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Unverhofft kommt oft

Dean x Sam
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine lieben Leser :-)

Diese Geschichte ist für die liebe Meliibelii die mir beim [Wichteln] Alternative Universen 3 zugeteilt wurde! Mein dort auserwähltes AU war Krankenhaus.
Ich hatte zwei Ideen zur Geschichte, aber Dean als Arzt in einem Kittel war zu anziehend, um es nicht umzusetzen x3
Sam und Dean als Pairing ist für mich immer noch echt schwierig zu schreiben, aber ich hoffe es ist mir gut gelungen! Sie sind in der Geschichte keine Brüder, weil das für mich doch etwas einfacher war!

Ein großer Dank geht an dieser Stelle an Dokati, welche als Beta an meiner Seite stand und damit eine große Hilfe dafür war, dass diese Geschichte so geworden ist, wie sie jetzt ist :)

Viel Spaß beim Lesen, über Feedback freue ich mich immer! Komplett anzeigen

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Teil 1

Sam Campbell wusste, dass er wirklich froh darüber sein konnte im Benjamin-Rush-Hospital angestellt worden zu sein. Er war ein junger Arzt ohne wirkliche Erfahrung. Natürlich gab es während seines Studiums auch die praktischen Zeiten, in denen er an der Seite von Ärzten agieren durfte. Meistens war er der Springer, der da zu sein hatte, wenn jemand anderes krank war oder dergleichen. Sam hatte keine großen Probleme damit gehabt. Man hatte nur sehr deutlich zu spüren bekommen, dass man von allen Seiten ausgenutzt wurde. Es wurde nicht gerade darauf geachtet, dass man ein paar Stunden Schlaf bekam.

 

Seitdem er nun ein echter Arzt war, verhielt es sich etwas anders.

 

Nicht, dass es viel besser wurde. Er hatte mehr Verantwortung. Er musste noch mehr arbeiten. Er wurde nicht mehr auf Fehler hingewiesen, sondern musste größtenteils auf Fehler hinweisen. Er war kaum eine Woche da, hatte sich einarbeiten lassen, da musste er für jüngere Ärzte Verantwortung übernehmen.

Sam kam damit klar. Er hatte von klein auf immer viel Verantwortung für andere und sich selbst übernommen. Es war jetzt nur etwas Ernster. Sam mochte es, anderen etwas beizubringen, ihnen dabei zu helfen, sich zu verbessern. Und natürlich badete er Fehler aus, indem er Ruhe behielt und nach Lösungen suchte.

Er war einer der Besten seines Jahrgangs gewesen. Er hatte immer großartige Noten geschrieben und das war auch im Studium so geblieben. Daher war es ganz einfach gewesen, sich unter den Krankenhäusern, bei denen er sich beworben hatte, auszusuchen, wo er arbeiten wollte. Natürlich hatte er jenes mit der besseren Geschichte gewählt, sowie eines, wo das Kollegium zueinanderhielt und eben auch der Umgang miteinander besser war.

Sam hatte es lange gemieden, sich auf ein Gebiet zu spezialisieren, auch wenn er verstand, das dies wichtig war. Oft wurde man auch einfach dort eingesetzt, wo es an Personal mangelte. Ärzte waren echte Allrounder, wenn man es so sah.

Schlussendlich hatte sich Sam zur Spezialisierung im Gebiet Radiologie entschieden. Damit hatte er in seinen praktischen Jahr schon Erfahrungen gesammelt, meistens beim Röntgen und dem Erkennen von Erkrankungen, Brüchen oder dergleichen. In diesem Bereich bekam man es häufig mit Kindern zu tun, – denn diese brachen sich ständig irgendwas. Es konnte auch auf eine dramatische Weise enden – Krebserkrankungen.

Um sich wirklich als Spezialist zu bezeichnen, würde es wirklich noch viele Jahre Arbeit brauchen. Doch selbst wenn er zum Facharzt werden wollte, brauchte er mehr als das, was er bisher gelernt hatte. Sam wollte Erfahrungen sammeln, – also hatte er sich für einen anderen Weg entschieden, als den der direkten Weiterbildung. Mit dem Krankenhauschef war er übereingekommen, dass er mindestens ein Jahr auf der Kinderradiologie oder der Neuroradiologie verbringen würde. Er wechselte dazwischen Hin und Her und bekam immer mehr von dem mit, was interessant und wichtig dafür war.

 

Es war nichts Neues, dass das Personal sich veränderte. Pflegekräfte kamen und gingen, genauso wie Ärzte aus allen Gebieten. Manchmal kamen sie mit dem Stress nicht mehr klar, oder es gab andere Gründe. Sam verstand das alles, vermutlich würde auch er mal an dieser Stelle sein.

Als Dr. med. Chuck Shurley ankündigte, dass er aufhören würde... Nun, es war eine Überraschung für Sam. Der kleine Stationsarzt war eine angenehme und ruhige Persönlichkeit, der immer eine Unterstützung war. Aber manchmal fehlte es ihm am nötigen Selbstbewusstsein und er war nicht gerade gut in Krisensituationen. Vermutlich war es also nicht schlecht, dass er aufhörte? Chuck sprach davon, dass er sich ganz und gar dem Schreiben widmen wollte, sowie einer Weltreise. Dann hatte er sich einen hässlichen Hut auf den Kopf gesetzt und war gegangen.

Keiner wusste wer sein Nachfolger werden würde. Sam vermutete einer der alteingesessenen Doktoren und davon gab es viele. Die meisten würden vermutlich alles für den Posten machen. Man hatte noch mehr zu tun, aber… Man bekam mehr Gehalt, hatte das Sagen und… Ja, Letzteres gefiel einigen hier.

Sam bekam eine Gänsehaut, wenn er darüber nachdachte, dass Zachariah sein Chef werden würde, – er fand den Mann mehr als unangenehm und konnte alle Eltern verstehen, die nicht wollten, dass der Mann ihren Kindern Bonbons gab.

Sam wusste, dass es schlimmere Stationen gab. Dr. med. Lucifer Morgenstern von der Kardiologie beispielsweise... Der lebte den Gott-Modus voll aus!

 

Vermutlich waren alle überrascht, als der neue Leiter der Kinderradiologie vorgestellt wurde.

 

„Liebes Kollegium, – ich stelle Ihnen Ihren neuen Leiter vor, Dr. med. Dean Winchester“, Krankenhaus-Chefin Amara Tenebris, eine mindestens genauso furchteinflößende Persönlichkeit wie Lucifer Morgenstern, wenn man Sam fragte. „Ich habe ihn persönlich schon mit seinen Aufgaben vertraut gemacht und gehe davon aus, dass Sie alle unterstützend an seiner Seite arbeiten werden. Wenn es irgendwelche Probleme gibt, dann melden Sie sich gerne bei mir, – was ich damit sagen will, tun sie es nicht! Sie sind alle erwachsenen Personen und ich vertraue darauf, dass Sie dazu in der Lage sein werden, miteinander umzugehen! Einen schönen Tag noch!“

 

Sam runzelte die Stirn als er bemerkte, wie Amara dem neuen Arzt am Arm fasste und viel zu dicht bei ihm stand und etwas, abseits vom Gehör aller anderen, zu ihm sagte. Er nahm sich den Moment Zeit, um seinen neuen Vorgesetzten zu betrachten. Kleiner als Sam, – was nicht schwer war... - breite Schultern, strahlende Zähne die man sah, wenn er Amara angrinste, leuchtende, grüne Augen, ein markantes Gesicht.

Er war unglaublich gutaussehend.

 

„Wow“, pfiff es neben ihm und er sah direkt in die leuchtenden braunen Augen von Lisa Braden, einer Assistentin, die ein gutes Händchen mit Kindern hatte. „Er ist... wirklich attraktiv, – und er wirkt freundlich. Was meinst du, Sam?“

 

Sam betrachtete den Mann noch mal. Amara war mittlerweile gegangen und ihr neuer Chef stellte sich ein paar ihrer Kollegen nun persönlich vor. „Er macht einen... guten ersten Eindruck“, antwortete er schließlich.

 

 

~

 

 

Der erste Eindruck war auch nicht direkt falsch.

 

Dean Winchester war ein großartiger Arzt und auch kein riesiges Arschloch. Er war aber auch... Anders, als viele Ärzte hier. Dean war 32 Jahre alt – was doch sehr jung dafür war, dass er eine Station leitete. Doch er erzählte gerne von all seinen Erfahrungen, die er überall in Amerika gemacht hatte. Wenn er mit ihnen redete, dann hielt er häufig eine Tasse Kaffee in der Hand, saß auf dem Tisch ihres Pausenraumes und war die gute Laune in Person.

Er trug meistens ein Grinsen im Gesicht, lachte über ein paar Kleinigkeiten und war ein Meister in schlechten Flirts. Nichts was das Kollegium störte, vermutlich weil ihr Vorgesetzter darüber Bescheid wusste und man ziemlich offen und ehrlich mit ihm reden konnte. Sam war davon noch etwas abgeschreckt, er kannte solche Ärzte wirklich nicht.

Es gab auch Tage, an denen Dean das komplette Gegenteil war. Dann grummelte er in seinen Kaffee hinein und verbrachte den Tag in seinem Büro, vermutlich mit zu viel Papierkram.

 

Es vergingen einige Wochen und ihr Team war wieder so eingespielt wie vorher auch.

 

Es war kein spezieller Tag.

 

Aber es war ein Tag, an dem Sam vor der Tür seines Chefs stand und anklopfen musste, weil er das Gespräch suchen musste. Im Namen des Kollegiums.

 

Die tiefe Stimme von Dr. med. Winchester drang dumpf zu ihm durch. Sam war nicht oft im Büro von Chuck gewesen, aber er erkannte eine deutliche Veränderung. Vielleicht war es auch nur für den Moment. Dean hatte die Vorhänge aufgezogen und eine Lampe eingeschaltet, es war bereits finster draußen. Sam war für seine Nachtschicht gekommen und sein Vorgesetzter... Wer wusste schon, wie lange er da war und bleiben würde?

Die Lampe spendete nicht viel Licht, aber auffälliger war die Unordnung hier. Der Papierkorb war überfüllt, überall lagen Bücher geöffnet herum oder Unterlagen, die vermutlich bearbeitet werden mussten. Der Kittel hing über dem Sessel, es gab eine Reisetasche, in welcher vermutlich frische oder gebrauchte Kleidung enthalten war. Es war fast normal, dass Stationsärzte viel zu lange hierblieben und im Notfall auf dem Sessel oder dem Sofa schliefen, bis man sie wieder brauchte.

 

„Campbell richtig?“, drang Deans Stimme zu ihm durch. Er saß auf dem großen, gepolsterten Bürostuhl. Die Beine überschlagen und auf dem massiven Holztisch abgestellt, auf dem Schoß lag ein Pappteller, von Fett durchtränkt. Ein deutlicher Geruch lag in der Luft und Sam rümpfte etwas die Nase.

 

„Ja, genau“, antwortete Sam zügig und trat mehr ins Büro, direkt vor den Tisch. Dean wirkte etwas geschafft, müde. So sah man ihn selten. Meistens wirkte er immer frisch und fit, was ohnehin überraschend war. Nun, irgendwann holte einen der Stress immer ein und jetzt war wohl der Moment für Dean gekommen. „Ich müsste mit Ihnen reden, Dr. Winchester.“

 

„Zieh den Stock aus deinem Arsch“, Dean verdrehte die Augen überdeutlich. „Ich bin Dean. Was ist los?“ Dann biss er in einen gigantischen Burger und legte den Kopf mit einem genießenden Stöhnen in den Nacken.

 

Sam versuchte die Gänsehaut im Nacken zu ignorieren, die er allein davon bekam. „Sie sollten doch auf so ein Zeug verzichten, oder? Als Arzt müssten Sie es besser wissen.“

 

„Bist du meine Mutter, Campbell?“, es klang etwas grantig, aber nicht direkt zornig. Sam hatte gelernt, die Stimmenlagen bei Dean zu unterscheiden. „Was willst du? Bin ich dir irgendwann auf den Kittel getreten?“

 

Sam versuchte das idiotische Grinsen zu ignorieren, aber es war echt schwer. Deans Grinsen war auf mehrere Weisen anziehend. Er leckte sich über die Lippen, um das Schmunzeln zu verhindern. „Es geht nicht direkt um mich... Dean. Ich bin im Namen des Kollegiums da.“

 

„Oh wow, du kommst jetzt aber nicht mit sexueller Belästigung um die Ecke, oder? Denn… Der Großteil geht mir mehr an den Arsch, als ich es je könnte.“

 

Sam öffnete den Mund, schloss ihn aber nachdenklich direkt wieder. Sein Vorgesetzter hatte damit zumindest recht. Er hatte nie zuvor gesehen, dass Pamela einem Mann so direkt an den Arsch fasste, – dabei war sie allgemein nicht sehr zurückhaltend. „Nein, das ist es nicht“, meinte er also direkt. „Es geht um Ihren Umgang mit den Patienten.“

 

Dean hob eine Augenbraue an: „Mein Umgang mit den Patienten?“

 

„Einige meiner Kollegen empfinden ihn als sehr... Unangebracht.“

 

Sam sah die pure Irritation im Gesicht seines Vorgesetzten, welcher seinen Burger aber mittlerweile auf den Teller abgelegt und auf den Tisch gestellt hatte. Er schob seine Beine vom Tisch und richtete sich auf, strich sein Karohemd glatt und befreite es von Krümeln. Sam wusste, warum er hier war, als der vernichtende Blick ihn traf. Niemand wollte auf der schlechten Seite von Dean Winchester stehen, –auch wenn es da nur darum ging, dass alle auf ihn standen und es liebten, mit ihm zu flirten. Dean flirtete ja auch zurück.

 

„Erzähl mir mehr von meinem... unangebrachten Umgang mit Patienten“, Dean wirkte tatsächlich bedrohlich, als er die Arme vor der Brust verschränkte und sich gegen seinen Schreibtisch lehnte.

 

Nun, er hatte bereits vorher gewusst, dass diese Situation nicht sehr angenehm werden würde.

 

„Sie sind zumeist... Wirklich sehr direkt“, erwiderte Sam so sachlich wie möglich. „Es erschwert das Vertrauen unserer Patienten in unsere Fähigkeiten, wenn-“.

 

„Zum Teufel noch mal, hör auf um den heißen Brei herum zu reden und sprich aus, was das Problem ist“, grunzte Dean genervt.

 

Sam leckte sich über die Lippen, bevor er nickte: „Sie sind oft sehr unhöflich und sprechen mit Krebspatienten so direkt über den Tod und allen Folgen. Es klingt so schrecklich, dass die meisten Patienten nicht mehr mit uns sprechen wollen und alle Behandlungen zum Teufel jagen. Kinder und ihre Eltern weinen sich die Augen aus wegen der Diagnosen, die wir teilweise mitteilen müssen und da hilft es nicht, wenn Sie sich benehmen wie ein unsensibler Klotz.“

Für einen Moment herrschte eiskalte Stille und Sam fragte sich, ob er eventuell doch zu weit gegangen war. Doch dann gab es ein kurzes, verächtliches Auflachen vonseiten des Stationsarztes.

„Es tut mir leid, ich hätte-“.

 

„Oh, halt die Klappe, Campbell“, brummte Dean und setzte sich wieder in seinen Stuhl zurück. „Danke für die Kritik von Ihren Kollegen und Ihnen selbst, aber ich werde nichts daran verändern.“

 

„Dean-“

 

„Ich werde niemanden anlügen“, erwiderte Dean harsch, griff wieder nach seinem Burger. „Krebs ist scheiße, die Folgen von Krebs sind noch beschissener und was auch immer es für Heilungsmöglichkeiten gibt, sie sind ebenfalls kompletter Scheiß.“

 

Sam hatte nie jemanden innerhalb des Krankenhauses so oft etwas mit Scheiße sagen hören.

 

„Für euch mag es vielleicht herzlos wirken, aber ich bin mir sicher, dass es allen eher weiterhilft, wenn man ihnen die Wahrheit sagt, statt zu lügen oder Dinge auszulassen und für später aufzuheben. Es ist ein komplett normaler Prozess, dass sie mal mit niemanden sprechen wollen, – auch wenn es wir Ärzte sind oder gerade weil wir es sind“, machte Dean seinen Standpunkt klar. „Jetzt sei so gut und hau ab, ich möchte versuchen, meinen Burger zu genießen!“

 

Sam könnte widersprechen, aber er glaubte das er sich heute ausreichend unbeliebt gemacht hatte. Also unterdrückte er diesen Drang danach und murmelte einen leisen Abschied, bevor er das Zimmer verließ.

Als er seinen Kollegen davon erzählte, wagte es keiner sich groß zu beschweren. Sam bemerkte, dass es scheinbar Dinge gab, die niemand über Dean Winchester wusste, obwohl dieser bei jeder seiner Schichten mehr redete, als andere hier.

Eventuell war Sam auch lange genug in der Beobachterrolle gewesen – vielleicht sollte er jetzt offensiv versuchen, mehr von Dean zu erfahren.

 

 

~

 

 

Es war einfach zu erkennen, dass Dean Winchester kein Mann von großen Anforderungen war. Er liebte seine Burger und allgemein alles, was Fast Food war. Er flirtete wirklich mit jedem und er war niemand, der tiefgründige Gespräche über sich selbst führte. Es war also schwierig, mehr über Dean zu erfahren, als dieser Preis geben wollte. Dean erzählte gerne von all den Geschichten, die er gemacht hatte und sprach über lustige Erfahrungen in seiner Vergangenheit. Er redete gerne über seine Eltern Bobby und Ellen, sowie seiner Stiefschwester Jo, die er gerne aufzog. Trotzdem konnte Sam ihn nicht ganz... Erfassen.

 

Der Tag war bereits wieder viel zu lange gewesen. Er hatte zwar eine mehrstündige Pause zwischen seinen Schichten gehabt, gefühlt war er aber den ganzen Tag im Krankenhaus gewesen. Dagegen war Dean vermutlich wirklich den ganzen Tag dageblieben. Sam trat zur Nachtschicht an, durchstreifte den Gang, als er sein Zeug abgelegt hatte und hörte eine leise Kinderstimme.

Die Nachtruhe kam langsam in Gang, die meisten Kinder schon bettfertig, manche schliefen sogar schon. Nicht alle waren wegen der Albtraum-Nachricht Krebs da, manche mussten zur Beobachtung bleiben. Gebrochene Rippen, Beine, Arme... Es kam auf die Schwere an und wie gut sich die Eltern kümmern konnten. Für Sam war jeder willkommen, aber die meisten Kinder waren natürlich nicht gerne hier.

Es gab also auch immer Probleme für die Nachtruhe – jemand wollte nicht schlafen, ein anderer vermisste seine Eltern zu sehr, um einzuschlafen…

 

Sam schaute in das Zimmer, dessen Tür ein Stück weit geöffnet war. Es war schon deutlich verdunkelt, aber die Kinder waren noch wach. Sie lagen hier zu dritt und es war ein kleines Spiele-Paradies.

 

„Könnt ihr euch jetzt endlich mal hinlegen?“, hörte er Matthew murren. Der Teenager war fast schon zu alt für die Station, aber er würde auch nur für das Wochenende hier sein. Er war bei der Suche nach Insekten mit dem Knöchel in ein Loch stecken geblieben, hatte ihn sich genauso verstaucht wie sein Handgelenk. Natürlich war er sehr unzufrieden.

 

„Du bist so eine Spaßbremse, Matt!“, beschwerte sich Will direkt, der mit gebrochenen Rippen im Bett liegen musste und bei dem es immer noch den Streit mit den Eltern gab, weil niemand sagen konnte, wie das passiert war.

 

„Hey, – so etwas sagt man nicht, Will!“, tadelte die wesentlich tiefere Stimme von Dean den Jungen. „Wir alle wissen das Matthew eine Spaßbremse ist, aber keiner spricht es aus, Höflichkeit und so.“

 

Sam konnte Kichern hören, sowie ein empörtes Schnauben, – vermutlich von Matthew.

 

„Also Lucas – was ist das Problem?“

 

Er sollte nicht lauschen, aber er bekam so selten mit, wie Dean direkt im Kontakt mit den Kindern war und das war... durchaus ein süßer Anblick. Lucas Barr war ein sehr stiller Junge. Er kommunizierte meistens mit Zeichnungen und leisem Flüstern, er sprach mit kaum jemanden. Zumindest bei ihm lag es allerdings nicht an Deans Ruppigkeit, sondern eher daran, dass er zugesehen hatte wie sein Vater ertrunken war. Sein gebrochener Arm hinderte ihn ein wenig am Zeichnen.

 

„Das ist ein wirklich großartiges Bild“, hörte er Dean reden. „Das ist für mich? Vielen Dank, ich werde es in Ehren halten und in mein Büro hängen, – versprochen! Wie geht es dir? Wie war dein Tag heute?“

 

Sam konnte nicht hören, ob Lucas sprach. Er vermutete jedoch nicht.

 

„Oh! Dr. Campbell ist auch da!“

 

Er kippte fast aus seinen Schuhen, als er so direkt angesprochen wurde – mehr oder weniger. Plötzlich fühlte Sam sich angestarrt, von allen Seiten. Mit einem schwankenden Lächeln trat er mehr in den Raum. Dean saß bei Lucas auf dem Bett. Der Junge verkroch sich halb in seine Decke, wirkte aber nicht verschreckt.

 

„Ihr solltet doch eigentlich schon schlafen, oder?“

 

„An mir scheitert es nicht!“, verkündete Matthew, deutlich schmollend.

 

„Oh, halt die Klappe Matti!“, gluckste Dean, – was wirklich kein Umgang mit Kindern war! „Geh dich ruhig mit den Schwestern austauschen, ich kümmere mich um die Jungs!“

 

Sam nickte leicht, um sich wirklich zurückzuziehen. Dennoch fiel ihm auf, wie Lucas zaghaft an Deans Kittel zog und tatsächlich bewegte sich sein Mund ein wenig. Was auch immer er aussprach, blieb für Sam ein Geheimnis, doch Dean grinste direkt breit über das gesamte Gesicht und suchte nach etwas.

Dann ging Sam weiter und suchte das Kollegium auf, welches ihn über alles informierte, was er wissen musste. Dean würde vermutlich da bleiben, aber er hatte anderes zu tun, als sich um die Probleme der Kinder nachts zu kümmern, oder um Notfälle die eintrudeln könnten.

 

Als er von der Besprechung zurückkam, war das Licht in allen Zimmern erloschen und die Kinder lagen zumindest ruhig im Bett. Er ging direkt in den Pausenraum, um dort Kaffee zu kochen, aber Dean kam ihm bereits zuvor.

 

„Ah Campbell“, sprach Dean ihn direkt an. „Bock auf Kaffee?“, er hob die halb volle Kanne in die Höhe.

 

Jetzt oder nie dachte sich Sam als er nickte. „Ja, – Lust auf Kuchen?“

 

Er konnte deutlich erkennen, wie sein Vorgesetzter in seiner Bewegung stockte eine neue Tasse hervorzuholen. Langsam drehte er sich zu ihm um und blickte auf das, was Sam in den Händen hielt.

 

„Du hast echt Kuchen dabei?“

 

„Es ist sogar Apfelkuchen“, lockte Sam mit seinem Angebot.

 

„Okay, – was willst du? Urlaub in den Sommerferien?“, Dean stellte die beiden Tassen Kaffee auf den Tisch ab, wie immer setzte er sich auf den Tisch, statt einen der Stühle zu benutzen.

 

Für Sam war der Anblick schon zu normal, als das er es irgendwie bewertete: „Nein, nichts dergleichen.“

 

„Als ob, du bringst mir Kuchen mit ohne was zu wollen?“

 

„Ich habe nur mitbekommen, dass Sie Kuchen mögen, ich dachte... Ich bringe mal welchen mit, wenn wir schon beide die Nachtschicht haben – oder gehen Sie?“

 

„Gehen? Ich lebe im Grunde schon hier“, schnaubte Dean und trank vom Kaffee ein paar Schlucke. „Und nur für das Protokoll – ich mag Kuchen nicht, ich liebe ihn!“

 

Sam schmunzelte, deutlich entspannter als vorher. Dann suchte er Teller und Gabeln raus und verteilte die Stücke – Dean bekam das Größere. Sam war kein Fan von süßem Zeug, aber mal ein Stück Kuchen war okay. Vielleicht würde er das häufiger machen, weil Dean wirklich sehr glücklich aussah. Außerdem war das Geräusch, welches er nach dem ersten Stück machte, mehr als... erregend. Sam atmete tief durch und starrte auf sein Stück runter, um nicht sehen zu müssen wie Dean sich die Lippen leckte und gleich noch mal ein Stück in seinen Mund schob.

 

„Sie... Können echt gut mit Kindern“, merkte Sam an, um ein Gespräch in Gang zu bringen.

 

„Ja, ich bin nicht immer ein herzloser Klotz.“

 

„Das war echt nicht so ge-“

 

„Oh Campbell – du darfst alles zu mir sagen, wenn du mir Kuchen bringst!“

 

„Sam. Also, wenn Sie wollen dürfen Sie mich Sam nennen“, meinte er langsam. „Immerhin duzen Sie mich sowieso schon.“

 

„Nun, du darfst mich auch duzen, da halte ich dich nicht von ab, Sammy“, grinste Dean ihn mit Streuseln im Gesicht an.

 

„Sam. Nicht Sammy.“

 

„Natürlich, Sammy!“

 

Das war ein riesengroßer Fehler!

 

„Darf ich fragen was Lucas von dir wollte? Ich sehe ihn selten mit jemanden sprechen“, fragte er neugierig nach, statt über seinen Namen nachzudenken – oder dem Spitznamen von Dean.

 

„Lucas und ich sind cool miteinander“, zuckte Dean mit den Schultern. „Er hat gefragt, ob ich seinen Gips unterschreibe, natürlich habe ich das gemacht. Er ist ein guter Junge.“

 

Sam nickte langsam. Er hatte das Gefühl, dass alle Kinder die zu ihnen kamen, gute Kinder waren. Sie hatten nie irgendwelchen Stress und wenn doch, dann lag es eher an der Familie und weniger an dem Kind selbst. Auch wenn natürlich niemand gerne im Krankenhaus lag.

 

„Keiner von uns wollte dich damit angreifen, was ich letztens gesagt habe.“ Auch wenn Dean dieses Thema stets abwinkte, fühlte er sich dazu genötigt es anzusprechen. „Ich verstehe deine Punkte, aber die meisten sind es vermutlich einfach nicht gewöhnt... Na ja, dass ein Arzt sich so anders benimmt, als der Großteil.“

 

„Du musst echt keine Gründe suchen, Sam. Ich verstehe, dass ich etwas rabiat wirke.“ Dann schob sich Dean wieder eine Gabel in den Mund, voll zufrieden damit. „Mein Vater hat seine Frau an Magenkrebs verloren und er selbst hatte eine Verletzung an der Wirbelsäule und konnte viele Monate nicht laufen. Zum Glück geht das wieder, aber seine Frau ... Na ja, sie ist tot. Er hat mir immer davon erzählt, dass Ärzte Quacksalber sind, die von nichts eine Ahnung haben. Die Wahrheit ist oft echt beschissen – aber ich denke das es für Patienten wichtig ist, sie zu hören.“

 

„Das kann ich nachvollziehen... Es tut mir leid für deine...“

 

„Sie war nicht meine Mutter, Sam. Sie war vor meiner Zeit“, Dean winkte das Thema offensichtlich ab. Er lehnte sich auf seine Hände zurück und leckte sich über die vermutlich süßen Lippen. „Auf jeden Fall bin ich Arzt wegen der ganzen Sache geworden, hatte echt Glück es zu schaffen – meine Schwester musste mir oft in den Arsch treten, weil ich ein echter Faulpelz war. Zum Glück hatte ich einen Kumpel der Schulserver hacken konnte.“

 

Sam wusste nicht, ob das ein Witz oder purer Ernst war – beides machte ihm ein wenig Angst. Auch wenn er mitbekommen hatte, dass Dean ein großartiger Arzt war und zu jedem Thema etwas zu sagen hatte. Selbst wenn er seine Noten vielleicht... Nicht alle ehrlich verdient hatte?

 

„Also, – da wir hier schon einmal sitzen und quatschen und ich außerdem keine große Lust darauf habe, mich um die Stapel Papiere zu kümmern, die es in meinem Büro gibt... Erzähl mir was über dich.“

 

Sam versuchte zu ignorieren, dass sein Chef dort gerade auf dem Tisch bei ihm saß und ihn aus halb geschlossenen Augen ansah. Dean war attraktiv. Gleichzeitig war er sein Vorgesetzter. Und ein verdammter Flirt auf zwei Beinen!

 

„Über mich? Es gibt nichts Spannendes. Ich wuchs bei meinen Eltern auf, hatte eine langweilige Kindheit und Jugend, ich habe immer alles für die besten Noten getan, ging nach Stanford, studierte Medizin...“, Sam zuckte die Schultern. „Durchschnittlich und langweilig, würde ich sagen.“

 

„Oh komm schon, irgendwann wirst du doch mal Scheiße gebaut haben?“

 

„Nein, nichts dergleichen. Ich meine, ich habe mal einen Straßenhund nach Hause gebracht, aber...“

 

„Das ist echt nicht was ich meinte. Du warst ein kleiner Spießer, was?“, Dean grinste breit, schelmisch. Wie ein großer Bruder. „Sag mir nicht, du bist auch noch Jungfrau.“

 

Sam verschluckte sich an seinem Kaffee: „Unsinn!“

Dean lachte ihn eiskalt aus! Sam wollte gerne noch etwas sagen, aber er war viel zu sehr davon gefesselt, wie wunderschön Dean war, wenn er so herzlich lachte, die Augen dabei schloss und den Kopf zurückfallen ließ.

„Schön, dass ich dich amüsiere.“

 

„Oh, oh ja, das tust du, Sammy!“, gluckste Dean und schob sich vom Tisch herunter. Anstatt zu gehen, füllte er seine Tasse wieder auf und stellte sie auf dem Tisch ab. Sam verspannte sich, als die großen, kräftigen Hände auf seinen Schultern landeten. „Ich habe schon lange nicht mehr so gelacht. Du hingegen, man, bist du angespannt!“

 

„Unser Beruf trägt nicht gerade zur Entspannung bei“, hüstelte Sam.

 

„Man sollte sich in jedem Beruf entspannen, – willst du wissen, wie ich mich entspanne?“

 

Sam sollte es nicht hinterfragen. Deans Unterton war reine Provokation und Sam bekam nur von der Stimme eine Gänsehaut. Außerdem war er sich sicher, dass nichts Gutes zur Antwort kommen würde. Trotzdem obsiegte seine Neugierde!

 

„Wie denn?“

 

„Nun, manchmal besorge ich mir Kuchen oder fettiges Essen“, man konnte das Grinsen aus Deans Stimme heraushören. „Aber wirkungsvoller ist es natürlich, wenn man jemanden zum Vögeln findet“, Sam schnappte vielleicht etwas nach Luft, weil er die Finger seines Vorgesetzten sehr deutlich durch seine Kleidung spürte. „Und wenn es ganz schlimm ist, dann hole ich mir einen runter. Das solltest du vielleicht auch mal machen.“

 

Danach griff Dean nach seiner Tasse Kaffee, zwinkerte ihm zu und verkroch sich in ein Büro, während Sam darüber nachdachte, ob der Mann gerade dort seine Anspannung loswürde.

 

So ein verdammter...



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