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Die Vertretung und die Folgen

Wenn Hündchen vor große Herausforderungen gestellt werden
von

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Unbekannter Anrufer

Sonntag, 18.09.
 

Joey hatte das Arbeitszimmer gerade wieder verlassen, als sein Handy klingelte. Ohne hinzuschauen, griff Kaiba es und nahm ab. „Ja, hier Kaiba.“ „Ich hatte eigentlich mit Mister Wheeler gerechnet. Das ist doch seine Privatnummer“, sagte eine Stimme am anderen Ende und irritiert schaute Kaiba kurz das Handy an. Tatsächlich war das nicht das Firmenhandy und wie er jetzt feststellte, war die Rufnummer unterdrückt worden.

„Und mit wem habe ich die Ehre? Damit ich ihm ausrichten kann, dass Sie angerufen haben.“ „Da Sie es waren, der ihn aus der Telefonzelle geholt hat, sollten Sie doch wissen, wer ich bin“, begann die Stimme vergnügt und Seto setzte sich automatisch aufrecht auf den Stuhl und drehte sich um, schaute durch die große Fensterfront nach draußen in den Garten, der die Villa umgab.

„Oder hat er es ihnen etwa verheimlicht? Dass er ein Ehrenmann ist, der die Schulden seines toten Vaters abarbeitet?“ „Was für Schulden?“, verlangte Seto zu wissen und fragte sich ernsthaft, in was für Probleme der Blondschopf da geraten war. Die Verletzungen, die er davongetragen hatte, waren alles andere als harmlos gewesen und von dem Telefonat mit Serenity wusste er auch, dass sein Vater kein unbeschriebenes Blatt war, aber das hier klang deutlich gefährlicher, als er gedacht hatte.

Die Stimme am anderen Ende lachte und Seto stellten sich die Nackenhaare auf. Er glaubte, das Handy würde gleich einfrieren, so kalt war das Lachen und Seto nahm sich vor, weitere Recherchen zu veranlassen, als der Mann weitersprach: „Was ist er nur für ein Freund, dass er Ihnen so wichtige Dinge verheimlicht?“

Seto schwieg. Auf so eine billige Ansage würde er gar nicht erst eingehen. „Nun denn. Joeys Vater hat sich bei uns Geld geliehen, um es für Alkohol und Wetten ausgeben zu können und mittlerweile liegt die Summe bei 350.000$ und da er vor ein paar Monaten verstorben ist, ist es nun an Ihrem Freund, uns diese Summe zurückzuzahlen. Ich wollte ihn lediglich daran erinnern, dass bald wieder die nächste Rate fällig ist. Also dann, ich wünsche noch einen angenehmen Sonntag.“

Der Mann am anderen Ende hatte aufgelegt, noch bevor Kaiba etwas hatte sagen können. Irritiert legte er das Handy wieder an seinen Platz und dachte nach. 350.000$ war nicht wenig und wenn der Vater wirklich alles in Alkohol und Wetten investiert hatte, tat ihm Joey doch mehr leid, als er gedacht hatte.

Geprügelt hatte er ihn allem Anschein auch und so begann sich der Brünette zu fragen, wie die Kindheit von Joey eigentlich ausgesehen hatte. Das Bild, was er hatte, war ähnlich düster wie das seiner eigenen Kindheit. Wenn das wirklich so stimmte, was er sich da zusammengereimt hatte, dann fragte er sich doch, wie aus ihm so ein fröhlicher, fürsorglicher, junger Mann geworden war. Das schien an ein Wunder zu grenzen. Auf jeden Fall würde er der Sache weiter auf den Grund gehen, das stand fest.

Draußen Schritte hörend wandte er sich schnell wieder Akten zu und studierte diese, als Joey auch schon hereinkam und sich entschuldigte, weil er die Handys verwechselt hatte und verschwand wieder aus dem Büro. Als sich die Schritte weit genug entfernt hatten, rief Kaiba eine Angestellte in der IT an und bat tiefergehende Recherchen über Joeys Familie und den Geldströmen des Vaters. Sie versprach, so schnell wie möglich Informationen zu beschaffen und Seto widmete sich wieder der Arbeit, als ihm einfiel, dass er bereits Nachforschungen angeordnet hatte und prüfte seinen privaten Email Posteingang, den nicht einmal Mokuba kannte.

Dort war eine neue Email von seiner Angestellten mit weiteren Informationen über Joeys Vater und mit zusammengezogenen Augenbrauen studierte er die Informationen, die wirklich kein einziges gutes Haar an diesem Mann ließen. Choleriker, nach der Scheidung saufend und prügelnd aufgefallen, doch das Jugendamt hatte nichts unternommen, sodass Joey weiter hatte allein durch diese Hölle gehen müssen. Offenbar hatte auch der Blonde sein Päckchen zu tragen. Am Anfang der Sommerferien war der alte Mann an einer Alkoholvergiftung gestorben. Wahrscheinlich war das das Beste, was Joey hatte passieren können und zugegeben auch ein passender Tod für den Säufer.

Er loggte sich aus dem Emailaccount aus und ließ sich gegen seine Rückenlehne fallen. Sein Bild über Joey änderte sich derzeit fast täglich und obwohl sie seit Jahren zur Schule gingen, hatte er den Eindruck, dass er jahrelang mit einem Fremden zu tun gehabt hatte.

Dennoch würde er die Kollegin aus der IT recherchieren lassen. Vielleicht entdeckte sie ja noch andere Dinge.
 

Als er sich mittags eine Kleinigkeit zu essen holte, bevor gleich sein Hausarzt kam, bemerkte er den Kindergarten unten im Pool. Auch Mokuba war dort und so wie sie lachten, hatten sie eine Menge Spaß. Ab und zu genoss er es auch, ein paar Runden im Pool zu drehen, aber eigentlich hatte er ihn damals für seinen kleinen Bruder bauen lassen.

Ein paar Minuten beobachtete er die Gruppe – eigentlich nur Joey, wie er lachend Tea ins Wasser zog und Tristan wenig später unter Wasser drückte. Er wirkte befreit und Seto lächelte. Der Blondschopf sah glücklich aus. Ob er in seiner Anwesenheit auch mal so ausgelassen lachen können würde? Schnell schüttelte er den Kopf, doch das Bild des lachenden Joeys und die Frage hatten sich bereits tief in sein Gehirn gebrannt. Abrupt wandte er sich von dem Anblick ab und humpelte weiter in die Küche.

Hina servierte ihm eine kleine warme Mahlzeit und Seto aß in Ruhe, als eins der Hausmädchen mit dem Doktor reinkam.

„Master Kaiba? Ihr Arzt möchte sie noch einmal untersuchen“, sagte sie, verbeugte sich leicht und verschwand dann wieder aus der Küche.

„Natürlich. Ich esse nur eben auf“, stimmte er zu und der Arzt nickte.

„Ich warte dann oben“, sagte er und marschierte zielsicher nach oben in sein zweites Schlafzimmer. Kaiba hatte das öffentliche Schlafzimmer, was sein Arzt und noch andere betreten durften und sein privates Schlafzimmer, das außer Mokuba niemand betreten durfte. Und er durfte das auch nur, wenn er klopfte und ein Herein abwartete. Das war der eine private Raum, der nur ihm gehörte.

Die Untersuchung ergab, dass alles gut verheilte und er den Fuß langsam wieder etwas trainieren konnte. Er durfte ein paar Schritte ohne Krücken versuchen und den Fuß dabei aber noch nicht komplett belasten. Der Arzt stellte klar, dass auch wenn es schon deutlich besser war, er dennoch viel Ruhe brauchte und Seto nickte brav. Zwar ging das meiste in ein Ohr rein und durch das zweite wieder raus, aber das schien der Doktor nicht zu merken. Das war gut, denn dann musste er sich das nicht noch ein zweites Mal anhören.

Nachdem der Arzt wieder gegangen war und Seto mit dem Fuß ein paar Schritte gegangen war, hatte er sich ein Buch genommen und setzte sich ans Fenster auf einen Sessel, um etwas zu entspannen.

Er hatte eingesehen, dass sein Körper noch nicht wieder komplett fit war und wollte sich bis zum Abendessen etwas schonen. Da der Pool im Innenhof war und seine beiden Schlafzimmer zur anderen Seite hinausgingen, konnte er die Ruhe wenigstens auch genießen, ohne die ganze Zeit den Kindergarten sehen zu müssen. Also entspannte er sich bei seinem Roman, bis das Hausmädchen ihn nach ein paar Stunden auf das Abendessen aufmerksam machte.

Auf dem Weg nach unten hörte er Stimmen aus dem kleinen Salon und interessiert blieb er neben der angelehnten Tür stehen. Es waren Joey und Yugi, die sich unterhielten. Da sonst niemand da war, blieb er stehen und lauschte den beiden ungeniert.

„Nein danke, Joey. Also erzähl mal … Wie läuft es hier?“, fragte Yugi und Joey schwieg etwas, ehe er antwortete: „Eigentlich ganz gut. Kaiba ist zufrieden mit dem, was Mokuba, Roland, Yuuto und ich in den letzten Wochen geleistet haben. Die Projekte konnten ohne Zeitverzug weitergehen und das diesjährige Weihnachtsgeschäft dürfte ein voller Erfolg werden. Nächste Woche haben Kaiba und ich unser erstes gemeinsames Geschäftsessen. Dann noch das Firmenjubiläum und danach werden wir wieder getrennte Wege gehen.“

Ach? Hatte er sich das so schon überlegt? Dass sie nach dem Jubiläum ihre Trennung verkünden würden? Gut, dass er das auch noch erfuhr …

„Du klingst nicht sehr überzeugt, Joey. Entschuldige meine indiskrete Frage, aber kann es sein, dass du in Kaiba verliebt bist?“

Was war das denn jetzt für eine Frage? Als ob Wheeler etwas von ihm wollte! Sie waren wie Feuer und Eis und passten auch überhaupt gar nicht zusammen. Das war absolut lächerlich. Und trotzdem schlug sein Herz etwas schneller, als er die Stimme des Blonden hörte.

„Ich weiß es nicht. Auch wenn es aufgrund von Mokubas Plan gezwungen ist, dass wir uns in der Öffentlichkeit küssen oder einen Arm um den anderen legen, ist es doch ein schönes Gefühl. Nach den Jahren bei meinem Vater, der mich entweder ignoriert oder verprügelt hat, ist es einfach mal schön, solche Gesten zu spüren. Aber ob ich deswegen in ihn verliebt bin? Ich glaube, wenn das jemand anderes tun würde, würde ich mich auch so wohlfühlen, aber ich würde es nicht als Verliebtheit bezeichnen. Dafür sind Kaiba und ich auch viel zu unterschiedlich.“

Obwohl Joey das aussprach, was er eben noch gedacht hatte, fühlte er dennoch dieses Unbehagen. Was war nur los mit ihm? Es war wohl wirklich gut, wenn Joey bald wieder ging und er sich wieder ganz auf sein Leben konzentrieren konnte.

Und was diesen versoffenen Vater anging, hätte er den doch gern mal kennengelernt und gezeigt, was es bedeutete, wenn man schlecht mit seinem Kind umging. Er bekam blanke Wut, wenn er daran dachte, dass er Joey verprügelt hatte. Und das offenbar auch noch regelmäßig! Was Gozaburo mit Mokuba und ihm gemacht hatte, war schändlich – keine Frage –, aber er hatte nie einen von ihnen verprügelt. Das war wirklich das letzte!

Ein Gedanke schlich sich nach vorn und Seto schluckte trocken. Diese ganzen Veilchen und andere Blessuren, die er früher immer gehabt hatte. Waren die von seinem Vater? Und nicht von irgendwelchen unsinnigen Prügeleien, die er früher gerne mal angezettelt hatte? Und hatte er diese angezettelt, um gegen die eigene Hilflosigkeit bei seinem Vater anzukämpfen?

Seto lehnte sich an die Wand. Er hatte heute viel Neues über den Blonden gelernt und er musste das erst noch in Ruhe einordnen, bevor er wusste, wie er damit umgehen wollte.

„Aber du würdest auch mit einem Mann eine Beziehung eingehen?“, wollte der kleine Stachelkopf wissen und Kaiba wurde hellhörig. Yugi nahm jedenfalls auch kein Blatt vor den Mund. Das musste man ihm lassen. Anscheinend verstand Joey das etwas falsch, denn der Stachelkopf erklärte: „Ich will dir nicht zu nahetreten, Joey. Ich hätte bei dir nur irgendwie erwartet, dass du mit Mai durchbrennst.“ „Ich mag Mai sehr, aber eine Beziehung kann ich mir mit ihr irgendwie nicht vorstellen. Und ja, ich würde mich auch auf eine Beziehung mit einem Mann einlassen. Ich habe schließlich schon mit beiden Geschlechtern Sex gehabt.“ „Ach hattest du?“

Das war allerdings auch für den Firmenchef etwas Neues. Irgendwie war er immer davon ausgegangen, dass Joey noch Jungfrau war.

„Ja, als ich damals die Monate als Barkeeper gearbeitet habe. Das hat sich ein paar Abende lang einfach so ergeben“, entgegnete Joey schlicht und Seto war beeindruckt. Offenbar ging er mit seiner Sexualität genauso entspannt um wie er selbst. Das war gut, denn alles andere machte die Dinge nur viel zu kompliziert. Wenn er es also darauf anlegen würde, könnte er eine Nacht mit Joey verbringen … Ihm war nicht klar, warum ihm der Gedanke so behagte oder vielleicht wollte er es auch einfach noch nicht einsehen, doch es war für den Fall der Fälle gut zu wissen.

„Hauptsache, du wirst glücklich, Joey. Du hast dir das verdient. Egal mit wem“, schloss Yugi das Thema ab und Kaiba beschloss, dass er genug gehört hatte.

Er humpelte in die Küche und nahm dort sein Abendessen allein zu sich, da Mokuba bereits fertig war und ließ die neuen Informationen noch sacken. Irgendwie sagte ihm sein Gefühl, dass die nächsten Wochen noch sehr anstrengend werden würden.



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