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Persona 3 -After the Years-

von

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XXXIII - Zuhören will gelernt sein


 

~~~Montag 30. Mai 2016~~~

 

Wie auch schon in den vorherigen Tagen hatten sich die vier Schüler während der Mittagspause auf dem Dach der Schule eingefunden, um ihr weiteres Vorgehen zu planen. Die Stimmung war heute deutlich besser, da sie es immerhin schon geschafft hatten, durch den Dungeon zu kommen und waren ihrem Ziel damit zum Greifen nahe. Haruka nutzte die Gelegenheit und erfragte sich weitere Informationen dazu, was sie als nächstes tun mussten, um Setsuna zu retten. Zum einen blieb ihr Vorhaben offen, sich mit der Schülerin Yamazaki zu unterhalten und zum anderen benötigten sie noch den Schlüssel, mit dem sie die Tür würden öffnen können.

„Wie genau sieht dieser Schlüssel denn aus?“, überlegte die Brünette und sah in den Himmel, der leicht mit Wolken behangen war, als Luca zu erklären begann, dass der Schlüssel wohl eine viereckige Form haben musste.

Worum es sich bei der Vertiefung, die in dem Loch war, handeln könnte, wusste er allerdings nicht. Auch Miyuki und Aiden waren da etwas planlos, weshalb sie versuchten, einen sinnvollen Zusammenhang zu finden.

 

„Mal überlegen, was ist viereckig?“, fing Miyuki an, was ihre Freunde dazu veranlasste, einige Ideen in den Raum zu werden.

Leider schienen alle Ideen nicht wirklich zu passen, weshalb Luca nachdenklich zu Aiden schaute: „Wenn wir mal versuchen, eine Parallele zu Tenno-chan zu ziehen, was könnte da passen?“

„Sorry, wenn ich das Thema wechsele, aber was genau war mein Schlüssel eigentlich?“, warf die Brünette ein, woraufhin sie eine lockere Antwort von dem Spanier bekam: „Ach, nur so ein Diadem, was du wohl mal bei einer deiner Misswahlen gewonnen hast.“

Für einen Moment wunderte sich die Brünette, dass gerade dieses Schmuckstück von ihr der Schlüssel war, doch dann verzog sie irritiert das Gesicht: „Wartet mal einen Moment... Das Diadem war in einer Schachtel, welche unter meinem Bett liegt. Wie seid ihr da drangekommen? Silva, bist du in meinem Zimmer gewesen?“

Erschrocken wich der Braunhaarige zurück und wedelte sofort abwehrend mit den Händen, da er in diesem Fall absolut unschuldig war, leider konnte er seine Unschuld nur auf eine Art beweisen: „Ich schwöre, ich war es nicht... Es war Aiden!“

Erschrocken fuhr die Brünette herum und starrte den Anführer der Gruppe an, der sich gerade ein Stück Fisch in den Mund stecken wollte, dabei jetzt allerdings innehielt: „Äh... ich kann das erklären.“

„Da bin ich aber gespannt!“, fauchte die Brünette, die es überhaupt nicht lustig fand, dass Aiden einfach so in ihrem Zimmer herumgeschnüffelt hatte.

 

Sich der Gefahr vollkommen bewusst, begann Aiden zu erzählen, wie er damals von Rigel zum Haus der Mechanikerin gelotst worden war und anschließend durch ihren Großvater Zutritt zum Haus bekommen hatte. Nach der Erzählung erhob er sich und verneigte sich so tief er konnte, denn er war sich bewusst, dass er damals wirklich eine Grenze überschritten hatte, allerdings hatte es keine andere Wahl gegeben. Zwar war die Brünette ziemlich wütend über diese Erkenntnis, allerdings sah sie auch ein, was der Grund für die Aktion gewesen war.

Sie seufzte ergeben auf und schenkte Aiden ein sanftes Lächeln, bevor sie sich wieder hinsetzte: „Es... ist okay, Kurosaki-kun. Aber bitte, mach das nicht wieder, denn sonst…“

„Versprochen, Tenno“, gab der Braunhaarige reumütig zurück und aß nun weiter seinen Fisch, wobei der unvollendete Satz der Mechanikerin ihn etwas beunruhigte.

Miyuki atmete einmal erleichtert aus, nachdem sich die Situation etwas beruhigt hatte und sah dann in die Runde: „Um wieder aufs Thema zu kommen. Wir brauchen also ein Objekt, was für Akutagawa dieselbe Bedeutung hat, wie das Diadem für Haruka-chan?“

„Scheint so, aber jetzt bleibt die Frage, was das Teil für Tenno bedeutet?“, führte Luca die Überlegung weiter und sah zu seiner Klassenkameradin, die nachdenklich die Augen schloss und den Kopf senkte: „Naja, es ist... kompliziert. Zum einen erinnert es mich an diese Folter, die meine Mutter mir immer aufgezwungen hat, aber auf der anderen Seite erinnert es mich an meinen Vater. Er hat mich damals unterstützt, als ich gewonnen hatte.“

 

Aiden blies sich seinen Pony aus dem Gesicht und legte sich auf eine der Holzbänke, um in den Himmel zu schauen. Seine Gedanken kreisten um das eben gesagt und wie sie es jetzt würden lösen können.

Als ihm nichts einfallen wollte, setzte er sich auf und erhob sich dann von der Bank: „Es hilft nichts, wir werden uns heute Abend darüber unterhalten müssen.“

„Ja, aber wir können immer noch versuchen, mit Yamazaki-san zu reden“, ergriff Miyuki das Wort und stand ebenfalls auf, wurde jedoch fragend angeschaut.

„Sagtest du nicht, dass der Club Dienstags wäre? Es ist Montag“, wunderte sich Luca und stützte das Kinn auf der Hand ab, was die Grünhaarige verlegen auflachen ließ: „Ja, stimmt schon, aber sie geht auch oft außerhalb der Zeit in den Raum. Wir können es heute also versuchen, wenn ihr wollt.“

„Klingt nach einem Plan!“, rief Luca und sprang auf, doch wurde sein Enthusiasmus von Haruka gebremst: „Habt ihr nicht alle heute eure Sportclubs?“

Mit einem gequälten Laut ließen die drei Sportler die Köpfe hängen, denn daran hatten sie gar nicht mehr gedacht, allerdings würden sie sich hüten, ihre Kurse zu schwänzen. Aiden wollte sich lieber nicht ausmalen, was Masao ihm für eine Standpauke verpassen würde, wenn er einfach den Club schwänzte.

 

Mit hängenden Köpfen machten sie sich dieses Mal früher auf den Weg zurück in die Klasse, doch trafen sie im Treppenhaus auf Sakura, die sie etwas missmutig anstarrte.

Der Blick der Rosahaarigen wanderte von Luca zu Miyuki, dann zu Aiden und anschließend zu Haruka: „Du... bist in letzter Zeit recht häufig mit ihnen beim Mittagessen, Haru.“

„Oh, naja... Ja, wir verstehen uns halt gut“, gab die Brünette etwas hilflos zurück, doch hatte gerade diese Aussage ihre Freundin wohl schwer getroffen: „Verstehe... Für mich hast du dann wohl keinen Platz mehr, oder?“

Das Gespräch sorgte bei allen Anwesenden für ein unangenehmes Gefühl und Aiden fühlte sich irgendwie dafür verantwortlich. Tatsächlich hatte Haruka bei ihrem ersten Treffen auf dem Dach erwähnt, dass sie Sakura vertröstet hatte und da sie in den letzten Tagen regelmäßig in der Pause einen Krisengipfel gehabt hatten, war die Rosahaarige dementsprechend oft abserviert worden. Leider schien die Brünette auch keine vernünftige Erklärung zu haben, denn sie zog lediglich den Kopf ein und lief an ihrer Freundin vorbei: „Es tut mir leid, Saku, aber ich kann es nicht erklären.“

 

Um einem unangenehmen Gespräch weiter aus dem Weg zu gehen, stahlen sich Luca und Miyuki an Sakura vorbei und verschwanden im Flur, doch kam Aiden nicht an ihr vorbei.

Er hasste solche Situationen, doch musste er mit ansehen, wie der Rosahaarigen die Tränen in die Augen stiegen: „Habe ich irgendwas getan, weshalb sie mir böse ist? Sie hat mich noch nie gemieden.“

Verzweifelt suchte Aiden nach einem Ausweg, allerdings klang alles in seinem Kopf wie eine billige Ausrede, die er der Schülerin jetzt nicht auftischen wollte.

Er musste sich etwas einfallen lassen, als ihm nur eine Sache einfiel: „N-naja, sie wohnt jetzt bei uns und muss sich noch einleben, vermutlich will sie dich nicht mit ihren Problemen belagern.“

„Bei dir und Nobiro verstehe ich es ja, aber warum Silva? Sie hasst den Typen“, gab die Rosahaarige zurück und starrte ihren Teamkollegen an, der sich durch die Haare fuhr: „Also... was anderes will mir nicht einfallen, a-aber... Sie wird ja ihre Gründe haben, um dich nicht in die Gespräche einzubinden.“

Keins der Wörter wollte die junge Frau irgendwie aufheitern, was Aiden langsam wirkliche Gewissensbisse verpasste.

Dann stellte sie aber eine Frage, die ihn wirklich an den Rand brachte: „Worüber redet ihr eigentlich in der Pause, dass sie mich nicht dabeihaben will?“

 

Nun hatte er ein Problem, denn Lügen war etwas, was Aiden nicht sonderlich gut konnte. Er verriet sich oft, also musste er eine Ausrede suchen, bei der es sich nicht um eine Lüge handelte. Schnell ging er im Kopf alles durch, worüber sie sich unterhalten hatten, doch kam ihm nur ein Thema in den Sinn, welches nichts mit den Shadows zu tun hatte: Die Sportclubs.

Doch genau dieses Thema brachte ihn auf eine Idee, die er versuchen wollte, weshalb er ein nachdenkliches Gesicht machte: „Naja, hauptsächlich fragt sie uns über unsere Hobbys und die Sportclubs aus... Warte mal. Weiß Tenno, dass du im Kendoclub bist?“

Nun blinzelte Sakura einen Moment verdutzt, jedoch bejahte sie die Frage mit einem Nicken, was sie aber sofort die Augen aufreißen ließ: „Oh nein, sag mir nicht... Ich glaube ich weiß, was das Problem ist.“

 

„Ach wirklich?“, stammelte Aiden leicht verunsichert, doch dann seufzte seine Kollegin auf und wischte sich kurz über die Augen: „Sie weiß, dass du auch im Kendoclub bist und vermutlich will sie mich von dir fernhalten, damit du mich nicht mit deinem Clubkameraden in Verbindung bringst.“

Aiden wusste nicht, wie das Gespräch so hatte verlaufen können, doch spielte es ihm perfekt in die Karten.

Aus diesem Grund ließ er sich sofort auf den Weg ein und schlug sich gespielt gegen die Stirn: „Deshalb fragt sie mich dauernd über meine Teamkollegen aus! Dieses durchtriebene Weib!“

„Eigentlich wäre es einfacher, wenn wir ihr einfach die Wahrheit erzählen, dann muss sie nicht weiter diese Heimlichtuerei auf sich nehmen. Ich bin so erleichtert, ich dachte schon, sie wäre sauer auf mich“, seufzte die Rosahaarige erleichtert auf und lächelte fröhlich, als Aiden sie kurz antippte: „Es mag zwar riskant sein, aber vielleicht solltest du heute mal vom Club wegbleiben und was mit Tenno unternehmen. Ich wette, es ist für euch beide gut.“

„Meinst du? Vielleicht hast du recht. Danke, dass du mir zuhörst, Aiden-kun. Du bist schwer in Ordnung“, grinste das Mädchen und eilte dann die Treppe hinunter, als die Schulglocke ertönte.

Nun musste auch Aiden sich beeilen, um rechtzeitig zurück in die Klasse zu kommen, allerdings störte ihn das weniger, denn schließlich hatte er gerade so ein anderes Problem abwenden können.

 

Der restliche Tag verging schneller als er erwartet hätte, weshalb er sich für eine Weile von Miyuki verabschiedete, um sich zum Kendoclub zu begeben. Da Sakura heute nicht dabei war, musste sich Aiden einen neuen Trainingspartner suchen und zu seiner Freude war Masao bereit, ihm wieder bei seinem Einhandtraining zu helfen. Zwar sah man dem Älteren seine Skepsis diesem Stil gegenüber immer noch an, doch tat er sein Bestes, um Aiden so gut es ging zu unterrichten. Am liebsten hätte der Braunhaarige voll aufgedreht, um seinen Senpai von der abwesenden Nozaki abzulenken, allerdings steckte ihm die gestrige Erkundung zu tief in den Knochen und bremste ihn aus. Natürlich entging das dem Lilahaarigen nicht, doch konnte Aiden ihn davon überzeugen, dass er es wohl bei seinem Privattraining ein wenig übertrieben hatte. Kaum hatte er das gesagt, begann Masao damit, ihn mit allen möglichen Fitnesstipps zu bombardieren, vor allem damit, wie man Muskelkater am besten Vorbeugen konnte. Ein wenig störte es seine Konzentration, wenn sein Senpai ohne Unterbrechung redete, doch auf der anderen Seite freute er sich darüber, dass sich Masao so um ihn sorgte. Leider gab es neben dem Älteren noch etwas, was Aidens Konzentration störte und das war der Blick auf die Uhr.

Auch dies entging dem Lilahaarigen nicht, der nun fragend eine Augenbraue hob und seinem Blick folgte: „Sag mal, warum guckst du dauernd auf die Uhr, Kurosaki?“

„Was? Äh, also weißt du... Ich habe nachher noch einen Termin und muss daher wirklich pünktlich gehen“, stammelte er etwas nervös und kratzte sich an der Wange, während sein Senpai verstehend nickte und dann mit den Achseln zuckte: „Weißt du was? Du bist immer länger da und hilfst Nozaki-kun dabei aufzuräumen, also sind heute mal die anderen dran. Geh zu deinem Termin und wir sehen uns dann am Mittwoch.

 

Erstaunt sah der Braunhaarige seinen Teamkapitän an, der sich nun an die anderen wandte und ihnen erklärte, dass sie heute mit aufräumen dran waren. Aiden verneigte sich respektvoll vor seinem Senpai, bevor er schnell aus der Halle hechtete. Um nicht zu viel Zeit zu vergeuden, machte er nur eine schnelle Katzenwäsche, bevor er die Kleider wechselte und dann den Sportkomplex verließ. Langsam marschierte er anschließend durch den Gang, in dem sich die Räume für die eher kreativen Schulclubs befanden. Ein wenig unfair fand Aiden die Aufteilung schon, wenn man bedachte, dass die Sportclubs einen gesamten Komplex hatten und die anderen Räume sich in einem Schulflur befanden. Er ließ kurz den Blick schweifen, doch war von Luca und Miyuki noch nichts zu sehen, weshalb er sich alleine auf die Suche nach dem Kunstclub machte. Er brauchte auch nicht lange zu suchen, bis er den gewünschten Raum fand. Vorsichtig horchte er an der Tür, um zu erfahren, ob sich jemand in dem Raum befand, doch konnte er leider nichts hören. Leider blieb ihm jetzt nichts anderes übrig, als sich die Zeit anderweitig zu vertreiben, weshalb er ein wenig auf seinem Handy herumspielte. Bei einer Nachricht von Kari musste er grinsen, als sie ihm schrieb, wie sie in der Schule die beste Matheklausur geschrieben hatte.

 

Er war so in sein Handy vertieft, dass er Miyuki nicht bemerkte, die mit nassen Haaren neben ihm zum Stehen kam und ihre Uniform etwas richtete: „Entschuldige, dass ich so spät bin, aber ich musste ganz dringend duschen.“

Nun hatte Aiden sie bemerkt und musterte sie von der Seite, wobei er Miyuki nun zum ersten Mal mit offenen Haaren sah. Im offenen Zustand reichten ihre Haare bis knapp zu den Schulterblättern, doch wirkten sie durch die Nässe etwas zu platt.

Er musste kurz lachen, ehe er sein Handy wegpackte und die Hände in die Hosentaschen steckte: „Macht nichts. Ich konnte leider nicht hören, ob jemand im Raum ist und ein Fenster hat die Tür auch nicht.“

„Du hättest einfach mal rein linsen können, weißt du?“, schlug die Grünhaarige vor, doch schüttelte Aiden schnell den Kopf: „Und wie hätte ich das erklären sollen? Du hast wenigstens eine legitime Ausrede für dein Kommen, falls Yamazaki nicht da sein sollte. Ich hab keine.“

Auf die Aussage nickte die junge Frau verstehend und ließ anschließend den Blick schweifen, wobei ihr Blick an Luca hängen blieb, der langsam auf sie zugeschritten kam. Kurz hob der Spanier die Hand zum Gruß, ehe er mit der Hand eine kreisende Bewegung machte und dann auf die Tür deutete. Für einen Moment sahen die drei zusammen auf die Tür, ehe die beiden Jungs zu Miyuki schauten. Etwas verunsichert sah die Grünhaarige zwischen ihren Freunden hin und her, bevor beide mit dem Kopf in Richtung Tür deuteten und ihr zu verstehen gaben, dass sie diese öffnen solle. Mit einem leicht missgelaunten Murren klopfte Miyuki an die Tür, nur um sie kurz darauf aufzuziehen und in den Raum zu schauen.

 

Luca und Aiden traten hinter sie und taten es ihr gleich, wobei sie einen Kreis aus Staffeleien zum Zeichnen und mehrere Holzhocker entdeckten. Auf einem der Hocker saß ein Mädchen mit langem, hellblondem Haar, welches den Blick fest auf ihre Staffelei gerichtet hatte, allerdings im Moment nichts zu zeichnen schien. Immer wieder kam ein leises Murren von der Blondine, bevor sie ihren Stift an die Staffelei setzte, dann aber sofort wieder wegnahm.

„Das Gefühl kenne ich. Du willst was zeichnen, aber dir fehlt die Inspiration und das Motiv“, murmelte Miyuki und nickte verstehend, doch war Aiden nicht hier, um über Kunst zu diskutieren.

Vorsichtig machte der Braunhaarige einen Schritt vor, bevor er sich räusperte, um auf sich aufmerksam zu machen: „Entschuldige bitte, aber... Bist du Yamazaki-san?“

Mit einem neugierigen Laut drehte das blonde Mädchen sich auf ihrem Platz um und sah das Trio mit ihren rotbraunen Augen skeptisch an: „Was wollt ihr? Und ja, ich bin Yamazaki.“

„Oh gut, dann haben wir die Richtige gefunden. Wir wollten uns kurz mit dir unterhalten“, setzte der Braunhaarige wieder an, doch wandte sich das Mädchen von ihm ab: „Ich bin hier beschäftigt, falls du das sehen kannst.“

Es war klar, dass ihr momentan wohl nicht nach reden zumute war, doch leider machte Luca es nur schlimmer: „Womit denn? Damit, ein leeres Blatt anzustarren?“

Die Aussage schien gesessen zu haben, denn die Blondine sog scharf die Luft ein, während sich der Griff um ihren Stift so sehr festigte, dass man um die Unversehrtheit des Stiftes fürchten musste.

 

Schnell machte Miyyuki einen Schritt vor und tippte mit den Zeigefingern gegeneinander: „Wir wollen dich nicht lange stören, Yamazaki-san, aber... es geht um einen Bekannten von dir, Akutagawa Setsuna.“

Nun war anscheinend die Neugier des Mädchens geweckt, denn sie wandte ihren Clubkameradin neugierig den Kopf zu: „Was ist mit ihm? Ich habe gehört, dass er angeblich von Zuhause abgehauen sein soll.“

„Er soll abgehauen sein?“, wiederholte Luca etwas ungläubig und hob skeptisch eine Augenbraue, woraufhin die Blondine nur mit dem Achseln zuckte: „Ich kann nur das sagen, was ich gehört habe. Schließlich ist er seit mehr als einer Woche verschwunden. Entweder er ist weggerannt oder er wurde gekidnappt.“

Die Gleichgültigkeit, mit der das Mädchen die beiden Möglichkeiten aussprach ließen das Trio etwas erschrocken zurückweichen, doch fing Aiden sich schnell wieder: „Dir scheint das ja relativ egal zu sein, so wie du klingst.“

„Ich habe genug eigene Probleme, um mich auch noch um diesen Kindskopf zu kümmern“, murrte Yamazaki und musterte Aiden mit ihren rot-braunen Augen, die fast so wirkten, als würden sie sich gleich in ihn hineinbohren.

 

Mit einem langen Seufzer ließ der Braunhaarige kurz den Kopf hängen, bevor er sich wieder zu Wort meldete: „Eigentlich wollten wir dich zu einer Sache mit Akutagawa fragen, die uns erzählt worden ist. Er... hat dich mal auf ein Date eingeladen, richtig?“

Erstaunt riss das Mädchen die Augen auf und blinzelte ein paar Mal verdutzt, bevor sie den Kopf heftig schüttelte und mit leicht geröteten Wangen wieder auf ihr Blatt schaute: „Wo habt ihr das denn her? Hat Kuno-kun wieder blödes Zeug erzählt?“

„Kuno-kun? Keine Ahnung wer das ist, aber anhand deiner Reaktion stimmt es, oder?“, grinste Luca und lehnte sich gegen einen Schrank, während er auf eine Reaktion der Blondine wartete, die ihn nur böse anfunkelte: „Auf ein Date einladen kann man das nicht nennen. Er hat sich nur was zurecht gestammelt.“

Kurz tauschte das Trio einen erstaunten Blick, bevor Aiden sich neben Yamazaki stellte: „Also stimmt es. Angeblich hast du ihn abblitzen lassen, weil er zu kindisch und unsicher war. Ich meine, Neo Featherman? Das ist schon etwas sehr sonderbar.“

„Was wird das hier? Ein Verhör? Wollt ihr mir jetzt die Schuld für sein Verschwinden geben?“, fauchte die Blondine und sah Aiden an, der allerdings nur langsam den Kopf schüttelte: „Nein, das will ich nicht. Akutagawa ist ein guter Freund einer Freundin von mir und... sie macht sich Sorgen. Wir suchen nach Anhaltspunkten, weshalb er verschwunden sein könnte.“

 

Mit einem leisen „Ach so“ sah das Mädchen wieder zu ihrer Staffelei, bevor sie seufzte und begann, ihre Sachen zusammen zu packen: „Es ist ja nicht so, als ob mich der Film nicht interessiert hätte.“

„Aber?“, hakte Miyuki nach und machte große Augen, als Yamazaki sich ihr zuwandte und dann ihre Tasche schultere: „Sei doch mal ehrlich, Nobiro-senpai, was will man als Mädchen mit einem Typen, der sich nicht mal sicher ist, ob er einen daten will oder nicht?“

Wieder sah sich das Trio an, ehe es einfach aus Miyuki herausbrach: „Warte, als du sagtest, dass er mal seine Prioritäten klären solle, da hast du lediglich sein Gestottere gemeint? Wenn er dich also klar gefragt hätte, hättest du zugesagt?“

„Ich hätte zumindest darüber nachgedacht, sagen wir es so. Wenn ihr mich jetzt entschuldigt, ich habe noch etwas zu erledigen. Einen unschönen Nachmittag wünsche ich“, murrte die Blondine, bevor sie aus dem Raum stolzierte.

 

Die Aktion hatte das Trio etwas aus der Bahn geworfen, weshalb sie sich kurz ansahen und dann wieder zur Tür schauten. Aiden und Miyuki verzogen kurz das Gesicht und machten sich ihre Gedanken zu dem Mädchen, als Luca leicht auflachte: „Wow, das Mädel nimmt echt kein Blatt vor den Mund, aber mal ehrlich, was hat uns das jetzt gebracht? Ich meine, außer dass wir angemeckert wurden.“

„Nun, wir haben etwas erfahren, was unsere bisherigen Erfahrungen ergänzt. Lasst uns nach Hause gehen, dann gehen wir nochmal alles durch“, beschloss Aiden und winkte seine Freunde mit sich, wobei er bemerkte, wie Miyuki noch schnell zu einer anderen Staffelei lief und das Bild davon mitnahm.

 

Einige Zeit später saß das Quintett im Foyer des Wohnheims zusammen, um die neuen Erkenntnisse mit Mirai und Haruka zu teilen. Die Silberhaarige war alles andere als glücklich darüber, dass ihre Freunde solche Fortschritte bei der Ermittlung machten, sie selbst allerdings mal wieder vollkommen nutzlos zu sein schien. Sie seufzte und machte sich in ihrem Sessel ein wenig kleiner, während Haruka sich mit den anderen über das heute erfahrene unterhielt.

„Okay, also wie genau können wir die Dinge, die wir erfahren haben, nutzen, um Setsuna zu helfen?“, warf die Brünette schlussendlich in den Raum und sah vor allem zu Aiden, der Kiara auf dem Schoß hatte und ihr die Ohren kraulte: „Wie wir bei Luca, Miyuki und auch bei dir gesehen haben, ist es wichtig, dass man mit seinem Shadow irgendwie ins Reine kommt. Alleine ist das aber extrem schwer, da du sofort dazu neigst, auf defensive zu schalten und alles abzublocken.“

„Daher müssen wir wissen, wie Akutagawa-kun tickt, damit wir ihn unterstützen können“, führte Miyuki fort und sah in die Runde, wo Mirai leise murmelte: „Also fassen wir nochmal alles zusammen, was wir über ihn wissen. Was meint ihr?“

„Klingt gut. Kann jemand mitschreiben?“, erkundigte sich der Anführer, als die Grünhaarige sich bereits mit einem Blick und einem Stift bewaffnet hatte: „Sekretärin Miyuki, bereit zum Diktat.“

 

„Okay, fangen wir mal mit der ersten Szene an, die wir gehört haben“, begann Luca zu sprechen und setzte sich dabei bequemer hin, „Ihm wurden seine Spielsachen weggenommen, weil andere Schüler es für uncool und kindisch gehalten haben. Fazit: Er wird für seine Vorlieben gemobbt.“

Ein einstimmiges Nicken ging durch die Gruppe, bevor Mirai das Wort ergriff: „Das zweite war eine Unterhaltung mit seiner Mutter, welche ihn für seine harte und gute Arbeit belohnen wollte. Es endete damit, dass er sie deswegen angeschnauzt hat, dass er diesen Kinderkram nicht mögen würde. Am Ende hat er sich aber leise entschuldigt.“

„Warte, du hast das auch gehört?“, wunderte sich Aiden, der sich damals nicht sicher war, ob er das wirklich gehört hatte, doch zu seinem Erstaunen nickten alle seine Freunde, ehe Mirai weiterredete: „Scheint so, oder? Wie hat Luca es formuliert? Fazit: Er verleugnet seine eigenen Vorlieben und versucht, sich erwachsener zu benehmen, was ihn aber nur noch kindischer wirken lässt. Was für ein Mist.“

„Wartet, so schnell kann ich nicht schreiben!“, rief Miyuki aus und kritzelte auf dem Block herum, bevor sie zu Aiden schaute: „Okay, jetzt könnt ihr weiter machen.“

 

Der Braunhaarige ließ sich die dritte Szene noch einmal durch den Kopf gehen und verknüpfte sie mit dem, was er heute erfahren hatte: „Die dritte Sache war ein Gespräch mit Yamazaki, bei der er wohl versucht hat, sie etwas anzubaggern. Da er allerdings aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen etwas zurückhaltender und nervöser agiert hat, wurde er abgewiesen. Ich habe dieses Mal kein Fazit, sondern eher eine Vermutung. Yamazaki meinte, dass sie ihn abgewiesen hat, weil er ihr zu unsicher gewirkt hat. Ich glaube allerdings, dass Akutagawa es so aufgefasst hat, dass sie ihn auch wegen seiner Vorlieben weggestoßen hat. Kinder, sorry, dass ich ihn so betiteln muss, neigen dazu, Aussagen, die ihnen nicht gefallen, schnell mal in den falschen Hals zu kriegen. Er wurde abgewiesen und hat es sofort negativ aufgenommen, anstatt sich zu fragen, ob mehr dahinterstecken könnte.“

„Klingt logisch, wenn du mich fragst“, brummte Luca und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, während er an die Decke schaute und nachdenklich mit der Zunge schnalzte.

Als letztes war Haruka an der Reihe, die bedrückt den Kopf senkte: „Als letztes habe ich ihm wohl den Gnadenstoß verpasst, weil ich ihn auch abgewiesen habe. Aber es ist, wie Kurosaki-kun es eben schon gesagt hat, er hat überreagiert und sich nicht gefragt, was wirklich dahintersteckt. Selbst, als ich es ihm erklären wollte, hat er nicht zuhören wollen.“

 

Während Miyuki noch die letzten Informationen notierte, stieß der Rest der Gruppe ein nachdenkliches Brummen aus, bevor die Grünhaarige sich selbst noch einmal alles durchlas: „Okay, ich denke, das war alles. Was genau machen wir jetzt damit?“

Für eine Weile herrschte komplette Stille im Raum, welches lediglich durch das Ticken der Uhr oder das Kratzen von Kiara unterbrochen wurde.

Dann nickte Aiden und setzte sich auf: „Ich sehe es so: Er hat seine Vorlieben, aber weil er dafür gemobbt und bedrängt wird, versucht er krampfhaft, erwachsen zu sein. Das gelingt ihm aber nicht, weil immer wieder seine normalen Reaktionen durchkommen, so auch die Tatsache, dass er Tenno wie ein Kleinkind anspringt und umarmt. Er hasst es, wie er behandelt wird und wie er ist, weshalb er es ändern will. Auf der anderen Seite kann er es aber nicht, weil er zu sehr an dem hängt, was er ist.“

„Ein klassischer Teufelskreis, würde ich sagen. Das ist jetzt meine Meinung, aber wenn er jemanden hat, der ihn unterstützt und ihn Aufbaut, dann kann er auch sehr gut so durchs Leben gehen, wie er ist“, brummte Mirai und strich sich durch ihren Pony, während sie zustimmendes Nicken erntete.

 

Luca stand mit leichtem Schwung auf und streckte sich einmal, bevor er in Richtung Tür ging: „Gut, wir wissen also, was den Kleinen bedrückt und vermutlich hat Tenno bereits eine herzzerreißende Rede, die sie ihm sagen will, wenn sie ihn wiedersieht. Jetzt fehlt uns nur noch der Schlüssel, um diese doofe Tür zu öffnen.“

„Darum kümmern wir uns im Laufe der Woche, aber jetzt sollten wir erst einmal versuchen, uns von den letzten Tagen zu erholen. Ganz ehrlich, ich glaube, ich werde die nächsten beiden Tage im Kendo ausfallen lassen. Mir tut alles weh“, murmelte Aiden und rieb sich den Nacken, was seinen besten Freund auflachen ließ: „Kann ich verstehen, geht mir nicht anders. ich verzieh mich dann mal nach Hause und verpflanze mich in die heiße Wanne. Gute Nacht, Amigo, Señoritas.“

Damit spazierte der Spanier aus dem Wohnheim und ließ seine Freunde alleine, die sich nun ebenfalls erhoben, um sich die verdiente Ruhe zu gönnen, die in den letzten Tagen sehr zu kurz gekommen war.

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: ShioChan
2023-02-22T09:29:46+00:00 22.02.2023 10:29
Guten Morgen Fubuki-kun,

Endlich wieder ein neues Kapitel. ^____^ Ich freu mich da echt immer drauf, die zu lesen. =D
Und auch dieses Kapitel fand ich wieder echt toll. ^___^

Es geht also dran Hinweise für das Verhalten von Setsuna zu finden und diese zusammenzutragen. Das kann schon ziemlich verzwickt sein.

Zusätzlich kommt auch noch das Problem auf, dass Haruka irgendwie von einem Fettnäpfchen ins nächste Tritt. Aber ehrlich, sie ist nicht der feinfühlig. Erst tritt sie Setsuna auf den Schlips, auch wenn er es eher durch sein Verhalten falsch versteht. Und nun auch noch Sakura. Ich habe das Gefühl, Haruka muss etwas mehr lernen, auf die Gefühle anderer acht zu nehmen. ^^" Ich hoffe mal, dass das nicht irgendwann für sie zum Problem wird.

Und da haben sie Yamazaki gefunden, allerdings scheint es sich mit ihr nicht gut reden zu lassen. Sie hat Setsunas Schüchternheit also auch einfach nur falsch aufgefasst und ihn deshalb abgewiesen. Wobei man das auch anders hätte formulieren können. Oder anders reagieren? Keine Ahnung.
Jedenfalls habe ich das Gefühl, der Dungeon baut auf ziemlich vielen Missverständnissen auf, zusätzlich zu Setsunas Problem mit dem Mobbing. Oh man. Der Junge hat ganz schöne Probleme...

Jetzt fehlt nur noch der Schlüssel. Hoffen wir, dass die Gruppe den schnell findet. Damit es weitergeht.

Ich freu mich schon aufs nächste Kapitel.
Bis dahin
Shio~


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