Zum Inhalt der Seite

The fragrant Flower

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Maiglöckchen


 

[[BILD=8424787.png]]
 

„Ein Magier“, erklärte Milo, da er das Gefühl hatte ein Gespräch starten zu müssen, um die unangenehme Stille zu beenden.

„Das dachte ich mir schon.“ Fenin wirkte so gelassen wie immer, was schließlich auch den Mann etwas beruhigte. „Hätte nicht gedacht, dass ich hier einem über den Weg laufe.“

„Bist du schon einmal einem begegnet?“ Auf seine Frage nickte Fenin knapp.

„Gerade in der Nähe großer Städte trifft man sie vermehrt an. Sie reden immer davon, die einfachen Bürger vor Monstern zu schützen, verbringen dann aber den Großteil ihres Lebens mit dem Aneignen von Wissen in den Städten oder lassen sich von Adligen kaufen. Ein Grund mehr, sich von so großen Ortschaften fernzuhalten. Zumindest, wenn man nicht als Versuchskaninchen enden will.“ Milo zog ob der plötzlichen Gesprächigkeit des anderen eine Braue hoch.

„Er hat jetzt nicht den Eindruck gemacht, als würde er dich verfolgen wollen.“

„Er befindet sich auch hier in einer ländlichen Siedlung“, entgegnete Fenin und machte Milo damit deutlich, dass es sich um eine Ausnahme handeln musste.

„Und ist das Wissen, das sie besitzen... korrekt?“ Nicht nur äußerte er seine Frage zögerlich, auch wandte der Mann seinen Blick ab.

„Was hat er dir erzählt?“, erkannte Fenin sofort die Absicht hinter seiner Frage.

„Ist das wichtig?“ Kurz wurde es still, bis Milo wieder aufschaute und in die hellen Augen des anderen blickte, der ihn eindringlich musterte.

„Wenn du mir nicht traust, warum bist du dann hierher gekommen?“ Sofort ärgerte er sich wieder über sein unbedachtes Handeln, aber auch über Fenin, dass dieser ihm nun die Schuld geben wollte. „Ich kann dir nicht sagen ob das Wissen, über das ein Magier den ich nicht kenne verfügt, wahrheitsgemäß ist“, antwortete Fenin ihm letztendlich doch auf seine Frage.

„Was willst du von mir?“ Die Frage platzte geradezu aus Milo heraus. Es war nicht das erste Mal, dass er sie stellte und erwartete daher nicht wirklich, dass er eine andere Antwort bekam. Dennoch beschäftigte ihn die Sache mit dem Seelenfressen genug, so dass er es ansprechen wollte. Oder es so zumindest versuchte. Fenin schaute ihn nur skeptisch an, ehe er antwortete.

„Milo, ich folge dir, seit du ein Kind bist. Es gibt vermutlich niemanden der mehr an der Antwort auf die Frage, warum ich dieses Verlangen verspüre, interessiert ist als ich selbst.“ Nicht nur war das die erwartete Antwort, auch erinnerte sie Milo daran, wie lange er schon von dem anderen begleitet wurde. Mit einem Schlag wurde sein schlechtes Gewissen darüber, dass er Fenin zutraute, dieser sei nur an seiner Seele interessiert, noch stärker. Dennoch drängten sich Falamirs Worte in sein Bewusstsein und er rückte schließlich mit der Sprache heraus, auch wenn er dabei erneut seinen Blick abwandte.

„Falamir, dieser Magier, meinte, dass ein Dämon immer nur an der Seele eines Menschen interessiert ist. Und wenn er sie sich nicht gleich nimmt, dann will er erst... für den richtigen Geschmack sorgen.“ Nicht nur fühlte er sich dumm bei seinen eigenen Worten, auch schoss ihm dieses eine Wort in den Sinn, das der Magier verwendet hatte. Verliebt. Er wusste nicht, warum genau das hängen geblieben war, doch es sorgte dafür, dass er noch nervöser wurde. Zu allem Übel bemerkte Fenin sein Verhalten, auch wenn er es direkt mit seinen Worten zu verbinden schien.

„Du hast Angst, dass ich dich fresse?“ Milo brachte diese unerwartete Frage so durcheinander, dass er den anderen nur kurz anschaute. „Warum bist du dann trotzdem wieder hergekommen?“ Mal abgesehen davon, dass dies überraschenderweise nicht seine Angst war, hatte er selbst keine Antwort auf diese Frage.

„Was ist dann deine Absicht? Warum sollte sich ein Dämon mit einem Mensch abgeben?“

„Und warum gibst du dich mit mir ab?“ Fenin ignorierte seine Frage genauso, wie er dessen ignoriert hatte. Auch auf diese Frage hatte Milo keine Antwort. Bis jetzt hatte er es immer vermieden, darüber nachzudenken, da seine Gedanken stets in eine unangenehme Richtung abgedriftet waren. „Ich will dich nicht fressen. Letztendlich ist es aber deine Entscheidung, wie viel du auf das Wort eines Dämons gibst. Du musst wissen, ob du mir vertrauen willst oder nicht.“ Milo warf Fenin eher unbeabsichtigt einen gequälten Blick zu. Hatte er sich nicht längst entschieden? Er war wie selbstverständlich zurückgekommen, trotz dessen, was er in dem Ort erfahren hatte. Trotz seiner Vergangenheit. Und obwohl sein Verstand auch jetzt noch oft diese Nähe ablehnte, so hatte er sich die letzten Wochen doch sehr wohl gefühlt. Es war nicht nur die Gesellschaft, die eine gewisse Leere in Milo gefüllt hatte. Es war vor allem Fenins ruhige Art, die ihm wie eine Stütze diente. Alleine dass er im Winter hier in der Wildnis herumirrte machte deutlich, wie sehr er dem anderen vertraute. Milo seufzte und wandte seinen Blick ab.

„Lass uns weitergehen.“ Vermutlich wäre das die Gelegenheit gewesen, sich wirklich einmal auszusprechen. Ihm war klar, dass nicht nur er selbst nicht genau wusste, was er wollte, Fenin konnte vermutlich genauso wenig erraten, was in ihm vorging und wie genau er ihm nun gegenüber stand. Doch er fühlte sich noch nicht bereit etwas ins Rollen zu bringen, was er möglicherweise nicht mehr aufhalten konnte. Obwohl er schon vielen gefährlichen Gegnern gegenübergestanden und dem Tod nicht nur einmal ins Auge geblickt hatte, hatte Milo noch nie zuvor diese Art der Angst empfunden. Glücklicherweise akzeptierte Fenin auch dieses Mal seinen Wunsch und folgte ihm schweigend durch den gefrorenen Schnee.
 

Im Laufe des Tages begann es stark zu schneien, was ihr Vorankommen nicht nur behinderte, sondern letztendlich auch beendete. Bereits am Nachmittag entschieden sie sich dazu, ein Lager zu errichten, als sie an einem kleinen, gefrorenen Bach vorbeikamen. Sie hatten kein Ziel und es somit auch nicht eilig. Das war das erste Mal seit heute Morgen, dass Fenin wieder etwas sprach.

„Vielleicht einen Tag zu spät, aber ich habe meine Worte nicht vergessen.“

Milo schaute ihn irritiert an, bis Fenin seine Augen schloss. An seinem Kopf wuchs ein Paar gewundener Hörner, seine zierlichen Finger verformten sich zu unnatürlich langen und scharfen Krallen und als er seine Augen wieder öffnete waren sie rot. Obwohl er Fenin nun schon einige Male in dieser Form gesehen hatte, machte ihn dieser Anblick immer wieder nervös. Unbewusst verstärkte sich der Griff um seinen Stab. Gleichzeitig erinnerte er sich an die Worte, die der andere soeben erwähnt hatte. Seine Fähigkeiten, die ihnen nützlich sein würden. Ungewollt fragte er sich, ob er auch etwas warmes zu Essen bekommen würde, verwarf den Gedanken aber sofort wieder.

Fenin wandte sich von ihm ab und ließ nur wenige Sekunden später den dichten Schnee und die Erde vor ihnen aufbrechen. Hervor kamen braune Wurzeln, wie Milo sie bereits damals im Gebirge gesehen hatte. Je höher sie wuchsen, desto grüner wurden sie. Schließlich begannen sie sich ineinander zu verknoten und einen großen Ball zu bilden. Fasziniert schaute Milo dabei zu, wie diese Pflanzen immer weiter wuchsen, bis sich vor ihm etwas befand, was an den Kokon eines besonders großen Insekts erinnerte. Nachdem Fenin sein Werk vollendet zu haben schien, trat Milo einen Schritt näher, um es genauer zu mustern.

„Willst du es anzünden?“, fragte er zögerlich. Aus den anfänglichen Wurzeln war dickes Gehölz geworden. Er wusste nicht, wie trocken und dementsprechend brennbar es war. Die grüne Farbe dazwischen deutete jedoch auf Wasser hin. Allerdings wusste der Mann nicht, wofür ein so großer Klumpen an Pflanzen sonst gut sein sollte.

Fenin drehte sich wieder zu ihm und öffnete seine rechte Hand. Das Pflanzenknäuel vor ihnen begann sich erneut zu bewegen. Jedoch wuchs es nicht mehr weiter, stattdessen tat sich in der Mitte eine Öffnung auf. Ein Eingang. Milo traute seinen Augen nicht. Es war ein Unterschlupf, der mit großer Wahrscheinlichkeit vor jeglichen Wettereinflüssen schützen würde. Dort hinein zu klettern konnte er sich aber nicht vorstellen. Fenin schien seine Zweifel sofort zu bemerken.

„Du hast nach weiteren nützlichen Fähigkeiten gefragt. Ich finde einen solchen Unterschlupf durchaus nützlich und nutze ihn gerne selbst. Mehr als anbieten kann ich ihn nicht, du musst wissen, was dir lieber ist.“ Milo hatte nicht nur gesehen, wie sich diese Pflanzen gerade noch munter bewegt hatten, so dass die Vorstellung in deren Inneren Schutz zu suchen bereits beunruhigend genug war. Fenin stand in seiner Dämonenform vor ihm und machte ihn nur noch nervöser.

„Es tut mir leid, aber ist es sicher?“ Er wollte keineswegs unhöflich sein, doch genauso wenig wollte er sich leichtsinnig in Gefahr begeben.

„Sicherer als im Schnee zu schlafen. Zumindest für deine Gesundheit.“ Fenin musterte ihn knapp und fügte dann hinzu. „Es sind nur Pflanzen. Sie werden dir genauso wenig tun, wie die umherstehenden Bäume. Es gibt nur eine Person, die sie plötzlich wachsen lassen kann, wenn es das ist, was dich beunruhigt.“ Natürlich traf Fenin damit genau ins Schwarze und nahm Milo so jeglichen Widerspruch. Wenn Fenin ihm schaden wollte, dann könnte er dies jederzeit tun und müsste nicht erst warten, bis Milo in dieses Knäuel aus Pflanzen kletterte. „Ich werde jagen gehen, ruh du dich solange etwas aus.“

Noch bevor Milo etwas entgegnen konnte, hatte Fenin bereits seinen Umhang ausgezogen, ihm in die Hand gedrückt und war in dem dichten Schneefall verschwunden. Perplex schaute Milo ihm hinterher. Schließlich senkte sich sein Blick auf den schweren Stoff in seinen Armen, von dem der gewohnt süßliche Geruch aufstieg. Für einen kurzen Augenblick glaubte er etwas bläuliches durch die weißen Schneeflocken schimmern zu sehen. Er entschied sich dazu, in dem errichteten Unterschlupf Schutz zu suchen, ehe er vollkommen eingeschneit war.

Im Inneren der Wurzeln und Äste war es unerwartet geräumig und auch einige Grad wärmer als draußen. Und obwohl dieser Raum aus der Erde entstanden war, war es trocken hier drinnen. Lediglich einige Schneeflocken fanden ihren Weg durch den kleinen Eingang, welchen Milo kurzerhand mit Fenins Umhang zuhängte. Er wusste nicht, warum der andere ihm diesen gegeben hatte. Er konnte nur hoffen, dass er deswegen in dieser Kälte nicht krank wurde.

Obwohl sie an diesem Tag nicht lange unterwegs gewesen waren, wurde Milo in dem dunklen Raum schnell schläfrig. Nicht nur war es hier drinnen im Vergleich zu draußen überaus gemütlich, auch fühlte sich der Mann überraschend wohl. Fenins vertrauter Geruch war längst übermächtig und löste in Milos müdem Kopf wirre Gedanken aus.

Er begann an das angekündigte Abendessen zu denken. Daran, ob Fenins Jagd erfolgreich verlaufen würde. Mittlerweile zweifelte Milo gar nicht mehr daran, dass der andere auch noch für ein Feuer sorgen würde, um die Beute zu braten. Bei dem Gedanken lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Wie lange musste es schon her sein, dass er etwas warmes gegessen hatte, das keine Suppe gewesen war? Er musste nicht lange überlegen, um den Zeitpunkt auszumachen. Seit er wieder mit Fenin unterwegs war, hatte er nur spärlich gegessen, was vor allem auch daran liegen mochte, dass sie Ortschaften nicht nur gemieden hatten, sondern es in dieser Gegend auch kaum welche gab. Zum wiederholten Mal machte Milo sich klar, dass er alleine um diese Jahreszeit niemals hier unterwegs wäre. Er war voll und ganz auf Fenin angewiesen. Ein Gedanke, der ihn vor einigen Wochen noch deutlich nervöser gemacht hätte. Doch nun fragte er sich lediglich, wie es weitergehen würde. Würden sich ihre Wege irgendwann wieder trennen? Nach diesem Winter vielleicht? Oder hatte Fenin wirklich vor, ihm weiterhin zu folgen? Und was wollte er selbst überhaupt?

Im nächsten Augenblick fragte er sich, ob Fenin ebenfalls in dieser Unterkunft schlafen würde. Milo musste an den Bergstall denken. In dieser einen Nacht hatten sie bereits einmal dicht nebeneinander geschlafen. Erst danach hatte er erfahren, dass Fenin ein Dämon war. Davor und auch danach hatte Fenin stets unnötige Nähe vermieden. Doch hier drinnen würden sie sich kaum aus dem Weg gehen können. Während sein Kopf immer müder wurde, begann sein Herz unregelmäßig zu schlagen. Er wusste, was ihn beunruhigte. Bevor er aber über ihren Kuss damals nachdenken konnte, driftete sein Bewusstsein endgültig in die Traumwelt ab.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück