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Döman der Dämon

von

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Das Schloß des bösen Hexers Richard

"Das ist das Schloß des bösen Hexers Richard", sagte der fischgesichtige Moorführer nach zwei Tagen endlich zu Hector und zeigte auf das finstere, zinnenbewehrte Bauwerk, das sich auf einem Hügel drohend vor dem düsteren, gewitterwolkenverhangenen Himmel erhob. Der Moorführer streckte Hector die leere, schwielige Handfläche entgegen. "Meinen Lohn, werter Kunde. Weiter werde ich mich dem unheilvollen Schloß nicht nähern." Und im flüsternden Verschwörerton teilte er Hector mit: "Es heißt, ein Drache bewacht die Zugbrücke. Ich rate Euch, es mir gleichzutun und das Weite zu suchen."
 

Hector warf Döman einen vielsagenden Blick zu, dann grub er in seiner Tasche mißmutig nach den vier Goldstücken, die als Lohn für die weitgehend ereignislose Führung durch das Zweitages-Moor vereinbart worden waren.
 

Der Moorführer prüfte die Güte der Münzen mit seinen verfaulten Zähnen, dann nickte er befriedigt, steckte das Geld weg und zeigte auf den Esel, der inzwischen sein Eigentum war und von dem Döman gerade Hectors Gepäck abgeladen hatte.
 

Hector erinnerte sich an die Extras und nickte widerwillig. Er sprach einen kurzen Flugflügelzauber, und während sich der verdutzte Esel mehrmals um seine Achse drehte, um den nicht ganz artgerechten Federschmuck zu begutachten, der seinen Rücken zierte und sein Besitzer sich bemühte, ihn ruhig zu halten, um ihn besteigen zu können, machten Hector und Döman sich auf den Weg, hinauf zum Schloß des bösen Hexers Richard.
 

Der Pfad wurde immer unwegsamer und steiler und schließlich kamen Hector und sein Dämon nur noch weiter, wenn sie sich gegenseitig stützten. Nach einer guten Stunde Aufsteigs, während der sich Döman mit dem umfangreichen Gepäck seines Meisters abgemüht hatte, legten sie schließlich eine Pause ein und bemerkten zu ihrem großen Erstaunen, daß sich das Schloß und die darüber schwebenden schwarzen Wolken weiter entfernt von ihnen befanden, als jemals zuvor. Hector schüttelte ungeduldig seinen Kopf, stieg ein paar Schritte aufwärts, blickte zum Schloß hinauf, trat dann wieder ein paar Schritte zurück, schaute abermals hinauf und wiederholte das Ganze einige Male. Schließlich ließ er sich von Döman seinen Ledersack geben, in dem er auch einen Großteil seiner umfangreichen Bibliothek mit sich führte und fischte sich das 'Who is who der Magier, Zauberer und Hexer' heraus. Er blätterte, las einen Absatz und zeigte Döman die Seite:
 

Richard, Hexer (böse), Besitzer eines Drachen. Spezialitäten:

Optische Tricks,

Gestaltwandlungen,

Irreführungen und

Wetterzauber.
 

"Da haben wir es", sagte Hector verzweifelt. "Entweder die Entfernung des Schlosses oder das Schloß selbst ist ein optischer Trick." Aber dann erhellte sich sein Gesicht plötzlich. "Im Wein ist die Wahrheit. Gibt mir mal eine Flasche rüber."
 

Während Hector sich wieder einmal an dem schweren Rotwein aus dem königlichen Keller gütlich tat, dessen reichlicher Vorrat im Proviantsack schon einigermaßen dezimiert war, mixte Döman sich seine eigene Erfrischung: in ein aus der Luft gezogenes Kelchglas füllte er ein weißes Pulver und einige eckige Stückchen einer Substanz, die wie feuchte rote Kreide aussah. Dazu ließ er aus seinen Fingern Wasser fließen und mischte das Ganze mit einer öligen, farblosen Flüssigkeit. Plötzlich begannen die roten Stückchen auf- und niederzuhüpfen, Bläschen stiegen auf und am Boden des Kelchglases begann es, zu blitzen. Die Flüssigkeit färbte sich gelb und Rauch stieg auf.
 

Hector, der inzwischen gut die halbe Weinflasche geleert hatte, beugte sich interessiert über Dömans Schulter. "Was ist das?" fragte er neugierig.
 

Döman kostete seine Kreation mit spitzen Lippen und schlug sich dann die Zunge um dieselben. "Exquisit... das, mein lieber Meister, ist ein P-Cocktail."
 

Nachdem Hector die Flasche und Döman seinen Kelch geleert hatte, wandten sie sich wieder dem Schloß zu, das sich unter den Gewitterwolken in eine wehrhafte Burg verwandelt hatte, von der fast nur die dunkelgraue Mauer zu sehen war. "Also war es ein optischer Trick", sagte Hector triumphierend, und leicht schwankend machte er sich an den Aufstieg. Schon nach wenigen Minuten hatten sie die Kuppe des Hügels erreicht, auf dem das Schloß, das eigentlich eine Burg war, stand. Der Fuß der Wehrmauer war durch einen breiten, mit schwarzem, verfault stinkendem Wasser gefüllten Graben von Hector und Döman getrennt. Bis auf die hoch angesetzten Schießscharten war die Mauer völlig geschlossen, gebaut aus riesigen, fugenlos zusammengesetzten Granitquadern.
 

"Wie sollen wir da hineingelangen?" fragte Döman und stellte erschöpft Hectors Gepäck ab.
 

Hector musterte Döman prüfend. "Aber das ist doch ganz klar. Wenn ein Drache die Zugbrücke bewacht, muß es eine Zugbrücke geben."
 

"Aber das Schloß ist doch nur ein optischer Trick, um die Leute in die Irre zu führen. Warum sollten Drache und Zugbrücke nicht auch..."
 

"Die Autoren des 'Who is who' werden sich kaum durch einen optischen Trick in die Irre führen lassen. Wenn da steht, daß es einen Drachen gibt, gibt es auch einen. Laß uns die Zugbrücke suchen... und nimm mein Gepäck mit!" Der Zauberer murmelte noch etwas von der sprichwörtlichen Schwerfälligkeit der Chem-hicker, dann versengte er mit einem winzigen Feuerstrahl ein Stück des Grases am Grabenufer, um die Stelle, an der sie ihre Suche nach der Zugbrücke aufnahmen, zu kennzeichnen. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg, die Burg zu umrunden. An einigen Stellen war der Burggraben von monströsen Pflanzen überwuchert, deren Blüten der faulige Gestank entströmte, der überall in der Nähe des Wassers wahrzunehmen war. In der Tiefe des schwarzen Wassers schammen einige grünlich leuchtende Fische, die nur aus Gräten, Zähnen und boshaften Augen zu bestehen schienen.
 

"Die arme Prinzessin", sagte Hector einmal leise und schüttelte mitleidig den Kopf, als er daran dachte, daß die Prinzessin Gwendolin, die Tochter des toten Königs, seine zukünftige Gattin, schon seit über fünf Jahren in dieser ungesunden, unheimlichen Umgebung gefangen gehalten wurde.
 

Plötzlich blieb Döman, der dem leicht betrunkenen Zauberer trotz des Gepäcks immer einige Schritte voraus war, so abrupt stehen, daß Hector beinahe gegen ihn stieß. "Pscht!" zischte der Dämon seinem Meister zu, der gerade zu lamentieren anfangen wollte und wies um die Ecke. Dort war die Zugbrücke. Sie hing in einem 45-Grad-Winkel zur Mauer über dem Wasser des Grabens, ohne durch irgendwelche sichtbaren Seile oder Ketten gehalten zu werden. Das Wasser, das durch den Schatten der Brücke eigentlich noch dunkler hätte sein müssen, blinkte smaragdgrün.
 

*
 

Ein smaragdgrüner Kopf fuhr aus dem Wasser. "Wer seid Ihr?" fragte der Drache mit unangenehm schriller Stimme. An seinem grün geschuppten Hals blinkten Wassertropfen im Zwielicht der halb hinter schwarzen Gewitterwolken versteckten Sonne, und seine goldenen Augen mit den schlangenartig geschlitzten Pupillen musterten Hector und Döman geringschätzig.
 

Hector richtete sich zu seiner vollen Größe auf, kaschierte seine leichten Gleichgewichtsstörungen mit einer angedeuteten Verbeugung und erwiderte von oben herab: "Ich bin Hector der Unvergleichliche, der größte Magier und Zauberer unserer Zeit. Aus dem Weg, Wurm! Laß mich zu Deinem Herrn, auf daß ich ihn zum Zaubererduell fordere, um das Leben und die Freiheit der schönen Prinzessin Gwendolin."
 

"Und wer ist die halbe Portion?" fragte der Drache unbeeindruckt.
 

Dömans wasserblaue Augen verdunkelten sich zu einem unheilvollen Blutrot. "Ich bin der Dämon Döman", sagte er finster und schnippte aus seinen Fingern einen winzigen Kugelblitz, der mit einem wilden Sirren um den kleinen länglichen Kopf des Drachen düste, bis dieser ihn mit einem gezielten Wasserstrahl aus seinem Maul löschte.
 

"Nimm Deinen Minidämon unter den Arm und verschwinde. Der Große Hexer Richard will nicht wegen jeder Lappalie gestört werden." Als sei die Angelegenheit damit erledig, glitt der Kopf des Drachen wieder ins Wasser zurück, nur seine nilpferdartigen Nüstern blieben über der Wasseroberfläche, gerade noch in Hectors Reichweite.
 

Hector krempelte seinen Ärmel hoch und drückte die Nase des Drachen unter Wasser. Sofort begann der Drache, sich windend zu wehren und etwa eineinhalb Meter von der Nase entfernt peitschte eine grüngeschuppte Schwanzspitze durchs Wasser. Hector, der den Druck seines Armes mit einem Zauber verstärkt hatte, konnte den kleinen Drachen ohne Mühe unter Wasser halten. Als eines der tütenförmigen Ohren des Drachen an die Oberfläch kam, ergriff Hector es mit der anderen Hand, beugte sich darüber und sagte: "Läßt Du uns rein, laß ich Dich los."
 

Nach einigen Minuten stellte der Drache seinen Widerstand schließlich ein und Hector erlaubte ihm, den Kopf aus dem Wasser zu heben. Nachdem er schnaufend wieder zu Luft gekommen war, sagte der Drache: "Ich werde Euch nicht am Betreten der Burg hindern, aber ich kann Euch auch nicht besonders helfen. Diese Brücke hängt nun schon seit fünf Jahren so auf halber Höhe und bisher ist es weder Richard noch mir gelungen, sie auch nur einen Millimeter zu bewegen... seit fünf Jahren hat keiner mehr die Burg betreten oder verlassen."
 

"Also war die Prinzessin Gwendolin die letzte", folgerte Döman.
 

"Hat diese mikrige Figur etwas zu sagen?" erkundigte der Drache sich bei Hector.
 

"Beleidige meinen Dämon nicht", mahnte Hector freundlich.
 

"Von so großartiger Größe bist Du ja auch nicht gerade", brummelte Döman derweil.
 

Der Drache spreizte seine ledrigen Flügel. "Für einen Wasserdrachen bin ich sogar ausgesprochen groß."
 

"Du sagtest, man bekäme die Zugbrücke nicht mehr auf", erinnerte Hector den Wasserdrachen, um einem boshaften Wortwechsel zwischen Dämon und Drache zuvorzukommen.
 

Der Wasserdrache nickte. "Seit fünf Jahren", und nach einem kurzen Seitenblick auf Döman fügte er hinzu: "Kurz nachdem die Prinzessin hier angekommen war."
 

"Sie wurde vom Hexer entführt", berichtigte Hector den Drachen, aber der zuckte nur mit den Flügeln. "Ich weiß nur, daß sie in der Burg ist, nicht warum."
 

"Weißt Du denn, wie das mit der Brücke passiert ist?" fragte Döman.
 

"Jemand wollte hinaus, ein anderer hat ihn daran gehindert, und so hat sich irgendetwas in der Zauberautomatik verklemmt. Ich nehme es jedenfalls an, schließlich bin ich kein Mekan-hicker."
 

Hector nickte. "Vermutlich wollte die Prinzessin Gwendolin fliehen, aber der böse Hexer Richard hat sie daran gehindert... erfolgreich."
 

Dömans Gesicht leuchtete plötzlich auf. "Ich habe eine Idee... dieser kleine Wasserdrache hier..." Die geschlitzten Pupillen verengten sich drohend. "Der sehr geschätzte Wasserdrache hier vor uns", verbesserte Döman sich rasch, "hat eine recht schrille Stimme. Da wüßte ich schon, wie wir der Brücke zu Leibe rücken können. Allerdings sind wir auf Euch, Herr Drache, angewiesen."
 

"Fräulein Drache, bitteschön", sagte der Wasserdrache giftig. "Aber ich bin bereit, zu helfen."
 

"Er kennt sich mit Drachen eben nicht so aus", entschuldigte Hector sich für seinen Dämon und ließ endlich das Ohr der Drächin los. Er erwog ernsthaft, wieder einmal einen Schweigebann über seinen Dämon zu verhängen.
 

Döman warf indessen ein paar violette Kristalle in die Luft und hatte gleich darauf zwei kleine schwarze Würfel in der Hand, die offenbar aus in diese Form gepresstem Pulver bestanden. Der Dämon reichte der Drächin die Würfel und wies sie an, sie auf die beiden, vor Rost kaum erkennbaren unteren Scharniere der Zugbrücke zu legen, zum Ufer zurückzuschwimmen und weitere Anweisungen abzuwarten.
 

Die Drächin nickte, nahm die beiden Würfel vorsichtig zwischen die gelben Reißzähne und tat, wie ihr geheißen. Als sie zurückschwamm, überprüfte Döman mit zusammengekniffenen Augen die Ausführung und sagte dann: "Stoße einen schrillen, möglichst sehr nachdrücklichen Schrei aus, dann werden die beiden Würfel explodieren und die Brücke aus ihrer Verankerung reißen... hoffe ich jedenfalls. Am besten schwimmst Du, beste Drächin, ein wenig aus der Fallgeraden."
 

Die Wasserdrächin nickte, begann mit einem sirenenartigen Gesang und steigerte sich zu einem ungeahnten Diskant. Nach dem darauf folgenden Knall entfernte sich die Zugbrücke mit einer Geschwindigkeit von mehreren Stundenkilometern von der Burgmauer und polterte den Hügel hinunter. Ein entferntes Platschen zeigte an, daß sie im Moor gelandet war.
 

Die Drächin, die unter Wasser Zuflucht gesucht hatte, wagte sich wieder an die Oberfläche und mit offenem Maul betrachtete sie die staubwolkenverhangene Öffnung, die in der Mauer gähnte. Als sich der Staub etwas gelegt hatte, wurde das nach innen gefallene Burgtor sichtbar, auf dem, eingeramt von der riesigen Öffnung mit dem gezackten Rand, eine kleine, in helles Grün gekleidete Gestalt stand, eine junge Frau, deren offenes, leuchtend orangenes Haar wie Kaskaden eines Wasserfalls über ihre Schultern und Hüften fiel.
 

"Was wollt Ihr?" rief die Schöne über den Burggraben hinweg.
 

Hector freute sich, wieder einmal eine seiner hervorragenden Verbeugungen anbringen zu können. "Ich bin Hector der Unvergleichliche, der größte Magier und Zauberer unserer Zeit. Ich bin mit meinem Dämon gekommen, um Euch aus der Burg zu befreien, edles Fräulein. Natürlich nur, wenn Ihr nichts dagegen habt."
 

Die rothaarige Schönheit lächelte geschmeichelt. "Oh, mein edler Ritter, Ihr wollt es wirklich wagen? Ihr stellt Euch tapfer gegen das Ungeheuer, das mich in dieser Burg schon seit fünf Jahren gegen meinen Willen gefangen hält, und bringt mich fort von hier?"
 

Hector nickte bestimmt. "Mit Hilfe meines Chem-hickers Döman und dieser Wasserdrächin hier, wenn Ihr nur so gütig wäret, auf ihrem Rücken den Wassergraben zu überqueren."
 

"Fragt mich hier eigentlich mal irgendwer?" fragte die Wasserdrächin pikiert, daber dann schamm sie schon auf das Loch in der Mauer zu, um die grüngekleidete Schönheit trockenen Fußes ans Ufer zu bringen, weg von der Burg, die fünf Jahre lang verschlossen gewesen war.
 

"Ihr seid der Dämon?" fragte die zierliche Schöne Döman interessiert, als sie ans Ufer trat.
 

Döman verneigte sich ungewohnt galant. "Verfügt über mich."
 

Die Schöne klapperte mit den langen roten Wimpern. "Zwei so charmante Männer und das nach fünf Jahren der Gefangenschaft bei diesem Ungeheuer... nehmt Euch in Acht, meine Herren, daß ich Euch nicht zu nahe trete."
 

"Ihr scherzt", sagte Hector wegwerfend. "Aber ich hätte bestimmt nichts dagegen, wenn Ihr mir zu nahe treten... äh, Prinzessin Gwendolin, ich habe den höchstköniglichen Auftrag Eurer Mutter, Euch wohlbehalten zurück zum Schloß zu bringen. Außerdem setze ich Euch hiermit vom Tode Eures Vaters in Kenntnis. Er fiel einem Versehen zum Opfer, das meinem Dämon unterlief, während er einen Demonstrationszauber durchführte. Außerdem..."
 

"Das kann schließlich jedem mal passieren. Es tut mir ja auch leid", unterbrach Döman Hector ungehalten.
 

Die Schöne tätschelte mit ihren zarten Fingern Dömans unrasierte Wange. "Euch sei verziehen." Dann wandte sie sich wieder Hector zu. "Und was weiter?"
 

"Ich bin Euch zum Manne bestimmt", sagte Hector gewichtig und straffte stolz seinen Bauch.
 

"Es ist mir eine Ehre, einen so fähigen und tapferen Zauberer zum Manne zu nehmen", gurrte die Schöne. "Wollen wir uns nicht auf den Weg machen?"
 

"Was ist mit dem Drachen?" frage Döman.
 

Die Wasserdrächin zirpte abfällig und tauchte im schwarzen Wasser des Burggrabens unter. Der Dämon zuckte mit den Schultern, nahm Hectors Gepäck auf und wandte sich hügelabwärts.
 

"Wehe, Du läßt Dich hier noch einmal blicken!" keifte plötzlich eine Frauenstimme. In der zackigen Öffnung der Burgmauer war eine dicke Frau mit strohblonden Haaren und einem nichtssagenden sommersprossigen Gesicht aufgetaucht. "Zieh bloß ab, Du! Und nimm Deine Gewitterwolke mit!" Dann drehte sich die Frau auf dem Absatz um und verschwand außer Sicht.
 

"Wer war das?" fragte Hector erstaunt.
 

Döman blickte indessen nachdenklich auf das kleine Gewitterwölkchen, das über dem Kopf der Schönen schwebte, und er erinnerte sich, daß der böse Hexer Richard sowohl Spezialist für Gestaltwandlungen als auch für Wetterzauber war. Er tippte seinen Meister vorsichtig an und deutete verstohlen auf das tintenschwarze Wölkchen.
 

Hinter Hectors Stirn arbeitete es langsam, dann zeigte er mit dem Zeigefinger direkt auf die wohlgeformte Nase der Schönen und stellte fest: "Du bist Richard."
 

Die Schöne lächelte entschuldigend. "Ihr seid im Irrtum, Herr. Ich bin Ricarde, Richards Zwillingsschwester."
 

"Und wieso zaubert Ihr auch?"
 

"Richard kann gar nicht zaubern", gestand Ricarde. "Zu jedem Kongress hat er mich hingeschickt. Ich mußte mich in einen Mann verwandeln und unter seinem Namen mein Können unter Beweis stellen."
 

"Und was ist mit der Prinzessin?" erkundigte Hector sich weiter.
 

"Richard hat sie vor fünf Jahren geheiratet. Ich wollte weg, denn schließlich hatte Richard nun ja jemanden, der ihm den Haushalt führen konnte, aber er hat mich eingesperrt, damit ich weiterhin für ihn und seine Frau zaubere. Sogar den Bann, der mich ihm unterstellte, mußte ich selbst weben. Aber dank Eurer Hilfe bin ich endlich frei."
 

Hector nickte. "Ja, Ihr seid frei, aber was sagen wir der Königin?... auf Königsmord steht Tod durch Abtrennen des Kopfes vom Körper", erinnerte er sich unbehaglich.
 

Richarde sah Hector aus ihren großen grünen Augen an und schüttelte den Kopf. "Aber das war gar nicht Döman, der den König umgebracht hat, das war ich. Bei der täglichen Beobachtung des Königsschlosses, die ich im Auftrag der Prinzessin Gwendolin durchführen mußte, hat es eine Störung in meiner Kristallkugel gegeben. Sie ist explodiert und die Rückkopplung hat den König... naja, er ist eben tot."
 

"Werdet Ihr das auch der Königin erzählen?" erkundigte Hector sich mißtrauisch.
 

"Aber sicher, Mein Ehrenwort als Hexe darauf", versicherte Richarde ernst. "Außerdem können wir ja auch meinen Bruder und seine Frau, die Prinzessin Gwendolin, mitnehmen, damit sie meine Geschichte bestätigen."
 

"Meinst Du, es geht gut?" erkundigte Hector sich flüsternd bei seinem Dämon, während Ricarde sich schon an den Rückweg zum Schloß machte, eine Hand am Kleidersaum, mit der anderen die störend um ihren Kopf schwebende Gewitterwolke beiseitewedelnd.
 

Döman grinste breit. "Mir kann die Königin eh nichts."
 

* * *
 



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