Zum Inhalt der Seite

Die Wölfe 3 ~Der Pianist des Paten~

Teil III
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

~Morgenübelkeit~

Als Judy an diesem Morgen bei Tisch sitzt, bekommt sie schon wieder nichts herunter. Ganze drei Tage geht das nun schon so, dass sie sich am Morgen übergeben muss. Ob sie wohl krank wird? Über den Tag geht es dann wieder, aber sobald sie Frühs auch nur an Essen denkt, dann...

Schon allein beim Anblick der Pancakes auf ihrem Teller spürt sie, wie es ihr den Brechreiz in die Kehle treibt. Eilig schiebt sie das Essen weit von sich. Die Arme legt sie übereinander auf der Tischplatte ab und vergräbt das Gesicht seufzend dahinter. Trotzdem hat sie den Geruch noch viel zu deutlich in der Nase und muss noch immer mit sich kämpfen.

„Du siehst heute Morgen schon wieder so blass aus und hast kaum etwas gegessen. Du wirst doch wohl nichts ausbrüten, meine Kleine?“, fragt Susen und klingt dabei mal wieder wie ihre Mutter.

Judy brummt nur unwillig als Antwort und versucht die Übelkeit herunter zu kämpfen.

Susen erhebt sich und kommt um den Tisch herum, ihre Hand legt sie Judy auf die Stirn und fühlt ihre Körpertemperatur. „Also Fieber hast du schon mal keines“, stellt sie fest. Ein überlegendes Seufzen kommt ihrer Schwester über die Lippen, bevor sie fragt: „Hast du was Falsches gegessen?

„Ich habe noch gar nichts gegessen!“, nuschelt Judy auf ihre Arme. „Das geht jetzt schon seit drei Tagen so. Frühs bekomme ich einfach nichts mehr runter. Außerdem habe ich ständig so ein blödes Ziehen im Unterleib“, fügts sie genervt an,

Susens Atem stockt, nur um einen Moment später hektisch wieder einzusetzen. Die Hand der Schwester legt sich auf ihre Schulter, ihre Finger gräbt sie fest hinein.

Irritiert davon sieht Judy auf.

In Susens Gesicht liegt ehrliche Sorge. Weiß sie etwa was ihr fehlt und ist es etwas Ernstes? „Was habe ich mir eingefangen?“, fragt Judy mit einer deutlichen Note der Panik in der Stimme.

Auf Susens Wangen bilden sich rote Flecken, ihr Blick wird unstet und scheu. Das macht Judy nur noch mehr Angst. „Was ist?“, will sie wissen, doch ihre Schwester senkt den Blick und beißt sich auf der Unterlippe herum. Sie scheint nach Worten zu suchen, holt immer wieder Luft, als würde sie sprechen wollen, bleibt aber stumm. Schließlich heben sich ihre Schultern unter einem tiefen Atemzug, dann fragt sie: „Judy, also… die Frage ist etwas ungehörig aber, bist du mit der Männerwelt schon etwas vertrauter umgegangen?“

Judy hebt eine Augenbraue. Fragt ihre verklemmte Schwester sie gerade allen Ernstes, ob sie noch Jungfrau ist? Warum muss sie das wissen? Moment… Judys Augen weiten sich unter der Erkenntnis, die sich in ihre Gedanken frisst. „Nein! Nein! Nein!“, protestiert sie lautstark. Augenblicklich wird ihr bewusst, dass auch ihre Regelblutung ausgeblieben ist. Den zweiten Monat in Folge!

„Sam?“, fragt Susen weiter.

Sam? Mit dem hat sie seit Monaten nicht geschlafen. Sie kann also gar nicht schwanger sein. Erleichterung breitet sich in ihr aus und lässt sie aufatmen. Immerhin keimt nun die Hoffnung in ihr, dass ihr Zustand einen anderen Grund hat, doch dann wandert ihr Blick hinaus durch die Verandatür aufs Meer. Wie ein Blitz durchzuckt die Erinnerung an ihren Geburtstag sie. Hitze steigt ihr in die Wangen, während sich ein imaginärer Kloss in ihre Kehle presst und sie schwer schlucken lässt.

„Hey, das ist okay!“, sagt Susen und sieht an ihr hinab, einen Moment lang betrachtet sie Judys flachen Bauch. „Man sieht noch gar nichts. Sam wollte dich doch eh heiraten. Wenn ihr das schnell tut, wird keiner was merken!“

„Ich habe nicht mit Sam… er kann das nicht… wir haben ewig nicht…“, beginnt Judy stammelnd.

Susens Gesichtszüge entgleisen ihr, bleich wird ihre Haut. „Wer war es dann?“, will sie wissen.

Noch bevor Judy die Kraft findet, ihren Verdacht auszusprechen, wird ein Schlüssel in das Schloss der Haustür geschoben und gedreht, jemand öffnet und kommt herein.

„Guten Morgen Mädels! Ich habe Kuchen und Sekt dabei. Es gibt was zu feiern!“, sagt eine helle Frauenstimme. Robin kommt mit einem kleinen Karton der nahen Bäckerei und einer Flasche in der Hand herein. Als sich ihre Blicke, mit denen ihrer Schwestern trifft, fragt sie verwirrt: „Ist wer gestorben?“

Auch das noch! Was muss Robin ausgerechnet in diesem Moment auftauchen? Kann es denn noch schlimmer werden?

„Okay, okay… keine Panik! Es ist sicher noch früh genug, wenn wir sofort handeln, dann können wir es loswerden!“, sagt Susen bestimmt.

„Was?“, fragt Judy entsetzt und greift sich an den Bauch. Sie springt von ihrem Stuhl auf und bringt schützend Abstand zwischen sich und die große Schwester.

„Judy, ein Kind, noch dazu von einem Mann der dich sicher nicht heiraten wird? Dann kannst du dich nirgends mehr blicken lassen“, sagt Susen aufgebracht, während Robin zwischen ihnen hin und her sieht.

Panisch lässt auch Judy ihren Blick zwischen den Schwestern wandern. Das alles muss ein Irrtum sein. Ganz bestimmt hat sie nur was Verdorbenes gegessen!

Während Susen beginnt im Raum auf und ab zu laufen und etwas Unverständliches in sich hinein zu murmeln, geht Robin seelenruhig auf den Tisch zu und stellt Kuchen und Sekt auf ihm ab. „Unsere Kleine hat sich also Schwängern lassen?“, fragt sie ruhig.

„Habe ich nicht! Mir ist nur etwas schlecht gewesen, mehr nicht!“, protestiert sie.

„Wer ist der Vater?“, will Robin wissen, ohne ihre Worte ernst zu nehmen.

„Ich bin nicht schwanger!“, keift Judy weiter.

„Sie sagt Sam sei es nicht gewesen!“, antwortet Susen für sie.

„Hey! Tut nicht so, als wäre ich nicht da!“, schimpft Judy aufgebracht.

„Seid ihr euch überhaupt sicher? Bevor wir die schlimmsten Szenarien durchspielen, sollten wir das erst mal abklären“, schlägt Robin vor.

Susen hält in ihrer Wanderung inne. Sie betrachtet Judy von oben bis unten, dann will sie wissen: „Deine Regelblutung, bekommst du die noch?“

Judy beißt sich auf die Unterlippe und sieht unter dem strengen Blick der Schwester hinweg.

„Großartig!“, sagt diese, scheint ihr doch Judys Verhalten Antwort genug zu sein.

„Aber wer der Vater ist, wirst du doch wohl wissen, oder?“, fragt Robin. „Vielleicht bekommen wir ihn ja doch dazu dich zu heiraten, ich meine, bevor Vater ihn kalt macht!“

„Ich habe nur… also, ach!“ Judy dreht sich von ihren Schwestern weg und legt das heiße Gesicht in beide Hände. „Ich habe nur mit Enrico geschlafen.“

„Was?“, entfährt es Susen und Robin gleichermaßen laut.

Judy sinkt noch tiefer in ihrer Haltung zusammen. Seit dieser Nacht hat sie den Blonden bisher nicht wieder gesehen und dass obwohl sein bescheuerter Leibwächter behauptet hat, ihn ihr heil zurückzubringen. Da er sich nicht mehr gemeldet hat, dachte sie die Sache wäre einfach bedeutungslos gewesen und hat es abgehakt. Doch wenn dabei wirklich ein Kind entstanden ist, dann ist sie ruiniert. Robins Gedanke breitet sich in ihrem Geist aus. Ihr Vater wird ihn umbringen, also kurz nachdem er sie endgültig und für immer verstößt. Jetzt wo die Gefahr besteht, dass er sie nie wieder sehen will, wird die Sehnsucht nach dem Vater nur noch stärker. Immer mehr Tränen steigen in Judy auf, schließlich kann sie sie nicht mehr bändigen. Warm laufen sie ihr in die Hände.

„Dein Glück das Vater euch eh verkuppeln will. Sehen wir also zu, dass du schnell unter die Haube kommst!“, sagt Robin.

„Aber, aber…“, stammelt Judy aufgelöst. Heiraten? Daran hat sie zwar schon oft gedacht, aber gerade geht ihr das alles zu schnell und ihre Schwestern scheinen sie gerade nur an den erst besten verscharren zu wollen, damit sie nicht mit einem unehelichen Kind geschlagen ist. Susen überlegt sogar, ihr das Kind aus dem Unterleib zu holen und die ganze Zeit scheint ihr im Raum zu schweben, was sie doch für eine Schande über sich und die Familie gebracht hat. Das fühlt sich so beschissen an, dass Judy in die Hocke geht und zu wimmern anfängt.

Davon ungerührt unterhalten sich die Schwestern weiter. „Meinst du wirklich er wird sie heiraten? Der ist immerhin selbst noch ein halbes Kind!“

„Und das ist nicht das größte Problem mit ihm…“, murmelt Robin, als wenn sie etwas über Enrico wüsste, das unangenehm für Judy werden wird.

Die Erkenntnis lässt sie nur noch mehr heulen.

„Judy! Hör auf zu weinen! Wir müssen dafür eine Lösung finden!“, sagt Susen hart und packt sie am Arm. Sie zieht sie auf die Beine und bugsiert sie zu ihrem Stuhl zurück. Eindringlich sieht die große Schwester sie an, als sie ihr die Tränen aus dem Gesicht wischt und will dabei wissen: „Kannst du dir denn vorstellen den Kerl zu heiraten?“

„Na spätestens jetzt hat sie eh keine Wahl mehr!“, murmelt Robin.

„Ihr beiden seid echt zum Kotzen! Ihr redet hier über mein Leben, als wenn es nun vorbei wäre!“, schimpft Judy und versucht sich loszureißen, doch Susens Griff um ihr Handgelenk ist eisern.

Robin zuckt nur mit den Schultern. „Naja, ist es ja jetzt auch irgendwie!“, sagt sie ungerührt.

Judy wendet sich ihr zu, wütend funkelt sie die Schwester an. „Ich hasse dich!“, schreit sie sie an, doch Robin wirft ihr lediglich einen Handkuss zu. Das bringt Judy nur noch mehr auf die Palme. Ihre Schwestern sind zu nichts nütze, ganz besonders nicht in so einer Ausnahmesituation.

Susen legt ihre freie Hand um Judys Wange, sacht dreht sie ihren Blick, bis sie sich ansehen. „Wir können das Problem auch einfach beseitigen. Dann muss Niemand je davon erfahren!“, sagt sie sanft und mit einem fürsorglichen Unterton.

Wie ein Stich fahren ihr die Worte der Schwester ins Herz. Es beseitigen? Judy hat noch gar nicht über Kinder nachgedacht, sie war noch nicht mal wirklich für eine Hochzeit bereit, aber der Gedanke das ungeborene Leben in sich einfach auszulöschen, erscheint ihr so unendlich falsch. Immer wieder flutet die Nacht mit Enrico durch ihre Gedanken. Sie hat sich mit ihm so glücklich und wohl gefühlt, wie kann sie da das Ergebnis aus diesem schönen Moment einfach vernichten? Wieder wandert ihre Hand an den Bauch, legen sich ihre Finger schützend darüber. „Nein!“, schreit sie energisch und reißt sich mit aller Gewalt aus Susens Griff los.

Während Robin in aller Ruhe den Kuchen auspackt und sich eines der Stücken nimmt und abbeißt, fragt sie mit vollem Mund: „Also wenn du es behalten willst, dann sollten wir mit Enrico sprechen. Wenn er dich heiratet, was ja eh geplant war, gibt es doch kein Problem mehr. Naja bis auf Vater, dem sollten wir wohl einreden dass das Kind in der Hochzeitsnacht gezeugt wurde und ein bisschen zu früh auf die Welt gekommen ist!“

Judy fühlt eine imaginäre Schlinge, die sich um ihren Hals zuzieht. Hat sie denn wirklich nur die beiden Optionen? Wieder sammeln sich Tränen in Judys Augen, die sie dieses Mal jedoch schluckt.

„Magst du ihn denn überhaupt?“, will Susen wissen und legt ihre Hand auf Judys Kopf.

Judy schnieft und sieht unter dem Blick der Schwester hinweg auf ihren Bauch, als sie antwortet: „Schon, aber er hat sich ja nicht mehr gemeldet, also wird das wohl nicht auf Gegenseitigkeit beruhen.“ Eine Ehe aus Zwang, weil eben ein Kind unterwegs ist, das wird sie sicher beide nicht besonders glücklich machen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück