Zum Inhalt der Seite

Schutzengel wider Willen

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Duell im Regen

Am Samstag wachte Harry spät auf. Er hatte schon in der ersten Woche eine Strafarbeit von Snape aufgehalst bekommen, so dass er noch den gesamten Freitagabend über Zaubertrankzutaten hatte alphabetisch sortieren und katalogisieren dürfen. Bei "H" hatte ihn der fetthaarige Lehrer schließlich erlöst und gemeint, er wisse ja, was dann das nächste Mal auf ihn wartete.
 

Doch dem Gryffindor hatte es auch so gereicht. Schließlich waren auch schon in dem Teil vom Alphabet so nette Sachen wie Blutegelschleim, Erdferkelnasenhaare und Krötenzungenspitzen vertreten gewesen. Nicht alle davon befanden sich in verpackten Zustand. Er schüttelte sich immer noch, wenn er an das Glas Augäpfel dachte, das ihm ganz zu Anfang runtergefallen war. Daraufhin hatte Snape ihn verpflichtet, alle einzeln per Hand wieder einzusammeln und zu waschen, was eine ziemlich widerliche und glitschige Angelegenheit gewesen war.
 

Als Nächstes hatte er in der Nacht wieder von dem Schleier im Ministerium geträumt und dem Moment, als Sirius für immer dahinter verschwunden war. Mit klopfendem Herzen war er mehrmals hochgeschreckt und hatte immer erst eine Weile gehorcht, ob die anderen noch schliefen oder ob er wieder im Schlaf geschrieen hatte. Doch das schien wenigstens nicht der Fall zu sein. Bei den Dursleys hatte das am Anfang eine Menge Ärger gegeben.
 

Zu allem Überfluss hatte sich in der Nacht das Wetter um etwa hundertachtzig Grad gedreht, so dass statt des erwarteten Spätsommer-Tages graues Nieselwetter vor dem Fenster auf ihn wartete. Was für eine passende Atmosphäre für ein Treffen mit Malfoy, dachte er und machte sich seufzend auf den Weg ins Bad.
 

Später saß er mit Ron im Gemeinschaftsraum und spielte eine Runde Zauber-Schach. Doch er war nicht bei der Sache und so verlor er noch schneller als sonst.

Missmutig sah ihn sein rothaariger Freund an. "Was ist los mit dir Harry? Du machst dir doch nicht etwas Sorgen wegen nachher, oder? Malfoy haust du doch weg wie nix."
 

"Nein, nein, das ist es nicht", murmelte Harry und stand auf. Er musste bald los, wenn er nicht zu spät kommen wollte. "Das heitert mich wahrscheinlich eher auf. Ich musste nur in diesem Sommer eine Menge nachdenken und dieses Mistwetter da draußen, trägt nicht gerade zu meines Laune bei."
 

Mit schiefgelegtem Kopf fragte Ron leise: "Wegen Sirius?"
 

"Auch", antwortete der Schwarzhaarige. "Und wegen Voldemort und wegen überhaupt Ich kann es dir nicht so richtig beschreiben Es gibt ne Menge Dinge, die mir im Kopf rumspuken. "Dann lächelte er, als er die betrübte Miene seines Freundes richtig zur Kenntnis nahm. "Aber von Malfoy lass ich mir deswegen noch lange nicht die Butter vom Brot nehmen, das kannst du mir glauben."

Der andere atmete auf. "Na da bin ich aber froh. Ich dachte schon, ich müsste dich jetzt vertreten."
 

Bei dieser Vorstellung musste Harry nun wirklich lachen und er ging zuversichtlich los um die Quidditch-Sachen anzuziehen und seinen Besen zu holen.
 


 

Draußen regnete es immer noch, als er den Platz betrat. Für September eigentlich nicht so ungewöhnlich, nur der plötzliche Wechsel war unangenehm. Frösteln zog er den Umhang enger um den Körper und stiefelte auf den blonden Schatten zu, der am Rande des großen Feldes auf und ab stolzierte. Offensichtlich war dem Slytherin nicht kalt.
 

"Du bist spät, Potter", murrte der auch gleich. "Aber das ist ja bei deiner Erziehung auch nicht anders zu erwarten."
 

Beherrscht gab Harry zur Antwort: "Bei deiner Familie wäre ich vorsichtig mit solchen Aussagen. Schließlich sind meine Eltern keine gesuchten Verbrecher."

Aber wenn er eine Reaktion ausgelöst hatte, so konnte er zumindestens keine Regung bei dem anderen feststellen. Denn der kam jetzt ganz nahe an ihn heran und zischte: "Dafür konnten sich meine Eltern wenigstens persönlich um mich kümmern und sind nicht einfach verreckt und haben ihren kleinen Goldjungen im Stich gelassen."
 

Harry fühlte heißen Zorn in sich aufsteigen. Was fiel diesem Idioten eigentlich ein, immer auf seiner Familie rumzuhacken. Er kannte sie ja noch nicht mal persönlich. Wütend fauchte er daher: "Ich denke, wir sind hier um Quidditch zu spielen und nicht um dumm rumzureden. Also, wie hättest du es gerne?"
 

Der Slytherin legte bedächtig die Hand an sein Kinn und überlegte gekünstelt. "Also am liebsten wäre es mir ja, wenn du dich gleich vom höchsten Turm in Hogwarts stürzen würdest, dass würde mir einige unangenehme Zeit hier draußen ersparen. Aber da es ja um das Spiel geht, würde ich sagen, jeder bekommt einen Schnatz und wer seinen als ersten hat, hat gewonnen. Um das ganze noch ein bisschen interessanter zu machen, würde ich empfehlen auch noch zwei Klatscher mit dazu zu nehmen, die ohne die Treiber jedoch nur durch fliegerisches Können ausmanövriert werden können. "Dabei wies er auf die große Holzkiste, die schon am Rande des Grüns auf ihren Einsatz wartete.
 

"Das geht in Ordnung, aber ich will nur einen Schnatz", erwiderte Harry. "Dann kann ich sicherer sein, dass du nicht einfach einen aus der Tasche ziehst und behauptest, es wäre deiner."
 

"Das habe ich gar nicht nötig, Potter", schnappte der andere und griff nach seinem Besen. Dann holte er einen kleine, goldenen Flügelball aus seinem Umhang und grinste: "Fertig? Die Klatscher lass ich dann raus, wenn wir oben sind."

"Alles klar, Malfoy. Aber wenn du irgendwas an den Dingern gedreht hast, kannst du dir auf der Krankenstation mehr als nur ein Pflaster abholen.", warnte der Gryffindor ihn noch, setzte sich auf seinen Besen und hob ab.
 

Trotz des kalten Windes und der ständigen Nässe, war es ein gutes Gefühl wieder auf dem Besen zu sitzen. Er balancierte sein Gewicht noch ein wenig aus und sah dann zu dem Slytherin hinunter. Der ließ offensichtlich den Schnatz frei, hob ebenfalls ab und öffnete die Kiste. Gleich schnellten die beiden Klatscher daraus hervor und gingen auf die Suche nach ihren Opfern. Harry sah zu, dass er zunächst ein wenig Abstand zwischen sich und die schweren Metall-Kugeln brachte und begann dann nach dem eigentlichen Ziel zu suchen.
 

Plötzlich preschte Malfoy genau auf ihn zu und rief höhnisch: "Ich hab dir was mitgebracht, Potter." Als er vorbei war, sah Harry, dass die beiden Klatscher genau auf ihn zurasten. Er stieg schnell in die Höhe um dort die Verfolgung aufzunehmen und die Klatscher möglichst wieder auf die Spur seines Gegners zu bringen. Doch der war schon wieder unter ihm und schien sich prächtig zu amüsieren.
 

"Na das kannst du haben", murrte Harry, wich einem der Klatscher aus und ließ sich fallen. Der Erdboden raste immer näher, dann riss er seinen Besen herum und folgte einem Aufblitzen, das er aus den Augenwinkeln wahrgenommen hatte. Wenn er den kleinen goldenen Ball fing, würde dieses dämliche Theater wenigstens bald vorbei sein.
 

Er sah sich um, konnte in dem grauen Zwielicht jedoch nicht viel erkennen. So stieg er wider in die Höhe und fing an das Spielfeld zu umkreisen. Einer der lästigen Bälle war schon wieder hinter ihm her, doch Harry hängte ihn durch schnelles Zickzackfliegen ab. Malfoy musste doch irgendwas mit diesen Dingern gedreht haben, denn so aggressiv waren sie sonst nicht. Dann sah er wie der blonde Slytherin auf einmal unter ihm durchflog, ebenfalls von einem Klatscher verfolgt. Doch offensichtlich hatte er den Schnatz gesehen, und kümmerte sich gar nicht darum. Blitzschnell tauchte Harry ab, noch am Rande registrierend, dass auch sein Verfolger wieder da war.
 

Er hatte den goldenen Ball nun auch entdeckt und holte auf, dann wendete der Schnatz mitten im Flug die Richtung und war zwischen den Tribünen verschwunden.

Harry hörte ein leises Fluchen seines Gegners, als er nicht sofort folgen konnte, sondern einem der Klatscher ausweichen musste und zwar so knapp, dass er für kurze Zeit kopfüber an seinem Besen hing. Um das auszugleichen, machte Malfoy einen steilen Ausbruch nach oben, schlug einen Salto und preschte dann wieder direkt in die Richtung, in die der Schnatz verschwunden war.
 

Der schwarzhaarige Junge staunte. Offensichtlich hatte Malfoy wirklich geübt. Aber er würde ihn trotzdem nicht schlagen, schwor er sich und nahm die Verfolgung auf. Sie sausten nun immer knapp an den Tribünen entlang, immer in der Hoffnung, dass sich der Schnatz immer noch hier versteckte. Dann schrie Malfoy plötzlich auf, als einer der Klatscher hinter einer der Holzgestelle hervorschoss und ihn hart in die Seite traf. Als Harry kurz langsamer wurde, um zu sehen, ob der andere verletzt war, hörte er ein unverkennbares Pfeifen hinter sich und riss instinktiv den Besen nach oben. Nur um Haaresbreite raste der andere Klatscher unter ihm durch und genau auf den Slytherin zu, der immer noch leicht außer Atem über seinem Besen hing.
 

"Pass auf!", rief der Gryffindor noch automatisch, doch der Ball war zu schnell. Seinem Ruf folgend hob der Blonde den Kopf und wurde von dem Ball direkt getroffen und von seinem Besen geschleudert. Doch als sei das noch nicht genug gewesen, schlug gegen die Seitenwand der Tribüne und fiel immer wieder daran abprallend zu Boden. Harry versuchte noch ihm zu folgen, konnte aber nichts tun, weil er sonst ebenfalls gegen die Wand gerast wäre.
 

Hektisch griff er in seinem Umhang nach dem Zauberstab, doch als er einen Levitationszauber aussprechen wollte, traf ihn ein harter Schlag gegen den Rücken und er fiel auch fast vom Besen. So musste er zunächst die beiden Klatscher zu Boden schicken. Noch bevor er sich dann wieder zu Malfoy umdrehen konnte, war dieser schon auf die Erde geprallt.
 

"Oh nein, wenn dem was passiert können wir beide Strafarbeiten machen, bis wir alt sind.", stöhnte Harry, denn er war sich sicher, dass keiner der Lehrer besonders viel Verständnis dafür haben würde, dass sie beide hier draußen versuchten sich gegenseitig umzubringen. Warum hatte er Malfoy auch zu diesem dämlichen Wettstreit herausgefordert.
 

Als er landete, hatte der Slytherin sich noch nicht erhoben. Er musste das Bewusstsein verloren haben. Harry rannte zu ihm hin und betrachtete den Gestürzten Irgendwie sah das Bild, das sich ihm bot, nicht gerade beruhigend aus. Der rechte Arm schien gebrochen zu sein, denn er stand in einem unnatürlichen Winkel vom Körper ab, und er schien eine ziemliche Platzwunde am Kopf zu haben. Die blonden Haare färbten sich zunehmend rot. Eilig zog Harry die Handschuhe aus und drehte den Blonden um. Der war kreideweiß und Schlamm klebte in seinem Gesicht.
 

"Hey, Malfoy, mach keinen Blödsinn", flüsterte der schwarzhaarige Junge tonlos und versuchte herauszukriegen, ob der andere noch atmete. Doch der Brustkorb des anderen rührte sich nicht. Er rüttelte ihn an der Schulter. "Wach auf, Malfoy. Das ist nicht witzig."
 

Wieder bekam keine Antwort.
 

"Verfluchter Mist, Malfoy nun antworte endlich. Du kannst mit doch hier nicht so einfach verrecken", bat Harry nun verzweifelt. Er musste schnell Hilfe holen, denn das Blut wurde immer mehr und der andere reagierte immer noch nicht. Doch irgendwie schaffte er es nicht, sich von dem leblosen Körper loszureißen.
 

Vor seinem inneren Auge tauchte wieder der Moment auf, als Sirius von Bellatrix Lestranges Schockzauber getroffen worden war. Das leblose, blasse Gesicht, das sich so tief in seine Netzhaut eingegraben hatte. Sein Pate der langsam hintenüber kippte, weil Harry ihm nicht helfen konnte. Weil er ihn im Stich gelassen hatte. Weil er nicht da gewesen war, als Sirius ihn gebraucht hatte. Wenn er doch nur ... irgendetwas getan hätte, um ihn zurück zu halten. Sirius hätte nicht sterben müssen.
 

Mit einem Aufschrei fing er an den blonden Jungen zu schütteln. "Verdammt, Malfoy, nun wach wieder auf. Du musst zurückkommen. Du musst weiterleben. Ich bitte dich, wach auf, hörst du mich nicht? WACH AUF! DRACO!" Doch all sein Schreien nützte nichts, denn das Einzige, was er hörte, das Rauschen des Regens.
 

Weinend zog er den leblosen Körper an sich und flüsterte immer wieder. "Du darfst nicht gehen, hörst du mich? Du darfst nicht gehen. Ich lasse dich nicht weg. Du musst wiederkommen. Komm zurück! Ich brauche dich."
 

Als er das Blut auf seinen Lippen schmeckte kam er zu sich. Was tat er denn hier? Das war schließlich nicht Sirius. Trotzdem musste er sofort los und Hilfe holen. Erschreckt von seiner eigenen Gedankenlosigkeit sprang er auf, wuchtete den Slytherin in seine Arme und machte sich auf den Weg ins Schloss. Dort angekommen rief er laut, um auf sich aufmerksam zu machen, und sofort war irgendein Lehrer zur Stelle.
 

War es Professor McGonagall?
 

Er bekam es gar nicht richtig mit. Der schlaffe Körper wurde ihm aus den Armen gerissen und irgendjemand fragte, was denn passiert sei.
 

Aber er war nicht zu einer Antwort fähig. Immer wieder sah er den Absturz, Malfoys Gesicht, Sirius Gesicht, den Schleier, den tiefen Fall, das Blut, die toten Augen. Cedric tauchte mit einem Mal wieder auf. Auch ihm hatte er nicht helfen können. Die Bilder begannen miteinander zu verschmelzen. Er hörte den Schrei von Bellatrix, den von Draco und wohl auch seinen eigenen. Irgendwann gaben seine Beine einfach unter ihm nach. Er hörte noch, wie jemand sagte: "Oh, Gott, er ist ja ganz voll Blut."
 

"Aber doch nicht meines., wollte er noch antworten, doch seine Zunge gehorchte ihm ebenso wenig wie seine Beine und das letzte war noch ein gerufenes "Krankenstation!", bevor ihn die Dunkelheit umfing.



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2005-04-23T14:29:58+00:00 23.04.2005 16:29
Oh oh.
Das war hart.
Der arme Dra wird jetzt wohl wirklich zum Engel.
Harrys Psyche ist sowieso schon am arsch, wenn er jetzt auch noch Dras Tod verschuldet hat, na dann gute Nacht!
Von: abgemeldet
2004-11-13T18:43:37+00:00 13.11.2004 19:43
Oh Gott, wie spannend! Ich hätte ja am liebsten gleich das nächste Kapitel in Angriff genommen, aber zuerst kommt der Kommentar.
Sehr sehr gut - erzähltechnisch wie schriftstilmäßig - na, du weißt was ich meine.
Jetzt muss ich aber weiterlesen...keine Zeit!
Von: abgemeldet
2004-10-14T22:18:08+00:00 15.10.2004 00:18
*Grins* Sehr interessant ^^ Die Klatscher find ich doch mal richtig gut, wieso sind die eigentlich aus Metal, das ist doch Selbstmord.
Möchte wissen was weiter passiert.


Zurück