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Rot wie das Leben

Eine Tragödie in fünf Akten
von

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Mit gebrochenen Erwartungen


 

A K T

I I I

 

MIT GEBROCHENEN ERWARTUNGEN

 

***

 

»Mit jedem Tod verdienen wir es ein Stück mehr, zu siegen

Clove hält ihre Meinung nicht zurück. Glimmer ist ihr stets ein Dorn im Auge gewesen und ihr Ableben interessiert sie genau so lange, wie das Bild der blonden Schönheit das Arenafirmament erhellt. Ihr dämliches Grinsen spiegelt sich auf dem See vor den verbliebenen Karrieros, bis Clove einen Stein hüpfen lässt. Mitten durch eines ihrer blauen Augen.

Während Marvel dreinsieht, als hätten diese verdammten Jägerwespen ihm ins Herz gestochen, erfüllt Zufriedenheit Clove. Eine weniger. Schöner wäre es nur, wenn sie den Tod auf ihrem Konto verbuchen dürfte. Aber immerhin steht das nicht bei null. Noch spielt sie oben mit. Sie nimmt einen tiefen Atemzug und neben süßer Nachtluft füllt das Leben ihre Lungen.

Die ganzen Kinder – nichts anderes sind die Tribute aus den Randdistrikten – zählen im Prinzip kaum. Die sind nicht gefährlich, nicht bewaffnet. Aber zahlreich. Einfache Beute. Dem Jungen aus Drei, dessen Minen ihm ein paar Tage Lebenszeit unter den Karrieros erkauft haben, kann sie jederzeit den Hals umdrehen. Heute, morgen, am Ende – wann immer sie will.

Höchstens das Glück ist mit einigen der traurigen Randgestalten, so wie bei der brennenden Zwölf, die für Glimmers Tod verantwortlich ist. Purer Zufall, dass auf ihrem Baum ein dämliches Jägerwespennest hing. Doch Glück kann man nehmen. Fähigkeiten nicht.

»Ich geh’ jagen«, verkündet Marvel – und lässt offen, ob Tiere oder Tribute.

»Alleine?«

Clove hebt die Augenbrauen. Ist Cato etwa an der Gesellschaft des Einsers gelegen? Wenn sie ihn jetzt loswerden, wäre ihr das nur recht. Sie könnten ihm eine Falle stellen, sofern er zurückkehren will. Sie könnte ein Messer in seinem Rücken vergraben. Ihre Rolle der Favoritin zementieren.

Aber nicht zu früh, mahnt Brutus’ Stimme in ihrem Kopf. Erledige deine Verbündeten zu früh und das Kapitol vergibt dir nicht. Sie sind wie Kinder, die voller Trotz weinen, wenn eines ihrer Spielzeuge kaputtgeht. Wetten und Sponsorengeschenke sind ihre Spielsachen und die verwenden sie nun einmal am liebsten auf die Karrieredistrikte. Für die Zuschauer muss der Schockfaktor deiner Tat die des Vertrauensbruches so weit überwiegen, dass sie ihrer Kaltblütigkeit nur applaudieren können. Lass sie vergessen, worum sie betrogen wurden.

Ein schmaler Grat und Clove hat keine Ahnung, in welchen Abgrund sie momentan sieht. Also lächelt sie Marvel nur zu. Wirft ihr neues Lieblingsmesser in die Höhe, lässt es eine Drehung beschreiben und fängt es an der Klinge aus der Luft. Ihre gute Laune sollte ihm – und seinen Unterstützern im Kapitol – Warnung genug sein.

Der Einser steht da, seine zerstochene Hand um den Speer geschlungen und zuckt an Cato gerichtet mit den Schultern. »Kommt drauf an, wofür du dich entscheidest. Ich muss hier weg.« Sein Blick geht bei diesen Worten eindeutig in Richtung Clove.

Cato reißt eine versiegelte Packung Trockenfleisch mit den Zähnen auf. »Hab’ keine Lust, irgendein Kleinvieh mit Fallen zu jagen. Ist den Aufwand eh nicht wert.«

»Schön, gibt’s halt kein Frischfleisch für dich.«

»Fang du erstmal was.«

Marvel stampft von dannen und Clove lässt sich auf den Rücken fallen, die Füße im kühlen Seewasser. Der Uferschlamm quillt zwischen ihren Zehen hervor. Wenn sie die Augen schließt, fühlt es sich an wie damals. Der See in Distrikt Zwei, am Tag nach der Ernte, zusammen mit ihren Eltern. Ihren Eltern.

Clove reißt die Lider auf und sieht geradewegs in Catos Gesicht, der sich mit einem Grinsen über sie beugt. »Du kannst froh sein, dass ich nicht Marvel bin.«

»Du kannst froh sein, dass du nicht Marvel bist.«

Sie streicht mit der Rückseite der Klinge, die von alleine den Weg an seine Kehle gefunden hat, über seine Wange – und die blau-grün angeschwollenen Stichmale der Jägerwespen darauf. Selbst das entstellt ihn nicht. Anders als bei ihrem kapitolgeschaffenen Alabaster, der längst zurück zum Distrikt-Zwei-Steingrau zurückgekehrt ist. Sie kann es kaum erwarten, den grässlichen Arenastaub gemeinsam mit ihrem alten Leben fortzuspülen.

Cato zuckt angesichts der Liebkosung des Messers nicht, doch das Licht in seinen Augen changiert von tiefem Wasser zu kalten Saphiren. »Du würdest ihn umbringen?«

»Noch nicht. Nur wenn er es darauf anlegt.«

Clove senkt das Messer und legt stattdessen eine Hand in Catos Nacken. Zum ersten Mal, seit sie in der Arena sind – fünf Tage – ist sie mit ihm alleine. Der Junge aus Drei, der im Lager weiter hinten hockt, zählt auch hier nicht. Alles, was der sieht, nimmt er mit ins Grab.

»Was fangen wir jetzt mit dieser schönen, angebrochenen Nacht an?«, sagt sie und meint damit, wie sie dem Kapitol die beste Show bieten.

Vermutlich würden es die Zuschauer begrüßen, wenn sie wirklich jagen gingen. Nur müsste Clove ihnen dann zeigen, dass ihr linker Arm vom Jägerwespengift teils gelähmt ist. Manche Schwäche bleibt besser verborgen, obschon das Mitleid ihr ein Sponsorengeschenk einfangen könnte. Heute wurde genug gestorben.

Für einen Moment scheint Cato ebenso zu denken. Seine Hand streichelt den Griff des Kurzschwertes, das in den letzten Tagen sein bester Freund geworden ist, dann heftet sich sein Blick so fest auf Cloves Lippen, dass es ihr Blut zum Kochen bringt. Wer sagt eigentlich, dass sie nicht auch in der Arena ihre Lebendigkeit hinausschreien darf – ohne zu morden?

Catos Haar ist zu kurz, um die Finger vernünftig darin zu vergraben, doch die Fingernägel in seinen Nacken zu drücken, verschafft Clove einen genugtuenden Blick auf seine verschleierten Augen. Er beugt sich zu ihr herab und küsst sie, wie er es bisher nur hinter verschlossenen Türen gewagt hat.

Clove stöhnt leise auf, als er sich wieder fortzieht. In ihrem Blut lodert Feuer, zwischen ihren Schenkeln pocht es – und sie hat keine Lust, so zurückzubleiben, Arena hin oder her. Wer weiß, ob es nicht das letzte Mal – mit ihm – ist?

Doch Cato bemerkt nichts von ihrem inneren Kampf. Er lässt sich neben ihr auf den Rücken fallen, streckt die Füße ebenfalls ins Wasser und alles, was sich nun berührt, sind ihre Zehen und Schultern.

Enttäuscht nimmt Clove ihr Messer wieder auf und wirft es hoch; höher, ehe sie es zwischen zwei Fingern aus der Luft pflückt und von vorne. Das künstliche Licht des Arenamondes schimmert auf der sauberen Klinge. So unschuldig, dabei hat die Waffe bereits das Leben zweier Tribute ausgelöscht. Wenn sie wenigstens wüsste, aus welchem Distrikt sie kamen. Während des Blutbades ging alles so schnell und schon am Abend erkannte sie ihre Gesichter bei der Hymne nicht wieder. All ihre Opfer sind namenlos, wehrlos. Langweilig.

Clove kann nicht anders, die Enttäuschung gärt. Sie hat sich die Hungerspiele glamouröser vorgestellt. Aufregender. Atemlose Action, anstatt Stunden des Nichtstuns. Spurensuche ist nicht ihr Ding, war es nie. Obwohl außer ihr 23 weitere Tribute in der Arena sind, kommt es ihr bisweilen so vor, dass es nur sie und die Karrieros gibt. Früher hat sie davon geträumt, einen neuen Tötungsrekord aufzustellen. Jetzt wäre sie schon froh, überhaupt unter die Top-Zehn zu gelangen.

Sie dreht den Kopf zur Seite. »Überlässt du Marvel mir?«

»Und was bleibt für mich?«

»Der aus Elf.«

»Hm.« Cato sieht nachdenklich aus. »Der ist groß, aber hat er’s auch drauf?«

»Er ist der Einzige, der außer uns einen beim Blutbad erwischt hat, ich hab’s gesehen. Auch wenn Glimmer den Tod für sich beansprucht hat. Er wird’s dir schon nicht zu einfach machen. Und Zwölf knöpfen wir uns gemeinsam vor. Beide.«

»Hast du dir schon einen schönen Plan für sie zurechtgelegt?«

Gedankenverloren tänzeln Cloves Fingerspitzen über Catos Brust, wie sie es bei Glimmer gesehen hat, die sich nach ihrer Konfrontation im Trainingscenter genauso schamlos an Cato herangemacht hat, wie Clove selber. Nur, dass sie tot ist und es Cloves finaler Sieg ist, die Hand unter seinen Hosenbund zu schieben.

»Einen? Eher drei!« Sie kichert und schiebt sich in seine Unterhose vor. »Aber ich lasse mich von den Spielmachern überraschen, welche Möglichkeiten sie uns noch bieten werden.«

Catos Atem stockt, seine Hand am Schwertgriff zuckt. Ihre Finger haben sein Glied gefunden und streichen langsam darüber. Er hebt die Augenbrauen. »Du weißt, dass das eine schlechte Idee ist?«

Sie lehnt sich vor, sodass ihre Lippen sein Ohr streifen. »Was genau?«

»Wir müssen immer wachsam bleiben«, zitiert Cato laut und deutlich ihren Mentor. Dass es ihm gerade schwerfällt, ihre Berührung zu ignorieren, braucht er nicht hinzufügen, das sieht sie in seinen Augen.

»Oh, du kannst ja aufpassen, dass sich keine bösen, bösen Tribute oder Mutationen anschleichen. Da vertraue ich dir.« Und ihre Lust ist größer als die Vernunft, schon wieder.

Ruckzuck kniet sie über seinen Beinen und hat den Reißverschluss seiner Hose geöffnet, die beiden Schichten Stoff zurückgeschoben. Catos Erregung spricht für sich. Anstatt etwas zu sagen, schließt er die Finger fester um den Griff seines Schwertes und lässt sie gewähren.

Clove fährt mit der Zungenspitze über seine Erektion. Prompt entflieht ihm ein Keuchen, das sie weiter antreibt. Während sie den Mund vollständig um sein Glied schließt, blinzelt sie immer wieder zu ihm hinauf. Tatsächlich hält er die Augen aufgerissen, den Blick über ihren Kopf hinweg auf das Dunkel um sie gerichtet. Nur ein, zwei Mal flackert seine Aufmerksamkeit zu ihr und er stöhnt ihren Namen, die freie Hand auf ihr Haar gelegt.

Das Leben in Clove schäumt und zum ersten Mal seit fünf Tagen vergisst sie, wo sie ist. Sie vergisst den See samt potentiellen Gefahren in den Tiefen, die wogenden Getreidefelder, in denen der Kerl aus Elf sich versteckt hält; den Wald voller großer und kleiner Opfer. Sogar die Kameras und das Publikum, dem diese Show letztlich gilt, vergisst sie.

So glücklich ist sie zuletzt gewesen, als das Messer die Kehle ihres zweiten Opfers durchtrennte. Als das Rot über ihre Hände tropfte und der Junge ihr sein Leben in dicken roten Pfützen vor die Füße hustete. Genau wie beim Blutbad fährt ein sachter Wind durch die Arena, der mit ihren Haaren spielt, und es ist still, bis auf leises Keuchen. Nur dass es dieses Mal von Cato kommt, der sie voller Bewunderung betrachtet, anstelle mit der Angst ihrer Opfer.

Sie verharrt auf seinen Schenkeln, berauscht von den Gefühlen, den Erinnerungen. Dieses Mal leckt sie sich kein Rot von den Fingern, doch das Machtgefühl ist das Gleiche wie beim Blutbad. Obwohl der Staub der Arena sie bedeckt, fühlt sie sich ein Stück weit wieder wie die Göttin, zu der das Kapitol sie gemacht hat.

Grinsend erhebt sie sich von Cato und wäscht ihre Hände in dem See zu ihren Füßen. Sein Schweigen deutet sie nicht als schlechtes Zeichen. Er ist nie ein sonderlich gesprächiger Mensch gewesen, weder hier noch daheim. Meist beschränken sich ihre Unterhaltungen auf die gewöhnlichen kleinen Alltagsthemen, den Akademietratsch oder die illegale Beschaffung von Schokolade, die man nur auf dem Schwarzmarkt bekommt, wenn man kein Regierungsbeamter ist.

Daran denkt Clove gerne zurück und in der Zeit, bis Marvel unverrichteter Dinge zurückkehrt, spricht sie mit Cato nur über Geschehnisse, die der Arena nicht ferner sein könnten. Für heute ist sie von Befriedigung erfüllt.

Marvel ist bei seiner Rückkehr keinen Tod reicher und doch ein paar Netze sowie Seile ärmer. Er hält viel auf seine Fallen. Ein Glaube, in dem Cato und Clove ihn gerne lassen. Sie haben lange genug mit Brutus geübt, um die verräterischen Anzeichen seiner Taktik zu erkennen. Damit kann er vielleicht ein paar Kinder reinlegen, aber nicht sie.

Doch die nächsten zwei Tage passiert rein gar nichts. Niemand stirbt, niemand läuft ihnen über den Weg und die Unruhe schleicht sich in Cloves Brust zurück. Der Nervenkitzel in Form von Cato ist eine stete Verlockung, kurz davor, sie mit Haut und Haaren zu verschlingen.

Sie darf es nicht übertreiben, ermahnt sie sich selbst. Immerhin ist sie hier, um zu überleben – dafür braucht es einen klaren Kopf. Je zäher die Stunden vergehen, desto größer wird die Chance, dass die Spielmacher eine neue Falle zum Leben erwecken. Das Feuer war erst ein Vorgeschmack dessen, wozu sie fähig sind, und selbst die Wunden dieses Spiels haben sich tief in Cloves Arme und Beine gefressen.

Nicht durch Cato, sondern an Cato zu sterben, wäre die größte Schmach.

 

Am achten Tag begegnen sie endlich jemandem. Zehn, wie Marvel ohne Zögern feststellt. Offenbar gehören ihm die Spuren, die der Einser schon seit Tagen verfolgt. Der Junge hat eine kleine Machete, die er wehrhaft erhebt, sobald er sie erblickt. Er hockt an einem Wasserlauf und seine Aluflasche schwimmt an Clove vorbei, als sie in das seichte Flussbett springt, ein Messer im Anschlag.

Die Klinge bohrt sich in seinen Fuß, sodass ihr Opfer nur noch vorwärtsstolpern kann. Grinsend zieht sie ein weiteres Wurfmesser aus dem Ledergurt an ihrer Hüfte. Doch Marvel scheint ebenso versessen zu sein. Sein Speer zischt an ihrem Ohr vorbei – verfehlt den Tribut nur, weil er den Halt auf einem Stein verliert und zu Boden rutscht.

Marvel zieht sein Schwert. Mit einem Knurren rennt er vorwärts, ohne Clove zu beachten, die wütend ihr zweites Messer wirft. Die Machete des Zehners klappert auf den Stein. Keine Sekunde später entweicht die Luft seinen Lungen. Rot glänzend tritt der Schwertstahl eine Handbreit neben seinem Rückenmark aus. Eigentlich ist es nicht einmal schade, dass es so schnell ging. Der Junge hätte ihnen eh nicht die Stirn bieten können. Zu klein, zu schmächtig.

Clove beobachtet an Catos Seite, wie Marvel noch weitere Male das Schwert im Oberkörper des Tributs versenkt, obgleich seine Kanone längst gedonnert hat. Zumindest färbt so eine stattliche Menge Rot den Fluss neu ein, wenn Clove schon nicht ihren Spaß haben darf. Die Farbe des Lebens malt ihr hübsches Bild in die Arena, ein schwacher Trost für alle entgangenen Chancen.

Wieder einer weniger. Der Gedanke trägt Clove bis zum späten Nachmittag. Bis zu dem Moment, da ihre ruhige Welt in Asche und Flammen niedergeht.

Ihr Lager – zersprengt. Die Minen – allesamt entzündet. Die Rauchsäule ihrer verbrannten Vorräte – weithin sichtbar. Nicht einmal der Tod des Trottels aus Drei, dem Cato ohne Show das Genick bricht, stellt ihre Befriedigung wieder her. Man hat ihr Glück geraubt.

Der Ort, der Clove in den letzten Tagen so etwas wie ein Zuhause geworden ist – fort. Das Gewissen, immer hierher zurückkehren zu können, in den Schutz von Minen, Medikamenten und Nahrung – weggewischt. Von einer Kettenreaktion. Von wem?

Sie streitet, schreit, irrt in Begleitung der anderen durch den Wald. Immer wieder platzt Marvel der Kragen. Er flucht, wedelt mit dem Speer und tut doch nichts. Aber Cloves Hand juckt. Wenn Cato nicht wäre – Marvel hätte all ihre Messer im Rücken stecken. Das große Geschwungene, das kleine Gezackte, die drei Wurfmesser. Ihr Lieblingsmesser mit dem anschmiegsamen Holzgriff.

Es ist ein Wunder, dass ihr Bündnis erst am zweiten Tag nach Stunde null aufbricht. Wie ein Feigling schleicht Marvel davon und lässt Clove voller Wut zurück. Sie hätte ihn töten müssen. Immer wieder kreist der Gedanke durch ihren Kopf. Sie sieht nicht, wohin Cato mit ihr läuft, begreift Bäume und Büsche zu ihren Seiten nur schemenhaft. Marvel hätte durch ihre Hand sterben müssen.

Vergönnt ist ihr die Rache nicht – die Arena kommt ihr zuvor und nimmt Marvel, genauso wie das Mädchen aus Elf. Zwei weniger. Cato sagt genau das zu ihr, drückt sie an sich und küsst sie. Als würde das ihren Ärger lindern. Aber Clove nickt, schenkt der nächstgelegenen Kamera ein grimmiges Lächeln. Ohne etwas zu fühlen. Ist Marvel denn wirklich tot, wenn sein Blut nicht über ihre Hände gelaufen ist? Kann sie sicher sein, dass sein Ende verdient war?

Sie hat Marvel überlebt, nur fühlt es sich kein Stück so berauschend an, wie erhofft. Nach Glimmer dachte sie noch, es würde zu einem Kampf kommen, der einer Siegerin würdig ist. Doch jetzt sind es bloß Cato und sie. Was ist ihr Überleben überhaupt wert, wo sie kaum etwas dafür geleistet hat?

»Als nächstes will ich Zwölf«, verkündet sie Cato ohne Umschweife, während sie ihr Nachtlager aufschlagen – weit weg von den zerstörten Vorräten und Sicherheit. »Loverboy soll leiden, genauso wie seine Liebste.«

Er zuckt nur mit den Schultern. »Von mir aus kannst du sie alle haben. Hauptsache, wir überleben.«

Wir. Nicht ich. Im Trainingscenter hat er noch von sich gesprochen. Wann ist daraus ein wir geworden, vor oder nach Marvels Tod?

Clove beobachtet Cato, wie er ein dürres Kaninchen über dem Feuer brät. Ist er sich dessen bewusst, was er gesagt hat? Wir. Das Wort lässt sie nicht los, gleich wie klein oder dahergesagt. Schließlich ist das hier Panem und sie wissen beide – die Hungerspiele kann nur einer gewinnen.

Sie sind noch zu sechst. Sechs Tribute. Fünf andere, die es zu überleben gilt. Fast in greifbarer Reichweite ist das Feuerwerk des Sieges. Und dann wird Cato nicht mehr leben.

Nein, diese Gedanken kann Clove sich nicht leisten. Es bedeutet ihr nichts. Kann ihr nichts bedeuten. Darf ihr nichts bedeuten.

Tags darauf kommt die Regeländerung.



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