Du und Er
... und so saßt ihr da. Es war ein schöner Spätsommerabend, das Licht der tief
über dem Horizont stehenden, beziehungsweise untergeheneden, Sonne brach
sich majestätisch in den bereits rot- und goldgelb gefärbten Blättern des Waldes,
während ein angenehm warmer Wind sich seinen Weg durch das Tal suchte.
Seine Hand hatte schon eine ganze Weile auf dem Rückenteil der Bank gelegen.
Deine Augen waren geschlossen, und der Windhauch bewegte dein wunderschönes
Haar anmutig. Er sah dich an. "Schön" dachte er. So einen Sonnenuntergang
hatte er selten, und in Begleitung eines solch wahrhaftigen Engels nie betrachten
dürfen. Er biss die Zähne zusammen. "Trau dich!", rumorte es in seinem
Kopf, "Was hast du denn schon zu verlieren?". Seine Gedanken schweiften ab,
auf die schöne Zeit, die Ihr zusammen erleben durftet, auf die schlechten Zeiten,
in denen Ihr euch gegenseitig Trost spendetet und an diesen Moment, jetzt. "Ja",
dachte er bei sich. Langsam hob er seine Hand, und führte sie ebenso langsam
an deinem Rücken vorbei Richtung Hals. Ein letztes Mal zögerte er, veranlasst
durch den Gedanken, den Moment durch eine falsche Bewegung, Geste oder
was auch immer zu zerstören. Er spürte bereits deine langen Haare auf seiner
Hand, schob sie zärtlich beiseiter, um mit kreisenden Bewegungen deinen Kopf
zu kraulen. Du schlugst die Augen auf, sahst ihn kurz an, begannst zu lächeln
und dann hast du deine Augen wieder geschlossen. Während er dich krault,
neigtest du dich langsam zur Seite, um mit deinem Kopf auf seiner Schulter zur
Ruhe zu kommen. Ein leichtes Seufzen verließ deinen Mund, und kurz darauf
etwas, das sich anhörte wie ein leises Schnurren.