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DOOMSTEAM

Fälle zweier ungleicher Auroren
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Nach langem hin und her – dank drei Knackpunkten, die ich gefühlte hundertmal umgeschrieben habe, ist es endlich vollbracht. Das Kapitel dürfte auch der beste Beweis sein, dass die Kapitellänge von meinen spontanen Abschweifungen abhängt, sollte sich jemand daran stören, ich bin offen für Kritik, solange sie Sinn ergibt ;)

Es kommt zu einer blutigen Szene, aber da ich nicht zu sehr ins Detail gehe, bezweifle ich, dass es jemandem Alpträume bescheren sollte – Viel Spass beim Lesen! Komplett anzeigen

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Eine Frage der Genetik

Eine Frage der Genetik

Aurorenbüro H. Potter & D.A. Malfoy, 29. September 2013 – Harry Potter
 

Tick Tack Tick Tack
 

Die Minuten verstrichen und Harry fragte sich, welcher sadistische Arsch auf die völlig stupide Idee gekommen war, tickende Uhren in die Aurorenbüros zu hängen. Es war das einzige Geräusch, das von den weissen Wänden wiederhallte und eine Sonate über ihr sinnloses Dasein taktete, während sie herausfanden, wer die Existenz des anderen besser verläugnen konnte. Harry lag vorn – aber das war nur seine eigene, bescheidene Meinung.
 

Die Fallakte lag unberührt in ihrem Fach. Derzeitig sah sie sich dem Posten des Trostpreises inne, der dem Verlierer ihres kleinen Wettstreites überreicht werden würde. Natürlich, objektiv betrachtet, wäre es in ihrem eigenen Interesse, sich schnellstmöglich an die Aufklärung zu machen, subjektiv hingegen… Seid ihr Idioten, schallte seine Vernunft, die eine verblüffende Ähnlichkeit zu Hermines lieblichen Stimmorgan hatte.
 

Ein Klopfen an der Tür reihte sich in das Solo der Zeiger ein und zwang Harry zum Blinzeln, während Malfoys Auge leicht zuckte. Das arktische Starren hielt an und nach einem weiteren Klopfen ohne Antwort, ging der Ratsuchende nicht weg, sondern trat ein.
 

«Genau das ist ihr Problem Anderson. Der Sinn gewisser Aktionen erschliesst sich ihnen einfach nicht. Wieso Zeit mit Klopfen verschwenden, wenn sie ohnehin unaufgefordert eintreten?», verlautete Malfoy kühl, ohne seinen Blick von Harry abzuwenden.
 

«Präpotentes Ass…», murrte Anderson, ehe er lauter weiterfuhr, «Ich will nicht lange… bei was auch immer das hier werden soll, stören. Ich vermisse meinen Füller.»
 

«Präzisieren sie Anderson, sie nennen vielerlei Schreibutensilien ihr Eigen.»
 

«Den Glitzernden.» «Den was?!», rutschte es Harry heraus und fast hätte er ihren Wettstreit wegen sowas verloren.
 

«Ein Geschenk meiner Frau.», lächelte er ihm entgegen, ehe der nette Ausdruck entschwand, sowie sein Blick erwartungsvoll auf Malfoy viel, «Also?»
 

«Im Mülleimer.»
 

«Ich wusste es! Du elender, affektierter W-», in dem Moment fing sich Robards Vorzeigejunge, in Sache respektvollen Umganges, wieder, atmete einmal laut durch und fuhr in ruhigem, aber gepresstem Ton weiter. «Da war er nicht.»
 

«Dann dürfen sie der Putzkraft zur erstmaligen Erledigung ihres Jobs gratulieren.» Autsch.
 

Es herrschte Stille – eine Stille, in der Anderson sich überlegen durfte, wie er Malfoy wohl am geeignetsten zerlegte, um ihn möglichst platzsparend in den zylinderförmigen Eimer zu kriegen.
 

«Wow…», stiess er schliesslich die Luft aus, «Okay, weisst du was? Egal! Ich hätte es wissen müssen, aber immerhin war das unsere letzte Interaktion miteinander. Du bist nicht mehr mein Problem und Merlin weiss, wie dankbar ich dafür bin.

Henning ist alles, was ich mir wünschen könnte – jung, engagiert und einfallsreich. Wir haben schon zwei Fälle abgeschlossen und der dritte steht kurz vor seiner Beendigung. Mein Leben ist besser, als je zuvor, also danke, dass du es ermöglicht hast.», ratterte er, die einstudiert klingenden Zeilen, herunter und kaum, dass das letzte Wort verklungen war, schloss sich die Tür hinter ihm – ohne den geringsten Laut.
 

…Bitte WAS?!
 

Ihr Kleinkrieg war mit einem Schlag vergessen und wäre Harry eine Motte, und die Tür stände in Flammen, er wäre laut schreiend in den Tod geflogen – so jedoch, starrte er sie lediglich wie ein Fisch auf dem Trockenen an. Fassungslos rang er nach Luft.

«Engagiert und einfallsreich?! Henning?!», fauchte er und verwarf die bis dato verkrampften Hände. In welchem Universum war dieser verblendete Armleuchter auch nur eines der genannten Qualitative? Lächerlich!
 

«Nicht genug, dass er uns gerade alt genannt hat Potter, zwei Fälle – das sind zwei mehr als unsere Bilanz vorzuweisen hat.»
 

«Und das mit diesem blauäugigen Anfänger! Was für Fälle hat Robards ihnen zugeteilt? Verschwundene Katzen? Paranoide Ehefrauen?»
 

«Andersons Einschätzungen glänzen seit jeher durch Unzulänglichkeit. Nur einer der Gründe, weshalb er seit bald einem Jahrzehnt in der gleichen Lohnklasse festhängt.», entgegnete er voller Hohn und Harry wollte gar nicht erst wissen, woher er das wusste.  
 

Malfoys Blick, der zeitgleich mit seinem zur Tür geschossen war, fand zurück zu ihm. In seinen Augen loderte ein entschlossenes Feuer, dem Harry um nichts nachstand. «Ich fürchte wir müssen unsere Diskrepanzen fürs Erste beiseiteschieben, Potter. Ich verbiete es mir, mir ausgerechnet von zwei selbsterkorenen Helden die Fallbilanz versauen zu lassen.»
 

Wahre Worte. Harry konnte nicht viel über Anderson sagen, zu wenig hatten sich ihre Wege gekreuzt, doch Henning, der nur mit stupidem Glück durch die Aurorenprüfung gekommen war und auch noch damit angab, hatte sein Ego angekratzt. Sein Titel mochte ihm nie etwas bedeutet haben, aber er war sich durchaus bewusst, was er für diese Zentrale – ja die ganze verdammte Magier Gesellschaft – geleistet hatte. Nie und nimmer würde er zulassen, dass er sich von diesem Pimpf übertrumpfen liess. Niemals!
 

«Gut gesprochen Malfoy. In den nächsten drei Stunden werden wir einen Fall beendet haben – und wenn es das letzte ist, was ich tue.»
 

«Genau was ich hören wollte.», nickte seine Nemesis zufrieden. Ein kühles, berechnendes Lächeln zierte die schmalen Lippen, eines, das in Stein gemeisselt, Kinder das Fürchten lehren würde – und auch Anderson, wenn er wüsste, dass es ihm galt. Hätten sie die Zeit dafür, er hätte ein Foto geschossen und es ihm, begleitet von ausgeschnittenen Zeitungswörtern, als Postkarte zugestellt.
 

Vom Tatendrang gepackt, schwang sich Harry in die Höhe und schnappte sich den zum Gral beförderten Umschlag. Einem Akt des Waffenstillstands gleich, streckte er ihn dem Blonden entgegen. «Zeigen wir ihnen, wie das Profis erledigen.», grinste er in einem Anflug von Grössenwahn, wie er ihn noch selten erlebt hatte.

Sie waren nur zwei ungleiche Auroren in einem kahlen Zimmer – Malfoy sei Dank – doch in diesem Moment hätten sie genauso gut zwei verfeindete Königreiche sein können, die sich nach Jahren der Intrigen, gegen einen gemeinsamen Feind, zusammenschlossen. Graue Augen fixierten das Dossier, dann ihn, ehe Malfoy die Beine entschlug und es sich mit einem vorfreudigen Funkeln schnappte. «Mit Vergnügen Potter.»
 

 

In Rekordgeschwindigkeit hatte Malfoy die gesamte Akte überflogen und Harry eine solide Zusammenfassung der wichtigsten Punkte geliefert. Es sollte ihn zwar nicht überraschen und doch war er erstaunt, wie schnell Malfoy in dem Wirrwarr aus Informationen, das wichtigste herausgefiltert hatte.
 

Der Besitzer einer Apotheke am Rande Londons, vermeldete das Verschwinden mehrerer Zutaten. An sich nichts Besonderes, wenn man von der Bemerkung absah, dass in selbigem Viertel diverse, verunstaltete Tierkadaver gefunden wurden. Keine fünf Minuten später, standen sie in Vollmontur vor besagtem Geschäft.
 

Beim Betreten erklang ein altmodisches Bimmeln und kurz drauf, wuselte ein älterer Mann mit rundem Kopf und fahlem Bartwuchs aus einer Hinterkammer. Sein Gesicht erhellte sich beim Anblick der offiziellen Roben merklich, während er sich die Hände an einem vergilbten Tuch abwischte. «Merlin sei Dank, ich dachte schon, es würde sich nie jemand meines Problems annehmen. Lawson, Inhaber und Leiter dieses Geschäfts.», streckte er Malfoy erfreut seine Hand entgegen, die dieser süffisant lächelnd ergriff.
 

«Nicht doch Mister Lawson, wir sind stehts um das Wohlbefinden der Bürger besorgt, es gab lediglich einen internen Zwischenfall, der ihr Anliegen unglücklicherweise hinauszögerte.» Was eine fast schon freche Untertretreibung ihrer, für Harry äusserst ernsten, Diskrepanzen war. Sie hatten sich geprügelt, verflucht und nicht zuletzt mit Steinen beworfen – da von einem Zwischenfall zu sprechen, war einfach nur dreist.
 

«Ich bin Auror Malfoy und das ist mein Partner, Auror Potter, der ihnen vermutlich bekannt sein dürfte.», deutete er auf ihn und Harry nickte freundlich.
 

Wie erwartet, rutschte dem wohlbeleibtem Mann, dessen Wampe Zeuge vieler vergnüglicher Trunkabende war, beinahe das filigrane Gestell von der Nase. Nach all der Zeit hatte sich Harry an das Funkeln in den Augen gewöhnt, dass wie so oft aufleuchtete, wenn man ihn erkannte, doch das hiess nicht, dass er es auch mochte.
 

«Mister Potter! Es ist mir eine Ehre!», hatte der ältere Mann es auf einmal sehr eilig, ihm die Hand zu schütteln.
 

«Nicht doch, ich bin nur hier, um meine Pflicht zu erfüllen.» «Und ihr Anliegen wurde mit höchster Priorität eingestuft.», lenkte Malfoy ein und unterband erfolgreich die drohende Abschweifung. Er hätte Malfoy die Hand schütteln können – ganz ohne Handschuh.
 

«Wenn sie uns bit-» «Vater, wo hast du schon wieder die Salamandergalle hinge- oh Verzeihung, ich wusste nicht, dass wir Kundschaft haben.» Er war höchstens zwanzig Jahre alt, von zierlicher Gestalt und sein Augenmerk blieb nur einen Bruchteil zu lange, an dem rot der Aurorenroben hängen.
 

«Edwin! Wenn ich vorstellen darf, mein Sohn Edwin Lawson. Er hilft mir hier aus und ich darf mit Stolz sagen, dass er einmal ein guter Nachfolger sein wird. Er ist wirklich ein gescheites Kerlchen – bester seiner Klasse.», schwoll seine Brust merklich an, während er die schmale Schulter seines Emporkömmlings tätschelte.
 

«Sehr erfreut. Ihr Vater hat uns wegen verschwindender Zutaten konsultiert, wissen sie etwas über die Vorfälle zu berichten?»
 

«Edwin? Nein, ich habe zwar mit ihm darüber gesprochen, aber er hat mir versichert, nichts davon mitbekommen zu haben.» «Bitte Mister Lawson, wir müssen das alle hier Angestellten fragen. Also, Mister Lawson Jr.?», dabei liessen seine Augen nicht eine Sekunde, von dem offensichtlich verunsicherten Jungen ab, der ab Malfoys stoischen Blick, nervös schluckte.
 

«Wie mein Vater schon sagte, ich weiss nichts. Ich habe zwar jeden Abend die Bestände geprüft, aber weil es nur vereinzelt kleine Mengen waren, habe ich nichts bemerkt.» «Es wäre mir selber nicht aufgefallen,», mischte sich der Älteste abermals ein, «wenn sich nicht Miss Douglas vorige Woche über die fehlenden zehn Gramm beschwert hätte! Wir kontrollieren die Gläser nur nach der Lieferung, nicht nochmals, nachdem wir sie in die Regale einsortiert haben. Daraufhin habe ich eine Kontrolle durchgeführt und festgestellt, dass bei vielen Zutaten, kleinere Mengen fehlen – ich könnte nicht einmal sagen, wie lange das schon geht. Meine Kunden vertrauern mir und Miss Douglas ist die einzige Dame, die penibel auf nochmalige Kontrolle besteht.»
 

Malfoy nickte und erlöste den Jungen. «Wer ausser ihnen und ihrem Sohn, arbeitet hier noch?»
 

«Niemand, es ist ein Familienunternehmen in der dritten Generation.»
 

«Hauselfen? Anderes Personal oder Personen die regelmässig ein und ausgehen?»
 

Während Mr. Lawson berichtete, dass ausser seiner seligen Mary, deren Namen er mit so viel Wärme aussprach und keinen Zweifel an seinen Gefühlen übrigliess, niemand sonst einen Schlüssel besass, sah sich Harry im Geschäft um. Die Anreihung der hölzernen Regale, die ihren Glanz vor Jahren verloren hatten und trotz aller liebevolle Pflege ihr Alter nicht verheimlichen konnten, erinnerten ihn an den Bibliotheksraum, eines alten Herrenhauses.
 

Genaustens liess er seinen Blick über die unzähligen, sauber beschrifteten Einmachgläser gleiten, während er mit seiner Magie den ganzen Raum auf Spuren dieser abtastete – ohne Reaktion. Dasselbe Ergebnis erzielte er in dem Raum hinter dem Tresen, indem der Ladenbesitzer, inklusive Sohnes, ihre grösste Zeit verbringen durften. Gesäuberte Gläser, Arbeitsutensilien und leere Kisten stapelten sich auf kleinem Raum, indem nur knapp eine Feuerstelle mit Kessel ihren Weg gefunden hatte. Zurück im Laden, schüttelte er, auf Malfoys kurzen Blick hin, den Kopf. Nichts.
 

Auf seinem Weg zurück zu seinem Partner, stiess er aus Versehen den Stapel Blätter vom Tresen. Malfoys Blick dafür war Gold wert, doch er hatte keine Zeit ihn zu feiern, entschuldigte sich nur verlegen und bückte sich, sein Ungeschick aufzuräumen. Wie zufällig griff er nach dem gleichen Blatt wie der Junge, der ihm eiligst zur Hilfe geeilt war und berührte seine Hand, um einen Bruchteil seiner Magie auf ihn übergehen zu lassen – denn Vorsicht war besser als Nachsicht.
 

«Bevor mein Partner hier noch mehr Schaden anrichtet, werden wir uns erstmal verabschieden. In der Nachbarschaft wurden Einbrüche vermeldet und wir werden abklären, ob eventuelle Verbindungen bestehen. Wenn es ihnen recht wäre, würden wir uns im Verlaufe des Nachmittags nochmals bei Ihnen melden.»
 

«Aber Natürlich Mister Malfoy, ich und mein Sohn werden ihnen gerne zur Verfügung stehen.»
 

Sie verabschiedeten sich höflichst von dem alten Mann, während Edwin kaum einen Laut herausbrachte und verliessen das kleine Lokal.
 

«Du hast ihn angelogen.», kommentierte Harry, während er die Hände in die Taschen steckte und Malfoy, der direkt links abgebogen war, nachschlenderte. Gemächlich gliederten sie sich in den Schritt der Passanten ein.
 

«Ich lüge nicht, Potter. Wenn, dann improvisiere ich und selbst dies war hier nicht der Fall. Es wird immer irgendwo eingebrochen.»
 

«Haarspalterei.», verdrehte er die Augen.
 

«Nenn es wie du willst, aber es war ein guter Vorwand, um zu verschwinden.» Dagegen hatte er nichts einzuwenden – Lawson und vor allem sein Sohn würden sich für die nächsten Stunden in Sicherheit wiegen.
 

Sie überquerten die Strasse und umrundeten das gegenüberliegende Gebäude, um ungesehen von hinten in die Gasse zu kommen, aus der sie den einzigen Eingang des Geschäftes gut im Blickfeld hatten. Mit verschränkten Armen lehnte sich Harry an die kühle Mauer, während Malfoy eine Tarnblase um sie zog. «Es ist der Junge.», merkte er an und beobachtete wie eine Frau, gehetzt und in fleckiger Robe, den Laden betrat.
 

«Natürlich ist es der Junge Potter, und da es sogar dir aufgefallen ist, stelle ich den Intelligenzquotient des Ladeninhabers umso mehr in Frage.»
 

«Das hat nichts mit Intelligenz zu tun Malfoy, man nennt es Liebe. Ich weiss, das Konzept erschliesst sich dir nicht wirklich, aber es wird ihm das Herz brechen, wenn er es erfährt.»
 

«Ein Übel das er hätte umgehen können. Wenn man sich die Enttäuschung ersparen will, sollte man keine Kinder in die Welt setzten.»
 

Ab dieser Theatralik, konnte Harry nur mit den Augen rollen und der Blonde hatte genau diesen Moment auserkoren, um sich umzudrehen. Abschätzend wurde er gemustert. «Es ist ein Fakt Potter.», betonte Malfoy mit einem letzten, kurzen Blick, ehe er sich wieder dem Geschäft zuwandte, «Schau dir mich an: ich bin perfekt und trotzdem klagt meine Mutter, dass ich ihr ein frühzeitiges Ende bescheren werde.»
 

«Wer kann es ihr verübeln? Bei deinem Vater hast du es auch geschafft.» Das Lächeln mit Zähnen traf ihn unerwartet und zu seiner Schande, dauerte es mindestens einen Mississippi zu lange, bis er erfolgreich Gesagtes rekapitulierte – sein Sprachzentrum musste den Praktikanten zum Gehirn entsannt haben.  
 

«Ich-» «Schon gut Potter. Es freut mich, dass du das Prinzip verstanden hast und das, obwohl sich deine Eltern das Desaster frühzeitig erspart haben.»
 

«Dann hätten wir das ja geklärt…», murrte Harry in seinen nicht vorhandenen Bart hinein und beschloss einfach nur das zu tun, wofür sie hier waren: abzuwarten.

Zu seiner Schande war er nie ein sehr geduldiger Mensch gewesen und die quälende Erwartung eines Ereignisses, zerrte mit jeder untätig verstreichenden Sekunde an seinen Nerven, wie muskelbepackte Seemänner, die ihre Netzte einholten. Malfoys giftiger Kommentar, dass er endlich stillstehen sollte, liess ihn sich Ron mehr denn je zurückwünschen. Mit seinem besten Freund war jede Observierung im Nu verflogen! Der Gesprächsstoff war nie ausgegangen und in besonders langen Nächten, hatten sie sich mit witzigen Kartenspielen wachgehalten.

Das spannendste, was hier in den nächsten zehn Minuten passierte, war ein übermutiger Dobermann, der sein Herrchen spazieren führte. Seufzend liess Harry seinen Kopf zurückfallen, den dumpfen Schmerz ignorierend. «Glaubst du, er hat was mit den Leichen zu tun? Er macht nicht gerade den Eindruck eines Tierschänders.»
 

«Wer weiss? Die Verunstaltungen zeugen von Versuchen am lebenden Objekt, also ging es weniger um das Schänden, als mehr um das Experimentieren und dafür dürfte er intelligent genug sein.» Wenn das Streberauftreten ein legitimes Mass dafür war, auf jeden Fall. Trotzdem erschien Harry, der an Akne leidende Teenager, zu unbeholfen dafür – beim Anblick von Blut würde er höchst wahrscheinlich aus den Schuhen kippten.
 

«Da ist unser Klassenbeste ja. Auf, auf Potter.» Endlich!
 

Lawson Jr. sah sich verstohlen zu beiden Seiten um, ehe er eine neunzig Grad Wendung machte und den Pflasterstein heruntereilte. Kurz kam er ins Stolpern, als er eine ältere Dame anrempelte und sich mit gesenktem Kopf entschuldigte. Es war nicht der letzte Vorfall dieser Art, während sie ihm in gebürtigem Abstand und einem Erkenne-mich-nicht-Zauber folgten.
 

«Und da sagen die Leute du wärst unbeholfen.»
 

«Ich bin nicht unbeholfen.», schnaubte Harry. Zugegeben, er tendierte zu übereilten Handlungen, die des Öfteren in gebrochenen Knochen endeten, doch mit Tollpatschigkeit hatte das wenig zu tun. Er war noch nie aus Versehen von einem Dach gesprungen.
 

«Und was war dann das vorhin im Laden?»
 

«Absicht, um ihm einen Teil meiner Magie anzuheften.»
 

«Clever Potter,», grinste er ihn anerkennend an, «da hätte ich mir den Peilsender sparen können.»
 

«Du hast ihm einen Sender untergejubelt? Das ist ohne Antrag verboten!»
 

«Wäre deine Variante auch, wenn sie ausser dir noch jemand beherrschen würde. Der Obrigkeit ist nur der Papierkrieg zu wieder, wegen einer Person eine neue Zeile ins Reglement einzutragen.» Sie waren dem Gedanken schon zugetaner, seit bei fünf Fällen in Folge, vom Verteidiger Einsprache, wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechtes, erhoben wurde – nicht, dass er Malfoys Bildungslücke diesbezüglich aufzufüllen gedachte.
 

«Gutes Argument. Ich sage nichts, wenn du nichts sagst.»
 

«Deal.»
 

Einige Male waren sie froh um den magischen Sender gewesen, da der Junge die Angewohnheit hatte, eiligst durch schmale Gassen abzukürzen, wo sie den Blickkontakt nicht aufrechterhalten konnten, ohne ihre Tarnung aufzugeben. Die Verfolgung zog sich durch den Kleinstattrummel, von belebten Gassen, über einen gepflegten Park, bis zum äusseren Rande, wo sich eine Wohnsiedlung aus identischen Einfamilienhäusern auftat. Eines jener Häuser steuerte Edwin schliesslich zielsicher an.

Sich ein letztes Mal nervös umsehend, öffnete er das hölzerne Gatter, stolperte durch den Garten, ehe er, mit bemüht gestrafften Schultern, an die Tür klopfte. Malfoy nutzte die Zeit, um zwei Lauschpins aus dem Umhang zu greifen, von denen er einen Harry hinhielt. Verdutzt schnappte er ihn sich und befestigte ihn an seinem Ohr. «Du benutzt die Dinger?»
 

Der technische Vorschritt hatte auch in der Zauberwelt nicht Einhalt geboten, so war es nicht verwunderlich, dass in den letzten Jahren, immer mehr solch hilfreicher Konstrukte ihren Weg in die Kriminalitätsbekämpfung gefunden hatten. Mittlerweile hatten sie halbjährlich einen Einweisungskurs zu neuen Innovationen, die ihre Arbeit erleichtern sollten. Anders als die meisten, hauptsächlich jüngeren Mitarbeiter, war Harry kein Fan von all den neumodischen Errungenschaften, die raffiniert Technik und Magie vereinten, jedoch für ihn nichts weiter als Spielereien waren. Er bevorzugte sein Leben lieber sich selbst anzuvertrauen, als einem Gerät, dessen Verhalten kaum zu beeinflussen war.
 

«Zauber können Alarme auslösen, abgefangen oder verfälscht werden, diese Geräte nicht. Es erstaunt mich, dass du den Erzeugnissen der Moderne so negativ gestimmt bist, wo du doch von Muggeln erzogen wurdest.»
 

«Und mich, dass du sie nicht in Merlins Namen auf den Scheiterhaufen wirfst.»
 

«Sei nicht albern, ich sehe durchaus den Nutzen darin. Irgendwelche Schutzzauber oder Barrieren um das Haus?»
 

«Nein, nur an Tür und Fenstern – nichts Ungewöhnliches zu erkennen.»
 

Das Öffnen des Einganges zog ihren Fokus zurück auf den Fall. Ein bulliger Schatten verdeckte den Durchgang. «Was?», motzte der bärtige Kerl. Tattoos zierten seine freigelegten Unterarme und zeugten von einer bunten Vergangenheit. Harry gab nicht viel auf Vorurteile, aber der Kerl schrie förmlich nach dubiosen Machenschaften.
 

«Tobias Shark, einjährige Haft wegen schweren Einbruchs, inklusive einiger Anzeigen wegen Unruhestiftung und Gewaltandrohung.» Verblüfft sah Harry zu seinem Partner und erblickte ein Registermonokel vor seinem Auge, das bis vor wenigen Sekunden noch nicht da gewesen war. Was hatte der noch alles dabei?
 

«-Charlie sehen.», bekam er noch mit, als er seine Aufmerksamkeit auf das Geschehen an der Tür zurücklenkte. Der Vorteil des Lauschpins, war auch sein grösster Nachteil: er fing nur die Töne auf, auf die man sich konzentrierte.
 

«Wart ihr nicht erst am Abend verabredet?»
 

«Es ist wichtig.» Tobias schien einen Moment zu überlegen, ehe er die Augen verdrehte und ihm zunickte, ihm zu folgen. «Charlie – Besuch für dich!», schrie er, ehe das Schloss hinter ihm in die Angel viel. Rums.
 

«Ich vorne, du hinten?»
 

«Du hinten und ich vorne. Sechzig bis zum Klingeln, sechs bis Treffpunkt Charlie.», entschied Malfoy, als sie auf das Haus zu schlichen. Beim Zaun trennten sich ihre Wege. Während Harry sich gebückt der Hauswand entlang schlich, ging Malfoy beim Eingang in Stellung.
 

Seit Rons Kündigung, war Malfoy sein erster Partner, bei dem er sich keine Sorgen um sein Wohlbefinden oder eventuelle, dumme Handlungen zu machen brauchte. Malfoy besass Erfahrung, hatte stets einen Plan und vor allem, war der Kerl nicht tot zu kriegen.
 

Das erste, was er im Hintergarten vorfand, war eine magisch versteckte Falltür. Bingo.

Es reichte gerade noch, um den Zauber aufzuheben und Deckung im Buschwerk zu suchen, als sie auch schon aufschwang. Mit einem dumpfen Klang landete das quadratische Metall im Gras und einen Moment befürchtete Harry, dass er, durch die Auflösung der Tarnung und dem nach sich ziehenden Laut, aufflog – vergebens. Ohne einen Unterschied zu bemerken, kletterte ein Jonny Depp Verschnitt fluchend aus der Luke, einen schwarzen Koffer hochhievend. Seine Arme zeichneten in etwa so viel Tinte wie Sharks.
 

«Sieh zu, dass du dich nachher bei mir meldest und mach ihm Feuer unterm Hintern, wir brauchen diese Galle. Ich hab’ keinen Bock, die Interessenten noch weiter zu vertrösten.», nölte er und klang dabei so selbstverherrlichend, dass Harry sein Alter jünger einschätze, als sein Aussehen vermuten liess. Als er die Platte mit dem Fuss zu knallte, hielt er irritiert inne. Er schien zu merken, dass etwas nicht stimmte, ohne herleiten zu können, was es war.

Das Bimmeln der Hausklingel lenkte ihn glücklicherweise ab. Noch fünf Minuten. Genervt sah Mister-möchtegern-Model zum Haus und rückte seinen Hut zurecht. «Echt, wen das schon wieder die irre Blondine is’, rast ich komplett aus.»
 

«Gut geraten, leider wirst du etwas anders rasten, als du dir das vorstellst.», grinste Harry und Jonnys Züge entgleisten. «Stupor.» Starr ging er zu Boden und Harry verliess seine Deckung.
 

«Den brauchst du nicht mehr.», griff er sich den Zauberstab aus der steifen Hand, für dessen Einsatz Jonnys Reaktionszeit nicht ausgereicht hatte. Die Falltür vorsichtshalber verriegelnd, begab er sich mit gezücktem Stab zur Hintertür, verharrte und schloss die Augen, den Raum auf der anderen Seite abtastend – kein Anzeichen von Leben. Leise trat er in die Küche, in der ihn der säuerliche Geruch ungewaschenen Geschirrs empfing.
 

«Zum letzten Mal Arschloch, ich will deinem Gott nicht näherkommen und wenn du es wagst, dich nochmals hier blicken zu lassen, dann schicke ich dich eigenhändig zu ihm!», drang Tobias aufgebrachte Stimme durch die angelehnte Tür. Vorsichtig schielte Harry durch den Spalt und sah noch, wie die Eingangstür mit voller Wucht zugeschlagen wurde. Noch lieber hätte er dabei Malfoys Blick gesehen – es geschah äusserst selten, dass ihm jemand die Tür ins Gesicht knallte. Dass der sich das bieten liess, konnte nur bedeuten, dass die Insassen klug genug gewesen waren, den Eingang mit einem Eintretschutz, gegen ungebetene Gäste, zu versehen.
 

Kurzerhand wurde der ungepflegte Bewohner – passend zur ungepflegten Wohnung – ausser Gefecht gesetzt und Harry öffnete mit leichter Verbeugung die Tür. Eigentlich wollte er dies mit einem dummen Spruch über irre Blondinen begleiten, doch der Kommentar blieb ihm stirnrunzelnd im Halse stecken. «Findest du das nicht etwas dick aufgetragen? Das grenzt an Blasphemie.», beäugte er seinen Partner kritisch.
 

Zeitgleich mit seinem Eintreten, liess Malfoy die Illusion samt schwarzer Kutte und Vatermörderkragen fallen und das aschgraue Haar wandelte sich zurück zu blond – kein allzu grosser Unterschied, wenn man Harry fragte. Vermutlich würde es nicht mal auffallen, sollte er irgendwann über Nacht ergrauen. Wiederum würde er dem eitlen Pfau durchaus zutrauen, dass er sich bis zum Tod die Haare färbte – färben lassen würde, pardon.
 

«Nicht im Geringsten, es ist eine praktische Tarnung. Selbst Kriminelle hüten sich davor, einem Priester ins Gesicht zu schlagen.»
 

«Du meinst, so wie ich keine Brillenträger schlage? Gute Einstellung Malfoy.»
 

«Der Mann mit Strafakte hat mir keine gelangt,», kurz betrachtete er den ausgeschalteten Banditen, ehe er seine Aufmerksamkeit mit gehobener Augenbraue an Harry wandte, «das sollte dir zu denken geben, nicht wahr Potter?»
 

Beinahe hätte er gelacht. «Nicht im Geringsten, eine Minute mit deiner charmanten Persönlichkeit ist keine Kunst, spannend wird es erst bei zweien.»
 

«Fahle Ausrede Potter, aber egal. Du hast dich um die Person im Garten gekümmert?»
 

«Ja, er wollte mit einem Koffer verschwinden, woher weisst du von ihm?»
 

Verständnislos wurde er angesehen. «Was glaubst du, habe ich eine Minute lang vor der Tür gemacht? Die örtliche Flora bewundert?»
 

«Ich hätte eher auf Frisur richten getippt.»
 

«Das ist nicht von Nöten, die sehen immer gut aus. Ich wurde mit exzellenten Genen gesegnet.»
 

«Ich habe es dir nie gesagt Malfoy, aber ich weiss erst, was Arroganz wirklich bedeutet, seit ich dir begegnet bin.»
 

«Eine Bildungslücke, die es zu füllen gab, du kannst mir später danken; wir haben einen Fall aufzuklären und uns läuft die Zeit davon. Es befanden sich vier Leute im Haus. Unser Gottesfürchtige Kollege hier, der Koffermann,» «sowie Charlie und Edwin.», beendete Harry die Aufzählung.
 

«Hervorragend, du kannst auf vier zählen. Die verbleibenden Zwei befinden sich im Keller.», sprach er weiter, ohne ihm die Möglichkeit einer Reaktion zu geben. Zeitgleich richtete Malfoy seinen Zauberstab auf Harrys Lauschpin, dann auf seinen eigenen. «Ich werde die Treppe nehmen, suche dir einen anderen Zugang und halte dich bereit. Sagen wir sechs Minuten, Codewort Bitte. Dein Pin ist mit meinem verbunden, somit kannst du alles mithören – Los.»
 

Suche dir einen anderen Zugang, äffte er gedanklich nach, während er zusah, wie sich Malfoy elegant die Treppe hinunterbegab, ohne auch nur in Betracht zu ziehen, dass Harry irgendwelche Einwände hatte. Nicht das dem so wäre, aber es ging ums Prinzip.Schnaubend wandte er sich ab und vergeudete erst gar keine Zeit, im Haus nach einem zweiten Eingang zu suchen, schliesslich war es schon ungewöhnlich genug, dass ein Haus in England überhaupt einen Keller besass. Seine beste Option würde der Raum unter der Luke sein, zudem er sich sogleich aufmachte.
 

«Aber, aber Darling, keine Panik, wir schaffen das schon, zusammen können wir alle Probleme überwinden.», säuselte eine weibliche Stimme gedämpft in seinem Kopf. Natürlich eine Frau – Malfoy durfte hellauf begeistert sein, ab der erneuten Bestätigung seiner Ansicht über die Liebe.
 

Anhand dessen, was er aus dem Gespräch zwischen Charlie und Edi – wie sie ihn liebevoll nannte – herauslesen konnte, war der hormongesteuerte Junge, der erfahrenen Dame vollends verfallen. Als vermutlich erste Frau, die ihn ungehemmt umgarnt hatte, dürfte es ihr ein leichtes gewesen sein, ihn zu den Diebstählen zu animieren.
 

«Hei Jonny.», grüsste Harry beiläufig den gelähmten Pascha, nahm den Zauber von der Luke und stiess sie eiligst auf. Die Leiter führte mitten in schwarzes, unbekanntes Nichts und so gerne er sich mit einem Lumos den Weg geleuchtet hätte, so wollte er sich auch nicht vorzeitig ankündigen, sollte der Raum wirklich mit dem Keller verbunden sein.
 

Mit dem Kribbeln der Ungewissheit im Bauch, kletterte er langsam herunter, die Sinne aufs Äusserste geschärft. Zu oft hatte die Dunkelheit ihn, in unbedeutend wirkenden Fällen, fast das Leben gekostete. Nach gut einem Meter hielt er alarmiert inne und lauschte angestrengt in die Dunkelheit, genervt von Charlies Liebesschwüren in seinem Ohr.
 

Da! Er hatte sich nicht geirrt, hier drin war etwas – nein, mehreres. Ein dumpfes Orchester aus Scharren, Zischen und hohem Quietschen umgab ihn und seine Fantasy, zusätzlich durch den säuerlichen Geruch animiert, zeichnete schaurige Schatten in die Schwärze, denen seine Augen hastig folgten. Still auf der Leiter verharrend, verdrängte er das Gefühl des Unwohlseins und zwang sich zur Ruhe. Vergebens versuchte er etwas Reales in der Dunkelheit zu erkennen.
 

«Ein Fremder…», drang es plötzlich an sein Ohr. Leicht zuckte er zusammen, atmete gezwungen ruhig weiter. Es dauerte einen Moment, ehe er erkannte, dass es das Zischen einer Schlange war, das den Weg durch das Nichts gefunden hatte.
 

«Ich bin hier, um zu helfen. Lauert in diesem Raum Gefahr?» Kurz war es still, selbst das Rascheln erstarb.
 

«Nicht, solange die Käfige geschlossen sind.», entgegnete sie verheissungsvoll und Harry hatte immer noch Mühe, sie zu verstehen. Konnte man Parsel verlernen?
 

Sich auf gut Glück auf ihr Wort verlassend, liess er die Spitze seines Stabes aufleuchten und mit Schrecken sah er mitten in blutunterlaufene Augen, die aufgequollen jeden Moment aus dem aufgedunsenen Katzenkopf zu springen drohten, der keinen Meter von ihm entfernt, auf einer Ablage lag. Nein, keine Ablage – ein Käfig. Einer von vielen.
 

«Sie hat das schlimmste hinter sich.», kam es zischend und diesmal sah er die gelben Augen der Schlange zu seiner linken, verborgen hinter Eisenstäben. Er bewegte die leuchtende Stabspize in ihre Richtung und noch während die Strahlen die Kreatur im Inneren des Käfigs ertasteten, erkannte er, dass das erschwerte Verständnis nicht seinen eingerosteten Sprachkenntnissen zu verschulden war. Vielmehr durfte ihr Akzent dessen entsprungen sein, dass sie davon abhielt, sich durch die Stäbe zu schlängeln: Ihr Kopf war alles, was ihr geblieben war. Ohne Hals ging er in einen mageren, Katzenähnlichen Körper über, der statt seidigem Fell, von wüst vernähten Schuppengeflechten überzogen war. Der Schwanz war unnatürlich lang und hing mehr tot als lebendig ausserhalb des Käfigs hinunter, knapp über dem Boden in der blutverkrusteten Rassel einer Klapperschlange endend, die definitiv nicht Teil des Originals war.
 

Übelkeit kam in ihm auf, während er seine aufgerissenen Augen weiter zwang und sich die unzähligen Käfige genauer besah. Ein Sammelsurium aus abstrakt, verunstalteten Kreaturen tat sich um ihn auf, einige davon schon längst tot und von Fliegen umgarnt. Eidechsen, deren Oberkörper wie ein Seestern aneinandergenäht wurden, die Vorderarme wild zappelnd, so dass sie sich sinnlos im Kreis drehten. Beine von zig Spinnen an einem Nacktmull, dessen Hinterteil eine verstörende Ähnlichkeit mit dem vergrösserten einer Wespe hatte. Fledermausflügel an einer Ratte, die auf einem Hühnerfuss stand, … Wut entbrannte in seinem Innern, beim Anblick der missgestalten Tiere, deren unsauber zusammen gedokterten, blutigen Leibe kaum einen Wank taten.

 

«Jetzt bring mir die Galle, Edi, und dann machen wir uns einen schönen Abend, ich koche für dich.»
 

«Ich störe nur ungern den intimen Moment, doch ich würde gerne eine alternative Abendplanung einbringen.», mischte sich nach Charlies Allüren, unterbrochen von Edwins Gestammel, plötzlich Malfoy ein.
 

«Das – das ist er! Das ist einer der Auroren!»
 

«Das sehe ich auch selber und du Vollidiot hast ihn hergeführt.», kam es kühl von Charlie – zu kühl. «Was ist mit Shark?», fragte sie in gleicher Tonlage.
 

«Ihr bärtiger Freund? Ich konnte ihn für ein Nickerchen begeistern.»
 

«Zu nichts zu gebrauchen… Und wo hast du deinen Partner gelassen?»
 

«Der stolpert ahnungslos vor dem Nachbarsgebäude herum. Nicht nur Sie haben mit unzumutbarem Personal zu kämpfen, es ist schwierig die Tage.»
 

Charlie lachte gekünstelt auf. «In der Tat. Und was führt dich so ganz alleine zu mir?»
 

«Ich hoffte auf ein Gespräch auf Augenhöhe. Ich weiss von dem Lieferservice Ihres kleinen Freundes und auch von den verschwundenen Tieren, die sich in Ihrem Besitz befinden dürften.», improvisierte Malfoy wage, aber erfolgreich.
 

«Was für Tiere Charlie? Wovon redet er?»
 

«Lass die Erwachsenen reden Edi und sei still. Was willst du?»
 

Verdammt, er musste sich langsam beeilen. Hastig machte er sich ein Bild von dem Raum, doch die einzige Wand, die an den Kellerraum grenzen dürfte, war nur das – eine Wand. Ansonsten war da nichts, abgesehen von den Käfigen und dem Arbeitsbereich, auf den ein flüchtiger Blick reichte, um zu sehen, mit welcher Grausamkeit sie ihre Werke vollbracht hatten. Das ganze hier war eine einzige Folterkammer ohne Durchgang.
 

«Das, was alle wollen: einen bescheidenen Anteil an Ihrem kleinen, aber sicher lukrativen Geschäft – schliesslich erscheinen Sie mir wie eine fähige Unternehmerin.»
 

Wieder lachte sie und leise Schritte erklangen. «Charlie! Was geht hier vor?», wurde der Junge langsam hysterisch.
 

«Sei endlich still!», im nächsten Moment war ein ersticktes Keuchen zu hören. «So, nun können wir ungestört reden.»
 

«Und ich dachte, er wäre ihr Freund.»
 

«Lächerlich, er war Mittel zum Zweck und das wäre ohnehin seine letzte Lieferung gewesen, aber das weisst du bestimmt... Wir werden Umziehen, ein vielversprechendes Angebot für meine Lieblinge aus Übersee.»
 

«Tatsächlich? Es gibt offenbar für alles Liebhaber.»
 

«Manche Menschen mögen das Bizarre Schätzchen.»
 

«Mit diesen Expansionsplänen, sehe ich schwarz für einen Deal.»
 

«Oh bitte, für wie blöd hältst du mich eigentlich?»
 

«Offenbar scheine ich Ihre Intelligenz tatsächlich überbewertet zu haben.»
 

«Falsch.», entkam es ihr unbekümmert und ein Klirren war zu hören, gefolgt von einigen undefinierbaren Geräuschen und einem Knall – vermutlich die Tür. Eiligst tastete Harry die Wand ab, auf der Suche nach einem magischen Durchhang, einem Schalter, das Ende des Regenbogens – irgendwas.
 

«Was ist das, kam es mit belegter Stimme von Malfoy.
 

«Meine Absicherung. Als mein lieber Edi hier gesagt hat, dass die Auroren bei ihm aufgetaucht sind, habe ich Vorkehrungen getroffen. Sämtliche Zugänge sind verriegelt und was du da riechst, ist eine Eigenkreation von mir.»
 

«Lassen Sie mich augenblicklich hier heraus.», was Charlie nur ein lautes Lachen abmühte, «Bitte, das ist Mord!», kam es undeutlich zwischen Husten. Harry hatte eigentlich gedacht, dass es ein idiotisches Codewort war, doch wo er es jetzt aus Malfoys Mund hörte, wurde ihm erst bewusst, wie unglaublich selten er es benutze.
 

«Gib es auf Süsser, das Gas wird dich langsam dahinraffen und so gerne ich dir dabei zusehen würde, ich habe schon etwas vor.»
 

Okay, das schrie nach härteren Massnahmen. Eilig richtete Harry seinen Stab auf die Wand und ohne seiner Magie Einhalt zu gebieten, schoss er den Berstzauber los. Ein lautes Krachen unterbrach Charlies gehässiges Lachen und Harry schützte sein Gesicht vor dem fliegenden Gestein, ehe er durch das Loch hechtete und sich auf die verschwommene Gestalt im aufgewirbelten Staub stürzte. Nach kurzem Gerangel hatte er Charlies Zauberstab entwendet und mit einem Stupor, war sie ausser Gefecht gesetzt.
 

«Beeindruckende Vorstellung Potter, etwas zu übertrieben für meinen Geschmack, aber- was in Salazars Namen ist das?» Harry folgte Malfoys Blick, der zwischen Kellertür und einer glasartigen Barriere gefangen war, und sah mehrere der Kreaturen durch das Loch in der Wand kriechen – an vorderster Front die Schlange, die sich auf zittrigen Vorderpfoten voran hievte. Harry musste bei seinem Einriss Manöver die Käfige beschädigt haben.
 

«Fuck.», schaffte er es gerade noch rechtzeitig, Edwin von einem ausgehungerten Chihuahua wegzuzerren, der allein dank dem Fehlen seiner Beine zu langsam war, um seine wiedernatürlichen Zähne in den Jungen zu verbeissen. «Au!», griff er sich an die schmerzende Hand und zerrte eine der faulenden Ratten weg.
 

«Bring Edwin hier weg Potter, ich bin hier drin sicher.» «Charlie-» «Zu spät.» Tatsächlich. Wo sich der Kiefer der Schlange in ihren Hals geschlagen hatte, breitete sich eine ungesunde, violette Färbung aus, Schaum füllte ihren Mund.
 

Fluchend, mit einem prüfenden Blick zu Malfoy, apparierte Harry sich und den Jungen in die Küche hoch, wo er ihn auf die kalten Fliessen legte, ehe er sich zurück in den Keller machte. Die Tür war von aussen ohne Probleme zu öffnen und er spürte wie der Antiapparierzauber in der Gaskammer ausser Kraft gesetzt wurde. Natürlich – sie war einfach zwischen den beiden Räumen appariert.  
 

Das Gift in der Luft hinterliess einen bitteren Geschmack auf seiner Zunge und er nahm dankend den Atemschutz von Malfoy an, den der ebenfalls dabeihatte – in doppelter Ausführung, den ein Malfoy war bekannt für sein soziales Gemüt.
 

Dank der Barriere vor den Kreaturen geschützt, beobachtete Harry das blutige Treiben mit gespaltenen Gefühlen. Die gelben Augen der Schlange hefteten sich auf ihn, als sie ihre spitzen Zähne schliesslich aus dem inzwischen schwarzen, zum Marshmallow angeschwollenen Hals der Hexe entliess. Sie wankte, ehe ihre Hinterbeine entsagten und sie wie ein nasser Sack zur Seite kippte.
 

«Sie hat es verdient.», zischte sie, noch schwerer zu verstehen als zuvor, «Viele mussten wegen ihrer Experimente sterben… so viele… anfangs alle und nun… sie hat die Ergebnisse verkauft, Interessenten waren hier, nannten uns Monster und dabei erkannten sie nicht… Ich habe so viele leiden sehen… sie… sie hat es… verdient…» Ihr Körper klappte in sich zusammen, der Kopf schlug leblos auf dem Boden auf – der tote Glanz ihrer Augen, dem ihrer Schöpferin gleich. Ungeachtet dessen, machten sich die restlichen Kreaturen über sie und sich gegenseitig her. Ein lautes Geschrei, während sich Charlies Lieblinge gegenseitig in Fetzten rissen.
 

«Ich denke, ich werde mir das Abendessen heute ersparen.», merkte Malfoy trocken an und Harry nickte nur zustimmend. Würde nicht eine halbe Pizza in seinem Kühlschrank auf ihn warten, würde es ihm ähnlich ergehen.
 

«Eine der Ratten hat mich gebissen, denkst du ich sollte das untersuchen lassen?», besah Harry sich stirnrunzelnd die blutende Stelle.
 

«Was interessiert es mich, ob du Tollwut hast Potter? Ich habe dieses Gas achtunddreissig Sekunden lang eingeatmet, bis du dich endlich dazu heruntergelassen hast, dich dem Plan zu widmen.»
 

«Bei dem Gift, das du täglich versprühst, dürftest du dagegen immun sein.», dafür kassierte er einen Blick, der ihm wortlos mitteilte, wie wenig Malfoy von seinen humoristischen Bemühungen hielt – als ob er für eine Beurteilung diesbezüglich befähigt wäre. Malfoy war der unwitzigste Mensch im ganzen Department und das fasste Petunia die Putzkraft mit ein, deren Anblick selbst Robards Sekretärin in die Flucht schlug.
 

«Was hat die Schlange gesagt?», fragte Malfoy, sein Augenmerk ohne deutbare Regung, auf dem Geschehen im abgetrennten Raum liegend. Abgetrennt, wie der Kopf eines Salamanders, der gerade in die Höhe spickte und von einem Insekt mit Greifzangen aufgefangen wurde. Das wars – das Date mit der Pizza wurde auf morgen verschoben.
 

«Charlie hat die Experimente gemacht, angeblich um sie an Interessenten zu verkaufen.»
 

«Gut, dann hat sie dieses Schicksal verdient.», entkam ihm ungerührt der Satz, den Harry ihm verschwiegen hatte. Nicht nur seine Taten schienen der einer Schlange ebenbürtig.
 

Mit in Falten gelegter Stirn bedachte Harry die verunstaltete Leiche der Hexe, deren Anblick ihm in seinen frühen Jahren den Magen umgedreht hätte. «Das ist zu krass.»
 

«Ich halte nicht viel von falschen Beschönigungen Potter. Vom Recht her, hätte sie vielleicht ein Jahr im Gefängnis abgesessen, nur um anschliessend da weiter zu machen, wo sie aufgehört hat. Verurteilt von dem Leid, dass sie verursacht hat und gerichtet von all jenen, die sie in gottesgleicher Anmassung erschuf, ist das, ihr einzig gerechtes Ende, egal welche Erbarmungslosigkeit dem zugrunde liegt.»
 

Harry verbannte den in Zustimmung vibrierenden Gedanken in den hintersten Ecken seines Bewusstseins. Wo kämen sie hin, wenn sie, als Verfechter des Gesetztes, solch einen Standpunkt einnahmen?

Natürlich wäre Charlie mit einer, in Anbetracht ihrer grausamen Taten, milden Strafe davongekommen, denn so sehr sich Hermine auch über die Jahre für mehr Geleichberechtigung eingesetzt hatte, so blieben es im Endeffekt doch nur Tiere. Das hier war ein Vorzeigebeispiel einer jener gefährlichen Grauzonen, in denen Gerecht und Moral kollabierten.
 

Hätte man Harry offiziell entscheiden lassen, sie entweder vor ein Gericht oder ihre Kreationen zu stellen, so hätte er sich trotz Wiederwillen für ersteres entschieden, während Malfoy ohne mit der Wimper zu zucken, zweiteres gewählt hätte – nicht aus Grausamkeit, sondern weil er die Meinung vertrat, dass eine Person von der gerichtet werden sollte, die zu Schaden gekommen war.

Bei jedem anderen, hätte Harry es als grossspuriges Geschwätz abgetan, nicht aber bei dem ehemaligen Todesser, der sich in selbiger Position befunden hatte.

Einer der Richter hatte ihn damals höhnisch gefragt – wenn er denn schon so vehement betonte, jede Strafe zu akzeptieren – ob sie ihn dann nicht besser der wütenden Meute vor dem Gerichtsgebäude überlassen sollten. Die Antwort wurde irrtümlich als Missachtung der Autorität aufgefasst, doch Harry hatte den Ernst in den klaren Augen lodern sehen, der wie ein falsches Puzzleteil in den ausgezehrten, müden Zügen wirkte. Es war nur einer der Gründe gewesen, weshalb er zu Malfoys Gunsten ausgesagt hatte.
 

«Du hättest Poet werden sollen.», murrte er schliesslich, nicht gewillt das elendigliche Thema weiter auszuführen – es war eine verdammte Endlosschleife.
 

«Ich hatte es in Betracht gezogen,», lenkte Malfoy ein und schenkte ihm ein selbstgefälliges Lächeln, «doch es bestand ein grösserer Bedarf an herausragenden Auroren, als Poeten und mir scheint, da wir innert zwei Stunden das Verschwinden von Arzneien gelöst haben, die Beseitigung einer Irren, inklusive Aufklärung des örtlichen Tierverschwindens, habe ich mich richtig entschieden.»
 

«Ich bremse dich nur ungern in deinem Höhenflug, aber die Betonung liegt auf wir
 

«Oh verzeih Potter – du hast natürlich auch deinen verspäteten Teil dazu beigetragen.»
 

«Es waren nur dreissig Sekunden Malfoy!», drehte er sich genervt zu ihm um, sämtlichen Trübsinn mit einem Schlag vergessen, «Und das ist immer noch schnell dafür, dass ich ein Loch in die Mauer schlagen musste!»
 

«Es waren achtunddreissig Sekunden und darüber hinaus, waren es sechs Minuten, die du Zeit hattest, dir einen soliden Plan zu erarbeiten. Sag mir Potter, nennst du das einen soliden Plan?», dabei deutete er mit einer ausladenden Geste auf das Loch in der Mauer, begleitet von seiner liebsten Mimik: Herablassung.
 

«Leck mich Malfoy, mach es wie meine Fans und schreib mir einen Brief, wenn du jammern willst.»
 

«Wage es nicht mich auf das Niveau dieser impertinenten Meute herabzustufen! Zudem jammere ich nicht, ich gebe lediglich meinen Unmut, gegenüber der langatmigen Handlungsweise, meines überschätzten Partners preis.»
 

«Zum Thema überschätzt kommt mir als erstes dein aufgeblasenes Ego in den Sinn!» In dem Moment wurden sie von einer fliegenden Ratte unterbrochen, die frontal und mit Schwung gegen die Scheibe knallte. Verdattert, die Augen geweitet, sahen sie stumm dem Fellknäul zu, wie es mit einer Blutspur die dicke Glasplatte hinunterrutschte und Harry stellte sich vor, wie es Malfoys Ego war, das da sein abruptes Ende gefunden hatte. Angeekelt verzog dieser das Gesicht. «Ich denke es ist an der Zeit zu gehen.»
 

Zustimmend nickte Harry. Ansonsten würden sie ihr Zeitpensum, trotz der rekordverdächtigen Aufklärung, wegen nutzlosem Geplänkel sprengen. Auf eine weitere Standpauke ihres Chefs konnte er getrost verzichten. «Wir sollten die anderen zwei in die Zellen zur Befragung bringen, den Koffer sicherstellen und Lawson Jr. zurück zu seinem Vater bringen.», füllte Harry die Stille auf ihrem Weg empor.
 

«Allerdings. Es dürfte ihn interessieren, dass das gescheite Kerlchen in direkter Verbindung zu makabren Tierversuchen steht.»
 

Kurz kam Harry ins Straucheln. Bitte was?! Entsetzt starrte er ein Loch in den umhangverhangenen Rücken vor ihm. «DAS willst du ihm sagen?»
 

Verständnislos wurde ein Blick zurückgeworfen. «Natürlich. Das, und dass Lawson Jr. ihn, wie auch zwei Auroren im Dienst belogen und somit vehement zur Behinderung der Ermittlungsarbeiten beigetragen hat.»
 

Kopfschüttelnd fuhr sich Harry über das Gesicht. Das durfte doch nicht wahr sein. Der Kerl würde einem Glücksbären begegnen und ihn innert Sekunden dem Alkohol gefügig machen – endend am Strick. «Okay Malfoy, wie wäre es, wenn du dieses Mal mir das Reden überlässt?»
 

«Was? Damit du das ganze beschönigen kannst?»
 

«Nein,», entgegnete Harry barsch, «es nennt sich Schadensbegrenzung und dürfte vollkommen in Robards Sinne sein!»
 

«Tu was du nicht lassen kannst.», winkte er verwerfend ab und damit war die Sache glücklicherweise geklärt. Ansonsten wäre Harry bereit gewesen, ihn die Treppe hochzustossen!
 

Sie schickten Shark und Depp auf direktem Weg, ohne Halt beim Start, in die Zellen und beschlagnahmten den Koffer, nach einem kurzen Blick hinein. Darin befanden sich zahllose Tiere, von Katzen, über Pfeilgiftfrösche, bis hin zu einem Feuertölpel – Gott sei Dank unversehrt.
 

Mit dem immer noch bewusstlosen Edwin, apparierten sie in das Geschäft des Apothekers, wo dieser beinahe vor Schreck ein Glas voller glibberiger Masse fallen gelassen hätte. Beim Anblick seines Sohnes weiteten sich seine Augen und kaum, dass er die Brille zurückgeschoben hatte, eilte er auf sie zu. «Ach du meine Güte, Edwin! Was ist passiert? Geht es ihm gut?», panische Sorge zeichnete seine erblassten Züge, was die rosigen Pausbacken umso mehr betonte.
 

Sachte legte Harry den Jungen auf den Tresen, den der Ladeninhaber eiligst freiräumte, während Malfoy die Tür verschloss und das Schild auf Closed drehte. «Es geht ihm gut, er ist nur bewusstlos und wird vermutlich mit Kopfweh und einem gewaltigen Schrecken zu Sinnen kommen.», beruhigte Harry ihn, während der ältere Mann seinem Sohn mit zittrigen Händen, die Haare aus dem Gesicht strich. «Was in Merlins Namen ist den nur passiert?»
 

«Edwin ist in die falschen Kreise geraten und hat sich zu den Diebstählen anstiften lassen – er musste auf die harte Tour lernen, dass die Sache nicht ganz so harmlos war, wie man ihn glauben lassen hatte. Das Gute ist, dass er sich ausser den Diebstählen, nichts hat zu Schulden kommen lassen und wenn Sie keine Anzeige erstatten, wird er keine Strafe zu erwarten haben.»
 

Abrupt hielt das sorgenvolle Tätscheln inne und zum ersten Mal hob sich sein Blick von seinem Sprössling. Unglaube lag darin, während er Gesagtes zu verarbeiten versuchte. Mehrere Male setzte er zum Sprechen an, seine Mundwinkel von Zucken begleitet, ehe er über seine trockenen Lippen leckte, den Kopf schüttelte und sich auf den Stuhl zurückfallen liess, der ein gequältes Ächzen von sich gab. «Edwin war es? Mein eigener Sohn?», kam es erstickt und Harry konnte nicht anders, als ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter zu legen.
 

«Gehen sie nicht zu hart mit ihm ins Gericht. Ich bin sicher, Edwin handelte in guter, wenn auch falscher Absicht. Die Frau, in die er sich verliebt hat, hat das schamlos ausgenutzt – die Erkenntnis dürfte ihm Strafe genug sein.»
 

Mr. Lawson nickte abwesend, die Stirn in tiefe Falten gelegt. «Ich-», er brach ab, liess den Kopf sinken und fuhr sich über den Mund. Er schien in der kurzen Minute der Erkenntnis um Jahre gealtert und es schmerzte Harry, den treuherzigen Mann so zerrüttet zu sehen.

Verwünschungen, Racheakte, blutige Tatorte, Gerichtsvorladungen – an alles hatte er sich im Verlaufe seiner Amtsjahre gewöhnt. Nur das hier – Angehörige, die vor seinen Augen zerfielen – daran würde er sich nie gewöhnen.
 

«Dieser dumme, dumme Junge…», murrte Mr. Lawson müde. Der leicht ausgeübte Druck auf seine Schulter, liess ihn Aufsehen und Harry schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. «Bitte Mister Lawson, nehmen sie es nicht zu ernst. Er ist noch jung und in diesem Alter haben wir alle Dummheiten angestellt.», was Malfoy tatsächlich mit einem Schnauben kommentierte. «Ja, wir alle.», verdeutlichte Harry mit einem genervten Seitenblick.

 

Die faltige, vom Arbeiten mit Chemikalien raue Hand, suchte die seine. Mit glänzenden Augen suchte Lawson Harrys Blick. «Ich danke ihnen.», festigte sich der Griff, «Danke für die netten Worte Mister Potter. Das aus ihrem Mund zu hören… Es wärmt einem alten Mann das Herz.» Zwar war die Schwere nicht entschwunden, doch wenigstens etwas leichter geworden.
 

«Möchten Sie Anzeige erheben?», zerstörte sein ehrenwerter Partner den Moment und Gott bewahre – Harry wollte ihn mit dem schwersten Gewicht auf dem Tisch erschlagen!
 

«Bei Merlins Bart – nein!», schoss der alte Mann erschrocken auf. Wütend nahm Harry Malfoy ins Visier, doch der beachtete ihn gar nicht.
 

Er würde den Penner ja fragen, was bei ihm falsch gelaufen war, aber das wusste er ja schon! Zu viel Haarspray und das kriminelle Umfeld im Kindesalter, war nur der Anfang vom Lied – einen wahnsinnigen Massenmörder zu beherbergen, konnte sich ja nur schlecht auf das Sozialverhalten auswirken!
 

Garstig schnappte Harry sich seinen Partner und nickte dem Ladeninhaber zu. «Wir werden uns nun verabschieden. Kümmern sie sich gut um ihren Sohn und richten sie ihm aus, dass er sich morgen bereithalten soll, falls man ihn zur Befragung einholen möchte -als Zeugen, nicht als Täter.», fügte er eiligst ab den erneut erblassenden Wangen an.
 

«Das werde ich, danke – ihnen beiden.»

 

***
 

Shark und Jonny, der eigentlich Sigfried Bright hiess, waren schnell befragt. Malfoy hatte da seine ganz eigenen Methoden. In einer Mischung aus Abgebrühtheit und Spott, drückte er die Antworten wie an einem Spielzeugautomaten aus ihnen heraus.
 

Die Tiere wurden einem anderen Team zur Auffindung der Besitzer weiter gereicht, wieder ein anderes kümmerte sich um die Sicherstellung des Hauses und der Bericht war schnell geschrieben, obwohl Harry Malfoy am liebsten bei jedem herablassenden Kommentar über seine Schrift, seine Wortwahl oder die Grammatik den Hals umgedreht hätte. Als sie schliesslich und schlussendlich zu zweit in Robards Büro sassen und die letzten Details durchgingen, war er einfach nur noch müde. Stolz, aber müde.
 

«Also hat Edwin Lawson die Zutaten unwissentlich ihres Verwendungszweckes besorgt, Tobias Shark kümmerte sich um die Tierbeschaffung, während Sigfried Bright für den Vertrieb zuständig war und diese», Robards blätterte kurz durch die Akten, bis er den gesuchten Namen fand, «Charlie Harrison war diejenige, die die Experimente durchgeführt hat.»
 

Sie nickten beide und Robards liess sich mit verschränkten Armen in den Sessel zurückfallen. «Und diese Experimente dienten lediglich dazu, Monstrositäten für Liebhaber zu erschaffen? Wie hat sie das fertiggebracht, wo sie nicht mal eine Ausbildung in eine annähernde Richtung gemacht hat?» Den laut der Aussagen ihrer Kumpanen, war sie gelehrte Floristin.
 

«Es scheint, Miss Harrison hat sich das Wissen selbst angeeignet und hegte höchste Ambitionen, ihren Horizont zu erweitern. Man hat haufenweise alte, wie auch neue Bücher diesbezüglich im ganzen Haus gefunden.», vermeldete Malfoy das, was ihnen von einem anderen Team, etwas anders formuliert, zugetragen wurde.
 

«Und es gibt keine Zweifel daran, dass sie die einzige mit diesem Wissen war?»
 

Diesmal war es an Harry, zu antworten. «Ja Sir. Die Schlange und Charlies Kumpanen haben das bestätigt.» Den Blick, den er daraufhin von seinem Chef kassierte, wusste er nicht so recht zu deuten.
 

«Was?», fragte er schliesslich, nach Sekunden des verständnislosen Starrens.
 

«Was fragt er…», murrte Robards und schüttelte den Kopf, ehe er ihn streng ansah. «Potter, Sie müssen endlich aufhören, den Tätern Tiernamen zu geben, das ist im höchsten Masse unprofessionell.» Was?
 


 

Bitte WAS?
 

«Ich meinte damit eine der Experimente Sir – sie war eine Schlange und diejenige, die Charlie getötet hat.», klärte er das Missverständnis auf, so wie sich die Zahnräder in seinem Kopf zu drehen begonnen hatten.
 

«Oh… dann vergessen sie was ich gesagt habe.», sagte Robards in einer Ernsthaftigkeit, als hätte er seine Zustimmung zur Inhaftierung eines Todessers gegeben – etwas, dass man sich nur als Leiter einer Zentrale leisten konnte.
 

«Das würde mich allerdings interessieren. Potter hat eine Affinität dazu, Täter mit Tiernamen zu bestücken? Wie darf man sich das vorstellen?», grinste Malfoy mit diesem überheblichen Lächeln, das nur seinen rechten Mundwinkel in die Höhe zwang und Harrys Magensäure passend zum Aufwärtsgang inspirierte.
 

«Nein Malfoy, hauptsächlich dich.», nahm er sich persönlich der Frage an, «Schlange, Schwein, Ratte, Frettchen, Bazille,-» «Eine Bazille ist kein Tier, der Begriff bezieht sich ausschließlich auf die äußere Gestalt von Bakterien Potter.»
 

«Dann passt es ja noch besser!»
 

«Solche infantilen Sätze, lassen dich nebst meiner Person noch kleiner und unscheinbarer erscheinen.»
 

«Wenigstens wollen mir die Leute nicht regelmässig zur Begrüssung ins Gesicht schla-» «Genug!», schlug Robards geräuschvoll die Akte zu und unterband somit erfolgreich den Fortbestand der Diskussion.
 

«Trotz ihrer persönlichen Diskrepanzen, haben sie diesen Fall mit Bravour gelöst. Ich muss zugeben, beeindruckt zu sein. Es wäre schön, wenn dieser Zustand anhalten würde. Drei Fälle in Rekordzeit, da-», er wurde durch ein zaghaftes Klopfen an der Tür unterbrochen. Malfoy verdrehte die Augen und als Harry sah, wer da eintrat, wusste er auch wieso.
 

«Ah! Anderson und Henning, gut dass sie so schnell kommen konnten. Ihr Fall wurde geklärt und alles was ihnen noch bleibt, sind anhand der Vorliegenden Dokumente, die Akte zu vervollständigen. Anschliessend können sie sich um die restlichen, gefundenen Tiere kümmern.»
 

Harry verbat sich ein Grinsen im malfoyischen Stiel, dass drohte, Besitz von ihm zu ergreifen. Das war das schönste Geschenk, das Robards ihm hätte machen können. Das, und die perplexen Gesichter ihrer Expartner! Sie hatten den Fall der zwei neben ihrem eigenen gelöst und die Genugtuung surfte wie eine Droge durch seine Adern.
 

«Miss Petersons Katze wurde gefunden Sir?», fragte Anderson verdattert und Harrys Grinsen erstarb, als hätte man ihm, statt Malfoy, zur Begrüssung eine geknallt.
 

«Moment mal!», fassungslos nahm er seinen Chef ins Visier, «Sie haben sie tatsächlich mit der Suche nach einer verschwundenen Katze betreut?»Daraufhin entkam Malfoy ein lautes Lachen – ein seltenes Ereignis, das zu jedem anderen Zeitpunkt mehr Beachtung verdient hätte, so jedoch wurde es übertrumpft, durch die Feststellung, dass ein eigentlich aus Witz und Frustration entstandener Gedanke, der Realität entsprach.
 

«Das war ein Fall wie jeder andere!», äusserte Henning schnippisch, mit einem Hauch gekränkten Stolzes.
 

«Das Hauptmerk lag bei der Auffindung des Täters.»
 

«Da haben sie wohl den falschen Ansatz verfolgt…», kommentierte Malfoy Robards Verbesserung mit einem höhnischen Glänzen in den Augen, «War das dann alles?»
 

«Ja, sie sind entlassen.»
 

«Danke Sir.», sprachs und wie der Prinz, der er nicht war, schwang er sich in die Höhe. Naja, schlussendlich hatten sie ja was sie wollten und nebenbei noch einen neuen Rekord aufgestellt. Etwas weniger galant, tat er es seinem Partner gleich.
 

Als sie an ihren Kontrahenten vorbeischritten, fand das Gefühl der Genugtuung in Harrys Magen zurück, kaum dass er Hennings trotzigen Blick einfing. Offenbar war der Wettstreit beidseitig gewesen.
 

«Und so erledigen das Experten.», setzte Malfoy unerwartet, aber galant wie nur er es konnte, einen obendrauf und Harry hätte ihm zum zweiten Mal an diesem Tag die Hand reichen können! Gerade als hätte sie nie auch nur ein Zwist entzweit, schritten sie, Schulter an Schulter, aus dem Büro.
 

«Vermisste Katzen…», murrte Harry auf dem Weg zu ihrem Büro, nicht imstande über diese Hiobsbotschaft hinweg zu kommen. «Kein Wunder, dass ihre Fallbilanz von Erfolgen gekrönt ist!»
 

«Du würdest staunen. Anderson ist der Ansicht, dass das Auffinden von Tieren ein Kunstfeld für sich ist.»
 

Harry hatte dafür nur ein Schnauben übrig, doch ehe er sich weiter ereifern konnte, hielt er verdattert inne und besah sich mit gerunzelter Stirn seinen Partner. Sein Starren blieb nicht unbemerkt. «Was Potter? Hat mein makelloses Antlitz dir die Sprache verschlagen?»
 

«Makellos nennst du das?», fragte er spöttisch, sich durchaus bewusst, dass Malfoy sich seiner grünen Verfärbungen von Mundwinkel und Nasenflügel nicht gewahr sein konnte. Eigentlich hätte er einen Partner darauf aufmerksam gemacht, vor allem nach dem Kontakt eines unbekannten, giftigen Gases – bei Mister Arrogant höchst selbst hingegen…
 

«Die Gene Potter.», wurde er netterweise darauf hingewiesen und bestätigte ihn, in seinem Entschluss.
 

«Natürlich Malfoy, die Gene… Trotzdem solltest du einen Blick in den Spiegel werfen, sonst könnte man auf falsche Ideen kommen und wir wollen ja nicht, dass die Leute wieder reden.»
 

Misstrauisch wurde er beäugt. «Was soll das bedeuten?»
 

Harry zuckte nur mit den Schultern und wollte weiter gehen, stattdessen wurde er am Arm gepackt und mit einem energischen Ruck umgedreht. «Du verheimlichst mir etwas Potter.», funkelte er ihn warnend an und es war erstaunlich wie ihm das immer sofort auffiel – Überheblichkeit hin oder her.
 

«Ich gebe dir dreissig Sekunden Zeit, es herauszufinden.», grinste er schadenfreudig. Es war herrlich, für einmal am längeren Hebel zu sitzen. Seine Ansicht änderte sich, kaum dass sein Rücken hart Bekanntschaft mit der Wand machte. «’tschuldigung, achtunddreissig.», keuchte er und im nächsten Moment spürte er einen Stechenden Schmerz an seiner Kehle.

 

***
 

Es endete, wie auch anders erwartet, im St. Mungos. Für dieses eine Mal, war es zu beider Vorteil, was vermutlich auch der einzige Grund war, weshalb Robards Standpauke nur halb so voluminös ausfiel.
 

Malfoys Vergiftung wäre in der nächsten halben Stunde tödlich geendet und dadurch, dass er Harry verflucht hatte, war der überhaupt erst untersucht worden: Tollwut – tatsächlich. Er fühlte sich von seinem Karma zutiefst verraten und alles was ihm blieb, war zu beten, das Malfoy es nie erfahren würde – ansonsten konnte man definitiv nicht mehr von Glück im Unglück sprechen.

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Bei zwei der Dialogen habe ich mich fremdbedient: Hörspiel Sherlock Holmes© – die Originale/die neuen Fälle, mit den herausragenden Sprechern Christian Rode & Peter Groeger, die einfach nur eine wunderbare Chemie haben – kann ich jedem nur wärmstens empfehlen :)

Bis zum nächsten Mal!
Eure NiFuu Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Rentierchan
2020-03-10T07:23:10+00:00 10.03.2020 08:23
Ich könnte mich kringeln XD zu schön. Vielen Dank für diesen wundervollen Text
Antwort von:  NiFuu
10.03.2020 12:14
Äußerst gerne geschehen - danke dir für die wundervollen Worte! Schön wenn mein schräger Humor anschlägt *lach*
Von:  Andreana
2020-03-09T12:15:50+00:00 09.03.2020 13:15
Hey ich finde die Story echt cool. Mal was anderes. Ich hoffe das ich noch ein paar Kapitel dazu zum lesen bekomme. LG Dana
Antwort von:  NiFuu
09.03.2020 19:00
Hei! Danke dir - freut mich, dass du Spaß an dem Irrsinn findest ;) Es werden definitiv noch einige Kapitel folgen, die Story ist sowas wie mein Dauerprojekt, weil ich jeeeede Idee nach Lust und Laune reinringen kann *lach*
LG und einen schönen Abend,
NiFuu


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