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Heroes Unite

von

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Kapitel 15

Jake hustete Sand aus, als er wieder zu sich kam. Wo war er? Auf jeden Fall nicht mehr in der Stadt, die Dannys böses Ich zerstört hatte. Der American Dragon richtete sich auf und hielt sich den Kopf. Die Luft war drückend heiß und als Jake die Augen öffnete um seine Umgebung in Augenschein zu nehmen, erblickte er Sanddünen. „Wie...“ entfloh es ihm. Wie war er in die Wüste gekommen? War das Dans Verdienst gewesen? Wie sonst sollte er hier in der Wüste gelandet sein?

Er sah sich um. Jake war umgeben von Sand, soweit das Auge reichte. Aber das war nicht das merkwürdige. Als sein Blick zum Himmel glitt, sah er, das dieser seltsam finster schien, doch nicht so finster, als sei es Nacht. Der Himmel war so finster, als hätte sich eine unnatürliche Finsternis über die Welt gelegt. Die Luft war nicht nur drückend heiß, in ihr schwang auch eine seltsame Aura. Der American Dragon richtete sich auf, schwankte kurz. Seine Kehle war trocken und verlangte nach Wasser, doch hier war weit und breit nichts zu sehen. Ein ungutes Gefühl beschlich Jake. Irgendetwas war hier faul. Er hörte ein leises Knurren und sah sich aufmerksam um. Irgendetwas lauerte, das war unumstreitbar.

Und dann schoben sich Schatten über die Dünen, die ihn umgaben. Mehr und mehr Gestalten tauchten auf. Das Knurren hunderter Kehlen drang an seine Ohren. >Auch das noch...< dachte er, als sich die Schatten näher schoben. Sie wirkten hundeähnlich und Jake wusste im ersten Moment nicht, um was für Tiere es sich handelte. Doch als die Gestalten einen seltsamen, lachenden Laut ausstießen, da wusste er, mit was er es zu tun hatte. „Hyänen...“ murmelte er. Nun, wenn sie Stress wollten, konnten sie ihn haben. „Drache erwache!“ rief er, während sich das Rudel näher schob. Aber nichts geschah. Die Flammen schwiegen, der Drache schlief weiterhin und Panik wallte in Jake auf. „Drache erwache!“ rief er erneut, aber sein innerer Drache schwieg. >Das ist schlecht...< schoss ihm durch den Kopf. Die Hyänen zogen ihren Kreis enger. Knurren erfüllte die Luft, untermalt von dem merkwürdigen lachen der Wüstenbestien. Jakes Drache schwieg und er hatte nichts, mit dem er sich verteidigen konnte. Aber aufgeben, nein, das wollte er nicht.

Näher und näher kamen die Hyänen. „Ich habe keine Angst vor euch!“ rief er ihnen entgegen, auch wenn seine Hoffnung, einem Angriff unversehrt zu entgehen schwand und dann stürzten sie sich auf ihn. Den ersten Angriffen wich Jake aus, aber es waren zu viele. Zähne gruben sich in Kleidung und Fleisch, während lachen an seine Ohren drang. >War es das?< fragte er sich unter Schmerzen, während er sich wehrte, hier hin und dort hin trat und der ein oder anderen Hyäne einen Tritt gegen Maul oder Brust verpasste. Aber bald schon färbte sich nicht nur der zerfetzte Stoff seiner Kleidung röter, als er ohnehin schon war.

>Das war es wohl...< dachte er, als ihm unter Schmerzen die Sinne schwanden. >Ich ende als Hyänenfutter...< Sein verschwimmender Blick glitt in den Himmel. Er würde seine Freunde und seine Familie wohl nie wieder sehen. Bilder blitzten vor seinem inneren Auge auf, doch plötzlich erstrahlte ein Licht aus dem dunklen Himmel. War dass das Licht, auf das Verstorbene zugingen? Würde er jetzt die letzte Reise antreten?

Das Licht wurde größer, kam näher und ein seltsamer Gesang drang an seine Ohren. Das fetzen und reißen an seinem Körper lies nach und die Schatten der Hyänen wichen zurück. Ein Funke Hoffnung breitete sich in seinem schwindenden Bewusstsein aus. Die Räuber wichen vor dem seltsamen Licht zurück. Bevor seine Welt schwarz wurde, erkannte er eine geflügelte Gestalt in dem hellen Licht, das sich auf ihn nieder senkte. Starke Klauen packten seinen Körper und flügelschlagend erhob sich das Wesen mit ihm in die Lüfte. War das ein Geier, der den Hyänen ihre Mahlzeit abjagte? Oder war das seine Rettung? Er wusste es nicht und dann wurde seine Welt dunkel.

 

Unter höllischen Schmerzen tauchte Jake wieder in die Welt der Lebenden ein. Tot war er nicht, das war klar, denn sonst würde er nicht solche Qualen leiden. Hatte er überlebt? Hatte die seltsame Kreatur ihn gerettet? Dumpfe Worte drangen an sein Ohr, die er nicht verstand. Es war, als sei sein Gehör in Watte gepackt, doch er hatte überlebt. Das war, was zählte. Auch, wenn er auf diese höllischen Schmerzen durchaus verzichten konnte. Wieder hörte er Worte an sein Ohr dringen und wieder verstand er sie nicht. >Komm schon!< zwang er sich. >Komm schon!<

Jake blinzelte, aber alles war verschwommen. Mit bloßer Gewalt versuchte er, seine Sinne zurück zu erlangen. Zunehmend klärte sich sein Blick auf und er erkannte bald, wenn auch noch etwas verschwommen, ein strohgedecktes Dach. Zumindest hielt er es für Stroh. Er lag in irgendeiner Hütte. Also hatte ihn tatsächlich jemand gerettet. Wieder hörte er Worte. Sein Gehör hatte sich ebenfalls etwas aufgeklart, doch die Worte verstand er trotzdem nicht. Sie schienen in einer gänzlich anderen Sprache zu sein.

Langsam begann er wieder seinen Körper zu spüren. Auf seine Wunden schien eine merkwürdige Paste gestrichen worden zu sein und man hatte ihm offenbar Verbände angelegt. Ein Gesicht schob sich in sein Blickfeld. Eine junge Frau sah auf ihn hinab. Sie hatte schwarze, mittellange Haare und auffällig himmelblaue Augen. Ihre Haut war gebräunt und sie trug ein schlichtes Kleid aus Leinen. Alles in allem sah sie sehr altertümlich und einfach aus. Das einzige, das heraus stach war der Halsschmuck, den sie trug. Goldene Ringe umfassten drei Reihen von einzeln eingearbeiteten Edelsteinen. Rote, grüne und lilane tränenförmige Steine bildeten die Zwischenräume zwischen den goldenen Streben. Doch in der Mitte dieses Halsschmucks unterbrachen zwei große hellblaue Steine die durchgehenden Reihen an roten, grünen und lila Edelsteinen. Der größte und oberste der blauen Steine war in die Form eines Käfers gearbeitet worden. Die Form kam ihm bekannt vor, aber er wusste nicht, woher. Der untere Stein war etwas kleiner und ein geschliffenes und glänzendes Oval. Dieser Halsschmuck wirkte im Vergleich zu dem einfachen Kleid der jungen Frau fehl am Platze.

Wieder sprach sie mit ihm und wieder verstand er ihre Sprache nicht. Obwohl es schmerzte, als Zeichen, das er sie nicht verstand, schüttelte er den Kopf. Sie schien sein Zeichen zu verstehen und zog sich zurück, ehe sie sich an einem Verband an seinem Arm zu schaffen machte und wohl etwas von der seltsamen Paste auftrug. Sie war es also, die ihn gerettet hatte und ihn jetzt behandelte. Er dankte ihr, auch wenn er nicht wusste, wer sie war. Die Medizin, die sie auftrug betäubte die Schmerzen der Wunden, die die Hyänen gerissen hatten. Nur hoffte Jake, er würde nicht allzu lange hier liegen müssen. Seine Freunde brauchten ihn, wo auch immer sie sein mochten!

Seine Versuche, sich aufzurichten unterband seine Retterin jedes mal, indem sie ihn zurück auf sein Lager drückte. Jake hatte sich in der Hütte umgesehen. Die Einrichtung war spärlich und wirkte so alt. Er erinnerte sich auch wieder an das, was Dan gesagt hatte, bevor er hier gelandet hatte. >Ihr wollt also Zeit reisen?< hatte er gesagt und >Das könnt ihr gerne haben!< Und als er den Zeitstab erhoben und >Dann reist durch die Zeit!< gerufen hatte, hatte etwas an ihm gezogen und er war in der Wüste erwacht.

Er war also in einer gänzlich anderen Zeit gelandet. Das wurde ihm jetzt klar. Das erklärte auch die Hütte, in der er sich befand und die altertümliche Einrichtung. Aber auch die Sprache der Frau, die er nicht verstand wurde ihm jetzt klar. Er war an einem fremden Ort irgendwo in einer anderen Zeit und seine Retterin sprach eine antike Sprache, die er nicht kannte. >Denk nach!< dachte Jake. >Du bist in der Wüste. Welche Wüsten kennst du?!< Und ihm fiel nur eine ein. Die Sahara. War er also in Afrika? Nur wann und wo? Er hatte eine Ahnung, aber die musste er erst einmal bestätigen.

Die Behandlung der Frau begann zu wirken. Jake wusste zwar nicht, wie lange er dort auf dem Lager lag, aber die Schmerzen verebbten langsam und er erlangte seine Kraft zurück. Bei seinem neusten Versuch, sich aufzurichten lies seine Retterin ihn gewähren. Auch, wenn seine Kräfte noch niedrig waren, so saß Jake nach einiger Anstrengung dann aufrecht. Die Frau hockte vor ihm auf dem staubigen Boden und blickte ihn an. Er hielt sich den schmerzenden Arm. „Du... hast mich gerettet?“ begann er, obwohl er wusste, das sie beide eine Sprachbarriere trennte. Ein Anflug von Irritation flackerte kurz in den Augen der Frau auf, aber Jake fuhr fort. „Ich danke dir!“ Er neigte den Kopf, wollte der Frau zeigen, das er ihr dankte. Sie schien zu verstehen. Auch, wenn sie beide nicht die selbe Sprache sprachen, so mussten sie doch irgendwie miteinander kommunizieren. Für‘s erste würde es reichen, wenn sie die Namen des jeweils anderen kannten.

Jake legte seine Hand auf die Brust. „Jake!“ sagte er und sah sie an. Nochmal schlug er sich mit der flachen Hand auf die Brust. „Jake!“ wiederholte er seinen Namen. Die Frau schien zu verstehen. Sie nickte und legte ihrerseits die Hand auf ihre Brust. „Neferet!“ sagte sich in einem eigenartigen Akzent, ehe sie die Geste wiederholte. „Neferet!“ wiederholte sie. Das war also ihr Name. Neferet. Kein Name, den man in New York wohl kennen würde. Er war also wirklich ganz wo anders. Aber immerhin kannte er jetzt den Namen seiner Retterin. „Jake.“ sagte Neferet und in ihrem merkwürdigen Akzent klang sein Name seltsam. Er nickte. „Ja. Jake!“ Wieder legte er sich die Hand auf die Brust. Als er dann an sich hinunter sah, sah er, wie zerrissen und zerfetzt seine Kleidung war. Zerfetzt von den Hyänen aber auch teilweise aufgeschnitten mit einem Messer. Das hatte Neferet wohl getan um ihn besser behandeln zu können.

Sie nickte nun und richtete sich dann auf. Sie bot ihm die Hand an und half ihm auf. Es war noch schwer zu laufen, aber mit Neferets Hilfe humpelte Jake aus der Hütte.

Der Himmel war nach wie vor düster und er brauchte keine Erklärung um zu wissen, dass das nicht normal war. Neferets Hütte lag etwas abseits am Rande einer Stadt. Neferet sah ihn an und deutete mit den Finger auf die Stadt, ehe sie ihm weiter half. >Will sie mir etwas zeigen?< fragte sich Jake, während er weiter humpelte. Im Gegensatz zu der Wüste, in der er gelandet war, wuchsen hier Pflanzen und ein Stück entfernt zu ihrer rechten lag ein großer Fluss. Wenn er wirklich dort war, wo er glaubte, dann wusste er, was dies für ein Fluss war.

Die Gebäude der Stadt waren genau die gleichen strohgedeckten Lehmgebäude wie das, in dem Neferet wohnte, doch die Straßen wirkten seltsam ausgestorben. Es war ein seltsamen und bedrückendes Gefühl durch diese leeren Straßen zu streifen. Wo waren die Bewohner? Oder lebte Neferet bei einer Geisterstadt? Aber das erschien ihm doch eher unwahrscheinlich.

Als sie um eine Ecke bogen hielten sie inne. Statuen standen verteilt über die Straße. Sie wirkten seltsam lebensecht und hatten alle eines gemeinsam: Einen Ausdruck blanken Entsetzens auf ihren Gesichtern. Ihr Anblick bereitete Jake Unbehagen aber Neferet führte ihn weiter, hindurch durch die Statuen.

Immer weiter führte die junge Frau ihn, bis sie das Ende des Dorfes erreicht hatten und was Jake dann erblickte, wagte er kaum zu glauben. In der Ferne ragte eine Baustelle auf. Eine riesige Pyramide schien gebaut zu werden und war bereits zur Hälfte hochgezogen, doch die Bauarbeiten schienen zu ruhen. >Bist du tatsächlich in dieser Zeit gelandet, Jake?< fragte er sich. Wenn er sich nicht täuschte sollten in seiner Zeit dort die Pyramiden von Gizeh stehen und da sie nicht standen... musste er in der Zeit ihrer Entstehung gelandet sein. Doch ein Bauwerk, das er kannte schien schon zu stehen. Er erblickte die unmissverständliche Gestalt der steinernen Sphinx.

Neferet führte ihn zu der Baustelle am Fuße der halb fertig gestellten Pyramide. Selbst unvollendet war sie ein beeindruckender Anblick und wieder standen dort diese Statuen. Riesige Quader steckten verteilt um die Pyramide im Boden oder waren ganz zerbrochen. Hier und da waren sie umschlungen von Seilen und da waren wieder die Statuen. Manche lagen um die Steinquader verteilt im Sand oder steckten eingeklemmt unter den Quadern fest. Jake bekam eine düstere Ahnung. Neferet führte ihn fort und auf einen riesigen Palast zu. Je näher sie dem Palast kamen umso prächtiger wurden die Gärten. Sie liefen eine Allee flankiert von den verschiedensten Tierstatuen entlang. Er war also definitiv in Ägypten gelandet und Neferet hielt auf einen königlichen Tempel zu.

Doch kurz vor dem Eingang waren die Statuen zu beiden Seiten zerstört und Bruchstücke lagen verteilt über den Weg. Neferet führte ihn um die Trümmer herum. Tiefe Furchen mischten sich in den Boden. Seltsam symmetrische Furchen und als sie durch das Tor schritten war der Boden bedeckt von riesigen und breiten Furchen. Es sah so aus, als hätte ein riesiges Tier versucht, sich durch das Tor zu zwängen und dabei alles in seinem Weg zerstört. Zerbrochene Säulen lagen auf dem Weg und Neferet führte ihn immer noch weiter, hinein in den Thronsaal wie er vermutete und dort waren wieder Statuen. Statuen mit Waffen und Speeren. Manche von ihnen lagen zerschlagen mitten im Weg, doch an der Stirnseite des Saales stand eine besondere Statue. Sie hielt Insignien in der Hand. Einen gekrümmten Stab sowie einen Stab, von dessen Ende wohl eine Quaste hing und der Kopfschmuck, den er trug gab Jake endlich die Gewissheit. Dies war ein Pharao! Oder zumindest war er einer gewesen, denn seine Vermutung bestätigte sich jetzt!

All die Statuen die er gesehen hatte waren keine Statuen. Es waren Menschen. Versteinerte Menschen. Aber wer oder was konnte dies getan haben? Die Gorgonen würden Griechenland wohl kaum verlassen haben, doch was war dann dafür verantwortlich? Er dachte an die Furchen am Eingang. Furchen riesiger Klauen. Nur was konnte das getan haben?

Neferet führte ihn in einen Gang, der von der großen Halle abzweigte und öffnete eine hölzerne Tür. In einem Regal lagen viele Schriftrollen und Neferet lies ihn stehen um darin zu suchen. Wollte sie ihm etwas zeigen? Jake lies sich auf einen Hocker neben einem Tisch nieder und beobachtete sie. Seine Kräfte hatten sich soweit erholt während sie ihm geholfen hatte. Dann zog Neferet eine Schriftrolle aus dem Regal, entrollte und studierte sie, ehe sie zu Jake trat und sich hinkniete. Sie drehte die Rolle und zeigte sie ihm. Darauf zu sehen war ein großes schwarzes Biest in der typischen altägyptischen Zeichenkunst. All die Darstellungen von roten Wellen und Linien unterstrich die Bedrohlichkeit des Wesens. Nur die Hieroglyphen auf der Schriftrolle konnte er natürlich nicht lesen. Neferet deutete auf das schwarze Wesen. >Was könnte das sein?< fragte sich Jake und er verfluchte sich, bei Großvaters Unterricht nicht aufgepasst zu haben.

Wieder suchte Neferet eine Schriftrolle und zeigte ihm die nächste. Wieder war das schwarze Wesen darauf zu sehen, aber auch Menschen, die vor ihm flohen. Doch manche dieser Menschen waren anders gemalt und wirkten beinahe steinern. Die rote Energie, die von dem schwarzen Monster ausging erfasste die fliehenden Menschen und verwandelte sie in die seltsam steinernen Abbildungen. Also doch! Jake drehte den Kopf zu der Tür als ob er von dort aus die ganzen Versteinerten sehen konnte.

Er sah Neferet an, tippte auf die steinernen Abbilder der Menschen und deutete dann auf die Tür. Neferet nickte. Also waren das dort draußen tatsächlich versteinerte Menschen und er verstand jetzt, was die Schriftrollen berichteten. Das schwarze Biest war offensichtlich dafür verantwortlich, das all diese Menschen zu Stein geworden waren.

Eine weitere Schriftrolle wurde ihm gezeigt. Sie zeigte das schwarze Monster, wie es aus den Bergen herunter zu steigen schien und eine Zeichnung, die direkt neben dem Biest zu sehen war. Eine menschliche Gestalt, allerdings mit dem Kopf eines Tieres. Ein lang gezogenes Maul mit langen Ohren. Irgendwie erinnerte sie Jake an einen Mensch mit Hundekopf. Neferet legte ihren Finger auf diese Kreatur und sah ihn an. „Seth.“ sagte sie. Seth... Seth... Irgendetwas sagte ihm der Name. Nur was? „Seth.“ wiederholte Neferet und fuhr mit dem Finger dann zu der schwarzen Bestie. Seth und das Monster schienen also irgendetwas miteinander zu tun haben. >Komm schon, Jake!< schallt er sich. >Denk nach! Was weißt du über das alte Ägypten?< Ihm fielen Skarabäen ein. Einen magischen Skarabäus hatte er einmal gefangen als der Jäger-Clan hinter ihm her gewesen war. Aber was wusste er noch über Ägypten?

Ihm fielen Sphinxen ein, deren Haare Drachen schwächten. Wieder blickte er auf das schwarze Monster. War es das, für das er es hielt? Er war sich nicht sicher. Aber zu dem Namen Seth fiel ihm nichts ein.

Eine weitere Schriftrolle wurde ihm gezeigt. Wieder das schwarze Monster, aber diesmal schien es zurück in die Berge zu fliehen und auf der anderen Seite der Schriftrolle war ein weiteres Wesen zu sehen. Es sah aus wie ein Drache mit gefiederten Flügeln. Doch der Drache auf der Zeichnung hatte mehr von einem Vogel als tatsächlich von einem Drachen. Es wirkte beinahe wie eine Mischung aus Falke und Drache. Aber die Botschaft war klar, obwohl er die Hieroglyphen nicht lesen konnte. Der Drache trieb das schwarze Monster zurück in die Berge.

Er sah Neferet an. Er verstand, was sie ihm mitteilen wollte, aber was sollte er denn schon tun? Den Drachen suchen um das Biest wieder in die Berge zu treiben? Wer wusste, wo er sich befand oder ob er überhaupt helfen wollte? Oder ob es ihn überhaupt gab. Neferet rollte die Schriftrollen wieder zusammen und legte sie zurück ins Regal und in diesem Moment spürte Jake, wie in ihm etwas wieder erwachte. Sie hatten ihn gegen die Hyänen im Stich gelassen, doch seine Drachenkräfte schienen sich jetzt wieder erholt zu haben. Erleichtert seufzte er auf. Endlich waren sie wieder da! Er spürte sein inneres Drachenfeuer aufflammen und eine Wärme, die sich um die Wunden legte, die immer noch in den Verbänden mit dem Brei steckten, mit dem Neferet ihn behandelt hatte und er spürte die Heilkräfte seines inneren Drachen. Bald würde er wieder er selbst sein, aber noch war es wohl nicht an der Zeit.

Neferet streckte ihm wieder die Hand entgegen. Er lies sich aufhelfen, bestand dann aber darauf, selbst zu laufen. Sie führte ihn aus dem Raum, hindurch durch die Halle mit den versteinerten Menschen und hinaus. Die drückend heiße Luft fühlte sich anders an. Bedrohlicher als zuvor. Neferet sah ihn eindringlich an und deutete mit dem Finger auf die Baustelle an der Pyramide. Er nickte. Dorthin führte sie also ihr Weg und Jake hatte eine Vorahnung, dass er dem schwarzen

Monster wohl bald begegnen würde.

Neferet schien angespannter, je näher sie der Pyramide kamen und er verübelte es ihr nicht. Auch er wurde zunehmend nervöser. War er schon bereit für einen Kampf? Sein innerer Drache war zurück gekehrt, das war sicher, aber war er schon kräftig genug? Sein Hirn begann, die Puzzlestücke zusammen zu setzen. Neferet hatte ihn irgendwie vor den Hyänen gerettet und behandelt. Dann hatte sie ihm die versteinerten Menschen, die Spuren und die Schriftrollen gezeigt. Nur warum? Weil sie seine Hilfe brauchte? Es erschien ihm zumindest am logischsten. Doch was hatte es mit dem Drachen auf sich? Sollte er den Drachen auf der Schriftrolle spielen?

Das kraftraubende Gefühl kam schneller, als er reagieren konnte und der Schatten, der sich über sie legte war gewaltig. Er hatte das Monster nicht einmal kommen gehört. Fast so, als hätte es sich lautlos bewegt! Ein gewaltiges Monster erhob sich in den Himmel. Bedeckt von schwarzem Fell, das jedes Licht verschlang wie ein gieriges Maul. Riesige Löwentatzen, groß wie ein Haus standen unmittelbar vor ihnen. Rote Augen leuchteten aus dem Gesicht einer doch recht hübschen Frau, dessen Kopf auf dem riesigen schwarzen Löwenkörper saß. Mächtige, gefiederte Schwingen tauchten die gesamte Umgebung in tiefste Dunkelheit. Ein bestialisches Knurren, das klang, wie nicht von dieser Welt grollte in der Kehle der Kreatur.

Jake hatte noch nie eine leibhaftige Sphinx gesehen, aber die lähmende Wirkung ihrer Haare kannte er. Die langen, schwarzen Haare die dem Kopf des Monsters entwuchsen raubten ihm all seiner Kräfte. Er spürte, wie Neferet ihm eine Hand auf die Schulter legte. Sie sah ihn an. Dann hüllte sich ihr Körper urplötzlich in buntes Feuer. Etwas schöneres als die verschiedenfarbigen Flammen hatte Jake kaum gesehen. Sie leckten über Neferets Körper wie das Feuer über seinen, wenn sich Jake verwandelte. Ihre menschliche Gestalt verschwamm zunehmend. Das rauschen von Federn ertönte und ein Wesen, so wunderschön wie er es noch nie gesehen hatte, stieg in den Himmel. Es war umgeben von Licht. Dem selben Licht, das Jake gesehen hatte, als er vor den Hyänen gerettet worden war und ein wunderschöner Gesang legte sich über die Umgebung. Der selbe Gesang, den er schon einmal vernommen hatte. Jetzt wurde ihm alles klar! Neferet war dieses göttliche Wesen! Sie war der Drache, den er auf der Schriftrolle gesehen hatte und sie hatte ihn nicht nur gerettet, sie brauchte auch seine Hilfe.

Trotz des lähmenden Einflusses des Sphinxhaars umhüllten Flammen Jakes Körper, als sein Innerer Drache erwachte. Jake verlor den Boden unter den Füßen als seine Flügel ihn immer höher trugen, an die Seite des leuchtenden Drachen. Neferet war bedeckt von feinen Federn anstatt von Schuppen. Sie war von einem tiefen, edlen blau. Eine rote Linie teilte ihre blauen Federn von den weißen, die Bauch, Brust und Hals bedeckten. Sie besaß lange Ohren mit golden glänzendem Fell darin. Die seltsam geformten roten Hörner umschlossen eine goldene Scheibe, die zwischen ihren Hörnern zu schweben schien, wie eine Sonne. Ihre Beine ähnelten den Klauen eines Raubvogels mit den Federn, die in die schuppigen Beine eines Raubvogels übergingen und in drei gewaltigen Vogelklauen endeten. Eine vierte Klaue saß den drei Klauen wie ein Daumen gegenüber, perfekt zum greifen. Neferets Arme hatten sich in gewaltige gefiederte Schwingen umgewandelt, bedeckt von goldenen und türkisen Federn. Doch trug sie immer noch den selben Halsschmuck wie als Mensch und Jake wurde jetzt klar, was ihn in den Klauen aus dem Kreis der Hyänen getragen hatte. Es war dieses Wesen gewesen. Dieser göttliche Drache!

Das fliegen fiel ihm anhand der lähmenden Wirkung schwer, aber Jake weigerte sich aufzugeben. Neferet neben ihm, blickte ihn aus goldenen Augen an. Sie öffnete das Maul und stieß diesen merkwürdigen Gesang aus. Die Melodie dieses Drachen vertrieb das lähmende Gefühl der Sphinxhaare und erfrischte Jake. Er war bereit, es mit der Sphinx aufzunehmen. Das Licht, das Neferet ausströmte war so grell und gewaltig, das die Sphinx ihre Augen zusammen kniff. Sie knurrte und Jake ging zum Angriff über. Feuerbälle hagelten auf das schwarze Biest hernieder. Aus Richtung Neferets kam ein knackendes zischen als auch schon Blitze auf die schwarze Sphinx hernieder regneten.

Wütend schlug die Sphinx mit ihren riesigen Tatzen nach den angreifenden Drachen aus. Jake selbst konnte es nicht fassen, das er gegen eine Sphinx kämpfte ohne das ihre Haare ihn schwächten. Das lag definitiv an Neferet, die ihn gegen den Einfluss schützte. Wenn sie gegen die lähmende Wirkung immun war, warum brauchte sie dann seine Hilfe? Aber das war keine Zeit darüber nachzudenken. Feuerhagel um Feuerhagel lies Jake auf die Sphinx regnen, denn er wagte es nicht, sie zu berühren. Wie wild schlug die schwarze Sphinx mit den riesigen Flügeln, verursachte schneidende Winde die Sand aufwirbelten, die Jake die Sicht nahmen. Die Sphinx gab sich nicht geschlagen, auch wenn zwei Drachen angriffen. Neferets Standort konnte Jake nach wie vor ausmachen denn die Drachin leuchtende wie ein lebendig gewordener Stern und überall, wo sie war zuckten hin und wieder Blitze über den massigen schwarzen Körper und weiterhin schallte der merkwürdige Gesang aus der Kehle der leuchtenden Drachin über die Gegend. Die Musik erfüllte ihn bis in jeden Teil seines Körpers, spendete Kraft und Immunität gegen die lähmende Kraft der Sphinxhaare. Jake konnte wetten, das selbst Fu und Großvater noch nie etwas über ein derartiges Drachenlied gehört hatten und hier war er, in der Vergangenheit und kämpfte an der Seite eines legendären Drachen gegen eine Ausgeburt des Bösen.

Jake drehte bei, der Sandsturm wurde immer schlimmer je länger die umher wütende Sphinx mit den Flügeln schlug. Irgendwie musste er sie doch davon abhalten weiter Sand aufzuwirbeln. >Da bleibt nur eines...< dachte er und änderte den Kurs und hielt auf die wild um sich schlagenden Flügel der Sphinx zu, während das Feuer in seinem Inneren immer mehr an Intensität zunahm. >Konzentration!< ermahnte sich Jake, während er sich auf den Angriff vorbereitete. Einen Angriff, den er noch nie ausgeführt hatte. Die Aufmerksamkeit der Sphinx war gerade auf Neferet gerichtet, also musste er sich nur verborgen halten.

Flammen züngelten aus Jakes Maul als er sich einem der umher schlagenden Flügel genähert hatte und tauchte die pechschwarzen Federn in gleißendes Feuer. Doch diesen Angriff bezahlte er sogleich als die riesige Pranke der Sphinx ihm von links einen heftigen Schlag versetzte und er getroffen durch die Luft sauste, nur um in einer Wolke von Sand inmitten einer Düne aufzuschlagen. Der aufgetürmte Sand brach über ihm zusammen wie eine tosende Welle, begrub ihn unter Massen an weichem Sand, der in seine Nüstern und seine Kehle eindrang. Jake unterdrückte das Husten, denn wenn er das tun würde, würde er nur mehr Sand schlucken und er hatte nur eine Chance, sich aus den Sandmassen zu befreien und das nur, solange er noch Luft in den Lungen hatte. Wie von Sinnen begann er zu graben aber immer neuer Sand rutschte nach. Er wusste, Feuer war nicht die beste Wahl, denn wenn Sand schmolz, wurde es zu Glas und bevor das erhärtete, war es ein brennend heißer Brei, der wohl auf ihn tropfen würde. Also grub der American Dragon verzweifelt weiter um sich irgendwie zu befreien. Die Luft begann ihm auszugehen und bunte Lichter tanzten vor seinen Augen. >Nein... Ich darf nicht... aufgeben...<

 

Als das Portal sie wieder frei gab, sanken ihre Füße leicht im Sand ein. Es war drückend heiß, aber kein Licht schien auf sie herab. „Wo sind wir denn jetzt?“ fragte Cyborg. Danny sah sich um. Ein Bauwerk erregte seine Aufmerksamkeit. Das eine sah aus wie eine halb fertig gestellte Pyramide und das andere... Das andere war unverkennbar eine Sphinx. „Ägypten.“ sagte er. Doch Lärm lenkte ihre Aufmerksamkeit in Richtung der halb fertigen Pyramide. Ein riesiges Monster tobte dort. Ein Körper so schwarz wie Teer mit Flügeln, die den Himmel verdunkelten. Es war eine gigantische schwarze Sphinx und sie kämpfte. Das eine, das sie attackierte leuchtete strahlend hell wie ein Stern und Blitze zuckten von diesem Stern aus über den Körper der Sphinx. Der andere Kämpfer war von der Entfernung schwerer zu erkennen, aber die aufflackernden Flammen ließen nur eine Lösung zu. Ein Drache und Danny kannte nur einen Drachen.

„Jake!“ rief er. „Komm!“ Er und Cyborg machten sich auf den Weg. Der Flügel der Sphinx ging in Flammen auf und mit einem Prankenhieb beförderte sie den angreifenden Drachen meterweit fort, wo er in einer Düne einschlug, die über ihm zusammen brach. Der zweite Drache wurde derweil von der anderen Pranke gepackt und zu Boden geschleudert. In Danny wallte Panik auf, als sich Jake aus dem sandigen Gefängnis nicht befreite. „Pass auf ihn auf!“ sagte er, drückte Cyborg Spooky in die Arme und schoss davon in Richtung Sandhügel. Wenn Jake sich nicht befreien konnte, musste er ihm helfen!

 

Durch den Luftmangel wurde ihm zunehmend schwarz vor Augen. Aber Jake weigerte sich, so schnell aufzugeben. Mit immer weniger Kraft grub er weiter um sich irgendwie zu befreien. Aber seine schwindenden Sinne machten die Sache leider nicht sehr erfolgversprechend. >War es das jetzt?< fragte er sich. >Werde ich so sterben? Begraben unter Sand?< Er spürte, wie ihn jemand packte. Bildete er sich das etwa ein? Ein verzweifelter Hoffnungsschimmer seines schwindenden Seins? Beinahe spürte er kaum noch, wie er durch die Sandmassen hinauf gezogen wurde und erst, als sich seine Lungen explosionsartig mit frischer Luft füllten kehrten seine Sinne schlagartig zurück. Der rote Drache hustete und keuchte, spuckte all den Sand aus, den er geschluckt hatte, während die stickige Luft seine Lungen füllte. Nie hatte er ein derartiges Gefühl gespürt. Das Gefühl, dem Erstickungstod gerade so entkommen zu sein.

Jemand klopfte ihm auf den Rücken, half ihm, den Sand aus seinen Lungen zu bekommen. Wer auch immer sein Retter war, er dankte ihm. Mit verschwommenem Blick sah Jake auf. Er erkannte eine Gestalt. Eine vertraute Gestalt. „Geht's wieder?“ fragte Danny mit besorgtem Gesichtsausdruck. Keuchend und immer noch würgend nickte Jake ihm zu, ehe er sich auf das Hinterteil niederließ und einige male tief ein und aus atmete. Er hoffte, das er sich Danny nicht einbildete, aber diese Erscheinung wirkte doch so echt, das es nur der echte Danny sein konnte.

Der Drache brauchte eine Weile, bis er sich soweit wieder erholt hatte. „Bist du... es wirklich?“ keuchte er dann. „Natürlich!“ antwortete Danny. „Cyborg und ich sind hier um dir zu helfen und dich abzuholen!“ Cyborg... Er war also auch da? „Danke...“ keuchte Jake und sein Blick glitt wieder zu der tobenden Sphinx, die inzwischen auch Neferet erwischt hatte. Er stand taumelnd auf. Er musste ihr helfen! „Was tust du?“ rief Danny. „Neferet!“ antwortete Jake. „Ich muss ihr helfen!“ Auch, wenn durch den Sandvorfall sein Körper immer noch etwas gelähmt war, er musste ihr helfen! „Lass mich dir helfen!“ sagte Danny und legte ihm die Hand auf den Arm. „In Ordnung... Aber pass auf! Dieses Ding kann Menschen versteinern!“ Nur wie die Sphinx das tat, das wusste Jake nicht. Er wusste nur, das dieser Fluch auf Drachen offenbar keine Wirkung zu zeigen schien, weshalb er und Neferet die einzigen waren, die es mit ihr aufnehmen konnten.

 

Schwerfällig stieg Jake wieder in die Lüfte und flog wieder zum Kampfgeschehen. Doch eines war anders, das merkte er schnell. Neferets Lied war verebbt und mit dem verstummen des seltsamen Liedes spürte er wieder die lähmende Wirkung der Sphinxhaare. Also war dieses merkwürdige Lied wirklich dafür verantwortlich, das ein Drache vor den lähmenden Sphinxhaaren geschützt war. Neferet lag am Boden, eingeklemmt zwischen einer riesigen Tatze und dem harten, staubigen Boden. Wenn es ihm nur gelänge, sie zu befreien, könnte sie wieder singen. Aber würde ihm das gelingen, so geschwächt wie er inzwischen schon war?

„Danny!“ Selbst das reden fiel ihm schwerer. „Du musst... sie retten!“ Er deutete auf die Drachin, die unter der Pranke gefangen war. Danny folgte seinem Blick. „Alles klar!“ Und er flog voraus. Doch die Sphinx wollte sich nicht weiter stören lassen. Die freie Pranke sauste durch die Luft und Danny wich ihr aus. Die tiefroten Augen der Sphinx hefteten sich auf Danny und er erwiderte den Blick.

Urplötzlich erstarrte der Geisterjunge mitten in der Bewegung. Sein Körper wurde grau und er fiel wie ein Stein vom Himmel. „Nein!“ Sich mit aller Macht gegen die lähmende Wirkung wehrend flog Jake der fallenden Statue entgegen. Er durfte nicht zerschellen! Er musste ihn fangen! Die lähmende Wirkung zehrte an seinen Kräften, aber er musste Danny retten. Quälend langsam näherte sich der Drache der fallenden Statue, während die auf den Boden zuraste. >Bitte...< dachte Jake. >Bitte!<.

Im aller letzten Moment gelang es Jake, die Klauen um die Statue zu schließen und sie vor dem sicheren zerschellen zu retten. Schwerfällig trug er sie von dannen, fort von der tobenden Sphinx. Er musste ihn in Sicherheit bringen bis die Sphinx besiegt und der Fluch gebrochen war. Das es der Sphinx gelungen war, einen Halbgeist zu versteinern wirkte so surreal, doch nichts desto trotz war es die bittere Wahrheit. Je mehr Abstand er zwischen sich und die Sphinx brachte, umso mehr lies die Wirkung der Sphinxhaare nach.

Jake setzte den Versteinerten behutsam hinter einem der Häuser des Dorfes ab, weit weg von dem Schlachtfeld. Hier war Danny sicher, bis die Sphinx endlich unterliegen würde. Er hoffte nur, das Cyborg nicht das selbe Schicksal teilte. Der Drache bemerkte ein kleines Wesen, das sich näherte, sobald er die Statue abgesetzt hatte. Ein kleines, weiß geschupptes Tier, das verdächtig wie ein Dinosaurier aussah. Das kleine Ding stupste den Versteinerten an, schien ihn aufwecken zu wollen, rollte sich aber dann neben ihm zusammen und blickte Jake an und obwohl Drache und Dinosaurier Welten und Sprachen trennten, so wusste Jake, was der Kleine meinte. „Hilf unserem Freund!“ sagte sein Blick. „Wir werden ihn entsteinern!“ sagte Jake, an das Tier gewandt, drehte ab und flog zurück. Er sah die blau-weißen Energiestrahlen die Cyborg aus seinen Kanonen feuerte, hörte das wütende Gebrüll der Sphinx und mit jedem Meter, den er sich näherte, wurde der lähmende Einfluss der Sphinxhaare wieder stärker.

 

Neferet war immer noch unter der Pranke der Sphinx eingeklemmt. Ohne ihr Lied schien selbst sie den Sphinxhaaren zu erliegen. >Hoffentlich schafft Cyborg es, sie abzulenken!< dachte Jake, während er mit reiner Willenskraft der Lähmung widerstand. >Ich muss nur...< Sein Inneres Feuer kam nicht richtig in Gang, aber er brauchte es. Er brauchte nur einen richtig platzierten Feuerstoß. Der American Dragon brachte alle Kraft auf, die er hatte und hielt auf die Pranke der Sphinx zu. Er trudelte durch die Luft. Nie hatte er sich derart anstrengen müssen. Ob er wohl einer der einzigen Drachen war, denen es gelang, dem Einfluss der Sphinxhaare zu widerstehen? Das wusste wohl niemand.

Sein inneres Feuer weiter schürend lies er die Flammen in sich aufwallen und lenkte sie in sein Maul. >Nur ein Schuss...< Aber nur dicker Rauch entkam seiner Kehle. So nahe, wie er jetzt an der Sphinx war, begann sein Blick zu verschwimmen und in seinem Kopf drehte sich alles. Er musste durchhalten! Während ihn seine Kräfte verließen, öffnete er erneut das Maul und spie eine große Flammenzunge auf die schwarze Tatze der Sphinx. Kreischend riss diese ihre Tatze in die Höhe und verpasste dem störenden Drachen erneut einen Schlag. Diesmal flog Jake nicht in eine Sanddüne, aber er schlug mehrere male hart auf dem Boden auf. Aber sein Angriff hatte Neferet die Gelegenheit gegeben, ihr Lied wieder anzustimmen. Während das merkwürdige Lied die Luft erfüllte und die ägyptische Drachin wieder in den Himmel stieg wie ein strahlender Stern, wich der Einfluss der Sphinxhaare abermals, doch Jakes Kräfte waren derart erschöpft, das er sich nur mit Mühe bei Bewusstsein halten konnte. Er brauchte nur eine Pause...

 

Nun von der Sphinx befreit nahm Neferet wieder den Kampf auf. Blitze zuckten über den Körper der Sphinx, dessen verbrannter Flügel nutzlos durch die Luft schlug. Doch der andere intakte Flügel verursachte immer noch derartige Winde und Sandstürme, das es selbst der ägyptischen Drachin schwer fiel sich stabil in der Luft zu halten. Jakes Freund, der merkwürdige Mann, schoss Energiestrahl um Energiestrahl auf die Sphinx die vor Wut raste. Der andere Neuankömmling war dem Fluch der Sphinx erlegen und zu Stein geworden. Er hatte ihr in die Augen geblickt und sich den anderen Statuen hinzu gesellt. Diese finstere Sphinx, eine Ausgeburt des Gottes der Wüste persönlich, konnte nur von Drachen besiegt werden. Schon seit Urzeiten war sie immer wieder aufgetaucht und hatte Terror über Ägypten gebracht und sie, Neferet, war bereits die zehnte, aber auch die letzte in der Erbfolge der von den Göttern erwählten. Durch das Lied der Hathor war sie in der Lage, der lähmenden Wirkung der Sphinxhaare zu entgehen. Aber diesmal schien die Sphinx zu stark zu sein und dafür brauchte sie die Hilfe des anderen Drachen, Jake. Aber der war zu erschöpft um ihr helfen zu können, also richtete die Drachin ein Gebet an die Götter. Sie brauchte seine Unterstützung und er brauchte Kraft.

 

Erschöpft beobachtete Jake den Kampf der Drachin. Er musste ihr helfen, aber ihm fehlte die Kraft. Das Lied, das die Drachin sang veränderte sich urplötzlich etwas und vor ihm erschien eine lichte Gestalt. Es war eine Frau, aber sie besaß keinen menschlichen Kopf. Sie hatte den Kopf einer Löwin und Jake kannte sich zu wenig aus um sie zu erkennen, aber eines wusste er. Das war eine Göttin! Jake glaubte, das knurren aus hundert Löwenkehlen zu hören, als die Göttin vor ihm erschienen war. Dann streckte sie die Hand aus und mit einem mal durchfloss ihn reinste Kraft. Eilten ihnen die Götter wirklich zur Hilfe? Oder war das Neferets Verdienst? Immerhin hatte ihr Lied sich leicht geändert und in diesem Moment war die Göttin aufgetaucht. Jake neigte ehrfürchtig den Kopf und die löwenköpfige Göttin verschwand wieder, so schnell wie sie gekommen war.

Erfüllt von neuer Kraft schoss Jake wieder in den Himmel. Jetzt würde sich das Blatt wenden! Der rote Drache hielt auf den zweiten Flügel zu, der immer noch umher schlug wie wild. Diesmal würde er sich nicht treffen lassen! So konzentriert wie jetzt war Jake selten. Aber sie mussten diese Sphinx aufhalten. Koste es, was es wolle! Denn nur, wenn sie sie besiegten, würde der steinerne Fluch gebrochen werden! Sein inneres Feuer nahm immer mehr an Intensität zu während es seine Kehle hinauf kroch.

Näher und näher kam Jake dem umher schlagenden Flügel. Der andere, den er bereits entzündet hatte war nur noch ein verkohlter Rest. Keine Feder war mehr intakt und der Flügel hatte das meiste seiner Größe und Gewalt eingebüßt. Wenn er das selbe nun bei dem zweiten Flügel schaffte, so würden die Winde und die Sandstürme verebben. Jake öffnete sein Maul weit und eine gewaltige Flammenzunge züngelte daraus hervor, steckte die Federn des zweiten Flügels sogleich in Brand. Die Sphinx heulte auf und schlug nach Jake, aber diesmal war er vorbereitet und wich der riesigen Tatze aus. Augenblicklich verebbten die scharfen Winde und der umher fliegende Sand, was es den beiden Drachen einfacher machte, sich in der Luft zu halten. Cyborg schlug sich ebenfalls gut. Energiestrahl um Energiestrahl feuerte er auf die Sphinx, hielt sich dabei so weit entfernt wie möglich.

Jake flog wieder an Neferets Seite. Sie blickte ihn einmal an und er nickte ihr zu. Als die Sphinx wieder das Maul öffnete um zu brüllen, kam ihm eine Idee. Es war riskant, da er sich ihr dafür nähren musste. Mit Zeichen bedeutete er Neferet irgendwie, das er eine Idee hatte und was sie tun mussten. Die ägyptische Drachin nickte. Sie hatte verstanden. Beide Drachen tauchten ab und hielten auf das Maul der Sphinx zu. Diese schlug und schnappte nach ihnen, riss dann frustriert das Maul auf und brüllte. Darauf hatte Jake gewartet! Er spie einen so großen Feuerball wie er ihn noch nie zu Stande gebracht hatte. Neferet ihrerseits tauchte diesen Feuerball in knisternden Strom und flocht auch etwas von ihrem Licht hinein. Dieser Feuerball raste in das aufgerissene Maul der Sphinx, folgte ihrer Kehle hinab in ihre Eingeweide. Beide Drachen drehten ab, bevor die Sphinx sie mit ihren Tatzen wieder erwischen konnte. Vielleicht war die Sphinx von außen nur so hart zu verletzen. Vielleicht aber nicht von innen.

Jakes Einfall brachte einen überraschenden Erfolg. Die Sphinx begann sich vor Schmerzen zu krümmen. Schocks liefen durch ihren Körper, als stünde sie unter Strom. Dicker Rauch drang aus ihrem Maul hervor und aus ihrem Inneren drang immer mehr Licht hervor. Mit dem immer noch brennenden Flügel warf sich die Sphinx zu Boden, rollte und krümmte sich vor Schmerzen hin und her. Neferet sagte etwas zu ihm, aber er verstand sie nicht. Doch dann positionierte sie sich hinter ihm und ihre vogelartigen Klauen umfassten vorsichtig seine Schultern. Das Leuchten, das Neferet ausströmte übertrug sich nun auch auf Jake und er spürte ihren Herzschlag neben dem seinen und nun wusste er, was zu tun war. Beide Drachen vereinten ihre Kräfte und ihr Licht wurde so hell das es jeden blendete. Um die sich krümmende Sphinx erschien eine leuchtende Sphäre aus Licht und das darin gefangene Biest büßte immer mehr an Bewegung ein, bis es starr war wie eine groteske Statue. Neferets Lied, das in Jake wiederklang, als hätte man in ihm eine Saite angeschlagen nahm an Intensität zu. Die Sphäre mit der Sphinx darin bewegte sich auf ihr steinernes Ebenbild zu und tauchte dann unter ihr tief in die Erde ein. Neferets Lied verhallte mit einem alles abschließenden Klang.

Die steinerne Sphinx, die in Zukunft so viele Touristen anziehen würde, ruhte nun still als Wächter über dem Monster, das unter ihr versiegelt lag und mit der Versiegelung der schwarzen Sphinx klarte sich der Himmel auf. Die Sonne kehrte zurück, der drückende böse Einfluss schwand und mit ihm schwanden auch die Kräfte der beiden Drachen. Durch den urplötzlichen enormen Kraftverlust nahmen beide Drachen wieder menschliche Form an und fielen aus dem Himmel, zu kraftlos um sich irgendwie zu bewegen. >Das wird weh tun...< dachte Jake, während er den Boden näher kommen sah.

Doch seiner und Neferets Fall wurde abrupt gebremst, als sie jemand aus dem freien Fall heraus auffing. „Ich konnte nicht viel sehen“ sagte eine vertraute Stimme. „aber ihr habt echt tolle Arbeit gemacht!“ Danny brachte sie sicher zu Boden wo beide, Jake und Neferet erschöpft am Boden lagen. „Sowas habe selbst ich meinen Lebtag noch nicht gesehen!“ sagte Cyborg und lächelte sie vielsagend an. „Du bist... wieder entsteinert...“ keuchte Jake und sah Danny an. „Ja.“ antwortete der. „Ich weiß echt nicht, wie das Vieh es geschafft hat, einen Halbgeist zu versteinern... Ich weiß noch, wie ich dem Biest in die roten Augen gesehen habe und dann neben einem Gebäude wieder aufgewacht bin.“

„Ich nehme mal an, das direkter Blickkontakt mit der Sphinx all diese Menschen zu Stein verwandelt hat.“ sagte Cyborg und sah, wie die Arbeiter, die zuvor um die halb fertig gestellte Pyramide herum standen, wieder zu sich kamen. Doch die Statuen, die zerschlagen am Boden lagen blieben wie sie waren. Diese Menschen waren auf ewig verloren. Cyborg half Jake und Neferet auf. „Vielleicht sollten wir uns irgendwo hinbegeben wo wir ungestört sind.“ sagte er.

 

Zurück in Neferets Hütte saßen beide Drachen auf dem schmalen Schilfbett. So waren sie ungestört und die drei Fremden würden keine Aufmerksamkeit erregen. Je weniger Ägypter sie sahen umso besser. „Wir sollten uns zumindest ein paar Minuten ausruhen bevor wir weiter reisen.“ sagte Danny, der Spooky auf dem Arm hielt. „Wer weiß, in welche Situationen wir stolpern, wenn wir die anderen finden.“ So gern Danny auch direkt weiter wollte um Dan aufzuhalten, wusste er, das Überanstrengung durchaus tödlich enden konnte.

Neferet quälte sich irgendwann auf die Füße, zog Pflanzen von einer Schnur, die durch das Zimmer gespannt verlief und begann sie mit Steinen zu einem Brei zu zerstoßen. Jake hob den Arm und blickte auf einen der Verbände, den sie ihm angelegt hatte, als sie ihn vor den Hyänen gerettet hatte.

Nachdem sie die Pflanzen zu Brei zerstampft hatte suchte sie einige Streifen aus Stoff zusammen und kehrte damit zurück zu dem kleinen Bett. Sie sagte etwas, das von ihnen keiner verstand, aber als sie sich anschickte, Jakes Verbände zu lösen schüttelte der den Kopf. Sie sollte ihre eigenen Verletzungen behandeln und nicht die seinen und um ihr das klar zu machen nahm er etwas von der Paste, ergriff ihren Arm und schmierte den Brei auf eine der Wunden. Irritiert sah sie ihn an, aber verstand dann, was er vor hatte und lies ihn ihre Wunden behandeln. Wenn all das vorbei war würde Jake sicher eine bessere Behandlung für seine Wunden bekommen, aber zur Zeit war dies wohl die einzige Heilung, auf die sie bauen konnten. Neferet schien genau zu wissen, was die Pflanzen, die sie verarbeitete, konnten.

„Sag mal... Woher hast du eigentlich diesen kleinen Dino?“ fragte Jake dann. „Oh!“ antwortete Danny und sah den kleinen Weißen an, ehe er seine Geschichte von neuem erzählte. „Und... naja... so hab ich ihn irgendwie einfach mitgenommen.“ Jake streichelte den schuppigen Kopf des kleinen Wesens. „Ich hätte wohl das selbe getan.“ sagte er. Danny nickte.

 

Als sie sich soweit erholt hatten, stand Jake auf und wandte sich Neferet zu. „Also dann.“ sagte er, auch wenn sie seine Worte nicht verstand. „Wir müssen dann leider schon wieder aufbrechen.“ Er stellte sich zu Danny und Cyborg, während Danny das Stundenglas in die Hand nahm. Neferet trat auf Jake zu, legte ihm eine Hand auf den Arm und lächelte. Sie sagte etwas, als wolle sie ihm für ihre Hilfe danken, dann legte sie die Hände hinten an ihren Hals und entknotete ihren Halsschmuck, ehe sie vor trat und ihn Jake umlegte. Der blickte sie irritiert an, als sie zurück trat. Ein Abschiedsgeschenk? Er hob den edlen Halsschmuck an und betrachtete den skarabäusförmigen hellblauen Stein. Er neigte den Kopf. „Danke!“ sagte er und während Danny das Stundenglas aktivierte, verwandelte Neferet sich in ihre leuchtende Drachengestalt und stimmte ihr Lied an, während sie und die Umgebung verschwammen und auch ihr Lied leiser wurde und schließlich verebbte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und der nächste neue Charakter:

https://www.deviantart.com/kyuubidragon91/art/Neferet-882012333 Komplett anzeigen

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