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Auf und davon

Eine Geschichte aus Veireva
von

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Was du liebst, lass los.

„Nein“, ertönte es von Degan und er war seinem Vater einen strengen Blick entgehen. Dieser stemmte die Hände in die Hüfte und schüttelte den Kopf. War das ein höhnisches Grinsen auf seinen Lippen? Oh, wie er es hasste. Das machte er immer, wenn sich sein Vater weitaus überlegen fühlte. „Das war keine Bitte, Sohn. Das war ein Abkommen, ich brauche deine Zustimmung nicht. Du wirst Hope heiraten, ob du willst oder nicht“, erklärte Aramir dem Jüngeren weiter und lies den Blick nicht von ihm ab. Der Blonde biss sich auf die Unterlippe. Wut kochte in ihm auf. Wie konnte er es wagen? Sollte Liebe denn nicht frei sein? Sollte man nicht selbst auswählen können, wen man liebt und mit wem man das Leben verbringen möchte? Anscheinend nicht. Anscheinend gab es Dinge, die wichtiger waren. Wichtiger als die Liebe, wichtiger als Gefühle und wichtiger als Vertrauen. Meistens war das Macht und Ruhm. Etwas, was Degan früh gelernt, aber nie verinnerlicht hatte. „Und ich habe nein gesagt. Das kann dir nun passen oder nicht. Aber ich werde Hope nicht zur Frau nehmen. Nicht heute, nicht morgen und auch nicht übermorgen. Finde dich damit ab Vater. Lebt euer Leben, wie ihr wollt. Du, Mutter und Hopes Eltern. Alle Eltern...“, korrigierte sich der junge Mann und sah erneut zu seinem Vater. Den Blick immer nach vorn gerichtet, er würde sie nicht heiraten. „Wir sind nicht eure Werkzeuge und nicht eure Mittel um Allianzen zu stärken. Wir haben ein eigenes Leben, ein eigenes Herz und ein eigenes Hirn. Wir brauchen niemanden, der für uns entscheidet und...“, wollte Degan seinen Satz beenden, doch die flache Hand Aramirs erreichte schneller seine Wange als dass er schauen konnte. „Hüte deine Zunge, Degan. Dein Übermut wird dich irgendwann deinen Kopf kosten. Nochmal, das war keine Bitte gewesen. Die Verlobung ist arrangiert. Du heiratest das Weib, ob du willst oder nicht“, donnerte Aramirs Stimme durch die Halle. „Hope“, verbesserte der Blonde ihn. „Sie hat einen Namen, benutze ihn wenigstens, wenn du schon über sie sprichst“, belehrte der er seinen Vater. Erzürnt wurde die Hand nochmals erhoben. „Aramir! Es reicht“, mischte sich eine andere Stimme in das Geschehen ein. Degans Mutter trat die Treppe nach unten und beäugte die Beiden. „Wollt ihr das ganze Haus aufwecken? Habt ihr schon mal auf die verdammte Uhr geschaut?!“, zischte Katherina und deutete auf die Standuhr, die zugleich schlug. Degan sah kurz hin, wie er diese verdammte Halle hasste. Die dämliche Uhr und die noch dämlichere Statue, mit der hässlichen Fratze. „Degan auf dein Zimmer!“, deutete sie mit einem Kopf nicken nach oben. Der Blonde stapfte die Stufen nach oben, an seiner Mutter vorbei. „Irgendwann, und das schwöre ich euch, werde ich Jolie heiraten. Niemanden anderen“, sah er sie beide an und schritt weiter. Die Zimmertür donnerte zu und Katherina seufzte genervt. „Ist es das was du wolltest? Ist dein Dickkopf so groß, dass er Priorität hat? Willst du unbedingt die Familie entzweien?“, fragte die Dunkelhaarige ihren Gatten und sah zu ihm runter. Aramir schnaufte. „Wage es ja nicht in die Gemächer zu mir zu kommen. Nicht heute Nacht“, drehte sie sich um und ging die Stufen. „Und noch was...“, kurz sah sie wieder zu ihrem Gatten. „Erhebst du noch einmal die Hand gegen eines unserer Kinder wirst du es bereuen, das schwöre ich dir“, warf sie dem anderen entgegen und ging.

 

𝄞

 

Der junge Mann lehnte gegen die geschlossene Tür hinter sich. Stumme Tränen bahnten sich den Weg über seine Wangen. Das war ein Kampf gegen verdammte Windmühlen und er würde ihn nicht gewinnen. Sie waren einfache Bauern in einem Schachspiel, hilflos und jeglicher Macht beraubt. War die Gefühle so einerlei? Spielte es in dieser Welt keine Rolle, wen man liebte? Wie könnte er ein guter Ehemann für jemanden sein, der einen nicht wollte? Den er nicht wollte? Es würde eine schrecklich Ehe werden, für alle, die beteiligt waren. Das konnte doch nicht die Lösung sein. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Da war so viel Zorn, Unsicherheit und Trauer. Nein, er gab nicht auf. Wenn er diese Welt nicht ändern konnte, musste Degan einen Schritt wagen, damit er ihr wenigstens entfliehen konnte. Aus dem Impuls heraus packte er leise seine Sachen, nahm nur das mit was nötig war. Er würde sein zu Hause verlassen, jene die ihn liebten und jene, welche ihn verbiegen wollten. Sollten sie ihr Spiel spielen, aber nicht mit dem Blonden. Das Hab und Gut war schnell zusammengesucht. Die Laute nahm er auch mit. Mit pochendem Herz öffnete er das Fenster in seinem Zimmer. Der junge Mann wusste, wenn er diesen Schritt nun gehen würde, würde er nicht mehr zurückkehren können. Er würde Leid mit sich ziehen, Enttäuschung. Aber auch Hoffnung. Hoffnung und die Chance auf ein neues Leben. Für ihn, Hope und Flora. Juliette würde er ebenfalls zurücklassen müssen. Es schmerzte, aber er musste es tun. Tonlos kletterte er aus dem offenen Fenster. Glücklicherweise hatte Mutter darauf verzichtet, dass man die Ranken an dem Gemäuer entfernte. Diesen kleinen Fluchtweg nutze der Blonde öfter. Nur würde es dieses Mal das letzte Mal sein. Auf dem weichen Gras angekommen war es nur noch ein Katzensprung, durch die Blumen und über die Mauer. Degan schaute nicht zurück. Es hab kein Zurück mehr. Aber verabschieden musste er sich und das war möglicherweise das Schwierigste an dem Ganzen. Er liebte Jolie, aber mitnehmen würde er sie nicht können. Immerhin wusste man nicht, was einen erwartete. Was würde er tun, wenn er Reminister hinter sich ließ? Degan hatte kein Dach über dem Kopf, wenig Gold, keine Ziele. Nichts, was einem Sicherheit gab. Vielleicht würde er jämmerlich in irgendeiner Gasse krepieren, wenn die Tage kälter wurden und der Winter einzog. Was wusste er schon? Sicherlich wäre es einfacher gewesen, ohne Verabschiedung von dannen zu schreiten. Aber nicht fair. Und Jolie hatte es nicht verdient.

 

𝄞

 

Es fiel ihm unglaublich schwer „Lebe wohl“ zu sagen. Er hatte sich mit der Fee nicht zerstritten, ganz im Gegenteil. Aber er konnte sie auf diese Reise nicht mitnehmen. Das war alleine seine Entscheidung und er würde die Konsequenzen tragen müssen. Doch das Herz schmerzte und wog unfassbar schwer. Jene zurückzulassen, die man liebte. Die immer ein Teil seines Lebens waren. Aber es war die richtige Entscheidung, vermutlich die schwerste, die er je treffen musste. Jolies Augen waren mit Tränen gefüllt, ihr Ausdruck herzzerreißend. So traurig hatte Degan sie noch nie gesehen. Einen Moment überlegte er tatsächlich auch Hope aufzusuchen oder ihr wenigstens eine Nachricht zukommen zu lassen. Doch was sollte er schreiben? „Du bist frei, mach was draus“?

Nein, so nah standen sie sich nicht. Es würde wohl schnell die Runde machen und sie würde sicherlich merken, welche Chancen sich ihr nun boten.

 

𝄞

 

Die Nacht war sternenklar und Reminister lag schon ein gutes Stück hinter dem Blonden. Dennoch kam das Gefühl von „Freiheit“ nicht auf. Ob sich das ändern würde? Hatte er die richtige Entscheidung getroffen? Vermutlich würde er es bald erfahren. Die ersten Nächste waren einsam, von Sorgen geplagt. Doch je weiter sich Degan entfernte, desto leichter fand er in sein neues Leben rein. Flora hatte er nie vergessen, er wünschte ihr alles erdenkliche Glück, denn nicht weniger hatte sie verdient. Doch an Hope erinnerte er sich schon alsbald nicht mehr. Was nicht damit zu tun hatte, dass sie unbedeutend war. Nein, das hatte andere Gründe. Niemals hätte er gedacht, dass er Beide nochmals sehen würde. Alles hatte sich gedreht, die Welt hatte sich neu aufgebaut.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Aithra
2022-12-26T19:53:34+00:00 26.12.2022 20:53
Naw.
Find ich klasse. C'est la vie.
Antwort von:  Ritter_der_Kokosnuss
26.12.2022 21:13
Danke ♥
Richtig ;P
Von:  Jinee94
2022-12-25T16:40:08+00:00 25.12.2022 17:40
„Hope“, verbesserte der Blonde ihn. „Sie hat einen Namen, benutze ihn wenigstens, wenn du schon über sie sprichst“, belehrte der er seinen Vater. - Das gibt fette Sympathiepunkte! Richtig stark von ihm.

Ach Mensch, er tut mir schon echt leid. Wären Aramir und Isabella nicht solche Dickköpfe und würden mit sich reden lassen, hätte alles viel leichter für alle sein können </3
Ein wirklich schöner Oneshot! Mehr von Degan!
Antwort von:  Ritter_der_Kokosnuss
25.12.2022 18:00
Glaub Degan hatte auch nie wirklich was gegen sie gehabt. Also zumindest von seiner Seite aus war diese Antisympathie eher darauf entstanden, dass sie zu etwas gezwungen werden sollten :´) Und da hatte er absolut keinen Bock drauf. Gut, vielleicht konnten sie sich in der Jugend auch nicht so riechen. Flachland wäre mit Sicherheit nicht seine BFF geworden xD

Jap, das Problem liegt hier tatsächlich an den Eltern und nicht an den Kindern. Aber es gab wie es war :)
Dankeschön ♥


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