Zum Inhalt der Seite

Reinkarnation

Die Frau die Sesshoumaru liebte ist zurück
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Aussichtsloser Kampf

Zurück im Dorf war ich froh, dass Kagome und ihre Freunde sich wieder zum Schlafen hingelegt hatten. Noch ein Kommentar von Miroku, darüber warum ich wohl schon wieder zusammen mit Sesshoumaru zurück kam, noch dazu wo ich doch eigentlich nach Hause hatte gehen wollen, konnte in meinem Gemütszustand definitiv nicht förderlich sein. Nun allerdings waren Jaken und Ah-Uhn wach und blickten uns entgegen.

„Lord Sesshoumaru! Wohin wart Ihr denn verschwunden? Und was macht diese Frau schon wieder bei Euch?“, sprach der kleine Grünling aufgeregt und blickte mich missmutig an. Komisch, aber es sah fast aus als wäre er… eifersüchtig? Als ob er Sesshoumaru als sein Eigentum betrachtete, was bereits bei der Vorstellung geradezu lächerlich und unmöglich war.

Sesshoumaru ließ sich nicht einmal zu einer Antwort herab, doch Jaken schien die Bedeutung des Schweigens verstanden zu haben. Falls er dieses Talent generell hatte, konnte man ihn wirklich darum beneiden. Ob man lernte das Schweigen zu deuten wenn man nur lang genug mit dem Schweigsamen zusammen unterwegs war? Wobei er mit mir doch schon verhältnismäßig viel geredet hatte, sobald keine anderen Zuhörer zugegen waren. „Verzeiht mein Lord, dass ich gefragt habe. Natürlich geht mich das nichts an.“, stammelte Jaken.

Grinsend über sein kriecherisches Verhalten betrat ich die Hütte in der ich die anderen, wie bereits vermutet, schlafend vorfand. Leise schlüpfte ich zurück in meinen Schlafsack.

„Du bist doch wieder da?“, fragte eine leise Stimme. Irritiert blickte ich mich um und sah Inu Yashas Augen auf mich gerichtet. Für seine Ohren war ich wohl noch nicht leise genug gewesen, aber ich war auch überrascht über seinen ungewohnt freundlichen Tonfall. Hatte Kagome das bewirkt? Oder reichte allein die Abwesenheit seines Bruders dafür aus?

„Ja… Ich werde doch erst morgen mit Kagome zurückgehen. Das hatten wir ja auch ursprünglich so geplant.“, antwortete ich müde. Jetzt wo ich mich wieder hin gelegt hatte und entspannte, bemerkte ich die Müdigkeit erst richtig und wenig später schlief ich tief, fest und vor allem traumlos, worüber ich sehr dankbar war. Ich brauchte nicht noch mehr Träume über Sara und Sesshoumaru, die mich doch alle nur früher oder viel früher in den Wahnsinn stürzen würden, noch dazu wo das Original nicht weit weg war.
 

Als ich am nächsten Morgen wieder erwachte, brauchte ich einen Moment um zu begreifen wo ich war. Der Raum war, abgesehen von Kagomes riesigem Rucksack und ein paar Decken, wie leergefegt. Ob die anderen alle draußen zusammen saßen? Mir fiel wieder ein wie gut Inu Yasha sich mit seinem Bruder verstand. Das machte es unwahrscheinlich dass wirklich alle zusammen saßen. Ich streckte mich und stand dann auf um nach draußen zu gehen.

„Guten Morgen Saju.“, rief Kagome mir entgegen, sobald ich hinaus ins Freie trat.

Ich warf einen kurzen Blick gen Sonne bevor ich Kagome ansah. „Danke. Auch wenn es schon fast Mittag zu sein scheint.“, gab ich zurück. Neugierig sah ich die anderen an und begrüßte auch sie freundlich. Ich brauchte nicht erst durchzuzählen um zu bemerken dass die Truppe nicht komplett war. Wenigstens nicht nach meiner Definition. Sesshoumaru, Rin, Ah-Uhn und Jaken fehlten. Auch wenn ich letzteren nicht vermisste, fragte ich mich doch wohin die vier verschwunden waren. „Wo ist S… Rin?“, fragte ich an Kagome gewandt. Jetzt Sesshoumarus Namen aussprechen und Miroku wäre wieder für den restlichen Tag mit Gesprächsthemen versorgt…

„Sie ist heute früh mit Sesshoumaru wieder losgezogen, lässt dich aber grüßen.“, antwortete mir Kagome. „Ich wollte dich nicht aufwecken. Inu Yasha hat gesagt das du erst spät zurückgekommen bist und da die vorherige Nacht wegen deiner Geburtstagsfeier auch nicht besonders lang gewesen war, wollte ich dich ausschlafen lassen.“

Ich seufzte leise. Die Geburtstagsfeier schien nach dem gestrigen ereignisreichen Tag bereits ewig zurück zu liegen. „Danke.“, überwand ich mich dann zu sagen und setzte ein Lächeln auf. Das Ausschlafen hatte mir zwar gut getan, aber dennoch hätte ich gerne… Naja, was eigentlich? Mich von Sesshoumaru verabschiedet? Bei seiner und meiner Neigung zu vielen Worten wäre daraus eh nichts geworden. Und überhaupt wäre das für mich wahrscheinlich auch wieder überdurchschnittlich peinlich ausgefallen. „Und? Was machen wir heute, abgesehen von unseren Hausaufgaben?“, fragte ich wieder an Kagome gewandt, nun überzeugt grinsend und meine Gedanken bewusst anderen Dingen zuwendend.

„Also, ich dachte ich könnte dir etwas die Gegend zeigen, wenn es dich interessiert. Kirara kann uns tragen. Zu Fuß kämen wir vermutlich nicht besonders weit.“

Irritiert blickte ich zu der kleinen Katze die gerade damit beschäftigt war das Fell an ihren dunklen Pfoten zu putzen. Die sollte uns tragen? Die anderen lachten, als sie meinen skeptischen Blick sahen. „Ähm… Ich glaube ich bleibe lieber bei den gewöhnlicheren Fortbewegungsmitteln… Wenn mir jemand ein Pferd ausleihen kann zumindest.“

„Wenn du Reiten kannst, darfst du dir gerne mein Pferd ausleihen.“, meldete sich nun Kaede zu Wort.

„Vielen Dank! Reiten kann ich.“, sagte ich, erleichtert, woraufhin sie freundlich lächelte.

„Nun iss du erst einmal etwas. Ich bringe mein Pferd nachher hier her.“
 

Die anderen hatten bereits gefrühstückt, da, wie Kagome mir entschuldigend erklärte, Inu Yashas Hunger kaum zu bändigen war. Ich lachte, denn eben dieser warf der Schüssel vor mir gerade einen Blick zu als würde er über ein zweites Frühstück nachdenken. „Das macht doch nichts, Kagome. Ich bin doch selbst schuld wenn ich so lange schlafe.“

Nun kam Kaede zurück, ihr gesatteltes Pferd rechts neben sich führend. Neugierig stand ich auf und ging auf sie zu. Das Pferd, ein Stute mit Namen Tsuzu, war mittelgroß und braun mit wachen Augen und aufmerksam gespitzten Ohren. Die Stute schien mir etwas schmächtig, doch wen wunderte das wenn ich sie auch mit Ryome verglich. Tsuzu war ein Warmblutpferd, Ryome dagegen ein Kaltblut und einige Zentimeter größer.

Ich nahm die Zügel von Kaede entgegen und dankte ihr nochmals. Dann hielt ich der Stute eine Hand vor die Nüstern, sodass sie daran schnuppern konnte. Neugierig stupste sie meine Finger an und ließ sich streicheln. Ich prüfte nochmal den Sattelgurt und stellte die Steigbügel soweit es eben bei diesem mittelalterlichen Sattel möglich war, auf meine Länge ein. Dann blickte ich zu Kagome. „Ich bin soweit. Von mir aus können wir los.“

Kagome nickte mir kurz zu und wandte sich dann an die kleine Katze. „Kirara?“, fragte sie knapp, was mit einem Miau quittiert wurde. Dann trat die Katze ein paar Schritte vor und ich erschrak als sie sich plötzlich fauchend in eine bedeutend größere Katze mit Säbelzähnen verwandelte. Tsuzu neben mir zuckte kurz, schien sich aber viel mehr an meinem kurzen Schock-Zustand zu stören als an der Verwandlung der Katze, die ihr wohl schon bekannt war. Entschuldigend strich ich ihr über den Hals und saß dann auf. Kagome legte gerade noch ihren Bogen um die Schultern und schwang sich dann auf Kiraras Rücken. „Los geht’s!“

Die Zügel wie gewohnt in der linken Hand haltend gab ich Tsuzu das Signal los zu gehen. Kirara sprang mit einem Satz neben mich und gemeinsam machten wir uns auf in die große weite Welt. Ich schmunzelte bei dem Gedanken und winkte den anderen nochmal zum Abschied, wobei mir Inu Yashas besorgter Blick auffiel mit dem er Kagome nachsah.

„Inu Yasha hat wohl auch einen verborgenen Beschützter-Instinkt?“, fragte ich an Kagome gewandt, als wir meiner Schätzung nach außer Hörweite waren.

„Was? Wie kommst du jetzt da drauf? Und wieso ‚auch‘?“, fragte sie darauf hin.

„Naja, so besorgt wie er dir hinterher gesehen hat…“ Ich ließ den Satz unbeendet. Mochte sie sich denken wie ich es gemeint hatte.

„Es wimmelt hier eben häufig von Dämonen, aber ich hab ja meinen Bogen dabei.“, erklärte sie. Dann kam sie leider auf meinen kleinen Ausrutscher zurück. „Wieso ‚auch‘?“

„Ist mir so rausgerutscht…“, murmelte ich, und hoffte naiv wie ich mal wieder war, dass sie sich damit begnügen würde.

„Aufgrund von…?“, hakte sie dennoch nach, wenn auch in einem freundlichen Tonfall.

Ich seufzte. Nun kam ich wohl doch nicht umhin ihr zu erzählen was Sesshoumaru letzte Nacht im Wald gesucht hatte. „Sesshoumaru hat mich letzte Nacht vor einem Dämon gerettet. Ich hatte wieder so einen Traum, eine Erinnerung an Saras Leben – oder das was noch davon übrig war… Da ich dann nicht mehr weiterschlafen konnte, wollte ich etwas frische Luft schnappen. Ich gebe zu, ich hatte deine Warnung wegen den Dämonen vergessen.“ Ich grinste verlegen, dann sprach ich weiter. „Plötzlich tauchte eine riesige Spinne vor mir auf und da hab ich natürlich erst einmal Panik bekommen. Ich hasse Spinnen!“, sagte ich nachdrücklich. „Dann sprach das Vieh plötzlich und meinte es wolle mich auffressen. Ich griff nach einem Ast um zu verhindern als Spinnenfutter zu enden, doch dann war es Sesshoumaru der das Vieh ins Jenseits befördert hat. Es ging so schnell das ich gar nicht sagen kann wie er das eigentlich angestellt hat… Es ging nur auch so schnell, dass ich erst nicht bemerkt habe dass er es war und ich dachte jetzt wäre halt ein noch größerer und hungrigerer Gegner aufgetaucht. Ich schlug also mit meinem Ast zu…“ Ich machte eine Pause, nicht aus erzähltechnischen Gründen, um die Spannung zu steigern, sondern vielmehr weil es mir peinlich war das ich tatsächlich nach Sesshoumaru geschlagen hatte. Nicht dass ich eine Chance gehabt hätte ihn auch nur annähernd zu verletzten.

„Du hast tatsächlich mit diesem Ast nach Sesshoumaru geschlagen?“, fragte Kagome, scheinbar schockiert. Sie musterte mich als würde sie nach Folgen dieser Tat suchen.

„Ja. Ich hab es zumindest versucht. Ich dachte ja er wollte mich fressen oder sowas. Aber er hat den Schlag einfach mit einer Hand abgewehrt. Und dann hat sich der Ast plötzlich aufgelöst. Wie hat er das gemacht?“, fragte ich, nun wieder neugierig geworden.

„Das war bestimmt sein Gift. War es grün?“

„Ja, da war grüner Nebel oder so… Er ist giftig?“ Die Nachricht beunruhigte mich ein wenig und unbewusst fasste ich mir an das Handgelenk wo er mich gestern zurück gehalten hatte. Und danach hatte er mit einem leuchtend grünen Band eines von Narakus Insekten zerteilt.

„Seine Finger sind giftig, oder ätzend, wie auch immer.“ Sie blickte auf meinen Arm den ich noch immer umklammert hielt, in Erinnerung an seine recht unsanfte Berührung. „Keine Sorge, er kann das kontrollieren. Sonst wären seine Schwerter ja schon längst zersetzt worden. Wobei ich mir nicht sicher bin ob er das auch in Hundegestalt steuern kann, oder ob dann sein Speichel allgemein giftig ist…“

Ein wenig Röte war mir ins Gesicht gestiegen als sie bemerkt hatte wie besorgt ich meinen Arm umklammert hielt. Den hatte ich darauf hin natürlich wieder los gelassen. Nun jedoch war ich nicht unbedingt weniger beunruhigt. „Hunde-Was?“ Hatte ich das richtig gehört? Kagome hatte mir ja gesagt, dass er ein Hundedämon war, aber von einer anderen Gestalt war ganz sicher nicht die Rede gewesen. Ich stellte mir vor wie Sesshoumaru sich in einen Akita Inu verwandelte und musste dabei fast laut lachen. Aber sicher war seine Gestalt größer als ein normaler Hund. Wenn sein Größenzuwachs etwa dem von Kirara entsprach musste er riesig sein. Er war wohl doch nicht so ungefährlich wie ich die ganze Zeit über angenommen hatte. Und ich musste ihn auch noch ständig reizen. Aber er trieb mich nun einmal in den Wahnsinn. Ob das in der Familie lag? „Sag mal… Wie hältst du das eigentlich mit Inu Yasha aus? Geht der dir nicht gelegentlich auf die Nerven?“

„Ständig!“, sagte sie lachend. Dann war es wieder an ihr rot zu werden. „Aber er ist nicht immer so…“

Ich erinnerte mich wie freundlich er gewesen war, als ich diese Nacht doch wieder zur Hütte zurück kam als alle anderen schliefen. Ob ich mitleiderregend genug ausgesehen hatte? Die Wangen voller getrockneter Tränen und Gras am Kimono? Vielleicht war er in diesem Punkt aber doch wie sein Bruder. Solange es keine Zeugen gab konnten sie doch ein wenig freundlich sein.

„Wie kommt es eigentlich das du doch zurückgekommen bist? Ich war noch eine Weile wach, aber so lange wie du da bereits fort warst dachte ich du wärest längst zu Hause angekommen. Hat deine Rückkehr zufällig etwas mit einem gewissen Hundedämon zu tun?“

„Hmpf. Der Kerl ist doch auch undurchschaubar. Keine Ahnung was Sara von ihm wollte.“ Das war gelogen. Ich konnte mir denken was sie gewollt hatte. Und konnte ich es nicht auch nachvollziehen? Er sieht gut aus, er ist stark, hat eine sagenhafte Stimme, nur sein Charakter ließ zu wünschen übrig. Und letzteres war doch eigentlich der wichtigste Punkt.

„Ich glaube auch der kann ganz anders sein. Andernfalls kann ich mir nicht vorstellen wie Rin es bei ihm aushält.“

„Vielleicht kann er das… Aber nicht bei mir.“

„Er war so viele Jahre, wahrscheinlich sogar Jahrhunderte, gefühlskalt und abweisend. Ich denke er braucht nun etwas Zeit um ‚aufzutauen‘. Und Rin hat dabei schon ganze Arbeit geleistet, wenn ich seine Einstellung bedenke die er bei unserer ersten Begegnung Menschen gegenüber hatte. Noch dazu schien er nicht mit Saras so baldiger Widergeburt gerechnet zu haben, falls er damit überhaupt gerechnet hat.“

„Jahrhunderte?“ Erneut schockiert blickte ich wieder zu Kagome. Wie viel gab es noch, dass ich nicht über ihn wusste? „Wie alt ist er denn bitte?“ War ich ernsthaft in einen alten Knacker verliebt? Ob Sara anders gefühlt hätte wenn sie das gewusst hätte? Vermutlich nicht. Und woher wollte ich schon wissen ob sie es nicht sogar gewusst hatte?

Kagome lachte herzhaft. „Genau weiß ich es nicht. Aber er ist auf jeden Fall älter als 200, denn so alt ist Inu Yasha. Aber wie du an seinem Benehmen unschwer bemerken kannst, altern Dämonen und auch Halbdämonen bedeutend langsamer. Entsprechend brauchen sie auch länger um erwachsen zu werden.“

„200? Inu Yasha benimmt sich teilweise wie… 15?“ Nun lachte ich auch. 15 war vermutlich doch übertrieben, aber der Gedanke erheiterte mich.
 

Wir wechselten das Gesprächsthema und Kagome griff meine Vorstellung mit dem Schwert von letzter Nacht wieder auf.

„Ich bin neugierig. Was genau ging da diese Nacht vor sich als du Miroku Tokijin an den Hals gehalten hast?“, fragte sie.

„Miroku… der hat es echt übertrieben mit seiner Fixiertheit auf gewisse Dinge. Ich hatte nicht vor ihm wirklich etwas an zu tun, glaube ich. Aber ich war so zornig das ich die erstbeste Waffe ergriffen habe die ich in die Finger bekam. Da Sesshoumaru nun mal neben mir stand, war das sein Schwert.“ Mittlerweile war ich zu der Einsicht gelangt, dass das Schwert gewiss nicht mit mir geredet hatte – wie denn auch – und schon gar keinen eigenen Willen besaß der versucht hatte den meinen zu brechen. Bestimmt war alles Einbildung gewesen weil ich doch eindeutig zu wenig Schlaf und zu viel verwirrende Gedanken gehabt hatte.

„So viel habe ich gesehen. Und das du Miroku nicht umbringen wolltest glaube ich auch. Was ich aber meinte war: Wie lief der Kampf gegen Tokijin ab? Das Schwert wollte dich doch gewiss dazu bringen nach ihm zu schlagen.“, erklärte Kagome nun.

War dieses Gefühl was ich verspürt hatte, der Drang Miroku den überflüssigen Kopf von den Schultern zu schlagen, doch keine Einbildung gewesen? „Ich… bin nicht sicher. Warum sollte mich ein Schwert dazu bringen wollen jemanden umzubringen?“, fragte ich zurück, auf eine logische Erklärung hoffend. Vielleicht war ja mein Geisteszustand doch noch nicht so schlimm wie ich angenommen hatte. Das wären doch mal gute Neuigkeiten.

„Tokijin ist ein dämonisches Schwert. Es wurde – ebenso wie Tessaiga und Tenseiga – aus dem Zahn eines Dämons geschmiedet. In Tokijins Fall war es ein Abkömmling von Naraku, das personifizierte Böse quasi. Er hatte die Gestalt von einem haushohen Drachen und war sogar in der Lage Tessaiga durch einen Biss durchzubrechen.“

„Der muss ja gewaltige Zähne gehabt haben. Ein Säbelzahndrache?“ Ich lachte, bevor ich zu dem Schluss kam, dass das Thema zu ernst war, um darüber allzu viel zu lachen. „Wenn ich dich also richtig verstehe, dann ist der böse Wille von Tokijin in dem Schwert geblieben? Dann waren auch die blauen Blitze um die Klinge und die Stimme in meinem Kopf keine Einbildung?“, fragte ich nun, zuversichtlicher geworden.

„Genau. Und bisher hat es noch für keinen Menschen ein gutes Ende genommen wenn er ein Dämonenschwert geführt hat. Der Schmied selbst hat den Kampf gegen das Schwert verloren. Er war auch ein Mensch.“ Kagomes Stimme wurde gegen Ende des Satzes leiser.

„Aber jetzt wo Sesshoumaru das Schwert hat, geht es ihm wieder gut?“ Wie naiv ich doch war, dass erst noch zu fragen. Wo sie doch gesagt hatte, dass er ein Mensch ‚war‘.

Kagome schüttelte den Kopf. „Nein. Er ist tot.“

Ich senkte den Blick. Was für ein Schicksal ein solches Schwert zu schmieden und dann deswegen sein Leben zu verlieren. „War es dann nicht eigentlich ziemlich unverantwortlich von Sesshoumaru, überhaupt zuzulassen dass ich das Schwert ziehe? Wenn ich dieser Stimme nun nicht widerstanden…“ Ich brach den Satz ab als Tsuzus Kopf aus seiner normalen lockeren Position in die Höhe schnellte und ihre Ohren nervös zuckten. Alarmiert blickte ich mich um, denn hören konnte ich nichts Ungewöhnliches. Oder doch? War dieses Summen nicht viel zu laut für eine normale Biene? Das klang der Lautstärke nach eher nach einem ganzen Schwarm. Ich hob den Kopf und sah ein einzelnes Insekt, fast direkt über uns. Nur war dieses wieder einmal viel zu groß geraten. „Ist es normal, dass die Viecher hier so überdimensioniert sind? Oder ist das wieder einer von Narakus Spionen? Kannst du es von hier mit einem Pfeil treffen?“, fragte ich nun wieder an Kagome gewandt und deutete gen Himmel.

Nun sah auch sie das Insekt, doch statt nach ihrem Bogen zu greifen schüttelte sie den Kopf. „Nein, wir sollten es nicht abschießen. Es könnte uns zu Naraku führen und wir haben schon so lange keine brauchbare Spur mehr von ihm gehabt.“ Sie dachte scheinbar angestrengt nach.

„Warum hat Sesshoumaru letzte Nacht dann eines von ihnen zerteilt? Er sucht doch auch nach diesem Naraku?“

„Keine Ahnung. Er benimmt sich wirklich seltsam seit einigen Tagen…“ Sie schien nun zu einem Entschluss gekommen zu sein, denn ihre Miene hellte sich etwas auf. „Meinst du, du könntest ihm zu Pferd folgen? Ich gehe mit Kirara zurück zum Dorf und wir holen Inu Yasha und die anderen. Inu Yasha wird deiner Spur folgen können.“, schlug sie vor.

„Dem Insekt folgen dürfte kein Problem darstellen, wenn Tsuzu genug Ausdauer hat zumindest.“, sagte ich leichthin.

Kagome nickte und machte dann kehrt. Das letzte was ich von ihr noch sah, war ein kleiner Punkt im Himmel als Kirara fliegend zurück eilte.
 

Das Insekt hatte sich während ich Kagome nachgesehen hatte schon ein Stück von mir entfernt und so trieb ich die Stute nun zu einem leichten Galopp an um es nicht entkommen zu lassen. Schließlich wollte ich Kagome nicht enttäuschen und stattdessen auch mal von Nutzen sein. Nebenbei genoss ich die weichen Bewegungen des Pferdes, wo ich doch seit meinem Umzug in die Großstadt nicht mehr geritten war. Gerade als wir den Spion fast eingeholt hatten, legte er an Tempo zu. Komisch. Hätte das Insekt nicht schon vorher schneller fliegen sollen, falls es geplant hatte mich abzuhängen? Es schien fast als hätte es auf mich gewartet, aber was sollte das für einen Sinn haben? Es war wohl einfach zu dämlich um vorher auf die Idee gekommen zu sein.

Eine ganze Weile lang folgte ich dem fliegenden Spion über Wiesen und durch Waldstücke. Tsuzus Ausdauer war beeindruckend. Aber wenn ich darüber nachdachte, war es in dieser Zeit für die Leute auch wirklich lebenswichtig gewesen ihre Pferde gut zu trainieren und sich auf sie verlassen zu können.

Gerade verließen wir wieder ein Waldstück, als das Insekt plötzlich mit einer Geschwindigkeit wegflog, die ich ihm überhaupt nicht zugetraut hätte. Erneut fragte ich mich, warum es nicht schon vorher versucht hatte mich abzuhängen. Ich wollte die Stute schon antreiben, doch dann sah ich etwas nicht weit vor mir stehen. Etwas, oder vielleicht auch jemanden, neben dem das Insekt angehalten hatte. Nun doch noch misstrauischer geworden zügelte ich mein Pferd und kam, mit einigen Metern Sicherheitsabstand von dem Unbekanntem, zum Stehen.

„Da bist du ja endlich, Saju.“, richtete der Mann, dessen Gestalt ich nun erkennen konnte, das Wort an mich. Ich hatte seine Stimme nicht hören müssen um ihn in seiner seltsamen Rüstung für gefährlich zu halten, doch nun wo ich sie hörte verstärkte sich das ungute Gefühl das ich bereits hatte. Wenn ich doch wenigstens eine Waffe bei mir hätte…

„Woher kennst du meinen Namen? Wer bist du? Wieso ‚endlich‘? Was willst du von mir?“ Die Fragen flossen förmlich aus mir heraus und misstrauisch hielt ich die Augen auf mein Gegenüber gerichtet während ich nun die Zügel fest mit beiden Händen ergriff. Für den Fall das ich plötzlich fliehen musste wollte ich schließlich bereit sein. Warum hatte Kagome eigentlich nicht daran gedacht das ich unbewaffnet war. Und sollte Inu Yasha mich nicht auch schon längst eingeholt haben?

„Ich denke du weißt sehr gut wer ich bin. Kagome und du habt über mich gesprochen. Ebenso wie du mit Sesshoumaru über mich sprachst.“ Er machte eine dramaturgische Pause. „Glaubst du, du hättest mehr Erfolg bei ihm als Kagura die Winddämonin? Er wird sich niemals mit einem Menschen einlassen. Alles was für ihn zählt ist Tessaiga, das Schwert seines Vaters. Dafür würde er jeden umbringen. Seinen Bruder, und auch dich, wenn nötig, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.“ Seine Stimme klang verächtlich und unwillkürlich lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Gewiss würde er Rin nicht dafür opfern, oder? War er wirklich so kaltblütig?

„Was willst du von mir?“, wiederholte ich die unbeantwortet verbliebene Frage. Wer er war wusste ich nun, Naraku. Und da seine Spione mich belauscht hatten kannte er meinen Namen. Doch zusätzlich rief mir der Name ‚Kagura‘ wieder etwas ins Gedächtnis. Sie war doch gestern bei Sesshoumaru gelandet. Ob sie etwas über mich erfahren und Naraku berichtet hatte? Aber was interessierte er sich eigentlich für mich? Glaubte er mich als Druckmittel einsetzen zu können? Als ob sich hier in dieser Zeit irgendwer wegen mir erpressen ließ. Das Sesshoumaru sich nicht für mich interessierte, war ihm doch offenbar selbst bewusst. Naja, vielleicht Inu Yasha, wenn Kagome ihn bat mich zu retten. Aber hätte Naraku dann nicht Kagome statt mich in eine Falle gelockt? Aber wohlmöglich hatte er das auch, und deswegen war Inu Yasha noch nicht hier, weil sie ihn nicht erreicht hatte. Oder er hatte mich gewählt, weil Inu Yasha Kagome meistens beschützte und er an sie nicht so leicht heran kam.

„Es dürfte Zeitverschwendung sein, dir erst eine Begründung zu liefern. Du wirst es gleich sowieso wissen wenn ich dich erst einmal…“ Sein Blick wanderte zur Seite. Offenbar hatte etwas seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, doch ich wagte nicht den Blick von ihm zu nehmen, aus Angst er würde nur genau darauf warten.

Die Augen fest auf Naraku und sein Insekt gerichtet gab ich Tsuzu ein Signal, worauf hin sie begann Schritte rückwärts zu machen, zurück Richtung Wald. Ob ich unbemerkt entkommen konnte wenn die Bäume mir erst einmal Deckung für meinen Rückzug gaben?

„Sesshoumaru, was für eine Überraschung.“, ergriff erneut Naraku das Wort. Ob er wirklich überrascht war oder nicht konnte ich nicht sagen. Ich zumindest war es. Was machte Sesshoumaru hier? Oder war dies nur Narakus weiterer Versuch mich abzulenken? Noch immer wagte ich nicht den Blick von ihm abzuwenden und was immer er ansah lag außerhalb meines Blickfeldes. „Habe ich dich etwa falsch eingeschätzt und dir liegt doch etwas an dieser Frau?“ Er klang nun beinahe spöttisch.

„Ich habe nur darauf gewartet, dass du dich wieder aus deinem feigen Versteck traust.“ Das war wirklich seine Stimme. Ich konnte nicht mehr anders als in dieselbe Richtung zu sehen wie Naraku. Ja, dort stand Sesshoumaru höchst persönlich. Sein Blick mit dem er den Halbdämon betrachtete war mindestens so kalt wie seine Stimme geklungen hatte. War er absichtlich in meiner Nähe geblieben? Wie sonst hätte er hier so schnell auftauchen können? Seinen Worten zufolge war ich wohl nur ein Lockvogel gewesen. So ein Mistkerl! Er musste gewusst haben, dass Naraku mich finden würde. Aber woher? Warum hatte er es mir nicht gesagt? Was wusste er über Narakus Beweggründe? Verdammt! Wie ich es hasste unwissend zu bleiben.

„Nun, hier bin ich. Allerdings habe ich keine Lust mit dir zu spielen. Ich habe wichtigeres zu tun.“ Narakus Blick ruhte nun wieder mit einem fiesen Ausdruck auf mir. Sein Insekt jedoch ließ Sesshoumaru nicht aus den Augen. „Du willst doch nicht etwa schon gehen?“, fragte er mich mit gespielter Enttäuschung. Mein begonnener Rückzug war also nicht unbemerkt geblieben.

„Doch, eigentlich würde ich ganz gerne gehen.“, antwortete ich voller Sarkasmus. Wäre ich doch bloß letzte Nacht wirklich nach Hause gegangen…

„Tja, das kann ich leider nicht zulassen. Ich hab Verwendung für dich.“ Allein die Wortwahl reichte aus um mir einen Schauer über den Rücken laufen zu lassen. Schlimmer noch war jedoch der folgende Anblick, bei dem urplötzlich lange Tentakel, oder etwas in der Art, aus Narakus Körper heraus brachen und viel zu schnell auf mich zu schossen. Reflexartig trieb ich Tsuzu zum Galopp an und lenkte sie aus der Flugbahn der Tentakel, doch um meine Verzweiflung noch zu steigern passten sie ihre Richtung der meinen umgehend an.

Dann hörte ich eine Klinge durch die Luft sausen und einige Dinge dumpf zu Boden fallen. Ich wagte einen weiteren Blick über die Schulter. Sesshoumaru hatte die Tentakel mit Tokijin durchtrennt. Statt dass diese nun leblos am Boden lagen, krochen sie allerdings weiter in meine Richtung.

„Hast du also doch Gefühle für diesen Menschen? Wirst du gar noch wie dein Vater? Ach, ich vergaß. Wenn das so wäre hätte er dir ja Tessaiga vermacht, statt deinem unwürdigen Halbbruder.“ Es war allzu offensichtlich, dass Naraku die Absicht hatte, Sesshoumaru zu provozieren. Ich hätte darauf gewettet, dass er damit erfolglos sein würde, so kontrolliert wie er immer war, doch die Wette hätte ich leider verloren.

„Gefühle machen nur schwach.“, sprach Sesshoumaru noch einigermaßen beherrscht, doch der Blick seinem Gegner gegenüber war zornig geworden. Naraku kannte also seinen wunden Punkt. Mein vermeintlicher Retter startete einen direkten Angriff auf den Halbdämon. Wie es schien, war dieser jedoch, trotz der Tatsache, dass er kein voller Dämon war, dem fürstlichen Hundedämon überlegen. Sesshoumaru kämpfte verbissen vor lauter Wut, doch Naraku schien einfach immer ein wenig stärker und schneller zu sein.

Schneller als ich sehen konnte wie es geschah, wurde Sesshoumaru einige Meter von seinem lachenden Gegner fortgeschleudert. „Wenn du darauf bestehst, dann werde ich deine dämonischen Kräfte eben heute zusammen mit der spirituellen Energie dieser Frau aufnehmen.“ Naraku begann den Satz, doch ehe er beendet war vermischte sich das was sich direkt vor meinen Augen abspielte mit einer weiteren Erinnerung aus Saras Leben.
 

„Die spirituelle Energie dieser Frau ist nun mit unserer Kraft verschmolzen und wenn wir erst einmal deine Kräfte absorbiert haben, werden wir zum allerstärksten Dämon der Welt!“, sprach dieselbe grausame Stimme, die mir schon aus einigen anderen Erinnerungen bekannt war. „Bald wird die Seele dieser Frau nicht einmal mehr in der Lage sein, in die nächste Welt hinüber zu wandern.“ Ein hässliches Lachen folgte, das jedoch von Saras Stimme unterbrochen wurde. „Lord Sesshoumaru, bitte vergebt mir! Ich bin Euch nur zur Last gefallen. Bitte, wenn es euch möglich ist, vernichtet mich, zusammen mit diesen Dämonen.“

Der Angesprochene griff daraufhin nach Tessaiga, um dessen Griff Blitze zuckten, sobald sich seine Hand darum schloss. Sein Blick war ernst, als er den Schlag ausführte der schließlich alle Dämonen vernichtete. Anschließend ließ er das Schwert sofort wieder los und blickte auf seine Hand. Sie war verletzt, aber er wirkte nicht überrascht deswegen. War es ihm diese Verletzung wert gewesen, wenn er dafür Sara, ihrem tatsächlichen Wunsch entsprechend, befreien konnte? Oder ging es ihm nur darum die Dämonen schnell los zu werden?

Er wandte den Blick von seiner verbrannten Hand ab und dem Rest von Saras Körper zu, der sich allmählich auflöste. „Danke, Lord Sesshoumaru.“, erklang noch einmal Saras, nun körperlose, Stimme, während er sich neben die zurückbleibende Asche hockte und nach der Flöte im Gras griff. War das wirklich Trauer was in diesem Moment in seinem Gesicht zu sehen war? War er dann so gefühllos, wie er immer beteuerte?
 

Mein Blick wurde wieder klar und erschrocken musste ich feststellen, dass während meiner geistigen Abwesenheit, Kagome und ihre Freunde aufgetaucht waren. Diese Erinnerungen würden mir so irgendwann noch zum Verhängnis werden, wenn ich dabei so hilflos in der Gegend herum stand.

Inu Yasha griff nun in den noch andauernden Kampf zwischen Sesshoumaru und Naraku ein, während Kagome auf mich zu lief. „Saju, ist bei dir alles in Ordnung? Hattest du wieder eine Vision? Ich hätte dich warnen müssen mehr Abstand zu halten, dass du Naraku nicht in die Arme läufst. Das ist alles meine Schuld. Und ich hab auch nicht daran gedacht das es fast Neumond ist…“

Ich nickte auf ihre ersten beiden Fragen. „Ja, alles bestens. Ich hätte halt selbst vorsichtiger sein müssen, mach dir keine Vorwürfe.“, versuchte ich sie zu beruhigen. Was der Neumond allerdings in ihrer Aussage zu suchen hatte war mir zwar schleierhaft, doch dafür war jetzt keine Zeit. Statt dass die beiden Halbbrüder die Chance nutzen würden, gemeinsam gegen ihren Feind vorzugehen, der für sie einzeln offenbar zu stark war, begannen sie nun untereinander zu kämpfen. Dass es dabei darum ging, wer Naraku vernichten durfte, war nicht schwer zu erraten.

Dieser jedoch hatte kein Interesse daran den Kampf der Brüder geduldig abzuwarten und setzte nun seinen Versuch fort, mich zu fassen zu bekommen. „Ein Streit zwischen Brüdern ist vielleicht nicht das, was du dir als letztes zu sehen wünschst, aber das lässt sich nun nicht mehr ändern.“ Fies grinsend ließ er erneut Tentakel auf mich zu rasen, doch dann wurde er überraschend zur Seite geschleudert. Sesshoumarus Augen glühten rot, als er erneut einen Satz auf Naraku zu machte und ihm einen weiteren Schlag verpasste. Irgendwie schien es, dass der Hundedämon nun schneller war und seinem Gegner viel mehr zusetzte als zuvor. Ich dachte für einen Moment, dass ich mir das nur einbildete, doch dann verschwand Naraku plötzlich, was meine Beobachtung bestätigte. Warum sonst hätte er nun fliehen sollen? Nur wo kam Sesshoumarus neue Kraft her? Hatte das mit den roten Augen zu tun? Konnte er diese Kraft denn nicht immer hervorbringen wenn er es wollte?

Ein Blick in Sesshoumarus Gesicht – seine Augen nahmen gerade wieder ihre normale Farbe an – verriet mir, dass auch er etwas überrascht war und für einen Moment schien er in Gedanken wo anders zu sein und nachzudenken. „Vater…“, sprach er leise, und es klang fast wie eine Frage. Ich hörte es wohl auch nur, da ich von Tsuzus Rücken abgesprungen und unbewusst auf meinen Retter zugegangen war.

„Du hast mich schon wieder gerettet… Danke.“, sagte leise ich zu Sesshoumarus Rücken, denn der war mir gerade zugewandt. Das änderte sich nun auf meine Worte hin, doch sogleich bedauerte ich es. Der Blick mit dem er mich bedachte, war alles andere als freundlich oder auch nur neutral. Was hatte er eigentlich für ein Problem mit mir?
 

„Lord Sesshoumaru!“, riefen zwei bekannte Stimmen im Chor. Rin und Jaken.

Verwirrt sah ich mich um, doch weit und breit konnte ich, außer Kagomes Gruppe und Sesshoumaru selbst, nur den Waldrand erspähen. Alle anderen blickten zu meinem Erstaunen aber gen Himmel. Was es da wohl zu sehen gab? Rin konnte doch bestimmt nicht fliegen und auch bei Jaken konnte ich mir das schwer vorstellen. Doch Ah-Uhn hatte ich vergessen. Dieser flog, nun landend, auf Sesshoumaru zu und trug die beiden Kleinen mit Leichtigkeit auf seinem Rücken. Beeindruckend. Dass dieser ohnehin schon total niedliche Drache auch noch fliegen konnte.

Als Ah-Uhn gelandet war sprang Rin von seinem Rücken und lief mir strahlend entgegen. „Saju!“, rief sie erfreut.

„Hallo Rin. Schön dich doch nochmal zu sehen. Ich konnte mich ja leider nicht mehr von dir verabschieden.“

„Aber ich musste mich doch verabschieden. Wir sind doch weg gegangen, und nicht du.“, korrigierte sie mich.

Ich lachte. „Ja, heute Morgen schon. Aber ich muss gleich wieder nach Hause gehen und dann bin ich ganz weit weg.“, erklärte ich.

„Ach so…“ Kurz blickte sie traurig zu Boden. „Und wann kommst du wieder?“ Schon sah sie wieder fröhlich aus. Dieses Mädchen war wahrhaftig ein Sonnenschein. Eigentlich sollte ich viel mehr die Frage stellen, wie der launische Sesshoumaru es mit diesem fröhlichen Kind aushielt, statt umgekehrt. Ihre Laune konnte kaum etwas trüben. Aber vielleicht tat es ihm auch gut, wie Kagome meinte, allmählich von dieser gefühlskalten Art abgelenkt zu werden.

„Vielleicht komme ich in 5 Tagen wieder hier her. Ich weiß es noch nicht mit Sicherheit.“

„Lord Sesshoumaru, meint Ihr wir könnten Saju nochmal besuchen, wenn sie wieder hier ist?“ Bittend blickte das Mädchen zu dem Dämon empor, dessen Laune sich, ob dieser Vorstellung, nicht besserte. Statt sie jedoch böse anzusehen wandte er den Blick ab.

„Mein Lord, diese Frau ist ja schon wieder bei Euch.“, gab Jaken missbilligend von sich und erntete im Gegenzug einen bösen Blick von mir.

„Dieser Frosch geht mir gewaltig auf die Nerven!“, knurrte ich leise, mehr zu mir selbst als an irgendwen bestimmtes gerichtet. „Was haben eigentlich alle für ein Problem mit mir, mal von dem offensichtlichen abgesehen das nur ein Teil von mir in diese Welt gehört und der große Rest absolut fehl am Platz und unerwünscht ist? Was zum Teufel wollte Naraku von mir?“, brach es aus mir heraus, wobei meine Stimme immer lauter wurde. Ich brauchte endlich eine anständige Erklärung. Von wegen, er wolle meine spirituellen Kräfte haben. Als ob ich überhaupt über so etwas verfügen würde. So toll und besonders war ich doch gar nicht.

„Teufel?“, fragte Rin verwirrt, doch auch Sesshoumaru sprach plötzlich wieder.

„Deine Kette dürfte einige Antworten für dich haben.“ Wie überaus hilfreich. Was sollte mir eine Perlenkette schon antworten können. Gerade wollte ich ihn genauer danach fragen, doch mir fielen die beiden Gestalten wieder ein, die bei meiner Geburtstagsfeier im Mobiliar gestanden hatten, als ich über die Kette nachgedacht hatte. Hatten sie etwas mit dieser kryptischen Andeutung zu tun?

„Auf Wiedersehen Saju.“, sagte Rin noch, bevor sie sich in Bewegung setzte um mit Sesshoumaru mitzuhalten, der nun ohne ein Wort der Verabschiedung wieder seines Weges ging. Aber das wäre wohl zu viel verlangt gewesen, nachdem er sein Wochenpensum an Nettigkeiten gewiss durch meine unzähligen Rettungen schon bei weitem überschritten hatte.
 

Mit gemischten Gefühlen sah ich der Gruppe um den Hundedämon einen Moment hinterher. Zum einen war ich natürlich erleichtert das er wieder ging, denn so ganz damit abgefunden Saras Wiedergeburt zu sein hatte ich mich immer noch nicht und in Sesshoumarus Nähe zu sein war für mich doch jedes Mal kompliziert und Nerven strapazierend gewesen. Andererseits wollte etwas in mir mich dazu bringen meinen verbliebenen Stolz zum Tode zu verurteilen und Sesshoumaru einfach zu folgen.

Energisch wandte ich mich von seinem Anblick ab und ging zurück zu Tsuzu die zwar die Gelegenheit zum Grasen genutzt hatte, aber ansonsten brav an dem Platz stehen geblieben war an dem ich von ihrem Rücken abgestiegen war. Seufzend griff ich nach ihren Zügeln und führte sie zu Kagome und ihren Freunden.

„Es wird allmählich Zeit für die Hausaufgaben, meinst du nicht?“, fragte ich an Kagome gerichtet.

Diese schien erstaunt über meine Themenwahl. „Ja, wahrscheinlich… Aber, Saju? Geht es dir wirklich gut?“ Kagome schien sich dessen nicht sicher zu sein.

„Klar. Mir geht es blendend. Ich bin noch an einem Stück, nicht mit Tentakeln umwickelt, Rin hat sich von mir verabschieden können und Sesshou hat mir schon wieder widerwillig das Leben gerettet. Was könnte ich mehr von einem Tag verlangen?“, sagte ich und gab mir Mühe überzeugend unbekümmert zu klingen.

Ungläubig schüttelte Kagome den Kopf, ließ das Thema aber für den Moment ruhen.

„Sesshou?“, fragte stattdessen Inu Yasha irritiert.

„Ach, ich dachte ich spare etwas Zeit wenn ich den Namen abkürze…“ Von Spitznamen hatten die hier im Mittelalter wohl noch nichts gehört. Zumindest hatte ich seinen Namen nicht irgendeiner Verniedlichung unterzogen. ‚Sessi‘ wäre nun wirklich komplett lächerlich gewesen und noch dazu mein sicheres Todesurteil, sobald Sesshoumaru das zu Ohren kam.

„Wie auch immer. Machen wir uns besser auf den Rückweg.“, sprach Kagome schnell, bevor Inu Yasha weiter nachhaken konnte. Ob sie insgeheim einen Spitznamen für ihn hatte? Spontan würde mir ‚Inu‘ einfallen, aber ihn einfach nur Hund zu nennen war doch recht seltsam. Auch wenn er – zugegeben – das ‚Mach Platz‘ Kommando einwandfrei beherrschte, wenn Kagome es benutzte. Ich grinste leicht bei der Erinnerung daran.

Ich staunte nicht schlecht als Kagome routiniert auf Inu Yashas Rücken kletterte, während Sango und Miroku auf Kiraras Rücken stiegen. Ich selbst schwang mich zurück in den Sattel von Kaedes Pferd, dann machten wir uns auf den Rückweg zum Dorf.
 

Zurück im Dorf suchte ich zu Pferd nach Kaede. Ich fand sie draußen vor ihrer Hütte, den Blick auf die Felder gerichtet. Behände sprang ich von Tsuzus Rücken ab und reichte ihrer Besitzerin die Zügel. „Vielen Dank nochmal, dass ich mir dein Pferd ausleihen durfte, Kaede. Die Stute ist sehr gut ausgebildet und leicht zu reiten.“, lobte ich.

„Wo hast du reiten gelernt? Hast du dort, wo du her kommst, ein eigenes Pferd?“

Ich nickte zögernd. „Das Pferd gehört genaugenommen meinem Großvater, aber wenn er sie nicht gebraucht hat, durfte ich reiten.“

„Nun, da du dein Pferd wohl nicht so einfach mitbringen kannst, wie Kagome das Ding das sie Fahrrad nennt, darfst du dir gerne nochmal Tsuzu leihen wenn du mal wieder da bist.“

„Danke sehr. Falls ich nochmal hierher komme werde ich bestimmt auf dieses freundliche Angebot zurückkommen.“ Gewiss würde ich das, denn auf dem Rücken eines Pferdes fühlte ich mich in dieser Welt bedeutend weniger verloren und fehl am Platz als sonst. In dieser Hinsicht unterschied sich das Mittelalter also nicht von der Neuzeit.

„Bis demnächst alle zusammen!“, verabschiedete sich nun Kagome von ihren Freunden.

Ich deutete eine leichte Verbeugung an. „Es hat mich gefreut euch alle kennen zu lernen.“, sagte ich, ganz wie es sich gehörte und im Großen und Ganzen auch der Wahrheit entsprach. Dann ging ich mit Kagome zurück durch den Schacht in unsere Welt.
 

Auf der anderen Seite sah mich Kagome erwartungsvoll an. Ganz so als wollte sie nun, da keine weiteren neugierigen Ohren zugegen waren, meine ehrliche Meinung hören. Ich seufzte.

„Und? Was denkst du?“, fragte Kagome nun vorsichtig nach.

Ich grinste ihr entgegen. „Ich denke, dass wir noch einiges an Hausaufgaben zu erledigen haben.“, sagte ich und zwinkerte.

Sie lachte. „Du weißt, dass ich das nicht gemeint habe.“

„Ja...“, gab ich zu. „Auf jeden Fall kann ich jetzt nicht mehr daran zweifeln, dass du tatsächlich einen Weg ins Mittelalter hast, oder das meine Visionen vielleicht doch einen Sinn ergeben könnten.“

„Und was denkst du nun über Sess?“, fragte sie weiter nach.

Nachdenklich blickte ich einen Moment zu Boden ehe ich antwortete. „Ich habe keine Ahnung was ich denken soll. Rettet er mich, weil er es will? Oder nur weil er mein Leben selbst beenden will wenn ihm der Sinn danach steht? Ich weiß es nicht. Sieht er in mir nur Sara oder nimmt er wahr, dass ich nun ein anderer Mensch bin? Auch das weiß ich nicht. Und bin ich denn wirklich ein so anderer Mensch? Die Erinnerungen aus Saras Leben verschwimmen mit meinen, als wäre es bereits damals mein Leben gewesen. Als wäre die Frage nach Sara oder Saju lediglich die Frage nach dem Namen und der Zeit, nicht aber nach der Person…“

Ich spürte Kagomes Hand auf meiner Schulter. „Ich will nicht behaupten, dass ich wüsste wie du dich fühlst, aber… Wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann werde ich es tun.“

Dankbar lächelte ich sie an. „Wenn mir einfällt, dass mir doch noch irgendwie zu helfen ist, werde ich dir Bescheid geben.“, sagte ich, nun wieder fröhlicher und scherzend.

Gemeinsam gingen wir hoch in Kagomes Zimmer und setzten uns mehr oder weniger konzentriert an unsere Hausaufgaben. Wahrscheinlich hätte ich die Aufgaben alleine schneller erledigt bekommen, doch es schien Kagome zu helfen mit mir zusammen zu lernen. Sie lernte durchaus schnell, nur hatte sie eben durch ihre vielen Fehlstunden auch so einiges im Unterricht verpasst. Stattdessen hatte sie natürlich viel nützlichere Dinge im Mittelalter gelernt. Mit Bogenschießen und etwas Kräuterkunde ließ es sich gewiss eher überleben als durch Höhere Mathematik im n-dimensionalen Raum oder Wissen über irgendwelche Versmaße und Interpretation von Gedichten.

Auf die Einladung von Kagomes Mutter hin aß ich noch bei den Higurashis zu Abend, ehe ich nach Hause ging. Dort endlich angekommen, war ich aber doch erleichtert wieder alleine zu sein. Ob ich an sich ein Einzelgänger war, oder die Abgeschiedenheit in der ich aufgewachsen war mich dazu gemacht hatte, wusste ich nicht, aber nun war ich froh wieder in Ruhe meinen Gedanken nachgehen zu können. Hier musste ich kein Lächeln aufsetzen hinter dem ich meine unruhig kreisenden Überlegungen versteckte.

Ich stopfte meine Wäsche in die Waschmaschine und stellte mich derweil unter die Dusche. Was sollte ich jetzt nur tun? Dem Mittelalter fern bleiben und Sesshoumaru und alles vergessen? War ich dazu in der Lage? Und wie sah überhaupt die Alternative aus? Das Mittelalter hatte mir an diesem Wochenende doch mehrfach bewiesen wie gefährlich es für mich war. Warum hatte Naraku es ausgerechnet auf mich abgesehen? Ließ mein Stolz es überhaupt zu nicht dorthin zurück zu gehen? Nicht zu beweisen das ich auch alleine in der Lage war zu überleben und auf mich aufzupassen?

Sesshoumaru hatte so überrascht ausgesehen, als ich sein Schwert Tokijin davon abhalten konnte Miroku umzubringen. Die Erinnerung an seinen anerkennenden Blick ließ mein Herz kurz hüpfen. Wenn ich es schaffen konnte ihn mit so etwas zu überraschen, wie überrascht wäre er dann erst wenn ich richtig mit einem Schwert kämpfen konnte? Hatte ich eine Chance entdeckt interessant zu werden? Ich könnte versuchen ihn besser kennen zu lernen. Und so ungeschickt hatte ich mich bei dem Schulfest auch gar nicht angestellt, wie ich mich nun wieder erinnerte. Ich sollte wohl doch dem Kendo Club beitreten. Selbst wenn ich nicht zurück ins Mittelalter gehen würde, der Schwertkampf hatte mir Spaß gemacht, sich vertraut angefühlt und wäre eine willkommene Ablenkung. Warum wohl? Mir kamen wieder Sesshoumarus letzte Worte an mich ins Gedächtnis. Wie konnte die Kette dazu beitragen meine vielen Fragen zu beantworten? Ich nahm mir vor mich am nächsten Tag nach der Schule damit zu beschäftigen. Für heute war ich zu müde um noch irgendetwas anderes zu tun als mich von der Dusche zum Bett zu schleppen und meinen Wecker einzuschalten. Kaum hatte ich mich hingelegt, da schlief ich bereits tief, fest und traumlos



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Hotepneith
2010-12-06T08:42:50+00:00 06.12.2010 09:42
Irgendwie finde ich, der letzte Absatz macht das ganez Dilemma und die Hin- und Hergerissenheit am deutlichsten.
Schwertkampf, Naraku - und Wäsche in die Waschmaschine stecken und heiss Duschen. Da prallen wirklich zwei Welten aufeinander.

Du hast dich wieder sehr bemüht, die Ich-Perspektive zu halten, nichts zu erwähnen, dass Sahju nicht kennen kann ( und ich bleibe dabei: Ich-Erzählungen so zu schreiben ist schwer, ich traue mich das nicht) und so langsam ihre Veränderung bzw. Erkenntnisse darzustellen.
Wobei ich ihr recht gebe: es wäre nett, wenn man mal alle Hintergründe erfahren würde, wenn man schon mitten in einer derartigen Geschcihte steckt.

Nur das mit dem Spitznamen..hm. Mal abgesehen davon, dass Seine Eisigkeit in der Tat kaum entzückt wäre - der komplette Name bedeutet, der der perfekt tötet, wobei das maru für vollendet, perfekt steht. Sesshou müsste dann eigentlich die korrekte Abkürzung sein...Muss glatt mal recherchieren.

Danke für die Informationsens.

bye

hotep





Zurück