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Wegweiser ins Licht

von

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Blut ist dicker als Wasser

Kapitel 23: Blut ist dicker als Wasser
 

Akais Blut schoss in Strömen in die -von Shiho soeben angesetzte- Ampulle an seiner Armbeuge.

Es war die fünfte Blutprobe für ihre Forschungen und natürlich hatte sie auch Shuichi davon erzählt und danach gefragt, ob er sich ebenfalls als Testperson zur Verfügung stellen würde.

Der FBI-Agent war ganz erstaunt gewesen als Shiho beiläufig erwähnte, dass die Theorie, der sie hinterherjagte, gar nicht ihre eigene war, sondern Masumi sie überhaupt erst auf diese Idee gebracht hatte.

Kaum zu glauben, dass ausgerechnet Akais kleine Schwester den Ausschlag dazu gab, dass die Rotblonde dieser Möglichkeit nun so ehrgeizig auf den Zahn fühlte. Auch Shuichi entging der Arbeitseifer der jungen Wissenschaftlerin nicht.

„Du scheinst da ja an einer ziemlich großen Sache dran zu sein.“, bemerkte der FBI-Agent, als er sich seine Lederjacke wieder über den Arm strich und an der Ärmelspitze zurecht zupfte.

Shiho hielt das kleine Fläschchen mit der roten Flüssigkeit kurz gegen das Lampenlicht, ehe es seinen Weg zu den anderen Proben fand.

„Das wird sich noch zeigen, aber ich bin zuversichtlicher denn je Shuichi.“

„Das merkt man dir sofort an.“, registrierte Akai ihren Optimismus mit Wohlwollen.

Die daraus resultierende Erkenntnis, dass es ihr derzeit wirklich gut zu gingen schien, sorgte für ein Lächeln seinerseits, welches sich aber schnell zu einem eindringlichen und auch etwas nachdenklichen Blick verhärtete.

„Ich hätte mich schon viel früher mehr um dich und Akemi Sorgen sollen. Es war meine Verpflichtung, nein, eigentlich sogar meine Bestimmung gewesen, euch zu beschützen, doch habe ich dies leider viel zu spät bemerkt. Nichts wäre so gekommen, wenn ich damals schon das gewusst hätte, was ich heute weiß.“

Ein Blitzen zuckte über seine stechend grünen Augen hinweg.

„Ich hoffe du kannst mir verzeihen.“

Die Rotblonde trafen seine Worte ziemlich unvorbereitet.

Sie stockte in ihrer Arbeit, die sie bisher nebenbei ausgeführt hatte. Beinahe wäre ihr sogar der Stift aus der Hand geglitten. So verblüfft war sie und auch ein wenig überfordert mit seinem plötzlichem Benehmen.

Es war komisch. Sie konnte es in keine ihm typische Schublade stecken.

Wie kam er eigentlich dazu, auf einmal etwas dergleichen zur Sprache zu bringen und was meinte er überhaupt damit?
 

„Du verhältst dich irgendwie merkwürdig Shuichi. Ist alles in Ordnung?“

Sein dringlicher Blick war, durch ihre sorgenvolle Anteilnahme, nun mehr wie weggefegt.

„Mach dir keine Gedanken um mich.“, beteuerte er abgeklärt und wechselte prompt das Thema.

„Du bist mir von vorhin übrigens noch eine Antwort schuldig. Dafür, dass du mich mit deiner kleinen Nadel stechen durftest.“

Er deutete auf die Spritze auf einem Tablett neben ihrem Computer.

„Sag, was hältst du an und für sich von der Möglichkeit, Amuro könnte eine Amnesie hervorrufende Substanz verabreicht bekommen haben.“

Shiho entsann sich an diese Frage und schüttelte ihre Hirngespinste bezüglich Akais flüchtigen Moment des geheimnisvollen Verhaltens ab. Konzentrierte sie sich doch lieber wieder auf die Wissenschaft. Ihr jahrelanger und treuer Begleiter.

„Also, ich müsste natürlich zuerst einige Untersuchungen anstellen, um genaueres Sagen zu können, aber…“

Ihr Gesicht garnierte ein liebliches Schmunzeln.

„Bekanntlich ist nichts unmöglich.“, verkündete sie mit einem Zwinkern und erhobenen Zeigefinger.

„Vielleicht helfen dir ja die Daten aus dem sichergestellten Forschungsbestand der Organisation weiter.“, schlug der Agent mit der schwarzen Skimütze vor.

Er fasste sich dabei reflexartig an seine Brusttasche, da er den Drang verspürte sich eine Zigarette anzuzünden. Nur kurz betastete er das rechteckige Päckchen unter dem dunklen Leder, ehe er seine Hand wieder herunternahm.

Er wusste doch, was Shiho vom Rauchen hielt und das sie es nicht leiden konnte, wenn dies jemand in ihrer Nähe tat, vor allem in ihrem Labor.

„Stimmt, die Daten der Organisation. Die hatte ich ganz vergessen. Seit unserer Rückverwandlung kam ich nicht mehr dazu die -vom FBI freigegebenen- Dokumente durchzuarbeiten.“

Shiho begann zu Zögern und sah mit einem ernsten Gesicht zu Shuichi.

Ihr Mund wurde auf einen Schlag furchtbar trocken und ihr Hals kratzig.

„Du willst mir doch nicht sagen, dass…“

Shuichi vollführte eine abwinkende Handbewegung.

„Ich wollte nichts dergleichen andeuten. Dazu wäre es noch zu früh, doch wenn es ein solches Mittel geben sollte, dann wird die Organisation mit Sicherheit etwas darüber in Erfahrung gebracht und vielleicht sogar selbst damit experimentiert haben. Meinst du nicht auch?“

„Mir gefällt nicht, wohin sich das alles entwickelt Shuichi.“, gab Shiho mit einem deutlich wahrzunehmenden Unbehagen in der Stimme zu bedenken.

Sie besaß keine Hemmungen mehr, ihm ihre Sorgen frei raus mitzuteilen.
 

Akai ging auf sie zu und legte ihr beide Hände auf die Schultern.

Noch so ein Verhalten, dass nicht gerade in das Bild des kühlen und distanzierten FBI-Agenten passte. Vielmehr war dies eine vertraute Geste, wie die Rotblonde sie nur allzu gut von Shinichi her kannte.

„Ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlst.“, fing er an.

„Du musst mir Versprechen stark zu sein. Egal was sich am Ende als richtig oder falsch herausstellt, Shinichi wird dich brauchen, dass Rätsel zu lüften. DU bist sein Wegweiser. Das Licht in der Dunkelheit. Der Kompass, der ihn zur Wahrheit führt. Ihr seid ein Team, zwei Individuen die bedingungslos aufeinander zählen und vertrauen können. Vergiss das nie Shiho.“

„G-Geht es dir wirklich gut Shuichi?“

Shiho hatte Probleme damit ihre Worte herauszubringen. Ihr verschlug es buchstäblich die Sprache. Unsicher huschten ihre Augen über sein Antlitz, als versuchte sie ihn zu durchleuchten.

Der Agent blieb ganz bei der Sache, doch rang er sich dennoch zu einem schwachen Lächeln.

„Ihr werdet einander mehr denn je brauchen.“

Nun stand es fest. Egal ob er es bestritt, Shuichi benahm sich heute anders als sonst. Es war fast so, als hätte er etwas erfahren, was einfach alles verändert hat, woran er bisher geglaubt zu haben schien.

Sie sahen sich eine Weile einfach nur schweigend an. Alles andere wurde zur Nebensächlichkeit.
 

Es klingelte unten an der Tür, was die beiden, nach kurzer Zeit, wieder aus diesem Zustand löste.

Schnelle Schritte eilten aus einen der anliegenden Zimmer hinunter zum Eingang.

Shuichi war danach der Erste, der beschloss, sich nicht länger wortlos gegenüber zu sitzen.

„Ich werde mich am besten daran machen, Shinichi ebenfalls in alles Einzuweihen. Außerdem will ich dich nicht weiter von der Arbeit abhalten. Ich bin mir sicher, du hast noch eine Menge zu tun.“

Er stand auf und wandte sich von Shiho ab, um den Raum zu verlassen.

„Shuichi warte.“

Der Agent blieb, beim weichen Klang ihrer Stimme, stehen und wollte seinen Kopf in ihre Richtung drehen, da spürte er, wie zwei Arme sich um seinen Bauch schlangen und Shiho ihr Gesicht in seinem Rücken vergrub.

Für einen Moment war Akai wie gelähmt.

Auf die gleiche Weise hatte ihn einst Akemi umarmt, als er sich von ihr verabschiedet hat, um zum FBI zurückzukehren. Auch wenn sie damals noch nicht wusste, wohin er wollte, so hatte sie nicht die Absicht verfolgt ihn gehen zu lassen. Sie fürchtete es könnte ein Abschied für immer sein und das machte es dem damaligen Undercoveragenten nur umso schwerer, sie zu verlassen.

Jahre danach stand Shuichi nun einmal mehr, in einer erschreckend ähnlichen Situation.

„Shuichi“, flüsterte Shiho, ihren Griff um den Mann verstärkend.

„Du trägst nicht die Schuld an ihrem Tod.“

Er riss die Augen auf.

Die junge Wissenschaftlerin sprach weiter.

„Ich weiß, ich habe dir einst Vorwürfe gemacht. Doch inzwischen ist mir klar geworden, dass keiner von uns es hätte verhindern können. Dir ist hoffentlich klar, dass ich dir schon vor einiger Zeit vergeben habe.“

Akai schwieg. Sein Blick fiel zu Boden.

Von seinem Versuch sich von ihrer Schwester zu lösen, ließ er ab.

„Falls du aber noch Zweifel haben solltest, dann lass mich dir eines sagen. Es ist nicht deine Schuld und das was…“

Shiho brach mitten im Satz ab, als sich Shuichi zu ihr umdrehte und sie in seine Arme schloss.

Seine Atmung war ganz ruhig und tätschelte beruhigend das rotblonde Haupt der jüngeren Frau.

Shiho machte ihre Augen zu und lehnte sich an seine Brust.

Er war seine Form ihr zu sagen, dass er verstanden hatte und dass er dankbar dafür war.
 

Danach verließ Akai das Labor, blieb hinter Tür aber noch einen Augenblick stehen.

Auch wenn Shiho ihm vergeben hatte, so sagte er einst zu Shinichi, dass er sich selbst niemals vergeben könnte. Das Blut in seinen und in Akemis Adern, machte es ihm unmöglich zu vergessen.

„Du wirst es demnächst auch alleine herausfinden Shiho. Mich selbst macht es traurig, aber auch überaus glücklich zugleich, es erfahren zu haben.“

Er starrte auf sein Handy mit der offenen Nachricht Masumis. Es war nicht wirklich eine SMS seiner Schwester, sondern nur über ihr Telefon verschickt worden.

„Doch warum erst jetzt und ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt Mutter.“, flüsterte der FBI-Agent.

„Warum hast du es solange vor mir geheim gehalten? Dachtest du ich könnte die Wahrheit nicht verkraften oder wolltest du unsere Familie nur beschützen? Oder trifft vielleicht sogar beides zu?“

Akai hörte eine aufgebrachte weibliche Stimme aus dem Hausflur im Erdgeschoss.

Mit einer schnellen Bewegung war das kleine flache Gerät in seiner Hosentasche verschwunden und er trat den Weg zur Treppe an.
 

Der Schuss hallte über die gesamte Ladenstraße und löste eine regelrechte Massenpanik aus.

Er kam wie aus dem Nichts und traf die beiden jungen Männer, die sich bis eben noch unterhalten haben, wie ein Blitz. Alles ging so schnell, dass Shinichi außerstande war etwas zu unternehmen.

Die Zeit schien sich zu verlangsamen.

Er konnte nur noch mit weit aufgerissenen Augen mit ansehen, wie Shuichi in einem Zeitraffer neben ihm zu Boden fiel. Getroffen und wie es aussah schwer verwundet.

„AKAI“, schrie der Schwarzhaarige und war für den Bruchteil einer Sekunde wie gelähmt.

Sein verzweifelter Ruf ging in der tosenden Menge unter.

Es herrschte ein heilloses Chaos.

Niemand der Passanten nahm von dem angeschossen Agenten Notiz.

Alle schrien durcheinander, liefen kreuz und quer, warfen sich gegenseitig über den Haufen und versuchten ihre eigene Haut zu retten.

Als Shinichi Akai zur Hilfe eilen wollte, wurde auch er von mehreren flüchtenden Leuten angerempelt, die allesamt verängstig in alle Himmelsrichtungen starrten und ihn gar nicht beachteten.

Er stürzte zu Boden und schlug sich den Kopf am harten Asphalt auf. Sofort bahnte sich etwas Nasses seinen Weg durch seine Haare. Ein stechender Schmerz durchzog seinen Schädel.

Die Bilder vor seinen Augen drohten zu verwischen. Die Schreie verebbten an seinem Ohr.

Er sah zu Shuichi, welcher mit blutverschmierten Händen, wie ein erlegtes Reh, einfach nur da lag und einen Arm nach ihm ausstreckte.

„Akai“

Wie benebelt wisperte Shinichi erneut seinen Namen.
 

Die Kaffeetasse löste sich aus ihrem Griff und schlug auf dem Fußboden auf. Sie zerschellte mit einem lauten Klirren. Die Scherben verteilten sich auf dem Teppich, ebenso wie das heiße braune Getränk, welches sie sich gerade erst eingegossen hatte. Die Pfütze breitete sich zu ihren Füßen aus, doch Shiho registrierte dies in keinster Weise. Alles hatte sich in ihr verkrampft und sie war unfähig sich zu bewegen.

Wie festgefahren hing ihr Augenmerk auf den Testergebnissen von Akai.

12,5 Prozent seiner Erbinformationen stimmten mit ihrer eigenen DNA überein. Das gleiche galt für das Blut von Masumi.

Sie hatte es überprüft, mindestens zehn- wenn nicht sogar zwanzigmal, mit der festen Überzeugung sie müsse einen Fehler gemacht haben, doch das Ergebnis blieb stets dasselbe.

Die junge Wissenschaftlerin fiel vor dem Bildschirm auf die Knie.

War das ein schlechter Scherz oder träumte sie etwa? Das konnte doch unmöglich real sein.

„D-Das k-kann nicht sein.“, stammelte sie. Ihr Mund war ganz trocken und ihre Lippen spröde. Ihr gesamter Hals fühlte sich wie ausgedörrt an.

Hat Akai davon gewusst?

Er und Akemi hatten sich geliebt und das obwohl sie ihn Wahrheit…

Shihos Hände zitterten. Ein kalter Schauer überzog ihren Körper. In ihrem Kopf hämmerte es.

„Shuichi“

Sie verließ hektisch ihr Labor und suchte in der gesamten Villa Kudo nach dem FBI-Agenten, doch war er nicht aufzufinden, niemand. Das Haus war leer. Sowohl er als auch Shinichi waren nicht mehr da.

„Wo sind sie hin?“
 

Shiho kam eine Idee und so eilte sie in ihr und Shinichis Schlafzimmer. Sie suchte die Ersatzradarbrille ihres Freundes und fand sie auch kurz darauf.

Schnell schaltete sie sie ein.

Ein leuchtender Punkt über GPS verriet ihr die Position des Oberschuldetektivs, der seine Hauptbrille, der vorsichtshalber, immer heimlich bei sich trug. Man konnte schließlich nie wissen.

Da Shuichi eigentlich von Anfang an zu ihnen kam, um mit ihm zu reden, wird er sicherlich bei ihm sein, so zumindest Shihos Hoffnung.

Sie studierte die Karte genauer. Sie kannte die Gegend, in der sie sich befanden. Eine Einkaufsstraße ganz in der Nähe ihres Viertels.

Flink warf Shiho ihren weißen Laborkittel beiseite und griff sich stattdessen einen langen dünnen Mantel aus dem Kleiderschrank.

Mit ihrem Zweitschlüssel zur Villa in der Tasche, eilte sie wieder in den Flur.

Hastig versuchte sie die unsäglichen Stufen auf der Treppe hinter sich zu lassen. Jedoch war sie nicht wirklich bei der Sache. Ihre Gedanken überschlugen sich dabei und sie achtete nicht darauf wo sie hintrat.

Für den Moment fühlte es sich wie Schwerelosigkeit an, als sie den Halt verlor.

Shiho rutschte auf ihren Pantoffeln aus und stürzte auf halber Länge. Ihr gelang es nicht mehr sich festzuhalten und so fiel sie mit einem lauten Poltern den Rest der Treppe hinunter.

Zusammengekauert und ziemlich ramponiert, blieb die Rotblonde am Fuße dieser liegen.

Die Brille, die sie sich auf die Nase gesetzt hatte, lag zerbrochen neben ihr.
 

Shiho liefen die Tränen über die Wangen.

Es war nicht der Schmerz des Sturzes, der ihr zu schaffen machte. Viel mehr litt sie unter der Vorstellung, wie alles Bisherige wohl verlaufen wäre, wenn sie eher davon Kenntnis gehabt hätte.

>Nichts wäre so gekommen, wenn ich damals schon das gewusst hätte, was ich heute weiß<

Shuichis Worte hallten in ihrem Kopf wider.

Das meinte er also damit. Auf dem kalten Holzboden, auf dem sie lag, begriff Shiho endlich, was der Grund für sein Verhalten gewesen war.

Auch er musste auf die harte Tour erfahren haben, dass sie beide Cousin und Cousine waren.

Sie konnte sich allerdings immer noch nicht erklären, wie das möglich war.

Sie dachte sie wäre allein und das niemand aus ihrer Familie mehr Leben würde. Sie hatte auch immer geglaubt ihre Eltern wären Einzelkinder. Nie war die Rede davon gewesen, dass sie Verwandtschaft hätte.

Solange hat sie sich allein gefühlt und jetzt… Sie musste Shuichi finden. Das duldete einfach keinen Aufschub. Sie musste mit Akai einfach darüber sprechen. Sie wollte Antworten oder eine Erklärung, irgendetwas.

Mühselig rappelte sich Shiho wieder hoch.

Da die Radarbrille bei ihrem Sturz zerstört wurde, durfte sie nun keine Zeit verlieren und musste darauf vertrauen, dass sie Shuichi und Shinichi bei ihrem Weg zu ihrer letzten bekannten Position schon finden würde.

Die junge Frau befühlte ihr Gesicht und ihrem Arme. Einige Stellen gaben eine schmerzliche Antwort darauf.

Sie hatte sich auf die Zunge gebissen. Der Geschmack von Eisen lag in ihrem Mund.

Sie müsste bestimmt ziemlich in Mitleidenschaft gezogen aussehen, doch spielte das keine Rolle.

Ohne sich um ihr Äußeres zu scheren verließ sie das Anwesen, ungefähr die Ahnung habend, in welche Richtung sie musste.
 

Shinichi gelang es die ausgestreckte Hand von Akai zu ergreifen und somit wieder auf die Beine zu kommen.

Er packte dem FBI-Agenten unter die Arme und versuchte mit dem Aufgebot all seiner Kraft, seinen schweren Körper aus der möglichen Schusslinie des Schützen zu bekommen.

Der Rückstoß war so enorm gewesen, dass es selbst einen stämmigen Kerl wie Shuichi nach hinten gerissen hatte. Ein frontaler Treffer mit solch einer Wucht… alles andere als ein Scharfschütze kam für den jungen Detektiv hierbei nicht in Frage.

Nur mit größter Not gelang es Shinichi, Akai hinter einen großen Müllcontainer zu zerren. Das nächste was er unternahm, war Polizei und Krankenwagen zu verständigen.

Shuichi keuchte und spuckte Blut, während der ehemalige Oberschüler am Handy zur Eile aufforderte und anschließend auflegte.

Allmählich fand eine unheimliche Stille Einzug.

Die bis eben noch so lebhafte Einkaufsstraße wirkte nun wie ausgestorben.

Shinichi beugte sich zu seinem Freund vom FBI hinunter, um seinen Zustand zu begutachten.

Sein schwarzes Hemd war getränkt mit der roten klebrigen Flüssigkeit, die durch die Schusswunde hinausströmte.

Er konnte nicht sehen wo es ihn getroffen hatte, doch er besaß eine böse Vorahnung, wer dafür die Verantwortung trug. Schon einmal hatte er eine offene Hinrichtung durch einen Präzisionsschützen, ähnlich ihrer derzeitigen Situation miterlebt. Die Tötung des Bombenlegers der Detektei. Der Mann, der die Befehle einer Vereinigung befolgte, die über seine wahre Identität als Shinichi Kudo Bescheid wusste und die über ihre eigenen Leichen ging, um das zu erreichen, wonach sie her waren.

Sollte es sich hierbei tatsächlich um die Schwarze Organisation handeln?

Was ist, wenn der Schuss womöglich ihm gelten sollte?
 

Shuichi riss sich das Hemd auf, um die Einschussstelle zu untersuchen.

Das Blut floss in unregelmäßigen Schüben aus dem unteren Teil seiner linken Brust.

Er befühlte den Bereich rund um den Treffer, was ihm einen unterdrückten Schmerzenslaut entlockte.

Die Kugel schien nicht glatt durchgegangen zu sein, sondern hatte eine seiner Rippen erwischt.

Das Geschoss war dadurch beim Aufprall zersplittert und hinten nicht wieder ausgetreten. Es ließ sich unmöglich genau sagen, wie schwer die einzelnen Fragmente sein Inneres verletzt hatten.

„Da hat es mich wohl ziemlich übel erwischt.“, schnaufte Akai, wie nach einem Marathonlauf.

„So hatte ich mir meinen freien Tag eigentlich nicht vorgestellt.“

Ein Blutrinnsal lief aus dem Winkel seines Mundes herab, welches er sich schnell mit dem Ärmel seiner Jacke wegwischte.

Shinichi wusste, dass seine Verletzung sehr ernst war, doch waren sie immer noch keineswegs aus der Gefahrenzone.

Er wollte hinter ihrem Versteck hervorspähen, wurde allerdings von Akai daran gehindert.

„N-Nicht, dass ist zu riskant.“, warnte er ihn.

„Es gibt nur eine mögliche Position, von wo aus der Schütze geschossen haben könnte.“, erklärte der beste Sniper des FBIs mit beunruhigend blass gewordenem Gesicht.

„Die Baustelle des Parkhauses. Dort muss er sein.“, schlussfolgerte Shinichi.

Er kaum merkliches Nicken als Bestätigung folgte.
 

Akai zog seine 9mm Pistole aus dem Hosenbund.

Ein spöttisches Lachen wurde schnell durch einen schweren Husten unterbunden.

Erneut tröpfelte Blut aus seinem Mund, was auf innere Blutungen schlussfolgern ließ.

„Damit werde ich wohl kaum das Feuer erwidern können.“, beschwerte er sich über sein mickriges Kaliber, dass ihm zur Verfügung stand.

Shinichi betrachtete die Handfeuerwaffe, die viel mehr in Shuichis Hand lag, als dass er sie hielt.

Selbst wenn er seine Arctic Warfare bei sich hätte, könnte er sie wohl kaum benutzen. Nicht in dieser Verfassung.

„Ich muss irgendwie näher an den Kerl herankommen.“, murmelte der Schwarzhaarige.

„B-Bist du verrückt geworden Shinichi? Das Parkhaus ist nicht mehr als 600 Yards entfernt und auf offener Straße bist du ein leichtes Ziel auf dieser Entfernung.“

„Ich habe gewiss nicht vor, mich auf dem Silbertablett zu präsentieren und erschießen zu lassen, doch können wir die Gefahr nur eindämmen, wenn ich es mir gelingt, mich an den Schützen heranzuschleichen. Er wird bestimmt nicht verschwinden, ehe er sich sicher ist, dass sein Ziel eliminiert wurde. Egal auf wen von uns beiden er es nun wirklich abgesehen hat. Solange er sich für unantastbar hält, wird es sich nicht vom Fleck rühren.“

„Mit Verlaub, dass ist eine ziemlich dumme Idee.“, kritisierte ihn Akai, der versuchte aufzustehen, doch gelang es ihm nicht, da sein Körper weit vorher dagegen rebellierte.

Shinichi half ihm dabei sich gerade hinzusetzen und ließ sich Anweisungen für einen provisorischen Verband aus Stofffetzen geben, welchen er um die Wunde legte und so gut es ging festzog.

Die Verwünschungen die Akai dabei ausstieß, ließen ihn hoffen, dass er alles richtig gemacht hat.
 

„W-Wir sollten das lieber aussitzen. Die Polizei wird sicherlich bald da sein.“, schlug Shuichi vor.

„Genau das ist das Zeitfenster, welches wir nicht überschreiten dürfen.“, widersprach ihm Shinichi.

„Sobald die Kavallerie anrückt, wird der Schütze verduften. Die Polizei wird ihn niemals rechtzeitig erwischen und ich will nicht, dass mir noch einer von ihnen durch die Lappen geht. Vor allem nicht jemand, der es wagt auf meine Freunde zu schießen.“

Akai musste sich eingestehen, dass an den Worten des Oberschülers durchaus etwas Wahres und Verständliches dran war.

„Ich schätze, ich werde dich nicht aufhalten können, selbst wenn ich wollte.“, hüstelte Akai und übte weiterhin zusätzlichen Druck auf seine Wunde aus.

Shinichi hat sein bestes unternommen ihm, so gut wie möglich, Erste Hilfe zu leisten, doch war er lange nicht so gut darin, wie Shiho. Fast schon wünschte er sich, dass sie hier wäre und doch war er froh, dass dies nicht der Fall war.

„Also schön Herr Detektiv.“, gab sich Akai, nach knapp bemessener Bedenkzeit, geschlagen.

Jetzt lange Diskussionen führen zu wollen, war in seinem Zustand sicherlich keine gute Idee und auch er wollte natürlich nicht, dass seinem Peiniger die Flucht gelingen würde.

„H-Hast du denn einen Plan, wie du dich unbemerkt dem Parkhaus nähern willst. Immerhin gibt es nirgendwo Deckung und der Scharfschütze wird unser kleines Versteck sicherlich nicht aus den Augen lassen.“

„Na das hoffe ich doch, denn dann wird er nämlich gleich ziemlich dumm aus der Wäsche gucken.“, gab sich Shinichi kämpferisch und ballte die Faust.

„W-Was hast du vor?“

„Ich werde einen Ball in die Luft schießen. Er ist eine Spezialanfertigung vom Professor und endet in einem riesigen grellen Feuerwerk. Dem Kerl sollten also kurzzeitig die Augen ausfallen.“

In Shuichis Kopf begann es zu arbeiten.

„Ist das nicht die Erfindung, die du auch am Bell Tree Tower und in der Adventure World eingesetzt hast?“

„Genau“, bestätigte Shinichi.

„Beide Male erzielte diese Taktik ihre gewünschte Wirkung. Durch das Licht und die vielen Farben sollte also der Schütze für mehrere Sekunden geblendet sein. Genug Zeit, damit ich bis zum Parkhaus rennen kann.“
 

Trotz der Verletzung und den einhergehenden Schmerzen konnte Akai ein Lächeln aufbringen.

„Du steckst wirklich voller Überraschungen.“, musste dieser neidlos anerkennen.

„Nimm aber wenigstens die hier mit.“ Shuichi drückte ihm seine Pistole in die Hand.

„Damit kannst du mehr anfangen als ich. Aber sei vorsichtig. Sie ist nur dazu da, um dich im Notfall schützen können.“

Shinichi nickte und nahm ehrfürchtig die Waffe entgegen. Schon lange hatte er den Griff und das Gewicht einer Pistole nicht mehr in seinen Händen gespürt. Ein Gefühl, dass er nicht vermisst hat.

„Hältst du solange hier durch Akai, bis der Krankenwagen da ist?“

Obwohl Shinichi so überzeugt davon war, es mit ihrem Kontrahenten aufzunehmen, war er sich unsicher, ob er Shuichi wirklich alleine lassen soll.

Der FBI-Agent war jedoch der letzte auf diesem Planeten, der darauf bestanden hätte, dass er bei ihm bleibt und Händchen hält.

„Mach dir um mich keine Sorgen. Ich habe schon schlimmeres überstanden. Hinter dem Container bin ich sicher und du kannst ohnehin nicht mehr für mich tun.“

„Okay. Ich versuche aber so schnell es geht zurückzukommen. Keine Sorge Akai, es wird alles gut werden. Du wirst schon sehen.“

Shinichi bereitete sich vor mit seiner Ablenkung zu beginnen.

„Warte“, bat ihn Akai sich noch eine Sekunde zu gedulden.

„Es gibt noch eine Sache, die ich dir erzählen muss, bevor du gehst.“

Shuichi packte den Kopf des Oberschülers und zog dessen Ohr ganz nah an seinen Mund heran.

Er flüsterte ihm etwas zu und anhand von Shinichis Gesichtsausdruck ließ sich ablesen, dass nun auch das letzte Puzzlestück haargenau ins Bild passte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Blue_StormShad0w
2019-09-09T14:14:48+00:00 09.09.2019 16:14
Hallo und guten Tag.
Wow, was für ein Kapitel und Gott sei Dank Akai ist noch am Leben! 😭
Aber noch sind er und Shinichi nicht außer Lebensgefahr, denn es gibt da immer noch Korn, der da den beiden ans Leder will. Zumindest bei Akai, denn ich glaub' bei Shinichi hat Cognac bestimmt spezielle Pläne. 😓
Auf die Konfrontation zwischen den Schülerdetektiv und den Scharfschützen Korn bin ich mehr als gespannt. Auch hoffe ich noch, dass Akai nicht doch noch was zustößt, wenn Shinichi sich auf macht. Er ist einfach einer meiner Lieblingscharacktere!
Und auch würde die Shiho nicht verkraft, wenn, jetzt wo sie Erkenntnis über die Verbindung von sich und ihm hat, er wirklich sterben sollte.
Gut, dann bis zum nächsten Mal wieder. Wie gesagt, bin schon meganneugierig. Ciao! 👋😊
Antwort von:  Cognac
15.09.2019 19:29
Hey
Ja, Akai ist noch am Leben. Aber wie du schon selbst sagst, noch sind sie nicht außer Gefahr. Es kann noch alles mögliche passieren und es wird noch alles mögliche passieren. Überraschungen werden hinter jeder Ecke lauern.
Da hier absoluter Spoileralert droht, bei allem was ich schreiben könnte, werde ich mich kurz halten:
>Es wird vieles auf den Leser zukommen.<

Gruß Cognac


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