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Star Trek - Icicle - 08

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Spiegelbild der Gegenwart: An der Schwelle der Hölle

STRATEGICAL STARBASE 71

Sternenzeit: 59174.5

Forlan-System - Primäruniversum
 

Nachdem Tar´Kyren Dheran zunächst eine Dusche genommen hatte, nachdem er der Krankenstation den Rücken kehrte, aß er zu Abend und genehmigte sich ein Andorianisches Ale. Danach erhob er sich entschlossen um sein Quartier zu verlassen und Christina aufzusuchen. Zu lange wollte er das anstehende Gespräch mit ihr nicht hinausschieben.

Andererseits hatte es der Commodore auch wieder nicht so eilig, dass er den Turbolift benutzen wollte. Vielleicht besänftigte ihn ein ordentlicher Marsch.

Als der Andorianer endlich vor dem Schott zu Christina Careys Quartier ankam wurde ihm klar, dass er sich verrechnet hatte. Denn er war noch aufgewühlter als zuvor. Unterwegs hierher hatte er die Situation einige Dutzend Male in seiner Vorstellung hin und her geschoben. Doch am Ende stand dabei jedesmal nur eine einzige Frage.

Warum hatte Christina den Unterschied nicht bemerkt?

Diese Frage ließ den Andorianer nicht mehr los und er musste sie klären, bevor die theoretischen Antworten darauf in seiner Vorstellung zu einer fixen Idee werden konnten.

Dabei war ihm auch die Unterhaltung mit Pasqualina nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Auch sie hatte sich diese Frage gestellt und keine befriedigende Antwort gefunden. Ob ihm gelingen konnte was ihr nicht gelungen war?

Dheran betätigte den Meldekontakt und wartete. Dabei spürte er das Grummeln in seiner Magengegend und er verfluchte die Tatsache, dass zwar Valand in Reichweite war, er aber dennoch nicht mit ihm darüber reden konnte. Fast in demselben Augenblick fielen ihm wieder die Worte von Linara Enari ein, die sie ihm zu Beginn des Jahres sagte. Kurz nachdem er erfahren hatte, dass Valand nicht nur für die Sektion-31 arbeitete sondern ihr sogar vorstand. Das hatte ihn bis ins Mark getroffen. Doch Enari hatte ihn an etwas Wesentliches erinnert, als sie einige Zeit darauf an einer Besprechung mit Admiral Tarun teilnahmen.

Dheran wollte ungeduldig bereits erneut seine Finger auf den Kontakt legen, als sich die beiden Schotthälften zischend vor ihm teilten. Zielstrebig trat der Andorianer ein.

Christina Carey stand mitten im Wohnraum und sah ihm mit verschlossener Miene entgegen. Sie hatte anscheinend geahnt, dass er es war der sie an diesem 5. März des Jahres 2382 zu sprechen wünschte.

Im Abstand von zwei Metern zu ihr blieb er stehen. Nichts hätte deutlicher veranschaulichen können, wie es momentan um ihr Beziehung zueinander stand. Denn normalerweise wäre er zu ihr gegangen, hätte sie liebevoll umarmt und dabei geküsst. Doch seit er wusste, dass sie mit seinem Doppelgänger geschlafen hatte war alles anders. Am schlimmsten war dabei für ihn das Gefühl, dass ihm die Dinge vollkommen entglitten.

Offenbar ging das nicht nur ihm so denn Christina wirkte übernächtigt. So, als habe viel zu wenig Schlaf gefunden in den letzten Tagen. Was Dheran kaum verwunderlich schien denn er selbst spürte auch diese Unrast in seinem Innern.

Für einen langen Moment sahen sie sich einfach nur an, bevor es der Andorianer war der das Schweigen zwischen ihnen brach und fragte: „Wie geht es dir?“

„Was denkst du denn?“, kam die prompte Gegenfrage.

Wieder kehrte unangenehmes Schweigen ein, bevor Dheran einen erneuten Anlauf nahm und sagte: „Hör zu, Christina. Ich will dir keinen Vorwurf machen. Doch ich will wissen weshalb du nicht gemerkt haben willst, dass nicht ich es war mit dem du für eine Weile zusammen warst.“

Allein die Wortwahl ihres Freundes brachte die Irin in Fahrt. Denn sie implizierte, dass er ihre Aussage es nicht gemerkt zu haben anzweifelte. Sie spürte eine ohnmächtige Wut deswegen in sich aufsteigen als sie mit klirrender Stimme zurückgab: „Ach so! Ich will es also nicht gemerkt haben? Ist dir eigentlich klar was du mir damit unterstellst, Tar?“

„Wundert dich das etwa“, konterte der Andorianer heftiger als beabsichtigt. „Du kennst mich über zwanzig Jahre lang. Bei Sinemus verstehe ich, dass er einem Schwindel aufsitzen konnte. Doch du hättest etwas bemerken müssen. Zumindest wenn du wirklich etwas für mich empfinden würdest, Christina!“

„Aber das tue ich!“, schrie die Irin ihren Freund unbeherrscht an. „Doch wenn wir schon einmal beim Thema sind, mein Freund! Mir ist tatsächlich etwas aufgefallen! Dieser andere Dheran war unkompliziert! Er hat mir zugehört, Tar!“

„Nein!“, schrie Tar´Kyren zurück. Er fuhr dabei mit den Armen wild durch die Luft vor sich. „Er hat dir nicht zugehört - er hat dich ausgehorcht. Er hat dich schäbig benutzt und du hast dich bereitwillig benutzen lassen! So sieht es aus! Scheint dir ja gefallen zu haben!“

Die Stimme der Frau klirrte wie Eis, als sie ihn gefährlich leise anzischte: „Vielleicht hat es das ja tatsächlich. Und jetzt schwing deinen blauen Arsch aus meinem Quartier, bevor ich handgreiflich werde.“

Im nächsten Moment hob sie ihre Stimme bereits wieder an und brüllte, so laut sie nur konnte: „Mach, dass du endlich verschwindest! Sofort!“

Sich für einen Augenblick lang fast wie Feinde belauernd, setzte sich der Andorianer endlich in Bewegung. Mit raschen Schritten eilte er zum Schott. Bevor er ging sah er sich im geöffneten Schott stehen bleibend noch einmal zu Christina um. Sie hatte die Arme um ihren Körper geschlungen und stand etwas vorgebeugt im Raum. Dabei rannen Tränen über ihre Wangen und der Andorianer glaubte, ein leises Schniefen zu hören.

Im nächsten Moment wandte er sich ab. Immer noch voller Zorn und tief getroffen durch das, was sie ihm entgegen geschrien hatte. Momentan wusste er nicht zu sagen wo ihm der Kopf stand und was eben passiert war.

Doch ihm war klar, dass seine Beziehung mit Christina beendet war. Denn er konnte nicht mit ihr zusammen sein, nach dem was geschehen war und was eben gesagt wurde. Selbst wenn er das gewollt hätte. Denn er würde jeden kleinen Anlass dazu nutzen um sie damit zu verletzten.

In dieser Hinsicht kannte Tar´Kyren Dheran seine Charakterschwächen leider nur zu genau. Und er wollte Christina nicht noch mehr verletzen, als er es eben bereits getan hatte. Darum war die einzige Alternative sich fernzuhalten. Auch wenn ihm das ebenso weh tat, wie wenn er sie während ihres zukünftigen Zusammenseins verletzen würde.

An dem nächsten Turbolift-Eingang blieb der Andorianer abrupt stehen. Er rang für einen Augenblick mit sich und traf dann eine Entscheidung. Aufgrund der Worte seiner bajoranischen Kameradin, die ihm erneut durch den Kopf gingen.

Was immer Valand auch getan hatte, er brauchte ihn jetzt. Er musste mit Valand reden, sonst würde ihm noch der Kopf platzen. Also rang er sich in diesem Moment dazu durch ihn aufzusuchen. Dabei ging ihm wieder das Gespräch mit dem Norweger durch den Kopf, dass er zum Jahreswechsel mit ihm führte. Vielleicht hatte Valand ihm wirklich nur deshalb nichts von seiner Rolle, in Bezug auf Sektion-31 erzählt, weil er ihn nur allzu genau kannte und er gewusst hatte was passieren würde. Die Möglichkeit, dass auch ein Valand Kuehn in dieser Hinsicht Schwächen hatte, war ihm eigentlich nie wirklich in den Sinn gekommen. Hatte er vielleicht in der Vergangenheit den Fehler begangen, seinen Freund zu idealisieren, anstatt ihn so zu sehen wie er wirklich war? Wäre das dann nicht eher sein Fehler gewesen?

Der Andorianer zerquetschte eine Verwünschung zwischen den Zähnen und betrat schließlich entschlossen die Kabine des Turbolifts.
 

* * *
 

Unterwegs stiegen zwei junge weibliche Lieutenants zu und wünschten respektvoll einen guten Tag, was dem Andorianer gar nicht passte.

Dheran musste sich zusammenreißen um den Gruß einigermaßen höflich zu erwidern. Das anschließende leise Tuscheln der beiden jungen Technikerinnen ignorierte er dabei geflissentlich. Zu seinem Unmut fuhren sie mit, bis er selbst die Kabine verlassen musste um zum Liegeplatz der USS OBERON zu gelangen. Das Flaggschiff der von Kuehn befehligten Sektorenflotte-Bajor, dass vor einer halben Stunde hier festgemacht hatte.

Valand Kuehn hatte die eigentliche Sektorenflotte in der Obhut seiner Verlobten und gleichzeitig Stellvertreterin belassen. Er kommandierte das Raumschiff immer noch selbst, statt es lediglich nur als Flaggschiff zu nutzen. Was durchaus möglich gewesen wäre. Doch Dheran verstand Valand. Er selbst hätte sich auch nur sehr ungern vom Sitz in der Mitte getrennt. Das passierte den meisten Kommandeuren, auf ihrem Weg - weg vom Führen hin zum Kommandieren. Doch irgendwann kam der Zeitpunkt an dem sie auf diesem Weg unwiderruflich loslassen mussten.

Nachdem Dheran den Tunnel des Verbindungsgangs zur Steuerbordschleuse der Primärhülle durchquert hatte meldete er sich bei der Bordwache an. Wobei er vor der Schwelle der Schleusenkammer stehen blieb. Erst nachdem der Petty-Officer sein Kommen bei Kuehn angemeldet hatte und ihm zu nickte, fragte er: „Erlaubnis an Bord zu kommen?“

„Erlaubnis erteilt!“, erwiderte der Petty-Officer und entsprach dem uralten Brauch aus Zeiten der irdischen Seeschifffahrt. „Willkommen auf der OBERON, Sir.“

„Danke, Petty-Officer. Ich finde den Weg allein.“

Damit schritt der Commodore an dem etwas überrumpelt wirkenden jungen Mann vorbei und begab sich zielstrebig zum nächsten Turbolift-Zugang. Er war bereits einige Male auf der OBERON gewesen und er kannte den Weg zu Valands Quartier.

So dauerte es nicht lange bis er vor dem Schott stand. Nur einen kurzen Moment zögernd aktivierte er den Meldekontakt und auf das Stimmenkommando des Konteradmirals hin öffnete sich das Schott für ihn. Jetzt wieder ganz sicher das Richtige zu tun trat Dheran ein. Er sah Valand mit festem Blick an und schritt zu ihm.

Der Norweger ließ nicht erkennen was er dachte. Schon auf dem Flug vom Farrolan-System hierher war dem Andorianer diese Verschlossenheit aufgefallen. Vielleicht hatte das mit der Begegnung im Spiegeluniversum zu tun. Immerhin kam es nicht jeden Tag vor, unverhofft die Doppelgängerin seiner verstorbenen Frau zu treffen.

Auf Armlänge Abstand vor Valand blieb der Andorianer stehen und sah ihn zunächst stumm an. Dabei gingen ihm die verschiedensten Erinnerungen durch den Kopf. Auch jene, wie sie sich zum ersten Mal begegnet waren. An der Akademie, vor so vielen Jahren.

Valand deutete zur Sitzecke hinüber. Dort hatte Valand ihn dazu genötigt mit Alev Scenaris Frieden zu schließen. Kurz bevor sie im Einsatz starb.

Der Andorianer erinnerte sich so gut daran, als wäre es erst gestern gewesen. Hätte Valand das nicht getan so wäre sie in den Tod gegangen, ohne dass sie sich nach vielen Jahren des Haderns wieder mit einander versöhnt hätten. Zum Ende hin hatten sie sich dadurch so nahe gestanden, wie zu ihrer gemeinsamen Zeit an der Akademie. Zu jener unbeschwerten Zeit als sie ein Liebespaar gewesen waren.

Der Andorianer schritt wortlos hin und nahm in einem der Sessel Platz. Wie so oft bevorzugte Valand eine der Couchen. Dabei fragte der Konteradmiral endlich mit ruhiger und beherrschter Stimme: „Was führt dich zu mir, Tar?“

So war es immer gewesen, überlegte Tar´Kyren Dheran. Nie hatte Valand Kuehn anderen Wesen etwas nachgetragen. Vielleicht war das eine seiner größten Qualitäten. Erleichtert darüber, dass sich das nicht geändert hatte erwiderte Dheran direkt: „Es ist wegen Christina. Ich komme eben von ihr und du kannst dir bestimmt denken wie mein Gespräch mit ihr verlaufen ist?“

„Ein Gespräch zwischen einem wütenden Andorianer und einer Irin, die dir in Sachen Temperament nicht nachsteht? Mit jeder Menge Karacho, wie ich vermute. Oh, ja – das kann ich mir lebhaft vorstellen.“

Es lag kein Spott oder Ironie in seiner Stimme, was den Andorianer um so aufmerksamer werden ließ.

Valand seufzte schwach. „Tar, ich weiß dass du sie liebst. Das ist seit mehr als zwanzig Jahren so und ich bin mir ziemlich sicher, dass sich das auch niemals ändern wird. Ganz egal wie alt ihr zwei auch werdet. Andererseits verstehe ich, was momentan in dir aber eben auch in ihr vorgeht. Ihr braucht Zeit. Jetzt die Beziehung fortzuführen erachte ich als nicht praktikabel. Auch wenn es dich schmerzen wird, mein Freund.“

Tar´Kyren Dheran starrte Valand an, wie einen Geist. Er hatte mit irgendeinem schlauen Rat des Freundes gerechnet aber niemals mit diesem Rat. „Du meinst, ich soll mich von Christina trennen? Obwohl du weißt was ich für sie empfinde?“

Valand schüttelte den Kopf. „Nein – weil ich weiß was du für sie empfindest.“

Das schwache Lächeln des Norwegers bekam eine mitfühlende Note. „Ich kenne aber auch deine Schwächen, Tar. Vielleicht besser, als die meisten anderen Wesen. Du würdest in ihrer Nähe nicht mehr zur Ruhe kommen und du würdest sie verletzen. Ganz gleich, was auch immer du momentan von mir halten magst. Das sage ich dir als dein Freund. Denn das bin ich und das werde ich immer sein, Tar.“

Ohne dass Dheran es bewusst verhindern konnte bogen sich seine Antennen nach hinten, bei den letzten Worten des Mannes vor ihm. Er schluckte und gab rau zu: „Nach unserem Streit hat mich Enari ziemlich bedrängt. Sie verlangte von mir über meinen Schatten zu springen und nie zu vergessen, dass du der bist der du immer warst und nicht der, der du in dem Moment zu sein schienst als wir in Streit gerieten.“

Ein angedeutetes Lächeln überflog das Gesicht des Konteradmirals. „Ich gebe dir den guten Rat dich niemals ernsthaft mit Enari anzulegen. Da ziehst du den Kürzeren.“

Für einen Moment schwiegen sie und Valand sah den Andorianer so lange nur fragend an, bis er unruhig zu werden begann und schließlich herausplatzte: „Also schön. Enari hatte Recht. Sie vertraut dir und sie sagte, ich solle das auch tun.“

„Dann tu es gefälligst auch, mein Freund.“

Zum zweiten Mal hatte Valand das Wort Freund benutzt. Diesmal mit einer besonderen Betonung.

Dheran überwand sich selbst und erwiderte: Das werde ich… Freund.“

Valand zeigte nach diesen Worten jenes kaum merkliche, hintergründige Schmunzeln das den Andorianer, gleich bei ihrer ersten Begegnung, zur Weißglut gereizt hatte. Es verschwand schnell wieder und der Norweger meinte: „Auch ich habe dir eine ganze Menge zu erzählen, Tar. Doch leider muss das warten. Zumindest bis nach dem zu erwartenden Angriff der Echsen auf diese Station. Ich habe bereits über Subraumfunk mit Sylvie gesprochen. Sie hält den Rest der Sektorenflotte-Bajor in Bereitschaft. Keine zehn Lichtjahre von der Station entfernt, an einem willkürlich festgelegten Punkt im All. Sie hat zweihundert Raumschiffe der Sechsten bei sich. Was sagst du zu der kleinen Zusatzüberraschung?“

„Warum habe ich nicht mitbekommen, dass der private Teil der Unterhaltung vorbei ist?“, wunderte sich der Andorianer verdrießlich.

Valand machte eine bedauernde Miene. Ich muss dich leider schon wieder vor das Schott setzen, denn ich erwarte in wenigen Minuten meinen Ersten Offizier zu einer Unterweisung. Und danach belegt mich dein Admiral mit Beschlag. Wir wollen uns ein letztes Mal abstimmen, bevor ich mit der OBERON aufbreche und mich an die Spitze meines Flottenverbandes stelle. Nur für alle Fälle.“

Dheran wurde wieder ganz ernst. „Du rechnest also mit Schwierigkeiten?“

„Ich rechne mit Allem. Doch das weißt du inzwischen ja.“

Dherans Antennen bogen sich leicht nach Innen. „Das hätte ich beinahe vergessen.“

Valand brachte den Freund noch zum Schott. Dort legte er seine rechte Hand auf die rechte Schulter des Andorianers. „Pass auf dich auf und denke an meine Worte, Tar.“

Der Andorianer erwiderte die Geste. „Das werde ich, mein Freund.“
 

* * *
 

Drei Tage vergingen.

Drei Tage in denen von den hauptsächlich Verantwortlichen auf STRATEGICAL STARBASE 71 Entscheidungen getroffen wurden, die sonst eher in Wochen getroffen wurden. Vor einem Tag hatte Admiral Torias Tarun ein längeres Gespräch mit dem Sternenflottenkommando geführt und danach die verbündeten Kommandeure zu sich gebeten. Den andorianischen General Vierter Verbandsgröße Tar´Veron Talev, den klingonischen Brigadier Karenn von Ademak aus dem Haus Kran´Talrak und den Romulaner Tovolak, in dem seltenen Rang eines Ssiebh - einem Zwischenrang der zwischen dem eines Captain und eines Commodore der Sternenflotte lag.

Während der Klingon und der Romulaner einen Verband von jeweils zehn Einheiten kommandierte, befehligte der andorianische General einen Verband der dreißig Kampfschiffe umfasste. Zusammen mit den 250 Raumschiffen der 5. Taktischen Flotte bildeten sie eine Streitmacht, die im Notfall weitreichende und endgültige Antworten auf allzu neugierige Fragen geben konnte. Und weitere 240 Raumschiffe lauerten keine 10 Lichtjahre entfernt.

Drei Tage in denen der Überall-Zugleich-Chief seinem Namen alle Ehre machte. Der Tellarit entwickelte sich in diesen drei Tagen zum Schrecken aller Technischen Abteilungen. An den unmöglichsten Orten und zu den unmöglichsten Zeiten tauchte er auf, wie aus dem Boden gewachsen, trieb seine Untergebenen zur Eile an und kontrollierte selbst. Er schien ständig innerhalb der Station unterwegs zu sein und die Techniker der Station fragten sich ernsthaft wann dieser Tellarit eigentlich schlief. Dabei kam Chief Grandax mehr als einer Manipulation der Station-Systeme auf die Schliche und beseitige sie.

In diesen drei Tagen waren ebenfalls die fünf neu beförderten Commodores gefragt. Sie spielten ihre Verbände aufeinander ein und trafen sich nach jedem der langen und ereignisreichen Tage nach Dienstende um sich untereinander auszutauschen und miteinander abzusprechen. Bei einem dieser Meetings zog Linara Enari Dheran unauffällig zur Seite und erkundigte sich nach seinen Fortschritten, in Bezug auf Valand. Beinahe stolz über seine Antwort schlug sie ihm zustimmend auf die Schulter, bevor sie sich wieder an dem Meeting mit ihren Kameraden beteiligten.

Für Christian Sinemus, Pasqualina Mancharella und Christina Carey hatte all die Aufregung und Vorbereitungen den Vorteil, dass sie nicht dazu kamen allzu sehr über das nachzudenken, was sie momentan privat umtrieb. Wobei Pasqualina Mancharella spürte, dass sich zwischen ihr und Tar´Kyren wieder eine seltsame Nähe angebahnt hatte. Eine Entwicklung die ihr guttat und die sie weiß Gott nicht bedauerte. Christian Sinemus hatte sie seit ihrem Streit auf der Krankenstation nicht mehr gesehen oder gesprochen und bei Dheran und Carey schien es ähnlich gewesen zu sein.

Von all diesen Entwicklungen bekamen die beiden Gefangenen aus dem Spiegeluniversum nichts mit. Sie gewannen nach einigen Tagen den Eindruck, dass man sie schlicht vergessen hatte. Das war beiden Agenten des Imperiums nur allzu recht, denn die Zeit arbeitete für sie. Auch wenn die von der Föderation das momentan nicht ahnten.

Vor ihrer Gefangennahme hatten sie dafür Sorge getragen, nicht lange in Gefangenschaft zu bleiben falls man sie enttarnte. Sobald diese Maßnahmen Früchte trugen würde es bereits zu spät sein, für ihre Gegner. Sie mussten selbst dann nur schnell genug handeln. Darum schlief stets nur einer von ihnen, seit man sie zusammengelegt hatte. Der Andere wachte in dieser Zeit. Besonders in den letzten Stunden, da der Zeitpunkt beinahe gekommen sein musste.

Gegenwärtig wachte Dheran und beobachtete Pasqualina im Schlaf. Bereit dazu, sie jederzeit zu wecken. Zwar bedauerte er, dass man sie eher enttarnte als er im Vorfeld gehofft hatte, doch das war unerheblich da er und Pasqualina bereits zuvor die wesentlichen Punkte ihres Planes umgesetzt hatten. Diese Station war dem Untergang geweiht.
 

* * *
 

„Diese Station ist keinesfalls dem Untergang geweiht, Admiral!“

Der Tellarit Grandax sah mit Stolz zu Admiral Torias Tarun und legte ihm persönlich dar, welche Maßnahmen er in den vergangenen drei Tagen durchgeführt hatte. Dabei räumte er ein: „Natürlich konnten ich und mein Team vermutlich nicht alle Manipulationen der Systeme aufspüren, doch es wird nun weder zu einem Ausfall aller Offensiv- und Defensivsysteme kommen noch dazu, dass die Flotte in den Hangarscheiben festliegt. Aber ich muss zugeben, dass wir eher durch Zufall auf diese Manipulationen aufmerksam wurden. Außerdem werden wir bestimmt nicht allen Manipulationen auf die Spur gekommen sein. Es liegt als im Bereich des Wahrscheinlichen, dass dennoch einige Systeme ausfallen. Aber bestimmt nichts, was wir nicht in weniger als fünfzehn Minuten beseitigen können, Admiral.“

Der Admiral bleib trotz der optimistischen Einschätzung des Chiefs ernst. „In fünfzehn Minuten kann sehr viel passieren, Master-Chief. Aber dennoch bedanke ich mich bei Ihnen und bei Ihren Technikern. Ohne Sie säßen wir vermutlich im Dreck.“

„Aber Hallo, Sir!“

Tarun sah den Tellarit eigentümlich an und begann dann schallend zu lachen. „Woher haben Sie denn den antiquierten Ausdruck, Master-Chief Grandax?“

Der Tellarit überlegte und sagte unsicher: „Ich meine, den bei Chief O´Brien einmal gehört zu haben. Als ich noch in seinem Team war, auf DEEP SPACE NINE. Wie Sie sicherlich wissen hat er sich dort sehr für mich verwendet.“

Torias Tarun nickte in der Erinnerung. „Ja ich erinnere…“

Der Admiral wurde von einem Anruf aus der OPS unterbrochen. Eine aufgeregt klingende Stimme meldete: „Admiral, die Gefangenen befinden sich nicht mehr in ihren Zellen. Nach der Aussage des Offiziers vom Dienst verschwanden sie plötzlich von der Anzeige der optischen Überwachung. Er sagte, dass es sich um einen Transporter-Wirbel gehandelt hat.“

„Unmöglich!“, entfuhr es dem Trill. „Die Scrambler würden… Moment bitte!“

Master-Chief Grandax war aufgesprungen und sah den Admiral in diesem Moment bedeutungsvoll an. „Sir, das könnte unentdeckt geblieben sein. Weil wir uns weder auf die Transporter noch auf die Scrambler konzentriert haben! Ich brauche eine Technische Konsole, aber sofort!“

Taruns Miene wurde finster. „Die OPS gehört Ihnen, Master-Chief!“

Während der Tellarit mit einer Geschwindigkeit aus dem Büro stürmte die ihm Tarun niemals zugetraut hätte, nahm er wieder Verbindung zur OPS auf. „Hier Tarun. Geben Sie Sicherheitsalarm. Wir haben zwei Flüchtige, die so aussehen wie Commodore Dheran und Commander Mancharella. Die MACO´s sollen zuerst die Shuttlehangars abriegeln und danach auch die Zugänge zu den drei Hangarscheiben. Niemand darf die Station verlassen! Auch im Zweifelsfall betäuben und in Einzelhaft nehmen! Die RED-ALERT-GROUP soll starten, falls die doch von der Basis entkommen sollten. Tarun, Ende!“

Nachdem er den Kanal geschlossen hatte erhob sich Tarun hinter seinem Schreibtisch und eilte zur OPS hinaus. Wo Master-Chief Grandax bereits bei der Sache war. Hektisch ging der Tellarit verschiedene Schaltschemata durch, ohne sich daran zu stören, dass Torias Tarun neben ihn trat und ihm über die Schulter sah.

„Die haben ihre Flucht gut vorbereitet, Sir.“, murmelte Grandax als er zu Tarun aufsah. „Ich konnte ermitteln, dass der Transport auf eins der oberen Turmhangar-Decks führte. Genauere Angaben kann ich nicht machen.“

Tarun sah auffordernd zu Commander Ra Taragenar der die MACO´s umgehend zu den oberen Turmhangars befahl. Nun hieß es für Tarun abwarten und das hasste er.
 

* * *
 

Nebeneinander hasteten die beiden Agenten des Spiegeluniversums durch den Gang der sie zu dem vorbereiteten Fluchtshuttle bringen würde. Sie hatten Hilfe dabei gehabt es vorzubereiten. Doch das wusste nach Dherans Ansicht niemand auf dieser Station. Er wäre sehr erstaunt gewesen wenn er die tatsächlichen Gegebenheiten gekannt hätte.

Aus einem geheimen Versteck hatten sie Handphaser geholt und sich bewaffnet. Jedoch erreichten sie unangefochten den Hangar, in dem ihr startbereites Shuttle samt ihres Piloten stand. Er wäre nach dieser Aktion vermutlich ohnehin als Agent verbrannt gewesen. Also musste er gemeinsam mit ihnen beiden die Station verlassen.

Dheran hatte es nicht gewagt, die Interdimensionale Transportvorrichtung mit zur Station zu nehmen. Darum war die Flucht mit einem Shuttle nötig. Um wieder in ihr eigenes Universum zu gelangen mussten sie den Klentorin-Asteroidengürtel im Farrolan-System erreichen. Von dort aus würden sie dann den Übergang durchführen.

Im Hangar angekommen erschossen sie zwei anwesende Techniker und begaben sich dann umgehend zu dem betreffenden Shuttle das hier auf sie warten sollte. Dabei scherten sie sich nicht um den Alarm, der durch das Abfeuern der Waffen ausgelöst worden war.

Als sie das Shuttle erreichten und über die geöffnete Schleuse einstiegen entfuhr es Dheran, als er einen Blick auf den Piloten warf: „Ich hatte mit Vielem gerechnet, aber nicht mit einer bajoranischen Frau!“

„Ich auch froh darüber Sie zu sehen!“, versetzte die Frau an der Steuerkonsole wütend. „Mein Name muss Sie nicht interessieren. Können wir dann?“

„Reden Sie nicht sondern starten Sie einfach!“, grollte der Andorianer, während sich hinter ihm und Pasqualina Mancharella das Schott schloss.

Die zierliche Pilotin handelte umgehend. Nachdem das Sperrfeld des Hangars aktiviert worden war, fuhren die beiden Hälften des Panzerschotts zur Seite. Das Shuttle hob vom Boden des Hangars ab und schoss förmlich ins All hinaus. Gleich darauf zwang die durchtrainiert wirkende Bajoranerin die Maschine auf einen unregelmäßigen Kurs.

Einige Phaserstrahlen, die nur wenige Meter am Shuttle vorbei jagten, bewiesen die Richtigkeit dieser Maßnahme. Von der Station aus wurde die Maschine unter Feuer genommen. Sie beschleunigte jedoch mit Notwerten und war wenige Momente später bereits außer Feuerreichweite der Basis.

„Sieht so aus, als hätten wir es geschafft!“, jubelte Pasqualina und warf sich in einen der hinteren Sessel, während sich Dheran neben der Pilotin niederließ.

„Es gibt ein neues Problem, fürchte ich!“, versetzte die Bajoranerin ruhig. „Zehn kapitale Raumschiffe legen gerade von der Station ab. Das sind zweifellos die Schiffe der Alarmrotte, die von denen RED-ALERT-GROUP genannt wird. Fünf weitere Kreuzer nähern sich von Forlan-Prime aus. Diese fünf Schiffe senden die Signatur von romulanischen Kampfkreuzer der FA´ERHIAN-KLASSE aus. Mit denen sollten wir uns besser nicht anlegen. Ich fliege Ausweichkurs.“

„Sorgen Sie einfach dafür, dass die uns nicht kriegen!“, konterte Dheran trocken. „Ich gebe jetzt den Angriffscode durch. Danach gehen Sie auf maximale Warpgeschwindigkeit.“

Dheran gab über das Subraumfunksegment eine Symbolgruppe ein und strahlte sie ab. Danach sagte er in Richtung Pilotin: „Spruch ist raus!“

„Ich gehe auf Warp!“, gab die Pilotin ungerührt zurück wobei in ihren großen, dunkelbraunen Augen ein seltsamer Glanz lag. Einen Herzschlag später beschleunigte das Shuttle signifikant und verschwand unter zurücklassen eines grellen Blitzes im Subraum.
 

* * *
 

Als das Shuttle eine verschlüsselte Symbolgruppe auf Subraumfrequenz abstrahlte, beorderte Torias Tarun die Einheiten der RED-ALERT-GROUP umgehend zurück. Die fünf Kreuzer der Romulaner waren näher dran. Tarun wies den Kommandanten dieser Gruppe an, die Verfolgung des Shuttles fortzusetzen. Die Kreuzer sollten aber erst eingreifen, sobald feststand wo genau der von Kuehn vermutete Stützpunkt der Agenten lag.

Khre´Aendeh Ti´Maran bestätigte den Befehl. In der Föderation wurde ihr Rang mit Commander übersetzt. Was nur zum Teil zutreffend war, denn ein Khre´Aendeh erfüllte viel mehr die Funktion die ein Captain der Sternenflotte wahrnahm. Somit wäre Captain der passendere Begriff gewesen.

Admiral Tarun selbst war es, der ihr Gute Jagd wünschte und sie darauf hinwies, dass vom Shuttle aus das mutmaßliche Angriffssignal gegeben worden war und dass sie somit mit dem Erscheinen starker Gorn und Tzenkethi-Verbände zu rechnen hatte.

Die Romulanerin hatte kühl erwidert, dass die Besatzungen der fünf Kreuzer allesamt im Dominion-Krieg gedient hatten und dass man vorbereitet sei.

Tarun, der den brandneuen romulanischen Angriffskreuzern eine Menge zutraute, hatte es gleichmütig zur Kenntnis genommen. Romulaner galten als hervorragende und kompromisslose Krieger. Die Kommandantin dieser Kreuzer machte zudem nicht den Eindruck, als würde sie dazu neigen dumme Entscheidungen zu treffen oder unüberlegt zu handeln. So machte sich Tarun keine Sorgen um diese fünf Kreuzer.

Viel mehr galt seine Sorge dieser Station und der von ihm kommandierten Fünften Taktischen Flotte der Sternenflotte. Für sie war er unmittelbar verantwortlich.

Als man das kodierte Signal des geflüchteten Shuttles auf der Station empfing hatte Tarun umgehend die höchste Alarmstufe ausgerufen. Momentan starteten die Raumschiffe, nach Verbänden geordnet und verließen ihre Liegeplätze innerhalb der Hangarscheiben.

Nur einmal hatte es einen solchen Exodus gegeben. Als Teile der Fünften Taktischen Flotte gegen Ende Dezember des Jahres 2380 aufbrachen, um Qo´noS zu Hilfe zu eilen.

Die Kampfverbände der Klingons, der Romulaner und der Andorianer waren gegenwärtig dabei, sich in weiterem Umkreis der Station formiert. Den Oberbefehl über diese Verbände lag beim andorianischen General Tar´Veron Talev.

Naturgemäß hatte Brigadier Karenn von Ademak das nicht gefallen, doch nach einem intensiven Gespräch mit Tarun, zu Beginn des Jahres, hatte er sich damit abgefunden.

Vergaß man die beeindruckende Kampfkraft der Station selbst, so war diese Flotte von dreihundert Raumschiffen eine Streitmacht, die man nicht so einfach besiegen konnte. Vergaß man sie nicht, so waren die Raumschiffe im Grunde überflüssig. Denn die Station besaß nicht nur ein beeindruckendes Offensivpotenzial, sondern auf Schutzschilde, die selbst durch das Waffenfeuer von einhundert Kriegsschiffen kaum durchschlagen werden konnte. Dazu war deutlich mehr erforderlich. Was niemanden verwunderte, der jemals die Gelegenheit gehabt hatte sich die riesigen Kraftwerke der Station anzusehen.

Konteradmiral Christina Carey persönlich führte die Fünfte Taktische Flotte in den Kampf. Sie verfügte über große Kampferfahrung, die sie sich im Dominion-Krieg und im laufenden Krieg gegen die Außenwelt-Allianz erworben hatte. Ursprünglich Wissenschaftsoffizier hatte sie zur Kommandoebene gewechselt, nachdem die Borg, am Neujahrstag das Jahres 2367 neununddreißig Raumschiffe der Sternenflotte bei Wolf-359 zerstört oder irreparabel beschädigt hatten. In wie weit die Tatsache dabei eine Rolle gespielt hatte, dass Tar´Kyren Dheran dabei beteiligt gewesen war, konnte Torias Tarun nur vermuten. Vielleicht hatte es keine Rolle gespielt – vielleicht war es auch gerade der auslösende Faktor gewesen. Tarun hatte sich vorgenommen, nach dem zu erwartenden Kampf mit seiner Stellvertreterin dieses Thema einmal genauer zu erörtern.

Am achteckigen Holokartentisch, im Zentrum der OPS, beobachtete Tarun, gemeinsam mit Commander Ra Taragenar und der neuen Chefin der Sicherheit, seiner andorianischen Verlobten Tia´Vareni Sheralan, die letzten Umgruppierungen der einzelnen Raumschiff-Verbände. Dabei lobte er in Gedanken: „Konteradmiral Carey hat die Flotte im Ortungsschatten des Planeten versteckt. Genau auf der entgegengesetzten Seite von Forlan-Prime, über dessen Stelle die Station kreist. Jetzt kann der Feind kommen.“

„Die dürfen auch ganz schnell wieder gehen, wenn es nach mir geht“, kommentierte die andorianische Frau. Seit Beginn des Jahres trug sie die Rangabzeichen eines Commanders am goldgelben Kragen ihrer Uniform.

„Ich hoffe zumindest, die vergessen das Wiederkommen nachdem wir sie aus dem System geworfen haben“, grollte der Efrosianer, der Tarun am Tisch gegenüber stand. „Vielleicht ist es ja ganz gut, dass diese Echsen hier mal vorbeischauen und schmerzlich erfahren, dass man hier unter Umständen Prügel beziehen kann.“

Gegen seinen Willen musste Admiral Tarun grinsen, bei den Worten des Ersten Offiziers dieser Raumstation. Wobei dem Efrosianer weitgehend die Interna der Station und ihre Verteidigung gegen Angreifer von Außen oblag. Für die Verteidigung der Innenbereiche und die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit war Commander Sheralan zuständig. Natürlich in Absprache mit dem Efrosianer. Verfolgung Flüchtiger und Spionageabwehr wiederum fielen in den Bereich des MACO-Kontingents dieser Station. An deren Spitze stand, seit rund einem Monat, Lieutenant-Commander Christian Sinemus. Er betrat soeben die OPS. Da Tarun wusste, dass Sinemus zuvor noch die Nachbesprechung zum erfolglosen Einsatz gegen die Flüchtlinge durchgeführt hatte sah er ihm die leichte Verspätung nach.

Sinemus grüßte in die Runde und postierte sich neben dem Efrosianer. Dabei sagte er zu Tarun: „Entschuldigen Sie die Verspätung, Sir. Die Nachbesprechung hatte es in sich.“

„Geben Sie nicht sich oder Ihren Leuten die Schuld daran, dass den Gefangenen die Flucht gelang. Die Sicherheit konnte ebenso wenig verhindern dass es soweit kam. Ohne Konteradmiral Kuehn wüssten wir nicht einmal etwas von diesen Doppelgängern und wir wären ins offene Messer gelaufen.“

Vielleicht hätte ich ja merken müssen, dass Commander Mancharella nicht sie selbst gewesen ist. Immerhin war ich auf dem besten Weg sie besser kennenzulernen.

„Das werden Sie jetzt wohl vergessen können“, bemerkte der Efrosianer neben Sinemus grob. Einen Moment später sah er verständnislos in die unwilligen Mienen der anderen drei Personen am Tisch und fragte: „Ist es denn nicht so?“

Spöttisch gab Tarun zurück: „Danke für den Hinweis, Commander.“

Einen Herzschlag später ertönte der Ortungsalarm und Tia´Vareni Sheralan deutete auf die Anzeige des Holo-Tisches. „Eben sind rund fünfhundert Raumschiffe unter Warp gefallen. Entfernung zur Station minimal zehn Millionen Kilometer.“

Umgehend stellte Torias Tarun eine Verbindung zur ENDEAVOUR her. Dem Flaggschiff der Fünften Taktischen Flotte. Das Raumschiff gehörte zur neuesten Raumschiff-Klasse der Föderation – der INTERSTELLAR-KLASSE. Bisher gab es nur zwei Raumschiffe dieser Klasse im aktiven Dienst. Mit eine Länge von 724 Metern übertraf es die Raumschiffe der SOVEREIGN-KLASSE deutlich.

Als das dreidimensionale Konterfei von Christina Carey über dem Holo-Tisch aufleuchtete sagte Admiral Tarun, ohne zu zögern. „Der Feind ist da, Konteradmiral. Rücken Sie vor, sobald ich Order dazu erteile, aber bleiben Sie auch dann innerhalb der Feuerreichweite von SSB 71. Diesen strategischen Vorteil werden wir nicht verspielen. Inzwischen wird General Talev eine zahlenmäßige Unterlegenheit vortäuschen.“

Die Irin bestätigte: „Aye, Admiral. Wir werden denen Saures geben!“

„Aber nicht zu knapp“, gab Tarun trocken zurück. „Tarun – Ende.“

Danach sah der Admiral in die Runde und meinte etwas weniger aufgekratzt: Meine Damen und Herren, es geht los. Ich hatte mit einer Menge Raumschiffe gerechnet, doch nicht mit einer solchen Riesenflotte. Bei Qo´noS sind die auch mit einer so großen Flotte gegen uns vorgegangen und ich kann mich noch sehr gut daran erinnern wie knapp der Ausgang der Schlacht war. Damals hatten die uns ganz schön am Kanthaken.“

„Diesmal werden die Echsen eine riesengroße Scheiß-Überraschung erleben!“, grollte No´Leen Ra Taragenar finster. Der Spruch an die Sektorenflotte-Bajor und an unsere Freunde von der Sechsten Taktischen Flotte ging bereits raus. Ich hoffe dass die sich beeilen.“

Admiral Torias Tarun nickt dem Efrosianer zu. „Commander Ra Taragenar – begeben Sie sich auf ihre Station und koordinieren Sie das Abwehrfeuer der Station. Heben Sie die Schilde aber erst dann, wenn es wirklich nötig ist. Die Echsen sollen denken, die Sabotage der beiden feindlichen Agenten wäre erfolgreich gewesen.“

Der Commander bestätigte und Tarun hoffte, dass man die Kampfkraft der Echsen nicht unterschätzte. Nun - das würde sich wohl schon sehr bald herausstellen.
 

* * *
 

An Bord des Gorn-Schlachtschiffes SSLYZZELLA stand General Cler an seinem Platz und sah auf die Taktische Anzeige des Hauptbildschirms der Brücke. Er fühlte Stolz und Siegesgewissheit und das konnte man dem Gorn nicht verdenken, denn die SSLYZZELLA war etwas mehr als 800 Meter lang und schwer bewaffnet. Mit den neuesten Waffen, die in den letzten Jahren entwickelt worden waren in der Gorn-Hegemonie.

Auffällig an dem Design des Schlachtschiffes war die Gabelung des Bugs und die beiden Finnen-Sektionen an der Unterseite des Heckbereichs. Ebenfalls ins Auge sprang die erhöhte und nach vorne vorspringende Brücke auf der Oberseite des hinteren Schiffsdrittels.

Der Warpantrieb dieser Baureihe war in technischer Hinsicht auf der Höhe der Zeit und konnte mit den besten Äquivalenten der Föderation Schritt halten. Er beschleunigt diese Schiffsklasse, für unbegrenzte Zeit, bis auf eine Maximalgeschwindigkeit von Warp 9,97.

Kriegsschiffe dieser Klasse benötigten eine Stammcrew von 950 Gorn. Weitere 1000 Gorn-Soldaten konnten für einige Wochen untergebracht und versorgt werden.

Gebaut worden waren die ersten dieser Schlachtschiffe auf Schiffswerften des Dominion, die während des Dominion-Krieges nicht zerstört wurden und später in Vergessenheit gerieten.

Einige Jahre nach dem Krieg waren mehrere dieser Werften im Einflussbereich der Gorn und der Tzenkethi entdeckt und von diesen beiden Völkern übernommen worden. Dabei war beiden Spezies ein nicht gerade geringer technischer Wissensschatz in die Hände gefallen, der in die Entwicklung dieser Schiffsklasse mit eingeflossen war.

Was den General zusätzlich optimistisch stimmte war die Tatsache, dass die Station keine Schilde aktivierte und dass sich gerade einmal fünfzig Raumschiffe um die Station herum positioniert hatten. Ausschließlich Raumschiffe ohne föderale Signaturen. Das konnte nur bedeuten, dass die Sabotage der Station die man ihnen versichert hatte offensichtlich erfolgreich verlaufen war. Kein Flottenschiff hatte die Innenhangars verlassen können. Die Verbündeten der Föderation hatten dort offensichtlich keine Liegeplätze. Sie würden eine leichte Beute für seine Übermacht sein. Dabei gehörten 350 Raumschiffe seiner Spezies. Die restlichen 150 zumeist kleineren Kriegsschiffe gehörten den verbündeten Tzenkethi.

Der Kriegsrat der Allianz hatte den Angriffsbefehl auf die verwundbare Station erteilt. Der Rat wollte eine klares Signal an die Föderation und ihre Verbündeten aussenden. Cler vermutete, dass der Schlag den Feind demoralisieren würde. Vielleicht kam es dadurch sogar zu einer Kapitulation der Föderation. Möglich war auch ein Abfall der Verbündeten, so dass die Föderation künftig allein da stand. Das würde ihr Ende bedeuten.

Cler gab ein zufriedenes Zischen von sich und sah zum Kommandanten des Schlachtschiffes. „Signal an die Flotte! Wir greifen an!“

„Ja, Erhabener!“, schnarrte der Kommandant des Schiffes. Rein äußerlich waren beide für einen Humanoiden nicht zu unterscheiden. Die minimalen Unterschiede die vorhanden waren wurden nur von Vertretern ihrer eigenen Spezies wahrgenommen.

Die Flotte von fünfhundert Raumschiffen nahm eine Keilformation ein. Ein aggressives Manöver wie es die meisten Gorn und Tzenkethi bevorzugten. Emotionen waren bei ihnen nur rudimentär vorhanden und zumeist nach innen gekehrt. Für die meisten Kaltblüter waren diese Charakteristika vollkommen normal.

Ebenso kannten sie das Prinzip der Kooperation nur rudimentär und unter ihresgleichen an. Für die beiden Echsenvölker war das eine weitgehend fremde Art von Existenz. Sie würden so etwas nie wirklich akzeptieren. Dass sie momentan dennoch innerhalb einer Allianz gegen die Föderation und deren Verbündete vorgingen entsprach lediglich ihrem Sinn für Pragmatismus. Sobald diese Sternenreiche unterjocht waren würde man sich schon noch um die Sheliak, die Talarianer und die Tholians kümmern.

Die gegnerischen fünfzig Raumschiff zogen ihrerseits die Formation weiter auseinander. Das verstand Cler nicht, denn umso leichter würde es seiner Flotte fallen zur Station durchzustoßen und sie Raumschiffe einzeln aufzubringen und zu vernichten.

„Noch siebenundvierzig Sslirrik bis die ersten Feindschiffe in Schussweite sind“, meldete Kommandant Vlar. Die Strategische Station selbst kommt in einhundertundneun Sslirrik in Schussweite.“

Der General nahm die Meldung stoisch zur Kenntnis. Vlar erwartete es nicht anders. Es war beim Militär der Gorn nicht üblich Meldungen zu bestätigen die man verstanden hatte. Nur bei Irritation erfolgte eine Rückfrage.

Nach etwa einer Minute meldete Vlar: „Jetzt noch zehn Sslirrik.“

Weitere dreiundzwanzig Sekunden vergingen, bis Vlar meldete: „Die ersten Feindschiffe gelangen in Schussweite, Erhabener!“

Ein Zischen vorausschickend gab Cler den Befehl: „Alle Schiffe Feuer frei!“

Fast gleichzeitig meldete der Taktische Offizier hinter Cler: „Erhabener, die Raumstation erhöht massiv die Leistung ihrer Energieerzeuger! Schutzschilde werden aktiviert und die Waffensysteme erhalten Energie!“

Im nächsten Moment kam die Meldung von der Operationskontrolle: „General, ich scanne eine große Flotte der Föderation, die eben den Ortungsschatten des Planeten verlässt der von der Strategischen Sternenbasis umkreist wird. Annähernd zweihundertfünfzig Raumschiffe. Alle haben eine föderale Energiesignatur!“

Ohne etwas zu sagen sah der General die beiden Offiziere an, bevor er seinen Blick wieder auf die Taktische Anzeige richtete. Die neue Lage zeichnete sich auf dem Schirm ab und in Cler erwuchs der Verdacht, vielleicht einen gewaltigen, strategischen Fehler begangen zu haben. Einer, der möglicherweise fatale Folgen zeitigen konnte.
 

* * *
 

Auf der Brücke der ICICLE saß Commodore Tar´Kyren Dheran in angespannter Haltung auf der Kante seines Sessels und sah abwartend auf den Hauptbildschirm. Zu seiner Rechten saß Commander Mancharella etwas entspannter auf ihrem Platz. Nichts deutete auf die momentanen Verwerfungen im Privatleben beider Offiziere hin, als Tar´Kyren Dheran über Flottenleitfrequenz seinem Verband befahl die Lücken in der Formation der verbündeten Einheiten zu durchstoßen und in Pulks zuerst die Schlachtschiffe der Gorn anzugreifen. Längst war Namoro Kunanga mit seiner Jägergruppe von Bord gestartet. Die 40 Jäger der SKORPION-KLASSE übernahmen den Flankenschutz gegen kleinere und wendigere Einheiten der Tzenkethi.

Während Pasqualina über einen Kanal mit Commander Kunanga in Verbindung stand, wandte sich Dheran an Lieutenant Farok der mit anderen Trägerraumschiffen wie der ICICLE in permanenter Verbindung stand. Dem Vulkanier oblag es die Gesamtkoordination für die Jagdverbände mit seinen Kollegen auf den anderen Trägerschiffen zu koordinieren und wichtige Meldungen an Mancharella weiterzuleiten. Die Aufgabe von Commander Mancharella bestand hingegen darin die Befehle an Kunanga zu erteilen, die sich durch die Koordinierungsarbeit von Farok und seinen Kollegen auf anderen Schiffen ergaben.

Wegen Faroks neuer Aufgabe, die sich nach einem Gefecht im letzten Jahr als sinnvoll herausstellte, hatte er den Vulkanier zum Leitenden Offizier für Flugoperationen ernannt. An seine Stelle, als Leitender Taktischer Offizier, war Lieutenant Junior-Grade Rania Singh-Badt getreten. Im Privatleben war sie ziemlich tapsig. Im Dienst funktionierte sie hervorragend.

Auf den übrigen Verbandsleitschiffen der Fünften Taktischen Flotte wurde zu diesem Zeitpunkt ähnliche Befehle erteilt, wie auf der ICICLE. Mit geballter Macht griffen die Föderation-Raumschiffe und deren Jagdverbände den Feind an und auch die Kriegsschiffe der Verbündeten mischten kräftig mit.

Von STRATEGICAL STARBASE 71 aus fingerten Meterdicke Phaserstrahlen nach den Raumschiffen des Gegners und wie ein Hornissenschwarm näherten sich blitzschnell einige Dutzend Quantentorpedos und schlugen in den Schilden der Feindschiffe ein.

In der interplanetaren Schwärze des Weltalls gingen die ersten Atomsonnen auf, als Raumschiffe der angreifenden Allianzflotte explodierten.

Auf der ICICLE hatte Charall die Kontrollen der sechs nach vorne gerichteten Schweren Pulsphaser übernommen, ohne dass sie dafür einen besonderen Befehl benötigt hatte. Diese Vorgehensweise hatte sich inzwischen so eingespielt. Mit diesen Waffen erzielte die Bolianerin innerhalb weniger Augenblicke drei Abschüsse. Die schwere Bewaffnung der ICICLE prädestinierte das Raumschiff für den Kampf. Dabei brachte Lou-Thorben Ivarsson, der Pilot der ICICLE das Raumschiff immer wieder in günstige Angriffspositionen. Wobei der Lieutenant den Kreuzer teilweise wie einen leichten Jäger steuerte.

Inzwischen bereiteten die Plasmatorpedos zweier romulanischer Angriffskreuzer einem Schlachtschiff der Gorn ein feuriges Ende. Es explodierte in einer Energiekaskade und riss zwei kleinere Raumschiffe des eigenen Verbandes mit sich ins Verderben.

Doch auch die Föderation und ihre Verbündeten hatten Verluste zu beklagen. Zwei kleinere Kampfschiffe der Fünften Flotte wurden vernichtet ein Angriffskreuzer der Romulaner so stark beschädigt, dass er sich aus der Kampflinie zurückziehen musste und einer der zehn Klingon-Kreuzer driftete momentan antriebslos aus dem Verband weg.

Auf der ENDEAVOUR, dem Flaggschiff der Fünften Taktischen Flotte stand Konteradmiral Carey, wie ein Fels in der Brandung und wies den einzelnen Verbänden bei Bedarf neue Vektoren zu, oder warnte vor möglichen Gefahren. Sie führte nicht zum ersten Mal einen Großverband ins Gefecht und das gab ihr Selbstvertrauen und Zuversicht. Beides erfuhr noch eine Steigerung, als ihr gemeldet wurde, dass die Raumschiffe der Sechsten Taktischen Flotte und die Sektorenflotte-Bajor im System unter Warp gingen und Konteradmiral Kuehn diese Einheiten auffächern ließ und sie in die Schlacht führte.

Sie selbst ließ die Einheiten der Föderation und die ihrer Alliierten eine Schüsselformation hinter dem Feind bilden, in die sich die eben angekommenen Einheiten integrierten. Vor ihrem Zentrum befand sich die Flotte der Allianz, die nun von allen Seiten zugleich unter Feuer geriet. Gleichzeitig wurden die Gorn und die Tzenkethi auf die Station zu getrieben und flogen, nur Minuten später, in ein vernichtendes Abwehrfeuer der Strategischen Raumbasis. Immer wieder schlugen Phaserstrahlen und grell-weiß leuchtende Quantentorpedos in den schwächer werdenden Abwehrschirmen der Echsen-Raumschiffe ein. Mehr und mehr zerbrach die Angriffsfront der Angreifer, nachdem das letzte Schwere Schlachtschiff der Gorn vernichtet worden war.

Die Besatzung der ICICLE erfuhr vorerst nicht, dass es ihr Raumschiff gewesen war welches das Flaggschiff der Feindflotte zerstört hatte. Ihr Kommandant war zum Inbegriff des Wortes Krieg geworden. Momentan sah und hörte Dheran nur, was er zur Führung dieses Gefechtes sehen und hören musste. Seine Anweisungen kamen kurz und präzise.

Draußen im All brach das Verderben über die Verbände der Echsen herein.

Wären die Gorn und Tzenkethi weniger stur gewesen, so hätten sie vielleicht einen Großteil der Flotte retten können. So aber setzten sie sich auch dann noch dem Beschuss der ihnen überlegenen Kräfte aus, als bereits Dreiviertel der Flotte zerstört war. Erst zu diesem Zeitpunkt gelangten einzelne Kommandanten der Allianz-Kriegsschiffe zu der Erkenntnis, dass ein Weitermachen keinerlei Sinn hatte.

Plötzlich rissen die noch intakten Raumschiffe aus. Kaum mehr als siebzig der ehemals fünfhundert Kreuzer. Sie flohen einzeln oder in kleinen Pulks, nur noch darauf bedacht diesem Inferno irgendwie zu entkommen.

Karenn von Ademak ließ diese Schiffe verfolgen und seine nur noch neun, der ehemals zehn, Kreuzer der VOR´CHA-KLASSE schossen fünf weitere Gegner ab. Bis ein Befehl von Admiral Torias Tarun eintraf, der jegliche weitere Verfolgungen untersagte. Der Admiral befahl die gesamte Flotte zur Station zurück. Im Fall der Romulaner zu den Orbitalwerften von Forlan-Prime. Bei Kuehn bedankte sich Tarun für die rechtzeitige Unterstützung, durch die von ihm geleiteten Verbände. Während der Konteradmiral die Raumschiffe der Sechsten Taktischen Flotte zum Gamma-Quadrant zurück beorderte, verblieben die Raumschiffe der Sektorenflotte vorerst im Forlan-System.

Commodore Dheran bekam von Konteradmiral Carey inzwischen den Auftrag, dass sein Teilverband nach Überlebenden scannen und diese gegebenenfalls bergen sollte.

Pasqualina Mancharella sah beinahe spöttisch zu dem Andorianer und flüsterte fragend: „War das Zufall oder will sie dich nicht auf der Station haben?“

Fast ebenso leise erwiderte Dheran: „Definitiv Letzteres.“

Mit einer beschwörenden Miene sagte der Andorianer dann mit deutlicher Betonung: „Commander Mancharella, bitte unterstützen Sie den Taktischen Offizier bei der Suche nach eventuell vorhandenen Lebenszeichen.“

Pasqualina Mancharella verstand und sie erlaubte sich ein ironisches Grinsen. Dieses Thema hatte hier auf der Brücke nichts verloren. Dem Andorianer zu zwinkernd kam sie dem Befehl dann auch sehr rasch nach.

Dheran selbst schoss danach förmlich aus dem Sessel nach vorne und begab sich zu Lieutenant Lou-Thorben Ivarsson. Neben dessen Konsole stehenbleibend sah er zu ihm hinab und erkundigte sich mürrisch: „Hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, dass sie wie ein Henker fliegen, Lieutenant Ivarsson?“

„Mehr als einmal, Sir!“, gab der Pilot zurück ohne dabei aufzusehen.

Dheran gab ein undefinierbares Brummen von sich, bevor er etwas ruhiger meinte: „Sie haben durch ihre riskanten Einlagen die ICICLE mindestens zweimal davor bewahrt in dieser Schlacht vernichtet zu werden. Das werde ich so im Logbuch vermerken, Lieutenant.“

Als sich der Commodore entfernte sah der Norweger unsicher zu Charall. Seiner bolianischen Freundin und Navigatorin der ICICLE. „War das eben ein Lob?“

Charall machte eine vage Geste. „Darauf wette ich nicht. Obwohl es so klang.“

Erst als sie ihn vergnügt anlächelte, wurde ihm klar, dass sich Charall einen kleinen Spaß mit ihm erlaubt hatte. Ihr Lächeln erwidernd meinte er: „Na, warte du.“

Die beiden Offiziere konzentrierten sich wieder, als Dheran hinter ihnen sagte: „Steuermann: Kurs um drei Grad nach Backbord korrigieren. Navigator: Setzen Sie einen Kurs rund um das Trümmerfeld. Wir fliegen die Randzone ab.“

„Aye, Sir“, antworteten beide Offiziere, wie aus einem Mund. Sie sahen nicht das Schmunzeln des Andorianers, als er wieder in seinem Sessel Platz nahm.

Der Verband von Commodore Dheran verbrachte noch über eine ganze Stunde in dem Trümmerfeld, bis feststand, dass es nichts mehr zu retten gab. Endlich übergab Dheran das Kommando an Lieutenant-Commander Harling, dem Chefwissenschaftler an Bord. Er selbst begab sich zu Pasqualina Mancharella und bat sie in seinen Bereitschaftsraum.

Die Spanierin wartete noch einen Moment, nachdem Dheran in seinem Raum verschwunden war, bevor sie ihm nachfolgte.

Als sie den Bereitschaftsraum des Commodore betreten und das Schott sich hinter ihr geschlossen hatte schritt sie rasch zu ihm. Ihr Umgang miteinander hatte sich in den letzten Tagen wieder deutlich zum Positiven gewandelt. Worüber die Spanierin sehr glücklich war.

Der Andorianer hatte sich hinter seinem Arbeitstisch ans Fenster gestellt und sah hinaus in die sternengesprenkelte Schwärze des Alls. Er wirkte so verloren, dass Pasqualina seinen Arm umklammerte und ihn sanft drückte. Dabei sagte sie, fast flüsternd: „Ich kann mir sehr gut vorstellen wie es dir gerade geht. Hast du mit Christina gesprochen?“

„Ja. Mit ihr und danach mit Valand. Er hat mir dabei nur bestätigt was ich selbst bereits gewusst habe.“

Pasqualina wartete einen Moment. Als der Andorianer keinerlei Anstalten machte fortzufahren hakte sie ein: „Und was weißt du jetzt?“

Die Antennen des Andorianer krümmten sich nach vorne. „Ich kann nicht mit Christina zusammen sein. Zumindest nicht in der nächsten Zeit. Vielleicht nie mehr.“

„Sag das doch nicht“, verlangte Pasqualina und wunderte sich gleich darauf über diese Worte. „Vielleicht ist es nur Wut, die sich bald legt.“

Tar´Kyren Dheran wandte sich vom Fenster ab und sah der Spanierin in die Augen. In seinem Blick lag ein Zug von Endgültigkeit. „Was ist mit diesem Christian Sinemus. Willst du mit ihm zusammen sein? Oder besser gefragt: Kannst du das gegenwärtig?“

Die Frau schüttelte den Kopf. „Nein. Momentan sperrt sich da etwas dagegen.“

„Dann weißt du ja wie es mir geht.“

Die Spanierin nickte stumm. Dabei ließ ihre Linke seinen Arm los und reichte hinauf zu seiner rechten Wange, die sie ganz sacht streichelte. „Ja, das weiß ich.“

Tar´Kyren Dheran spürte die überbordenden Emotionen der Frau, bei dieser Berührung. Sie durchströmten ihn und er spürte überdeutlich ihre Liebe zu ihm. Ohne darüber nachzudenken legte er seine Arme um sie und zog sie zu sich heran.

Sie küssten sich. Fast nur gehaucht. Einen Moment später sah Pasqualina den Andorianer erschrocken an und im nächsten Moment bog sie ihren Oberkörper zurück und gab dem Andorianer eine schallende Ohrfeige. Als der Andorianer sie nur verständnislos ansah überkam die Spanierin eine solche Wut, dass sie ihn gleich noch einmal ohrfeigte. Diesmal noch fester als zuvor.

Unmut spiegelte sich in den Augen des Andorianers und er zog ihren Oberkörper wieder zu sich heran. Ohne ein Wort zu sagen küsste er sie erneut und diesmal ließ die Frau es nicht nur geschehen, sondern sie erwiderte ihn fordernd. Dabei drängte sie sich eng an den Leib des andorianischen Mannes und umschlang ihn, wie eine Ertrinkende. Dabei gab sie ein leises Gurren von sich. In diesem Moment wurde ihr klar, dass sie nie aufgehört hatte Dheran zu lieben. Auch wenn sie geglaubt hatte ihn hassen zu müssen, nachdem er sich am Heiligen Abend gegen sie und für Christina entschied.

Pasqualina Mancharella gab Tar´Kyren Dheran endlich wieder frei und sah ihm nicht nur fragend in die Augen, sondern gleichfalls abwartend.

Bei diesem Blick seiner XO sagte Dheran rau: „Wir hatten diese Unterhaltung zwar bereits in Cadiz, doch ich will dich nochmal darauf hinweisen, dass ich dir keine falschen…“

Unvermittelt hielt Pasqualina dem Andorianer einfach den Mund zu und zischte, beinahe zornig: „Weißt du was? Halt einfach die Klappe, mi corazon! Ich habe dir in Cadiz bereits gesagt, dass ich erwachsen bin und dass ich genau weiß was du für Christina empfindest. Und dass ich dieses Risiko eingehen werde. Also vergessen wir Christina Carey und vergessen wir Christian Sinemus. Wir haben uns. Das reicht mir im Moment!“

„Du meinst wir sollten wieder…“

„Ja, verdammt! Genau das meine ich!“

Dheran sah seiner XO tief in die Augen und irgendetwas in seinem Innern sagte ihm, dass sie vielleicht Recht hatte. Seine Gefühle für Pasqualina waren so intensiv wie noch nie. Spontan küsste er sie erneut und sagte dann, von seinen Emotionen überwältigt: „Du hast Recht. Wir haben uns. Soll alle Anderen die Rote Kreatur der Unterwelt holen!“

Sie wandten ihre Blicke schließlich den Sternen zu und fragten sich beide in diesem Moment, wie all das wohl irgendwann enden würde.
 

* * *
 

Im Anschluss an die Nachbesprechung der gewonnenen Schlacht um diese Station erstattete Aendeh´Khrein Ti´Maran fünf stunden später Bericht, was sich bei der Verfolgung der Flüchtigen zugetragen hatte. Außer ihr selbst hielten sich in der Besprechungslounge, in der Spitze der Station, noch Admiral Torias Tarun, die Konteradmirale Kuehn und Carey und die Commodores Sylvie LeClerc, Frank Revers, Linara Enari Sebastian Frank und Tar´Kyren Dheran auf. Außerdem General Tarev, Brigadier Karenn von Ademak und Ssiebh Tovolak.

Ti´Maran führte aus: „Der mir unterstellte Verband verfolgte das Shuttle bis zum Klentorin-Asteroidengürtel, im Farrolan-System. Dabei stellte sich heraus, dass ihr Shuttle dazu in der Lage war unsere Kreuzer abzuhängen. Vermutlich durch eine Modifikation des Antriebs, der eine Überlast in Kauf nimmt. Als wir im System unter Warp gingen machten wir das Shuttle über einem der größeren Asteroiden aus und ich gab Order, diesen sofort anzufliegen. Gerade eben in Transporterreichweite habe ich einen schwerbewaffneten Bodentrupp zu dem Punkt beamen lassen, zu dem sich auch die drei Flüchtenden transportiert hatten, nachdem das Shuttle in Reichweite war. Die Soldaten fanden einen gut ausgebauten Stützpunkt innerhalb des Asteroiden. Als unsere Leute die Flüchtenden fast gestellt hatten lösten sie sich plötzlich vor ihren Augen in einer Energiespirale auf und verschwanden spurlos. Dabei konnten die Soldaten eine sich auflösende Differenz der Felddichte scannen.“

Einige der Anwesenden Zuhörer erahnten mehr als andere, was die Ausführungen der Romulanerin zu bedeuten hatten. Zu ihnen gehörte Valand Kuehn, der in Richtung der Romulanerin nickte und dann erklärte: „Wir müssen annehmen, dass diese drei Agenten aus dem Spiegeluniversum stammen. Mittlerweile sind Ihnen allen Memos geschickt worden, die genau die Zusammenhänge erklären.“

Sich nun speziell an die drei Verbündeten wendend verlangte der Konteradmiral eindringlich von ihnen: „Bitte informieren Sie umgehend Ihre Regierungen von diesen Vorfällen. Vielleicht kam es in den Einflussbereichen Ihrer Nationen bereits zu ähnlichen Fällen, ohne dass sie folgerichtig bewertet wurden. Desweiteren müssen wir zukünftig auf Veränderungen in der Felddichte des Weltraums besonders achten.“

„Wie sollen wir das bewerkstelligen?“, erkundigte sich Ssiebh Tovolak. „Uns fehlen die entsprechenden Scanner.“

Es war Torias Tarun, der darauf antwortete: „Vor etwa zehn Monaten brachte der Leitende Wissenschaftsoffizier der ICICLE Daten zur Station, die ich an das Sternenflottenkommando weitergeleitet habe. Darunter waren auch Baupläne zu Geräten, deren Zweck sich uns zunächst nicht erschloss. Doch mittlerweile konnten wir herausfinden, dass sich darunter eins befunden hat, mit dem man Schwankungen in der Felddichte des Weltalls anmessen kann. Im Umkreis von einigen Tausend Lichtjahren. Auf der Erde wurde bereits mit dem Bau solcher Scanner begonnen. In den nächsten Wochen werden wir Ihren Nationen diese Geräte liefern können. Die Pläne dazu erhalten Sie ebenfalls. Die Meldung über die Freigabe dieser Daten lief vor dieser Besprechung bei mir ein.“

Die meisten Anwesenden hatten atemlos den Worten des Admirals gelauscht. Es war schließlich Karenn von Ademak, der sich grollend bei dem Trill erkundigte: „Wenn ich richtig verstanden habe, dann gibt es in diesem Spiegeluniversum all das, was es hier auch gibt? Auch mich und Sie, Admiral?“

Der Trill machte eine zustimmende Geste. „Ja, Brigadier. Doch nach unserem Kenntnisstand ist dort Alles ziemlich brutal, destruktiv und kriegerisch. Ich glaube da würde es Ihnen sehr gut gefallen.“

Karenn von Ademak war sich nicht sicher, ob Tarun ihn mit seinen Worten hatte beleidigen wollen, oder nicht. Darum gab er nur ein finsteres Knurren von sich.

Tarun wandte sich bereits T´Maran zu und sagte: „Ich bedanke mich für Ihren sehr gut formulierten Bericht, Commander. Sie haben getan was möglich war.“

Tarun beendete die Zusammenkunft. Auf dem Weg nach draußen drängte sich Sylvie LeClerc zu Dheran durch. Beinahe amüsiert wirkend sah sie den Andorianer an und erkundigte sich bei ihm: „Bei Valand kriegst du dich schon nach weniger als drei Monaten wieder ein und bei mir hast du über zwanzig Jahre lang Theater gemacht? Wegen einer Nichtigkeit? Weißt du, manchmal verstehe ich dich nicht, Tar´Kyren.“

Der Andorianer sah die quirlige Französin giftig an. „Es war eine Notlage.“

Wie zufällig rempelte die blonde Frau den Andorianer an und meinte widersprechend: „Blödsinn, Langer. Er ist dein Freund. Du brauchst ihn und er dich. Das ist es.“

Dheran wechselte schnell das Thema. „Bleibt ihr zwei noch auf der Station?“

„Nein, wir müssen im Anschluss aufbrechen. Aber du begleitest Valand zum Liegeplatz der OBERON, habe ich gehört.“

„Ach“, machte Dheran. „Wie gut, dass ich das auch schon erfahre.“

Sylvie LeClerc zwinkerte dem Andorianer nur zu und schritt schneller aus, wobei sie ihren Verlobten überholte und ihn kurz am Arm drückte. Der ließ sich prompt zu Dheran zurückfallen und der Andorianer stellte verwundert fest, wie gut sich beide auf non-verbaler Ebene verstanden.

Neben ihm angekommen fragte Valand, während sie zum nächsten Turbolift-Zugang schritten: „Du weißt, dass Sylvie und ich uns verlobt haben?“

Dheran bejahte und der Norweger erklärte: „Sehr gut. Wir möchten dich nämlich bitten einer unserer Trauzeugen zu sein wenn wir heiraten. Meiner um es genauer zu formulieren. Aber bis dahin ist noch etwas Zeit.“

Sie bestiegen die Liftkabine und erst als sie unterwegs waren, in Richtung Hangarscheibe, da erwiderte der Andorianer: „Du kannst auf mich zählen. Hast du Sylvie von der Begegnung mit der Ahy´Vilara aus dem Spiegeluniversum erzählt.“

„Natürlich. Ich habe keine Geheimnisse vor Sylvie. Es tut mir leid, dass ich sie für eine Weile vor dir haben musste.“

Sie erreichten endlich den Liegeplatz der OBERON. Am Andock-Tunnel verabschiedeten sie sich und Tar´Kyren Dheran sagte: „Pass auf dich und auf Sylvie auf.“

„Ja. Du aber auch auf dich und auf Pasqualina.“ Der Norweger zwinkerte dem Freund kurz zu und wandte sich ab.

Zurück blieb ein Andorianer, der versuchte zu ergründen, wie der Freund so schnell von den neuesten Entwicklungen hatte erfahren können.
 

ENDE
 



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