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Schutzengel wider Willen

von

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Schutzengel

Draco lachte leise auf, als er in dem Buch tatsächlich etwas interessantes entdeckte. Prüfend sah er sich um und riss dann die Seite heraus. Unschuldig pfeifend stellte er das beschädigte Buch wieder in das Regal der Bibliothek zurück und verabschiedete sich kurz darauf freundlich grüßend von Madame Pince.
 

Dann eilte schnell durch die Gänge und schoss die Treppen hinab in Richtung Kerker. Als er dort um eine Ecke stürmte, weil er auch schon wieder die Ansätze seiner Flügel im Rücken spürte, verschwand das Gefühl auf einmal und bevor er sich bremsen konnte, schlidderte er um eine Ecke und in eine große, dunkel gekleidete Gestalt hinein.

Als er hoch sah, erblickte er seinen Hauslehrer, der sich so eben nach dem ihm entglittenen Papier bückte. Dracos Augen wurden groß. "Nein, Professor. Ist schon gut. Ich heb's selber wieder auf." Und wollte danach greifen Aber Snape war schneller.
 

Prüfend nahm er das Schriftstück in die Hand und las darin. Ungeduldig wartend stand Draco vor ihm und wartete auf eine Reaktion. Die Mundwinkel seines Lehrers zuckten ein wenig. Das war für den sonst recht missgelaunten Lehrer schon fast ein unerhörter Heiterkeitsausbruch, wie der Slytherin feststellte.

Als Snape fertig war mit dem Lesen, ließ er das Papier langsam sinken und sah Draco mit einem eindeutig belustigten Gesichtsausdruck an. "Mister Malfoy, wollen Sie wohl die Güte haben, mir zu sagen, warum Sie sich so für Haleil-Kraut interessieren? Ihnen ist die Wirkung dieses Krautes doch hoffentlich bekannt."
 

Der Blonde schluckte. "Ja, Professor. Es dient je nachdem, ob es mit roter oder weißer Binka-Tinktur gemischt wird zum Vergrößern oder Verkleinern einzelner Körperteile. Es wird äußerlich angewendet und ist in der kosmetischen Magie sehr beliebt..."
 

"Sehr gut, Mister Malfoy. Dafür fünf Punkte für Slytherin.", grinste sein Lehrer noch breiter. "Aber würden sie mir nun die Freude machen, mir zu erklären, warum Sie sich so dafür interessieren? Diese Pflanze ist sehr mächtig. Besonders wenn sie bei Vollmond geerntet wird. Darf ich fragen, was Sie damit wollen?"
 

"Ich...äh....", stotterte Draco vor sich hin. Er konnte Snape ja nicht erzählen, dass er damit hoffte, seine lästigen, gefiederten Anhängsel auf ein Minimum zu reduzieren. "Sehen Sie, das ist so. Ich habe..."
 

"Wissen Sie Mister Malfoy, mir sind ihre kosmetischen Probleme relativ egal.", unterbrach ihn der Lehrer süffisant lächelnd. "Ihnen ist hoffentlich bekannt, dass die Herstellung dieses Trankes für Schüler verboten ist. Wenn sie also ein Problem mit der Größe irgendeines Teils ihrer Körpers haben, sollte Sie vielleicht lieber Madame Pomfrey konsultieren oder sich damit abfinden. Nicht unbedingt ist die Größe eines Gegenstandes für seine Bedeutung entscheidend. Manchmal ist es auch die Handhabung."
 

Da der Meister der Zaubertränke jetzt ein dermaßen breites Grinsen auf dem Gesicht hatte, kam der Slytherin nicht umhin, sich ein bisschen zu wundern. Das war doch sonst nicht Snapes Art. Außer wenn er sich gerade köstlich amüsierte und zwar, ebenso wie Draco meist, auf Kosten andere. Doch an der Herstellung eines Schrumptrankes konnte Draco eigentlich nichts Lustiges finden.

"Oder eines Wachs-Trankes?", flüsterte eine kleine, fiese innere Stimme. Dann wurde der Junge knallrot, als er endlich verstand, was Snape so amüsierte. Daran hatte er nun wirklich nicht gedacht.

Doch er kam nicht mehr dazu, etwas zu sagen. Der Lehrer gab ihm seine Beute zurück und sah ihn noch einmal eindringlich an. "Mein Labor ist abgeschlossen, Mister Malfoy. Nachdem sich bereits einige Schüler dort unerlaubterweise bedient haben. Ich werde das nicht ändern, auch für Sie nicht. Ich verrate Ihnen aber, dass Haleil-Kraut auch im Verbotenen Wald wächst. Heute ist Vollmond. Machen Sie etwas aus dieser Information, die Sie natürlich nicht von mir haben. Aber überlegen Sie es sich gut. Solche Sachen können leicht ins Auge gehen und nachher ist der Schaden größer, oder in ihrem Fall vielleicht eher kleiner als vorher."
 

Immer noch leise lachend, drehte sich der Lehrer um und verschwand im Dunkel des Ganges. Wütend starrte Draco ihm nach. Also keine Hilfe von Snape. Naja, fast keine. Die Binka-Tinktur würde leicht zu beschaffen sein. Da er schon wieder die unangenehme Enge spürte, die die Flügel hervorriefen, würde er heute Nacht also einen kleinen Ausflug machen.

Er ging in sein Zimmer, um zu warten, dass es dunkel wurde und der Mond aufging. Das waren noch etwa drei Stunden.
 

Zabini war nicht da, also zog sich Draco den Umhang und das Hemd aus. Seufzend streckte die leicht durcheinander geratenen Schwingen und dehnte sie zu ihrer vollen Größe. Das tat gut und lockerte den verspannten Rücken. Es war ziemlich anstrengen, entweder dauernd unter Leuten zu sein oder sich den Rücken verbiegen zu müssen. Denn eigentlich war Draco gerne alleine, las in einem Buch oder sah einfach nur aus dem Fenster. Doch das hieß in diesen Tage immer Flügel und das wiederum bedeutete Enge oder Frieren.
 

Hier im beheizten Schlafzimmer war es jedoch erteäglich und er hockte sich auf den Boden vor dem kleinen Kamin. Wenn er die Schwingen vorher ausbreitete und sich nicht zu nahe ranwagte, konnte er sich ein wenig vor den warmen Flammen entspannen. Er hatte Angst, sonst angekohlt zu werden, obwohl er sich irgendwie sicher war, dass die Federn nicht brennen würden.
 

Genießerisch bewegte er sie ein bisschen und spürte, wie das Blut durch sie hindurch pulsierte. In diesen Momenten mochte er sie fast und berührte zärtlich die einzelnen Schwungfedern. Ein wenig fröstelnd zog er sie enger um sich und spürte sogleich, die beruhigende Wirkung, die davon ausging. Ein wenig seltsam zwar, dass es auch bei ihm selber wirkte, wo er doch eigentlich jemand andere beschützen sollte. Wenn er nur endlich herausbekommen würde, wen...
 

Außerdem, so überlegte er weiter, konnte ja niemand die weißen Schwingen sehen, außer ihm selber. Wie sollte sie ihm also bei seiner Aufgabe helfen? Wie er es auch drehte und wendete, sie störten ihn nur. Also würde er eben versuchen, sie schrumpfen zu lassen. Das sollte als Erinnerung wohl genügen. Schließlich hatte er ja noch so lange Zeit. Und Snape konnte denken, was er wollte. Den wahren Grund, würde der Lehrer sicher nie erfahren.
 

Er musste in diese Position eingedöst sein, denn mit einem Mal stürmte Blaise Zabini in den Raum und rief laut: "Hey, Malfoy! Was tust du denn da auf dem Boden? Meditierst du? Ist ja ein scharfes Hobby, aber warum ziehst du dich dafür halb aus?"

"Geht dich gar nichts an, Zabini.", giftete Draco und zog sich unauffällig eines der zerschnittenen Hemden wieder an. "Kümmer dich um deinen eigenen Kram. Ich muss sowieso noch mal weg."

"Pans freut sich bestimmt", grinste sein Mitschüler anzüglich. Doch der Blonde verdrehte nur die Augen. Er hatte jetzt bei weitem Wichtigeres im Kopf, als ausgerechnet Pansy Parkinson.
 

Heimlich schlich er sich die Treppe hinauf. Noch ein Mal wollte er nicht mit seinem Hauslehrer zusammenstoßen. Dann schlüpfte er durch die Eingangstür und eilte auf den Verbotenen Wald zu. Vorsichtig umrundete er die Hütte dieses dummen Halbriesens und schlug sich ins Unterholz. Es war ziemlich kalt, aber er konnte den gefütterten Umhang nicht richtig schließen, weil der ziemlich eng geschnitten war und er schon wieder die Flügel an seinem Rücken spürte. Aber lieber so, als lästige Fragen zu beantworten. Snapes Reaktion hatte das deutlich gezeigt.
 

Als er auf eine der Beschreibung nach viel versprechende Lichtung kam, stellte er unerfreulicherweise fest, dass sich einige Federn aufgrund der Enge schmerzhaft verdreht hatten. Er versuchte, sie wieder zurechtzulegen, machte die Sache aber nur noch schlimmer. Irgendwann hatte er genug und er zog sämtliche Oberbekleidung aus. Raschelnd entfalteten sich die Schwingen und die Federn ordneten sich wieder in die richtige Stellung.

Doch so war es ziemlich kalt. Also begann er schnell, nach der Pflanze Ausschau zu halten, doch er schien Pech zu haben. Nirgends fand sich auch nur ein Blättchen.
 

Er knurrte. "Wenn ich jetzt halbnackt durch den ganzen Wald rennen muss, krieg ich eine Krise und zwar eine ernsthafte."

Da hörte er ein Rascheln hinter sich und drehte sich um.

Eine Gestalt war aus dem Dickicht getreten und sah ihn an. "AH!", schrie sie und er erkannte die Stimme.
 

"Potter!", raunzte er wütend. Der hatte ihm gerade noch gefehlt. Doch dann grinste er. "Solltest du nicht schon längst schlafen? Ach ich vergaß ja, du hast ja Probleme damit, wegen deiner schlechten Träume."
 

Doch der Gryffindor rührte sich nicht und starrte ihn weiter aus suppentellergroßen Augen an. Was hatte der denn nur?

"Bist du auf den Kopf gefallen, Narbengesicht? Ich hab dich was gefragt.", bellte er. "Antworte mir gefälligst, oder brauchst du ne schriftliche Einladung? Ich stehe mir hier nicht wegen deiner Probleme die Beine in den Bauch."
 

Der schwarzhaarige Junge stotterte irgendwas, das Draco nicht verstand. Diese Einschüchterungs-Tour wirkte also immer noch. Na das wollte er sehen. Mit ein paar schnellen Schritten war er an den anderen Jungen heran und zischte bedrohlich: "Was ist? Hab ich dir die Sprache verschlagen? Hast du solche Angst vor mir, das du nicht einmal mehr ein einzelnes Wort hervorbringst?"
 

"Flügel!", hauchte der Gryffindor.
 

Genervt hob Draco eine Augenbraue. "Ja genau, Flügel.", äffte er ihn nach. "Und wenn du erlaubst, hab ich deswegen hier noch was zu tun, also verzieh dich." Dann drehte er sich um und wollte schon zu seinen Sachen zurückgehen, als er wie versteinert stehen blieb.
 

"Weiße Flügel. Wie bei einem Engel.", flüsterte der Junge hinter ihm.
 

Das war doch nicht wahr, oder? Die Gedanken des Slytherins überschlugen sich. Er bewegte vorsichtig die weißen Schwingen auf seinem Rücken. Tatsächlich, sie waren noch da. Dann fuhr er entsetzt zu dem anderen herum. "Du kannst sie sehen?", keuchte er erschreckt.
 

Sein Gegenüber nickte stumm und starrte Draco immer noch an. Der kam wieder näher und sah dem Schwarzhaarigen fest in die Augen. "Sag, dass du dir das nur ausgedacht hast, Potter!", verlangte er herrisch.
 

Doch der Angesprochenen schüttelte jetzt den Kopf. "Nein", sagte er leise. "Ich sehe sie wirklich. Wieso hast du Flügel, Malfoy?"
 

"Was für eine dämliche Frage.", schimpfte der nun, schnappte sich seinen Umhang und warf ihn über. "Ich hab sie seit mich der blöde Klatscher vom Besen geholt hat. Irgend so eine Hirnverbrannte hat sie mir verpasst und mich zu einem verdammten Schutzengel gemacht."
 

Die Worte waren ihm herausgesprudelt, bevor er überlegte, was er Potter damit in die Hand legte. Jetzt war er es, der den anderen mit großen Augen ansah. Doch der Gryffindor kam nur näher und fragte: "Wen sollst du beschützen?"
 

"Das weiß ich nicht.", stöhnte der Blonde genervt. Wenigstens hatte der blöde Kerl nicht angefangen zu lachen. "Ich hab bis jetzt noch niemanden gefunden, der meine Hilfe benötigt und mich als das, was ich bin erkannt hat. Keiner sieht in mir einen Engel."
 

"Ich glaube, das stimmt nicht so ganz, Malfoy.", warf der andere in einem Ton ein, der Draco dazu brachte, ihn anzusehen. Ein Lächeln stand auf dem Gesicht des anderen, als er ruhig sagte. "Ich habe dich erkannt. Für mich siehst du ziemlich nach einem Engel aus."
 

"Nein!", stammelte der Slytherin entsetzt, als ihm die Bedeutung dieser Worte klar wurde. Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein.
 

"Ich bin nicht Potters Engel!", schrie er in den dunklen Nachthimmel. "Hast du mich gehört da oben? Ich bin nicht Potters verdammter Schutzengel!"
 

Da legte sich eine Hand auf seine Schulter. "Vielleicht sollte wir das drinnen weiter besprechen. Mir ist kalt."
 

Dann drehte sich der Gryffindor einfach um und zog seinen sabbernden Hund hinter sich her, als sei nichts passiert. Widerwillig folgte Draco ihm.
 

Das konnte ja heiter werden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2005-04-26T17:16:30+00:00 26.04.2005 19:16
Heiter bis wolkig würde ich sagen *g*
vielleicht auch der eine oder andere Orkan mit plötzlichen Blitzeinschlägen...
"Potters Engel", ups.
Irgendwie war das aber klar. Ahnen konnte man'S. Soll dra ihn jetzt vor voldi oder vor scih selbst beschützen?
Von: abgemeldet
2004-11-13T19:30:01+00:00 13.11.2004 20:30
Was das letzte Kapitel versprochen hat, hat das hier gehalten. Mir gefällt, dass du nicht gleich an der Stelle weitermachst, an der du in Kapitel 10 aufgehört hast, also mit der Szene im Wald.
Ich kann sowas nie, Spannung steigern...
Von: abgemeldet
2004-11-03T17:27:18+00:00 03.11.2004 18:27
das gefällt mir1! einfach herzhaft gut! köstlich!
du schreibst echt toll!
Von: abgemeldet
2004-10-14T22:20:14+00:00 15.10.2004 00:20
Hihi, das ist herrlich ^^
Von: abgemeldet
2004-09-29T20:11:28+00:00 29.09.2004 22:11
super deine story! schreib weiter so, ja?
armer dray, harrys schutzengel XD na das kann ja noch heiter werden^^
freu mich auf den nächsten teil^^
bis denn
susui


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