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Until Dawn

von

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Crime Scene

Ungläubig sah ich in die dunklen Opale meines Ziehvaters. Ich konnte einfach nicht glauben, dass er mir diese Informationen vorenthalten wollte. Er hatte bereits angedeutet, dass die Leichen der verschwundenen Wesen gefunden wurden, dennoch hatte ich nicht mit so etwas grausamen gerechnet. Auch wenn die Opfer auf den ersten Blick einfach nur wie tote Körper aussahen, konnte man erst bei genaueren betrachten der Fotos, das Ausmaß des Dilemmas sehen. Den Personen auf den Bildern fehlten stets irgendwelche Körperteile. Sichtbar wie auch Unsichtbar. Augen wurden entnommen, und hinterließen ein gähnendes Loch in ihrer Höhle. Auch anstelle von Ohren, sah man nur eine fein säuberliche vernähte Stelle an dessen Platz. Der Brustkorb wurde wieder zusammen getackert, nachdem das Herz, ein Lungenflügel oder sonst was entnommen wurde. Ausgerissene Fingernägel oder Krallen, zeugten von brutalen Foltermethoden.

Eine Sache, die wirklich jedes Opfer gemeinsam hatte, waren die Einstichstellen auf Handrücken, Armbeuge und Halsschlagader. Die Gesichter erstarrt, die Augen weit aufgerissen und die blanke Angst zeigend. Sie schienen einen lagen und grausamen Tod gestorben zu sein.
 

In den Händen hielt ich noch immer das Bild eines kleinen Mädchens, vielleicht 10 Jahre alt. Ihre Haut schimmerte leicht silbrig und schien von Schuppen überseht zu sein. Das sonnengelbe Kleid war nach oben gerutscht und legte den Blick auf eine Fleischwunde am Oberschenkel frei. Akkurat wurde ein ca. 10 x 20 cm großes rechteckiges Stück Haut entfernt und anschießend die Wundränder mit etwas heißem verlötet. Ihr Mund war zu einem verstummten Schrei aufgerissen, die hellblauen Augen milchig und leer.

„Und warum wolltest du mir das hier nicht sagen?“ meine Stimme zitterte, während der Zorn in mir aufstieg. Wer tat so etwas nur?

Kakashi sah mich weiterhin stumm an. Den unteren Teil seines Gesichtes mit seiner Hand verdeckt, schien er zu überlegen.

„Verdammt, Kakashi! Sie war ein Kind!“ Ich sprang auf, ging an ihn vorbei zum Bücherregel, welches hinter dem Grauhaarigen am Fenster stand. Das Bild meines jüngeren Ichs lächelte mir entgegen. Ich saß auf den Schultern meines Vaters und hielt triumphierend mein Holzschwert über meinen Kopf. Das rosa Haar war zu zwei geflochtenen Zöpfen gebunden, die auf meinen Schulten ruhten. An dem Tag hatte mich Kakashi das aller erste Mal mit dem Holzschwert trainieren lassen. Ich war so stolz, als mir diese Waffe in die Hände gelegt wurde. Auch über den entspannten Gesichtsausdruck des Älteren hatte sich ein stolzes Grinsen gelegt. Vater und Tochter strahlten um die Wette. Eben dieses Foto nahm ich in die Hand und strich mit den Daumen über das kühle Glas.

Ob die Eltern dieses Mädchens zu Hause bereits krank vor Sorge waren oder... ein verräterisches brennen machte sich in meinen Augen breit... oder wussten sie schon über das Schicksal ihrer kleinen Tochter?

Hinter mir vernahm ich die leisen Schritte Kakashis. Er blieb hinter mir stehen und legte seine große Hand tröstend auf meine rechte Schulter.

„Ich hätte dieses Mädchen sein können...!“ meine Stimme brach. Ja, hätte er mich nicht gefunden, wäre ein ähnliches Schicksal auch meins geworden.

Der Druck auf meiner Schulter wurde etwas fester, gab mir halt. Der Klos in meinem Hals nahm weiter zu, doch würde ich ihm nicht nachgeben. Stattdessen legte ich meine freie Hand auf Kakashis und drückte diese. Er spendete mir Wärme und Trost, so wie es nur ein Vater konnte. Dies war der Moment, in dem ich Begriff, warum er mich aus der ganzen Sache heraushalten wollte. Es lag nicht daran, dass Kakashi mich nicht für Fähig hielt. Nein, ganz im Gegenteil. Er wusste über meine Fähigkeiten. Es war die Sorge um mich, er wollte seine Tochter schützen, mir den Anblick dieses Mädchens ersparen. Wohl wissend, dass sie nicht das einzige Kind war oder bleiben würde.

Und deshalb musste etwas geschehen. Ich würde alles in meiner Macht Mögliche tun, damit kein Kind leiden musste, dass keine Familien mehr getrennt werden würden.

„Du weißt, dass du mich nicht immer beschützen kannst!“ Ich drehte mich zu meinem Vater und sah ihm in seine warmen Opale. Sein Gesichtszüge wurden ganz weich, als er mir die Hand auf den Kopf legte.

„Ich wusste immer, dass du mir dies nicht leicht machen würdest. Aber einen Versuch war es wert... meinst du nicht?“

Er wuschelte mir durchs Haar, bevor er von mir abließ und Richtung Küche ging.

„Danke...Dad!“ Leise kamen diese Wörter über meine Lippen, dennoch blieb Kakashi kurz stehen. Nach einem kurzen Moment sah er über seine Schulter zu mir und grinste. „Jetzt werde aber nicht sentimental. Ist ja schon fast gruselig, meine Tochter so zu sehen!“
 

Nach und nach trug ich die neuen Informationen zusammen. Irgendein krankes Schwein sammelte anscheinend Körperteile von verschiedenen Arten an Wesen. Handelte es sich hier nur um einen irren Sammler, dem einer bei seinem abstoßenden Hobby abging oder steckte doch mehr dahinter. Rund 40 Opfer wurden in der Lagerhalle am alten Hafen gefunden. Alle ordentlich nebeneinander aufgereiht, zwischen den großen Containern. Es sah nicht so aus, als wenn der Mörder die Reste seiner Arbeit beseitigen wollte. Nur leider sagte mir dies nichts zum Täter, außer dass ich der festen Überzeugung war, dass ich nicht nur nach Einem suchen musste.

Von Kakashi erfuhr ich auch, das die Gilde in der tat versuchte so wenig wie möglich über diesen Fall publik zu machen. Nur ausgewählte Jäger wurden für diesen Fall eingezogen. Interessant war auch, dass nicht alle mit dieser Entscheidung einverstanden waren. Itachi und Hinata sprachen sich dafür aus, jeden der bei den Ermittlungen helfen konnte miteinzubeziehen. Nur leider wurden sie von den drei anderen überstimmt... frei nach dem Motto, dem Täter keine Leinwand für sein Verbrechen geben und so die Opferzahl klein halten. Absolut beschränkte Idee, wenn man mich fragte! Wir sahen ja, wie klein die Opferzahl waren. Und dabei waren noch nicht einmal die vermissten Werwölfe und Vampire mitgezählt.

Ja, die Vorgehensweise der Gilde schmeckte mir von Mal zu Mal weniger. Arroganter Haufen an privilegierten Möchtegernvertretern!
 

Ein kurzer Blick auf meine Armbanduhr verriet, dass Neji in wenigen Minuten mit dem Auto vor fahren würde. Also band ich mir schnell die Haare zusammen, zog an der Wohnungstür Stiefel und Jacke an und schnappte mit den Ledergut mit meinem Katana.

„Danke nochmal!“ ich drehte mich nochmal zum Wohnzimmer. Kakashi lehnte am Türrahmen und hatte seine Hände in den Hosentaschen vergraben. „Dann will ich mal hoffen, dass du nichts dummes anstellst!“

Gespielt beleidigt stemmte ich die Hände in die Hüften und kniff die Augen bedrohlich zusammen. „Wenn ich was dummes tue, dann hab ich mir das wohl bei dir abgeguckt!“

„Touché!“

„Also dann...!“ Ich legte zwei Finger an meine Stirn zum Abschied und verließ die Wohnung meines Vaters.
 

Nachdem ich in Nejis Wagen gestiegen war und ihm von den gestrigen Nacht und den vermissten Wesen erzählt hatte, trat das ein was ich bereits befürchtete. Er strafte mich mit Schweigen. Während der gesamten Autofahrt von einer Stunde -immerhin mussten wir einmal quer durch Konoha und es war Rush Hour- hatten sich seine Gesichtszüge in Stein verwandelt. Er sah stur auf die Straße und würdigte mich keines Blickes. Auslöser hierfür war der Tatsache verschuldet, dass ich mich entschlossen hatte gemeinsam mit Sasuke diesen Fall zu lösen und somit zog ich automatisch meinen Freund mit hinein.

Neji hasste Vampire, auch wenn er durch seine Tätigkeit als Dämonenjäger unvoreingenommen sein sollte. Nur leider konnte niemand gegen seine Gefühle ankommen, sie verrieten einen nur zu gerne. Auch ein Neji Hyuga war machtlos dagegen.

Vampire hatten ihm und Hinata vor 90 Jahren alles genommen. Damals lebte der Magierclan der Hyuga in einem kleinen Dorf außerhalb von Konohagakure. Sie hatten sozusagen ihre eigene kleine Gemeinschaft mit mächtigen Familienmitgliedern die ganz besondere und einzigartige Talente besaßen. Bedauerlicherweise sahen ein paar Vampire dies als eine Aufforderung, ihre Stärke und Macht zu demonstrieren und schlachteten fast den gesamten Clan ab. Eine Hand voll Hyugas überlebte und konnten sich irgendwie in Sicherheit bringen. Unter den Überlebenden waren auch die Geschwister und ihr Vater gewesen. Nach und nach spürten die übrig gebliebenen Clanmitglieder die Mörder auf und ließen sie, im wahrsten Sinne des Wortes, bluten. Später fand man heraus, dass es sich um abtrünnige Vampire handelte, die sich dem Blutrausch ergeben hatten und somit langsam zu Level-E-Vampiren wurden. Äußerst gefährliche Geschöpfe, ehemalige Menschen, die kein Maß bei der Nahrungsbeschaffung kannten und irgendwann nur noch Spaß und Erregung in ihrem Rauschzustand verspürten.

Nunja, diesen Grund konnte ich Neji beim besten Willen nicht verübeln. Nur leider wurde Sasuke von Nejis Abneigung nicht verschont, was auch seinen Missmut gegenüber meinem neuen Bündnis erklärte. Jetzt würde ich auch noch den Vermittler spielen dürfen. Genervt seufzte ich auch, während ich meinen Nasenrücken massierte. Tolle Aussichten!
 

Der Wagen hielt vor der alten Lagerhalle, die Kakashi vorhin beschrieben hatte. Hinter einigen ranzigen, teilweise zerstörten und gestapelten Containern verbarg sich der Eingang, sodass wir Nejis Auto noch vor dem kaputten Maschendrahtzaun parken mussten. Ohne groß miteinander zu reden, schnallte ich mir meine Waffe auf den Rücken und zurrte den ledernen Gurt fest. Ich schritt an dem Dunkelhaarigen vorbei, bahnte mit meinen Weg zwischen den Containern hindurch und blieb, mit vor der Brust verschränkten Armen, vor dem großen Eingangstor stehen. Das hölzerne Schild mit der Aufschrift 'Kiotos Fischereibetrieb' hing schepp und verblichen über dem Eingang. Die Farbe der blauen Lettern splitterte bereits ab und machte neben dem rostenden Wellblech des Tores, und der bröckelnden Außenfassade der Lagerhalle einen erbärmlichen Eindruck. Zusätzlich verlief das gelbe Absperrband quer über den Eingang, um ungebetene Gäste draußen zu halten. Als ob das irgendwen daran hindern würde einzutreten.

„Siehst du einen anderen Eingang?“ fragte ich den Magier, als er sich neben mich gesellte. Auch ohne ihn Anzusehen, wusste ich dass Neji seine Augen bereits aktiviert hatte und das Gebäude nach einen alternativen Einstieg durchleuchtete. Nach ein paar Sekunden ließ er mich einfach stehen und marschierte links an mir vorbei. Mir eine verirrte Strähne aus dem Gesicht pustend folgte ich Neji, der bereits um die Ecke bog. Sehr erwachsen...wirklich!
 

Als ich endlich aufschloss, sah ich nur noch, wie mein Freund bereits den knapp zwei Meter hohen Container, der direkt an der steinernen Wand stand, hochgeklettert war und auf dem Rand hockte. Als er mich sah, legte er sich auf den Bauch und streckte mir grimmig eine Hand entgegen. Diese Geste ließ mich dann doch kurz schmunzeln, bevor ich Anlauf nach und auf den Container zu sprintete. Ich sprang ab, nahm zusätzlich die Hauswand als Trittfläche um an Höhe zu gewinnen und griff nach Nejis warmer Hand, die mich auch augenblicklich hochzog. Auch wenn er sauer war, hängen lassen würde er mich nie!

Wir drückten uns an ein paar Kisten vorbei, bis ein zerbrochenes Fenster uns den Weg nach Innen schenkte. Vorsichtig stiegen wir nacheinander ein. All zusehr mussten wir uns nicht orientieren, da das gläserne Dach uns so viel Licht spendete und irgendwie unheilvoll unsere Aufmerksamkeit bereits auf die grauen Laken am Boden richtete. Offensichtlich befanden sich darunter die toten Körper der Opfer. Aber warum zum Teufel wurden sie nicht in die pathologische Abteilung der Gilde gebracht?

Schnell kletterten wir an ein paar Schwerlastregalen hinunter und wirbelten die dicke Staubschicht auf, die nun wie ein milchiger Schleier schwer im Raum zu hängen schien. Die Stille sorgte zusätzlich für Beklommenheit, die einem aufs Gemüt schlug. Ein kurzer Blick zu Neji zeigte, dass auch er sich unwohl fühlte. Die Adern an an seinen Schläfen traten hervor und die hellen Opale wanderten durch die gesamte Halle, suchten nach etwas was hier nicht hingehörte.

„Wir sind alleine.“ erlöste er mich nach einigen Sekunden und entspannte seine Schultern ein wenig bevor er zu Laken zu ging. Ich tat es ihm gleich und positionierte mich hinter Neji, meine Hand umfing den Griff des Katanas. Schließlich konnte man nicht vorsichtig genug sein!

Der Magier ging in die Hocke und zog den Stoff nach unten, woraufhin drei starre Körper zum Vorschein kamen. Ungläubig lies ich meine Hand sinken und starrte auf das Unmögliche. Jetzt fiel mir auch auf, dass es nicht nach Verwesung stank, wie es eigentlich nach drei Wochen der Fall sein sollte. Gerade im Juli, wo die Sonne erbarmungslos durch das Glasdach die Halle in eine Sauna verwandelte.
 

„Verdammt, Sakura! Was ist das hier?“ Neji hatte sich wieder aufgerichtet und war neben mich getreten, sein Gesichtsausdruck genauso fassungslos wie meiner. Die Leichen hätten innerlich Verfault sein sollen, unter der Haut müssten grünlich verfärbte Adern zu sehen sein und sich bereits zersetzten, es sollte bestialisch stinken...aber nichts dergleichen. Ich langte vorsichtig nach dem Tuch und zog es weiter zurück, um die anderen Körper frei zu legen.

„Was ist das für eine kranke Scheiße?!“ flüsterte ich. Vor uns lagen zehn Wesen, makellos, trugen keine Spuren des Zerfalls. Die Haut war straff über die Knochen gezogen, so als wenn sie erst vor wenigen Minuten gestorben wären. Mein Blick fiel auf den Mann direkt vor uns. Ein blonder junger Mann, nicht viel älter als ich, mit kleinen hellbraunen Hörnern auf der Stirn. Besser gesagt, war es nur noch ein Horn. Das Linke wurde auf eine skurrile Art herausgeschnitten. Das Wundfleisch wirkte noch frisch und die Wundränder wulstig. Mich vorbeugend besah ich mir das Wunde Fleisch genauer. Mit einem Finger fuhr ich über den hervorstehenden Rand, wobei ein fletschendes Geräusch entstand. „Das Blut ist noch feucht...“ ich sah auf das Rot auf meinen Fingern und rieb diese aneinander.

„Sind das vielleicht neue Opfer, die einfach dazugelegt wurden...von denen die Gilde noch nichts weiß?“ ließ mich Neji an seinem Gedanken teilhaben.

„Nein!“ ich schüttelte langsam den Kopf. „Ich hab ihn auf einen der Fotos gesehen.“ Das restliche Blut wischte ich an meiner schwarzen Jeans ab. „Er ist bereits seit mindestens drei Wochen nicht mehr am Leben!“

„So etwas habe ich noch nie gesehen...“

„Ich auch nicht! Vielleicht wurde ihnen ja etwas injiziert. Schau...“ ich deutete auf die die Halsschlagader der Mannes. „...Kakashi meinte, dass jedes Opfer solche Einstiche hat. Auch auf dem Handrücken und in der Armbeuge.“

Neji aktivierte erneut seine Augen und ließ sie über die toten Wesen vor uns wandern. „Du hast recht. Allerdings kann ich nichts sonderbares in ihrem Blut erkennen. Auch die noch vorhandenen Organe sehen unauffällig aus. Kein Anzeichen von Zerfall.“ zählte er weiter auf.

Wir schwiegen und überlegten, was wir als nächstes tun sollten.

„Vielleicht hat die Gilde irgendwelche Ergebnisse an die wir ran kommen könnten.“ überlegte ich laut und spürte bereits den skeptischen Blick meines Freundes auf mir.

„Willst du etwa einbrechen? Wie stellst du dir das bitte vor?“

„Verlockende Idee, aber nein! Wir fragen einfach Itachi oder Hinata.“ Ein schiefes grinsen legte sich auf meine Lippen, als ich mich zu dem Dunkelhaarigen drehte und beobachten konnte, wie er eine seiner fein geschwungenen Brauen in die Höhe zog.

„Hat dir der verdammte Vampir bereits das Hirn vernebelt?“

„Was denn? Fragen kostet doch nichts. Außerdem habe ich im Gefühl, dass besonderes Itachi nicht abgeneigt sein wird uns ein bisschen zu helfen.“

„Tss...“

„Jetzt schmoll nicht!“ Ich stand auf und klopfte ihm gönnerhaft auf die Schulter. „ Und nun sollten wir mal sehen, dass wir eventuell direktere Infos bekommen.“ Mein Gesicht wurde wieder ernst. „Hast du die Rune dabei?“

Zögernd griff der Magier nach einem kleinen Beutel, den er am Gürtel befestigt hatte. Langsam glitten die schmalen Finger in das Innere, kurzes aufeinander schlagen von harten glatten Material, und schon hielt er einen königsblauen kleinen Stein in der Hand. Auf der glatten Oberfläche war die Rune der Erweckung eingeritzt.

„Die toten sollten Ruhen...das weißt du!“ kurz ließ er den Stein spielerisch durch seine Finger gleiten, bevor er sich neben den Gehörnten kniete und den Stein auf dessen Brust legte.

„Nur leider war niemand so nah am Täter wie diese Opfer. Jeder noch so winzige Hinweis könnte Anderen das Leben retten.“

Daraufhin erwiderte der Hyuga nichts mehr. Wusste das ich recht hatte. Er legte lediglich die Hände an die Schläfen den Mannes, schloss seine Augen und murmelte Wörter auf einer Sprache, die ich nicht verstand.

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, da mir wohl bewusst war, dass diese Methode der Alchemie einen schlechten Ruf genoss und unter den Magiern verpönt war. Wie Neji bereits sagte...die Toten sollten Ruhen!
 

Erweckungsrunen hatten die Eigenschaft, verstorbene Personen für einen kurzen Moment zurück ins Land der Lebenden zu holen. Bewegen konnten sie sich nicht, lediglich des Gehirn bekam einen kleinen Anstoß, um Information und Emotionen die es kurz vor dem Tod gesammelt hatte, wieder abzurufen. Die Zeit, in der der Verstorbene sein Bewusstsein wieder erlangte, konnte nicht genau kalkuliert werden. Auch war unklar ob das Opfer überhaupt sprechen oder der Verstand wieder arbeiten konnte. Indikatoren hier für waren, wie lange er bereits verstorben war und vor allem wie er gestorben ist. Je grausamer und traumatischer der Todesumstand, desto schneller löschte das Gehirn das Geschehene und ging auf Standby oder, im schlimmsten Fall, wurde der Verstorbene in einer Endlosschleife seiner Elends gefangen und erlebte seine letzten Minuten oder Sekunden immer wieder aufs neue.

Zum Glück hatte ich so eine Situation noch nicht erlebt. Auch wenn dieser Fall Potential dazu hatte, betete ich inständig dafür, dass dies nicht mein erstes Mal werden würde.
 

Nervös knete ich meine Finger und ließ das Szenario vor uns nicht aus den Augen. Mittlerweile hatte Neji Mittel- und Zeigefinger auf den Runenstein gelegt, dessen Gravierung schwach leuchtete. Die Worte waren verstummt, sodass das Warten sich unendlich in die Länge zog und ich gespannt den Atem anhielt.

Nach einigen endlosen Sekunden riss der blonde Mann seine Augen auf. Bernsteinfarbene Opale so weit aufgerissen, dass es den Anschein machte, dass die Augäpfel aus ihren Höhlen quellen würden. Ängstlich und in voller Panik huschten die Pupillen immer wieder von rechts nach links. Er schien nach Etwas oder Jemanden zu suchen. Ich dachte gar nicht weiter darüber nach und legte meine rechte Hand auf die kalte des Mannes am Boden.

„Ruhig...ganz ruhig! Wir wollen dir nichts tun!“ Seine Irden richteten sich auf die meinen. „Du bist in Sicherheit!“ versuchte ich ihn zu beruhigen und strich sanft über seine Hand. Keine Ahnung, ob sein Körper wieder Berührungen wahrnehmen konnte. Schaden würde es mit Sicherheit nicht...und vielleicht versuchte ich aus so mein schlechtes Gewissen zu beruhigen, da wir dieses arme Geschöpf wieder zurück geholt hatten.

„Weißt du wer du bist?“ keine Antwort...nur diese Angst in den Augen. „Kannst du dich an deinen Namen erinnern?“

Wieder nichts nur ein leichtes heben und zusammenziehen seiner Brauen, als wenn er überlegen würde, was ich von ihm wollte. Ruhe bewahren, Sakura!

„Ist nicht schlimm!“ versuchte ich dem Blonden ein aufmunterndes Lächeln zu schenken und griff mit der anderen Hand links neben mir, um mich an Nejis freie Hand zu klammern. Er erwiderte den Druck und verstand gleich was ich von ihm wollte.

„Wenn du verstehst was ich sage, dann versuch zu blinzeln. Wir wollen helfen und brauchen dich dafür!“ übernahm der Magier das Wort und zog den wirren Blick des Mannes auf sich.

„Bitte...es ist wichtig!“

Erneut zeigte er keine Reaktion, außer seiner Augen, die zwischen uns hin und her sprangen.

„Wir wollen dafür sorgen, dass keine mehr so leiden muss wie du!“ platze es aus mir heraus und ließ mich weiter zu dem Blonden aufrücken. „Bitte versuche dich ein wenig zu erinnern! Wer hat dir das angetan? Was haben sie...“ „Sakura!“ mit einem Ruck wurde ich nach hinten gezogen. „Das reicht!“

Was?

„Aber... Er...er muss uns doch was sagen können. Er...“ Ich konnte nicht weiter reden. Der Klos von heute Mittag machte sich wieder in meinem Hals breit. Was war nur mit mir los? Ich fasste mir an den Hals, rieb daran. Mein Atem wurde schneller, doch hatte ich das Gefühl keine Luft zu bekommen. Mit der anderen Hand versuchte ich das Oberteil am Hals zu lockern, hoffend wieder besser Luft zu bekommen.

„Sakura! Sakura hey....Beruhige dich!“

Nur dumpf nahm ich Nejis Worte war, hatte das Gefühl seine Stimme durch kaputte Lautsprecher zu hören. Ich spürte, dass sich seine Hände auf meine Schultern legten und mich zu ihn drehten. Meine weit aufgerissenen Augen starten ihn an. Das Atmen fiel mir immer schwerer. Panik...ich hatte eine Panikattacke! Aber warum? Ich wusste, dass es keinen Grund gab. Mein Brustkorb zog sich immer weiter zu, Tränen liefen mir über das Gesicht. Nejis Lippen bewegten sich, nur konnte ich nicht mehr hören, was sie zu mir sagten. Nur noch ein Rauschen drang in meinen Ohren.
 

Am Rande bekam ich mit, wie sich Arme unter meine Knie und meinen Rücken legten und mich somit an eine harte Brust drücken. Wir setzten uns in Bewegung. Mit einem Ruck stießen wir gegen irgendwas und augenblicklich wehte mir eine milde Brise um die Nase. Doch zu meinem Bedauern, ließ mich dies nicht besser atmen.

Diese panischen Augen des gehörnten Mannes...diese ganzen Leichen, aufgereiht wie eine Sammlung...Schmerzen...Ihnen wurden schlimme Dinge angetan...jemand hatte sie misshandelt, gedemütigt, gebrochen...Kinderaugen die mich voller Leid ansahen...sie sollen mich loslassen!

„Los lassen!“ schrie ich. „Lass mich!“

Er würde mit etwas antun. Mich verletzen!

Ich schlug mit den Fäusten gegen den harten Brustkorb, versuchte mich von ihm weg zu drücken. Wehrte mich! Doch der Griff wurde nur fester.

„Lass mich! Ich will nicht!“ ich schrie lauter, die Atemnot war vergessen. Ich hatte nur noch einen Gedanken. Weg hier...Ich musste mich in Sicherheit bringen!“

Ich verlor jegliches Zeitgefühl. Wusste nicht, wie lange ich gegen ihn ankämpfte.

Plötzlich erstarrten meine Bewegungen und ich konnte mich nicht mehr rühren. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Schwarze, durchsichtige Schlingen umfingen meine Arme und Beine. Erneute Panik packte mich, zwang mich in die Knie und ließ mich erkennen, dass alles zu spät war. Heiß rannen mir weitere Tränen die Wangen hinab. Das rauschen nahm langsam ab und ich begann Schritte zu hören, die auf mich zu kamen. Krampfhaft sah ich auf meine Hände. Ich wollte nicht sehen, was da auf mich wartete.

Kühle Hände legten sich an meine Wangen. Doch blieb der Schmerz aus, den ich erwartet hatte. Ganz sanft hielten sie mich, wischten behutsam die Tränen hinfort.

„Du bist in Sicherheit! Ich passe auf, dass dir niemand mehr weh tun kann!“ ganz leise drangen diese Worte zu mir hindurch. „Sakura...Sakura, ich bin da!“

Ja er war da. Noch immer lag eine Hand an meiner Wange, ließ den Gedanken an Flucht verschwinden. Mein Kinn wurde etwas angehoben und ließ mich aufblicken. Ich ließ es geschehen, denn ich wusste dass mir nichts widerfahren würde...Meine Augen versanken in seinen dunklen Seen.

„Sasuke...“ nicht mehr als ein Flüstern verließ meine Lippen und ließen mich schwach wirken. Ich hasste es, ebenso wie ich es zu gerne aufsaugen wollte. „Bitte verzeih mir!“ Er legte seine Stirn gegen meine und schloss seine wundervollen Opale. In dem Moment, in dem ich ihn Fragen wolle, was genau ihm leid tat, öffnete er seine Augen und ließen mich in einem Strudel aus schwarz und rot versinken.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Youshino-chan
2019-10-23T17:53:27+00:00 23.10.2019 19:53
Wieder ein sehr spannendes Ende! Stellt sich nun die Frage, was eigentlich passiert ist. Bin sehr gespannt was nun passieren wird.
Die unverwesten Leichen waren aber auch sehr mysteriös. Ob doch noch was mit dem Zauber der Wiederbelebung raus kommt? Stelle ich mir aber auch sehr grausam vor. Ein Toter, der gezwungen wird für eine kurze Zeit wieder zu leben und dann wieder zu sterben. Echt gruselig...
Antwort von:  Annasche
24.10.2019 11:53
Das bleibt alles abzuwarten 😉 ich will ja schließlich nichts vor weg nehmen. Aber ich denke in eine Welt mit magischen Wesen, muss man auf alles vorbereitet sein...
Toll, dass du das Kapitel spannend fandest... Ich hoffe, dass dir das nächste auch gefallen wird.

Von:  Rina2015
2019-10-22T07:53:55+00:00 22.10.2019 09:53
Das Kapitel ist wirklich gut und nimmt einen sehr gut mit😊
Freue mich schon auf das nächste Kapitel 😊
Antwort von:  Annasche
23.10.2019 14:06
Freut mich, wenn ea dir gefällt!
Ist das erste Mal, dass ich etwas Düsteres schreibe, deswegen bin ich über jedes Feedback dankbar!
Lg
Von:  sama-chan
2019-10-22T07:46:00+00:00 22.10.2019 09:46
Uiuiui was ist denn da passiert?
Ein ziemlich dunkles Kapitel - du hast die Situation sehr treffend beschrieben! Erinnert mich sehr an skandinavische Krimis - und die liebe ich! 😁
Bin schon sehr gespannt, wie es weitergeht. 😊
Antwort von:  Annasche
23.10.2019 14:04
Freut mich, wenn die Situation gut rüber gekommen ist und dir das Kapitel gefällt! Hatte anfangs etwas Angst, dass sich die Beschreibungen etwas abgedroschen anhören. Deswegen freut mich dein Kommentar umso mehr ☺️
Lg
Von:  Lilly_Lu_Dragneel
2019-10-21T22:43:51+00:00 22.10.2019 00:43
Whuhuuuuuu *.*
Da ging schnell :)
Für mich Übels das es zeitig weiter geht.
Finde das drum herum recht interessant und auch die verschiedenen rassen mit einzubinden und wer welche ist :D
Der Prolog hat mich verwirrt ... aber das wird zu nem späteren Zeitpunkt passieren.. ich selbst hätte das etwas abgehoben .. kursiv oder was von Haupt Charakter drunter geschrieben .. aber jeder dem seine . :)

Nu denn :) für mich wahnsinnig wie es weiter geht.
Lg Lilly
Antwort von:  Annasche
23.10.2019 14:02
Danke für den Tipp mit dem Prolog! Es ist mir gar nicht in den Sinn gekommen, dass ich es etwas abheben könnte... Aber du hast recht, so würde man vielleicht eher verstehen, dass es sich um die Zukunft handelt.
Lg


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