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Döman der Dämon

von

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Verknüpfung der losen Fäden, Abschied und Ende

"Eine Hochzeit feiern? Hier??" Gideon starrte seinen Bruder fassungslos an, mit der Zeit zeichnete sich in seinen Zügen jedoch immer deutlicher die Verärgerung ab.
 

"Der König wird sie finanzieren", warf Döman ein. "Schließlich ist die Braut seine Schwester."
 

"Was ist denn nun genau passiert?" erkundigte sich die Hausherrin, Gideons Gattin, bei Hector, der es sich neben Ricarde auf einer Bank bequem gemacht hatte.
 

"Also, es begann damit, daß ich Döman beschworen habe", begann Hector langsam.
 

"Es begann damit, daß ich verbannt wurde", berichtigte Döman seinen Meister mit einem entschuldigenden Lächeln. "Sonst hättest Du mich nämlich gar nicht beschwören können."
 

"Du bist verbannt worden?" fragte Ricarde interessiert, ohne den Blick von der Feile zu wenden, mit der sie ihre Fingernägel bearbeitete.
 

"Weshalb denn?" fragte Hector mit mäßigem Interesse.
 

"Mißachtung der Sicherheitsvorschriften. Eigentlich war es etwas ganz banales, eine Tieftemperaturzauberzone, wie das beim König, und das Ergebnis war auch ähnlich. Daher glaubte ich ja auch, sein Tod wäre meine Schuld gewesen, obwohl ich eigentlich dachte, alles beachtet zu haben."
 

"Ich bin sicher, daß es beim König die Sache mit meiner Kristallkugel war. Es war ein Billigmodell, die haben häufig irgendwelche Macken", versicherte Ricarde und begutachtete kritisch ihre Nägel.
 

"Na, auf jeden Fall stand Döman schließlich in meinem Pentagramm", fuhr Hector ungeduldig fort und beschrieb haarklein, was ihm und seinem Chem-hicker Döman während der viertägigen Abwesenheit alles widerfahren war. "Richard hat Prinzessin Gwendolin schon vor fünf Jahren geheiratet und ist jetzt zu den Bedingungen, die die Königin mir gestellt hatte, König geworden. Ricarde ist mit uns gekommen und in zwei Wochen werden wir zwei heiraten", endete Hector stolz und hauchte seiner Zukünftigen einen Kuß auf die samtige Wange.
 

"Bist Du sicher, daß der König alles bezahlt?" fragte Gideons Gattin. "Ich frage nur wegen des Essens. Ich habe die Gästeliste gesehen und so viele Leute..."
 

"Sei beruhigt." Hector tätschelte den Arm seiner Schwägerin. "Wenn der König sagt, er bezahlt alles, wird er schon bezahlen. Wo kämen wir denn hin, wenn man nicht einmal mehr dem Wort eines Königs trauen dürfte?"
 

"Außerdem kommt Richard auch, und der war schon immer ein Freund außergewöhnlicher Spezialitäten", ergänzte Ricarde und ließ die Feile in der Luft verschwinden. "Er wird schon dafür sorgen, daß alles vorhanden ist, wonach sein Herz begehrt. Du brauchst Dir wirklich keine Sorgen zu machen, meine Liebe. Und zur Not... optische Tricks sind meine Spezialität."
 

Die Hausherrin nickte dankbar und wandte sich dann ihren unerledigten Pflichten zu.
 

*
 

Am Morgen der Hochzeit kamen aus Richtung Königsschloß zahlreiche, mit Lebensmitteln überladene Wagen, außerdem trafen die ersten Gäste ein, vor allen Dingen Zaubererkollegen von Hector und Ricarde.
 

Die Hausherrin freute sich zwar darüber, daß ihr die Beschaffung der Lebensmittel abgenommen worden war, was sich dann jedoch ihren Augen bot, begeisterte sie weniger. Es waren ganze Fässer voll von Schnecken in Schokoladensauce und Ameisen in Essig und Öl gebracht worden, außerdem Heuschrecken-Cocktails (2000 Gläser!), mit kandierten Echsenschwänzen gefüllte Oliven und vieles andere mehr.
 

Gideons Gattin überließ es den aus dem Königsschloß geschickten Bediensteten, Tische und Büfett aufzubauen und zog sich auf unbestimmte Zeit zurück.
 

Der Priester aus dem nahegelegenen Dorf, der das Brautpaar trauen sollte, kam schon recht zeitig, um die beiden zukünftigen Eheleute getrennt in einem ernsthaften Gespräch unter vier Augen auf die Ehe vorzubereiten. Während er sich den bereits leicht beschwipsten Hector vornahm, kam die Braut, in ein bodenlanges, bis zum Kinn und bis fast zu den Fingerspitzen reichendes weißes Spitzenkleid gehüllt, die offenen, orange glänzenden Haare wie ein Fuchspelz über Schultern und Rücken gebreitet, zu den Gästen, um sich mit ihnen zu unterhalten. Auch Döman stand schon an Büfett, um sich an den flambierten Salamanderzungen gütlich zu tun. Er begrüßte Ricarde freundlich und verabschiedete sich gleichzeitig von ihr, denn zur Feier des Tages hatte Hector ihn aus dem gerade halb erfüllten Drei-Monats-Bann entlassen. Außerdem hatte er von seinen dämonischen Vorgesetzten erfahren, daß er in seiner Abwesenheit auf Bewährung wieder in Dienst genommen worden war und ihn sofort antreten sollte.
 

"Ich beglückwünsche Dich", sagte Ricarde mit einem bezaubernden Lächeln, dann senkte sie ihre Lider über ihre großen stachelbeergrünen Augen, die mit den wasserblauen Augen Dömans auf einer Höhe waren. Das Gewitterwölkchen über ihr donnerte verhalten, als sie leise sagte: "Schade, daß Du nicht bleibst, Döman... Du und ich... das hätte prächtige rothaarige Kinder gegeben." Mit zarten Lippen küßte sie den Dämon flüchtig auf die glattrasierte Wange und verschwand in der Menge.
 

Nachdenklich blickte Döman ihr nach, dann ging er, etwas traurig über den Abschied, zu Hectors Studienzimmer. Dort kam ihm der Priester entgegen. "Wo kann ich die Braut finden?" fragte er geschäftig und rieb sich seine wurstförmigen Finger.
 

"Bei der Gesellschaft", erwiderte Döman hilfsbereit und trat zu Hector ein.
 

Sein Meister hatte bereits das Pentagramm, mit dem der Dämon zurückgeschickt werden sollte, auf den Boden des Raumes gezeichnet und die Kerzen, bis auf eine, entzündet. Er ergriff zum Abschied Dömans fleckige Hand und hielt sie lange, ohne etwas zu sagen, dann seufzte er tief. "Alles in allem war es doch eine schöne Zeit."
 

Döman leckte sich verstohlen einen Rest der Fischmagensauce aus den Mundwinkeln und nickte. "Ich werde Dich vermissen, trotz Deiner Schweigebänne."
 

Hector nickte schmunzelnd, in Erinnerung versunken. "Jaja", sagte er dann leise. "Vielleicht, eines Tages, sehen wir uns einmal wieder."
 

Döman wiegte den Kopf. "Wer weiß?... ich gebe Dir meine Adresse. Komm doch mal mit Ricarde zu einem Dämonenkongress."
 

Hector reichte Döman dankbar ein Blatt Papier, auf das der Dämon mit seinem bloßen Finger seinen Namen und seine Adresse kritzelte.
 

Hector legte den Zettel auf sein Schreibpult. "Auf bald."
 

"Auf bald", entgegnete Döman und stieg in das Pentagramm.
 

Hector wollte gerade die fünfte Kerze entzünden, da klopfte es an der Tür. "Die Trauung soll jetzt beginnen. Der Priester sagt, er habe heute noch drei Taufen und eine Beerdigung."
 

Hector seufzte entschuldigend und drückte Döman das brennende Zündholz in die Hand. "Du weißt ja, wie es geht," dann verließ er sein Studienzimmer.
 

*
 

"Wenn sie hier auch nicht ist..." erklang Gideons Stimme auf dem Flur, dann öffnete er die Tür des Studienzimmers seines Bruders, der hinter ihm die Schwelle überschritt. Im von fünf brennenden Kerzen umgebenen Pentagramm verflogen gerade die letzten violetten Rauchschwaden.
 

"Ist Ricarde da drin?" fragte der König und kam auch ins Studienzimmer. "Was ist das?" fragte er Hector dann und zeigte auf den Zettel, der auf dem Schreibpult lag.
 

"Dömans Adresse", entgegnete Hector abwesend und öffnete die Tür zum Wandschrank, um auch dort zu suchen.
 

"Unsinn. Ich erkenne doch die Schrift meiner Schwester, wenn ich sie sehe", sagte der König ungehalten und langte nach dem Zettel. "Mein Lieber", las er vor.
 

"Es tut mir leid, daß ich Dich schon vor unserer Hochzeit enttäuschen muß, aber in den vergangenen zwei Wochen habe ich festgestellt, wie viel eher Döman meinem Idealbild von einem Mann entspricht, als Du. Außerdem finde ich, daß ein alkoholisierter Zauberer und eine böse Hexe, deren Spezialität optische Tricks sind, nicht gut zusammenpassen. Du hast ja umseitig Dömans Adresse, wenn Du mich mal besuchen willst, steht dem nichts im Wege. Ich denke, als Gestaltwandlerin werde ich mich in der Dämonenwelt schon einleben. Ricarde."
 

* * *
 



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