„Tja, so ist er eben! Er vertraut keinem und ist sowieso lieber alleine!“, sagte Seijo leicht betroffen und schaute auf die geschlossene Tür.

Ein Weilchen standen sie schweigend im Flur, bis Kai sich schließlich rührte und mit einer Handbewegung verabschiedete und ebenfalls aus dem Haus ging.
 

„Er ist also lieber alleine? Dabei habe ich gedacht, dass es genau das Gegenteil ist und außerdem! ‚Er kann mich nicht gerade gut leiden’, was sollte das? Hab ich etwa den Eindruck erweckt, als könnte ich ihn nicht leiden oder was?“, fragte sich der Langhaarige und bog nach einer Weile des Gehens um die Ecke.

„Komischer Kerl! Ich habe mich noch nie in meiner Einschätzung geirrt und bei ihm gleich zwei Mal!“, dachte er und öffnete eine Hintertür zu einem Lokal.

„Komisch aber interessant! Er weckt meine Neugier! Hätte nicht gedacht, dass mein neuer Bruder so mysteriös ist! Hätte ihn nach dem ersten Blick eher für einfältig und verdammt stur gehalten! Sehr interessant!“, er betrat das Gebäude und schallend laute Musik und Stimmen der Leute drangen an sein Ohr.
 

Koun hingegen ging die Straße entlang, an der beiderseits ein Lokal nach dem anderen war, welche die Türen bereits geöffnet hatten. Wirklich interessieren tat ihn keines im Moment so wirklich. Was war das nochmal gewesen mit ‚sofort ins Auge springen’? Bis sein Blick jedoch auf ein bestimmtes Gebäude fiel und er abrupt stehen blieb. Na also! Seine Sinne ließen ihn diesmal auch nicht im Stich und er musterte das Gebäude gründlich, bis er schlussendlich seinen Weg fortsetzte und auf genau dieses Lokal zusteuerte, dass seinen Blick aufgefangen hatte. Vor dem Gebäude blieb er nochmal stehen und schaute sich das Ganze genau an.
 

„’Stinger’? Komischer Name für ein Lokal! Heißt nicht eigentlich ein Cocktail so? Na ja egal! Auf ins Gefecht!“, schwirrte es ihm durch den Kopf und er ging auch nach Beendung des Gedankens zielstrebig in die Lokalität hinein. Die laute Musik und der Geruch von Zigaretten kam ihm entgegen und er fühlte sich jetzt schon wie zu Hause, auch wenn er noch keine Stelle hier hatte, er würde eine bekommen und das mit allen Mitteln.
 

Langsam ging er durch die Menge, den Blick ununterbrochen hin und herschweifend. Es gab mehrere Bars und es waren für die Zeit schon eine Menge Leute da.
 

Plötzlich hörte er ein lautes Klirren und er drehte sich um die eigene Achse und blickte in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Dass er ein so unscheinbares Geräusch, unter dem lauten Stimmengewirr und der schallenden Musik, hören konnte, war unmöglich, doch nicht für ihn. Er hasste es wenn Glas auf dem Boden in tausend kleine Splitter zerbarst und nur er hatte die Fähigkeit, so etwas aus dem größten Lärm herauszuhören. Seine Sinne waren schon auf solche Art von Geräuschen trainiert und geschärft. Wenn eine Bombe neben ihm explodiert wäre, hätte er es trotzdem noch hören können.

Er setzte sich an eine Bar, auf einen der noch freien Hocker und musterte das zerbrochene Cocktailglas am Boden. Sein Herz tat ihm weh, denn ihm wäre sowas nie passiert. Nie.
 

So nebenbei begutachtete er das Getränkereservoir des Lokals.

„Nicht schlecht!“, war sein erster Gedanke dazu, „Die haben hier echt alles!“, der zweite.

Aus dem Augenwinkel beobachtete er die Kellnerin, wie sie die Scherben einsammelte und in einem Kübel hinter sich unauffällig verschwinden ließ.

Er schüttelte kurz seinen Kopf und ließ seinen Blick wieder durch die Lokalität schweifen. Oh ja, hier würde er sich wahrlich wohl fühlen.
 

Neben ihm erschien ein Typ, der etwas unwirsch, wohl schon ein bisschen betrunken, nach einem Drink verlangte und sich auf dem Barhocker neben Kou niederließ.

„Der hat auch nicht gerade die Freundlichkeit mit dem Löffel gefressen! Ungehobelter Typ!“, dachte sich der schwarz Angezogene und wendete seinen Blick wieder der Kellnerin zu, die nun, da sie ein Glas zerbrochen hatte, etwas unsicher mit den Flaschen und Gläsern herumhaderte. Kou seufzte innerlich, soll sie ihn doch mal ranlassen! Er hätte das in Null-Komma-Nichts fertig und auf der Bar stehen.
 

Erneut seufzte er und lehnte sich an die Bar, doch als der Kellnerin, das zweite Glas in Folge, aus der Hand rutschte, handelte er aus reinem Reflex und griff blitzschnell über die Bar und hinderte das Glas daran, Bekanntschaft mit dem Boden zu machen.

Die Kellnerin hatte kurz die Augen geschlossen, doch als sie sie wieder öffnete, lagen keine Scherben am Boden, sondern ein Hand hielt das Glas fest im Griff. Sie glitt mit ihrem Blick den muskulösen Arm, die Schultern und schließlich zum Gesicht desjenigen hoch. Ein junger Bursche hatte das Glas aufgefangen und hatte sich so weit über die Bar gelehnt, um es greifen zu können.
 

„I-Ich danke Ihnen!“, sagte sie zaghaft und wollte dem Burschen das Glas aus der Hand nehmen, doch dieser dachte gar nicht daran, das Glas loszulassen.

„Ich mache Ihnen einen Vorschlag Miss!“, sagte er und ging um die Bar herum, sodass er neben dem Mädchen stand.

„Ich werde für Sie weiter machen und Sie setzten sich einen Moment hin! Sind ja eh schon vollkommen fertig!“, sagte er und stellte das Glas ab.

„Aber…“, wollte die Kellnerin protestieren, doch er unterbrach sie, indem er sich dem Kunden zuwendete und diesen um seine Bestellung fragte.

„Was hat der Herr bestellt?“, fragte er höflich und lächelnd. Der Mann gab ihm eine schroffe Antwort, doch von dessen miesem Charakter ließ sich Kou nicht einschüchtern. Er griff nach der ersten Flasche, wirbelte diese kurz durch die Luft und schenkte ein. Dies tat er auch mit den anderen Getränken, die in dem Drink mit inbegriffen waren und in weniger als einer Minute stand das fertige Getränk vor dem Mann.
 

„Bitte sehr! Kassieren wird dieses nette Mädchen neben mir hier!“, sagte er mit einem Lächeln, dass einen Eisberg hätte schmelzen können und wand sich der Kellnerin zu.

Diese allerdings war nur verwundert und gleichermaßen überwältigt von der Leidenschaft, die der junge Bursche in sein Handwerk legte. Als sie endlich aus ihrem Staunen herauskam, kassierte sie den Betrag und wendete sich wieder ihrem Gegenüber zu.
 

„Entschuldigen Sie bitte meine Frage, aber woher können Sie das und wer sind Sie überhaupt? Sie können das ja schon fast so gut wie Akumakaso-san!“, fragte das Mädchen standhaft, aber dennoch etwas schüchtern.

„Akumakaso-san?“, schwirrte es ihm kurz durch den Kopf bevor er antwortete.

„Ich habe das schon Jahre lang trainiert und gelernt! Musste aber meine Arbeit wegen unwichtigen Gründen aufgeben und Sie können mich gerne Akuro-san nennen!“, lächelte er sie an und die Kellnerin wurde kreidebleich.
 

„Akuro-san?“, fragte sie schockiert.

„Sie sind Akuro-san? DER Akuro-san? Der legendäre Barkeeper der Eastside?“, fragte das Mädchen nochmal nach.

„Ganz recht!“, antwortete ihr Kou lächelnd.

„Welch eine Ehre!“, rief sie schon fast aus und reichte ihm zitternd die Hand, die er auch annahm und leicht drückte.

„Ach was! Übertreiben Sie es nicht Miss! Ich bin doch kein Hollywood-Star oder sowas!“, sagte er etwas beschämt und mit einem Hauch rot auf den Wangen.

„Zwar kein Hollywood-Star, aber eine Berühmtheit allemal! Alle kennen Sie! Alle!“, sagte sie mit funkelnden Augen und einem herzlichen Lächeln auf den Lippen.

„Na ja…“, sagte er und fügte sofort hinzu, „sagen Sie mal Miss, wer ist eigentlich Akumakaso-san?“.
 

„Aku-san ist der beste Barkeeper hier im ‚Stinger’ und im Ort! Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er ist fast so gut wie Sie Akuro-san!“, sagte das Mädchen voller Begeisterung.

„Moment mal!! Akumakaso? Akuma? Kaso? Fuck!!“, Kou ging ein Licht auf und das Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben, da das Mädchen eine besorgte Miene aufsetzte.

„Ist alles in Ordnung mit Ihnen Akuro-san?“, fragte sie sorgenvoll.

„Ja ja! Alles ok! Sag mal, kann ich zum Boss dieses Lokals? Ich möchte nämlich hier arbeiten und würde mich gerne bei ihm vorstellen!“, sagte er und lächelte nun wieder.

„Natürlich! Ich werde Sie zu ihm bringen!“, antwortete das Mädchen und bedeutete ihm mitzukommen.
 

Nach ungefähr einer halben Stunde kam er wieder zu dem Mädchen an die Bar, das ihn freudestrahlend begrüßte.

„Und? Sind Sie aufgenommen?“, fragte sie neugierig und musterte den Burschen abschätzende.

„Ja das bin ich!“, sagte er und lächelte das Mädchen herzlich an. Diese sprang ihm regelrecht an den Hals und strahlte über beide Ohren.

„Das freut mich so für Sie Akuro-san!“, sagte sie und ließ ihn nun wieder Luft zum Atmen.
 

„Weißt du was, du duzt mich bitte und sagst mir dann auch noch deinen Namen, ja?“, erwiderte er und lächelte liebenswürdig.

„Ok Akuro-san! Mein Name ist Mizuki!“, antwortete sie und lächelte immer noch herzlich.

„Gut Mizuki! Der Boss sagte, du sollst mich allen vorstellen und wenn es dir nichts ausmacht, werde ich dir an deiner Bar helfen!“, sagte Kou zu seiner Gegenüber.

„Natürlich kannst du mir helfen! Ist eh immer so viel los und ok, gehen wir kurz weg! Momentan is eh bei mir niemand!“, erwiderte sie und zeigte in die Richtung, in die sie auch gleich gingen.
 

Der Erste war ein junger Mann namens Kouichi, der ebenfalls ein gar nicht so schlechter Barkeeper war, was ihm Kou auch gleich sagte. Er war ein hoch gewachsener Bursche mit schwarzen Haaren und blitzblauen Augen.

An der zweiten Bar, stand ebenfalls ein junger Bursche, der Matsuda hieß, mit seiner Kollegin Klara. Klara war ein schwarzhaariger, vollbusiger Wildfang, die ebenfalls ihr Handwerk gut beherrschte. Matsuda war eher der stillere Typ, war aber auch nicht schlecht im Umgang mit Flasche und Glas.

Bei der letzten Bar allerdings…
 

Kou blieb wie angewurzelt stehen. Ihm kam ein junger Bursche mit dunkelblondem, auf einen Zopf zusammengebundenen Haar entgegen, der bei seinem Anblick ebenfalls abrupt stehen blieb.

Der beste Barkeeper der Eastside stand seinem neuen Bruder gegenüber, der ihn ebenfalls mit einem erstaunten Blick ansah, doch wie auf Befehl erschien auf jedem der beiden Gesichter ein Grinsen.

„Das ist also Akumakaso-san!“, sagte Kou und sein Grinsen wurde breiter.
 

„Gerade wollte ich eine neue Flasche Whiskey holen und wer steht da vor mir, mein liebes Bruderherz! Ich muss zugeben, dass hat mich mehr als nur ein bisschen überrascht! Der kleine Itshashiba als Barkeeper!“, dachte der Dunkelblonde und grinste vor sich hin.
 

Das Mädchen schaute verwundet von einem zum anderen, die nur da standen und sich angrinsten.

„Interessant!“, ging es beiden fast gleichzeitig durch den Kopf, „sehr interessant!“.

„Ähm… Akumakaso-san? Das ist Akuro-san! Unser neuer Mitarbeiter! Sie haben sicher schon von ihm gehört, oder?“, sagte das Mädchen nun und blickte zu dem Dunkelblonden. Bei diesem gefror von einer Sekunde auf die andere das Grinsen zu Eis und die leicht geröteten Wangen nahmen eine unnatürlichen Blässe an.
 

„Akuro-san? Das da ist Akuro-san? Der beste Barkeeper der Eastside und noch weiter? Der mit dem Feuer in den Augen und der Leidenschaft in den Fingerspitzen? NEIN!“, dachte Kai schockiert und starrte weiter in die eisblauen Augen seines Bruders, der sich wohl gerade als größter Barkeeper der Umgebung entpuppt hatte.
 

Kou merkte natürlich, wie schockiert sein Bruder über diese Neuigkeit war und sein Grinsen wurde noch um eine Spur breiter.

„Überrascht Aku-san?“, diese Worte trafen genau ins Schwarze, dass sah Kou in den Augen seines Bruders, denn diese funkelten ihn von einer Sekunde auf die andere wütend an.

„Beweis es!!“, war die nun zweite Geste, die er, nach dem ‚Geht dich nichts an’, von seinem Bruder vorgezeigt bekam.

„Aber gerne!“, sagte er, ging zur Bar und sah seinen Bruder wieder an.

„Was hättest du denn gerne? Was fruchtiges? Scharfes oder von überall etwas?“, fragte er grinsen und musterte den Dunkelblonden.

„Ich hätte gerne etwas, was die Kehle runter brennt, aber dennoch einen milden Geschmack und eine gute Note hat!“, bedeutete dieser und wartete auf die Reaktion seines Bruders. Dieser überlegte kurz und schnappte sich dann ein Glas.
 

„Da hab ich wohl genau das richtige für dich in petto!“, sagte er und nahm sich die Flasche Tequila in die Hand. Er wirbelte diese kurz durch die Luft, öffnete mehr als nur geschickt und flink den Stöpsel und ließ ein wenig davon ins Glas laufen, dann nahm er sich die nächste Flasche her und mischte so lange verschiedenste Getränke und Sirups zusammen, bis er die richtige Mischung erreicht hatte. Dann zog er noch zwei kleine Fläschchen aus seiner Hosentasche und träufelte jeweils von einem der Fläschchen zwei Tropfen ins Glas.
 

„Et Voila! Hier, koste! Gemischt nach deinem Charakter und deiner Feurigkeit! Wird dir hoffentlich schmecken! Individuell nur für dich gestaltet!“, sagte Kou und reichte Kai das Glas mit der unten intensiv bläulichen, in der Mitte grünlichen und oben weißlichen Flüssigkeit, verziert mit einer Zitrone und einer Erdbeere am Glasrand. Dieser nahm das Glas entgegen und betrachtete das Getränk skeptisch, bevor er es an die Lippen setzte und einen Schluck daraus trank. Es brannte den Hals hinunter und Kai musste noch einmal schlucken, doch umso weiter es runterkam, desto wärmer wurde es in seinem Körper. Der Geschmack entfaltete sich erst so richtig, als es bereits im Magen ankam. Eine Mischung aus Tequila, Gin, anderen alkoholischen Getränken und einigen Sirups.
 

„Verdammt, ist das geil! Brennt runter und dann doch so, als ob man nur Wasser getrunken hätte! Das Blau, wie chemisch verändert und vermischtes Chloroform. So ein scharfer und feuriger Geschmack und dennoch so leicht und kaum spürbar. Das Grün einer neonfarbenen Lava-Lampe und der Geschmack von frischer Kiwi und ein hauch an Wassermelone. Weiß wie der Nebel und undurchdringlich, eine Mischung aus Cocos- und Bananensirup. Mann! Nicht dumm! Muss ehrlich zugeben, ich hätte das nicht machen können!“, dachte er und trank abermals einen Schluck, um dieses geile Gefühl noch einmal zu verspüren.
 

„Na? Passt’s?“, fragte Kou lächelnd und musterte seinen Bruder, dem das Getränk wirklich zuzusagen schien, da er immer wieder einen Schluck davon trank. Der Blonde schaute ihn leicht grimmig an, als er die Frage hörte.

„Mach ihr auch einen Drink!“, ließ er ihm durch die Gesten mitteilen und deutete auf Mizuki.

„Wie du wünscht!“, erwiderte der schwarz Angezogene und wendete sich wieder der Bar zu.
 

Innerhalb von einer Minute hatte er wieder einen Drink zusammengemischt, den er dann an Mizuki weiterreichte.

„Eine milde Mischung aus Frucht und einigen Likörs! Nur für dich gemacht!“, sagte er und lächelte seine Gegenüber an.

Das Getränk hatte diesmal eine rötliche Farbe, die am Boden wie ein Rubin schimmerte und nach oben in ein Orange, Weiß und Rosa überging.

„Danke!“, erwiderte sie und nahm einen Schluck davon.

„Mh, echt lecker!“, sagte sie und strahlte. Nahm abermals einen Schluck davon.
 

„Sag mal Akuro-san! Woher weißt du eigentlich, dass ich keine stark alkoholischen Sachen trinke?, fragte sie nun nach einigen Schlucken von dem Getränk.

Der Angesprochene lächelte nur und schaute dabei Mizuki an.

„Der Charakter der Menschen ist oft in deren Augen zu lesen! Du zum Beispiel bist ein liebenswürdiges, offenes und gutmütiges Mädchen, dass es hasst, jemanden anzuschreien oder auch nur böse anzuschauen!“, sagte er und schaute der braunhaarigen, wie ihm nun erst so richtig auffiel, da sie im Licht stand, tief in die mandelbraunen Augen.
 

„Kennst du den Menschen und seinen Charakter, kannst du ihm automatisch einige Getränke und Geschmacksrichtungen zuteilen!“, fuhr er fort und blickte nun zu seinem Bruder.

„Dein Feuer in die Augen verlangt nach etwas scharfem und prickelnden und trotzdem…“, er senkte den Blick kurz, um seinen Bruder auch gleich wieder anzusehen, „…trotzdem ist da etwas in deinen Augen, dass nach Sanftheit und etwas Fruchtigem verlangt! Vielleicht ist es die nie jemandem gezeigte Freundlichkeit oder etwa tiefer gehendes, aber ich muss zugeben, noch nie habe ich bei einem Menschen so herumgehadert, wie bei dir, Aku-san!“, fügte er noch hinzu.

„Dein Inneres in Form eines Getränks zu offenbaren, ist mir bei anderen noch nie so schwer gefallen! Außer dir, gibt es nur einen Menschen, bei dem es mir genauso ergangen ist, nur diesem Menschen wäre ich am Liebsten nie begegnet!“, endete er in einem Flüsterton und wendete sich abrupt wieder Mizuki zu.

„Also wenn wir nicht gleich wieder zurückgehen, dann werden die Kunden sauer und wir bekommen Ärger mit dem Chef!“, sagte er und Mizuki erschrak.

„Oh ja! Komm!“, erwiderte sie nur knapp und sie gingen zu ihrer Bar zurück, wo sie auch gleich alle Hände voll zu tun hatten, da sich wirklich schon eine beachtliche Menge an Leuten angesammelt hatte, doch kein Problem für Kou.
 

Kai hingegen stand noch eine Weile unbeweglich am selben Fleck, bevor er seinen Weg fortsetzte und ins Lager ging, um eine Flasche Whiskey zu holen.

„Dieser Mensch ist unglaublich! Er kann Getränke alleine nach dem Charakter zusammenstellen!“, dachte der Dunkelblonde und griff nach einer Flasche des gesuchten Getränks. Danach ging er wieder hinaus und begann, das fehlende, mit Whiskey versetzte Getränk, zu mischen.

„Feurigkeit, versteckte Liebenswürdigkeit, so ein quatsch! Aber was hatte er nochmal gesagt? Von wegen einer Person, die er am Liebsten nie getroffen hätte? Dabei hatte er so einen verzweifelten und traurigen Ausdruck in den Augen, dass es sogar mir etwas mulmig in der Magengegend wurde! Was ist da wohl passiert? Vielleicht das Gleiche wie mir damals?“, fragte er sich und stellte das fertige Getränk auf die Bar.

„Sollte ich vielleicht doch etwas netter zu ihm sein?“, dachte sich Kai und nahm das nächste Glas zur Hand.

„Ja, vielleicht sollte ich das wirklich!“, mit diesem Gedanken stempelte er das Thema für den Moment ab und setzte seine Arbeit fort.

Fragen über Fragen

Kapitel 3
 

Kou lag im Bett und vergrub sein Gesicht im Polster, da die aufgehende Sonne durchs Fenster schien und ihn, obwohl sie nicht direkt auf sein Bett schien, blendete.

Er war erst um 6:00 Uhr nach Hause gekommen und konnte beim besten Willen nicht einschlafen und dafür gab es nur einen Grund: Kail Akuma Kaso.

Warum hatte er das gesagt? Warum hat er gesagt, es gäbe eine Person, die er am Liebsten nie getroffen hätte? Warum sagt er sowas zu einem Menschen, bei dem er eigentlich nicht vorgehabt hatte, ihn in sein Privatleben einzuweihen? Warum hatte er sich geschworen, ewig eine Maske zu tragen, wenn sie so leicht abbröckelte? Lag es an ihm? An Kai? Hatte er sich von dessen Augen so sehr in den Bann ziehen lassen, dass er ihm so etwas sagte? Er wusste es nicht.
 

Seufzende stand er auf, nahm sich eine Decke, öffnete die Tür zum Balkon und ließ sich auf die Hollywoodschaukel fallen. Er zog seine Beine an seinen Körper, deckte sich zu und bettete seinen Kopf auf seinen Knien. Wie konnte er nur so blöd sein? Selbst das Geheimnis seines Erfolges hatte er ihm und auch Mizuki verraten. Einen Drink nach dem Charakter des Menschen zu mixen, dem er gehört, war bis jetzt ein Mysterium gewesen. Wieder konnte er sich nur Fragen: Warum hatte er es ihnen verraten? WARUM?? Kou raufte sich die Haare.
 

„Das darf doch wohl nicht wahr sein!!“, murmelte er und legte seine Hände wieder auf den Knien ab. Sein Geheimnis zu verraten war eine Sache, aber das mit der verhassten Person eine andere. Noch nie hatte er auch nur ein einziges Wort zu jemandem über diese Person gesagt, nicht mal zu seinem Vater, obwohl, eine Person gab es da schon, aber die hatte er seid Jahren schon nicht mehr gesehen.

Er seufzte resigniert und schaute in die Ferne.
 

Seine Gedanken schweiften langsam ab. Zurück zu der Zeit, in der er noch glücklich und hoffnungslos in diesen einen Menschen verliebt war. Ja, er hatte Ryuichi bedingungslos geliebt und vertraut. Niemals hätte er auch nur im Geringsten gedacht, was ihm dieser einmal antun könnte, aber er wurde eines Besseren belehrt.
 

[...]
 

Der Tag hatte so schön angefangen und er ging mit seinem Freund im Park spazieren. Sie lachten, hatten Spaß, doch als es anfing zu regnen und sie in sein Haus flohen, um sich vor dem, vom Himmel fallenden Nass zu schützen, sollte sich alles ändern, sollte alles zerstört werden. Sein Körper, sein Herz, seine Seele…

Gebrochen und beschmutzt, blutend und verletzt und das nicht nur äußerlich, lag er am Boden. Als er sich wieder bewegen konnte, verließ er das Haus seines Liebsten. Sein Herz gebrochen, sein Körper zerschunden, seine Seele verbrannt von der unendlichen Trauer und dem Schmerz, der sich nun ebenfalls einen Weg ins Innere seines Herzens suchte, bohrte sich tief hinein, um für alle Zeit an das zu erinnern, was die Liebe aus ihm gemacht hatte.
 

[...]
 

Kou schrak hoch. Er war wohl doch eingeschlafen und hatte von ihm geträumt. Von diesem Bastard von einem Mann.

Langsam und mit zitternden Händen fasste er an seine Wange, wo er eine nasse Spur bemerkte, die sich von seinen Augen Richtung Kinn bahnte. Die Tränen waren noch nicht versiegt und setzten ihren Weg ungehindert über die unnatürlich blassen Wangen des Weinenden fort. Glänzende, salzige Perlen tropften auf die Decke, die ihn nur noch halb verhüllte. Sie verschwanden im weichen Stoff und hinterließen einen kleinen Fleck, der jedoch nach kurzer Zeit wieder im Nichts verschwunden war.
 

„Shit!“, wisperte Kou und wischte das salzige Nass von seinem Gesicht, doch die leicht geröteten Augen blieben als Zeugen der Tränen zurück.

Langsam setzte er sich auf. Sein Nacken und sein Rücken schmerzten. Seine Füße waren eingeschlafen und er spürte sie kaum noch. Wie in Zeitlupe streckte er sie aus und verzog alsgleich das Gesicht, denn nun kribbelten sie unangenehm.

Nachdem das Kribbeln aufgehört hatte, stand er langsam auf und streckte sich.
 

Die Sonne stand schon hoch am Himmel und zeigte ihm, dass es sicher schon kurz vor Mittag war. Er ging langsam in sein Zimmer hinein und schaute in den Spiegel, alsgleich erschrak er und seine Augen weiteten sich. Mann, sah er schrecklich aus. Er hatte verheulte Augen und noch dazu dunkle Ringe darunter. So konnte er sich doch nicht unten blicken lassen. Was würden sie von ihm denken? Dass er nachts heult wie ein Baby oder was? Nein! Er würde eher sterben, als seine Schwachpunkte irgendeiner Person zu offenbaren. Bei Ryuichi hatte er es getan und er hatte einen hohen Preis zahlen müssen. Nie wieder würde er jemandem vertrauen, jemandem seine schwache Seite zeigen, nie wieder lieben. Nie wieder.
 

Sich von dem Spiegel lösend ging er zu seinem Bett, legte sich hinein und deckte sich zu. Er würde heute einfach nichts essen, dass stand bereits fest. Sollen sie doch denken, er würde schlafen, obwohl er das sicher keine einzige Sekunde konnte.
 

Kai indessen lag ebenfalls auf seinem Bett und lauschte der Musik, die er schon den ganzen Vormittag laufen ließ. Seine Gedanken jedoch drehten sich nur um eine Person, seinen Stiefbruder. Dieser hatte sich nämlich als der beste Barkeeper der Eastside herausgestellt und dieser Gedanke behagte dem Dunkelblonden ganz und gar nicht. Hatte er sein neu gewonnenes Familienmitglied so falsch eingeschätzt?

Ja, dass hatte er wohl und zwar gravierend. Nie im Leben hätte er gedacht, dass Kou ein solcher Mensch war. Der größte Barkeeper des Landes und dazu noch dieser mysteriöse und uneinschätzbare Charakter.
 

Der Blondschopf seufzte. Mysteriös war ja fast schon gar kein Ausdruck mehr. Nichts wusste er über den Kerl. Nichts! Hatte er doch gedacht, dass er ein einfältiger Sturkopf wäre, doch das war er nicht. Stur? Ok, dass war er schon, jedenfalls ein bisschen. Aber nicht einfältig. Nein, er hatte so viele unterschiedliche Eigenschaften und Fassetten, sodass er, Kai, nie so wirklich wusste, was dieser gerade dachte oder welcher Charaktereigenschaft er ihm momentan zuordnen könnte. Es war zum Verzweifeln.
 

Plötzlich vernahm er die Stimme seiner Mutter, die von unten heraufhallte: „Es gibt Essen! Kou, Kai! Aufstehen!“.
 

Widerwillig setzte sich Kai auf, streckte sich und machte sich auf den Weg nach unten.

Als er in die Küche kam begrüßten ihn Seijo und Chiyo mit einem freundlichen und lächelnden „Guten Morgen“, worauf er mit einem Nicken antwortete. Er setzte sich auf seinen Platz und sein Blick wanderte automatisch über den Tisch zum gegenüber liegenden Platz der… leer war?
 

Kai zog verwundert eine Augenbraue nach oben. Kou war nicht da? Sonst verpasst er doch nie eine Mahlzeit. Ist er etwa so spät heim gekommen, dass er jetzt noch schläft? Das wäre eine erwägbare Möglichkeit, aber war dem wirklich so?

Irgendwie machte er sich Sorgen um sein Bruderherz, denn schließlich war er es, der immer als Erster am Tisch saß und aufs Essen wartete.
 

Chiyo war sein Blick anscheinend nicht entgangen und sagte deshalb lächelnd: „Willst du nicht einmal nachsehen, ob er noch schläft? Das Essen wird sonst kalt, wir können nicht ewig auf ihn warten!“.

Das war ja so klar gewesen, dass er wieder mal nach der Schlafmütze schauen musste, doch irgendwie wollte er das ja auch. Irgendwie.
 

Kai stand auf, wobei der Sessel leicht knarrte, als er zurückgeschoben wurde und verließ die Küche Richtung Kou’s Zimmer.

Dort angekommen blieb er unschlüssig vor der Tür stehen. Sollte er wirklich einfach so hineingehen oder besser mal anklopfen? Aber wenn er wirklich schläft, würde er ihn da nicht ein bisschen brutal aus den Träumen reißen, wenn er da so an die Tür pochte? Er wollte ihn ja nicht wecken. Schon, aber nicht so abrupt, lieber sanft, sonst würde er den ganzen Vormittag wieder so zickig sein. Kou war schon oft ein ganz schöner Morgenmuffel, dass hatte er schon des Öfteren erlebt.
 

Er entschied sich für die einfach-hineingehen-und-ihn-sanft-wecken-Methode. Langsam und leise öffnete er die Tür und lugte durch den Spalt hinein. So geräuschlos wie möglich schob er sie auf und hatte nun freien Blick auf das Bett, wo wirklich noch, eingewickelt in die Decke, ein Bündel namens Kou lag. Einen Schritt trat er ein, dann einen zweiten. So leise wie möglich ging er in den Raum und schloss die Tür wieder hinter sich, doch er erschrak fast zu Tode, als plötzlich Kou zu ihm sprach.
 

„Ich habe keinen Hunger! Also lass mich bitte schlafen!“, sagte er leise und in einem eisigen Ton, dass Kai ein Schauer den Rücken runter lief. Was war das denn jetzt?
 

Kou hingegen lauschte gespannt in die Stille hinein. Was sein Bruder jetzt wohl tut? Er hätte fast einen Herzinfarkt bekommen, als plötzlich die Tür aufging. Gerade war er eingenickt und dann hörte er Schritte, die er als die seines Bruders identifizierte. Am Anfang hatte er sich noch gefragt, was dieser wohl von ihm wollen könnte, doch da er wusste, dass es bereits Mittag war, klärte sich diese Frage von selbst.
 

Sein Bruder jedoch tat nichts dergleichen, blieb einfach stehen und wartete. Kou verwirrte dieses Verhalten doch schon sehr, aber dennoch hatte er keine Lust seinen Bruder zu sehen, geschweige denn seine verheulten Augen preiszugeben.
 

Kai blieb einfach stehen, er wollte wissen, wieso sein Bruder so abweisend und kalt auf ihn reagierte. Er hatte ihm doch nichts getan, oder? Nein, auf jeden Fall nichts, was ihm im Moment einfiel.

Als er dann abermals die Stimme des im Bett liegenden vernahm, zuckte er zusammen, da er nicht darauf vorbereitet gewesen war bzw. so in seinen Gedanken vertieft, dass ihm die plötzliche Stimmerhebung kaltblütig aus ihnen herausgerissen hatte.

„Wie bereits gesagt, habe ich keinen Hunger! Also starr mich nicht so an und verlasse bitte mein Zimmer!“, murrte Kou ungehalten.
 

Hatte er gerade richtig gehört? Er starrte ihn an? Kurz überlegte Kai. Ja, er hatte ihn jetzt wirklich ununterbrochen angeschaut, oh wie peinlich!! Doch woher wusste Kou davon? Spürte der das, wenn man ihn lange ansieht? Wieder so ein Geheimnis!
 

„Warum verkrümelt sich dieser… dieser Blondschopf nicht endlich?! Verdammt ich will alleine sein und nicht in Gesellschaft meines stummen, gefühlskalten Bruders!“, dachte Kou gereizt und seine Augenbrauen zuckten verdächtig.

„Kann der mich nicht einfach in Frieden lassen?“, Resignation breitete sich in Kou’s momentaner Gefühlswelt aus und er murrte kurz.
 

Kai stattdessen kam noch einige Schritte näher ans Bett heran und stand nun ein paar Zentimeter vor der Bettkante. Sollte er sich einfach setzen? Gehen konnte er keinesfalls, denn sein Gefühl sagte ihm, dass da etwas ganz und gar nicht stimmte. Morgenmuffel hin oder her.
 

Langsam ließ sich der Blonde auf das weiche Bett sinken und Kou merkte das, da sich die Matratze ein Stück senkte. Kai legte sanft eine Hand auf die Schulter von Kou, wodurch dieser zusammenzuckte.
 

„Was soll der Scheiß?! Was wird das wenns fertig ist?! Spielt er jetzt den besorgten Bruder oder was?!“, ging es Kou durch den Kopf und er biss seine Zähne zusammen. Kai war ihm jetzt so nah, zu nah für seinen Geschmack und das würde er auch sofort ändern.
 

„Was soll das Kai?! Lass mich in Frieden!“, fuhr er ihn an und schlug die Hand seines Bruders weg. Noch immer sah er ihn nicht an, sein Gesicht so gut wie möglich versteckend. Doch Kai dachte gar nicht daran und beugte sich noch ein Stück vor, berührte ihn nun mit beiden Händen an beiden Schultern und versuchte ihn langsam, aber sicher zu sich zu drehen. Da hatte er aber nicht mit Kou gerechnet. Dieser schlug die Decke beiseite, sprang auf und funkelte seinen Bruder wütend an.
 

„Lass mich in Ruhe hörst du? Verschwinde und fass mich nie wieder an verstanden?!!“, schrie ihn Kou schon fast an, nahm sich seinen schwarzen, langen Mantel vom Kasten, den er am Vortag dort platziert hatte und riss die Tür auf.

„Fass mich nie wieder an!“, flüsterte er noch mit einem bedrohlichen Unterton, bevor er die Tür hinter sich zuschlug und eilig das Haus verließ.
 

Kai indessen saß da wie bestellt und nicht abgeholt. Was um Himmels Willen war das gewesen? Wie in Zeitlupe setzte er sich auf, unverwandt zur Tür schauend. Nicht nur das Verhalten seines Bruders war hochgradig merkwürdig, nein, auch sein Aussehen war nicht so wie immer. Wenn er sich da nicht täuschte, hatte er gerötete Augen und ein kalkweißes Gesicht. Er hatte geweint und das nicht mal so wenig, aber die unnatürliche Blässe machte ihm Sorgen. Wieso hatte er ihn auch unbedingt berühren müssen? Weil es sich gut anfühlte, den warmen Körper zu spüren?
 

Wenn er ehrlich zu sich war, fühlte es sich wirklich gut an, diese Wärme zu fühlen, die sich ihren Weg über die Fingerspitzen in den ganzen Körper bahnte. Ja, das war eine Wahrheit, aber das andere war, dass er es genossen hatte, diesem Menschen so nahe zu sein, ihn zu spüren, auch wenn es nur die Hände waren, die ihn berührt hatten.
 

Dabei hatte er in seinem ganzen Leben noch nie, nicht einmal ansatzweise, das Bedürfnis verspürt, jemanden berühren zu wollen, doch bei ihm war es anders. Ihn würde er am liebsten immer berühren, seine samtene Haut mit den Fingerspitzen liebkosen, seinen ganzen Körper entlangfahren und erforschen. Vor allem diese Lippen, diese seidig weichen, erdbeerfarbenen Lippen. Unbewusst fuhr er über seine eigenen. Sie berühren zu dürfen, wäre das höchste Glück auf Erden. Das Verschmelzen beider Münder, das Vereinen beider Körper und ihrer Seelen.
 

Kai fuhr hoch. Was hatte er da gerade gedacht?!! Kou war sein Bruder!!
 

Von einer Sekunde auf die andere war er aufgesprungen und aus Kou’s Zimmer in sein eigenes gestürmt, wo er auch sogleich die Tür hinter sich zuschlug.

Leicht keuchend ließ er sich aufs Bett fallen. Was hatte er da nur gedacht?! Kou war sein Bruder!! Nicht mehr und nicht weniger!

„Verdammt!!“, fluchte er in Gedanken und drehte sich auf den Rücken.
 

Er hatte gerade daran gedacht, wie es wäre Kou zu küssen und zu berühren. Na wenn das nicht ein Grund zu Besorgnis ist, dann wäre Kai in Zukunft der größte Stripper der Welt.

Verdammt er war sein Bruder!! Sein BRUDER!!!
 

Kai raufte sich die Haare und am liebsten hätte er jetzt laut geschrieen, was aber durch seine fehlende Stimme nicht möglich war. Das konnte, nein, das durfte doch nicht wahr sein!
 

Wie ein Mantra wiederholte er die Worte in seinen Gedanken: „Er ist dein Bruder!

Er ist dein Bruder… dein Bruder… dein Bruder…“
 

Chiyo hatte derweilen das Essen weggeräumt, da, wie es aussah, sowieso keiner daran dachte, es zu verspeisen.

„Wenn sie Hunger haben, dann kommen sie eh von alleine!“, dachte sie und verstaute es samt Mikrowellengeschirr im Kühlschrank.

Frei wie ein Vogel und mit nur einer Melodie

Kapitel 4
 

Kou hingegen ging schnellen Schrittes durch die Straßen. Egal wohin, Hauptsache nur weg, dachte er und fing an zu laufen. Er bog ab rannte durch eine Gasse, lief gerade aus bei der Abzweigung und blieb nach einem Kurzstreckenlauf schnaufend stehen. Vor ihm lag eine große Parkanlage, die in geradezu einzuladen schien, sich hier zu verschanzen.
 

Etwas langsamer ging er nun über die dort angelegten Kieswege, um sich einen Platz zum Verstecken und Entspannen zu suchen. Als er schließlich gesuchtes Objekt, nämlich einen riesigen Ginkobaum, gefunden hatte, kletterte er mit flinken und blitzschnellen Bewegungen auf einen der dicken Äste, die durch das dichte Blätterdach verdeckt wurden. Dort lehnte er sich an den Stamm des Riesen, atmete einmal tief durch und schaute sich um.
 

Ja, hier würde er sein neues, geheimes, nur für ihn gedachtes Plätzchen einrichten. In seiner Heimat hatte er auch einen solchen Platz, ebenfalls ein Uralter Baum, der bei der Geburt von einem seiner Vorfahren gepflanzt worden war, gehabt. Dort hatte er sich auch immer zurückgezogen, wenn er mal depressiv oder einfach nur fertig war. Der Baum gab ihm Ruhe und inneres Gleichgewicht zurück.
 

Dieser Baum war dem anderen zwar nicht ähnlich, doch er hatte die Gleiche beschwichtigende Wirkung auf ihn. Leicht schien das Licht durch die Blätter und ließ diese wundervoll magisch golden glänzen. Auch ein Vogel, der auf einem der zahlreichen Äste saß, trällerte ein fröhliches Lied vor sich hin, welches Kou ein sanftes Lächeln entlockte. Ja, sogar jetzt schon fühlte er sich besser als vorher, ausgeglichener und ruhiger.
 

Ein leises, kaum hörbares seufzen entrang seiner Kehle, ließ ihn wieder in seine Gedankenwelt abdriften. Diese Welt wurde seid Jahren nur von großem Leid, Hass, Selbstmitleid und Trauer erfüllt, doch es gab immer eine rettende Hand, die ihn aus der tiefsten Finsternis wieder ins Licht zog. Damals, vor vier Jahren, nach der Sache mit Ryuichi, hatte es nur eine Person gegeben, der er sich anvertraute und die ihn wieder aus der bodenlosen Dunkelheit zog, in die er sich selbst verkrochen hatte. Ja, damals war er wirklich knapp davor gewesen, sich umzubringen. Nicht nur wegen diesem Bastard, nein auch wegen der anderen Sache, die er immer noch mit sich herum trug.
 

Wieder ein Seufzen. Diese Person hatte er aber schon über drei Jahre nicht mehr gesehen, da er und seine Familie weggezogen waren. Leider wusste er nicht wohin, sonst hätte er ihm ja einen Brief geschrieben, aber da er ja wusste, dass dieser es gehasst hatte, Briefe zu schreiben, wurde daraus sowieso nichts. Zwar hatte er seine Handynummer und am Anfang hatten sie auch noch oft telefoniert, aber das wurde mit der Zeit immer weniger und dann war da eine neue Handynummer, die er ihm nie geschickt hatte. Früher hatte er sich oft gefragt, ob er es nicht wert war, seine neue Nummer zu bekommen und weiter sein Freund zu bleiben, aber dann hatte er es irgendwann mal einfach aufgegeben.
 

Langsam, wie in Zeitlupe hob er seinen Kopf und blickte in das vom Licht erhellte Blätterdach. Heute war so ein Tag, an dem er ihn hätte brauchen können. Jemandem, mit dem man reden konnte und der wusste, wie es einem ging und welche Schmerzen damit verbunden waren. Er war es nämlich gewesen, der ihn nach Ryuichis ‚Liebesbeweis’, wie er es selbst gerne nannte, gefunden und aufgepäppelt hatte.
 

Seine Aufmerksamkeit wurde plötzlich auf etwas anderes gelenkt, denn ein kleiner Vogel war auf einem Ast neben ihm gelandet und fixierte ihn mit skeptischem Blick. Dies entlockte Kou nur ein sanftes und amüsiertes Lächeln. Leicht hob er die Hand und streckte den Zeigefinger aus, um dem kleinen Wesen einen Platz anzubieten. Der Vogel beäugte die Sache erst misstrauisch, entschloss sich aber dann, das Angebot anzunehmen. Er ließ sich auf Kou’s Finger nieder und pickte sanft in die blasse Haut. Kou entlockte dies ein erfreutes, glockenhelles Kichern.
 

„Na du?“, sagte er sanft und strich dem kleinen Piepmatz mit der anderen Hand sanft über das Köpfchen, was dieser fröhlich zwitschernd tolerierte. Kou lächelte abermals sanft und ließ die Hand samt Vogel langsam auf seinen Schoß sinken. Er betrachtete weiterhin den kleinen Vogel, der fröhlich zu einem Lied anstimmte.
 

Ach ja, wo war er gerade gewesen? Genau, bei dem Rettungsseil. Doch wie es schien, war jetzt an die Stelle seines, damals besten Freundes, ein anderer getreten. Es war ihm erst heute bewusst geworden, dass dieser Mensch seine erneute Rettung bedeuten könnte. Kai hatte sich um ihn gesorgt, auch wenn er das nur mit Blicken ausdrücken konnte und nicht mit Worten. Er wollte ihm helfen, doch er war einfach abgehauen, weil er sich vor seiner Berührung gefürchtet hatte. Seid Ryuichi zuckte er bei jeder Berührung zusammen, auch wenn es nur sein Vater war. Dieser Bastard hatte ihn so geprägt, dass ihm jeder Windhauch schon einen unangenehmen Schauer den Rücken runterjagte.
 

Oh, wie er diesen Kerl doch dafür verfluchte. Er hasste ihn für jede Berührung zu viel, jedes verlogene Wort, sein ganzes Sein verfluchte er. Wenn Ryuichi ihm noch einmal über den Weg laufen würde, dann würde er ihm entweder die Fresse polieren oder, was er eher glaubte, sich wirklich umbringen. Seid diesen vier Jahren hatte er ihn nicht mehr gesehen und Gott, er war so dermaßen dankbar dafür, dass er diesen, wenn es ihn wirklich gibt, am liebsten geküsst hätte, aber zurück zur Realität.
 

Er sollte sich wirklich bei seinem Bruder entschuldigen, auch wenn er ihm nicht erklären kann, woher er dieses Anti-Berührungssyndrom hatte, denn von diesem Mannsbild wollte er ihm keinesfalls erzählen, aber eine Entschuldigung war fällig.
 

Nun fiel sein Blick wieder auf seine Umgebung, wo sich mittlerweile eine ganze Menge an Vögeln versammelt hatte und einige davon auf seinen Füßen platz genommen hatten und ungehemmt zwitscherten. Hie und da ziepte einer an seinem Mantel, doch das störte ihn nicht wirklich. Hätte er etwas dabei gehabt, hätte er sie gefüttert, doch das schrieb er sich geistlich auf einen Notizzettel, fürs nächste Mal, wenn er wieder her kam und das würde bestimmt bald sein.
 

Eine leichte Brise ließ seine Haare durch die Luft wirbeln und die Blätter leise rascheln. Dieser Ort war wirklich einmalig, nichts hatte ihn bis jetzt so in den Bann gezogen wie dieser Baum mit seinen unglaublich vielen wunderschönen Fassetten.

Nein, Moment! Es gab sehr wohl etwas, dass eine noch größere Wirkung auf ihn hatte, als dieses grün der Blätter und das glänzende Gold des Lichts, nämlich ein kristallblaues, mit dunklen Schattierungen versehenes Augenpaar, dass seinem Bruder gehörte.
 

Mein Gott, der hatte vielleicht atemberaubend schöne Augen. Das Blau des Meeres und dennoch, die Schattierungen erinnerten ihn an einen Edelstein. Wie hieß der noch gleich? Ah ja, die dunklen Einsprenglinge hatten die Farbe eines Obsidian gemischt mit dem Blau eines Lapislazuli. Die Farben kombiniert wie Licht und Schatten, doch von so gigantischer Ausstrahlungskraft, dass es einem einen Schauer den Rücken runterjagte. Doch das Mysteriöseste an diesen Augen ist, dass sie so verschlossen sind wie eine Eisentür. Eine Eisentür zur Gruft der Gefühle dieses Jungen.
 

Kou schloss die Augen und lauschte dem Gezwitscher der Vögel. Kai war so ungewöhnlich, mysteriös und trotzdem war er hübsch. Diese dunkelblonden, glänzenden Haare, dieser schlanke, muskulöse Körper und diese Augen. Diese faszinierende Mischung, kristallblau. Wenn er jetzt auch noch eine Stimme hätte, wäre er einfach der perfekte Mann. Seine Stimme müsste tief und rau sein, dennoch nicht zu rau, sonst könnte es sein, dass man ihn beim Reden nicht gut versteht. Er hatte mal einen Kunden, bei dem war es so. Wenn er dann auch noch seinen Namen sagen würde, wäre er… Ja was wäre er? Glücklich?
 

Nachdenklich schaute er sich um. Ja, vielleicht wäre er glücklich. Aber wäre das nicht jeder, wenn sein Bruder auf einmal seine Stimme wieder finden würde? Wahrscheinlich. Irgendwie hatte er jetzt große Lust auf Musik, natürlich selbst gespielt. Was ja keiner wusste war, dass er für sein Leben gerne ein selbst komponiertes Stück auf dem Klavier spielte. Es hatte sogar mal eine Zeit gegeben, in der er in der Schule, wenns mal wieder Langweilig war, in ein kleines Büchlein Lieder hineingeschrieben hatte, die ihm, je nach Laune, einfielen. Davon gab es natürlich auch ein Lieblingsstück.
 

Langsam richtete er sich auf und streckte sich, sodass einige der Vögel wegflogen und es sich auf benachbarten Ästen gemütlich machten. Sein Freund früher, hatte immer mit ihm zusammen gespielt. Der war ja sogar mal in der Schulband gewesen. Klasse Spieler, muss man ihm lassen, aber mittlerweile konnte er ebenso gut spielen wie er, mit dem kleinen Unterschied, dass er sich das alles selbst beigebracht hatte. Wer hätte es ihm denn auch gelernt? Seinen Vater wollte er nicht belästigen, da der selbst genug Stress hatte und er ihm nicht noch eine weiter Bürde auf den Hals hetzen wollte, überhaupt wegen dem Geld.
 

Kou drehte sich ein Stück, sodass seine Füße nun vom Ast baumelten. Ja, dieser Platz hier würde zukünftig seine Zuflucht werden, wenn es ihm im normalen Leben mal wieder, kurz: scheiße ging. Er fühlte sich wie neu geboren und lächelte deshalb selig. Galant sprang er vom Baum und landete leichtfüßig auf den Beinen. Mit einer eleganten Bewegung richtete er seinen Mantel und ging vor sich hinlächelnd Richtung Straße.
 

Neugierig schaute er sich die Auslagen der Geschäfte an. Kleidung, Schmuck und kleine Mitbringsel für die Touristen waren in Vitrinen und Auslagen zu sehen. Doch dann fiel sein Blick auf einen weiteren Laden auf der gegenüberliegenden Straßenseite und er blieb stehen. Ein Lächeln, das jeden Eisberg hätte schmelzen können, erschien auf seinem Gesicht. Er setzte sich in Bewegung, überquerte die Straße und trat an den Laden heran, in dessen Auslage einige Gitarren hangen und unter anderem, ein Stück weiter hinten, ein großer Flügel stand, der geradezu danach rief, benutzt zu werden.
 

Der Bursche öffnete die Ladentür, die mit einem Klingeln aufging und betrat den Raum. Noch einmal sah er sich um, bevor er schnurstracks auf den Flügel zusteuerte.

Doch bevor er sich setzten konnte, kam ein Verkäufer herangeeilt und fragte nach seinen Wünschen.

„Wie kann ich Ihnen helfen junger Mann?“, fragte der etwas ältere Herr freundlich.

„Liegt es im Bereich des Möglichen, dass ich diesen Flügel kurz teste?“, fragte Kou ebenfalls in einem sehr höflichen Ton.

„Aber natürlich! Setzen Sie sich doch!“, antwortete der Mann lächelnd und bedeutete ihm, sich hinzusetzen.
 

Ganz langsam und vorsichtig ließ er sich auf den kleinen Stuhl fallen und strich einmal ehrfürchtig über das lackierte, glänzende Holz. Anschließend öffnete er den Deckel und besah sich der Tasten, bevor er seine Finger aufsetzte.

Er begann langsam eine Melodie zu spielen, wobei er die Augen schloss und nur auf die Klänge dieses einmaligen Instruments hörte. Der Verkäufer war verblüfft über den jungen Mann.

Alle Leute, die an diesem Geschäft vorbei kamen, blieben stehen und lauschten den bezaubernden Klängen dieses Musikers.
 

Kou nahm nichts mehr war. Nur noch die Klänge des Flügels, die eigens komponierte Melodie, die er früher immer mit Teru zusammen gespielt hatte. Fühlte diese unglaubliche Wärme die sich in ihm ausbreitete und das Gefühl, frei wie ein Vogel mit dieser Melodie davonfliegen zu können. Frei von allem Leid, frei von allem Hass und frei von allem Leben. Wenn er so sterben könnte, wäre das das höchste und unbeschreiblichste Glück.
 

Nach schier endlose Zeit endete das Lied und es blieb eine ganze Weile noch still, bis die letzten Töne verklungen waren. Kou öffnete die Augen und sah den Ladenbesitzer einen Meter neben sich stehen.

„Bewundernswert! Wirklich fantastisch! Sie sind ein wunderbarer Spieler!“, applaudierte dieser, als der Blick auf ihn fiel und die Menge, die die ganze Zeit gelauscht hatte, stimmte mit ein.
 

Der junge Mann am Klavier war sichtlich verwirrt über die Menge an Leuten, die sich mittlerweile angesammelt hatte und ihn bewundernde Worte zuriefen. Er hätte nicht gedacht, dass seine Komposition eine solche Wirkung auf die Leute hatte.
 

Was er allerdings nicht bemerkte war, dass ein dunkelblonder Junge vor dem Laden stand und sich eine Hand auf die Brust hielt.
 


 

Kai hatte, nachdem er sich eingeredet hatte, dass Kou nur sein Bruder war und nicht mehr, ein schlechtes Gefühl in der Magengegend und beschloss kurzerhand, seinen neu gewonnenen Bruder zu suchen. Was sich allerdings als so gut wie unmöglich herausstellte.

Einige Stunden hatte er nach Kou gesucht, doch vergebens. Sogar den ganzen Park war er abgelaufen, ohne Erfolg.
 

Schlussendlich hatte er einfach aufgegeben, da ihm die Lust vergangen war, wie ein Blöder durch die ganze Stadt zu hirschen, deshalb hatte er sich an einem Eisstand ne Tüte Eis gekauft und hatte sich auf eine Bank neben dieser gesetzt.
 

Als das Eis weg war, blieb er einfach noch ein wenig sitzen und genoss das Wetter. Er liebte den Sommer und hasste den Winter wie die Pest. Doch seine Gedanken wanderten wieder zu seinem verschwundenen Bruder zurück. Eine Entschuldigung war wohl angebracht, denn er hätte ja wirklich nicht gleich so nahe kommen müssen und irgendwie verstand er Kou auch. Ihm wär es sicher auch unangenehm gewesen, wenn ein fast bildfremder ihm so auf die Pelle gerückt wäre.
 

Ein langes Seufzen entkam seiner Kehle, doch kein Laut war zu vernehmen. Er ließ seinen Blick umherschweifen und blieb an einer Person hängen. Moment! Schwarzer Mantel? Verstrubbelte Haare? Kai blinzelte noch einmal, bevor er sich sicher sein konnte. Tatsache! Es war sein verschwundenes Bruderherz! Der Dunkelblonde entschloss sich aber dazu, ihm nicht gleich anzusprechen, wäre das stimmlich möglich gewesen, sondern ihm einfach unauffällig zu folgen, um zu sehen, was der hier so trieb. Langsam stand Kai auf, streckte sich ausgiebig und ging dann los, um sein Opfer im Visier zu behalten, allerdings auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
 

Das Objekt seiner Begierde allerdings ging einfach in gemütlichem Tempo die Straße entlang, schaute hie und da in eine Auslage. Kai fragte sich gerade, ob er ihn nicht doch einmal auf sich aufmerksam machen sollte, als sein Bruder stehen blieb. Ebenso blieb Kais Herz und er selbst stehen, als Kou plötzlich ein Lächeln aufsetzte. Noch nie in seinem bisherigen Leben hatte der Blonde so ein Lächeln gesehen. Sein Herz setzte wieder ein und begann schneller zu schlagen, als je zuvor. Dieses Lächeln brannte sich in seinen Geist und sein Herz dachte auch nicht daran, sich wieder zu beruhigen, auch wenn der Auslöser dieses Herzrasens bereits in einem Geschäft verschwunden war.
 

Kai stand da, wie eine Bronzestatue und konnte sich nicht bewegen. Sein Herz raste und in seinem Gesicht zeichnete sich eine unnatürliche Röte ab.

Nach einigen verstrichenen Minuten schüttelte er kurz den Kopf und wie in Zeitlupe ging er auf den Laden zu, indem sein Bruder verschwunden war. Vor der Auslage blieb er stehen und schaute hinein. Dort saß er und hob gerade den Deckel eines Flügels an, über den er zuvor ehrfürchtig drüber gestrichen hatte.
 

Als Kou dann zu spielen begann, konnte sich Kai nicht mehr rühren. Die Melodie, die der Bursche angestimmt hatte, war von so unglaublich sanfter und unbeschreiblich beruhigender Natur, dass Kai nicht wusste, was er denken sollte. Die Noten waren so präzise gewählt und aufeinander abgestimmt, dass es einmaliger hätte nicht sein können. Er verstand ja schließlich etwas davon, er war ja nicht nur Barkeeper. Früher, ja früher hatte auch er eine andere Spate der Kunst vollführt, nicht das schwingen der Flaschen, nein, die Kunst, eigene kleine Werke zu schaffen und sie dann in Klängen und Tönen wiederzugeben.
 

Kai lauschte wie gebannt der Musik, so wie es viele andere ihm gleich taten. Doch jedes Lied hat einmal ein Ende, auch dieses und als es eintraf, blieb es eine Weile ganz still um sie herum. Kein Mucks war zu hören, alle genossen noch den letzten Rest der Melodie der langsam aber sicher verhallte.
 

Der Blonde beobachtete seinen Bruder, wie er langsam die Augen öffnete, sich langsam zu dem Verkäufer drehte, der der Erste war, der anfing zu applaudieren. Die Menge setzte mit ein, doch Kai stand wie gebannt da und konnte seinen Blick nicht von dem Burschen wenden. Viel zu faszinierend und wunderschön war dieser Mensch, doch als sein Blick in seine Richtung fiel, drehte er sich blitzschnell zur Seite und stand nun mit dem Rücken an einer Mauer.
 

Sein Herz schlug wie wahnsinnig, sodass er seine Hand auf die Brust legte. Noch nie hatte ihn ein Mensch so bezaubert und es würde auch kein anderer mehr tun, dass wusste Kai. Er wollte wegrennen, doch er war unfähig sich zu bewegen, viel zu sehr hatte ihn diese Melodie berührt, ihn gefangen genommen, um ihn nie wieder loszulassen.
 


 

„Ich danke Ihnen wirklich! So viel Lob hab ich doch nicht verdient!“, sagte Kou und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

„Doch doch junger Mann! Sie sind ein ausgesprochen talentierter Spieler!“, erwiderte der Verkäufer lächelnd.

„Aber nicht doch!“, lächelte Kou.

Nach ein paar Minuten allerdings verschwand die Menge an Leuten wieder und Kou konnte sich wieder dem älteren Mann widmen.
 

„Ich habe leider nicht das Geld, diesen Flügel zu bezahlen und mitzunehmen, aber könnte ich trotzdem manchmal herkommen und auf ihm spielen? Ich bitte Sie inständigst darum!“, fragte Kou fast flehend und verbeugte sich vor dem Mann.

„Aber natürlich! Kommen Sie so oft Sei wollen junger Mann! Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir öfters etwas vorspielen würden!“, sagte der Verkäufer entzückt.

„Wissen Sie, mein Enkel spielt auch für sein Leben gerne Klavier oder in seinem Fall eher auf dem Keyboard, aber da er nicht so oft hier im Geschäft spielt, kann ich ihm auch nicht zuhören! Aber Sie sind mindestens genauso gut wie er!“, fügte er noch hinzu und lächelte.
 

„Schön! Wenn es Ihnen wirklich nichts ausmacht, dann komme ich öfter mal vorbei!“, sagte Kou höflich und höchst erfreut über dieses Angebot.

„Sie sind immer Willkommen junger Mann!“, antwortete der ältere Herr fröhlich und grüßte Kou noch zum Abschied mit einem Handzeichen.

„Ich danke Ihnen! Bis demnächst!“, erwiderte er und schloss nun die Tür hinter sich.

Kou ging bester Laune die Straße zurück, die er gekommen war, Richtung zu Hause.
 

Allerdings hatte er nicht bemerkt, dass ein blonder Junge ihn von einer Gasse heraus beobachtete und ihm nach einem sehr langen Abstand folgte.

Wiedersehen

Kapitel 5
 

Als Kou zu Hause ankam, wurde er nach dem Schließen der Tür, von einem sehr besorgten Seijo aufgesucht.

„Kou wo warst du? Wir haben uns schreckliche Sorgen gemacht!“, sagte dieser und man konnte die Besorgnis aus seiner Stimme heraushören.

„Keine Angst, ich war nur spazieren und habe dabei eine sehr interessante Entdeckung gemacht!“, sagte er höflich und lächelte seinen Vater an, welcher darüber so verwirrt war, dass er nichts mehr darauf erwidern konnte.

„Nächstes Mal sag ich wohin ich gehe! Heute war das eine Ausnahme! Verzeih bitte!“, fuhr er fort in dem selben höflichen Ton wie vorher, nur das am Ende des Satzes eine reuevolle Miene zu sehen war.
 

„Äh… Schon gut! Wenn es nicht wieder vorkommt! Aber sag mal, hast du Kai gesehen? Der ist geraume Zeit nach dir losgegangen, vielleicht um dich zu suchen!“, fragte sein Vater abermals mit besorgten Gesichtsausdruck.

„Was? Kai ist auch los? Nein, den hab ich leider nicht gesehen! Sorry!“, antwortete Kou wahrheitsgemäß und entlockte damit seinem Vater einen tiefen Seufzer.

„Soll ihn suchen gehen?“, fragte Kou und erntete ein Kopfschütteln seines Vaters.

„Der wird schon wiederkommen! Iss du erst mal was! Komm!“, Seijo bedeutete ihm mitzukommen und Angesprochener widersprach nicht.
 

Kou war gerade beim Essen, als die Tür erneut aufging. Seijo war sofort aufgestanden und in Richtung Tür verschwunden. Kurz darauf betrat er wieder den Raum und setze sich erneut hin. Er wurde allerdings von Kai begleitet, der nun in der Tür zum Speiseraum stand.

„Willst du nicht auch herkommen und was essen, Kai?“, fragte Seijo, doch der dunkelblonde reagierte nicht, stattdessen war sein Blick auf seinen Stiefbruder gerichtet.
 

Dieser blickte vom Essen auf und seine Augen trafen eine Mischung von Obsidian, Lapislazuli und Meeresblau. Doch von einer Sekunde auf die andere schoss Kai eine Röte in Gesicht und er machte kehrt. Schnellen Schrittes war er verschwunden und man hörte Sekunden später eine Tür ins Schloss fallen. Kou zog verwundert eine Augenbraue hoch. Was war denn mit seinem Bruder los?

Doch schlussendlich tat er es mit einem Schulterzucken ab und widmete sich wieder seinem Essen.
 

Kai allerdings lag im Bett und bedeckte sein Gesicht mit den Händen. Gott war ihm das peinlich! Er war rot geworden und das wegen seinem BRUDER!! Aufgebracht raufte er sich die Haare. Heute war das erste Mal gewesen, dass er rot geworden war und noch dazu hatte er ein solches Herzrasen gehabt, dass es schon fast weh tat und das alles nur wegen seinem Bruder! Seinem BRUDER! Abermals raufte er sich die Haare. Das darf doch wohl nicht wahr sein! Diese Augen, diese brünetten, verstrubbelten Haare, dieser schlanke, zierliche Körper und dazu der helle Teint! Gott, wie geil konnte ein Mensch eigentlich sein?!
 

Der beste Beweis saß gerade seelenruhig am Tisch und aß.

Der Blonde rollte sich auf den Rücken und drückte ein Kissen, dass er sich gekrallt hatte, auf sein Gesicht. Was sollte er jetzt machen? Wie sollte er sich verhalten? Er mochte seinen Bruder! Seinen BRUDER! Es war zum Verzweifeln.
 

Abermals änderte der Blonde seine Liegeposition und lag nun auf der Seite, wobei er das Polster gegen seine Brust drückte. Was sollte er bloß machen?
 

Kou hingegen war mit dem Essen fertig und widmete sich den Fotos, die er schon am Anfang bemerkt, aber noch nicht angesehen hatte. Er erkannte Chiyo, die fröhlich lächelte, einen Mann, den er nicht kannte, einen kleinen Jungen und ein Mädchen. Moment, ein Mädchen? Wer war das denn? Er musterte die Kleine und merkte, dass sie Kai zum Verwechseln ähnlich sah. War das etwa Kais Schwester? Wenn ja, warum kannte er sie dann nicht?
 

Skeptisch zog er eine Augenbraue hoch und begutachtete die anderen Fotos. Tatsache, auf jedem Foto war die Familie Kaso und dieses Mädchen drauf. War das tatsächlich seine Schwester? Er beschloss der Sache nachzugehen. Wenn Chiyo von der Arbeit nach Hause kam, würde er sie fragen. Damit war die Sache erledigt und er verzog sich in sein Zimmer.
 

Doch schon nach geraumer Zeit wurde ihm langweilig. Mit einem kurzen „Geh in die Stadt“ zu seinem Vater verschwand er aus dem Haus seiner Stiefmutter.

In gemütlichem Tempo schlenderte er die Straße entlang und je näher er seinem Ziel kam, desto breiter wurde sein Grinsen. Bis er schließlich zum zweiten Mal an diesem Tag vor dem Musikladen stand. Kou wusste jetzt schon, dass er hier viel Zeit verbringen würde und das ließ ihn freudvoll Lächeln.
 

Die Glocke kündigte das Öffnen der Ladentür und somit das Eintreten eines neuen Kunden an, was den Verkäufer auch gleich zum Erscheinen brachte.

„Oh! Sie sind es wieder junger Mann!“, lächelte der Verkäufer und freute sich insgeheim wieder auf so ein musikalisches Meisterwerk wie am Vormittag.

„Ja! Bin schneller wieder hier, als ich es eigentlich geplant hatte!“, grinste er schelmisch und schüttelte dem Verkäufer die Hand, die ihm dieser gereicht hatte.
 

„Das freut mich und übrigens, mein Name ist Kou! Sie brauchen mich nicht zu siezen!“, erwiderte er freundlich und der Mann nickte lächelnd.

„Mein Name ist Tatsuya Shibata! Freut mich dich kennenzulernen Kou!“, lächelte der Mann.

„Die Freude ist ganz auf meiner Seite Herr Shibata! Es ist wirklich sehr freundlich von ihnen, dass ich den Flügel benutzen darf!“, sagte Kou und verbeugte sich anerkennend vor dem Mann.

„Aber nicht doch, es ist mir eine Freude, jemanden glücklich zu machen!“, erwiderte Shibata. Kou lächelte abermals und ließ sich dann auf dem kleinen Hocker nieder, der vor dem Flügel stand.
 

Langsam öffnete er den Deckel. Bevor er jedoch anfing zu spielen, überlegte er kurz, welches Stück er diesmal anstimmen sollte. Als er sich eines ausgesucht hatte, begann er zu spielen. Es war eine fröhliche Melodie.
 

Kou hatte die Augen geschlossen und so merkte er nicht, wie ein mandelbraunes Augenpaar ihn musterte.
 

Das nächste Lied, dass er begann zu spielen, war eine romantische Melodie, welche dem Verkäufer einen wohligen Schauer den Rücken runter jagte.

Die mandelbraunen Augen allerdings weiteten sich in stillem Erkennen und die Person, zu der das Augenpaar gehörte, trat aus dem hintern Raum des Geschäfts hervor und ging ein Stück näher an den fremden Pianisten heran. Dieser setzte erneut zu einer Melodie an, welche der Verkäufer als die vom Vormittag wieder erkannte.
 

Der Braunäugige holte sich leise einen Sessel, stellte ihn neben Kou, ließ sich darauf nieder und begann zu spielen. Kou seufzte leise. Ja, früher hatte er oft gemeinsam mit seinem besten Freund gespielt. Genauso wie jetzt, zu zweit und mit dieser Melodie. Moment!!! Zu zweit?!!
 

Kou riss die Augen auf und blickte in mandelbraune, umrahmt von tiefschwarzem Haar.

Endlos tiefe braune Augen… die, die er doch schon von Kindestagen kannte… die, die ihm immer Mut zugesprochen hatten, egal wie aussichtslos die Situation war… die, die er so vermisst hatte.

„Hallo Kou! Lange nicht gesehen!“, hörte er die tiefe, weiche Stimme und er konnte nicht anders, als seinem besten Freund um den Hals zu fallen.

„Teru, ich hab dich so vermisst!“, wisperte Kou tränengetränkt in die Schulter seines Freundes, der ihm beruhigend über den Rücken strich.

„Ja, ich dich auch!“, flüsterte dieser zurück.
 

Nach schier endloser Zeit lösten sie die Umarmung und Teru lächelte Kou sanft an.

„Du hast dich sehr verändert! Ich hätte dich nicht erkannt, wenn du diese Melodie nicht gespielt hättest!“, grinste der Schwarzhaarige und Kou musste lächeln.

„So so! Seinen Sandkastenfreund nicht wiederzuerkennen ist aber nicht nett!“, sagte er und zog gespielt einen Schmollmund, der Teru auflachen ließ.

„Ach komm schon! Sei nicht so!“, sagte dieser und klopfte dem Brünetten auf die Schulter.
 

Jetzt mischte sich auch der Verkäufer ein, dem nicht ganz klar war, was da gerade abging.

„Kennt ihr beide euch?“, fragte er und zog eine Augenbraue hoch.

„Ja Großvater, das tun wir! Wir sind sowas wie Sandkastenfreunde, doch vor drei Jahren, als wir wegzogen, musste ich ihn verlassen!“, am Anfang hatte er noch gelächelt, doch dann schaute er traurig aus dem Fenster und seufzte leise.

„Oh!“, sagte Shibata knapp, aber dann lächelte er.

„Doch jetzt habt ihr euch wieder gefunden oder nicht?“, fügte er noch hinzu.
 

Nun erschien Terus Gesicht ein sanftes Lächeln.

„Ja, dass haben wir und ich werde auch nie wieder zulassen, dass wir getrennt werden!“, sagte er bestimmt und lächelte seinen Freund an.

Dieser wusste keine Antwort und schaute im ersten Moment nur verblüfft in die mandelbraunen Augen, doch dann nickte er lächelnd.

„Das will ich doch hoffen!“, grinste Kou nun und klopfte seinem Freund auf den Rücken.
 

Ein fieses Grinsen erschien plötzlich auf den Zügen des Brünetten und Teru schwante böses.

„Apropos! Ich habe da noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen mein Lieber!“, sagte er und nahm Teru blitzschnell in den Schwitzkasten.
 

Dieser wollte sich wehren, musste sich aber eingestehen, dass Kou stärker war und er sich nicht befreien konnte.

„Du hast mir weder deine Adresse, noch deine neue Handynummer gegeben und sowas nennt sich bester Freund!“, sagte Kou und verpasste seinem Opfer eine Kopfnuss.

„Au! Gnade! Bitte lass mich los!“, heulte Teru gespielt, doch es wirkte nicht.

„Ich will eine Entschuldigung hören!“, flötete der Brünette und drückte noch ein bisschen fester zu.

„Au! Entschuldigt bitte euer Gnaden! Euer unterwürfiger Diener hat es nicht verdient, von euch Freund genannt zu werden! Entschuldigt bitte mein beschissenes Verhalten!“, erwiderte Teru und Kou begann zu lachen, wobei er seinen Freund losließ.
 

Dann begann auch Teru zu lachen, doch nach einer Weile hatten sie sich wieder beruhigt und lächelten einander an.
 

Der Verkäufer, der sich als Terus Großvater herausgestellt hatte, verschwand leise und sanft lächelnd im Nebenraum, aus dem Teru vorher gekommen war, um die beiden in ihrer Wiedersehensfreude nicht zu stören.
 

„Ist schon ok! Ich denke, du hattest deine Gründe dafür, obwohl du mir wenigstens die Handynummer hättest schicken können!“, sagte Kou und setzte ein trauriges Lächeln auf, welches Teru dazu brachte, seinen Freund zu umarmen.

„Sorry Kleiner! Ich werde dich nie wieder alleine lassen!“, murmelte er und strich über den Rücken des Brünetten.
 

„Entschuldigung angenommen!“, wisperte dieser sanft lächelnd und mit geschlossenen Augen zurück. Diese Umarmungen hatte er vermisst. Früher, wenn es ihm einmal schlecht ging, war Teru auch immer zur Stelle gewesen und hatte ihn in den Arm genommen. Ihre Klassenkameraden hatten sie auch oft veräppelt, von wegen „Hey ihr zwei Schwuchteln, schon wieder am knutschen“ oder ähnliches, doch davon ließen sie sich nicht einschüchtern, ganz im Gegenteil. Teru hatte es nie etwas ausgemacht und ihm auch nicht. Der Schwarzhaarige war zu 100% hetero und das wusste Kou auch.
 

„Sag mal Kou!“, unterbrach Teru die angenehme Stille und somit die Gedankengänge seines Freundes.

„Ja?“, fragte dieser zurück und sie lösten die Umarmung, um sich ansehen zu können.

„Gehen wir ein Stück?“, fragte der Schwarzhaarige und lächelte.

„Gern!“, antwortete ihm sein Gegenüber nicht minder lächelnd.
 

Sie gingen gerade durch den Park, als Teru abermals die Stille brach.

„Kou?“, fragte er und blickte zur Seite, um seinen Freund sehen zu können.

„Ja?“, antwortete dieser und dirigierte den Schwarzhaarigen mit sich auf eine der Parkbänke, um sich dort niederzulassen.

„Arbeitest du eigentlich immer noch als Barkeeper? Damals hast du ja auch in einer Bar gearbeitet!“, meinte der Schwarzhaarige und schaute seinen Freund interessiert an.
 

„So so! Er weiß also nicht, das ich Akuro-san bin! Interessant! Mal schauen, was er für ein Gesicht macht!“, dachte Kou und grinste innerlich.

„Klar doch! Hast du schon mal was vom legendären Barkeeper der Eastside gehört? Akuro-san? Der mit dem Feuer in den Augen und der Leidenschaft in den Fingerspitzen?“, fragte verschmitzt und setzte eine Unschuldsmiene auf.
 

Minuten vergingen, doch Teru starrte seinen Freund nur an, kein Ton verließ seine Lippen.

„Nicht dein Ernst…“, war der Einzige gewisperte Satz, den dieser nun nach geschlagenen 5 Minuten herausbrachte. Kou allerdings setzte ein diebisches Lächeln auf.

„Hat dich das jetzt so überrascht, das du auf einmal stumm geworden bist?“, kicherte der Brünette und Teru erwachte aus seiner Starre.

„N-Nein, aber ich war nur so… überrascht, dass es mir die Sprache verschlagen hat!“, erwiderte er leicht beschämt.
 

Kou begann zu lachen. Noch nie hatte er seinen Freund so sprachlos gesehen und dann noch das mit einem leichten Rot-Ton versehene Gesicht und der beschämte Ausdruck waren wirklich ein Anblick für Götter.

Teru hingegen schaute ihn erst perplex an, doch dann zog er eine Schmollmund und verschränkte die Arme vor der Brust.

Dem Brünetten standen bereits Lachtränen in den Augen und er hielt sich den Bauch fest, denn dieser Blick, den sein bester Freund jetzt aufgesetzt hatte, war noch besser als der vorherige.
 

„Bist du bald fertig!“, grummelte der Schwarzhaarige angesäuert und bedachte Kou mit einem bösen Blick.

Dieser lachte nochmal herzlich auf und so schnell konnte Teru gar nicht schauen, schlangen sich Arme um ihn und zogen ihn in eine Umarmung. Kou kichert noch ein bisschen, doch dies legte sich schnell und wich einem liebevollen Lächeln.

„Ich hab dich wirklich vermisst!“, wisperte er seinem Freund ins Ohr, welchem ein angenehmer Schauer den Rücken runterlief.
 

Schlussendlich seufzte er nur und erwiderte die Umarmung.

„Ich dich auch! Sehr sogar!“, flüsterte er, schloss die Augen und genoss die Nähe des Brünetten.

Lange verweilten sie in dieser Umarmung und erfreuten sich der Anwesenheit ihres besten Freundes. Sanft strich Teru durch Kou’s Haare, die er leicht zwischen den Fingern kräuselte und dann wieder glatt strich.
 

„Sag mal…“, wisperte er und betrachtete die Strähne, die er abermals durch seine Finger gleiten ließ.

„Hm…“, murmelte Kou zurück, dachte aber gar nicht daran, die Umarmung zu lösen.

„Warum hast du dir deine Haare abgeschnitten und gefärbt?“, erwiderte der Schwarzhaarige und fügte gedanklich noch ein „sie waren doch so schön“ hinzu.

Bevor Kou antwortete, löste er die Umarmung, um seinen Freund ansehen zu können.
 

„Warum? Gefall ich dir so nicht?“, war die Antwort, welche von einem Lächeln begleitet wurde.

„Das war nicht meine Frage!“, murrte Teru zurück.

„Wer sagt denn, dass ich sie abgeschnitten habe?“, grinste Kou und erhob sich, um sich ausgiebig zu strecken.

„Bitte?“, erwiderte Teru fragend und zog elegant eine Augenbraue nach oben.

„Was heißt das?“, fügte er noch hinzu, stand auf und lief Kou hinterher, der schon weitergegangen war.
 

Doch leider konnte Teru keine Antwort aus Kou herauskitzeln und so beließ er es widerwillig dabei.

Eine Frage, Melancholie und ein Lied

Kapitel 6
 

Kleine Anmerkung des Autors:
 

>……< = Japanisch
 

……………………………………………………………………………………………….......
 

Gegen 16:00 Uhr kam Kou, bis über beide Ohren grinsend, nach Hause. Noch eine ganz schöne Weile hatte er mit seinem besten Freund gequatscht. Dieser hatte ihm unter anderem erzählt, dass es hier auch einen guten Kumpel von ihm gab, welchen er ihm bei der nächsten Gelegenheit vorstellen wollte.
 

„Vater ich bin wieder da!“, rief er in Richtung Küche, wo er bereits dessen Stimme vernommen hatte. Schnell zog er sich Schuhe und Jacke aus, um dann geschwind in die Küche zu laufen. Dort fand er Chiyo vor, die gerade das Abendessen auf vier Tellern verteilte und Kai der auf seinem Platz saß und in eine Zeitschrift vertieft war. Sein Vater, der gerade wieder in die Küche kam, um seiner Liebsten zu helfen, hatte zuvor den Tisch gedeckt und blickte nun überrascht zu seinem Sohn.

„Was ist denn mit dir los Junge? Du grinst ja wie ein Honigkuchenpferd! Was ist denn passiert?“, fragte der Ältere und runzelte leicht die Stirn.

„Dreimal darfst du raten, wen ich getroffen habe!“, sagte der Brünette und strahlte übers ganze Gesicht.
 

>Teru-kun!<, sage er vergnügt und merkte nicht einmal, dass er in seine Muttersprache umgeschwenkt war.

>Ist das dein Ernst! Wirklich Teru-kun? Deinen Sandkastenfreund, der vor 3 Jahren weggezogen ist?<, fragte Itshashiba ungläubig.

>Genau den! Sein Großvater besitzt einen Musikladen in der Stadt!<, grinste Kou und stieg hibbelig von einem auf den anderen Fuß.

>Ich fass es nicht! Zufälle gibt’s!<, sagte der Ältere und schüttelte lächelnd den Kopf.

>Und was für ein wundervoller Zufall!<, sagte Kou und lächelte, dass seinem Vater beinahe Tränen in die Augen traten. So hatte sein Sohn das letzte Mal vor 3 Jahren gelächelt.
 

Kou ließ sich, immer noch grinsend, auf einen der freien Plätze, der ihm zugeteilt worden war, auf den Sessel fallen. Erst jetzt bemerkte er, dass er von einem lapislazuliblauen Augenpaar misstrauisch betrachtet wurde. Was war denn jetzt los? Doch bevor er fragen konnte, richtete Chiyo das Wort an ihren Liebsten.

„Schatz, ich wusste gar nicht, dass du so eine Sprache sprechen kannst!“, sagte sie und musterte ihn ungläubig. Kurz war es still, bevor Seijo antwortete.

„Weißt du, es ist immer von Vorteil, wenn keiner weiß, dass ich auch Japanisch sprechen kann! Wenn das die falschen Leute hören, könnte es sein, dass wir keine Ruhe mehr in diesem Haus haben!“, sagte er beschämt und kratzte sich unbewusst, als Zeichen der Verlegenheit, am Kopf.
 

„Was meinst du damit Schatz?“, fragte sie nun noch beunruhigter.

„Liebste, du wirst es erfahren, sobald unser jährlicher Besuch in unserer Heimat ansteht, doch bis dahin musst du dich bitte gedulden! Es ist nichts schlimmes! Glaube mir bitte!“, sagte er und küsste sie beruhigen auf die Stirn.

Kou saß nur da und lächelte still vor sich hin, doch Kai war der Schatten, der kurz über das Gesicht des Brünetten gehuscht war, nicht entgangen.

Chiyo gab es auf, ihren Liebsten weiter auszufragen und servierte das Essen.
 

Das Essen war zu Ende, das Geschirr abgewaschen und der Tee serviert, welchen Kou und sein Vater immer zu sich nahmen. Der Brünette stellte gerade die Tasse ab, als sein Blick auf die Fotos fiel. Kurz überlegte er, bevor er die Frage stellte, die ihm schon seit dem Entdecken der Fotos auf der Zunge brannte.

„Sag mal Chiyo…“, begann er zaghaft, aber dennoch neugierig zu fragen.

„Ja?“, fragte sie und blickte zu ihm hinüber, da sie noch an der Abwasch stand.

„Wer ist das Mädchen auf den Fotos, die da auf dem Tisch stehen?“, fragte er und ließ seinen Blick langsam zu der Frau schweifen. Diese schaute ihn erschrocken an und ihr Gesicht war nun weiß wie ein Laken. Kou hatte auch nicht bemerkt, wie sich sein Bruder versteifte und nun krampfhaft die Zeitschrift fixierte, die er wieder zum Lesen herangezogen hatte.
 

„Hab ich etwas Falsches gesagt?“, fragte er erstaunt über die Reaktion, mit der er so gar nicht gerechnet hätte.

„N-Nein… es ist nur… sie ist…“, stotterte Chiyo und Seijo trat zu ihr.

Plötzlich, so schnell konnte man gar nicht schauen, sprang Kai auf und stürmte aus dem Raum Richtung Treppe. Kurz darauf hörte man eine Tür ins Schloss krachen.

„Ich hab wohl wirklich was Falsches gesagt!“, wisperte Kou und schüttelte den Schrecken ab, der ihn kurz übermannt hatte. Er schaute bedrückt zu Chiyo, die in den Armen seines Vaters lag ihr Gesicht in dessen Schulter versteckte. Sie weinte.
 

„Es tut mir Leid Chiyo! Wirklich!“, sagte er traurig und blickte seinen Vater kurz an.

„Weckst du mich bitte um 19:00 Uhr? Ich leg mich kurz hin!“, fragte er und dieser nickte als Antwort. Oben im Gang Richtung seines Zimmer hielt er inne. Er sollte sich vielleicht noch bei Kai entschuldigen. Langsam ging er den Gang hinunter Richtung Kais Zimmer. Sachte klopfte er an und nach wenigen Sekunden öffnete er langsam die Tür. Es war ziemlich dunkel in dem Raum, da die Vorhänge zugezogen waren. Sofort fiel sein Blick aufs Bett, wo ein blonder Bursche auf dem Bauch lag und sein Gesicht in einer Decke versteckte. Leise und sachte ließ er sich aufs Bett sinken.
 

„Kai?“, wisperte er sanft und legte zärtlich eine Hand auf die Schulter des Blonden. Dieser verkrampfte sich augenblicklich, doch noch bevor er etwas unternehmen konnte, sprach der Brünette.

„Es tut mir Leid! Ich hätte das nicht fragen dürfen!“, flüsterte er und strich sanft über den Rücken des Blonden. Doch plötzlich fuhr Kai herum, sodass er sich nun in einer sitzenden Position befand und fixierte ihn. Stiller Vorwurf war deutlich in den lapislazuliblauen Augen zu sehen.

Rüde antwortete er in seiner ‚Sprache’ mit einem: „Was glaubst du eigentlich wer du bist, dass du hier so einfach in mein Zimmer hereinspazierst und meine Privatsphäre störst? Außerdem geht es dich einen feuchten Dreck an, wer dieses Mädchen war!! Verschwinde aus meinem Zimmer!! Sofort!!“
 

Kou’s Augen hatten sich geweitet und sein Gesicht war blass geworden.

„Wie du wünscht!“, wisperte er, stand auf und verließ mit schnellen Schritten das Zimmer. Langsam fiel die Tür ins Schloss und Kai warf sich wieder aufs Bett. Was hatte er nun wieder getan? Kou hat sich entschuldigt und was tat er hier? Er verurteilte und beschimpfte ihn. Was war er nur für ein gefühlloses Arschloch gewesen! Jeder hätte diese Frage stellen können! Jeder! Und er? Er verletzte den Menschen, den er mochte!!

Tränen liefen aus Kais Augen und er versteckte sein Gesicht wieder in seiner Decke. Was hatte er da nur wieder gemacht?!
 

Der Brünette war in seinem Zimmer angekommen und lehnte nun an der Tür. Sein Gesicht spiegelte die Trauer und Verletztheit wieder, die, wäre er Chiyo oder seinem Vater begegnet, er mit Sicherheit verborgen hätte. Doch hier war er allein und war niemandem eine Rechenschaft schuldig, warum er jetzt so traurig war. Kai hatte ihn verletzt.
 

Langsam ging er Richtung Bett und ließ sich darauf nieder. Warum war Kai nur so grausam zu ihm? Hasste ihn dieser wirklich so sehr, dass er so wütend auf ihn wurde? Er wollte sich entschuldigen und was hatte er davon?

Doch seine Gedanken drifteten langsam ins Reich der Träume ab und er schlief ein.
 

°°„Na du kleines Miststück?! Wie gefällt dir das, hm?“, hallte eine tiefe Stimme in der Dunkelheit wieder.

„Nein hör auf!! Lass sie in ruhe du Arschloch!“, eine weitere Stimme, tiefer, doch aufgebracht und fast hysterisch.

Plötzlich erschien ein Bild… Eine dunkle Gasse. Am Boden lag ein blondes Mädchen. Davor ein breitschultriger und fast glatzköpfiger Kerl, mit einem Berg an Muskeln. Neben dem Mädchen ein weiterer bulliger Kerl. Auf der anderen Gasseseite, ihnen Gegenüber, ein junger blonder Bursche, dessen Hände auf dem Rücken mittels Handschellen an ein Eisenrohr gekettet waren, welches aus der Dunkelheit hervorragte. Der Blonde Junge schrie verzweifelt, dass er seine Schwester doch in Ruhe lassen soll.

Plötzlich waren die Typen verschwunden… Der Junge saß da, weinend, nach vor wippend und apathisch vor sich hinmurmelnd. Das Mädchen lag ein Stück weiter weg… blutüberströmt… regungslos…°°
 

„NEEEIN!“, Kou schrak hoch und saß nun senkrecht im Bett.

Was war das für ein Albtraum gewesen? Der Brünette blickte kurz auf den Wecker auf seinem Nachttischchen und sah, dass es erst 18:23 Uhr war. Er strich mit einer Hand einige Strähnen hinters Ohr, wobei er merkte, dass ein Schweißfilm sein Gesicht vollkommen bedeckte. Nicht nur sein Gesicht, auch seine Klamotten, die Bettdecke und das Laken waren durchnässt. Zittrig stand er auf und wäre, hätte er sich nicht an der Wand abgestützt, schlichtweg zusammengebrochen. Sein Herz raste und seine Knie zitterten unermüdlich.
 

Langsam ging er ins Bad, entkleidete sich, wobei er sich immer wieder festhalten musste und stellte sich unter die Dusche. Kou schloss die Augen und genoss das warme, durchsichtige Nass auf seiner blassen Haut.

Was war das nur für ein Traum gewesen? Kurz rief er sich die Bilder in Erinnerung. Ein blondes Mädchen, ein blonder Junge und zwei unbekannte Typen. Moment mal!

Er konzentrierte sich auf den blonden Jungen und sog scharf die Luft ein. War das etwa wirklich die Person, von der er dachte, dass sie es war? Seine Knie knickten ein und er sank zitternd zu Boden. Konnte es sein, dass er hier von der Vergangenheit geträumt hatte?
 

Als er fertig geduscht und seine Haare abgetrocknet hatte, machte er sich fertig für die Arbeit. Mit einem „Geh arbeiten!“ verabschiedete er sich und verschwand im Dunkel der Nacht.
 

Das Lokal war wie an jedem Abend gesteckt voll und das Gerede der Menge war schon fast so laut wie die Musik selbst.

Kou und Mizuki hatten alle Hände voll zu tun, doch dem Mädchen entging das merkwürdige Verhalten ihres Kollegen nicht.

Als sie nun endlich eine kurze Verschnaufpause hatten, konnte Mizuki die Fragen, die ihr auf der Zunge brannten, nicht mehr zurückhalten.

„Akuro-san, was ist heute mit dir los? Du bist so komisch schon den ganzen Abend über! Dein Lächeln ist gekünstelt und deine Hände zittern! Zwar sieht man das als Außenstehender nicht, aber mir kannst du nichts vormachen! Bitte! Sage mir, was mit dir los ist!“, sagte sie und musterte den Brünetten mit besorgtem Blick.
 

„Es ist nichts Mizuki! Mach dir keine Sorgen! Ich hab nur schlecht geschlafen!“, winkte er ab und lächelte sie an. Dieses Lächeln war ehrlich und freundlich.

„Aber…!“, wollte sie protestieren, doch er würgte sie ab.

„Mizuki bitte! Mach dir nicht so viele Sorgen! Morgen wird es mir wieder besser gehen! Wie gesagt, ich hab nur schlecht geschlafen, ok?“, sagte er abermals und das Mädchen gab sich geschlagen. Wusste sie mittlerweile doch, wie stur ihr Kollege sein kann.

„Schon gut! Aber ich hoffe du weißt, dass ich immer für dich da bin und du jederzeit mit mir reden kannst! Klar?“, fragte sich und fixierte ihren Gegenüber.

„Jawohl Chefin!“, sagte der Brünette breit grinsend und seine Kollegin musste kurz kichern.

„Danke!“, fügte er noch etwas leiser hinzu und Mizuki lächelt ihn sanft an.
 

Obwohl er kein Wort über seinen Traum, der ihm am meisten zu schaffen machte, verloren hatte, ging es ihm nun schon viel besser. Er konnte wieder lächeln und seine Hände zitterten nicht mehr so stark wie zuvor.

Während der Nacht verbesserte sich seine Laune und er lachte und scherzte mit seinen Kunden. Mizuki war froh, dass es ihrem Freund besser ging und belächelte die Situation zwischen ihm und seinen Gästen kopfschüttelnd. Kindisch und albern wie in ihren Kindertagen.
 

Kou verabschiedete sich von Mizuki, da er Dienstschluss hatte und verließ die Lokalität. Er streckte sich und lächelte in den Himmel hoch. Er hatte gerade so eine gute Laune, dass er bestimmt nicht nach Hause gehen würde.
 

Gemütlich schlenderte er die Straße hinunter Richtung Park. Dort blieb er in der Mitte des Kiesweges stehen und schaute in den Himmel hoch. Der Mond leuchtete in seiner vollen Pracht vom Nachthimmel und die Sterne funkelten wie kleine Kristalle in einem Meer von schwarz gemischt mit blau. Das Licht des Vollmondes gab der Welt um ihn herum einen silbernen Glanz und ließ die Augen des Brünetten strahlen. Glühwürmchen flogen um ihn herum, wie kleine Elfen, die zu einem Lied tanzten.
 

Kou schloss die Augen und begann langsam zu einer Melodie die er summte im Kreis zu tanzen,. Doch beim Summen blieb es nicht lange und er begann zu singen.
 

kagayaita masshiro na T shatsu

mizu shibuki ni ukabu niji

bonyari to mitsumeteru sora o

ikutsu mono kaze ga asobu

nannimonai koto ga futari dake no shiawase datta
 

dare yori mo fukaku kokoro made oborete

ima mo kono basho de kimi dake o mitsumete

nido to modoranai yume naraba kowashite

wasurarenakute mou ichido aitai
 

shikirou kasanete

kimi no kage, hiroiatsume
 

tokei no hari o tometa mama de machitsuzukeru

nemurenai yoru mo, tameiki no asa mo
 

Kou hielt in seiner Bewegung inne und streckte die Hände, wie für einen Umarmung, in den Himmel und sang:
 

kimi no daisuki na
 

Langsam ließ er seine Hände nach unten sinken, ballte sie zu Fäusten und sang in den Himmel hoch:
 

tsuki no uta o
 

Er legte seine Hände auf sein Herz und sang weiter:
 

itsu kara ka tooku, karada made hanarete

ima wa kono basho ni boku dake o nokoshite

zutto kawaranai futari da to shinjita

ano koro no you ni mou ichido, aishita
 

Als das Lied vollkommen verklungen war, öffnete er die Augen und blickte zum Mond.

„Tsuki no uta! Lied des Mondes!“, wisperte er und schloss abermals die Augen.

Freundschaft der Brüder?

Kapitel 7
 

Als Kou am nächsten Morgen aufwachte, war er so entspannt und ruhig, sodass er am liebsten gar nicht aufgestanden wäre. Kurz streckte er sich und setzte sich dann auf. Sein Blick fiel zum Fenster. Draußen schien die Sonne und die Vögel zwitscherten fröhlich vor sich hin. Ein seliges Lächeln umspielte die Lippen des Brünetten und er stand auf. Abermals streckte er sich und nahm dann eine ausgiebige Dusche, da er noch etwas nach Rauch roch.
 

Kurz trocknete er sich die Haare ab, zog eine bequeme beige Leinenhose und ein hellblaues Hemd an. Gemächlich ging er hinunter Richtung Küche. Der köstliche Geruch nach Mittagessen strömte bereits durch den ganzen Gang hin bis zur Küche.

„Guten Tag allerseits!“, grüßte er freundlich und setzte sich an seinen Platz am Tisch.

Kou ließ seinen Blick durch die Runde schweifen und merkte, dass Kai, wie immer eigentlich, nicht da war. Doch als er die Fotos entdeckte, traf ihn die Erinnerung wie ein Blitz. Er hatte gestern ja Chiyo wegen diesen Fotos gefragt und Kai hatte ihn rausgeschmissen. Aber er hatte da bereits eine Idee, wie er sich bei Chiyo angemessen entschuldigen konnte. Tja, aber bei Kai würde das ein Problem geben, denn Kou wusste so gar nicht, was diesem gefiel oder nicht.
 

Das Essen ging still von dannen und Kou war das auch ganz recht so. Nach dem Essen allerdings zog er sich um und verließ mit einer kurzen Abmeldung bei seinem Vater das Haus.
 

Kou ging im Park spazieren, als er einen schwarzen Haarschopf, der von einem kleinen Hügel hervorragte, erkannte. So leise wie möglich schlich er an seinen Freund heran, doch als er ihn mit einem „Buuh“ erschrecken wollte, erstarrte er in der Bewegung. Neben seinem besten Freund auf der Decke, auf der es sich dieser gemütlich gemacht hatte, lag ein ihm nur zu gut bekannter Blondschopf. Kai lag dort, mit Stöpseln in den Ohren und schien zu schlafen.
 

Teru öffnete die Augen und blickte in das blasse Gesicht seines Freundes, welcher den neben sich liegenden Jungen anschaute.

„Hey Kou! Warum schaust du so, als hättest du einen Geist gesehen?“, fragte dieser und blickte von dem Brünetten zum Blonden und wieder zurück.

„Ist das dein Kumpel, den du mir vorstellen wolltest?“, fragte er und schluckte trocken.

„Richtig! Das ist…“, doch weiter kam er nicht, denn Kou unterbrach ihn.

„Das ist Kail Akuma Kaso!“, sagte der Brünette trocken und blickte in Terus mandelbraune Augen.
 

„Woher…?“, fragte Teru, als er abermals unterbrochen wurde.

„Ich habe dir doch erzählt, dass ich jetzt einen Stiefbruder habe oder?“, sagte er und nickte Richtung Kai.

„Das ist nicht dein Ernst!“, wisperte Teru ungläubig und schaute zu dem Blonden, der ruhig neben ihm schlief.

„Doch!“, erwiderte Kou und ließ sich links neben Teru auf die Decke sinken. Kurz herrschte Stille zwischen den beiden.

„So ist das…“, murmelte Teru und musterte den Blonden besorgt. Dieser war heute ziemlich früh zu ihm gekommen. Er war unruhig und aufgelöst gewesen. Kai hatte ihm erzählt, dass er sich mit seinem neuen Bruder gestritten hatte und er jetzt nicht wusste, was er tun sollte. Sein Bruder wollte wissen, wer das Mädchen auf den Fotos war und das hatte Kai wütend gemacht, darum hatte er überreagiert und seinen Bruder ‚angeschrieen’.
 

„Schläft er?“, fragte nun Kou leise und schaute zu Teru.

„Ja! Schon ne ganze Weile! Ich versteh nicht, wie er schlafen kann, während er Musik hört!“, sagte Teru und schüttelte leicht den Kopf.

„Glaub mir, dass geht! Was hört er denn?“, fragte Kou und musterte interessiert die kleine Umhängetasche, aus der eine CD-Hülle herausragte.

Er musterte sie, konnte aber nichts an der Hülle entdecken, was auf den Interpreten oder Musikstil hinwies.
 

„Weiß nicht! Kann man nicht wirklich sehen!“, murmelte Kou und blickte wieder zu seinem Freund.

„So?“, fragte er und blickte zu Kai hinüber. Flink zog er die CD aus dessen Tasche und musste feststellen, dass sein Freund recht hatte. Das CD-Cover bestand aus einem gemusterten Zettel, was darauf schließen könnte, dass einerseits Kai nicht wollte das man erfuhr was er hörte oder dass das eine gebrannte CD ist.

Beide zuckten mit den Schultern und Teru legte die CD wieder zurück in die Tasche.
 

Doch von einer Sekunde auf die andere wurde Kou ernst und Teru zog verwirrt eine Augenbraue hoch.

„Was hast du denn jetzt?“, fragte der Schwarzhaarige besorgt, da er diese Miene von früher schon kannte.

„Ich muss mit dir reden! Ich denke, ich hatte gestern eine Vision aus der Vergangenheit! Hört sich zwar blöd an, aber ich denke, es ist wahr!“, sagte er ernst.

„Schieß los!“, erwiderte Teru nun ebenfalls ernst. Er kannte diese merkwürdigen Träume von seinem besten Freund schon.
 

„Ich hatte nach dem Streit mit Kai, werd ich dir nachher erzählen – außer du weißt es schon von Kai –, einen Traum! In diesem Traum kam ein blondes Mädchen und ein Junge mit der gleichen Haarfarbe vor! Das Mädchen wurde von zwei bulligen Typen missbraucht… der Junge war mit Handschellen angekettet…“, erzählte Kou und Teru wurde blass. Diese Erzählung kam der Szene damals, wie Kai es ihm geschildert hatte, verdammt nahe.

„Dann waren die Typen auf einmal verschwunden und der Junge wippte wie in Trance apathisch hin und her! Das Mädchen lag da, blutüberströmt, regungslos…“, wisperte er und blickte zu Boden.

„…tot…“, fügte Teru gehaucht hinzu und Kou ruckte mit dem Kopf zu ihm.
 

„Was hast du gesagt?“, wisperte er und seine Hände begannen zu zittern.

„Ich sollte dir das vielleicht nicht sagen, aber dieses Mädchen, was du auf den Fotos im Haus der Kaso-Familie gesehen hast, war Kais Zwillingsschwester! Sie wurde von diesen beiden Typen so brutal missbraucht, dass sie an inneren Blutungen starb! Sie verblutete neben ihrem Bruder, der nur zuschauen und nichts tun konnte! Seitdem spricht er kein einziges Wort mehr!“, endete Teru in seiner Ausführung, wobei er zum Schluss nur noch geflüstert hatte. Ein langes Schweigen entstand zwischen den beiden, wo jeder seinen eigenen Gedanken nachging.
 

„Kein Wunder das Chiyo und Kai so fertig waren, als ich fragte, wer das Mädchen ist…“, murmelte Kou vor sich hin.

„Als ich mich bei Kai entschuldigen wollte, ‚sagte’ er, dass es mich einen feuchten Dreck angeht, wer dieses Mädchen war und dass ich aus seinem Zimmer verschwinden soll!“, flüsterte er weiter, doch er wusste, dass sein bester Freund jedes Wort hörte.

„So war das also! Kai ist heute zu mir gekommen und hat mir erzählt, dass er sich mit dir gestritten hat! Er war ganz aufgelöst und unruhig gewesen! Er wusste nicht, wie er sich entschuldigen sollte und hat mich beinahe wahnsinnig gemacht!“, sagte er und am Schluss lächelte er leicht. Kou lächelte nun ebenfalls sanft, war jedoch immer noch leicht blass um die Nase.
 

„Echt? Er kann also nett auch sein?“, murmelte Kou und sein Lächeln wurde ein bisschen breiter.

„Wieso nicht? Kai ist kein schlechter Kerl! Glaub es oder nicht, aber er ist wirklich freundlich, hat Humor und vor allem ist er sehr sensibel und sentimental!“, sagte Teru und grinste nun.

„So? Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen! Für mich wirkt er eher unnahbar und kalt!“, erwiderte der Brünette und blickte zu dem Blonden, der immer noch schlief, jedoch nicht mehr so ruhig wie vorher. Kou hatte dies bemerkt und war aufgestanden.

Er kniete sich neben den Blonden hin und wollte ihn gerade wecken, als Kai

plötzlich die Augen aufriss und mit einem lautlosen Schrei hoch fuhr.
 

Der Blonde landete jedoch in sanften Armen, die ihn umfingen und an einen warmen Körper drückten.

Erschrocken hatten sich seine Augen geweitet, doch dann ließ er sich in die sanfte Umarmung fallen und krallte sich in das Gewand des Umarmenden. Sein Atem ging schnell und stockte immer wieder leicht, doch langsam beruhigte er sich. Die Person, die ihn umarmte – er hatte nicht bemerkt, wer es war – roch exotisch und angenehm. So ein Parfum hatte er noch nie gerochen und es entfachte in ihm eine ungeahnte Ruhe, sodass er sich endgültig in die Umarmung fallen ließ.
 

Nach einer Weile bemerkte Kou, dass sein Bruder wieder eingeschlafen war und so legte er ihn langsam und sanft zurück auf die Decke. Ein sanftes, liebevolles Lächeln umspielte seine Lippen. Kurz herrschte noch eine angenehme Stille, bevor Teru bewundernd Kou ansprach.

„Wow! So hab ich dich schon lange nicht mehr gesehen Kou!“, wisperte er und musterte seinen Freund.

„Was meinst du?“, fragte dieser zurück und schaute in Terus Richtung.

„Na so sanft und liebevoll! Dieser Blick und das Lächeln erst!“, flüsterte der Schwarzhaarige noch leiser als zuvor und merkte das ungläubige Gesicht seines Freundes.
 

„Guck nicht so! Ich meins ernst!“, fügte er noch etwas lauter hinzu.

„Ich weiß auch nicht… vielleicht, weil seine Geschichte mich berührt hat? Vielleicht aber auch, weil seine Geschichte mit meiner Vergangenheit zu vergleichen ist?“, murmelte er und schaute abermals zu dem Blonden, der seelenruhig schlief.

Abermals entstand eine Stille, in der jeder seinen eigenen Gedanken nachging, doch sie war keinesfalls unangenehm, sondern eher beruhigend.
 

„Ich denke, ich werde ihn nach Hause bringen! In einem Bett ist es immer noch besser, obwohl ich dieses Plätzchen hier nicht missen würde, aber vielleicht macht sich Chiyo schon Sorgen! Sie schaut meistens mal kurz nach Mittag in sein Zimmer hoch!“, meine der Brünette nach einer Weile und blickte von seinem Bruder zu seinem Freund, der bestätigend nickte.

„Der Meinung bin ich auch! Es ist besser, wenn er sich etwas ausruht!“, erwiderte Teru und beide standen auf.

„Hilfst du mir? Ich will ihn huckepack tragen!“, fragte Kou und abermals nickte sein Freund.

„Sicher doch!“, sagte er und hob Kais Oberkörper an, sodass es dem Brünetten nicht so schwer fiel, sich seinen Bruder auf den Rücken zu hieven.
 

Nach kurzer Zusammenarbeit hatten sie es geschafft, dass Kou den Burschen huckepack trug und Kais Kopf auf der Schulter des Schwarzhaarigen ruhte. Die Umhängetasche mit den CDs wurde natürlich auch nicht vergessen und schwang locker bei jedem Schritt von dem Brünetten hin und her.

„Ok, ich bringe ihn jetzt nach Hause und wenn du willst, können wir uns hier nachher wieder treffen!“, sagte Kou und schaute seinen Gegenüber lächelnd an.

„Klar doch! Ich warte hier! Falls was dazwischen kommt, schreib mir einfach ne SMS!“, erwiderte Teru und zwinkerte ihm lächelnd zu.

„Mach ich! Bis später!“, antwortete Kou und nickte höflich zum Abschied.
 

Kai fühlte sich einfach nur gut. Er kuschelte sich noch näher an die unbekannte Wärmequelle und seufzte lautlos. Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen und ihm stieg wieder der Parfumgeruch in die Nase, den er vorher bereits vernommen hatte und den er mittlerweile liebte. Kai legte seine Arme um die Quelle dieser angenehmen Wärme und des beruhigenden Duftes, drückte sie noch näher an sich.
 

Kou hatte sehr wohl bemerkt, dass sich Kai an ihn kuschelte und ein sanftes, liebevolles Lächeln umspielte nun seine eigenen Lippen, er ging aber dennoch in gemächlichem Tempo weiter. Als Kai dann noch seine Arme hob und dessen Körper an den seinigen drückte, wurde ihm sogleich anders. Wärme stieg in ihm auf und sein Herz begann schneller zu schlagen.

Was war bloß los? Warum machte sein Körper so einen Aufstand, wenn Kai sich näher an ihn drückte? Kurz schüttelte er den Kopf und versuchte die aufkommenden Gedanken und Gefühle zu verdrängen.
 

Der Blonde hingegen fühlte sich sichtlich wohl in seiner Position und lächelte selig im Halbschlaf vor sich hin. Doch langsam ließen ihn seine schönen Träume im Stich und sein Verstand ging langsam in den wachen Zustand über. Aber eigentlich wollte er gar nicht aufwachen. Es gefiel ihm hier, ebenso wie die Wärme und dieser wundervolle Geruch, doch sein Verstand wollte da wohl nicht mitspielen. Kurz rekelte er sich, ließ die Augen aber dennoch geschlossen.
 

Langsam fand sein Geist wieder an die für ihn vorgesehene Stelle zurück und seine Gehirn und seine Sinne begannen wieder zu arbeiten. Erst jetzt merkte Kai, dass irgendetwas gar nicht so war, wie es normalerweise sein sollte. Ihm fiel auf, dass er weder auf seinem Bett lag, noch dass sein Rücken überhaupt irgendetwas berührte, was wiederum für ihn nichts Gutes bedeutete. Er konzentrierte sich weiter und gewahr sich eines leichten auf und ab Wippens seines Körpers, was entweder bedeutet, dass er noch träumte oder schlicht und einfach getragen wurde. Aber wer konnte ihn denn tragen und vor allem wohin?
 

Kai riss die Augen auf und sah sich einem Schopf brünetten Haares gegenüber. Kurz runzelte er die Stirn, bevor er seinen Kopf hob und sich umsah. Sie waren hier ganz in der Nähe von seinem Haus und das ließ ihn erleichtert ausatmen. Nachdem er nun wusste, wo sie waren, besah er sich die Person unter ihm näher, wurde aber sogleich aus den Gedanken gerissen, als der Fremde plötzlich sprach.
 

„Na? Ist das Dornröschen endlich aufgewacht?“, hörte er eine ihm sehr vertraute Stimme sagen und er erschrak. Die Person, die ihn gerade nach Hause trug – denn das dies das Ziel sein sollte ,war er sich nun ganz sicher – war sein Bruder Kou.

Kai schluckte. Sein Bruder trug ihn nach Hause? Er TRUG ihn nach Hause?

Diese Tatsache ließ Kais Herz wild schlagen und er schluckte. Er war seinem Bruder gerade so nah und das ließ ihm Schmetterlinge durch den Bauch tanzen.
 

„Wir sind eh gleich da, dann kannst du dich in ein richtiges Bett legen und dich ausruhen!“, hörte er abermals die samtene Stimme sagen und ein Schauer nach dem anderen jagte ihm den Rücken runter. Doch erst jetzt viel ihm auf, was sein Bruder da eigentlich mit ihm tat und er wollte sich schon wehren, als er abermals des Brünetten Stimme vernahm.

„Hey ganz ruhig! Ich werde dich sowieso erst runterlassen, wenn wir zu Hause sind, also leiste besser keinen Widerstand!“, kicherte der Brünette und Kai schluckte abermals. Diese Stimme, welche sein Bruder gerade hatte, hypnotisierte ihn. Sie war so liebevoll und gleichzeitig so undurchschaubar sanft. Sie wirkte regelrecht betörend, gleichzeitig aber auch beruhigen auf ihn. Sein Widerstand erstarb und er lehnte sich an seinen Bruder, genoss dessen Nähe mit allen Sinnen.
 

Kou lächelte sanft, als er spürte, dass Kais Versuche zu entkommen erstarben und er sich gegen ihn lehnte.

Vorher, als Kai aufgewacht war, hätte er gedacht er würde gleich eine Ohrfeige kassieren oder sonstiges, doch das sein Bruder ihm soweit vertraute freute ihn sehr, zu sehr für Kous Geschmack. Schließlich war Kai sein Bruder.
 

Dieser hingegen war schon wieder dabei, ins Land der Träume zu versinken. Die Nähe zu Kou beruhigte ihn und ließ ihn sich ganz dem Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit hingeben. Doch plötzlich riss er die Augen auf.

Dann war es vorher auch Kou gewesen, der ihn in den Arm genommen hatte, als er aus diesem schrecklichen Albtraum aufgewacht war? Abermals wurde ihm heiß und er merkte, wie ihm die Hitze ins Gesicht schoss. Schnell versteckte er seinen Haarschopf in der wohlriechenden brünetten Mähne Kous.
 

Dieser belächelte die Situation nur. Es gefiel ihm, Kai so nahe bei sich zu haben, dass musste er sich eingestehen. Plötzlich streifte ein warmer Lufthauch seinen Nacken und er erschauderte. Kai hatte dessen Kopf in seinen Haaren vergraben und nun strich sein warmer Atem über Kous Haut. Vom Nacken angefangen, den Hals entlang Richtung Brust, wo er ihn durch das Hemd allerdings nicht mehr spüren konnte. Ein wohliger Schauer lief ihm den Rücken runter und er bemerkte mit Schrecken, wie sein Körper auf diese sanften Berührungen reagierte. Kou riss die Augen auf und schluckte trocken. Aber sie waren ja bald zu Hause, sagte er sich in Gedanken vor, um die immerwährende sanfte Berührung zu überspielen.
 

Warum musste ihn Gott so quälen? Kai seufzte abermals lautlos in den Haarschopf seines Bruders hinein, ohne Ahnung davon zu haben, was er bei Kou dadurch auslöste.

Der Blonde hob seinen Kopf wieder etwas an und in sein Blickfeld fiel eine schwarze Musterung an Kous Hals, welche besser gesagt ein Stück unter seinem Ohr begann. Skeptisch begutachtete er das entdeckte Muster. Es war eine Tätowierung wie er erstaunt feststellen musste. Da er von Geburt an ein neugieriger Mensch war, hob er eine Hand und zog den Kragen des Hemds ein Stück zur Seite, um bessere Sicht auf das Tattoo zu haben.
 

Es war einfach wunderschön und Kai konnte sich nicht beherrschen und fuhr ein Stück des Musters nach, was Kou ein, von dem Blonden ungehörtes, Keuchen entlockte. Was tat dieser Teufel da mit ihm? Verdammt! Er musste sich jetzt beherrschen oder es würde sonst was passieren! Hätte er gewusst, dass das Kai absolut nichts ausmachen würde, wäre er sicher hier auf der Stelle über den Blonden hergefallen.
 

Endlich waren sie zu Hause angelangt und Kou ließ Kai vor der offenen Tür von seinem Rücken gleiten, doch so schnell konnte er gar nicht schauen, gaben Kais Beine nach, doch dank Kous Reflexe fing er ihn gerade noch auf bevor er Bekanntschaft mit dem Boden machen konnte.

„Huch! Anscheinend will dein Körper noch ein bisschen getragen werden, hm?“, lächelte er und hob den Blondschopf wieder hoch. Langsam ging er mit ihm die Treppe hinauf Richtung Kais Zimmer, vor dem er abrupt stehen blieb.

„Darf ich denn…?“, begann er, doch Kai nahm ihm die Frage ab, indem er einfach die Tür öffnete.
 

Kou trug den Blonden zum Bett und ließ ihn langsam auf die weiche Bettdecke sinken. Dann drehte er sich um und lächelte Kai an.

„Wie ich sehe, bist du in einem Stück angekommen!“, grinste Kou und blickte auf Kai, der ihn komisch ansah.

Doch dann formten seine Hände von ganz allein ein „Danke, dass du mich getragen hast! Dass war wirklich nett von dir!“.

„Hab ich doch gern gemacht!“, erwiderte Kou und sein Lächeln wurde sanfter. Lange blickten sie sich an. Kai, der im Bett auf die Ellenbogen gestützt lag, war gefangen von den smaragdgrünen Augen des vor ihm stehenden und Kou ging es genauso, doch bevor noch etwas passieren konnte, wendete Kou sich ab und drehte Kai den Rücken zu.
 

Sein Herz klopfte und er musste sich stark beherrschen, um nicht über diesen blonden Schönling herzufallen. Bei Gott, was machte dieser mit ihm, dass er so extrem auf ihn reagierte? Doch bevor er noch etwas anderes denken konnte, entdeckte er etwas, dass ihn blass werden ließ.
 

Kai hatte sich gewundert, als Kou ihm plötzlich den Rücken zugedreht hatte. Doch wie sagt man? ‚Drehe deinem Feind nie den Rücken zu!’, obwohl statt Feind eher Bruder angemessener wäre. Diese Aussage hatte wohl etwas wahres an sich, doch Kai war viel zu sehr damit beschäftigt, sich zu beherrschen als das er über so etwas genauer nachdenken hätte können.

Doch nun fiel sein Blick wieder auf seinen Bruder, der merkwürdig blass im Gesicht – zumindest das was er davon sehen konnte – geworden war. Noch mehr wunderte er sich, als dieser langsam Schritt für Schritt auf etwas zuging. Als er allerdings begriff, was sich in dieser Richtung befand, wurde auch er unruhig. Keiner wusste von diesem Hobby von ihm und es sollte möglichst auch keiner wissen, doch dafür war es wohl zu spät.

Entdeckung

Kapitel 8
 

Kou stand nun vor einer Wand und einem Regal voll mit Bildern. Auf einer Pinnwand befanden sich ebenfalls verschiedenste ausgeschnittene Artikel und Fotos.

Langsam ließ er den Blick über die Bilder schweifen und schluckte trocken. Sowas hätte er wirklich nicht erwartet. Alles, aber nicht das und schon gar nicht von Kai. Er ließ den Blick über das Regal wandern und war schockiert, was dieser Blondschopf nicht alles hatte. Ausnahmslos alle Albums, Bücher und Fotos waren hier vorhanden, die jemals erschienen waren. Der Brünette wendete sich abermals den Bildern zu und streckte eine Hand nach einem der vielen aus, um kurz darüber zu streichen, dann drehte er sich zu Kai um.
 

Abermals schauten sie sich lange in die Augen.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du so ein großer Fan davon bist!“, wisperte er und schluckte.

„Es sollte eigentlich auch ein Geheimnis bleiben!“, sagte ihm Kai via Zeichensprache und wich seinem Blick aus.

„A.T.S.U.I…“, leise hatte Kou dieses Wort gewispert und jeden Buchstaben dabei einzeln betont. Kai schaute ihn erschrocken an. Noch nie hatte er dieses Wort so ausgesprochen gehört. Er kannte es sehr wohl in allen möglichen Variationen, doch wenn Kou es sagte, klang es fremd und wie aus einer anderen Sprache, irgendwie mystisch.
 

„Ich hätte nicht gedacht, dass japanische Bands hier so beliebt sind…“, murmelte Kou und fixierte abermals die Pinnwand, blickte dann jedoch zu Kai.

„Ich bin auch der einzige außer Teru, der sowas mag!“, zeigte der Blonde zögerlich mit seinen Händen und schaute weg. Er wollte dem Brünetten nicht in die Augen sehen.

„Teru, ja der sicher!“, kicherte Kou plötzlich, was ihm einen verwirrten Blick von Kai einbrachte.

„Du kennst Teru?“, fragte dieser in seiner Sprache und man sah ihm deutlich an, dass er mit der Situation nicht ganz zurechtkam.

„Ja, vor 3 Jahren hat er im selben Ort wie ich gewohnt! Wir waren gute Freunde und sind es heute noch!“, lächelte Kou, worauf Kai nur nicken konnte. Dieses Lächeln beraubte ihm alle seiner Sinne und bescherte ihm unglaubliches Herzklopfen.
 

Kou wendete sich ein weiteres Mal dem Regal zu und begutachtete die CD-Sammlung des Blonden. Scheinbar wahllos zog er eine heraus.

„Darf ich?“, fragte er den Besitzer dieser und blickte über seine Schulter, woraufhin er ein Nicken von Kai zu sehen bekam.

„Schön!“, grinste er, öffnete die Lade des CD-Players, der auf dem Regal oberhalb der CDs stand, nahm die CD, die er gerade hervorgeholte hatte und legte sie hinein.

Die Lade schloss sich automatisch und das erste Lied begann zu spielen. Kou schloss kurz die Augen, was Kai allerdings nicht sah. Langsam ging er ein Lied nach dem anderen durch.
 

„Glaubt man gar nicht, dass der Sänger der Band bei diesen Liedern erst 15 Jahre alt ist!“, sagte der Brünette und drehte sich zu seinem Bruder um, der über diese Aussage ziemlich schockiert zu sein schien.

„Nicht dein Ernst!“, formte er mit seinen Händen und schluckte anschließend trocken.

„Oh doch doch! Das ist mein Ernst!“, sagte Kou und nickte zur Bestätigung noch einmal.

„Woher weißt du das?“, ‚fragte’ Kai weiter und seine Mimik drückte äußerste Neugier, aber auch Verwirrung aus.
 

Kou musste bei dem Gesichtsausdruck des Blonden lachen, doch das verebbte schnell wieder und zurück blieb ein mystisches, undeutbares Lächeln.

„Ach, na ja…“, grinste er und zuckte mit den Schultern.

„Ich weiß so einiges was in diesem Land vor sich geht, schließlich bin ich ja gebürtiger Japaner!“, fügte Kou noch hinzu und grinste seinen Bruder frech an, bevor dieser allerdings etwas erwidern konnte, sprach er weiter.

„Wusstest du eigentlich, das dieses Lied hier…“, er zeigte zur Stereoanlage, „…ziemlich vulgär ist?“, fragte er und grinste undeutbar.
 

Kai zog eine Augenbraue hoch und konnte nichts anderes tun, als sich abermals über seinen Bruder zu wundern.

„Diese Stelle hier zum Beispiel………
 

Kann ich dich lieben, in dieser schimmernden Nacht?

So wie du bist, bewege dich schneller, und mehr…

Deine nassen Lippen nehmen mir den Atem, Baby, da gibt es kein Bedarf mehr für Worte.

Du und ich… aber trotzdem… keine brennende Liebe.

Ah… so viele Morgen muss ich zählen,

Ah… damit diese Nacht zum Ende kommt?

Ah… der Himmel ist voll mit weißen Blumen,

Ah… wenn sie mich umgeben, komme ich.
 

………“, übersetzte Kou und grinste seinen Bruder an, dessen Gesicht nun ein gesunder Rot-Ton zierte.

„Guck nicht so! Ist so! Der Bandleader ist wohl in seinen tiefsten Inneren ein kleiner verdorbener, vulgärer Junge!“, lächelte Kou verführerisch und Kai stockte der Atem als er diesen Blick sah. Als Kou dann noch begann mitzusingen und lasziv grinsend näher zu kommen, wurde Kai heiß. Verdammter Kou! Wollte der, dass er über ihn herfiel oder was?!
 

Kou hatte beschlossen seinen Bruder ein wenig zu ärgern und aus der Reserve zu locken. Lasziv lächelnd ging er langsam das Lied mitsingend auf seinen Bruder zu. Dieser schien bereits ein wenig unruhig zu werden, doch das störte den Brünetten nicht weiter, eher im Gegenteil. Dieses Lied brachte ihn immer wieder auf abnormale Gedanken und Ideen. Das war schon immer so gewesen, auch früher, aber über alte Kamellen nachzudenken wollte er jetzt genauestens verhindern.
 

Vor dem Bett, auf dem Kai immer noch auf die Ellenbogen gestützt lag, blieb er stehen und musterte auffällig den schlanken Körper unter sich. Immer noch mitsingend beugte er sich zu ihm hinunter, stützte links und rechts neben Kais Schultern seine Hände ab und beugte sich so weit hinunter bis er mit seinen Lippen neben Kais Ohr war.

„Wenn du willst kann ich dir ja die ganzen Lieder übersetzen!“, wisperte er und pustete sanft in des Blonden Ohrmuschel und dieser erschauderte unter der sanften Berührung. Kai hatte unbewusst die Augen geschlossen und als er sie wieder öffnete, stand Kou in der offenen Tür und grinste ihn frech an.

„Sorry, hab noch eine Verabredung mit einem Kumpel von mir! Ciao bella!“, sagte er über beide Ohren grinsend und schloss hinter sich die Tür.
 

Kai starrte noch eine ganze Weile an die Tür, bis sich seine Mimik langsam veränderte. Wut spiegelte sich in den kristallblauen Seen wieder. Er packte ein Kissen und warf es mit voller Wucht gegen die geschlossene Tür, um sich danach auf die Matratze boxend auf den Bauch zu legen. Wie wild malträtierte er sein Schlafgemach, bis er lautlos keuchend seine Hände hilflos in die Decke krallte und sein Gesicht in den Kissen versteckte.
 

Warum hatte sein Bruder sowas mit ihm gemacht? Noch immer spürte er sein Herz bis zum Hals klopfen und es wollte einfach nicht aufhören, sich bemerkbar zu machen. Er hatte Kous Atem am Ohr gespürt und diese sanfte Berührung hatte ihm einen Schauer nach dem anderen versetzt. Abermals schlug er auf sein Kissen ein.

Und was das Schlimmste überhaupt war, er hatte dies Berührung genossen und sie hatte ihm mehr als nur gefallen. VERDAMMT!! Kou war sein Bruder! Sein BRUDER!!! SEIN Bruder!!!

Das leichte Ziehen in einer Gegend, die er lieber nicht beim Namen nennen wollte, überging er gekonnt.
 

Kou hingegen war bereits auf dem Weg in den Park, wo Teru auf ihn wartete. Mittlerweile fragte er sich bereits, ob es eh kein Fehler gewesen war, Kai in dieser Form zu ärgern. Schließlich wusste er ja nicht einmal annähernd wie Kai denkt oder fühlt und ihn da so zunahe zu treten war wahrscheinlich wirklich ein Fehler gewesen, aber rückgängig machen konnte er es ja sowieso nicht mehr. Was ihm aber noch mehr Sorgen bereitete war seine eigene Reaktion und seine Gefühle. Es hatte sich gut angefühlt, dem Blonden so nahe zu sein und es hatte wirklich nicht mehr viel gefehlt und er hätte ihn geküsst.
 

Verwirrt über sich selbst wuschelte Kou sich mit der Hand durch die Haare. Er konnte sich doch unmöglich in seinen Bruder verknallt haben oder? Er wusste sehr wohl wie es ist, verliebt zu sein, doch dieses Gefühl war etwas anders. Überall kribbelte es und sein Herz machte wilde Anstalten, seine Brust zu zerbersten und sich selbstständig zu machen, doch das war für ihn nicht verliebt sein. Irritierenderweise war es ein sehr angenehmes Gefühl, aber so voller Widersprüche und Ungereimtheiten, dass Kou abermals verwirrt den Kopf schütteln musste.
 

Abrupt blieb er stehen und starrte auf einen unbekannten Punkt vor sich. Sollte er sich besser gleich entschuldigen? Wäre vielleicht wirklich besser, schließlich wusste er ja nicht, ob Kai nachtragend war. Kurz nickte er zu sich selbst, drehte auf dem Absatz um und ging zurück Richtung Zuhause.
 

Mitten auf dem Weg fiel ihm ein kleiner Blumenladen ins Auge, den er nach kurzem Begutachten auch ansteuerte. Ihm war etwas eingefallen, dass er eigentlich schon viel früher machen wollte. Schnell kaufte er einen großen Blumenstrauß und verabschiedete sich wieder. Es war eine bunte Mischung aus den verschiedensten Blumen und ein perfektes Entschuldigungsgeschenk, allerdings nicht für Kai.
 

Als er Zuhause angekommen war, öffnete er die Tür, entledigte sich seiner Straßenkleidung und ging ins Wohnzimmer, wo Chiyo saß und in eine Stickerei vertieft zu sein schien. Schnell versteckte er die Blumen hinter seinem Rücken und trat noch ein paar Schritte näher.

„Chiyo?“, fragte er schließlich leise und wartete auf eine Reaktion seiner Stiefmutter, die auch sogleich eintrat, indem diese den Kopf hob.

„Ah Kou! Was kann ich für dich tun?“, fragte sie lächelnd und legte den Stoff und die Nadel zur Seite.
 

Sanft lächelnd holte er den Blumenstrauß hervor und hielt in ihr hin, wobei er in eine leichte, anmutige Verbeugung ging.

„Es tut mir Leid, dass ich dich mit meiner Frage bezüglich der Fotos so verletzt habe! Ich wollte mich bei dir entschuldigen, weil ich oft nicht nachdenke, bevor ich etwas sage!“, sagte er und blickte anschließend in das strahlende, mit einem sanften Lächeln versehene, Gesicht seiner Gegenüber.

„Kein Problem Kou! Ich hätte es euch ja auch vorher schon sagen können! Das war mein Fehler und du hättest dir doch keine solche Mühe machen müssen!“, erwiderte sie und nahm den Blumenstrauß und somit die Entschuldigung an.
 

„Doch! Das war das Mindeste, was ich tun konnte!“, fügte er lächelnd hinzu und als er sah, dass Chiyo mit der Hand neben sich aufs Sofa klopfte, nahm er ihr stummes Angebot an und ließ sich auf das kuschelige Sofa nieder.

„Weißt du Kou, Kiara war Kais Zwillingsschwester! Wir alle haben sie sehr geliebt! Sie war der Sonnenschein der Familie und immer für einen Spaß zu haben, auch Kai war damals anders! Immer war er mit ihr unterwegs und war für jeden Spaß zu haben, doch eines Tages sollte alles anders werden! Kiara und Kai gingen am Abend in einen Club um ein bisschen unter andere Leute zu kommen, als Kiara von ein paar Typen angemacht und nach draußen gezogen wurde! Kai natürlich wollte ihr helfen, doch er konnte nichts tun, sie…“, doch Chiyo wurde unterbrochen, als Kou ihr sanft einen Finger auf die nun leicht bebenden Lippen legte.
 

„Sch… Nicht weitererzählen! Belassen wir es dabei!“, wisperte Kou sanft und nahm die nun weinende Chiyo in die Arme. Lange saßen sie so in dieser Umarmung, doch Chiyo ging es langsam besser.

„Vielleicht gibt es noch eine Möglichkeit, Kai wieder zum Sprechen zu bringen, denn schließlich war das der Auslöser für seine nun verschlossenen Lippen!“, murmelte Chiyo und blickte hoffnungsvoll in das hübsche Gesicht ihres Stiefsohns.

„Vielleicht könntest du ihn wieder dazu bringen Kou! Er mag dich, auch wenn es nicht so aussieht!“, sagte sie und lächelte wieder herzlich, auch wenn die leicht geröteten Augen ihre Laune straften. Bevor Kou allerdings etwas erwidern konnte, stand Chiyo auf.

„Es wäre besser, wenn ich die Blumen in eine Vase stellen würde, sonst verdursten sie noch!“, lächelte sie und Kou erwiderte das Lächeln.

„Danke!“, war ihr letztes Wort, bevor sie in die Küche ging, um den Blumen ihr wohlverdientes Wasser zu geben.

Kou lächelte noch kurz, bevor er sich erhob und die Treppe hoch, Richtung Kais Zimmer ging – in die Höhle des Löwen.

Eine stumme Bitte und eine Entscheidung

Kapitel 9
 

Die Tür zu Kais Zimmer wurde langsam aufgemacht und Kou spähte durch den Spalt hinein in den Raum. Er sah Kai auf dem Bauch im Bett liegen, wobei sein Gesicht durch einen Polster versteckt wurde. Leise betrat er das Zimmer, doch in dem Moment, als die Tür ins Schloss fiel, bekam er mit voller Wucht ein Polster ins Gesicht. Erschrocken und verwundert fing er das weiche, rote Polster auf und blickte zu Kai, der ein fieses und hinterhältiges Grinsen aufgelegt hatte.

„Das hast du verdient!“, formte er mit seinen schlanken Händen und schon landete das nächste Polster im Gesicht des überraschten Brünetten. Auf Kous Gesicht allerdings erschien nun ebenfalls ein gemeines Grinsen und seine Augen begannen zu glänzen.

„So? Hab ich das?“, sagte er grinsend und ging Richtung Bett, welches aber durch einen richtigen Polsterregen verteidigt wurde.

„Du willst also kämpfen, dass kannst du haben!“, erwiderte Kou etwas lauter und mit einem flinken Sprung kniete er neben Kai auf dem Bett. Schnell schwang er ein Bein über Kai, wich dabei einem Polster aus und setzte sich auf Kais Oberschenkel.
 

Dieser blickte ihn verwundert und leicht erschrocken an, was das Vorhaben des Brünetten noch mehr anstachelte. Flink bewegte er seine Finger in der Luft und gab Kai so einen Hinweis darauf, was er nun tun würde.

„Das wagst du nicht!“, erwiderte Kai darauf mit einer schockierten Geste und Kous Grinsen wurde breiter.

„Doch doch mein Lieber!“, sagte er angriffslustig, worauf Kai nur ein „Untersteh dich!“ formte, aber der Brünette lächelte nur fies, bevor er anfing, Kais Seiten zu kitzeln. Kais Mundwinkel verzogen sich und er begann lautlos zu lachen, immer wieder versuchte er sich zu wehren, doch Kou entließ ihn nicht aus seinen Fängen.
 

Plötzlich, wie aus dem Nichts, erklang eine tiefe, raue Stimme und Kou stoppte abrupt in seiner Bewegung. Kai hingegen schnaufte leicht und blickte ihn mit einem leichten Grinsen auf den Lippen an. Der Brünette hingegen blickte Kai perplex an.

„Du kannst sprechen?“, wisperte Kou und Kai zog eine Augenbraue nach oben, bevor er sich seine Hände auf den Mund schlug. Dies war Zeichen genug für Kou und abermals schlich sich ein fieses Lächeln, welches doch zugleich unendlich sanft wirkte, auf seine Lippen, bevor seine flinken Finger wieder über Kais Seiten huschten.

Abermals begann dieser zu lachen, doch dieses Mal war die tiefe Stimme nicht mehr so rau wie zuvor. Diese Stimme war Musik in Kous Ohren und er konnte sich daran nicht satt hören.

„Mein Gott! Hör doch auf!“, vollführte der Blonde mit einer kurzen Geste und versuchte, sich aus Kous Fängen zu befreien. Langsam ebbte die Kitzelattacke ab und der Blonde schnaufte, wobei er sich die perlenden Lachtränen aus den Augen wischte.
 

Gegenseitig blickten sie sich in die Augen und Kai wurde erst jetzt so richtig klar, WO sein Bruder sich befand, denn dieser saß gerade sehr nahe an einer gewissen Stelle, die er nicht namentlich nennen wollte und dachte anscheinend auch nicht daran, von ihm runter zu gehen.

„Geh runter von mir!“, vollführte er wieder eine Geste der Zeichensprache und schaute in eine andere Richtung, ließ damit Kou eine Augenbraue heben.

Der Brünette stützte jeweils eine Hand neben Kais Kopf ab und verleitete den Blonden damit dazu, ihm in die Augen zu schauen.

„Bitte! Sprich mit mir!“, wisperte Kou und seine Stimme war bittend, beinahe flehend, ebenso sein Gesichtsausdruck. Kai blickte ihn verwundert an, öffnete den Mund und versuchte etwas zu sagen, doch kein Ton verließ seine Lippen. Betreten blickte er zur Seite und wich Kous traurigem Blick aus.
 

Der Brünette war traurig, keine Frage, aber er wusste nun, dass Kai sprechen konnte, nur musste er ihn irgendwie dazu bringen. Seine Stimme klang so tief und für ihn unglaublich verführerisch.

„Weißt du eigentlich, dass du eine verdammt geile Stimme hast?“, dachte Kou und bemerkte zu spät, dass er das eben laut gesagt hatte. Kai blickte ihn mit großen Augen an und zerrte damit an Kous Beherrschung, denn diese würde bald schwinden, wenn ihm der Blonde unter ihm noch einmal so einen Blick schenken würde.
 

Kai war heiß, verdammt heiß, sein ganzer Körper glühte förmlich. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er konnte sich nicht von diesen glänzenden Smaragden lösen, die Kous Augen darstellten.

Tief blickte er in die grünen Seen und ohne es zu bemerken kamen sich ihre Gesichter immer näher. Kai schloss die Augen, doch das Erwartete blieb aus. Langsam öffnete er sie wieder und blickte in ein smaragdenes Augenpaar, welches einen seltsamen Ausdruck in sich barg.
 

„Was tu ich hier eigentlich?“, wisperte Kou und setzte sich langsam aufrecht hin, wobei ein schiefes Grinsen seine Lippen verunstaltete.

„Tut mir Leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten Kai!“, sagte Kou und erhob sich von Kais Oberschenkel, um sich an den Bettrand zu setzen.
 

Das Einzige was Kai dachte war „Hör nicht auf, mach weiter“, doch seine Gebete wurden nicht erhört, als sich Kou auf der Bettkante niederließ.
 

Ein langes Schweigen entstand zwischen den beiden und abermals fiel Kous Blick auf das Regal mit den Fanartikeln der japanischen Band A.T.S.U.I. Eine wahrlich beachtliche Sammlung. Woher hatte er all diese Dinge? Es gibt nicht viele Länder, die diese Ware vertreiben, vor allem, da es bei gewissen Dingen, auch davon waren einige unter dieser Sammlung, von dem Manager der Band verboten worden war und das wussten die meisten Fans auch.

„Sag mal Kai!“, unterbrach er die Stille und drehte sich zu dem Blonden um, der, wie er jetzt sah, im Schneidersitz vor ihm saß.

„Woher hast du all diese Sachen? Ich meine, die meisten davon gibt es nur in Japan oder gar nicht auf dem Mark!“, fragte Kou neugierig und bemerkte, wie Kai verwundert eine Augenbraue nach oben zog.
 

„Aus dem Internet!“, vollführte Kai einige Worte der Zeichensprache.

„Ist das so!“, antwortete Kou neutral, doch in seinem Inneren brodelte es. Da traf man eine Abmachung und was wurde daraus? Lüge und Verrat!!

Der Brünette war verdammt sauer, doch er ließ es sich nicht anmerken. Stattdessen lenkte er das Thema in eine andere Richtung.
 

„Hast du irgendwelche Fragen an mich, bezüglich A.T.S.U.I.? Vielleicht kann ich dir darauf sogar eine Antwort geben!“, lächelte Kou nun wieder und musterte den Blonden, der nun einen fragenden Blick aufgesetzt hatte. „Niedlich“, huschte es dem Brünetten durch den Kopf doch er verdrängte den Gedanken sofort wieder.

„Wie alt ist der Sänger jetzt? Du sagtest, dass er auf einem der Bilder erst 15 Jahre alt war, doch ich weiß nicht mehr genau, von wann dieses Bild ist!“, zeigte Kai mit seinen Händen und Kou lächelte.

„Er ist jetzt 20 Jahre alt!“, grinste Kou und war auf Kais Reaktion gespannt.

„Was?!“, zeigte Kai forsch und konnte es nicht fassen.

„Aber warum sind dann seit Jahren keine neuen CDs mehr erschienen? Warum singt er nicht mehr?“, deutete Kai aufgebracht, doch als ihm bewusst wurde, wie lächerlich er sich benahm, beruhigte er sich wieder.
 

Kous Miene allerdings nahm einen undeutbaren Zug an und man konnte keine Gefühle mehr in seinen Augen sehen. Kai zog wiederum eine Augenbraue hoch.

„Tja, das sollte man ihn wohl besser selber fragen!“, sagte Kou, stand auf und ging zu dem Regal. Wie schon vorher zog er scheinbar wahllos eine CD hervor.

„Sag Kai, welches ist dein Lieblingslied?“, fragte der Brünette und drehte sich zu seinem Bruder um. Der Blonde runzelte kaum merklich die Stirn. Was war den jetzt los? Kou hatte eine merkwürdige Ausstrahlung bekommen, gerade so, als wäre er ein anderer Mensch geworden.
 

Kurz schüttelte er sein blondes Haupt und erinnerte sich in diesem Moment an die gestellte Frage.

„Tsuki no uta!“, deutete er hastig. Ein besseres war ihm im Moment nicht eingefallen und außerdem kannte er die anderen japanischen Titel doch gar nicht.

„Hmmm… Das Lied des Mondes…“, hörte er Kous samtene Stimme sagen und schon in nächsten Moment erklang die Melodie im Raum.
 

Kou ging langsam wieder zu Kais Bett, ließ sich darauf nieder und schloss die Augen. Es war schon eine Weile her, seit er diese Stimme gehört hatte, auch wenn er dieses Lied vor ein paar Tagen erst selbst gesungen hatte.
 

Kai beobachtete seinen Bruder, wie er sich auf seinem Bett niederließ und die Augen schloss. Die feinen Gesichtzüge entspannt und friedlich. Der Blonde seufzte lautlos. Wie dieses Lied doch zu dem hübschen Brünetten passte. Auch wenn er den Text nicht verstand, wusste er doch, dass eine tiefere Bedeutung hinter diesem Lied lag und Kou war genau wie dieser Song. Hinter der Fassade eines hübschen brünetten Japaners verbargen sich Geheimnisse, die er nur zu gerne lüften würde, doch das würde sein Gegenüber wohl nicht zulassen.
 

„Das Lied des Mondes ist also sein Lieblingslied!“, dachte Kou und Melancholie beherrschte seine Gedanken.

„Du willst also, dass er weiter singt?“, murmelte er leise, wusste er doch, dass Kais dies sicher nicht gehört hatte.
 

„Sag Kai!“, erhob er seine Stimme und bekam so die Aufmerksamkeit des Blonden.

„Wann hast du eigentlich Geburtstag!“, fragte der Brünette interessiert und gleichzeitig nachdenklich wirkend, was Kai abermals eine Augenbraue heben ließ.

„Am 21. Juni, wieso?“, antwortete dieser mit seinen Händen und stellte sogleich eine Gegenfrage.

„Am 21. Juni also…“, murmelte Kou und stockte plötzlich.

„Moment! Das ist ja schon in zwei Monaten?!“, sagte er schrill und blickte seinen Bruder beinahe schockiert an.
 

„Schon in zwei Monaten? Ich würde eher sagen erst in zwei Monaten!“, deutete Kai und blickte seinen Bruder an, der alsgleich aus seiner Starre erwachte.

Der Brünette musterte seinen Gegenüber und begann dann zu lachen, da der andere einen schmollenden Gesichtsausdruck aufgesetzt und dabei die Unterlippe nach vorn geschoben hatte.

„Sag mal, hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass du verdammt niedlich aussiehst, wenn du schmollst?“, kicherte Kou und Kai musterte diesen verwundert.
 

„Nicht dein Ernst oder?“, deutete Kai und eine kaum merkliche Röte zierte sein Gesicht.

„Oh doch, das ist mein voller Ernst!“, grinste der Brünette und wuschelte dem Blonden durchs Haar. Dessen Gesichtsfarbe allerdings wurde noch um eine Nuance dunkler und er blickte zur Seite. Kou belächelte diese Geste, sagte aber nichts mehr dazu.
 

Eine Weile saßen sie noch auf Kais Bett, genossen still die Gegenwart des anderen, bis Kou aufstand und sich ausgiebig streckte.

„Ich muss dich jetzt leider verlassen! Ich hab noch etwas zu erledigen, aber wenn du willst können wir nachher gemeinsam zur Arbeit gehen!“, sagte Kou lächelnd und Kai erwiderte diese Geste.

„Gern!“, antwortete er ihm in seiner Sprache und fügte ein „Sehr gern!“ noch in Gedanken hinzu, wobei er selig lächelte.

„Ok, dann bist später!“, erwiderte der Brünette, öffnete die Tür, winkte noch kurz und ging dann aus dem Raum, wo nur ein paar Sekunden später die Tür ins Schloss fiel.
 

Kou ging langsam in sein Zimmer. Er war so in Gedanken versunken, dass er nichts mehr um sich herum wahrnahm.

Kai hatte so verzweifelt ausgesehen, als er diese stumme Bitte, dass der Sänger doch weiter singen solle, „ausgesprochen“ hatte. Er wollte, dass A.T.S.U.I. wieder zurückkehrte, zurück aus der Dunkelheit ins Licht, ins Licht der Bühne.
 

Knackend fiel die Tür hinter ihm ins Schloss und erst jetzt wurde dem Brünetten bewusst, dass er bereits in seinem Zimmer angekommen war. Seufzend ging er zu der kleine Bar, die sich im hinteren Teil des Raumes befand und öffnete dort in der Wand eine kleine Tür – gerade mal einen Meter hoch –, die er eher zufällig gefunden hatte, da sie kaum zu erkennen war und wohl zum Aufbewahren der Getränke dienen sollte. Dort griff er hinein, wobei er mit ganzem Oberkörper in der kleinen Kammer verschwand und holte einen Koffer ans Tageslicht. Es war ein schwarzer Koffer in altmodischem Stil, mit abgerundeten Ecken und zwei Metallverschlüssen.
 

Mit Bedacht öffnete er die beiden Verschlüsse und hob den Deckel an. Zum Vorschein kam eine in den Koffer eingebaute CD-Halterung, die über die ganze Lände des Koffers reichte und ein Drittel davon einnahm. Weiters waren im frei gebliebenen Abteil verschiedene Kleidungsstücke und einige Accessoires zu finden, wie zum Beispiel ein breites Lederarmband mit Nieten oder ein schwarzes Tuch.
 

Kurz begutachtete er seine Schätze, bevor er einen roten Schal herausholte – dieser war an den Enden komplett ausgefranst und mit leichten Wellen versehen – und kurz daran roch. Er duftete immer noch leicht nach Parfum und Rauch.

Kou legte den Schal auf seinen Schoß und zog dann gezielt eine CD aus der Halterung und blickte nachdenklich auf das Cover.
 

„Du willst also, dass sie zurückkehren…“, murmelte er und Sekunden vergingen, in denen Kou verträumt auf die CD blickte, auf der in geschwungenen Lettern der Schriftzug „Tsuki no uta“ stand. Doch schon im nächsten Moment sprang er auf, legte die CD auf den Schal, der zu Boden gefallen war, holte sein Handy vom Bett und ging schnellen Schrittes aus dem Zimmer.

Er hatte eine Entscheidung getroffen und nun mussten alle Maßnahmen dafür eingeleitet werden.

Sehnsucht

Kapitel 10
 

Kai seufzte lautlos. Nun war es schon fast zwei Monate her, seit sein Bruder nach Japan gefahren war. Er selbst war überrascht und traurig zugleich gewesen, als Kou ihm mitteilte, er würde für einige Zeit nach Japan reisen, da er dort etwas sehr Wichtiges zu erledigen hatte, das keinen Aufschub mehr duldete.

Er erinnerte sich noch genau an den Abend, an dem sie gemeinsam zur Arbeit gegangen waren und der Brünette ihm seinen Entschluss mitgeteilt hatte.
 

~Flashback~
 

Es war bereits Zeit zum Arbeiten geworden und Kai war mit seinem Bruder unterwegs Richtung ‚Stinger’. Schweigend gingen sie nebeneinander her und Kai genoss still die Nähe seines Bruders. Dieser lief lässig neben ihm her und der Blonde musste abermals feststellen, dass Kou in diesen engen schwarzen Klamotten verdammt gut aussah.
 

Plötzlich blieb dieser jedoch stehen und Kai drehte sich verwirrt zu seinem Bruder um.

„Kai, ich muss dir etwas sagen und es fällt mir nicht gerade leicht…“, begann Kou und blickte tief in die Augen seines Gegenübers, dessen Herz einen Schlag ausgesetzt hatte, er befürchtete das Schlimmste.

„Keine Angst, es ist nichts Schlimmes, ich muss nur für einige Wochen nach Japan reisen, da ich dort etwas Wichtiges erledigen muss, dass nicht mehr aufgeschoben werden kann! Es tut mir Leid!“, sagte Kou und lächelte bitter, wollte er seinen Bruder doch nicht alleine lassen.
 

Dieser allerdings reagierte nicht, blickte den Brünetten nur unidentifizierbar an. Auch wenn sein Ausdruck keine Gefühle verriet, war es in seinem Inneren jedoch ganz anders. Er wollte nicht, dass Kou wegging, wollte nicht von ihm getrennt sein. Nicht jetzt, wo sie sich so gut verstanden, doch er zeigte keine Gefühlsregung, nickte nur und ging anschließend weiter, ließ seinen Bruder einfach stehen.
 

~Flashback Ende~
 

Wieder einmal war ihm schmerzlich bewusst geworden, wie gern er doch diesen brünetten Engel hatte und wie viel er ihm bedeutete. Abermals seufzte er lautlos und blickte aus dem Fenster.

Er beobachtete einen Wassertropfen, der sich seinen Weg über die durchsichtige Scheibe bahnte, dabei immer wieder einen weitern Tropfen dazu animierte, mit ihm zu kommen und die glatte Fläche hinunter zu gleiten.

Es hatte gerade aufgehört zu regnen und die Sonne, die die Wolkendecke durchbrach, ließ die Landschaft, die vom Regen mit einem nassen Film überzogen worden war, glitzern und glänzen.
 

Kai liebte solche Momente und wünschte sich im Moment nichts sehnlicher, als seinen Bruder wieder zu sehen. Die glänzenden smaragdgrünen Augen, das sanfte Lächeln in diesem fein geschnittenen Gesicht, die schlanken Hände, die ihn zum Gruß zuwinkten, die dunkle Stimme, die ihm eine Gänsehaut bescherte und die Schmetterlinge in seinem Bauch aufscheuchte, die seit geraumer Zeit darin wohnten.

Er konnte und wollte nicht mehr leugnen, dass er sich in seinen Bruder verliebt hatte, dass war ihm in den vergangenen Wochen nur zu deutlich bewusst geworden. Er sehnte sich nach ihm und es wurde immer schlimmer, umso länger er wegblieb. Eine einsame Träne bahnte sich den Weg über die blasse Wange hinunter.
 

Das Schlimmste war, dass er nicht einmal mit jemandem reden konnte, da sein bester Freund Teru, dem er immer so gut wie alles erzählt hatte, ebenfalls verreist war und langsam aber sicher zerfraß ihn die Sehnsucht nach dem Brünetten immer mehr.

Schlafen konnte er seit ein paar Tagen fast gar nicht mehr und Hunger hatte er auch fast keinen.
 

Mit starrem Blick beobachtete er, wie die Sonne sich dem Horizont näherte und somit ankündigte, dass es Abend und schon bald dunkel werden würde.

Lautlos seufzend wand Kai sich schließlich ab und machte sich fertig für die Arbeit, die in zwei Stunden beginnen würde. Er entkleidete sich und ging unter die Dusche, wo er sich das warme Wasser über den blassen Körper fließen ließ.

Wie er ihn doch vermisste, diesen miesen kleinen Bastard, der sich bei ihm kein einziges Mal gemeldet hatte. Jeden Tag hatte er auf eine Nachricht von ihm gewartet, doch sie kam nicht, war nie gekommen.
 

Abermals bahnten sich perlende Tränen ihren Weg aus den kristallblauen Augen, vermischten sich dabei mit dem glänzenden Wasser und wurden hinuntergespült, um auf nie mehr wieder sehen zu verschwinden. Kai schlug mit der geballten Faust gegen die Wand, lehnte dabei den Kopf dagegen und wurde von lautlosen Schluchzern geschüttelt. Morgen war sein Geburtstag und er wünschte sich nichts sehnlicher, als das Gesicht dieses Engels zu sehen, doch dieser Wunsch würde wohl unerfüllt bleiben, ein Traum.
 

Nach schier endloser Zeit stieg er aus der Dusche und machte sich fertig für die Arbeit. Als er schließlich fertig war und es Zeit war zu gehen, verabschiedete er sich noch kurz von seiner Mutter und ging aus dem Haus.

Langsam ging er den Weg Richtung ‚Stinger’ und dachte wieder daran, wie er vor zwei Monaten den gleichen Weg gemeinsam mit Kou gegangen war.
 

Kai schluckte seine aufkommenden Tränen hinunter und betrat die Lokalität, wo ihn die laute Musik und das Gelächter der Leute begrüßten und ihn für kurze Zeit vergessen ließ.

Eine Überraschung kommt selten allein

Kapitel 11
 

Es war bereits Morgen und die Sonne schien durchs Fenster. Die warmen Strahlen fielen in den Raum, machten nicht einmal vor dem zu einem Knäule zusammengerollten Körper halt, der, eingewickelt in eine Decke, auf dem Bett lag und schlief.
 

Kai kräuselte die Nase, die Sonne war doch etwas lästiges, vor allem, wenn man gerade vor ein paar Stunden eingeschlafen war und sich in Ruhe ausruhen wollte. Er vergrub sich noch etwas mehr in der warmen Decke und seufzte lautlos. Die Decke war so schön warm und kuschelig, am liebsten wäre er ewig so liegen geblieben. Leicht lächelte er und ließ die Augen geschlossen, er wollte einfach noch nicht aufstehen. Langsam glitt er wieder in einen leichten Dämmerzustand. Der angenehme Duft und die Wärme benebelten ihn, ließen ihn ruhig und selig lächelnd in den Schlaf übertreten.
 

Plötzlich allerdings spürte er etwas, das sanft, kaum spürbar seine Nase berührte, sachte darüber strich. Ein wohltuender Geruch stieg ihm in die Nase und ließ ihn erschaudern. So etwas Wundervolles hatte er bis jetzt noch nie gerochen und er wunderte sich, woher dieser Geruch kam.

Abermals spürte er die sanfte Berührung, diesmal auf seiner Wange, dann auf der Stirn und dann wieder auf seiner Nase. Doch plötzlich spürte er etwas anderes. Eine warme Hand streichelte sanft über seine Wange und strich ihm ein paar widerspenstige Haarsträhnen aus dem Gesicht.
 

„Hey Kleiner, aufwachen!“, vernahm er plötzlich einen Hauch nahe seinem Ohr und ein Schauer lief ihm über den Rücken. Blinzelnd öffnete er die Augen und erblickte zwei glänzende Smaragde, fein geschwungene Lippen, die ihn sanft anlächelten und ein fein geschnittenes Gesicht, dass von brünetten Haaren umrahmt wurde. Kais Augen weiteten sich, als er begriff, dass das Gesicht seines Bruders Kou vor ihm war und eine Hand des Brünetten noch immer sanft durch seine Haare fuhr.
 

„Träume ich oder bist du es wirklich?“, wisperte Kai und ihm war nicht bewusst, dass er das eben selbst, mit seiner eigenen Stimme, ausgesprochen hatte.

Auf Kous Gesicht erschien ein warmes, liebevolles Lächeln und er strich Kai sanft über die Wange.

„Nein du träumst nicht Kleiner! Ich bin wirklich wieder da!“, flüsterte Kou und streichelte weiterhin über Kais Wange und Kopf. Auf dem Gesicht des Blonden erschien ein glückliches Lächeln und er blickte Kou tief in die leuchtenden Smaragde. Lange saßen sie einfach nur da und blickten sich gegenseitig in die Augen, bis Kous Lächeln um eine Spur breiter wurde.
 

„Ich hab dir sogar was mitgebracht!“, flüsterte er, wollte so die Stimmung zwischen ihnen nicht verderben und legte einen riesigen Blumenstrauß, bestehend aus weißen Kamelien und Rosen, mitsamt einem kleinen Päckchen vor Kai aufs Bett. Dieser blickte zuerst verwundert und dann überglücklich auf die Geschenke.

Langsam setzte Kai sich auf und nahm den Strauß in die Hand, um daran zu riechen. Der einmalige Geruch durchströmte ihn und ließ ihn selig lächeln. Ein wunderbarer Duft.
 

Schließlich fiel sein Blick wieder auf das kleine Päckchen und er musterte es kurz, bevor er es vorsichtig in die Hand nahm. Kurz begutachtete er das Papier, welches mit Blütenmustern und einem Kranich verziert war, bevor er zu seinem Bruder blickte.

„Mach es ruhig auf, es gehört nur dir!“, lächelte Kou liebevoll und nickte Kai zu.

Dieser betrachtete das Päckchen noch kurz, bevor er mit spitzen Fingern das Papier an den zugeklebten Stellen aufmachte, immer darauf bedacht, es ja nicht zu zerreisen.

Was dann zum Vorschein kam, ließ ihm den Atem weg bleiben. Wie paralysiert starrte er auf das Papierstück, dass er in der Hand hielt.
 

Nach schier endloser Zeit blickte Kai langsam zu seinem Bruder, der ihn beobachtet hatte und ihn nun liebevoll und herzlich anlächelte.

„Ich hoffe es gefällt dir! Alles Gute zum Geburtstag Kai!“, sagte Kou und in Kais Augen traten Tränen.
 

Sein größter Traum war wahr geworden und das alles hatte er Kou zu verdanken.

Abermals blickte er auf die Eintrittskarte für ein Konzert von A.T.S.U.I.. Er konnte es immer noch nicht glauben, dass er zu einem Konzert dieser Band gehen durfte.

„Die CD, die du da in den Händen hältst, ist das neueste Album und ist noch nirgends auf dem Markt zu kaufen! Wenn du sie mitnimmst, kannst du dir sicher ein Autogramm holen, schließlich gibt es da noch eine kleine Überraschung im inneren der CD-Hülle!“, lächelte Kou und Kai wendete seinen Blick von Kous Gesicht ab und wieder auf die CD, die er nun mit zitternden Händen öffnete. Heraus fiel ein kleiner Anhänger, an welchem eine Karte, die wie eine Kreditkarte aussah, befestigt war. Auf dieser stand groß „Backstage-Pass“ und zu allem Überfluss auch noch die Buchstaben „VIP“.
 

Wie in Zeitlupe wanderte Kais Blick wieder zu Kous Gesicht. Tränen liefen über die blassen Wangen des Blonden und sein gesamter Körper zitterte. Er konnte es einfach nicht glauben, was Kou ihm da für ein Geschenk gemacht hatte.

„Hey, nicht weinen!“, wisperte der Brünette und wischte mit seiner Hand sachte die glänzenden, heißen Tränen von den blassen Wangen.

Als die warme Hand Kous Kais Gesicht berührte, konnte dieser nicht mehr an sich halten und warf sich in die Arme seines Bruders. Stumme Schluchzer schüttelten ihn und er klammerte sich wie ein Ertrinkender, der seinen letzten Halt nicht verlieren wollte, an den Brünetten.
 

Kou strich in gleichmäßigen Bewegungen über Kais Rücken und wisperte ihm beruhigende Worte zu. Die Reaktion des Blonden hatte ihn für einen kurzen Moment überrumpelt, doch er hatte sich schnell wieder gefangen und den anderen in seine Arme geschlossen.
 

Kai konnte nicht mehr. All die Verzweiflung und Sehnsucht der letzten Wochen zeigten sich nun in Form von Tränen, doch langsam erwachten andere Gefühle in ihm. Sein Herz, seine Seele hatten gelitten, doch nun war er glücklich, so glücklich wie noch nie zuvor in seinem Leben und er liebte seinen Gegenüber, liebte diesen brünetten Engel so sehr, dass er nicht mehr wusste, was er machen sollte.
 

Lange saßen sie so da. Kai lauschte der leisen Melodie, die Kou nach einer Weile zu summen begonnen hatte und langsam versiegten seine Tränen. Er genoss nur noch die Nähe des anderen und ließ sich vollkommen in die warme und wohltuende Umarmung fallen.
 

Nach schier endloser Zeit lösten sie die Umarmung und Kou lächelte Kai aufmunternd an.

„Hast du eigentlich schon auf das Datum geschaut?“, sagte der Brünette und sein Lächeln wurde zu einem Grinsen. Kai beobachtete dies erstaunt und ein misstrauischer Ausdruck trat auf sein Gesicht, als er das Ticket wieder in die Hand nahm und das Datum suchte. Unglauben trat in seine Augen und dann keuchte er lautlos und erschrocken auf.

„Das ist ja heute!“, zeigte er mit seinen schlanken Händen aufgeregt und sein Herz begann wie wild zu schlagen.

„Richtig und deswegen solltest du jetzt schleunigst deine Sachen packen, schließlich geht unser Flug in ein paar Stunden!“, grinste Kou und Kai blickte ihn voller Vorfreude und dennoch misstrauisch an.
 

„Wie lange bleiben wir denn?“, fragte Kai in seiner Sprache und bohrte seinen Blick in Kous smaragdene Augen.

„Oh, so zirka eine Woche schätze ich! Damit du nicht nur die Band, sondern auch das Land ein bisschen näher kennen lernst!“, sagte er beiläufig und machte eine wegwischende Handbewegung, die bedeuten sollte, dass es eh nicht der Rede wert war, doch Kai blickte ihn voller Unglauben an.

„Du kannst mir ruhig glauben Kai!“, grinste der Brünette und kicherte. Das Gesicht des Blonden war Gold wert.
 

„Und wo wohnen wir?“, zeigte der Blonde, schließlich mussten sie ja irgendwo schlafen.

„Bei mir zu Hause natürlich! Du wirst sicher überrascht sein, wenn du unser ‚Haus’ dort siehst!“, antwortete Kou und kicherte wieder, da das Wort ‚Haus’ nicht unbedingt eine passende Beschreibung ihres Wohnsitzes war.
 

„Und die Arbeit?“, fragte Kai weiter in seiner Sprache. Ihm wurde mulmig, wenn er daran dachte, um Urlaub bitten zu müssen.

„Alles schon geregelt! Brauchst dir um nichts mehr Gedanken zu machen, außer um das Zusammenpacken deiner Sachen, die du mitnimmst!“, strahlte Kou, als Kai nickte. Kou lachte kurz auf als Kai hibbelig aufsprang und aus seinem Schrank eine große Reisetasche herausholte. Doch plötzlich hielt er abrupt inne.
 

„Und was ist mit Mutter? Weiß sie davon?“, fragte Kai mit seinen Händen und Kou lächelte.

„Natürlich! Sie freut sich, dass du mal aus dem Haus kommst und was Neues erlebst! Vater ist derselben Meinung und außerdem werden die beiden so eine Woche allein sein können!“, sagte Kou und lächelte anzüglich. „Und wir auch“, dachte er und sein Lächeln wurde noch um eine Spur breiter und lasziver. Kai verdrehte die Augen. Was reimte sich dieser brünette Schönling da schon wieder in seinem kranken Hirn zusammen?! Kopfschüttelnd wendete er sich wieder seiner noch leeren Tasche zu.
 

Die Reisetasche stellte Kai auf seinem Bett ab und ging zum Kasten zurück um davor ratlos stehen zu bleiben. Was sollte er eigentlich mitnehmen? Doch was noch viel wichtiger ist, was sollte er auf dem Konzert heute Abend anziehen?!

Ein lautloser Fluch entwich Kais Lippen und er besah sich der Klamotten in seinem Schrank. Plötzlich allerdings erschien eine Hand neben seinem Gesicht, die in den Kasten langte und ein Shirt herauszog. Kais Herz begann wie wild zu schlagen, als er sich Kous unmittelbare Nähe bewusst wurde. Langsam drehte er den Kopf und blickte einer brünetten Grinsekatze – denn ein breites Grinsen umspielte seine Lippen – ins Gesicht.

„Das sieht nicht schlecht aus! Das kannst du mitnehmen!“, sagte Kou und zog ein weiteres Shirt aus dem Schrank.
 

Schlussendlich war es Kou, der die Klamotten für Kai zusammensuchte. Dieser stand derweilen nur daneben und beobachtete verwundert seinen Bruder, der sich verschiedene Kleidungstücke besah und immer wieder eins davon in seinen Koffer packte.

„Und das…“, begann Kou und zog ein Shirt und eine Hose, die sich als Kais Arbeitsgewand herausstellten, heraus und fuhr dann fort, “…ziehst du heute Abend bei dem Konzert an! Das steht dir einfach am besten!“ Kou grinste über beide Ohren und Kai wunderte sich immer wieder aufs Neue über seinen Bruder.
 

„Willst du sonst noch irgendetwas mitnehmen? CDs?“, fragte der Brünette nun an Kai gewandt und blickte ihn lächelnd an. Der Blonde überlegte kurz und nickte dann. Er holte seinen Discman aus einer kleinen Tasche, die, die er im Park bereits mitgehabt hatte, nahm die neue CD die er bekommen hatte und packte sie in seinen Rucksack, den er zwecks Handgepäck in das Flugzeug mitnehmen wollte.

„Gut! Eine Zahnbürste vielleicht noch, Duschgel usw. bekommst du in Japan von mir zur Verfügung gestellt! Die riechen dort besser als die von hier!“, lächelte Kou und ließ sich zufrieden aufs Bett sinken, legte sich zurück und streckte alle Viere von sich.
 

Kai setzte sich neben seinem Bruder aufs Bett und beobachtete diesen. Kou sah entspannt und glücklich aus. Augenscheinlich freute er sich schon auf sein Heimatland, auch wenn er bereits einige Wochen dort verbracht hatte.

Kai allerdings bedachte nicht, dass Kou sich einfach nur freute, mit ihm nach Japan zu fliegen und glücklich war er nur deswegen, weil er dem Blonden einen Herzenswunsch erfüllen konnte, indem er ihm eine Konzertkarte von A.T.S.U.I. besorgt hatte.
 

„Ach apropos Konzert! Kai, ich hoffe es stört dich nicht allzu sehr, wenn du da alleine hingehen musst! Ich konnte keine zweite Karte mehr besorgen! Ich hoffe das ist jetzt kein allzu großes Hindernis oder?“, fragte der Brünette vorsichtig und beobachtete die Mimik seines Bruders. Dieser allerdings stockte kurz. Allein? Allein in einer Konzerthalle voller Fremder und ohne jegliche Möglichkeit sich zu verständigen, da ja keiner seine Sprache sprechen konnte?
 

Der Blonde schluckte, das würde sicherlich nicht leicht werden. Den Hauch von Panik verdrängte er in den letzten Winkel seines Geistes.

„Kein Problem!“, deutete er und lächelte Kou aufmunternd an, schließlich sollte dieser sich ja keine Sorgen machen. Doch Kou hatte die Unsicherheit und die Panik bemerkt, doch leider war da nichts mehr zu machen. Außerdem würde Kai dort eine Überraschung erleben, die sich gewaschen hat. Kurz grinste der Brünette fies, was sein Bruder allerdings nicht gesehen hatte.
 

Kou blickte flüchtig auf die Uhr und stellte überrascht fest, dass sie langsam in die Puschen kommen sollten, sonst würden sie ihren Flug verpassen.

„Kai, wir sollten aufbrechen, sonst verpassen wir noch den Flug und ich denke, dass das nicht in deinem Sinn wäre!“, lächelte Kou und Kai schüttelte den Kopf und packte seine Tasche.
 

„Komm!“, sagte Kou lächelnd, nahm Kai dessen Reisetasche aus der Hand und packte den Strauß Blumen, der auf dem Bett lag. Anschließend nahm er mit der freien Hand noch Kais Hand in die seine und zog ihn aus dem Zimmer hinaus.
 

Übermütig lief Kou die Treppe hinunter und sein fröhliches Lachen hallte durchs gesamte Haus. Die beiden Jungen stürmten, in Kais Fall gezwungenermaßen, in die Küche und wurden von einem verwundert blickenden Seijo empfangen, der von seiner Zeitung aufsah.
 

„Kou, was ist denn mit dir los? So übermütig hab ich dich schon seit Jahren nicht mehr gesehen!“, fragte Seijo verwundert und blickte seinen Sohn amüsiert an.

„Ach na ja…“, wich Kou aus und kratzte sich verlegen am Kopf, wodurch er Kais Hand loslassen musste, was dem Blonden nicht ganz passte, aber er erwiderte nichts.
 

„Komm, setzt euch und trinkt noch einen Tee, Chiyo wird gleich kommen!“, sagte Seijo und machte eine einladende Bewegung zu den zwei freien Sesseln hin.

„Ok, ok, aber vorher!“, erwiderte Kou, stellte Kais Reisetasche ab und ging mit dem Blumenstrauß in der Hand zu einem Schrank, wo er eine Vase herausholte. Diese füllte er mit frischem Wasser und stellte die Blumen hinein. Kurz betrachtete er noch den Strauß, bevor er sich aufatmend auf seinem Stammplatz am Tisch fallen ließ.
 

Aus irgendeinem Grund war er etwas nervös und aufgekratzt, hauptsächlich aus Freude, weil er schließlich mit Kai in sein Heimatland flog und dieser auch noch bei ihm Zuhause wohnen würde. Sie wohnten zwar jetzt auch zusammen, doch das war ein bisschen anders. Hier kannte Kai sich aus, doch in Japan würde er auf seine Hilfe, in jeder Hinsicht, angewiesen sein und somit immer in seiner unmittelbaren Nähe bleiben. Hibbelig trommelte Kou mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte und ein breites Grinsen umspielte seine Lippen.
 

Seijo stellte gerade eine Tasse Tee vor Kou auf den Tisch, als die Tür aufging und Chiyo eintrat.

„Hallo alle zusammen!“, sagte sie lächelnd – im ersten Moment war sie etwas überrascht gewesen – und zog Schuhe und Mantel aus, bevor sie in die Küche trat.

„Hallo Schatz!“, begrüßte sie Seijo mit einem Kuss und wendete sich dann den anderen beiden zu.
 

„Hallo Jungs! Seid ihr schon aufgeregt?“, fragte sie lächelnd und blickte von einem zum anderen. Kou schüttelte den Kopf und grinste seine Stiefmutter an.

„Nö, nicht im Geringsten!“, antwortete der Brünette und trank einen Schluck von seinem grünen Tee, grinste dabei in sich hinein.
 

„Und du Kai?“, wendete sich Chiyo an ihren Sohn, der nur den Kopf schüttelte und lächelte.

„Na dann!“, war das Letzte, was Chiyo von sich gab, bevor sie sich an den Tisch setzte und ebenfalls einen Schluck von ihrem Kaffee trank, den Seijo für sie vorbereitet hatte.
 

„Ihr solltet euch beeilen, Kou! Der Flug geht in zwei Stunden!“, sagte der Ältere lächelnd und Kou trank seine Tasse in einem Zug leer, Kai hingegen stand gleich auf, schließlich hatte er nichts zu trinken gewollt.
 

„Schon fertig!“, sagte Kou und stand auf.

„Vater! Chiyo!“, fügte er noch hinzu und verbeugte sich elegant, ganz in japanischer Manier, vor seinem Vater und dessen neuer Gefährtin.
 

„Komm Kai, lass uns gehen, sonst verpassen wir den Flug wirklich noch!“, lächelte Kou, blieb im Türrahmen stehen und hielt Kai die Hand hin.

Dieser hielt kurz inne und nickte seinem Stiefvater zu und gab seiner Mutter noch einen Kuss auf die Wange, bevor er Kous Hand nahm und mit ihm auf den Flur trat.

Sie machten sich abreisefertig und verließen dann mit einem letzten Abschiedsgruß das Haus.
 

Kai kam gerade ein Gedanke in den Sinn und er tupfte Kou mit seiner Hand auf die Schulter. Dieser drehte sich um und blickte seinen Bruder verwundert an und wartete auf dessen Frage.

„Sag Kou, wie kommen wir eigentlich zum Flughafen?“, deutete Kai mit seinen schlanken Händen und es erschien ein Grinsen auf Kous Gesicht.

„So wie ich hergekommen bin!“, sagte er und zeigte auf ein Auto, das in der Einfahrt parkte. Kais Augen weiteten sich erstaunt, als er diese Nobelkarosse sah.
 

„Ist das dein Auto?“, fragte Kai in seiner Sprache und schloss seinen Mund, der sich bei dem Anblick des schwarzen Mercedes Cabriolets leicht geöffnet hatte.

„Na ja, mehr oder weniger! Es gehört meinem Vater und der hat es mir geliehen!“, grinste kou und ging Richtung Auto.
 

Kai blieb noch kurz stehen, bevor er eilig seinem Bruder folgte. Dieser hatte bereits das Gepäck verstaut und hielt Kai, Gentlemanlike, die Tür auf. Der Blonde nickte elegant als Zeichen des Dankes und setzte sich ins Auto.

Kou schloss die Tür und setzte sich dann ebenfalls auf die Fahrerseite, ließ den Motor an und fuhr los.
 

~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~
 

Tut leid das es sooooooooooo lange gedauert hat. Hatte eine Ideenkrise.
 

ggglg Chi

Selbsterkenntnis

Kapitel 12
 

>…< ……… Japanisch
 

…………………………………………………………………………
 

Die Fahrt verlief schweigend und ohne Probleme. Kou war ein guter Fahrer und summte die meiste Zeit des Weges vor sich hin, was Kai in einen leichten Schlaf gleiten ließ. Der Blonde war glücklich. Kous Rückkehr hatte ihn glücklicher gemacht, als er es sich jemals vorgestellt hatte und dieser Gedanke ließ ihn im Schlaf lächeln.
 

„Kai! Kai!“, hörte er plötzlich die Stimme seines Bruders, ganz leise und sanft klang sie. Der Blonde rümpfte die Nase, wollte einfach nicht aufwachen und kuschelte sich noch mehr in die weichen, beigen Ledersitze des Autos.

„Hey Süßer, aufwachen! Wir sind am Flughafen! Du kannst im Flugzeug weiterschlafen!“, versuchte es Kou ein zweites Mal und kraulte Kai sanft im Nacken.
 

Dieser grummelte kurz und schlug dann schließlich seine lapislazulifarbenen Augen auf und schaute in das Gesicht seines Bruders, dessen Lippen von einem bezaubernden Lächeln umspielt wurden.
 

Kai war augenblicklich hellwach und schluckte hart. Sein Bruder war ihm gerade viel zu nahe und sein hübsches Gesicht strahlte vor Freude. Abermals schluckte Kai, als sein Blick über Kous Gesicht wanderte und an dessen Lippen hängen blieb. Wie voll und kirschrot wie waren, wahrlich verlockend, doch Kai konnte sich gerade noch zurückhalten, indem er schnell nickte. Er schenkte Kou ein Lächeln und stieg dann aus dem Auto aus. Kou tat es ihm gleich und holte dann das Gepäck aus dem Kofferraum.
 

>Itshashiba-sama! Itshashiba-sama!<, hörten beiden plötzlich eine Stimme aus ihrer unmittelbaren Nähe und beide drehten synchron ihren Kopf in die Richtung aus der die Stimme kam.
 

>Ah Kaori-sama!<, sagte Kou lächelnd, als er den Mann mittleren Alters auf sich zukommen sah.
 

>Itshashiba-sama! Da sind Sie ja endlich! Ihr Flug geht in einer halben Stunde! Sie müssen sich beeilen!<, sagte der schwarzhaarige Mann, augenscheinlich ein Japaner, aufgeregt.
 

>Ich weiß, ich weiß! Ich musste nur schnell noch meinen Bruder aufwecken, diese kleine Schlafmütze!<, kicherte Kou und Kaori zog beiden Augenbrauen nach oben.
 

>Aber Itshashiba-sama, ich dachte, Sie und Ihr werter Vater reden nicht mehr über…<, begann Kaori, wurde aber von Kou unterbrochen.
 

>Nicht diese Person, Kaori-sama! Er hier!<, sagte der Brünette und zeigte auf Kai, der das Gespräch Nichts-verstehend verfolgt hatte.
 

>Oh, Verzeihung, Itshashiba-sama! Das wusste ich nicht!<, sagte der Schwarzhaarige und verbeugte sich entschuldigend.
 

>Machen Sie sich bitte keine Gedanken, aber jetzt müssen wir wirklich los! Danke, dass Sie auf uns gewartet haben, Kaori-sama!<, bedankte sich Kou und verbeugte sich vor seinem Gegenüber und wendete sich nun an seinen Bruder.
 

„Komm, Kai! Wir müssen los!“, lächelte Kou den Blonden an und dieser nickte. Schnell machten sie sich, mit einer kleinen Geste des Abschieds Richtung Kaori, auf den Weg zum Flugzeug.
 

Als sie dann endlich im Flugzeug saßen, atmete Kai einmal tief durch und schaute sich dann um. Der Blonde merkte schnell, dass sie wohl in der 1. Klasse saßen, da alles etwas teurer aussah und was den Eindruck noch mehr verstärkte, waren die in teure Armani-Anzügen gekleideten Männer, die einige Reihen vor ihnen saßen und gerade dabei waren, ihre Aktenkoffer unter dem Sitz zu verstauen.

Kai wunderte diese Tatsache nur mäßig, schließlich waren sie auch mit einem richtig teueren Auto hierher gefahren, auch wenn er sich mit dem Gedanken, dass Kou und sein Vater wohl eine Menge Geld hatten, nicht wirklich anfreunden konnte bzw. es sich nicht wirklich vorstellen konnte.
 

Endlich hob das Flugzeug ab und Kai blickte neugierig aus dem Fenster, schließlich hatte er noch nie die Welt von oben gesehen. Fasziniert beobachtete er, wie die Stadt immer kleiner wurde und sie schließlich nicht mehr zu sehen war. Eine dicke weiße Wolkenschicht breitete sich nun unter ihnen aus und die Sonne schien durchs Fenster herein, sodass der Blonde genüsslich die Augen schloss und die warmen Strahlen auf sich wirken ließ.
 

Kai merkte allerdings nicht, dass Kou ihn mit einem Lächeln, welches Eis hätte schmelzen können, beobachtete.
 

Kou beobachtete ihn und seufzte melancholisch auf. Hatte er sich eigentlich nicht vorgenommen, keinen Menschen je wieder in sein Herz zu lassen? Und was tat er jetzt? Er verschwand mit seinem Bruder nach Japan. Mit dem jungen Mann, der ihm sehr viel bedeutete, nein, der für ihn die Welt bedeutete. Abermals seufzte er gequält. Schon wieder hatte er es getan. Sich verliebt.



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Kommentare zu dieser Fanfic (27)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2008-09-14T19:50:38+00:00 14.09.2008 21:50
Gott, endlich gibt es mal einer zu!^^
*Applaus geb*
Ich warte dann aufs nächste Kapi!^^
Von: abgemeldet
2008-09-14T19:46:42+00:00 14.09.2008 21:46
Und sie haben sich wieder!
XD
Wie niedlich!
Ich kenn die Überraschung zwar schon, aber was solls!
XD
Von: abgemeldet
2008-09-14T19:40:00+00:00 14.09.2008 21:40
Kurz, aber herzzerreißend!
*heul*
*Kai knuddel*
Gott, der Arme vermisst ihn so...
T_T
Von: abgemeldet
2008-09-14T19:36:07+00:00 14.09.2008 21:36
Dieses Kapitel hat mir sehr gut gefallen!
Sie kommen sich immer näher!!!
Hrrr!^^
*Kai-Fähnchen schwenk*
Von: abgemeldet
2008-09-14T19:22:50+00:00 14.09.2008 21:22
Armer Kai...
*heul*
Das war gemein, was Kou da gemacht hat!
Mal sehen, ob er Kai zum Sprechen bekommt!^^
Von: abgemeldet
2008-09-14T19:17:05+00:00 14.09.2008 21:17
Scheiße is das geil!^^
Der arme Kai.
Aber so kann man auch schlafen!
*nick*
XD

PS.: Ich mag Teru immer noch nicht.
Von: abgemeldet
2008-09-14T19:10:28+00:00 14.09.2008 21:10
Ich kenn den Text nicht und das Lied auch nicht, aber es hört sich toll an!
Die Stimmung passt auch super dazu!
Nur Kai tut mir Leid... T_T
Von: abgemeldet
2008-09-14T18:48:02+00:00 14.09.2008 20:48
Teru ist mir unsympathisch!
Der kommt Kou viel zu nahe!!!
Von: abgemeldet
2008-09-14T18:40:20+00:00 14.09.2008 20:40
Kai ist einfach nur toll!
Allerdings auch ein kleiner "Spanner"!
XD

Du kannst Gefühle und Situationen super beschreiben!
Respekt!!!
*Hut zieh*
Von: abgemeldet
2008-09-14T18:21:50+00:00 14.09.2008 20:21
Kai als Stripper?
Wär doch gar nicht schlecht!
XD

Die Maske bröckelt und bröckelt!^^


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