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Gin - Kaltblütiger Mörder im Körper eines Kindes

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich hatte mir wirklich überlegt, das Kapitel auf Adult zu setzen... belasse es aber, da es sich noch in Grenzen hält. Dennoch möchte ich eine Vorwarnung zurücklassen. Komplett anzeigen

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Töte ihn

Die Abenddämmerung legte sich allmählich um die Großstadt namens Tokio. Es dauerte einige Sekunden bevor Conan‘s Augen sich an das grelle Scheinwerferlicht des schwarzen Porsches gewöhnten und er zwei Gestalten auf sich zukommen sah.

„Gin, das ist nur ein kleiner Junge!“ ließ sich von einer Dame vernehmen.

„Sei still oder muss ich erst nachhelfen?“, antwortete ein Mann mit langem, silbernen Haaren, der ganz in schwarz gekleidet war. Gin, wie man ihn nannte. Er ging gezielten Schrittes auf den Jungen zu. Dieser rührte sich nicht, wahrscheinlich vor Angst. Jeder normale Mensch hätte wohl so reagiert nachdem er von einem Porschen quer über den Bürgersteig in eine Gasse gejagt worden wäre und dabei fast angefahren.

„Hey Junge, wie schön dich hier in dieser verlassenen Gasse zufällig zu treffen! Weißt du wie spät es ist?“, versuchte Gin das Vertrauen des Jungen zu gewinnen… Was in dieser Situation eigentlich so gut wie unmöglich gewesen sein sollte… doch trotzdem antwortete der Junge nach anfänglichem Zögern. Das kostete ihm sichtlich Überwindungskraft.

„Äh ja... einen Moment. Ich habe es gleich…“

Gin blickte an sich herunter. „Was ist das?“, fragte er sich gedanklich.

Als er genauer hinsah wurde es ihm klar. Mitten auf der linken Brust war eine kleine Nadel eingedrungen, womöglich eine Art Betäubungspfeil. Doch weitere Gedanken konnte der Silberhaarige sich darüber nicht machen. Er nahm seine Umgebung langsam immer weniger wahr und seine Augen begannen verschwommen zu sehen. Er senkte seinen Kopf und geriet dabei ins Schwanken.

Gin‘s letzte Kräfte, die dafür sorgten, dass er sich noch mit seinen Armen auf dem Boden abstützen konnte, verließen das Mitglied nach und nach mehr.

Sein Augen schlossen sich. Sein Körper fiel zur Seite.
 

...
 

Als Gin nach einer halben Stunde wieder zur Besinnung kam, war der Junge längst über alle Berge. Vermouth rauchte gemütlich eine Slim-Zigarette, als sei nichts Ungewöhnliches geschehen.

„Was ist passiert? Und noch viel wichtiger, wo ist dieser Bengel?!“, schrie Gin die blonde Frau an. Diese rauchte einfach weiter. Sie genoss es, wie Gin sich verzweifelt am Boden krümmte.

"Ich wiederhole mich nur ungern...WO IST ER?", erklang es erneut von diesem. Vermouth lachte nur, dann fragte sie amüsiert:

„Was regst du dich wegen eines kleinen Jungen so auf?“, kaum erreichte diese Frage Gin‘s Ohren, hatte er es nun auch endlich geschafft sich wieder aufzurichten. Ehe Vermouth sich versah, wurde ihr eine Waffe an den Kopf gerichtet.

"Erspar mir dein unnützes Gelaber und sag mir wo der Junge hin ist!", diesmal hörte es sich ernster als vorher an. Gin warf ihr einen ungeduldigen, zugleich finsteren Blick zu. Vermouth pustete jedoch unbeeindruckt etwas Zigarettenqualm aus ihrem Mund.

"Ok...Wie du willst.", raunte Gin. Sein Finger am Abzug bewegte sich ganz langsam...

"Traust du dich das wirklich?", sagte Vermouth und lächelte. Jetzt, da Gin schon so weit gegangen war, wäre es in gewisser Weise schon peinlich sich jetzt doch zurückzuziehen, dachte er zumindest.

"Ich habe dir gegenüber wirklich genug Gnade gezeigt. Deine Geheimniskrämerei stört bei Missionen!“

Daraufhin entgegnete Vermouth lachend: „Einen hilflosen Jungen in die Enge treiben bezeichnest du als Mission?''

Antworten konnte Gin ihr nicht mehr, jemand unterbrach sie.

"Gin, lass es besser!", es war Wodka. Er hatte zuvor das Geschehen aus den Augen verloren und traf daher erst jetzt auf die Beiden.

"Was mischt du dich jetzt hier ein?!" wurde er sofort von seinem Aniki angeschrien. Er richtete eingeschüchtert seine Sonnenbrille.

„Genug gestritten.“ Rum schaltete sich ein, durch Vermouth‘s Handy. Sie hatte das hochrangige Mitglied angerufen. Dieser war nun als ein Hologramm dadurch zu sehen. "Wie erklärst du mir das, Gin?", fragte das Rum-Hologramm gereizt. "Der Auftrag bestand darin, einen NOC von der Sicherheitspolizei, mit dem Codenamen Aperol, zu beseitigen. Wie kommt es zur Verfolgung einer Göre?"

„Er hat sich eben eingemischt und-“, als Gin seinen Vorgesetzten antworten wollte, fiel Vermouth ihm plötzlich ins Wort:

"-und warum genau warst du nochmal der Meinung, dass besagte Zielperson, Aperol, ein Spion ist?"

"Ich hatte ihn schon länger unter Beobachtung. Vorgestern hatte er sich jemanden telefonisch anvertraut, wohl ein Freund von ihm...", sprach das Hologramm. "Er hatte keinen blassen Schimmer, dass er abgehört wurde."

Gin fragte sich im Nachhinein doch, ob es nicht vielleicht ein Fehler gewesen war den Jungen hinterher zu jagen.

Was wäre jetzt mit der eigentlichen Zielperson?

Gerade als er Rum danach fragen wollte, meldete sich Wodka zu Wort: "Ähm Aniki, dahinten steht ein Auto." Er zeigte mit dem Finger an den Silberhaarigen vorbei. Genau in dem Moment fuhr der gelbe Käfer los.

"Wir wurden beobachtet!", schrie Gin, der sofort einen Entschluss gefasst hatte. "Los, verfolgt sie!", er sprang an das Steuer seines Porsche, startete den Motor und riss den Wagen herum.

Nach dem Befehl seines Partners sprintete Wodka zu dem Motorrad, mit welchem er gekommen war.

„Vermouth.“, begann Rum, bevor er auflegen wollte. Die Angesprochene widmete ihm daraufhin ihre Aufmerksamkeit. „Du weißt ich beauftrage dich nur ungern mit solcher Drecksarbeit, aber bitte sei so lieb und kümmer dich um unseren Verräter."

Somit fiel die Mission um Aperol‘s Beseitigung auf ihr zurück.

Nach einem Seufzer willigte Vermouth ein.
 

Nachdem Rum aufgelegt hatte, verblasste dessen Hologramm und tauchte stattdessen vorn an dem Lenker von Wodka‘s Motorrad, in verkleinerter Version, auf einem Projektor wieder auf.

"Wodka, ich hab einen neuen Auftrag für dich. Töte Gin, er ist mir ein Dorn im Auge!", fuhr Rum fort.

Mission

"Gin?", wiederholte Wodka mit leicht zitternder Stimme. Er hatte seine Worte beinahe verschluckt. Erst war er verwirrt, nickte dann aber und sagte, er habe verstanden.

"Und warum ist er das?", setzte er aber noch an, da er dennoch die Anweisung nicht ganz nachvollziehen konnte.

"Das hat dich nicht zu interessieren, folge meinen Befehlen."

"Und wie soll ich ihn töten?", wollte Wodka daraufhin wissen.

"Still und heimlich natürlich, nimm dafür unsere neue Wunderwaffe."

"Sie meinen doch nicht etwa…" Er musste an das APTX denken.

"Nein. Wodka, denk doch mal nach. Das ist doch nicht neu.“, entgegnete Rum ihm.

"Da müssen Sie mir aus der Sprünge helfen...", dass Wodka nicht gerade der Hellste war, wäre ja nichts Neues, dennoch klärte Rum ihn auf: "Kennst du schon die neue Droge?"

"Ähh..noch nicht von gehört."

"Dann erfährst du es jetzt. Es ist eine neue, verbesserte Version vom APTX 4869! Sie wurde von der Neuen aus dem Labor entwickelt." erläuterte Rum weiter.

"Und wie heißt sie?" fragte Wodka nach.

"Wende dich im Labor an Merlot. Das ist der Codename der Frau, die das Gift entwickelt hat. Sie wird es dir geben.", fügte Rum hinzu und erhoffte sich dann keine weiteren Fragen von Wodka mehr.

"U-und was bewirkt das Gift?", wurde er von einer darauffolgenden von diesem aber enttäuscht.

"Das wirst du dann schon mit eigenen Augen sehen dürfen."

"Okay...", meinte Wodka eingeschüchtert und das Hologramm von Rum verschwand. Wodka wusste, dass er keine andere Wahl hatte dies zu tun, trotzdem war ihm bei dem Gedanken nicht wohl. Immerhin kannte er Gin schon so lange - und gerade, weil sie sich so lange kannten, sollte Gin nicht all zu schnell ihm gegenüber misstrauisch werden.

Aber bevor Wodka den Silberhaarigen kontaktierte, machte er sich zuerst auf den Weg ins Labor, um diese Merlot anzutreffen.
 

Als er dort angekommen war, betrat er das Gebäude.

Vor der Tür stehend, legte er seine Handfläche auf einen Scanner. Daraufhin ertönte eine weibliche Roboterstimme:

"Identifiziere: Wodka, Zugang gewährt.", dann öffnete sich die Tür auch schon.

"Ich suche eine Merlot!“, sagte er laut, als ihn die Leute verwundert ansahen.

"Das bin ich.", erklang es von einer Frau mit Laborkittel und Schutzbrille, die ihm gegenüber trat. Ihre Haare waren rot-braun und zu einem Zopf zusammengebunden, unter ihrer Brille blitzten zwei unterschiedlich farbige Augen auf. "Folge mir.", sagte sie und ging voraus.

"Du weißt also, worum es geht?", sprach Wodka sie an.

"Ja. Immerhin habe ich dafür eine Woche Doppelschichten geschoben, damit das Gift fertiggestellt wird." Merlot öffnete nun eine Tür und die Beiden standen in ihrem Labor, Wodka staunte nicht schlecht.

"Und wo ist nun dieses Gift?", fragte er.

"Tja, mach die Augen auf." Wodka blickte auf einen Schreibtisch, auf diesem war eine kleine Schale. In dieser befanden sich mehrere Pillen, die den APTX ziemlich glichen. "Wie viele brauchst du?", wollte die Wissenschaftlerin wissen.

"Ich denke nur eine Einzige. Aber ich hätte noch eine Frage. Was bewirkt dieses Gift?"

"Das solltest du doch wissen." beantwortete sie Wodka‘s Frage.

"Huh? Ich versteh nicht ganz." , entgegnete dieser verwirrt.

"Die Wirkung besteht daran, die einzelnen Körperzellen auflösen zu lassen. Das heißt das Opfer wird nach und nach verschwinden. Keine Spuren.", fuhr Merlot fort.

"Ah...okay." Wodka vermied es, sich das bildlich vorzustellen.

"Und nun verschwinde!", fuhr die Frau ihn plötzlich an. Wodka wich schreckhaft ein paar Schritte zurück und wandte sich ohne ein Wort von der Frau ab.

"Immer diese merkwürdigen Wissenschaftler...", dachte er sich anschließend und verließ das Labor wieder.
 

Während Wodka ging lächelte die Wissenschaftlerin böse.

"Der hat ja keine Ahnung. Wenn jemand dieses Gift nimmt, wird er nicht verschwinden, sondern es passiert etwas ganz anderes... Tschuldige‘ Sherry, aber ich musste mir dein Gift ausleihen. Wer hätte gedacht, dass du es damit bereits so weit bringen konntest.“
 

Währenddessen jagte ein schwarzer Porsche 356A einen gelben VW Käfer. Sie fuhren direkt in Richtung Osaka

"Verdammt, ich hätte nie gedacht, dass ein alter VW so schnell sein kann!", fauchte Gin am Steuer.

Plötzlich bemerkte er auch noch, wie in seiner Jackentasche das Handy anfing zu vibrieren, wohl ein Anruf. "Natürlich muss mich genau jetzt jemand stören...", murmelte Gin verärgert und sah nebenbei auf das Display, es war Wodka.

"Hey! Ich bin's. Wo steckst du gerade?", begann dieser, als der Silberhaarige den Anruf genervt annahm.

"Ich verfolge diese verfluchte gelbe Karre, was willst du?"

"Nachricht vom Boss, wir sollen was erledigen. Komm bitte zu mir.", log Wodka.

"Das fällt ihm aber auch wirklich zu einem günstigen Zeitpunkt ein!", beschwerte Gin sich und versuchte sich weiterhin auf den gelben Käfer vor sich zu konzentrieren. "Ich brauch noch kurz Zeit.", fügte er dann an.

"Es ist wichtig, irgendwelche geheimen Infos. Es soll glaube um diesen Akai gehen.", log er erneut.

Als der Name 'Akai' fiel weiteten sich Gin's Augen, er nahm seinen Fuß vom Gas, was er selbst nicht mal merkte. "Was ist mit ihm? Ich dachte er sei tot? Wie oft haben wir das jetzt schon durch?", fragte er.

"Ähm das alles wird vor Ort besprochen." , redete Wodka sich raus, um seinen Partner erstmals nicht antworten zu müssen.

"Du weißt, wie ich es verabscheue, wenn man mir nicht sofort alles erzählt...", erinnerte Gin ihn im finsteren Ton.

"B-Befehl vom Boss..", stotterte Wodka.

"Tzz!" Da konnte man nichts machen, doch verärgern tat Gin das dennoch. "Wird Wodka jetzt schon so wie Vermouth?“

Inzwischen war das Fahrzeug, was er verfolgte, längst nicht mehr zu sehen, also was solls.

"Ok, bin gleich da..", sagte Gin dann und suchte nach einem Platz zum wenden.

Er fand schon bald einen, wendete und fuhr genervt zurück. „Was zur Hölle kann denn so wichtig sein?“, dachte er sauer. "Wenn er mir jetzt wieder damit kommt, dass dieser Typ noch lebt, dann kann er Kir auch gleich einladen." Sprach er dann leise zu sich selbst.

Der Gedanke, dass dieser Agent noch leben könnte freute ihn ein wenig. Es sei wie er einmal zu Kir sagte, es würde Spaß machen ihn nochmals zu töten und Kir's Leben wäre dann auch nichts mehr wert. Der Silberhaarige musste leicht grinsen.
 

Nach einer Weile kam Gin am geplanten Treffpunkt an. Es war verwunderlich, dass Wodka noch nicht dort war.

"Wenn er doch derjenige ist, der mich treffen wollte, soll er mich gefälligst auch nicht warten lassen!“,empfand Gin.

Irgendwie fand das Mitglied etwas an der Sache faul, weshalb er beschloss, vorsichtig zu sein. Zwar war es Wodka, aber dennoch war das Alles ziemlich ungewöhnlich.

Gin steckte sich eine Zigarette an und sah sich nach seinem Partner um, bis dahin ahnungslos, dass dieser hinter einer Ecke vorsichtig zu ihm schlich. In der Hand hatte er ein Baseballschläger. Er hatte vor, Gin bewusstlos zu schlagen und ihm dann das Gift zu verabreichen. Wodka befand sich nun dicht hinter dem Silberhaarigen, langsam holte er mit dem Schläger aus. Sogar seinem Atem unterdrückte er derweil, um auch wirklich kein Geräusch von sich zu geben.

Als Wodka gerade dabei war zuzuschlagen, drehte Gin sich mit einen Ruck zu ihm und packte den Schläger.

"Was gedenkst du da gerade zu tun?"

Wodka wusste nicht, was er sagen sollte, die Wahrheit wäre zu gefährlich. Deshalb war jetzt Plan B gefragt.

Er nahm nun seine Pistole. Doch ehe er das tun konnte, spürte er einen kräftigen Tritt in seinem Bauch.

Gin handelte offenbar schneller als Wodka denken konnte.

Einen Moment später wurde diesem auch schon die Waffe an den Kopf gehalten. Wodka lies sich aber noch nicht unterkriegen und richtete ebenso mühselig seine Pistole auf Gin's Kopf.

Keiner wusste, was jetzt geschehen sollte.

Es folgte ein kurzer Moment von Anstarren und Schweigen.

Selbstverständlich würde Gin so eine missliche Lage nicht über sich ergehen lassen. Zwar ging er damit ein Risiko ein, doch er holte aus um Wodka die Waffe aus der Hand zu schlagen.

Im nächsten Augenblick ließ Wodka einen Schuss ab. Er streifte Gin‘s Schulter. So schmerzfrei wie dieser aber war, gelang es ihm dennoch, wie vorgehabt, Wodka die Waffe aus der Hand zu schlagen.

Trotz der harmlosen Wunde grinste Gin siegessicher, nicht ahnend das plötzlich noch eine Person vor Ort war. Diese Person stand wie aus dem Nichts hinter Gin. Nur Wodka bemerkte sie, tat jedoch so, als wäre dort nichts und niemand. Diese Person hatte eine Art Schlagstock dabei und schlug dem Silberhaarigen damit auf dessen Hinterkopf.

Gin fiel sofort zu Boden.

Die unbekannte Person sah nun zu Wodka herab.

"Rum, was machen sie-" Wodka schaffte es nicht auszureden, er wurde unterbrochen.

"Gib ihm das Gift. Denk dran, Time is Money." Gerade als Rum sich mit diesen Worten abwenden wollte, entgegnete Wodka noch etwas:

"Wollen sie denn nicht sehen, was passiert?"

"Was kümmert mich das? Wie er stirbt spielt keine Rolle.", begann Rum, den nachfolgenden Satz flüsterte er nur zu sich selbst:

"Hauptsache, ich bin ihn endlich los...“

Daraufhin entfernte er sich vom Geschehen.
 

Wodka sah zu dem bewusstlosen Gin am Boden und starrte danach auf das Gift, was er in der Hand hielt, dann wieder zu Gin.

"Es fällt mir wirklich nicht leicht das zu tun...", dachte er zögernd.

Doch er musste es tun.

Er hatte keine andere Wahl.

Befehl war Befehl.

Das hatte man ihm von Klein auf beigebracht.

"Entschuldige vielmals, Aniki." Wodka führte Gin das Gift in den Mund, ließ es ihn dann mit etwas Wasser herunter schlucken.

Dennoch ging der Stämmige dann nicht sofort. Er wartete und das Warten verlief nicht lang in Stille.

Schon nach kurzer Zeit konnte man weißen Rauch von Gin's Körper aus aufsteigen sehen. Wodka's Augen weiteten sich, um sich darüber klar zu werden, was da gerade passierte, nahm er sogar seine Sonnenbrille ab.

Dann fasste er Gin an die Stirn. Sie war glühend heiß.

Er wich zurück als Gin plötzlich wieder die Augen aufriss, aber nicht, weil er sich vom Schlag erholt hatte, sondern vor Schmerzen. Vergeblich versuchte er seine Hände in den harten Boden zu krallen.

"Verdammt, was passiert hier... mein Körper fühlt sich an als würde er verbrennen... meine Knochen... werde ich jetzt hier etwa erbärmlich verrecken?!", dachte der am Boden keuchende Gin.

Einen kurzen Augenblick später erfüllte ein jämmerlicher Schrei das Viertel.

Wodka setzte sich wieder seine Brille auf und ging, durch den lauten Schrei würden hier sicher bald ein paar Passanten auftauchen. Ebenso wenig konnte er es nicht länger mit ansehen, seinen Aniki so leiden zu sehen. Er sah sich noch einmal kurz zu seinem ehemaligen Partner um. "War eine tolle Zeit mit dir.", murmelte er noch unverständlich und verschwand mit gesenktem Kopf.
 

Währenddessen passierte etwas seltsames mit Gin. Er wurde....immer kleiner.

Er bekam schon gar nicht mehr mit, dass sich Wodka längst entfernt hatte. Das Einzige, was er spürte, waren unerträgliche Schmerzen, die sich in seinem ganzen Körper ausbreiteten. Er dachte schon, er selbst würde bis hin zu seinen Knochen schmelzen, so heiß wie sein Körper bereits war. Er hörte sich selbst schreien. Es waren qualvolle Schreie. Wann hatte er zuletzt so geschrien, und wegen höllischen Schmerzen?

Irgendwann bekam er überhaupt nichts mehr mit.

Seine Stimme wurde leiser, sie klang nur noch verschwommen. Genau wie die Gegend um ihn, bis alles vor seinen Augen schwarz wurde.

Langsam verlor er das Bewusstsein.

Kleiner Junge

Gin dachte schon, er sei gestorben.

Nach einiger Zeit aber erklangen ein paar Stimmen, der Silberhaarige öffnete langsam die Augen und erblickte mehrere Polizisten. "So ein Mist.“, dachte er.

"Hey, alles in Ordnung Kleiner? Was machst du hier allein?"

Gin war verwirrt, wen meinten sie mit 'Kleiner'? "Ich bin doch sicher sogar älter als die!", dachte er sich.

"Hey Junge, kannst du uns hören?"

Gin verstand überhaupt nichts mehr. Er versuchte sich mühevoll aufzurichten und wollte sich an die Stirn fassen, sein Kopf tat ziemlich weh. Aber er gab dieses Vorhaben auf, denn merkwürdigerweise hing sein Ärmel komplett über seine Hand. Als sei der ganze Mantel auf einmal zu groß für ihn. Aber weshalb war das so? Er schüttelte seinen Kopf und starrte wieder genauer auf seinem Ärmel.

"Wo sind deine Eltern?", wieder eine nervige Frage von einen dieser Polizisten. Was wollten die von ihm? Wieso sprachen sie mit ihm so, als sei er ein Kind? So sehr sich Gin bemühte, er konnte die Situation nicht vollständig aufnehmen.

Plötzlich wurde ihm eine Hand gereicht. "Hab keine Angst, Kleiner. Kannst du aufstehen?"

Gin sah dem Polizisten richtig in die Augen. Er wusste nicht, was er antworten sollte. "Ich hab keine Angst.", sagte Gin einfach kühl, merkte aber dann, dass etwas nicht stimmte. "Meine Stimme ist so anders. Was geht hier vor sich?!"

"Und bei wem wohnst du, Kleiner?"

"Wohne allein."

Der Polizist sah jetzt zu einem seiner Kollegen und flüsterte etwas. Für Gin war das alles zu seltsam. "Ich kann nicht hierbleiben...",dachte er und stand auf um wegzulaufen. Doch da wurde er am Handgelenk festgehalten.

"Hier geblieben Kleiner, du kommst jetzt erst mal mit zum Präsidium.", sagte der Officer und hob Gin hoch, danach trug er ihn zum Polizeiauto und schnallte ihn fest.

Der Silberhaarige war nur noch verwirrt und verstand gar nichts mehr. "Was soll das?! Wieso kann dieser Scheißkerl mich einfach so tragen?" Irgendwas war anders, das hatte er längst begriffen, aber für alles andere war er zu verwirrt.
 

Während der Fahrt schwieg er, nochmals starrte Gin auf seine Hände. "Wieso sind sie so klein?! Wie die eines-...", dachte er und bekam eine schlimme Vorahnung.

Hastig sah er sich um und dann zur Fensterscheibe neben sich. Darin war sein Spiegelbild nur leicht zu erkennen, doch es reichte um einen tiefen Schock zu bekommen.

Es stimmte.

Er sah tatsächlich aus wie ein Kind.

Zugleich bemerkte er, dass sein Hut ihm fast vom Kopf rutschte, der passte wohl nicht mehr. Außerdem würde er gleich seine Schuhe verlieren, denn diese waren auch zu groß.

"Das ist doch jetzt nur ein Traum, das darf einfach nicht wahr sein, wie konnte das passieren..?"

In dem Moment hielt das Auto an. Der Polizist stieg aus und half Gin heraus. Er nahm den ehemaligen Mörder wieder am Handgelenk und zog ihn ins Präsidium.

"So ein Mist, alles voller dämlichen Schnüfflern! Ich muss hier weg und herausfinden wie genau das passieren konnte!"
 

In der Wache setzte man ihn erst einmal auf einen Stuhl. Dann hockte sich ein recht stämmiger Polizist vor ihn nieder.

"So Kleiner... jetzt nochmal von vorn. Was ist passiert? Gibt es jemanden, den wir kontaktieren können? Deine Eltern, Großeltern?"

Gin kam sich wirklich bescheuert vor, er hatte diese Fragen doch bereits beantwortet. „Was wollen diese Kerle noch?“ Er schwieg einfach, denn was passiert war, konnte er sich nicht mal selbst erklären. Der Polizist starrte ihn ungeduldig an, während er von Gin einen finsteren Blick zurückbekam. Zumindest sollte dieser finster wirken, denn von einem Kind kam es eher nicht so rüber.

"Nun gut, wenn du nicht mit uns redest, müssen wir dich wohl erst mal in ein Heim weitergeben...", nachdem der Polizist das sagte drehte er sich zu seinen Kollegen.

"Ein Heim, spinnen die?! Niemals im Leben gehe ich dahin!"

Während die Polizisten nicht hinsahen, stand Gin auf. "Ich muss hier unbedingt weg!", unauffällig schlich er zur Tür, darin war er zum Glück ziemlich gut.

Gerade als er die Tür öffnen wollte, erklangen ein paar Stimmen hinter ihm:

"Hey du, bleib stehen!", selbstverständlich hörte er nicht darauf und lief.
 

Es war ziemlich schwer den Polizisten zu entkommen aber wie durch ein Wunder schaffte er es. Er stolperte wegen seiner zu großen Kleidung einige Male und streifte allein durch die dunklen Straßen von Beika. Von Weitem hörte er nur noch die Sirenen der Polizeiwagen.

Es waren viele.

"Wenn die sich mal so aufmerksam um anderes kümmern würden als um solche Kleinigkeiten.. aber kann mir ja egal sein.", murmelte er und lief einfach weiter.

Während er lief fing es plötzlich an zu regnen. „Wirklich ein günstiger Zeitpunkt.“, dachte Gin ironisch.

Plötzlich stieß er mit jemanden zusammen.

Es war ein Mann, er erschien wie ein Riese während er von oben mit seinem Regenschirm auf ihn herabsah. Sonst hatte er rot-braunes Haar, trug eine Brille und einen Rollkragenpullover.

Gin wollte einfach an ihm vorbei laufen, doch irgendwas hielt ihn.

Er konnte nicht.

Zumal er komplett außer Puste war, das lag bestimmt an seiner Körpergröße.

Einen Moment später sah Gin wieder schwarz, vor Erschöpfung war er erneut ohnmächtig geworden.

Subaru Okiya

Als Gin die Augen öffnete, befand er sich nicht mehr auf der Straße. Langsam setzte er sich auf und sah sich etwas um.

„Wo bin ich?“

Er lag auf einer Couch und trug weder Mantel, Hose noch Schuhe. Er hatte nur noch einen viel zu großen Pullover an.

Er stand auf, fiel aber sofort wieder auf die Knie, offensichtlich war er noch ziemlich wackelig auf den Beinen.

Plötzlich wurde die Tür geöffnet und der Kerl, der ihm auf der Straße begegnet war, kam herein.

Die Beiden sahen sich an.

Es war wie eine fremde Verbindung, die ihnen doch irgendwie mehr als bekannt war. Subaru ging auf das Kind zu und half ihm wieder auf.

"Wo bin ich.. und wer sind Sie?!" Gin schlug die Hände des Kerls wieder weg. Er war zwar verärgert, aber mit dieser kindlichen Stimme klang es überhaupt nicht so. Das regte ihn nur noch mehr auf. Den scheinbar Fremden schien das jedoch eher zu amüsieren.

"Mein Name ist Subaru Okiya. Du hast ziemlich fertig ausgesehen, weshalb ich mal so frei war und dich mit zu mir genommen habe. Möchtest du einen Tee?" Der Mann sprach freundlich, zu freundlich in Gin's Augen. Sein Gesicht war ihm fremd, doch er wurde das Gefühl nicht los ihn zu kennen.

Vor lauter Nachdenken, was es mit diesen Typen auf sich haben könnte, vergaß er ganz dessen Frage zu beantworten. Gin sah ihn fragend an und realisierte erst einen Moment später, dass er noch nicht geantwortet hatte. "Ehm, ja.. meinetwegen.", dass er heiser klang merkte er nicht mal selbst. Subaru legte ihn noch eine Decke um, als er dann in die Küche verschwand um einen Tee zuzubereiten.

Gin sah sich währenddessen etwas um. „Warum kommt mir der Kerl so bekannt vor?“

Dieses Gefühl der Verbundenheit wollte von Beiden nicht verschwinden.

Nach ein paar Minuten kam Subaru wieder, er gab ihm den Tee und setzte sich zu Gin auf die Couch. "Willst du mir vielleicht erzählen, was passiert ist, Kleiner? Warum warst du ganz alleine draußen?"

Gin schüttelte mit dem Kopf und starrte auf den Tee vor sich. Egal was er sagen würde, der Kerl würde ihm doch eh kein Wort glauben. "Ich wurde bewusstlos geschlagen und anscheinend wegen diesem Gift nun zu einen Kind. Als ob ich das so sagen könnte!" Gin musste sich eingestehen, dass er die Story ebenso wenig von jemand anderem glauben würde. Aber er hatte ja keine Ahnung…
 

Keine Ahnung, dass Subaru es wusste. Dieser würde Gin's Gesicht unter Tausenden, nein Millionen, wiedererkennen. Er dachte an diesen Shinichi Kudo, welcher sich zurzeit ebenso im Körper eines Kindes befand.

„Hat man Gin das gleiche Gift gegeben? Wenn ja, warum? Und was soll ich jetzt mit ihm machen?“ Subaru dachte weiter nach. „Die logischste Entscheidung wäre, dass ich dem FBI Bescheid gebe...“

Doch irgendetwas hielt ihn davon ab, diesen Gedanken durchzuführen - er wusste nicht, was genau es war. Innerlich seufzte Akai.

"Du musst es mir noch nicht verraten, am Besten du bleibst heute hier. Du scheinst ziemlich erschöpft zu sein."

"Nein, ich muss..." Gin setzte seinen Satz nicht fort.

Ja, was müsste er jetzt tun?

Es wäre erst einmal wichtig, wieder seinen alten Körper wieder zurückzubekommen, doch wie sollte das möglich sein?

Von einem Gegengift wusste er nichts.

Könnte er überhaupt zurück zur Organisation?

Was hatte Wodka dazu bewegt, es soweit zu bringen?

Von allein hätte er sowas bestimmt nicht getan, da hatte jemand im Hintergrund die Fäden gezogen. Womöglich die Person, die ihn niedergeschlagen hatte.

"Du musst was?", hakte Subaru nach, Gin war längst wieder in Gedanken versunken gewesen, er schien ihn nicht mal zu hören. Um Gin's Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken, drehte er dessen Kopf wieder in seine Richtung.

Beide sahen sich in die Augen, während Subaru über die Narbe an Gin's Wange strich. "Du bleibst heute hier. Keine Widerrede.", kam es ernst von ihm.

Plötzlich klingelte es an der Tür, Subaru stand auf. "Ich geh mal nachsehen, wer das ist. Du bleibst am Besten hier." Mit diesen Worten ging der verkleidete Akai.

Als er die Tür öffnete, stand Professor Agasa von nebenan vor ihm, er hielt einen Kochtopf in den Händen. "Den wollte ich Ihnen nur zurückgeben.", kam es freundlich, worauf Subaru sich bedankte. Da dachte er, dass damit die Sache auch erledigt sei, aber es hätte ja zu einfach sein können.

"Wer ist denn das Kind dort?", fragte der alte Mann plötzlich verwundert. Als Subaru sich umsah stand dort Gin, neugierig um wen es sich beim Besuch gehandelt hatte. Natürlich würde er nicht auf die Worte von Subaru zuvor hören, warum sollte er auch. "Nur der Enkel eines Freundes von mir, ihm ist etwas dazwischen gekommen und er konnte deshalb nicht auf ihn aufpassen.. Also bin ich netterweise eingesprungen.", log Subaru daraufhin. "Also dann, ich hab noch etwas zu erledigen.", fügte er hinzu.

Der Professor sah ihn noch etwas nachdenklich an, verabschiedete sich aber dann.

Subaru schloss die Tür und ging rüber zu Klein-Gin. Er packte diesen am Kragen, der Silberhaarige zappelte etwas und sah ihn mit einem Killer Blick an.

"Ich hab doch gesagt du sollst oben bleiben!", gab Subaru dem jungen Mörder eine Standpauke.

"Lass mich gefälligst los!" Gin ließ sich so etwas respektloses ihm gegenüber nicht gefallen, aber gerade als er zuschlagen wollte, packte der Kerl fest nach seinem Handgelenk. Er war jetzt ein Kind und Erwachsene haben selten Respekt vor Kindern, wurde Gin erst in diesem Moment wieder bewusst.

"Hat man dir nicht beigebracht sich ordentlich zu benehmen und darauf zu hören, wenn man dir was sagt?", scheinbar war Subaru mit seiner Standpauke noch nicht fertig.

"Warum sollte ich auf einen Fremden hören?"

"Warum kannst du keinen gut gemeinten Ratschlag befolgen?"

Die Beiden sahen sich an, bis der Junge ihn nicht mehr anschauen wollte und sein Gesicht von ihm abwandte.

"Ich hab nichts Schweres von dir verlangt. Ich möchte nur, dass du dich ausruhst damit du dich erholst und keine Erkältung bekommst.", setzte Subaru einfach fort und trug Gin wieder zurück zur Couch. Seine Worte klangen auf einmal wieder ruhig und freundlich, wie ausgewechselt.

Gin sah ihn an, mit einem Gesichtsausdruck den man nicht deuten konnte. "Warum tun Sie das?" , fragte er kalt.

"Weil ich so bin, ganz einfach."

Gin‘s Gesichtsausdruck schien nun verwirrt. "Kann es sein, dass wir uns kennen?", wollte der junge Mörder wissen, wobei es weniger nach einer Frage klang.

"Du kennst mich, Aniki.", antwortete Subaru schlicht.

Gin war noch verwirrter, sonst nannte nur Wodka ihn 'Aniki' aber er war sich natürlich zu 100% sicher, dass dieser Mann nicht Wodka war. Trotzdem wusste er, dass er dem Kerl schon mal begegnet war.
 

Jetzt wurde Akai bewusst, was er gerade gesagt hatte. Er durfte sich auf gar keinen Fall verraten, stellte er fest.

"Vergiss einfach was ich gesagt habe, Kleiner. Apropo, wie heißt du eigentlich?", versuchte er abzulenken.
 

"Ich heiße... Akira.", nach kurzer Überlegung fiel Gin doch noch ein Name ein.

"Alles klar Akira, ich erwarte gleich Besuch, deshalb erwarte ich von dir, dass du wirklich hier oben bleibst.", stellte Subaru klar. Ihm fiel nämlich ein, dass Camel und Jodie ihn später besuchen wollten.

"Und was ist, wenn ich es nicht tu?", wollte Gin ihn leicht provozieren.

"Sei ein braver kleiner Junge und hör auf mich. Du bist bei mir zu Gast und hast auf mich zu hören."

Gin grummelte, er hatte echt keine Lust auf ihn zu hören. "Na und, niemand hat dich gebeten mich als Gast aufzunehmen."

Subaru seufzte.

"Okay, wie wäre es damit: Wenn du nicht auf mich hörst können wir einen schönen Besuch auf der Polizei Wache machen!"

"Alles bloß das nicht..“, dachte Gin und schüttelte hastig den Kopf.

"Na dann sind wir uns ja einig.", meinte Subaru daraufhin und lächelte. Er tätschelte seinen Kopf, woraufhin Gin wieder grummeln musste. "Ich geh mal alles für meinen Besuch vorbereiten.", sagte Subaru und ging herunter.

In der Küche bereitete er einen Tee für alle zu. Während das Wasser kochte nahm er Gin's Klamotten von der Couch und legte sie in einen Schrank, sicher war sicher.

Weiter aufräumen oder anderes erledigen musste er nicht mehr, da er allgemein auch ein sehr ordentlicher Mensch war.
 

20 Minuten später war der erwartete Besuch auch längst eingetroffen und die Drei setzten sich an den Küchentisch. Akai hoffte, dass Gin dort bleiben würde wo er war. Dieser und die beiden Agenten sollten nichts voneinander mitbekommen.

"Also, was ist der Anlass für dieses plötzliche Treffen?", begann Akai und verteilte gleichgerecht an alle den Tee.

"Wir haben eine Nachricht von Mizunashi Rena erhalten, Gin sei wohl urplötzlich verschwunden. Gerüchten zufolge soll man versucht haben ihn zu töten...Mit einer neuen Droge." beantwortete Jodie die Frage.

Akai traf es wie ein Blitz. „Deshalb ist er wohl geschrumpft… Aber die Frage wäre wohl eher, warum? Weshalb sollte man so ein hohes Mitglied wie ihn umbringen?“

"Alles ok, Akai? Sie wirken so abwesend.“, fragte Camel plötzlich und holte Akai aus seinen Gedanken.

"Ich habe mich nur gefragt, warum man so ein hochrangiges Mitglied einfach so aus dem Weg räumen will...", meinte er dann. Gin war doch, soweit der Agent es wusste, immer loyal zur Organisation.

Das was er für sie tut, seine Fähigkeiten... War er denn nicht unersetzlich?

"Das versuchen wir ja herauszufinden, und vor allem seinen jetzigen Aufenthaltsort. Sein Tod wurde immerhin nicht bestätigt." Akai verstand schon, was Jodie meinte. Wenn es stimmte, was Rena gesagt hatte, wäre Gin nicht länger an die Organisation gebunden und keine Gefahr mehr. Vielleicht würde er mit sich reden lassen wenn man ihm Hilfe anbietet.

„Obwohl... In seinem jetzigen Zustand wäre der kaltblütige Killer sowieso keine Gefahr.“ Akai verkniff sich sein Grinsen.

Erstaunt sahen sich Jodie und Camel an.

"Du bist heute echt anders. Ist irgendwas passiert Shu?", fragte Jodie ihn.

"Es ist nichts, ich muss aber mal kurz nach oben.", log Akai etwas, er machte sich Sorgen, dass Gin irgendetwas anstellen würde. Vorsicht sei besser als Nachsicht.
 

Oben angekommen sah er den kleinen Gin, wie er auf der Couch eingeschlafen war.

"Wer ist der Kleine?", erklang eine Stimme hinter Akai. Es war Jodie, sie war ihm gefolgt.

"Nur das Kind eines Freundes auf das ich heute aufpasse.", sagte Akai ruhig. Er versuchte zu verbergen, dass er sich total erschrocken hatte und schloss die Tür einfach wieder. "Bitte sei leiser und nimm etwas Rücksicht. Ich möchte nicht, dass er aufwacht.", fuhr er noch fort und wies die Frau wieder hinunter zur Treppe.

Unten angekommen, verschränkte Jodie ihre Arme vor der Brust und sah ihn skeptisch an. Camel, der nicht das Geringste mitbekommen hatte, war ziemlich verwirrt.

"Wie heißt denn dieser Freund, Shu ?"

"Ihr kennt ihn nicht. Er wohnt in der Gegend." Akai hatte nicht wirklich Lust sich jetzt noch einen Namen für einen imaginären Freund auszudenken, er versuchte vom Thema abzulenken:

"Und wie geht es nun weiter ? Wollt ihr Gin jetzt etwa suchen ?"

"Wir werden ihn suchen, ein Versuch ist es wert.", verbesserte Jodie ihn.

"Und was dann? Ich kenne Gin gut genug um zu wissen, dass er uns jedenfalls nichts über der Organisation erzählen wird."

"Warum lehnst du das Ganze gleich sofort ab? Kannst du das unter den Umständen in welchen sich Gin möglicherweise befindet denn einschätzen?" Jodie ließ nicht locker.

Akai hingegen ist das Interesse an diesen Gespräch bereits vergangen. Er war der Einzige der wusste, dass es sowieso nicht nötig sei Gin zu suchen, also müsste er nur einen auf ahnungslos spielen, wofür er aber zu müde war. "Wie wäre es, wenn wir Das hier verschieben... und uns nächstes Mal mit James darüber intensiver unterhalten. Ich bin wirklich müde.", meinte der Agent dann, woraufhin seine Kollegen überrascht waren. Immerhin war es früh am Morgen.

Aber wie hätte Akai auch ein Auge zu machen können, wenn Gin anwesend war.

"Wenn es dir nichts ausmacht, würden wir gerne heute hier bleiben.", sagte Jodie daraufhin. Camel und Subaru wollten Beide was dazu sagen aber es war zu spät.

"Ich hab mich schon mit Cool Kid unterhalten. Er sagte, Shinichi Kudo, der Bewohner dieses Hauses, hätte nichts dagegen."

Innerlich seufzte Akai. „Also wirklich, diese Frau.“

"Wie stellst du dir das denn vor ? Und warum, wenn ich fragen darf ? Ehrlich gesagt im Moment ist das etwas schlecht...", versuchte er so freundlich wie möglich zu formulieren.

"James Black sagte, dieser Fall sei wirklich wichtig, auch Cool KID hat nichts dagegen. Warum also ausgerechnet du? Ich hätte von dir am Meisten erwartet, dass es dich interessiert.", sagte Jodie in einem ziemlich wütenden Tonfall.

"Wie gesagt, ich muss momentan auf den Kleinen aufpassen, bin deshalb etwas erschöpft und möchte erst mal niemanden weiter hier um mich haben. Um ehrlich zu sein, für mich ist an dem Fall sowieso etwas faul. Und wenn dann wissen wir nicht mal ob Gin überhaupt noch lebt. Falls man ihn findet, und er nicht einmal reden wird, was erwartet ihr dann? Wie es scheint will die Organisation ihn nicht mehr und würde womöglich eh nur versuchen ihn zum Schweigen zu bringen." Zum ersten Mal seit Langem wünschte sich Akai, wieder in einer eigenen Wohnung zu wohnen.

"Hmmm.... Dann sollten Sie vielleicht doch besser getrennt voneinander nach Gin suchen. Subaru Okiya hat durch seine gelegentliche Hilfe bei verschiedenen Fällen immerhin andere Kontakte als das FBI und es wäre auffällig, wenn der Einzelgänger plötzlich mit einer Frau und einem anderen Typen durch die Gegend zieht. Zudem ist es wirklich anstrengend auf Kinder aufzupassen... Behauptet zumindest der Professor. Deswegen wohne ich ja bei Onkel Kogoro.", erklang plötzlich Conan‘s Stimme.

"Ihr Beide verschweigt mir doch was, aber egal. Camel, komm mit, wir haben eine Nachricht von James Black bekommen. Er will uns noch etwas Wichtiges mitteilen.", mit diesen Worten, gingen Jodie und Camel wieder.

Akai war froh, das sie endlich weg waren. "Puh."
 

"Also dann, warum wollten Sie so dringend, dass sie gehen?!", fragte nun Conan in einem ernsten Ton. "Das ist eine wichtige Angelegenheit."

Akai betrachtete Conan eindringlich.

Sollte er es ihm erzählen?

Allein die Tatsache, dass Akai ein Kind bei sich aufnahm was zufällig mit der Nachricht auftauchte, dass die schwarze Organisation Gin beseitigen will, gab Conan genug Hinweise. Sicher sein konnte er sich jedoch ohne klare Ansage von Akai oder dem "Kind" nicht. Also versuchte Conan es auf anderem Weg:

"Kannst du mir eine Blutprobe von dir und deinem neuen Schützling besorgen? Der Professor hat ein Gerät entwickelt um Blut zu untersuchen. Jetzt testet er es mit den Blutproben ihm bekannter Personen. Er wollte dich zwar selbst fragen, hat sich aber doch nicht getraut und mich geschickt."

"Wofür brauchst du denn die Blutproben?" Subaru blickte ihn scharf an.

Conan zuckte mit den Schultern. "Wie gesagt, der Professor will sein Gerät testen."

"Da wir uns ja gut verstehen, stell ich ihm mein Blut zur Verfügung. Jedoch dem Kleinen gegenüber wäre das sehr unverantwortlich und das habe ich auch nicht zu entscheiden. Außerdem kennt der Professor den Jungen nicht und dieser ihn auch nicht.", erklärte Akai.

"Ich vermute ja eh, dass es bald wieder explodiert. Die Erfindungen des Professors halten selten lange und er hat es schon an seinem Blut ausprobiert…"

Conan seufzte. "Ich geh wieder rüber. Schau einfach irgendwann wenn es dir passt beim Professor vorbei."

"Alles klar.", nachdem Akai dies sagte, ging der kleine Meisterdetektiv auch wieder, allerdings sah er noch einmal verdächtig zu Akai.

„Endlich..“, dachte sich dieser erleichtert als Conan endlich weg war. „Mehr Stress kann ich heute nicht gebrauchen.“

Da erklang ein Poltern in der oberen Etage.

"Was treibt der Kerl jetzt schon wieder, kann er nicht einfach wie ein normaler Mensch schlafen?!", mit diesem Gedanken hastete der Agent die Treppe hoch, er ahnte Schlimmes.

Gin war aber nicht im Zimmer, in dem er sein sollte. Akai sah sich etwas um bis er ihn in der Bibliothek fand.

Der kleine Gin lag auf dem Boden mit einigen Büchern, die auf ihm gefallen waren. Der FBI Agent musste schmunzeln, wahrscheinlich wollte Gin sich ein Buch holen, aber wegen seiner Größe kam er nicht ran und jetzt lagen einige davon auf ihm.

Subaru ging auf Gin zu um ihn zu helfen.

"Was willst du?", kam es von dem Jungen als er Subaru bemerkte.

"Das könnte ich dich ebenso fragen.", entgegnete dieser und wollte Gin aufhelfen, was ihm aber nicht erlaubt wurde.

"Lass das, ich brauch keine Hilfe."

Subaru hielt sich zurück darauf zu antworten, konnte ein kleines belustigtes Grinsen aber nicht verhindern, während er anfing die Bücher aufzusammeln, die rund um den kleinen Gin verteilt lagen. "Das nächste Mal kannst du auch ruhig fragen, wenn du was lesen willst.", sagte Subaru etwas schmunzelnd.

"Nun, darf ich denn auch fragen um wen es sich bei deinen Besuch gehandelt hat?", fragte Gin daraufhin neugierig und putzte sich etwas Staub von seinen Pullover ab.

"Ein paar Bekannte, mehr musst du auch nicht wissen."

Gin war mit dieser Antwort allerdings nicht zufrieden und wollte noch was sagen. Plötzlich aber, wurde er wieder von Subaru hochgehoben. „Du bist echt schwierig, weißt du das Kleiner? Ich frage mich, was deine Eltern dir beigebracht haben."

"Lass mich sofort runter!", befahl Gin und setzte einen Todesblick auf.

"Versuchst du mich gerade etwa einzuschüchtern, wie süß.", lachte der Mann aber nur, danach musterte er Gin's übergroßen Pullover. "Wie wär's, wenn wir dir erst mal ein paar neue Klamotten kaufen?" Gin achtete nicht darauf was er sagte und beschwerte sich:

"Wie können sie es wagen mich als 'süß' zu betiteln!" Er zappelte weiter in Subaru‘s Armen rum, konnte sich aber nicht befreien.

"Das bist du aber Akira. Gerade in den zu großen Sachen bist du so richtig niedlich.", meinte Subaru. "Ich dachte nur, dass du damit schlecht laufen kannst, habe aber auch kein Problem damit dich weiterhin zu tragen."

Er grinste Gin an.

„Was für ein Trottel.“ , dachte dieser genervt und zappelte weiter wie ein kleines Kind.

Subaru fing an zu lachen, weil er das einfach nur komisch fand. Am Liebsten hätte Gin diesen Kerl die Fresse poliert.

„Wenn er wüsste wen er gerade vor sich hat...“ dachte Gin.

"Und möchtest du nun neue Klamotten haben?", wiederholte Subaru seine Frage als er aufgehört hatte zu lachen.

Gin seufzte "Ja.", nuschelte er kaum hörbar.

"Wie war das Akira? Ich habe dich nicht verstanden.", sagte Subaru und versuchte nicht erneut zu lachen.

"Ja-ha!", sagte er lauter, aber für Akai war es nicht genug.

"Wie lautet das Zauberwort?" Gin kochte vor Wut. Er musste es nicht nur erdulden von diesem hochnäsigen, besserwisserischen Fremden herumgetragen zu werden, nun sollte er ihn auch noch um Klamotten anbetteln, die ihm zuvor angeboten worden waren. "Lass den Scheiß und gib mir schon die Klamotten!"

Als würde Gin irgendjemanden auf dieser Welt um etwas bitten, besonders nicht wegen solcher Kleinigkeiten und schon gar nicht so einen arroganten Typen.

Für wen hielt dieser ihn bitte?

"Man sollte dir wirklich mal Benehmen beibringen, da haben deine Eltern ja ganz schön was verbockt..", murmelte Subaru. Gin konnte es gerade so verstehen. So langsam wurde fast seine Geduldsgrenze überschritten, doch bei dem Kerl vor ihm war es auch nicht anders.

"Wer um alles in der Welt hat dich gebeten mich rumzukommandieren! Lass mich einfach gehen!", schrie Gin.

"Du weißt was mit den Verrätern passiert Gin, schließlich hast du sie ja selber bestraft, nicht wahr?" sagte der Unbekannte mit einer dunklen Stimme.

Shuichi Akai

Jetzt zappelte Gin nicht mehr, sondern sah Subaru einfach nur verwundert, verwirrt und schockiert zugleich an.

„D-diese stimme, irgendwoher kenn ich sie doch..“, dachte Gin nach. "D-Das kann nicht sein. Du bist doch untergetaucht!", stotterte er.

Subaru's Brille spiegelte sich im Licht, in dem Moment war es so als würde die Zeit für einen kurzen Moment still stehen.

"Untergetaucht? Du wolltest mich doch um jeden Preis tot sehen."

"Glaubst du etwa, ich hätte so einfach geglaubt, dass du wirklich tot bist? Ich wusste die ganze Zeit, dass du noch leben musst.", entgegnete Gin.

"Ach, ist dem so? Warum hast du dann nichts unternommen? Du hättest Kir berechtigt töten können."

Gin wusste nicht was er sagen sollte, am Liebsten wollte er einfach gehen. Dies konnte er leider nicht, weil Akai ihn immer noch trug und er in diesen jämmerlichen Körper zu schwach war. Deshalb sah er einfach zu Boden.

"Wie wäre es, wenn ich dir all das zurückgebe, was du mir angetan hast?", kam es düster vom Agenten, mit diesen Worten ließ er Gin plötzlich zu Boden fallen.

Der Junge hatte keine Chance sich mehr zu richten, denn kaum einen Moment später krallte Akai in seinen Hals und drückte ihn auf den kalten Boden.

Kurz herrschte Stille.

Beide schauten sich an, Akai eher übel gesinnt, Gin hingegen versuchte erst gar nicht diesen Blick zu konkurrieren, als Kind nahm ihn ohnehin Keiner mehr ernst.

Unerwartet, der Agent zuckte.

"Hm... in deinen Zustand wäre das wirklich unfair von mir." Er löste seine Hand wieder, wobei Gin keuchend husten musste, da ihn der Kerl gerade fast erwürgt hatte.

Kurz darauf gelang es ihm nicht mehr aufzustehen, da er das Bewusstsein verlor.
 

Währenddessen im Haus von Professor Agasa:
 

Conan war zurück gekommen und schloss nachdenklich die Tür hinter sich.

"Und Shinichi? Konntest du etwas herausfinden?", kam es neugierig vom Professor.

"Nein, leider nicht viel.", sagte Conan und seufzte.

"Naja, vielleicht solltest du dir um Akai keine großen Gedanken machen, immerhin konnten wir ihm bisher immer vertrauen."

"Aber finden sie es nicht auch verdächtig, Professor?!", erwiderte Conan.

"Was ist so verdächtig?", erklang plötzlich eine Stimme hinter Conan. Es war Ai.

Conan überlegte, ob er Ai von Subaru's "neuen Mitbewohner" erzählen sollte, sie war ihm gegenüber ja sowieso schon misstrauisch genug.

"Raus damit! Du willst mir doch schon wieder mal etwas verheimlichen!", kam es jedoch dann von dieser.

"Also es ist nur... dass Subaru anscheinend auf einen Jungen aufpasst.", meinte Conan dann, worauf Ai eine Augenbraue anhob. Sie sah die Beiden skeptisch an.

"Äh...a-also wie wäre es denn, wenn ihr morgen mit den Detective Boys bei ihm vorbei schaut? Zwischen den vielen Büchern ist es doch nur langweilig für einen Jungen." Agasa versuchte die Spannung zu lösen.
 

...
 

"Gin? ... Gin!" ... Dem Silberhaarigen wurde langsam wieder klar vor Augen. Er befand sich wieder auf dem Sofa, auf welchem er vorhin geschlafen hatte.

Was ihm gleich danach auffiel, der anscheinend besorgte Akai vor ihm.

Warte? Akai sollte besorgt sein?

Vielleicht würde er den Gesichtsausdruck nur falsch deuten.

"Meine Güte... Ich hab dich doch kaum angefasst. Hat das Gift sich etwa auch auf dein Immunsystem ausgewirkt?", warf der Agent ihm auch schon zu.

"Kaum angefasst? Du elender-" Gin sprach nicht weiter, was war mit seinen Pullover? Er trug plötzlich komplett andere Klamotten. Er konnte es nicht fassen - er trug Kindersachen.

Liebend gern hätte er geschrien, jetzt sah er noch viel mehr wie ein Kind aus als vorher. "Was habe ich da an?!"

Akai lächelte schadenfroh. "Du wolltest doch neue Sachen."

"Was fällt dir ein, mir die Klamotten zu wechseln?! Und dann auch noch so was!" Er war drauf und dran diesem Kerl eine zu verpassen, hielt sich aber zurück, da er in seinem Zustand für den Agenten eh nur eine Lachnummer war. Das bewies besonders der Satz, der von diesem dann folgte:

"Durfte ich das etwa nicht? Hast du Angst, ich könnte dir was weggucken?" Akai würde am Liebsten vor lachen in einer Bettdecke versinken. Gin so zu ärgern bereitete ihm wirklich viel Vergnügen.

"Jetzt reicht es!" Gin ging auf ihn los.

Das brachte Akai nur noch mehr zum lachen, der "Angriff" war zu banal um als solcher zu gelten - er wich mit Leichtigkeit aus. Dabei hatte Akai jedoch nicht den Schwung beachtet mit dem Gin auf ihn zu kam.

Ehe sie sich Beide versahen fiel Gin von dem Sofa.

Gin stöhnte, das tat unerträglich weh. Akai kam langsam auf ihn zu und beugte sich zu den kleinen Mörder herab.

"Also wirklich, das Gift muss wohl deine Stärke geschrumpft haben.", sagte Akai lachend.

"Mistkerl.", erwiderte Gin daraufhin nur und hielt sich den Kopf, der noch brummte.

"Sorry, ich meinte, hast du dir weh getan?", verbesserte er sich, Gin nahm das jedoch nicht mehr ernst.

"Tu nicht so als würde dich das interessieren!" Der Kerl machte ihn wirklich wütend, wenn er wieder groß sei, könnte dieser FBI Agent was erleben.

"Stimmt, tut's auch nicht." Akai grinste und tätschelte Gin's Kopf, dass dieser dort Schmerzen hatte wusste er.

Gin rappelte sich auf und setzte sich wieder auf die Couch. Er sah Akai tief in die Augen. "Und, was hast du jetzt vor, mich dem FBI ausliefern?"

"Tja, wer weiß?", erwiderte der Agent und machte einen auf geheimnisvoll.

Gin verdrehte die Augen. "Du warst schon immer ein arroganter Blödmann, wusstest du das?"

"Herzlichen Dank.", lachte Akai, ergänzte sich dennoch: "Na aber überleg mal.. hätte ich sonst meine Kollegen vorhin weggeschickt?"

"Das hast du sicher nur getan um mich in Ruhe zu erwürgen!", schrie Gin daraufhin wütend.

Akai seufzte und betrachtete den Jungen vor sich kritisch. "Glaubst du das wirklich?"

"Was sonst?", flüsterte Gin zu sich selbst.

"Du bist wirklich schwierig...", sagte Akai daraufhin.

"Das sagt der Typ, der mich gerade umbringen wollte!"

Die daraufhin eintretende Stille in der sich die Beiden gegenseitig böse, wütende, irritierte und einschüchternde Blicke zuwarfen wurde von dem Knurren eines Magens unterbrochen. Obwohl Gin keine Miene verzog war die Spannung gebrochen und Akai lächelte den Kleinen schelmisch an. "Na, Hunger?"

Gin blickte etwas peinlich berührt zur Seite. "Hört sich wohl so an, was?", meinte er dann, worauf Akai vorschlug, etwas zu kochen. "Du kannst kochen? Hat so jemand wie du nichts Besseres zu tun?"

"Naja, ich könnte dich doch einfach verhungern lassen, wenn du nichts willst." Akai grinste Gin böse an.

"Oder du mischt mir gleich etwas ins Essen." Gin grinste böse zurück, zumindest versuchte er das.

"Keine Sorge, ich hab nicht vor dich zu vergiften, zumindest noch nicht, mein geliebter Erzfeind."

"Wärst aber nicht der Erste.", spottete Gin.

"Hah.. was das betrifft, hast du eine Ahnung warum die dich loswerden wollten?", wollte Akai wissen, lief nebenbei mit Gin in Richtung Küche.

"Als ob ich dir das verraten würde.", meinte Gin nur und sah zur Seite.

"Ist es dir etwa peinlich zuzugeben, dass du nicht mehr gut genug für sie warst?", beinahe hätte der Agent wieder angefangen zu lachen, verkniff es sich jedoch lieber.

"Pah! Es war sicher nur ein Irrtum. Ich bin eines der unersetzlichsten Mitglieder. Sicher hat das alles dieser Rum zu verantworten, er und ich waren schon immer Feinde.", erklärte Gin nachdenklich, merkte dann aber nicht, dass er sich etwas verplappert hatte.

"Rum also...", wiederholte Akai grübelnd während er zwei Teller aus dem Schrank nahm.

Leicht geschockt, dass er sich verplappert hatte, sah er zu Akai auf und beobachtete seine Reaktion. "Ich nehme an, du kennst die wahre Identität von Rum?"

"Wer weiß?", antwortete Gin ausweichend mit den Worten, welche Akai zuvor selbst verwendet hatte. Dieser beugte sich zu ihm herunter und starrte ihn herausfordernd an. "Du willst es wirklich nicht verraten, obwohl sie dich verraten haben?"

"Ich bin auch nicht gezwungen mit einem Verräter wie dir darüber zu reden."

"Und warum musstest du dann beseitigt werden? Wir sitzen im selben Boot."

"Fang bloß nicht an mich mit dir zu vergleichen!" Gin zog eine finstere Miene.

"Du hast recht, wir sind nicht gleich. Im Gegensatz zu dir ist meine Weste noch weiß, genau genommen könnte ich dich einfach töten und niemanden würde es interessieren.", meinte Akai daraufhin.

"Ich könnte noch wichtig für dich sein.", murrte Gin daraufhin nur.

"Also gibst du zu, dass du nichts ausrichten kannst?"

Am Liebsten wäre Gin wieder auf Akai los gegangen, aber er hatte verdammt nochmal recht. In diesem Zustand konnte er rein gar nichts zu Stande bringen. Er war ein kleiner Junge!
 

Plötzlich bemerkte er, wie sein Kinn leicht angehoben wurde. Akai schaute ihn tief in die Augen.

"Ich könnte dir helfen... Aber im Gegenzug müsstest du mir auch etwas geben.." Er grinste leicht hämisch.

"Warum sollte ich deine Hilfe brauchen! Außerdem würde ich dir nie einen Gefallen tun!", lehnte Gin deutlich ab.

Akai ergänzte sich: "Würde es dir nicht gefallen, wenn Rum seine Position in der Organisation verlieren würde?"

"Das ist noch lange kein Grund. Ich würde das schon alleine schaffen!", versicherte Gin ihn.

Keinen Moment später, krallte sich Akai's Hand in seinen Nacken und schlug Gin's Kopf auf dem Tisch vor ihm auf, jedoch nicht so heftig, dass dieser wieder das Bewusstsein verlieren könnte. "Du kannst was alleine schaffen?", kam es von Akai leicht bösartig, im Hintergrund merkte man aber, dass ihm die Situation eher amüsierte. "Hast du es noch nicht begriffen? Ich könnte mit dir machen was ich will, du wärst mir - und allen anderen - schutzlos ausgeliefert. Aber du fühlst dich dennoch in der Lage es mit Rum aufzunehmen? Gin, das ist doch lächerlich!"

"Ist mir egal wie lächerlich es ist! Ich werde dir niemals helfen und deine Hilfe will ich erst recht nicht!", schrie Gin und versuchte sich aus dem Griff zu befreien.

"Also hast du nichts dagegen für immer ein kleines Kind zu bleiben, oder hast du auch nichts dagegen, wenn ich dich einfach umbringe?"

"Das würdest du doch früher oder später sowieso tun!" Gin versuchte immer noch sich wieder aufzurichten, aber vergeblich. Er war einfach zu schwach.

"Ich tu Kindern nichts an, besonders nicht dir... da hätte ich keinerlei Freude dran. Ich will es versuchen, wenn wir wieder auf einer Augenhöhe stehen und du gegen mich eine Chance hättest. Willst du das nicht auch?", meinte Akai dann.

Gin war eher verwundert, dass dieser sich nicht für was Besseres hielt und glaubt, dass er keine Chance gegen den Agenten hätte. Gin lies sich aber nichts anmerken und erinnerte sich an den Satz, von dem Vermouth mal erzählt hatte. Sie sagte, ihr Lehrmeister meinte, man solle nie sein Pokerface vergessen. "Na dann tu es einfach, töte mich! Hier an Ort und Stelle. Ich bin kein Kind, also hab ruhig Freude daran!"

"Tatsache ist aber, dass du gerade in einem Kinderkörper steckst, also zählst du auch als Kind.", damit hatte der Agent schon irgendwie Recht, was Gin aber nicht einsehen wollte:

"Egal ob mein Körper klein ist, wir Beide werden immer Feinde bleiben, Shuichi Akai!"

"Ich hätte niemanden lieber als Feind, Koibito-san." Akai begann seinen Griff wieder zu lockern, so dass Gin aufsehen konnte. "Ich weiß, dass sich an dieser Tatsache nichts ändern wird, aber dein Körper ist nicht nur klein, sondern auch schwach. Du bist zu nichts in der Lage und kannst dich nicht einmal wehren. Also stell dich nicht so stur.", ergänzte er ruhig.

"Ich stelle mich nicht stur, ich spreche nur Tatsachen aus, wir Beide könnten niemals einander helfen. Außerdem bin ich alles andere als schwach...", erklärte Gin, wobei er beim letzten Teil immer ruhiger und nachdenklicher wurde.

Ehe er sich versah wurde ihm sein Kopf längst wieder auf den Tisch gepresst. "Ja, du bist nicht schwach.. Das sehe ich. Wir könnten, nur du willst nicht. Etwa nur allein wegen der Tatsache, dass wir Feinde sind? Dass du mich hasst? Mir nicht vertraust?"

Gin verlor die Geduld und wusste nicht was er sagen sollte. "Okay, okay! Ich bin nicht mehr der Stärkste, ich gebe es ja zu!", schrie er, obwohl man in seiner Stimme etwas Trauer heraushören konnte. "Also bitte lass mich jetzt los! Das tut verdammt weh!"

"Wie süß, er hat Schmerzen.", entgegnete Akai lachend von Gin in der dritten Person und festigte seinen Griff umso mehr.

Gin hingegen vermied jeden möglichen Laut, der Schmerzen ausdrücken könnte. Niemals würde er noch mehr Schwäche vor diesem Typen zeigen. Doch er hielt es nicht länger aus, er stöhnte ziemlich laut und ein kleines Kreischen war zu hören.

Daraufhin lächelte Akai nur noch mehr. Er packte Gin am Kragen und schleuderte ihn daraufhin zu Boden.

Dieser versuchte erst gar nicht aufzustehen, eher warf er Akai einen hilflosen Blick zu.

Was sollte er auch ausrichten?

Er hätte nicht die geringste Chance.

Aber dieser Anblick von oben genügte den Agenten offenbar noch nicht. Er stellte seinen Fuß auf Gin's Hals und drückte ihn so noch weiter an den kalten Holzboden. "Ich frage dich noch einmal: Möchtest du meine Hilfe, oder nicht?", erklang es übel gesinnt.

"Ich..." weiter konnte Gin nicht sprechen, denn plötzlich läutete es an der Tür.

Gescheiterte Flucht

Akai sah genervt in die Richtung der Tür. "War ja klar..", murmelte er und nahm seinen Fuß von Gin runter.

Gleich danach hob er den Jungen wieder auf den Arm und trug ihn die Treppe hinauf, während er das tat ertönte die Klingel noch einige Male.

Oben im Schlafzimmer angekommen warf er Gin auf das Bett. "Du bleibst hier und keinen Laut, verstanden?", kam es streng von Akai.

Gin nickte einfach.

Dann, als Akai aus der Schlafzimmertür trat, verschloss er diese vorsichtshalber.

"Ich komme ja schon!", rief er vorgespielt freundlich, da das Klingeln immernoch nicht aufhörte.
 

"Ah! Er ist doch zu Hause!", sagte Genta überrascht als Subaru die Tür öffnete.

"Aber ich sehe kein Kind bei ihm.", erwiderte Ayumi.

"Vielleicht ist er oder sie schüchtern. Lasst uns nachsehen!", meinte Mizuhiko.

Ehe sich Subaru versah waren die Drei an ihm vorbei gehuscht und ins Haus gestürmt. "Hey, wartet!" Subaru's Augen weiteten sich.

Als er sich umdrehte, waren die Kinder schon dabei in verschiedene Räume nachzusehen. Dabei war er erst mal froh, das Schlafzimmer abgeschlossen zu haben.

"Subaru, stimmt es, dass sie zurzeit auf einen kleinen Jungen aufpassen?", kam es von Ayumi begeistert, kurz darauf standen auch Mizuhiko und Genta wieder hinter ihr, als sie nicht fündig wurden.

"Schon..", begann Akai und hockte sich zu Ayumi runter. "Ich glaube aber nicht, dass er ein Spielkamerad für euch ist.", sowohl seine Tonlage als auch sein Blick waren ernst, leicht einschüchternd. Er konnte sich längst denken, dass der kleine Detektivjunge es den Dreien erzählt und sie wahrscheinlich angestiftet hatte vorbeizuschauen.

"Waas, warum? Wir sind gute Spielkameraden, sie klingen ja fast wie Conan!", meinten die Kinder abwechselnd im Chor.
 

Auf einmal hörten sie ein klappendes Geräusch, gefolgt von schnellen Schritten.

Gin, der auf diese Kinder keine Lust und das Gespräch mitbekommen hatte, war scheinbar die Regenrinne neben dem Fenster herunter geklettert und versuchte sich aus dem Staub zu machen.

Subaru wusste sofort, was es damit auf sich haben musste und das hätte er ganz bestimmt nicht zugelassen.

Die Detective Boys waren längst dabei den Schritten auf den Grund zu gehen.

Er hingegen aber warf die Tür hinter sich zu, sprintete an den Dreien vorbei und folgte den Schritten. Er sah nur noch wie die letzten Haarsträhnen von Gin hinter einer Mauer verschwanden.

Akai war sich fest entschlossen ihn nicht entwischen zu lassen. Er war sowieso schneller als der geschrumpfte Gin.

Jedoch als er um die Mauer bog, erblickte er etwas, womit er nicht gerechnet hatte:

Gin war doch tatsächlich mit einen Fahrradfahrer zusammengestoßen und lag nun verletzt auf dem Bürgersteig.

"Du kleine Kröte, kannst du nicht aufpassen?!", kam es wütend vom Greiz, der das Fahrrad gefahren hatte.

"Entschuldigen Sie, ich hatte den Kleinen nur kurz aus den Augen verloren.", mischte Subaru sich sein und nahm Gin auf seinem Arm. Der Fahrradfahrer wollte noch etwas hinzufügen, verkniff sich auf Subarus bösen Blick hin aber jeden weiteren Kommentar und fuhr mit einem herablassenden "Hmpf." weiter.

"Das ist also der berüchtigte Kleine, den alle unbedingt kennenlernen wollen und dem es gelungen ist sich dir zu nähern.", erklang plötzlich Ai‘s Stimme hinter Subaru. Er drehte sich überrascht und schockiert zu Ai, diese bekam plötzlich schreckliche Angst.

"D-diese Aura! D-das kann nicht sein.", ging es ihr durch den Kopf.

"Geht es ihm gut?" , fragte Genta der mit den anderen Beiden soeben angerannt kam.

"Natürlich nicht! Er wurde soeben von einem Fahrrad angefahren!", beantwortete Mitzuhiko Gentas Frage. Nur Ayumi bemerkte die seltsame Stimmung von Ai. "Ai, was hast du denn?", fragte sie vorsichtig.

Subaru seufzte und drückte Gin's Kopf in die andere Richtung, von der verängstigten Ai weg. Er wusste, dass es gefährlich werden könnte, wenn Gin sie erkennt und damit würde er sein Versprechen an Akemi brechen. "Kinder, ich halte es für besser, wenn ihr geht. Der Kleine sollte sich etwas ausruhen, kommt doch ein anderes Mal wieder." sagte Subaru lächelnd.

Genta, Mitzuhiko und Ayumi waren etwas enttäuscht, entschlossen sich aber wieder zu gehen.

Ai blieb aber stehen und blickte weiterhin geschockt.

Akai sah ihr in die Augen. "Schau nicht so verdrossen. Ich pass schon auf, dass nichts passiert.", meinte er.

"Los komm Ai, lass uns zum Professor gehen!", erklang Ayumi's Stimme. Ai nickte ihr zu und verschwand mit einem letzten verdächtigen Blick zu Subaru.
 

Akai ging mit Gin wieder zurück ins Haus und verschloss die Tür. Auf dem Weg dorthin hatte er kein Wort mit den kleinen Gin geredet, dieser ebenso wenig, aber die Stille zwischen ihnen kam dem Killer gleich verdächtig vor.

Dieser Verdacht bestätigte sich, als Akai ihn direkt im Flur zu Boden fallen ließ.

"Was hast du dir dabei gedacht?!" Gin wurde am Kragen gepackt.

"Du wolltest mir doch die Kinder aufhetzen!", schrie er wütend zurück.

"Red doch keinen Unsinn, warum sollte ich das tun?"

"Weil du Freude daran hast mich zu quälen!", einen kurzen Moment schwiegen sie sich wieder an.

"Mach so etwas nie wieder. Das ist wirklich gefährlich gewesen.", kam es dann trocken von Akai und er griff Gin an seinem Arm und zog ihn mit in die Küche.

"Lass los, was soll das?!", auf die Beschwerden von Gin ging der Mann nicht ein. Etwas sauer war er schon. Das hätte heftig ins Auge gehen können.

"Du hörst in Zukunft auf mich, sonst bin ich nicht mehr so gnädig zu dir.", mit diesen Worten platzierte er Gin auf den Stuhl und begann Essen vorzubereiten, das hatten die Beiden irgendwie total vergessen.

Akai kochte auf die schnelle etwas Reis. Als er damit fertig war gab er Gin einen Teller.

"Iss ruhig, ich hab es schon nicht vergiftet.", meinte er, als er bemerkte wie Gin stutzig auf den Reis starrte, trotzdem fing er vorsichtig an zu essen.

"Meinetwegen kannst du eine Nacht drüber schlafen, aber morgen will ich wissen wie du dich entschieden hast.", schlug Akai vor.

Gin schwieg einfach und akzeptierte den Vorschlag.

Beide aßen etwas, bis Akai seinen Feind grinsend ansah.

"Was gibts da zu lachen?" wollte Gin kalt wissen.

"Mir ist da nur was eingefallen, falls du etwas länger so klein bleiben solltest, musst du auch zur Schule gehen."

Kurz darauf hatte er etwas Reis im Gesicht, den Gin geworfen hatte. "Bist du jetzt vollkommen durchgeknallt?! Ich werde sicher nicht auf eine scheiß Grundschule gehen!", schrie Gin, Akai seufzte daraufhin.

"Den Kindern von vorhin wird es sicher auffallen, dass du nicht zur Schule gehst. Auch glaube ich angesichts deiner Situation wäre es besser, nicht aufzufallen."

"Bist du schwer von Begriff? Ich geh nicht zu den ABS-Scheißern!", schrie Gin. "Was denkst du wer ich bin!"

Akai schmunzelte und sagte: "Deinem Aussehen und deinem Benehmen nach ein Kind. Vielleicht überlege ich mir das mit der Schule und schicke dich doch lieber erst mal in die Kita."

Gin kochte vor Wut, er stand auf und ging zu Akai um ihm gegen das Schienbein zu treten. Für Akai war es mehr als amüsant. "Was war das denn für ein Mückenstich?", sagte er.

Wortlos aber voller Wut ging Gin in den Raum nebenan und kam kurz darauf mit einem Schürhaken, welcher dort am Kamin hing, zurück. Gin wollte Akai gerade damit schlagen, aber dieser hielt die Stange mitten beim Schlag einfach fest.

"Von deiner Stärke her solltest du wohl wirklich lieber in die Kita." Der FBI Agent fing an zu lachen.

"Es geht weniger um Stärke als viel mehr um die Technik.", erwiderte Gin. Mit einer schnellen Drehung befreite er den Eisenstab aus Akai‘s Hand und schon schoss das Ende des Hakens auf Akais Kniekehle zu. Dies tat dem Agenten wirklich weh, er packte Gin sofort am Kragen, er war heute zu dieser Methode schon wirklich oft gezwungen worden.

"Aber zuerst sollte ich dir Manieren beibringen.", sagte Akai und ging mit ihm in ein anderes Zimmer. Eins, wo der Kleine keine Gegenstände, die er gegen ihn benutzen könnte, finden würde.

Ohne große Rücksichtnahme schmiss Akai den kleinen Gin auf das Bett im Schlafzimmer der oberen Etage. Dann sah er sich nochmal prüfend um. Die Schränke und Schubläden waren abgeschlossen, die Bilder hingen zu hoch für den Kleinen und waren aufgrund ihrer Größe und den breiten Holzrahmen auch zu schwer. Anderweitig stand nichts im Zimmer herum. Blieb nur noch die Fenster zu überprüfen. Diese waren fest verschlossen und das sollte auch erst mal so bleiben. Das Einzige, was Akai noch aus dem Zimmer nehmen wollte, war seine Jacke, die an der Tür hing.

Als er sie nahm fühlte er etwas in der Jackentasche, was er anscheinend vergessen hatte dort herauszunehmen. Der Agent stellte fest, dass es sich bei dem Gegenstand um Handschellen handelte. Er hielt diese in der Hand und sah dann zu Gin, welcher diesen verwirrt anschaute, woraufhin Akai ihn angrinste, denn er hatte soeben eine Idee. Er packte nach Gin's Hand und versuchte ihn an das Bett zu ketten.

"Was zur Hölle soll das?!" Der Junge wollte sich noch wehren, aber es war zwecklos, ehe er was unternehmen konnte war es schon geschehen und er hing am Bett fest.

"Nur eine Vorsichtsmaßnahme. Ich habe dich gewarnt.", meinte Akai gelassen.

Alpträume

Akai wandte sich von Gin ab und ging zur Tür.

"Du...du lässt mich jetzt einfach so hier?",sagte Gin und versuchte wütender zu klingen als er eigentlich war. Tatsächlich war ihm aber unwohl allein zu bleiben, was er aber als Unsinn abtat und auf die Unsicherheit und Verwirrung schob, die er verspürte seit er feststellen musste, dass Wodka ihn verraten hatte und er in einem Kinderkörper zwischen Polizisten aufgewacht war.

"Wenn du Angst hast kann ich auch einfach hier bleiben.", schlug Akai grinsend vor.

"Pah, ich und Angst, so was existiert gar nicht!"

"Dann gute Nacht." Akai verließ schulterzuckend das Zimmer. Zur Sicherheit schloss er auch wieder ab.

Wer wusste schon ob nicht noch andere Störenfriede ins Haus kommen würden.

Langsam ging er die Stufen hinunter und betrat das Zimmer, welches er zu seinem Arbeitszimmer auserkoren hatte.

Dort griff er erst mal nach einem Glas und sein Blick wanderte über verschiedene Spirituosen. Er stellte fest, dass es im Haus an Rum nicht fehlte, diesen wählte er aus. Jedoch öffnete er das Getränk nicht, sondern starrte nur auf die Flasche, mit einen eher nachdenklichen Gesichtsausdruck.

Langsam ließ er den Tag noch einmal Revue passieren und machte sich klar, was eigentlich genau passiert war. Es dauerte eine Zeit, bis ihm klar wurde, dass er einen der brutalsten Killer Japans in seinem Haus hatte, der zu allem Überfluss nun auch noch als kleiner Junge in der Weltgeschichte herumlief.

Das Ganze war zu absurd.

Der Agent schüttelte den Kopf und stellte die Rum Flasche wieder zurück. Dann sah er in den Kühlschrank und das Gefrierfach, er hatte noch genügend Eiswürfel. Trotzdem nahm er ein Paar Einweg-Eiswürfel-Tüten und befüllte diese mit Wasser und legte sie ins Tiefkühlfach.

Im Kühlschrank fand er noch eine Flasche Cola. Er überlegte kurz, zuckte dann mit den Schultern und nahm sie heraus.

Gerade als er sie nahm passierte etwas Unerwartetes, ein Schrei erklang.

Es war Gin's Stimme.

Vor Schreck, dass Gin geschrien hatte, stieß auch Akai einen kleinen Schrei aus und ließ erschrocken die Flasche Cola fallen. Sie zerbrach vor seinen Füßen in tausend Scherben.

Akai starrte auf den Boden und sah wie der Inhalt sich langsam darüber verteilte. Er schüttelte mit dem Kopf, warf die Kühlschranktür wieder zu und rannte umgehend zu Gin auf's Zimmer.
 

Er holte den Schlüssel und öffnete die Tür.

Dort sah er, dass sich Gin im Schlaf hin und her rollte. So wie es aussieht hatte der Kleine einen Albtraum.

Langsam trat er näher an das Bett, er war sich nicht sicher ob er den Silberhaarigen wecken sollte. Näher betrachtet entdeckte Akai einige Schweißperlen auf dessen Stirn, der Junge musste einen schlimmen Alptraum haben.

Als er Gin über den Kopf streichelte, um ihn beruhigen zu wollen, bemerkte er wie heiß dessen Körpertemperatur war. Gin murmelte im Schlaf: "Nein, b-bitte nicht!"

Akai runzelte besorgt die Stirn.

Dann verließ er leise das Zimmer um den Kleinen nicht zu wecken, immerhin wollte er ihm nach den Anstrengungen des Tages die Ruhe gönnen.

In der Küche holte er schnell eine Schüssel mit Wasser und ein Tuch, dann setzte er sich neben Gin auf das Bett. Vorsichtig legte er das Tuch auf dessen Stirn, sein Atem war ziemlich schnell, er wirkte schon fast bemitleidenswert.

Gin murmelte weiter im Schlaf: "D-deinetwegen sind meine Eltern...dieser verdammte Rum!.…"

Akai horchte auf.

Was war das gerade gewesen?

Was hatte Rum mit Gins Eltern zu tun?

Und überhaupt... Er hatte Gin noch nie über etwas anderes als die Organisation reden hören. Von seinem Privatleben wusste er quasi nichts.

Nachdenklich betrachtete er den Jungen vor sich. "Vielleicht… Aber nein, das bezweifle ich." Akai schüttelte den Kopf. Dann nahm er vorsichtig das erwärmte Tuch von der Stirn des Kleinen und wischte ihm noch einmal kurz damit die Schweißtropfen von den Schläfen, bevor er das Tuch in der Schüssel auswusch. Neu zusammengefaltet legte er ihm das Tuch nochmal auf die Stirn.

Er seufzte zum x-ten Mal am heutigen Tag und stellte sich auf eine lange Nacht ein.

Auf einmal klingelte das Handy.

Akai erschreckte sich so sehr, als hätte er Akemi gesehen, aber es war leider nur sein Handy, welches klingelte. Er nahm den Anruf an und wurde sofort von einer Stimme begrüßt, es war James Black's Stimme.

"Gut, dass du ran gegangen bist! Bei unseren Nachforschungen über die kürzlichen Ereignisse mit Gin sind wir darauf gestoßen, dass er zuvor einen Spion der Sicherheitspolizei beseitigen sollte." Das schienen interessante Neuigkeiten zu sein, aber dennoch verzog Akai keine Miene, als würde es ihn nicht stören.

Sollte es ihn denn kümmern?

Er hatte schon immer gewusst, dass man ein hohes Risiko eingeht wenn man den NOC der Organisation spielt, dennoch sollte Akai jetzt besser den Überraschten spielen. "Was, wirklich? Um wen handelte es sich?", es fiel ihm schwer interessiert zu klingen, denn sein größeres Problem momentan lag neben ihm. Nämlich Gin. Er wälzte sich immer noch leicht hin und her, wenn auch nicht mehr so schlimm wie am Anfang. Gott sei Dank war er nicht wach geworden, als sein Handy geklingelt hatte.

"Wir konnten mit Mizunashi Rena in Kontakt treten. Leider wusste sie selbst nicht viel darüber, aber die Entscheidung Gin zu beseitigen kam wohl danach und..."

Akai hörte nicht mehr zu.

Gin wurde immer unruhiger.

Sein Mund schien lautlose Worte zu formen und die kleinen Hände waren zu Fäusten geballt.

"Okay.", antwortete Akai abwesend. Er war dem Gespräch schon seit ein paar Minuten nicht mehr gefolgt. Gedanklich wollte nur noch so schnell wie möglich auflegen, damit er die Temperatur seines kranken Pflegekindes kontrollieren konnte.

"Momentan habe ich aber mit dem Kind meines Freundes hier zu tun. Als es so stark geregnet hat war er draußen unterwegs und jetzt hat er eine Erkältung. Ich rufe später zurück." Ohne eine Antwort abzuwarten legte er auf. Er warf noch einmal besorgt einen Blick auf Gin, bevor er sich auf dem Weg machte ein Fieberthermometer aus dem Bad zu holen.
 

„Wo hatte ich das Thermometer nochmal?“ fragte er sich und fing an den Badschrank zu durchsuchen. Er suchte immer hastiger, da Gin's Laute im Hintergrund anfingen ihn zu beunruhigen. Während er kramte, konnte er einen Blick auf seine Armbanduhr erhaschen, es war bereits kurz nach 4:00 Uhr in der Nacht. Immernoch hatte er kein Auge zugetan.

Endlich fand er wonach er gesucht hatte und eilte zurück zu Gin ans Bett. Dieser hustete mittlerweile und war davon aufgewacht.

In dem Versuch sich auf die Seite zu drehen hatte er sich jedoch mit der Bettdecke und den Handschellen verheddert.

Als Akai ins Zimmer kam, musste er bei dem Anblick schmunzeln, war aber auch erleichtert, dass Gin aufgewacht war.

"Gin... wie fühlst du dich?" Akai ging langsam auf ihn zu, jedoch seine Frage beantwortete der Geschwächte nicht:

"Was machst du hier?", kam es stattdessen.

"Ich war die ganze Zeit hier, wie es scheint hast du während deines Schlaf's Fieber bekommen...und schlecht geträumt.", antwortete Akai und setzte sich wieder neben ihm.

Gin dachte erst, er hätte sich verhört, als ob der Kerl die ganze Nacht bei ihm war und sich um ihn gekümmert hat - so ein Schwachsinn. "Warum sollte er das tun?“ Gin verwarf den Gedanken schnell wieder und versuchte das Thema zu wechseln. "Könntest du mir jetzt wenigstens die Handschellen abnehmen."

Akai seufzte daraufhin. "Du bist ziemlich undankbar, wegen dir konnte ich kein Auge zu machen."

"Ist doch nicht mein Problem, hab dich nicht gezwungen." Gin zuckte mit den Schultern.

"Du hast mich bevor du eingeschlafen bist so beklemmt angesehen…da hatte ich es mir eben so überlegt.", erwiderte Akai und fasste Gin noch einmal an die Stirn. "Deine Temperatur ist wahrscheinlich immernoch nicht gesunken.."

"Na und?! Lass das!" sagte Gin energisch und schob dabei Akais Hand weg. "Und mach endlich diese bescheuerten Handschellen ab!" Die letzten Worte kamen Gin jedoch nicht so kräftig über die Lippen wie er sich das vorgestellt hatte.

Irgendwie war ihm schwindelig.

Krankenhaus

Akai war plötzlich so still geworden. Misstrauisch sah Gin hoch und versuchte sich nicht anmerken zu lassen wie schlecht es ihm ging.

Akai sah ihn voller Schock an. Erst da bemerkte Gin, dass ihm die Nase lief. Beschämt wischte er sie sich mit dem Bettlaken ab, welches sich zu seinem Erstaunen rot färbte…

"Verdammt..", murmelte Akai leise, so dass Gin es nicht verstand. Das Angebot danach aber sprach er deutlich aus: "Soll ich einen Krankenwagen rufen?"

"NEIN AUF KEINEN FALL! Das erregt zu viel Aufmerksamkeit!", schrie Gin entsetzt. Er schüttelte sich. Dann schwappte noch ein besonders großer Blutschwall aus seiner Nase. Er zuckte zusammen. Etwas von dem Blut lief ihm über dem Mund. Gin wischte sich mit zwei Fingern über die Lippen und sprach dann doch: "Okay.. mach, wenn du meinst."

Akai dachte kurz nach, ein Krankenwagen würde wirklich zu viel Aufmerksamkeit erregen, aber er hatte eine andere Idee.

Sofort holte er ein paar warme Klamotten für Gin, löste die Handschellen und zog ihm eine Jacke über.

"Ich werde fahren.", gab er den Silberhaarigen Bescheid und trug ihm zum Auto, als er sich sicher war, dass niemand sie sehen würde.
 

Am Auto angekommen legte er Gin auf dem Rücksitz und reichte ihm eine Packung Taschentücher für seine Nase. "Alles wird gut.", wollte Akai Gin aufheitern, als er dessen besorgten Gesichtsausdruck im Rückspiegel sah, einen Moment später drückte er auf's Gas.

Das gab Gin den Rest. Er hatte die Grenze seiner Belastungsfähigkeit erreicht und obwohl er sich dagegen wehrte wurde er ohnmächtig.

Akai blickte, vom Rückspiegel aus, besorgt zu den Kleinen.
 

Nach ungefähr einer viertel Stunde kamen sie im Krankenhaus an. Er parkte schnell und trug Gin in die Klinik.

In seiner Eile rannte er fast jemanden um.

"Nanu, Subaru! Was machen Sie denn hier?" Es war Professor Agasa von nebenan, wahrscheinlich war das der Grund weshalb in seinem Haus kein Licht gebrannt hatte. "Was macht er um diese Uhrzeit in der Klinik?"

Akai drückte Gin's Gesicht an sich, so dass der Professor diesen nicht erkennen konnte. "Dem Kleinen geht es nicht so gut, wenn sie mich kurz entschuldigen würden?", während der Frage rannte er längst weiter.

Er lief um das Gebäude, dort ging er direkt zur Rezeption. Eine Krankenschwester begrüßte ihn.

"Der Kleine braucht Hilfe, es ist ein Notfall!", schrie Akai. Er war völlig außer sich.

"Beruhigen Sie sich, wir werden uns sofort um ihren Sohn kümmern.", versuchte die Krankenschwester Subaru zu beruhigen. Sie signalisierte einer weiteren Krankenschwester Subaru das Kind abzunehmen, dem nach wie vor Blut aus der Nase lief. Sie rief einen Arzt an.

Währenddessen brachte die andere Krankenschwester den Jungen, mit Subaru dicht auf den Fersen, in einem Raum. Dort legte sie Gin vorsichtig auf eine Pritsche und drehte sich dann zu dem aufgebrachten Mann um.

"Dürfte ich bitte Ihren Namen und den Ihres Sohnes erfahren? Und dann erzählen Sie doch bitte was los ist."

"Sohn...", dachte Subaru etwas gereizt, aber da war jetzt auch nichts mehr zu machen. Gin's Gesundheit hatte gerade oberste Priorität. "Subaru Okiya, und das ist...Akira Okiya." Akai kaufte sich das nicht einmal selbst ab. "Naja ich habe den Kleinen schlafen gelegt... und plötzlich hat er hohes Fieber bekommen, ist geschwächt seit er wach ist und hat starkes Nasenbluten.", schilderte er dann der Schwester die Situation, dabei Ruhe zu bewahren fiel ihm schwer.

"Wie ging es ihm vorher? Wie hat er sich vor dem schlafen gehen verhalten?", stellte die Krankenschwester im ruhigem Ton ihre Fragen.

"Nervig, Vorlaut, Ungezogen...", sprach Akai gedanklich und erinnerte sich düster an einige Momente zurück, jedoch musste er sich eingestehen, dass Gin in seinem kindlichen Zustand schon irgendwie liebenswert war, auch wenn er dennoch Ärger bereitete. "Er wurde zweimal ohnmächtig, jedoch als er bei Sinnen war konnte ich ihm kein Unwohlsein anmerken..", beantwortete Akai dann die Frage.

"Ist das schon öfter vorgekommen? Hat er irgendwelche Vorerkrankungen oder Allergien?"

"Woher soll ich das wissen..", beantwortete er die Frage schon wieder vorher in Gedanken, jedoch sagen tat er das natürlich nicht. "Nein.. und hat er nicht.", meinte er und versuchte überzeugt zu klingen.

Misstrauisch runzelte die Schwester die Stirn.

"Ich bin mir sicher, dass so etwas in der Art noch nie vorgekommen ist!", fügte er laut hinzu.

"Dann brauche ich noch den Versichertenausweis Ihres Sohnes.", meinte die Frau dann zu Akai.

"Glauben sie den habe ich jetzt zufällig dabei? Ich hatte gerade andere Sorgen als noch an irgendwas derartiges zu denken!"

"Wir benötigen den Ausweis aber für die Behandlung. Können Sie ihn bitte holen? Akira ist hier in guten Händen…"

"Sein Ausweis wurde aber letztens bei einem Feuer im Haus verbrannt."

"Oh..." darauf wusste die Krankenschwester nichts zu erwidern

Akai kratze sich leicht nervös am Kopf. "Ja, es war ein ziemlich dummer Unfall. Allerdings ist er ja auch noch ein Kind. Wie auch immer, bitte helfen sie ihm... ich mach mir wirklich Sorgen.", erklärte er ungeduldig, als ob es davon schneller voran gehen würde.

"Ich habe den Kinderarzt unserer Klinik kontaktiert. Er befindet sich jedoch gerade in der Behandlung. Es kann etwas dauern." erklang die Stimme der ersten Krankenschwester hinter Akai. Der Agent nickte und setzte sich solange auf einen Stuhl vor dem Behandlungszimmer.

Die Zeit kam ihm wie eine Ewigkeit vor und noch immer hatte er seit fast zwei Tagen kein Auge zu getan. Er war schrecklich müde, doch gab alles um wach zu bleiben. Noch einmal ließ er die Zeit mit Gin durch seinen Kopf gehen.

Wenn das jetzt vielleicht so etwas wie Nebenwirkungen des Giftes waren?

Wenn ja, wie groß wäre die Gefahr, dass Gin jetzt vielleicht in Lebensgefahr schwebte?

Er wollte ihm doch noch soviel fragen und hoffte, das auch sobald wie möglich tun zu können wenn diese missliche Lage hier vorbei wäre. Es wäre zumindest schon mal ein Ansatz, wenn er wüsste wer dieses Gift entwickelt hatte oder woher es kam. Fraglich wäre ob Ärzte gegen so was überhaupt etwas unternehmen könnten.

Vor lauter Gedanken wurde Akai von Zeit zu Zeit nur noch besorgter. Er musste sich zusammennehmen und atmete tief durch.

Stille im Gang.

Nur ein Ticken der Uhr war zu hören.

5:58 Uhr.
 

6:08 Uhr im Haus von Professor Agasa
 

Der Professor hatte sich von einem Taxi hier absetzten lassen, da er seinen Käfer auf Conans Anweisung bei Heiji lassen musste, damit die Organisation nach der Verfolgungsjagd keinen Hinweis in der Nachbarschaft fand. Da er gedanklich jedoch noch über das kurze Treffen mit Subaru nachdachte, vergaß er, dass er sich heimlich und ohne Ais Wissen weggeschlichen hatte.

"Na, was war denn so wichtig, dass man sich nachts so heimlich aus dem Haus begeben muss?" Ai tauchte stutzig hinter dem alten Mann auf.

"A-ai.. ich war nur in der Notaufnahme etwas abholen, dabei habe ich Subaru gesehen. Er hatte wieder diesen Jungen bei sich..."

Ai's Augen weiteten sich. "Sagen sie Professor, kommt ihnen dieses Kind nicht merkwürdig vor?", fragte sie.

"Naja.. etwas seltsam ist das schon, aber ich hab den Jungen noch nie richtig gesehen. Was soll mit ihm sein?" Professor Agasa erinnerte sich zurück, das Gesicht hatte er wirklich nie sehen können, war das dummer Zufall oder beabsichtigt?

"Vergessen sie's.", wendete sich das Mädchen aber schon wieder ab. Sie wusste nicht wirklich etwas mit den unbekannten Jungen anzufangen, jedoch sagte Subaru, sie bräuchte sich keine Sorgen machen.

Konnte man denn Subaru überhaupt vertrauen?

So langsam war sie es aber gewöhnt, dass mit diesen etwas nicht stimmte.

Vielleicht interpretierte sie da zu viel rein?

Oder sollte man doch eher vorsichtig sein?

Sie hielt inne.

Professoer Agasa hatte doch nicht etwa... Sie sah ihn böse an.

"K-Keine Sorge, Ai", sprach der Professor.

"Ach jaa? Sie haben Subaru doch nur erwähnt um mich abzulenken. Damit ich Ihnen keine Standpauke halten kann und vielleicht sogar übersehe, dass Sie sich frühmorgens rausgeschlichen haben um sich in dem Café neben dem Krankenhaus mit Kuchen vollzustopfen! Das hat seit neuestem ja schon ab um 3:00 Uhr auf. Haben Sie ernsthaft geglaubt ich wüsste das nicht?" Ai war voll in ihrem Element.

Mist, da hatte sie sie ihn ertappt.

"A-aber nicht doch Ai!" versuchte der Professor sie zu beruhigen. "Ich hatte wirklich-"

"Den Rest der Woche bekommen sie keinen Nachtisch mehr!" sagte Ai und drehte sich weg.

"A-aber wir haben doch erst so viel gekauft! Das verdirbt doch bloß!" Versuchte der Professor einzuwenden. Doch Ai war bereits am Telefon. "Dir auch einen guten Morgen! ... Ich habe gerade festgestellt, dass wir zu viel eingekauft haben. Wollt ihr zum Mittagessen kommen? Es wäre schade wenn wir was wegschmeißen müssen."

Entgeistert starrte Professor Agasa Ai an.

"Ok, dann bis 13:00 Uhr, tschüss!" So beendete Ai das Telefonat.

Das Schicksal von Professor Agasas Nachtisch war somit um 6:37 Uhr beschlossene Sache.
 

Zur gleichen Zeit im Krankenhaus:
 

Der Kinderarzt war inzwischen gekommen und begann Gin zu untersuchen. Akai sah währenddessen gespannt und besorgt zu. Während der Untersuchung kam eine Krankenschwester auf Subaru zu.

"Entschuldigen Sie, aber ich müsste Ihnen ein paar Fragen stellen." Akai nickte bloß.

"Also, wie alt ist Akira? Wohnen sie hier in der Nähe? Und seit wann genau geht es ihm so schlecht?"

"Er ist 12 Jahre alt, ich wohne mit ihm im Beika Viertel. Seit gestern, da wurde er ohnmächtig. Später als er geschlafen hat wurde sein Zustand schlimmer.", während Akai die Antworten gab vielen ihm schon langsam die Augen zu. Er versuchte sie trotzdem weiter geöffnet zu halten, was vor Müdigkeit sehr schwer fiel.

Der Krankenschwester entging nicht, dass Akai wohl noch kein Auge zu getan hatte: "Hören Sie, möchten Sie sich nicht im Wartezimmer ein wenig ausruhen? Sie erscheinen mir sehr erschöpft. Machen Sie sich keine Sorgen, wir werden sofort Bescheid geben wenn die Behandlung vorbei ist."

"Was genau wollen Sie denn machen?" fragte er die Krankenschwester. Irgendwie war ihm nicht ganz wohl bei dem Gedanken den kleinen Gin allein zu lassen... "Bestimmt, weil Gin unberechenbar ist. Wer weiß, wie er reagiert, wenn er aufwacht"... mit dieser Erklärung versuchte Akai seine Gefühle abzutun.

"Wir werden nur einen Röntgen-Test durchführen und einen kleinen Blut-Test durchziehen. Sie müssen sich wirklich keine Sorgen machen.", versicherte die Schwester.

"Ah, verstehe…", sagte Akai erschöpft. Dann stutzte er. "Moment...Warum denn einen Blut-Test?", fragte er misstrauisch und runzelte die Stirn.

"So was ist was ganz normales, Herr Okiya. Damit wollen wir seine Gesundheit überprüfen."

"Warum hab ich nicht gleich daran gedacht!“ fluchte Akai innerlich. "Wer weiß was bei dem Test raus kommt..."

"Geht es nicht auch ohne? Er hat doch schon so viel Blut verloren…", versuchte er die Krankenschwester zu überzeugen.

"Tut mir leid, aber es geht nicht ohne.", sagte die Schwester nur und wollte gerade gehen.

Akai wollte sie noch aufhalten, doch die Türen zum Behandlungsraum schlossen sich längst..

Er seufzte auf.

"Ich muss wohl darauf vertrauen, dass das Gift wirklich nicht nachweisbar ist..." fast hätte er gelacht. Nie hätte er geglaubt, dass er sich mal auf die Organisation und ihr Gift verlassen müsste.

Er sah einen Getränkeautomaten am Ende des Flurs stehen und beschloss sich einen schwarzen Kaffee zu holen. An Schlaf war eh nicht zu denken.

Öffnen tat er ihn erst an seinem Platz, es war ein Stuhl im Wartezimmer. Niemand anderes war dort. Er war der Einzige.

Wieder kehrte diese Stille ein, so eine Art Stille, die nur durch reines Warten erzeugt wurde, konnte er überhaupt nicht ausstehen.

Akai öffnete mit einem Finger vorsichtig die Kaffeedose, ein kurzes Klicken unterbrach die Stille. "Wie lange es wohl dauern wird? Und ob es Gin dann besser gehen wird?" Der Mann seufzte wieder.

Wie oft hatte er das die letzten Stunden jetzt schon?

Er starrte auf den schwarzen Kaffee in seiner Hand, trank aber keinen Schluck daraus. Stattdessen vielen ihm wieder langsam die Augen zu.

Das Bild vor seinen Augen wurde verschwommen und färbte sich letztlich schwarz.

7:02 Uhr.

Akai konnte nicht mehr gegen seine Müdigkeit ankämpfen. Der Kaffee glitt ihm aus der Hand und fiel zu Boden.

Er schlief ein.
 

Nach einiger Zeit weckte ihn eine Krankenschwester. Subaru sah auf die Uhr. Es war bereits 9:00 Uhr morgens.

"Mein Herr, die Behandlung ist nun abgeschlossen, er schläft gerade in Zimmer 3 auf der zweiten Etage. Sein Zustand ist soweit stabil. Weiteres erkläre ich Ihnen später. Möchten sie ihn sehen?"

Akai nickte und die Schwester führte ihn zum besagten Zimmer.

Dort erblickte Subaru den schlafenden Gin, der an ein paar Kabel und Schläuche befestigt war.

Ohne noch ein Wort ging die Schwester wieder, ihre Miene sagte nichts aus, eher neutral. Wäre etwas schlimmes gewesen, hätte sie ihn bereits informiert.

Scheinbar konnte man das Gift wirklich nicht nachweisen, da hätte er die Organisation zum ersten Mal loben wollen.

Akai lächelte. "Du machst mir ganz schön viel Ärger..." sagte er und setzte sich auf den Stuhl neben Gins Krankenbett. Er strich ihm über die Narbe an seiner Wange.

"Diese Narbe von dir... Ich habe die Hölle auf Erden besucht, so was wie Narben würden mich niemals zurückschrecken." Gin schien irgendwie bedrückt.

"Ich habe gar nicht gemerkt, dass du wach geworden bist...", meinte Akai leise.

Plötzlich sagte der Junge nichts mehr.

Er starrte einfach ins Leere, krallte dabei seine Hände in die Bettdecke.

"Gin was hast du?" erkundigte der Agent sich verwirrt, die Antwort von Gin war mehr als schockierend:

"W-wer ist Gin? Bin ich das?"

"Was redest du da? Natürlich bist du das." Akai verstand nicht ganz, weshalb er etwas lachte. Aber Gin sah ihn immernoch ratlos an.

"Gin sag bloß...."

Der Silberhaarige sah Akai weiterhin verwirrt, aber auch nachdenklich an. Dann sah er sich langsam im Zimmer um. "Bin ich in einem Krankenhaus?"

"Gin, hör auf mich zu verarschen!", betonte Akai. "Hatte der Kerl jetzt ernsthaft..."

Gin senkte den Kopf.

Als er ihn wieder hob war Akai sprachlos.

Waren das etwa Tränen?

"D-dann sind Mutter und Vater also wirklich tot? Er hat sie wirklich getötet?" Obwohl ihm die Tränen in den Augen standen kämpfte der kleine Gin darum sie zurück zu halten und die Frage deutlich auszusprechen.

Akai's Augen weiteten sich. Er schwieg erst.

War das gerade Gin, der wirklich weinte? Er kam ihm so fremd vor.

"Wovon redest du da..?", fragte der Agent dann vorsichtig und fasste den Silberhaarigen an die Schulter.

Gin schniefte. "Vater hat mich weggeschickt… ein Onkel sollte sich um mich kümmern... Das hat er noch gesagt... Aber... Er hat auf Vater geschossen...", erneut schluchzte Gin.

Akai hörte nur den Worten aufmerksam zu, dabei war er ziemlich baff. Was Gin da redete fing wirklich an gruselig zu werden, es passte einfach nicht zu ihm. Andererseits schien es interessant und er wollte mehr wissen. Deshalb wusste er nicht was er jetzt tun sollte, was dazu führte, dass er nichts tat und den aufgebrachten Gin anstarrte.

"Ich konnte doch nicht mit wem gehen, der auf Vater geschossen hat... Mutter..." Plötzlich wurden Gins Augen groß und er hob ruckartig den Kopf um Akai richtig anzusehen. Dann betonte er mit klarer Stimme: "War sie immer noch im Haus als es explodiert ist?"

Akai wusste plötzlich nicht, was er erwidern sollte. Das war alles zu viel für ihn.

Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf, gerade als er etwas sagen wollte, wurde die Tür zu seinem Glück geöffnet und ein Arzt kam herein.

"Oh, du bist endlich aufgewacht Akira!" sagte der Arzt freundlich lächelnd. Dann bemerkte er die Tränenspuren und sah Subaru fragend an. Dieser jedoch blickte genauso fragend.

"A-akira..?", gab Gin von sich.

Der Arzt seufzte. "Das habe ich mir schon gedacht..", flüsterte er, daraufhin ging Akai zu ihm und flüsterte dem Arzt was ins Ohr.

"Was hat das zu bedeuten? Sie wollen mir doch nicht ernsthaft sagen, er hat…"

"Amnesie" sprach der Arzt laut Akai‘s Satz zu Ende.
 

Auf einmal begann Gin seinen Kopf zu schütteln und blinzelte ein paar mal hastig mit den Augen.

"Was war das gerade..?", dachte er, worauf er den Arzt "Amnesie" aussprechen hörte.

"Amnesie? Wer?", meinte Gin daraufhin ernst.

Die beiden Männer sahen den Jungen verwirrt an.

"Akira.. ist alles in Ordnung? Weißt du, wo du dich gerade befindest?", wollte der Arzt sich versichern und ging ihn zu.

"Demnach was gestern passiert ist, wohl in einem Krankenhaus.", antwortete Gin sicher. Diese Tonart, wieder wie ausgewechselt. Jetzt verstand Akai gar nichts mehr.

Misstrauisch betrachtete Gin die beiden Männer vor sich. "Habe ich irgendwas verpasst?", fragte er verwirrt.

"Wohl doch ein Fehlalarm..", drehte sich der Arzt wieder zu Subaru.

Gin hingegen verzog fragend eine Augenbraue. "Wie auch immer, wann kann ich hier wieder weg?", fügte er an, worauf der Arzt einen verwunderten Gesichtsausdruck aufsetzte.

"Jetzt mal langsam Akira... wir müssen erst einmal prüfen, ob du überhaupt schon in der Lage wärst das Krankenhaus zu verlassen und deinen Zustand noch eine Weile beobachten."

Bei dem Gesicht das Gin durch die Worte des Arztes zog musste sich Subaru sehr zusammenreißen um nicht zu grinsen. Das sah einem schmollenden Kind einfach zu ähnlich. Den bösen Blick von Gin ignorierte er gekonnt.

"Wie lange wollen sie ihn denn noch zur Beobachtung hier behalten?" Fragte Subaru gleich einen auf besorgten Vater den Arzt.

"Ich denke den gegebenen Umständen entsprechend wäre es für Akira besser nach Hause zu gehen. In seiner vertrauten Umgebung erholt er sich bestimmt schneller."

Kaum hatte Gin das gehört zog er mit einen Ruck die Decke von seinem Körper. "Dann werde ich mich sofort umziehen zur Abfahrt!", kam es laut und er wollte aus dem Bett steigen.

Plötzlich, weil er zu hastig war, stolperte er stattdessen vom Bett.

"Du musst aufpassen!"

Gin stockte der Atem.

Akai war urplötzlich vor ihm und hatte ihn aufgefangen.

"Der Tropf und die Elektroden sind noch nicht ab, junger Herr.", sagte der Arzt, der bemerkte wie erwachsen sich der Kleine benehmen wollte. "Ich werde einer Schwester sagen, dass sie die Elektroden abmachen kann, aber da du eine Menge Blut verloren hast muss der Tropf noch ein paar Stunden dran bleiben."

Gin setzte einen genervten, ungeduldigen Blick auf, was Akai nicht entfiel.

"Ach die paar Stunden überstehst du schon. Ich bleibe auch bei dir.", sprach er wie ein fürsorglicher Vater.

Gin setzte zu einem bissigen Kommentar an, hielt sich jedoch wegen dem Arzt zurück. Offensichtlich musste er hier einen auf Kind spielen. „Na dann sollen sie ihr Kind haben..“ dachte er und schrie ganz plötzlich herum, dabei spielte er ein Weinen vor.

Akai war drauf und dran etwas Falsches zu tun, hielt sich aber zurück und packte nur das Handgelenk des Silberhaarigen. "Hey, benimm dich gefälligst!"

Gin verstummte nur kurz.

"Ich will aber nicht hier bleiben! Im Krankenhaus ist es immer so langweilig!"

"Wir können uns ja.. etwas beschäftigen.", schlug Akai vor.

Gin sah ihn misstrauisch an. "Versuchst du gerade, mich zu bestechen?", fragte er skeptisch.

"Wer weiß.. es wäre nur besser für dich, wenn du aufhörst.", flüsterte Akai an sein linkes Ohr, so dass der Arzt, welcher immernoch im Raum war, nichts hören konnte, jedoch blickte dieser trotzdem verwirrt.

"Nun, ich gehe dann mal eine Schwester holen.", daraufhin verließ er das Zimmer.
 

"Was soll das?", verlangte Gin zu wissen.

"Das sollte ich dich fragen.", erwiderte Akai. "Wenn du schön brav bist bekomme ich dich hier auch schneller wieder raus." fügte er hinzu.

"Tzz!", zischte Gin, aber Subaru ging nicht mehr darauf ein.

"Möchtest du, dass ich dir vom Automaten in der ersten Etage etwas Wasser hole?", fragte er, worauf er ein Nicken zurück bekam.

Kurz darauf ging er aus dem Zimmer, dafür kam eine Schwester herein und schloss die Tür hinter sich.

"Ich bin nur hier um dich von den Kabeln zu befreien, aber wie gesagt, der Tropf muss noch dran bleiben.", erklärte sie dem Jungen, worauf dieser ein kurzes "Okay." von sich gab. "Dein Vater hat sich wirklich Sorgen gemacht. Er war völlig außer sich und hat sich selbst geweigert dich allein zu lassen und ins Wartezimmer zu gehen. Letztlich ist er vor Erschöpfung dort eingeschlafen.", erzählte die Frau während sie die Elektroden von den kleinen Gin löste. Dieser hielt ihr Gerede gerade für einen schlechten Scherz. "Als ob sich der Kerl jetzt tatsächlich gesorgt hat? Niemals."

Stille breitete sich im Raum aus.

Der Schwester schien es unangenehm zu sein und sie versuchte Gin mit Fragen aus der Reserve zu locken. "Wo wohnt ihr denn zur Zeit?"

Es erfolgte keine Antwort.

"Hast du dich in der neuen Umgebung schon eingelebt?"

Gin erstarrte..."Woher weiß sie davon?“ Ohne sich dessen bewusst zu sein hatte er sich zu ihr gedreht.

Die Frau bemerkte Gins Blick und sagte ohne zu ahnen was das auslösen könnte: "Dein Vater hat erwähnt, dass euer Haus gebrannt hat."

"Dieser verdammte... woher weiß er das?!", dachte Gin und verzog wütend sein Gesicht.

"Alles in Ordnung Akira? Hab ich was Falsches gesagt?" Die Schwester war sich unsicher.

"Nein. Alles ok, ich hab mich bereits dran gewöhnt."

"Daran gewöhnt??? Aber... das ist doch erst vor kurzem geschehen?“ wunderte sich die Krankenschwester. Sie sprach es aber nicht aus. Irgendwie war ihr dieser 12-Jährige unheimlich, das ungewöhnliche Aussehen - sein graues Haar und die Narben trugen ebenso dazu bei.

"Also Kleiner...wo lebtest du denn vorher?", wollte die Schwester wissen, um diese Stimmung etwas aufzulockern.

Gin schwieg daraufhin nur und blickte auf seine Decke. "Ist schon eine Weile her, ich weiß nicht mehr so recht."

Die Krankenschwester war daraufhin nur noch mehr verwirrt.
 

Plötzlich ging die Tür auch schon wieder auf. "Bin wieder zurück - mit einer Flasche Wasser.", gab Subaru Bescheid.

"Ich habe Akira erst mal die Elektroden abgenommen. Wenn noch irgendwas ist, können sie gern nach jemanden rufen lassen. Ich schau später nochmal mit dem Arzt nach ihm und dann entscheiden wir, wann er gehen darf.", berichtete die immernoch verwirrte Frau und verließ das Zimmer wieder, als Subaru bestätigend nickte.
 

"Na endlich, die Alte hat gar nicht mehr aufgehört dumme Fragen zu stellen.", warf Gin dem Agenten an den Kopf um sich zu beschweren.

"Alt?" wiederholte Akai. "Ich würde sie auf höchstens auf 24 schätzen."

"Was juckt mich das? Stattdessen würde es mich interessieren, woher du die Information von dem Brand hast, die du der Schwester verraten hast.", man merkte Gin an, dass er wütend war.

Der Agent verzog keine Miene. "Von welchem Brand denn?"

"Tu nicht so unwissend!" Gin warf nach Akai mit dem Getränk, welche er ihm zuvor gegeben hatte. Dieser wich einfach aus, dann hob er die Flasche auf, welche eine Pfütze auf dem Boden verursacht hatte.

In aller Ruhe stellte er sie auf dem Beistelltisch, dann drehte er sich plötzlich herum und beugte sich über den kleinen Gin.

Er fragte ihn: "Ich weiß wirklich nicht, von welchem Brand du redest." Er beugte sich noch weiter herab. "Meinst du den Brand, bei dem dein Versichertenausweis vom Feuer erfasst wurde oder... den Brand im Haus deiner Eltern nachdem sie erschossen wurden?" Den letzten Teil flüsterte er Gin ins Ohr bevor Akai sich wieder aufrichtete und ihn herausfordernd ansah.

Der Junge kochte vor Wut. Sein Atem wurde immer hastiger. "Was erlaubt sich dieser Bastard überhaupt? Woher nimmt er sich das Recht sich in solche Angelegenheiten einzumischen?" dachte der Silberhaarige. "Woher weißt du davon?! Sag es schon!", schrie er daraufhin. Die Antwort ließ ihn erstarren:

"Du hast es mir erzählt, vorhin, im Bett, während dir die Tränen über deine Wangen liefen."

Gin wusste daraufhin nicht was er sagen sollte, das war wirklich zu viel für ihn. "Lüg mich nicht an!", rief der Kleine.

Akai seufzte. "Ich meine es ernst. Keine Ahnung was mit dir los war… aber es war so."

Gin wollte seinen Feind gerade schlagen, weil er das alles nicht wahr haben wollte, aber der FBI Agent hielt mit Leichtigkeit Gin's Handgelenk fest. Dann zog er ihn zu sich ran. "Das muss damals furchtbar für dich gewesen sein.", redete er leise.

"War das gerade.. so was wie eine Umarmung?!" Gin stieß ihn umgehend weg. "Hör auf! Du weißt nicht das Geringste!"

"Ich kann mir vorstellen wie du dich fühlst. Ich musste auch schon Vieles durchstehen.", flüsterte Akai in Gin's Ohr.

"Mir doch egal, das gibt dir noch lange nicht das Recht-..." Er sprach nicht weiter, sondern fasste sich an die Stirn und starrte auf die Bettdecke, bis er sich korrigierte: "Abgesehen von den Beteiligen an diesem Ereignis bist du jetzt der Einzige, der irgendwie meine Vergangenheit kennt. Noch schlimmer, scheinbar war ich derjenige, der es dir auch noch erzählt hat! Ich kann das nicht glauben!"

Akai wollte gerade noch etwas erwidern als sich die Tür des Zimmers nach einem kurzen Klopfen erneut öffnete.

"Herr Okiya? Der Arzt möchte etwas mit Ihnen besprechen.", sagte die eintretende Schwester.

Akai nickte daraufhin nur, kurz wandte er sich noch Gin zu. ,,Ich bin gleich wieder da.“, sagte er und ging hinaus zum Arzt.
 

"Nun, wie es scheint ist Akira fast wieder genesen, also wäre es kein Problem wenn sie ihn mit Nachhause nehmen.", begann der Arzt ruhig, was Subaru misstrauisch schauen ließ.

"Das wäre alles?", hinterfragte er deshalb, worauf sein Gegenüber ihm eine Packung mit Tabletten in die Hand drückte.

"Das Mittel hier ist gegen zu hohem Blutdruck. Aber seien sie vorsichtig mit der Einnahme, den Kleinen würde ich maximal Eine davon geben.", warnte der Arzt zusätzlich und setzte eine kurze Pause bevor er wieder fortfuhr: "Seine Blutwerte sind wirklich seltsam ausgefallen, aber wir konnten nicht herausfinden was die Ursache für den hohen Blutdruck war. Wissen sie vielleicht irgendwas? Steht der Junge unter Stress oder hat psychische Sorgen?"

"Soweit ich weiß nicht. Ich bin genauso überrascht wie sie.", log Akai etwas, denn er hatte den Verdacht, dass dies vielleicht etwas mit dem Gift zu tun haben könnte. Nachgewiesen werden konnte es schon mal nicht, doch was wenn es zu weiteren Nebenwirkungen kommen würde?

War dieser kurze Gedächtnisverlust auch eine Nebenwirkung?

Um das herauszufinden bräuchte der Agent mehr Informationen über dieses Gift. Was er bereits wusste, das Gleiche wie bei dem kleinen Detektiv und das Mädchen von neben an konnte es nicht sein.

Akai war inzwischen so tief in seinen Gedanken versunken, dass es ihm missfiel dem Arzt weiter zuzuhören. Er nickte einfach auf alles was dieser sagte.

"....ich denke wir werden ihn in einem Monat entlassen können.", beendete der Arzt seine Rede.

"Was? Eben hieß es noch er darf heute entlassen werden!", erwiderte Akai verwirrt.

"Ah, Sie bekommen also doch noch etwas mit. Entschuldigen Sie bitte, aber das war nur ein Test. Sie erschienen mir etwas abwesend." Der Arzt lächelte Akai verständnisvoll an. "Ich habe Ihnen noch eine wirklich wichtige Sache zu erzählen."

Subaru lächelte leicht, es war deutlich erkennbar, dass er sehr erschöpft war. "Mir fehlt leider ein wenig Schlaf."

"Verständlich. Nur noch kurz: Lassen Sie möglichst bald ein EKG bei Ihrem Sohn durchführen, Herr Okiya. Beim Röntgen hat sich zwar nichts gezeigt, aber bei Kindern kann man nicht vorsichtig genug sein. Sein Gedächtnisverlust scheint nur kurz gewesen zu sein, kann aber dennoch auf eine Schädigung des Gehirns deuten. Das lässt sich aber nur mit einem EKG feststellen."

"In Ordnung, ich werde mit ihm darüber reden.", versicherte Subaru den Arzt und betrat wieder das Zimmer.

Kurz darauf kam eine Schwester um den Tropf zu lösen und brachte Gin frische Anziehsachen.

"Na dann Akira, gute Besserung und erhole dich gut Zuhause.", wollte sich die junge Frau verabschieden.

Gin ignorierte es jedoch, weshalb Akai sich für ihn bedankte.
 

Die beiden verließen die Klinik wieder, gingen über den Parkplatz und setzten sich in Subaru's Auto. Dieses hat dort die ganze Nacht gestanden, weshalb Akai schon fast vergessen hatte es hier geparkt zu haben. Dennoch war er froh, nach dieser harten Nacht nicht zusätzlich noch Nachhause laufen zu müssen.

Circa bis zur Hälfte der Fahrt herrschte Stille.

Gin schaute die ganze Zeit aus dem Fenster, dabei war er so ruhig, dass man glauben könnte er würde schlafen, wenn er die Augen nicht geöffnet hätte.

Um die Stille zu unterbrechen begann der Agent ein Gespräch: "Der Arzt meinte zu mir, es wäre besser bei dir ein EKG durchführen zu lassen.", und somit war Gin's Ruhe wie weggeblasen. "Ein EKG? Spinnst du? Wozu? Ich brauche das nicht!"

"Es wäre aber besser so. Dein Zustand vorhin hat mir wirklich Sorgen bereitet. Du warst ja schon gar nicht mehr du selbst.", wollte Akai ihn überreden, was nicht so ganz funktionierte:

"Hör auf so zu tun als würdest du dir ansatzweise Sorgen um mich machen - das bist auch nicht mehr du selbst!", darauf ging Akai nicht ein, sondern sprach einfach weiter wo er zuvor aufgehört hatte: "Wenn das noch einmal vorkommt und du dein Gedächtnis verlierst, wird es für mich noch schwerer sein dir helfen zu können."

"Ich habe nie gesagt, dass ich deine Hilfe will!" entgegnete der Silberhaarige hochmütig. Dieser Satz war dem Agenten nicht neu, wie immer würde er ihn ignorieren.

"Inzwischen ist es mir egal ob du das willst oder nicht." meinte er.

Zu nah?

"Du kannst mich nicht ewig festhalten." Sagte Gin zu seinem Erzfeind finster.

"Du wirst staunen, wie lange ich das kann." Akai antwortete ihm noch finsterer, sein ernster und zugleich übel gesinnter Gesichtsausdruck sprachen für sich.

Obwohl Gin es hasste, nicht das letzte Wort zu haben, so war er noch immer erschöpft und sobald er versuchte sich auf etwas zu konzentrieren fing sein Kopf an zu schmerzen, also beließ er es dabei.

Für jetzt.
 

Die restliche Fahrt verlief wieder in absoluter Stille und als Akai ausstieg und nach Gin sah bemerkte er, dass der Kleine wieder eingeschlafen war. Das brachte den Agenten zum schmunzeln.

Vorsichtig schnallte er Gin ab und trug ihn in seinen Armen ins Haus, dort legte er ihn wieder in das Schlafzimmer.

Als er den Silberhaarigen aber zudecken wollte schossen ihm dessen Worte noch einmal durch den Kopf. "...das bist auch nicht mehr du selbst."

Richtig, was tat er hier eigentlich?

Er warf einen Blick auf das Kind vor ihm, welches so friedlich schlief als könnte es keiner Fliege etwas zu Leide tun.

Gin war jetzt ein Kind - Gin, der kaltblütige Mörder aus der Organisation.

Akai wusste nicht woran es lag und ob Gin's kindliches Aussehen etwas damit zu tun hatte, aber er fing an anders in das ehemalige Mitglied zu sehen. Er wollte ihm einfach helfen und sich davon nicht mehr abhalten lassen.

Noch während er den schlafenden Jungen beobachtete fielen Akai selbst fast die Augen zu. Jemanden beim Schlafen zu beobachten half nicht gerade wach zu bleiben.

Kurzentschlossen legte sich Akai neben Gin und umschloss den kleinen Körper mit seinen Armen.

"Das mache ich nur damit er nicht weg kann..." dachte er noch bevor er eingeschlafen war.
 

Nächster Tag, 12:17 Uhr
 

Nach einen endlich angenehmen Schlaf, war Klein-Gin der Erste der aufwachte, allerdings noch etwas müde. Was er zuerst feststellen musste:

Es war wirklich warm und die Wärme kam nicht nur von der Decke. Jedoch empfand er dieses Gefühl als sehr gemütlich, erst wollte er wieder einschlafen - bis er sich der Situation im Klaren wurde.

Da war dieser Geruch. Ein Geruch, der nur von der Person kommen konnte, die er doch am wenigsten ausstehen konnte. Er würde ihn überall wiedererkennen. "Aber das kann doch unmöglich sein?"

Vorsichtig drehte Gin seinen Kopf.

Tatsächlich, er wagte es gar nicht wahr haben: Ein schlafender, aber verkleideter Akai hatte seine Arme um ihn gelegt.

Gin riss die Augen auf und gab einen angewiderten Schrei von sich, wobei er sich umgehend aus Akai's Armen befreien wollte, vergeblich. Scheinbar war dieser längst wach und sein fester Griff bestätigte das.

"Denk nicht einmal dran...", murmelte es während er immernoch die Augen ungeöffnet hatte.

"Lass mich los, was fällt dir ein?!"

Der Mann öffnete ein Auge und betrachtete den aufgebrachten Jungen vor sich.

Dieser unterbrach seine Befreiungsversuche...bis er von den kräftigeren Armen näher an den Körper des Erwachsenen gezogen wurde.

Sofort versuchte Gin alles um sich aus der Umklammerung zu befreien, konnte jedoch nichts ausrichten.

"Ich sorge nur dafür, dass du hier bleibst.", murmelte Akai mit wieder geschlossenen Augen.

Gin war erstarrt.

Nicht nur, weil er so eng an den großen Körper gepresst wurde, dass er sich nicht mehr bewegen konnte, sondern überwiegend wegen Akais Wortwahl. "...damit du hier bleibst." und nicht "damit du nicht abhaust."

Was war das für ein Gefühl der Nähe?

Gin war sich nicht sicher, wann er solches zuletzt empfunden hatte. Kannte er es überhaupt?

Er wusste nicht wirklich, wie er das Gefühl einordnen sollte. "Wenn ich jetzt nichts unternehme, wird er höchstwahrscheinlich wieder einschlafen.." dachte der Silberhaarige und dann müsste er das jetzt noch Stunden über sich ergehen lassen, also versuchte er sich anders als mit körperlicher Kraft zu helfen: "Aber ich muss auf die Toilette und danach will ich etwas trinken."

Erst reagierte der Agent nicht, bis er einen Mundwinkel zuckte. "Noch Fünf Minuten..", murmelte er dann, es klang immernoch ziemlich müde.

Gin zog eine finstere Miene, der Kerl erschien ihm in diesem Moment eindeutig zu seltsam. "Wenn du mich schon nicht in Ruhe lässt, dann beweg wenigstens endlich deinen faulen Hintern!" Gin hatte zu seinem Vorgesetzten-Befehlston zurück gefunden. Auch wenn es in der höheren Jungenstimme nicht ganz so gebieterisch klang, wie er sich das vorgestellt hatte. Daher wollte er noch etwas hinzufügen: "Sonst passiert gleich etwas das dir überhaupt nicht passt!"

Stille.

Erst als Gin bemerkte, dass Akai seine Mundwinkel anzog, wurde ihm bewusst: Er hätte seine Worte auch anders auslegen können. Er wurde bis zu den Ohren rot.

Akai öffnete leicht die Augen, dieses errötete Gesicht wollte er sich nicht entgehen lassen. Ihm war danach zu lachen, aber er beließ es bei einem Schmunzeln. "Na schön.. das wollen wir ja nicht.", meinte er und richtete sich mühselig auf.

Gin setzte dabei einen Gesichtsausdruck von Erleichterung auf. Endlich wieder Bewegungsfreiheit.

Er wollte schon aus dem Bett steigen, doch so schnell die Freude kam, desto schneller war sie auch wieder verschwunden. Ohne, dass er es wollte zog Akai ihn wieder zu sich und nahm ihn auf den Arm, als hätte er vor den Kleinen zur Toilette zu tragen. "Ich kann auch allein laufen!" Gin begann sich zu wehren und hämmerte auf Akai's Brust herum, was diesen aber nicht im Geringsten störte.

Eher fand er es amüsierend, Gin wie ein Kind zu behandeln und ihn damit ein wenig zu demütigen. "Du weißt aber noch nicht wo die Toilette ist.", sagte Akai daher ausweichend.

Gin grummelte daraufhin nur: "Womit habe ich das hier verdient? Gefangen im Körper eines drei Käse hoch und von meinem Erzfeind rumkommandiert...."

Akai lächelte weiter vor sich hin.

Als sie das Bad erreichten musste er den Kleinen wohl oder übel absetzen. Das tat er aber nicht ohne einen letzten Streich: "Sieh es doch mal so Gin: Du erlebst gerade ein ganz besonderes Privileg, das nicht viele erleben. Du wirst von deinem Erzfeind auf Händen getragen." Er rutschte jedoch daraufhin aus und lies Gin unsanft auf den Boden fallen.

Ein großer Blutfleck zierte die Kopfverletzung vom Silberhaarigen.

Gin hielt sich den Kopf und schrie Akai an: "Pass doch auf, du Vollidiot! Ich will nicht nochmal in das verdammte Krankenhaus!"

"Es tut mir leid, hast du dir weh getan?", gerade wollte Akai ihm eine Hand reichen, doch Gin schlug sie sofort weg.

"Das hast du mit Absicht gemacht!", schrie er vorwürflich, worauf sein Gegenüber hastig mit den Kopf schüttelte.

"Sag so was nicht."

Hab keine Angst

"Lass mich doch einfach in Ruhe!" schrie der kleine Gin und flüchtete in das Badezimmer. Die Tür schmiss er hinter sich zu und verschloss sie mit dem Schlüssel, der zum Glück von innen steckte.

Dann sank er erschöpft, durcheinander und mit Kopfschmerzen an der Tür nach unten.

Kopfwunden sahen meistens schlimmer aus als sie waren, sie bluteten halt nur stark.

Jetzt musste Gin erst mal überlegen, wie er weiter vorgehen sollte. "Die Kopfschmerzen helfen mir nicht gerade beim denken." stellte Gin fest. "Also...Ich bin in einem fremden Haus mit irgendeinem Mann, der mich gerade hat fallen lassen und...autsch!"

"Gin, hör zu, das war wirklich nicht meine Absicht. Bitte mach die Tür wieder auf!" Akai hatte beschlossen es erst mal im netten Ton zu versuchen, die Tür eintreten konnte er immerhin nicht.

"Lass mich in Ruhe!" Schrie Gin nur ein weiteres Mal. Jetzt dröhnten ihm richtig die Ohren. "Ganz ruhig Jin!" versuchte er sich selbst zu beruhigen. "Ignoriere die Schmerzen und denk nach! Das hat Vater dir doch immer gesagt! Nie die Ruhe verlieren auch wenn... Vater!" Beim nachdenken war Gin ein paar Schritte gegangen.

Jetzt blieb er wie erstarrt stehen.

"Vater ist tot...Ich sollte mit diesem Mann gehen. Rum. Aber der hat auf Vater geschossen. Ich bin weg und jemand anderem begegnet...Es war dunkel...Ist er der, mit dem ich mitgegangen bin?" unsicher sah Gin zu der verschlossen Tür.

"Zwing mich nicht die Tür einzutreten!", drohte Akai hinter dieser, obwohl er es wirklich nicht tun wollte, immerhin gehörte das Haus nicht ihm.

Aber was blieb noch in diesem Moment übrig?

Sein Blick wanderte hastig über den Flur, bis er das Fenster am Ende des Ganges neben der Badtür erblickte.

"E-Er will die Tür eintreten..?", der kleine Gin welcher immernoch zur Tür starrte bekam es allmählich mit der Angst zu tun. Er durchsuchte die Schubladen nach etwas Brauchbares und fand schließlich eine Schere.

Danach stellte er sich wieder vor die Badtür, dahinter war nichts mehr zu hören, was den verwirrten Jungen seltsam erschien.

Als er näher heran treten wollte, tippte ihm jemand auf die Schulter - Akai hatte das Fensterschloss aufgebrochen und es somit ins Bad geschafft.

"Lassen Sie mich endlich in Ruhe!", schrie Gin panisch und schlug unmittelbar danach die geöffnete Schere in Akai's Richtung. Sie verfehlte dessen Arm nur knapp als der Agent ausweichen wollte, aber nur fast. Es kam zu einer leichten Schnittverletzung und Akai's Blut begann auf dem Boden zu tropfen.

Vor Schreck ließ Gin die Schere fallen.

Der Mann vor ihm runzelte die Stirn. Die kleine Wunde war ihm egal, doch machte er sich Sorgen um Gin. Er hatte mit sämtlichen Ärger von dessen Seite aus gerechnet, jedoch nicht mit Angst und Panik. Er ging auf den Jungen zu, aber dieser wich bis zur Tür zurück. Er presste sich mit dem Rücken verängstigt dagegen.

Mit vor Schock geweiteten Augen sah er zu dem Erwachsenen auf. Das Blut, welches dem Kleinen durch sein Haar gelaufen war, steuerte ebenso wenig dazu bei Akai zu beruhigen. Er war sich sicher: Das vor ihm war längst nicht mehr der Alte Gin.

"Wieder ein Gedächtnisverlust? Wenn dem so ist, wie lange diesmal, etwa für immer? Jedenfalls spricht Gin jetzt so, wie er aussieht...wie ein Kind." durch seiner Vermutung versuchte er dementsprechend mit dem Jungen zu reden.

"Hör mal.. Keine Angst. Wenn du mir nichts tust dann tu ich dir auch nichts.", sprach er ruhig und versuchte beruhigend zu klingen, aber es hatte bei dem Kleinen nicht wirklich etwas bewirkt. "Du brauchst wirklich keine Angst haben." ein weiterer Versuch. Vorsichtig kniete Akai sich nieder, die Beiden trennte gerade noch ein Meter.

Gin sah aus als würde er vor Angst gleich erstarren, trotzdem ließ Akai nicht locker.

"Gin." Er legte seine Hand an dessen Wange, "Komm wieder zu dir!"

"Fass mich nicht an!" Der Silberhaarige beugte sich plötzlich vor und schlug die Hand des Mannes weg. Dann huschte er unter dessen Armen durch.

Viel gebracht hatte ihm die Geste aber nicht - er war noch immer mit dem Fremden im Bad. Die Schere jedoch war nicht weit von ihm entfernt.

Gin gelang es durch seinem spontanen Impuls folgend sie wieder zu fassen.

"Hör damit auf. Vorhin war ich unvorbereitet, sonst hast du keine Chance. Ich will dir nicht weh tun müssen." Die Worte Akai‘s bewirkten nicht, dass Gin die Schere wieder los ließ. Sie brachten nur seine Hand vor Unsicherheit zu zittern. Akai näherte sich ihm mit langsamen Schritten. "Ich werde es nicht noch einmal sagen, lass die Schere fallen." Er versuchte den Jungen durch eine strenge Tonlage weiter einzuschüchtern, doch es half nichts.

Ehe Gin sich versah war der junge Mann gezwungen nach seinem Handgelenk zu greifen. Er drückte es fest zusammen, bis Gin wegen der dadurch erzeugten Schmerzen die Schere endlich zu Boden fallen ließ.

"So ist es gut.. Koibito-san." Der Agent lockerte zufrieden seinen Griff und schaute den Silberhaarigen tief in die Augen.

"K-Koibito?", fragte dieser verwirrt. Er probierte sich gegen den Griff des Mannes zur Wehr zu setzen, stellte die Versuche jedoch schnell wieder ein. Er konnte nicht mehr und hatte seine letzten Kräfte verbraucht.

"Pshht, so ist es gut." wiederholte Akai sanft zu dem erschlafften, aber noch immer zitterndem Kinderkörper. "Ich will dir nichts antun. Du bist hier sicher."

Nach kurzem zögern erklang eine zaghafte Stimme: "Wirklich?" wollte sie sich versichern.

"Ja." , antwortete Akai mit Nachdruck.

"D-dann bist du derjenige mit dem ich laut Vater gehen sollte?" Fragte Gin vorsichtig. Doch an der Anspannung in dem kleinen Körper erkannte Akai, dass die Frage ein Test war. Gab er die falsche Antwort, würde ihm Gin nicht vertrauen.

"Nein. Außer du und ich ist niemand hier. Von welchen Mann sprichst du? Warum solltest du mit ihm gehen?", erkundigte Akai sich behutsam und hoffte somit nichts Falsches gesagt zu haben.

Der Kleine entspannte sich etwas. "Wer bist du dann? Und wie komme ich hier her?"

Der Agent spürte die Unsicherheit und ihm wurde klar, dass er sehr vorsichtig vorgehen musste um mehr zu erfahren. "Ich bin dir in einer Nebenstraße begegnet die kaum benutzt wird. Besser gesagt bist du in mich reingerannt. Kurz danach bist du bewusstlos geworden, darum habe ich dich mit zu mir genommen." Er hoffte wirklich, dass die Wahrheit den Jungen beruhigen würde. "Vor wem hast du denn solche Angst?" fügte er hinzu.

"...Rum." Die Antwort war so leise, dass Akai sie fast nicht hörte.

"Rum also..", wiederholte er Gin's Antwort noch einmal für sich, was diesen dazu veranlasste nochmal zu nicken. "Aber wenn du Angst vor ihm hast, warum solltest du dann mit ihm gehen?" Akai versuchte noch mehr aus Gin herauszubekommen, wenn er sein Gedächtnis zurück hat würde dies nicht mehr so einfach funktionieren. Aber jetzt schien es auch nicht wirklich leicht, der Junge zögerte ihm Antwort zu geben. "Du kannst es mir ruhig erzählen.", ergänzte der Agent deshalb und setzte ein vertrauensvolles Lächeln auf, was ausdrücken sollte, es gäbe keinen Grund Angst zu empfinden.

Gin sah zu Boden. "Das war vorher." Nach einem tiefen Atemzug richtete Gin er tränenvollen Augen auf Akai. "Papa hat ihn begrüßt und zu mir gesagt, dass ich bald mit diesem Rum mitgehen soll. Dann wollten sie allein reden. Aber ich habe sie durch den Türspalt beobachtet und d-dann..." Gin schluchzte so sehr, dass er nicht mehr weiter reden konnte. Doch das musste er auch nicht. Das soeben Ausgesprochene in Kombination dessen, was Gin bereits im Krankenhaus erwähnt hatte genügten Akai um sich das Folgende zusammen zu reimen. Allmählich wurde ihm klar, warum Gin in der Organisation gewesen war. Mit solch einer Vergangenheit hatte er jedoch irgendwie schon gerechnet. "Menschen die töten und vorgeben ein kaltes Herz zu haben, haben meist das Schlimmste erlebt. Wahrscheinlich ist Gin wohl in die Organisation gewachsen und hatte keine Wahl." jedoch war das erst mal nur Spekulation. Diesen Rum würde Akai noch finden, das wusste er. Er würde zu gern den Grund kennen, weshalb dieser Typ den gut ausgebildeten Gin so plötzlich loswerden wollte. Um das zu erfahren bräuchte er jedoch den Alten Gin wieder - ob der überhaupt redet war ein anderes Problem.

"Mach dir keinen Kopf, der Mann wird büßen für das was er getan hat...", versicherte er den Kleinen vor sich ruhig und streichelte vorsichtig über dessen Kopf, der scheinbar immernoch blutete. "Soll ich deine Wunde versorgen?"

Der kleine Gin nickte zögernd.

Kurz darauf ging Akai aus dem Zimmer und kam mit etwas Verbandszeug zurück.

Während er Gin‘s Kopfwunde versorgte, redeten die Beiden aber kein Wort miteinander.

Plötzlich jedoch fragte der Kleine etwas, was Akai überraschte. "Warum tun Sie das für mich? Nachdem ich Ihnen einfach weh getan habe..."

Der Agent lächelte etwas. "Ich weiß doch, dass du es nicht mit Absicht gemacht hast, außerdem...bist du mir einfach wichtig…" den letzten Teil sprach er leiser aus.

"Aber wieso? Wir sind uns doch gerade erst begegnet?" Da fiel Gin seine vorherige Frage auch wieder ein: "Und warum haben Sie mich Koibito genannt?"

"Wenn ich es dir sage würdest du es eh nicht verstehen, es wäre besser du ruhst dich aus... Wenn du magst, mach ich dir einen Tee." zwecklos, natürlich hätte dieser Gin den Grund nicht kapiert. Aber Akai ließ sich das was er gesagt hatte noch einmal durch den Kopf gehen. "Vielleicht wäre es besser Gin vergisst die Lage, in der er sich gerade befindet wieder, wenn er sein Gedächtnis zurück hat."

Gin sah ihn immernoch ziemlich verwirrt an, diese Situation war seltsam für ihn. Er wusste, dass mit diesem Mann irgendetwas nicht stimmte, doch trotzdem hatte er irgendwie ein Gefühl des Vertrauens in seiner Nähe. Der kleine Mörder beschloss sich keine Gedanken darüber zu machen, zumindest noch nicht. "Ein Tee wäre toll!", sagte er daraufhin kindlich, was Akai ein Schmunzeln entlockte.

"Kommt sofort. Findest du dich alleine zum Schlafzimmer?" Fragte er noch sicherheitshalber.

Gin ging auf dem Flur und sah sich ratlos um.

"Nach rechts und dann die dritte Tür."

Der Junge wurde rot ohne zu wissen warum. "D-Danke."

Abgelegte Verkleidung

Akai kochte dem Kleinen einen Tee in der Küche. Er musste sich eingestehen, als Kind war Gin wirklich süß. Er bedauerte nur, was aus diesem Kind geworden war. Aus irgendeinem Grund hätte er das am Liebsten verhindern wollen.

Klar wäre das unmöglich gewesen, doch die Tatsache, dass Gin ihm einfach leid tat konnte Akai inzwischen nicht mehr leugnen.

Durch den Flur am Badezimmer vorbei, fiel dem Agenten plötzlich die fast getrocknete Blutlache, am Boden verteilt, ins Auge. Darum müsste er sich wohl noch kümmern, aber zuerst wollte er Gin den Tee auf das Zimmer bringen.

Im Schafzimmer bedankte dieser sich auch dafür, er schien immernoch zögerlich. "Vorsicht, ist noch etwas heiß.", warnte Akai ihn aus Nettigkeit, worauf Gin vorsichtig auf das Getränk pustete.

Schon wieder brachte den Agenten das zum Lächeln, der kleine Gin war mittlerweile für ihn wirklich liebenswert. Dennoch musste er, egal wie sehr ihm der Junge gerade auch gefällt, den Alten wieder zurückbekommen.

"Hoffentlich wird dieser Gedächtnisverlust nicht noch langfristiger werden."

Seufzend schnappte sich Akai einen Lappen und wischte im Bad das Blut von dem Fliesen, den Lappen wusch er danach wieder aus.

Vor dem Spiegel stoppte er.

Sein Antlitz zeigte ihm Subaru Okiya.

Er hatte wegen Gin schon fast vergessen, dass er diese Verkleidung immernoch trug. "Nützt sie mir denn vorerst noch etwas? Gin ist doch so ziemlich der Einzige gewesen, dem es interessierte ob ich am leben bin oder nicht." Zudem war er sich relativ sicher, dass er die Maske erst mal nicht brauchen würde.

Langsam nahm Akai die Brille ab. Er legte diese auf dem Waschbecken ab.

Ein Griff nach hinten und er zog sich die Perücke über den Kopf.

Ein Augenblick betrachtete er sie noch in der Hand, sah dann wieder in den Spiegel. Dieser zeigte ihm nun wieder Shuichi Akai, sein wirkliches Aussehen.

Ein wenig froh war er schon, denn er hatte sich die ganze Zeit über unter dieser Perücke recht unwohl gefühlt.

Kurz wusch er sich sein Gesicht noch mit Wasser und kämmte seine schwarzen Haare nach hinten. Verhindern, dass ihm ein paar Strähnen davon wieder auf die Stirn vielen konnte er nicht.

Darauf folgend trat er wieder aus dem Bad und wollte wieder nach seinen Schützling sehen. Günstig die Verkleidung genau in dieser Lage abzunehmen war es nicht gewesen. "Vielleicht wird es ja Gin's Gedächtnis etwas aus die Sprünge helfen." erhoffte Akai sich und betrat dabei das Schafzimmer.

An der geöffneten Tür sah Gin vom Bett aus zu ihm, dann ließ der Kleine die Tasse fallen.

Sie zerbrach.

Akai seufzte. "Das war vorrausichtlich..."

Aus dem Augenwinkel sah er auf die Uhr an der Wand: 13:55 Uhr.
 

15:05 Uhr waren die Nerven von Klein-Gin beruhigt, während die von Akai hingegen blank lagen. Gerade stand der junge Mann in der Küche und bereitete eine Kleinigkeit zu essen vor während der Junge im Schlafzimmer auf ihn wartete. Er wusste nicht welcher Gin anstrengender war, auf jeden Fall fehlte es ihm an Schlaf. Obwohl Akai glaubte ausgeschlafen zu sein, wurde er wieder schnell müde, alles wegen klein Gin.

Gerade mal ein paar Tage waren vergangen, und es war schon soviel passiert. Inzwischen glaubte der Agent, dass ihn nichts mehr überraschen könnte.

Als die Mahlzeit fertig zubereitet war, brachte er es zu Gin auf das Schlafzimmer. Dieser lag auf dem Bett und es schien als würde er schlafen. Leise, um ihn nicht zu wecken ging Akai zum Bett und stellte das Essen auf dem Nachtschrank ab. Dann warf er einen Blick zum Silberhaarigen. Er sah so friedlich aus, dass Akai sich irgendwie gezwungen fühlte dessen Kopf ein wenig zu streicheln. Jedoch, er hatte sich getäuscht: Gin war sehr wohl wach und packte nach seinem Handgelenk.

"Du hast wohl keine Lust mehr auf Verkleiden, was?" Er öffnete leicht ein Auge.

Einen Moment stutzte Akai.

Dann schlich sich die Andeutung eines Lächelns auf seine Lippen. "Ich lebe hier nun mal als Subaru Okiya.", meinte er nur. "Und außer vor dir muss ich mich vor Niemandem ernsthaft verbergen... Koibito.", fügte er noch hinzu um festzustellen, ob seine Vermutung stimmte.

"Als wäre ich der Einzige, der sich um deine Existenz geschert hätte... Aber du hast vermutlich recht." Die Anderen hatten wahrscheinlich nie eine Sekunde an Akai's Tod gezweifelt, sie kannten ihn halt nicht so gut wie Gin.

"Willkommen zurück." Akai lächelte schelmisch und stütze seinen Kopf vor Gin auf die Bettdecke ab, welcher die Worte nicht deuten konnte.

Verwirrt starrte Gin auf den gesenkten Kopf von seinem Erzfeind. Ihm gefiel der Anblick, aber die Situation schien nicht richtig. Als ihn eine Ahnung beschlich, sah er sich im Raum nach der Uhr um - 15:40 Uhr.

Das Letzte, an das er sich erinnern konnte war, dass er von Akai zum Bad... er wurde rot ...begleitet wurde und er durch die Tollpatschigkeit Akais mit dem Kopf gegen die Tür geknallt war.

Er war davon ausgegangen, dadurch erneut das Bewusstsein verloren zu haben, zumal er jetzt einen Verband um den Kopf hatte. Aber aus Akais Verhalten schloss er, dass noch mehr passiert sein musste. "Was hast du angestellt?" Verlangte er daher vom Agenten zu wissen, ohne seinen Vorgesetzten-Befehlston zu bemerken.

"Gar nichts.", antwortete er trocken und fügte nach Gin's misstrauischen Blicks noch etwas hinzu: "Ich zumindest nichts.", das 'Ich' sprach er seltsam betont aus, als wollte er auf etwas hinaus.

Gin zeigte ratlos mit dem Finger auf sich selbst, worauf Akai nickte.

"Warum ich? Ich hab bis eben geschlafen!", tat Gin fest entschlossen. In Wirklichkeit wünschte er sich, er wäre sich sicher gewesen. Jedoch sein Gefühl sagte ihm etwas anderes, dass der Kerl mit seiner Andeutung wohl recht hatte... Aber Gin wollte es nicht akzeptieren.

Plötzlich schob Akai seinen Ärmel nach oben, dort war noch die frische Wunde von der Schere zu sehen.

"Was?", fragte Gin unbeeindruckt auf Akais Blick hin. "Dass du nicht mit Küchenmessern umgehen kannst ist doch nicht meine Schuld!" meinte er.

Akais Blick fiel auf das Essen, was er für Gin und sich gemacht hatte. Er gab seine Versuche auf, Gin an etwas erinnern zu wollen, von dem sich Akai nicht mal selbst sicher war, ob er wirklich wollte, dass Gin es noch wüsste. Dennoch blieb ein seltsam enttäuschtes Gefühl in ihm zurück.

Gin selbst mimte zwar den Unfehlbaren, konnte jedoch nichts gegen das unbestimmte, mulmige Gefühl machen, dass ihn beschlich.

"Schere.", meinte Akai nur schlicht, was Gin dazu brachte fragend den Kopf zu drehen. "Es war eine Schere, kein Küchenmesser.", verbesserte der Agent deshalb und nahm den Löffel, der sich neben dem Essen befand. Akai hielt Klein-Gin schweigend den vollen Löffel vor die Lippen, worauf dieser nur das Gesicht verzog.

"Was? Denkst du ich lass mich von dir füttern?!"

"Ich habe gerade einen echt dünnen Geduldsfaden und du wirst es bereuen wenn der reißt. Also: Mund auf!" entgegnete Akai streng.

Gin hielt den Mund fest geschlossen, schüttelte den Kopf und hatte währenddessen seine Arme vor der Brust verschränkt. "Niemals werde ich mich füttern lassen!" dachte der kleine Mörder und blieb stur.

"Wie du willst." Akai legte den Löffel zurück auf den Teller, sein Griff wanderte hinter Gin. Dieser wollte erschrocken zurück weichen, verlor aber durch die verschränkten Arme kurz das Gleichgewicht.

Akai kümmerte sich nicht weiter um den Silberhaarigen, der nun auf dem Rücken lag und erfasste etwas über dessen Kopf.

Erst als Akai Gins rechten Arm packte und hochzog, erkannte dieser, dass er erneut an das Bett gekettet werden würde.

"Halt warte!"

Akai stoppte sein Vorhaben.

Alles, bloß nicht das. Es war eine Sache, dass er von diesen Agenten schon fast überall hin getragen und bemuttert wurde, aber diese Bewegungsfreiheit würde er sich nicht nehmen lassen. "Ist okay.. Du darfst..", murmelte er leise.

"Ich darf was?" Akai wusste schon was Gin meinte, aber zur Demütigung fragte er extra noch einmal nach.

"Du weißt genau was ich meine!", der Silberhaarige schaute während er sich beschwerte beschämt zur Seite.

"Okay.. dann versuchen wir es nochmal.", meinte Akai gelassen und nahm den Löffel wieder in die Hand.

Gin starrte wütend vor sich hin und überlegte wie er aus dieser Demütigung noch irgendetwas für sich herausschlagen könnte.

Während er nachdachte hatte er schon längst unsanft den Löffel in den Mund geschoben bekommen.

Jetzt überkam ihm doch noch eine Idee.

Kaum hatte Akai den Löffel wieder zurückgezogen, hatte er keine Sekunde später das ganze Essen im Gesicht hängen. Gin hatte es einfach ausgespuckt. "Idiot, wenn du mich schon dazu zwingst dann mach's auch richtig!", zum ersten Mal seit langem, war Gin wieder derjenige der lachen musste, welches ihm aber gleich wieder verging.

Akai wischte sich nur sein Gesicht mit dem Ärmel ab, dann ergriff er Gin mit festem Griff am Arm und zerrte ihn aus dem Bett. "Du siehst nicht nur wie ein Kind aus, so langsam benimmst du dich auch so!", kam es streng von Akai, der gerade dabei war im Kleiderschrank zu kramen.

Gin wollte gerade was sagen, doch ihm wurde ein übergroßes Hemd ins Gesicht geworfen.

"Zieh das an, andere Kinderklamotten hatte ich nicht mehr."

Der Junge betrachtete verwirrt das Hemd und warf dann einen Blick auf seine eigene Kleidung die er noch trug. Er hatte tatsächlich selbst Essen abbekommen.

Gin verdrehte die Augen und schliff das Hemd am Ärmel mit in das Bad, derweile wechselte Akai auch sein eigenes Hemd.

Müde sah er zur Uhr.

Es war zwar erst 16:15 Uhr, er fühlte sich aber wie 23:00 Uhr...frühestens.

Während er darauf wartete, dass Gin zurückkehrte, aß Akai die Suppe die eigentlich für Gin bestimmt gewesen war.

"Irgendwie passend." dachte er dabei. "Ich bin ja die letzten Tage eh nur am auslöffeln dessen was mir Gin eingebrockt hat."

Wo er die Suppe zur Hälfte ausgelöffelt hatte, war Gin auch fertig, er stolperte lediglich ins Zimmer, da das Hemd ihm bis über die Füße hing. Eigentlich hätte Akai ihm geholfen, doch er war etwas beleidigt und blieb einfach sitzen.

"Schmeckt‘s denn?" kam es von Gin sarkastisch. Er fand es ziemlich dreist, dass Akai ihm erst Suppe kochte und diese dann einfach selber aß. Der Kerl nickte nur und löffelte einfach weiter.

"Ich habe übrigens auch Hunger.", machte der Silberhaarige sich deshalb bemerkbar, die Antwort darauf ließ ihn wütend werden:

"Sah mir eben ja nicht so aus."

Er sparte sich seinen Kommentar und unterließ es irgendwas zu tun, er wäre Akai eh unterlegen.

"Du kannst dir ja selber was machen." Er nahm die Schüssel, lief an Gin vorbei und würdigte ihm keines Blickes.

Dann ging er zur Küche um das Geschirr zu spülen.

"Ich kann aber nicht kochen!" Der Kleine lief ihm hinterher, erwidert wurde ihm nur durch ein Schulterzucken.

In der Küche pflanzte sich Gin auf einen Stuhl und betrachtete seinen Mitbewohner, wie er den Abwasch erledigte, sonst füllte Schweigen den Raum.

Gin war jetzt nicht nur beleidigt, sondern auch noch hungrig. Deshalb durchsuchte er, während Akai mit dem Abwasch beschäftigt war, die Küchenschränke.

Plötzlich fand er etwas, was ihm gut gefiel: Es war Alkohol.

Mit einem Grinsen im Gesicht wollte er gerade die Flasche an sich nehmen, doch da wurde ihm diese vor der Nase weggeschnappt.

"Kein Alkohol für Kinder.", mit diesen Worten stellte Akai das Getränk wieder zurück und klappte die Kühlschranktür zu.

Gin war kurz davor wahnsinnig zu werden. "Der Kerl kann mir das doch nicht so einfach verbieten?!" Der Silberhaarige fing an zu realisieren, wie er von Akai nur rumgeschubst wird. "Ich bin aber kein Kind mehr! Und das weißt du ganz genau. Ich muss nur etwas trinken um meine Nerven zu beruhigen."

Plötzlich schlug Akai mit der flachen Hand auf den Tisch, was Gin kurz aufzucken ließ. Er bekam einen finsteren Blick zu geworfen, aber keinen Spruch oder sonst irgendwas, wie er es von dem Agenten gewohnt war, jedoch wusste Gin schon was dieser jetzt am Liebsten sagen wollte. Es stellte sich nur die Frage, wieso er es nicht einfach aussprach. "Wenn ich dir nur Probleme bereite, kannst du mich auch einfach gehen lassen!"

Nachdem Gin dies sagte, schüttelte Akai daraufhin nur seufzend den Kopf und ging in das Wohnzimmer.

Gin folgte ihm und starrte ihn instinktiv an, Akai wiederum würdigte ihm keines Blickes.

"Irgendwas stimmt mit ihm nicht.." dachte Gin. Aber so richtig einsehen, wieso Akai vielleicht so mies gelaunt war, wollte er auch nicht. "Was erwartet er denn?"

Inzwischen hatte Akai die Augen auf dem Sofa geschlossen, als wollte er schlafen. Zugegeben, Gin hasste es ignoriert zu werden, besonders von diesem Mann. Wenn hier jemand wen ignorieren darf, dann Gin ja wohl ihn.

Eine Sekunde kam der Silberhaarige auf einen dummen Gedanken, aber er verbannte ihn gleich wieder aus seinen Kopf, dazu würde ihn nichts auf der Welt bringen. Noch nie hatte er sich für etwas bei irgendwem entschuldigt und das sollte auch so bleiben. Also verschränkte er die Arme, lehnte sich gegen den Türrahmen und beobachtete seinen Erzfeind. Am Liebstem wäre er irgendwo anders hin gegangen aber... "Ich kann ja keinem Feind den Rücken zudrehen." versuchte Gin sich seine seltsamen Gefühle zu erklären.

Gin

Gin wartete dort noch eine ganze Weile.

Nichts regte sich.

Schien als sei Akai wirklich eingeschlafen, nicht verwunderlich. Leicht hatte er es immerhin nicht.

Gin musterte ein wenig die Umgebung, sein Blick blieb bei der Küche stehen, da sein Magen plötzlich knurrte. Zwar konnte er nichts kochen, aber der Kühlschrank stände frei zur Bedienung.

Also schlich er sich an den schlafenden Akai vorbei zur Küche und warf dort einen Blick in den Kühlschrank. Allerdings schenkte er den Nahrungsmitteln darin keinerlei Aufmerksamkeit, sondern einzig und allein der Flasche Rum die dort stand.

Gin zögerte keine Sekunde und nahm den Spiritus an sich, ein Glas benötigte er nicht. Bevor Akai doch noch aufwachen sollte, nutzte er die Gelegenheit.

Nach dem Öffnen trank er hastig mehrere Schlucke aus der Flasche, als wäre es nichts weiter als Leitungswasser. Er brauchte es einfach, für seine Nerven, die fast am Ende waren. Doch mehr als ein paar wenige Schlucke bekam er nicht herunter, ihm wurde schneller übel als gedacht.

Schnell stellte er die Flasche auf dem Tisch ab und lehnte sich an die Wand.

Es dauerte nicht lange, da fing sein Körper an immer heißer zu werden und somit raste auch sein Herz schneller. "Dieser Körper kann scheinbar nichts vertragen..." dachte Gin zunächst, als die Hitze jedoch immer stärker wurde und er die Zähne zusammen beißen musste erinnerte ihn das an...
 

...Sein Körper fängt plötzlich genauso an zu reagieren wie auf das Gift? Das Pochen seines Herzens wurde immer heftiger.

Solange er noch konnte suchte er das Weite in ein anderes Zimmer, er wollte auf jeden Fall vermeiden, dass Akai etwas mitbekommen würde. Er ließ sich zu Boden fallen, der Schmerz glitt förmlich durch seinen Körper und zog sich in jeder seiner Gliedmaßen.

Kurz darauf wurde dieser Schmerz stechend, so unerträglich, dass es Gin zum schreien brachte.
 

Zur Gleichen Zeit ist Akai durch Gin's Laute wach geworden. "Man kann ihn wirklich keine Sekunde allein lassen..", dachte er und fasste sich an die Stirn. Ebenso erhob er sich nur langsam von der Couch, er ahnte nicht im Geringsten, dass Gin den Ärger den er bereits gemacht hatte noch übertreffen konnte.

Erst als der Agent heftiges Treppenpoltern hörte, wurde er stutzig.

Einen Blick im Flur - dort war niemand, also ging er die Treppen hinauf.

Oben hörte er wie jemand etwas durchkramte, etwa Gin? Es schien aus dem Schlafzimmer zu kommen.

Als Akai in dieses hinein trat stockte ihm der Atem.

Dort stand ein erwachsener Gin, mit einer Waffe in der Hand.

"Endlich...", sprach er wie besessen und sah Akai mordlustig entgegen.

"Wie...?" Akai fluchte innerlich. Nach außen versuchte er jedoch ruhig zu wirken. Gerade als er ansetzten wollte etwas zu sagen befahl Gin ihm: "Halt die Klappe! Und hoch mit den Händen! Du hast hier jetzt nichts mehr zu melden!"

Während Akai -Sicherheitshalber- tat was Gin ihm sagte, entging ihm jedoch nicht wie schwer Gin atmete und er runzelte die Stirn.

"Was gibts da so zu glotzen?", fuhr Gin ihn an.

"Ich frage mich nur, wie du deinen Mantel so schnell gefunden hast.", antwortete Akai mit der halben Wahrheit. Gin würde eh nie glauben, dass er sich Sorgen um ihn machte.

"Pah, den hab ich schon vor ner' Weile entdeckt. Ich konnte ihn da ja nur nicht anziehen.“ Gin grinste siegessicher. "Zu deinem Pech hast du auch nicht bemerkt, dass da noch ne‘ Knarre drin versteckt war."

"Und was hast du jetzt vor?" Fragte Akai.

Gin überlegte einen Moment. Dann fielen ihm die Handschellen ein, die noch immer am Bett befestigt waren. "Zuerst einmal bewegst du deinen Arsch hierher!" Er zeigte mit einer Hand zum Bett, die andere hatte immernoch die Waffe auf den Agenten gerichtet.

Dieser machte einfach ein paar Schritte nach vorn, immernoch zur Sicherheit. Während er Gin näher kam bemerkte er dessen Schweißperlen auf seiner Stirn und dieser hastige Atem war kaum noch zu überhören.

Irgendwas stimmte nicht.

Ehe er überhaupt sich noch weiter über Gin's Zustand Gedanken machen konnte, hatte sich dessen Hand schon längst um seinen Hals gekrallt, mit nur einen Ansatz warf er Akai auf das Bett, das kostete Gin jedoch mehr Kraft als er es sich anmerken ließ. Doch er dachte daran, dass es wahrscheinlich nur noch kurze Nachwirkungen waren, es würde ihm schon gleich besser gehen.

"Was ist mit dir? Warum wehrst du dich nicht?!", meinte Gin leicht verärgert zu seinen Feind und beugte sich über diesen, als wollte er sagen, dass er es so als langweilig empfände.

Akai beobachtete Gin jedoch einfach weiter.

Diesem standen die Schweißtropfen auf der Stirn und obwohl Gin durch das herab beugen versuchte zu verbergen, wie schlecht es ihm ging, war Akai nicht entgangen, dass Gin sich an der Wand über dem Bett abstützen musste um noch halbwegs aufgerichtet zu bleiben. Akai würde zwar ein Risiko damit eingehen, aber er fasste Gin an die Stirn. Wie erwartet, seine Körpertemperatur musste sehr hoch sein.

In dem Augenblick war der Mörder wie gelähmt, wie kam der Kerl plötzlich in so einer Situation auf die Idee so etwas derartig dummes zu tun?

"Da dein Zustand nicht wirklich der Beste ist.. belasse ich es lieber dir etwas anzutun. Das wäre unfair.", erklärte Akai seinen Gegenüber ruhig.

Gin hingegen war alles andere als das. "Macht der jetzt einen auf fürsorglich? Wo er kurz vorm sterben ist? Unberechenbar, dieser Akai..." dachte der Silberhaarige. Er nahm die Hand seines Feindes wieder von seiner Stirn weg und warf ihm einen unzufriedenen, finsteren Blick zu. Sogar einfache Gesichtszüge waren inzwischen anstrengend musste Gin feststellen. "Warum geht es mir so elend?!“ Doch er wollte keine Schwäche zeigen und riss sich zusammen. Vor seinem Erzfeind konnte er sich das nicht erlauben und er stützte seinen Entschluss mit einer Aussage: "Red keinen scheiß, mir geht's-...", weiter konnte Gin nicht mehr, seine Hand rutschte von der Wand ab.

Er landete direkt auf Akai und hielt sich an dessen Schultern fest, dabei glitt ihm die Waffe aus der Hand.

"Beschissen." Ergänzte Akai den unvollständigen Satz.

Das hörte Gin schon überhaupt nicht mehr, vor lauter Leid und Schmerzen. Er merkte nicht einmal wie seine Griffe um Akai's Arme deshalb immer fester wurden, diesen machte das scheinbar aber nichts aus. Seine Gedanken kreisten ebenso wie Gins - vermutlich sogar noch mehr, da Gins Gedankengänge durch die Schmerzen stark eingeschränkt wurden.

"Was kann ich tun? Wie kann ich ihm helfen?" fragte er sich ratlos.

"Es tut so weh...", keuchte Gin.

Es klang, als bettelte er um Hilfe, doch Akai wusste genau, dass Gin seine Hilfe definitiv nicht wollte, also was erhoffte sich der Kaltherzige? Zudem war der Agent völlig unentschlossen, als könnte er etwas gegen so einen Vorgang unternehmen - völlig ausgeschlossen.

Inzwischen presste Gin seinen Kopf immer fester an Akai's Brust, dies tat er wohl wegen der qualvollen Schmerzen.

Er legte einfach die Arme um den hilflosen Silberhaarigen und versuchte diesen zu beruhigen, mehr konnte er wohl nicht tun.

Gin's Schreie die folgten, bereiteten Akai auch nur noch mehr Sorgen. "Pshht.. alles wird gut, es ist gleich vorbei." Er fuhr mit seiner Hand durch die silbernen Haare.

Gin wirkte eher so, als ob er nicht mal daran glaubte, sein Zustand würde sich bessern, er jammerte als stände er kurz vor dem Tod. "Mach, dass es aufhört!", schrie er und sah zu seinen Feind auf, vor Schmerzen kullerten beinahe ein paar Tränen von seinen Wangen hinunter.

Akai konnte nur hilflos zusehen wie Gin litt. Doch irgendwie kam ihm das Ganze seltsam vor... Der Gin, den er kannte würde lieber sterben als diese Worte auch nur zu murmeln und doch flehte er um Hilfe wie ein Kind.... "Nicht doch!", geschockt über seinen eigenen Gedankengang schüttelte Akai den Kopf und konzentrierte sich wieder auf den leidenden Gin.

"Was ist das!?", erklang Gins Stimme erneut.

"Nein, nein...das kann nicht sein…", dachte Akai nur noch.

Plötzlich verringerte sich der Druck von Gins Händen und Akai konnte wieder freier atmen, da das Gewicht das auf ihn leichter wurde.

Akai sah wieder auf den Kinderkörper von Gin, der mit dem Oberkörper auf ihm und mit den Beinen auf dem Bett lag.

Das Flehen hatte aufgehört.

Akai konnte jedoch noch ein leises Wimmern hören.

Er zog Gin vorsichtig ein wenig höher und erkannte, dass dieser das Bewusstsein verloren hatte.
 

Als Gin eine halbe Stunde später wieder zur Besinnung kam, befand er sich auf einer Couch.

Akai hatte einen Arm um ihn gelegt, mit der anderen hielt er ein Buch, was er gerade las. Gin's Körper fühlte sich bis vor kurzem immernoch etwas heiß an, doch die Temperatur begann allmählich zu sinken.

Als der Agent bemerkte, dass Gin wach war, legte er das Buch auf den Tisch neben ihm ab.

"W-wo bin ich?", kam es leise und leicht verwirrt vom Jungen. Er fasste an seine Stirn, scheinbar hatte er Kopfschmerzen.

"Immernoch bei mir, wie die letzten Tage auch.", antwortete Akai normal, er vermutete, dass Gin wegen dieser Schrumpfung noch nicht ganz bei Sinnen war.

"Ist das so..?", fragte Gin unsicher. Die Tonart gab dem Mann zu denken.

"Verrätst du mir mal wie du plötzlich wieder... du selbst sein konntest?" Akai konnte sich darauf wirklich nichts reimen. "Wie zur Hölle hat Gin das angestellt? Ein Gegengift hat er sicherlich nicht. War das etwa auch wieder eine Nebenwirkung?" Wenn dem so war, sollte er sich wirklich Sorgen machen.

"Ich versteh gar nicht was Sie meinen.", versicherte Klein-Gin ihn plötzlich kindlich.

Erst jetzt realisierte Akai: Gin's Gedächtnis hatte wieder einen Aussetzer.

Er seufzte. Darauf musste er sich zukünftig jetzt wohl öfters einstellen. Wie immer hoffte er, dass es nicht langfristig sein andauern würde, denn er ist wieder nicht dazu gekommen Gin ein paar Fragen zu stellen. "Vergiss, was ich gesagt habe."

Gin sah kurz verwirrt zu Akai, senkte aber schnell wieder den Kopf. Die Bewegung schien jedoch zu schnell gewesen zu sein, denn er begann ein wenig zu schwanken und er hielt sich mit einer Hand am Sofa fest und mit der anderen fasste er sich erneut an den Kopf.

Ungefragt setzte Akai ihn wieder auf das Sofa. "Warte lieber noch bis dein Kopf sich etwas beruhigt hat.", schlug er vor, was von Gin mit einen Nicken beantwortet wurde. "Möchtest du ein Glas Wasser?", wurde dieser dann vom Agenten gefragt.

"Ja..", erwiderte er.

"Gut, dann bleib hier sitzen. Ich hole dir eines.", sagte Akai und ging in die Küche.

Während er das Glas füllte beschloss er aus der Situation das Beste zu machen und wenigstens aus dem kleinen Gin mit Gedächtnisverlust ein paar Infos über dessen Eltern und Rum herauszukitzeln. "Gin das Kind" schien ihm wenigstens ein wenig zu vertrauen und würde ihm bestimmt mehr verraten als "Gin von der Organisation".

Mit neu gefundener Zielstrebigkeit ging Akai mit dem Wasserglas in der Hand zurück zu dem wartenden Jungen.

Ich mag dich

2 Tage später. . .
 

12:41 Uhr - Langsam öffnete Akai seine Augen. Er hatte nicht einmal wirklich bemerkt, wie er auf dem Sofa eingeschlafen war. Das war auch kaum möglich, da er die letzten zwei Tage so gut wie gar nicht geschlafen hatte. Jede Nacht hat diese kleine Nervensäge, Gin, wie er ihn gedanklich inzwischen nannte, geschrien und ihn wach gehalten. Zwar konnte der Junge für seine Alpträume nichts, trotzdem war es anstrengend.

Der Agent runzelte die Stirn als er sah, wie Gin auf den viel zu großen Sessel noch schlief. Zugegeben, Schuld war er eben selbst, denn eigentlich war er nicht gezwungen Klein-Gin zu bemuttern - und dennoch tat er es. Er wusste nicht warum, ob es einfach nur Gutmütigkeit war, oder etwas anderes. Zumindest hatte der junge Mann schon mal den Entschluss gefasst, dass er auf keinen Fall eigene Kinder möchte. Das wäre ihm viel zu anstrengend. Besonders wenn sie betteln, was Gin auch oft tat. Zwar meinte der Kleine es nicht böse, dennoch raubte es Akai manchmal den letzten Nerv.

"Hoffentlich hat das bald ein Ende..." dachte er immer häufiger. In dem jetzigen Zustand von Gin würde er an keine neuen Informationen kommen. Dieser war allmählich aus seinem Schlaf erwacht.

Es dauerte einen kurzen Moment bis Gin bemerkte, wie der Erwachsene ebenso wach war.

Beide schauten sich schweigend an.

"Guten Mor- ... Mittag." sprach Akai müde und erinnerte sich an die Uhrzeit. Er gähnte.

"Sind Sie müde?", kam es von Gin neugierig, ohne, dass er selbst ein 'Guten Morgen' zurück wünschte.

"Hmh." der Agent nickte leicht, am Liebsten würde er sich noch einmal umdrehen und schlafen, doch das war leider nicht möglich.

"Hunger." - ein Wort von Gin genügte und er war gezwungen sich zumindest schon einmal aufzusetzen. Dabei fiel ihm sofort auf, wie sein Schädel brummte, Kopfschmerzen. Erschöpft sah er nach unten und blieb still. Bis er registrierte wie Gin sich plötzlich neben ihm gesetzt hatte.

"E-es tut mir leid.." entschuldigte dieser sich zögernd. Er wurde verwundert angesehen.

"Für was?" wollte Akai wissen, es klang so als gäbe es eigentlich gar nichts, für was man sich hätte entschuldigen müssen.

"Dass ich Ihnen soviel Aufwand bereite." tatsächlich hatte Gin dies bemerkt - und er fühlte sich dabei schlecht?

Der Agent war etwas verwundert. Aber als er in dieses traurige Gesicht sah, konnte er Gin nicht wirklich böse sein, er lächelte eher. "Schon okay, ist doch selbstverständlich, dass ich mich um dich kümmere." Er klang so freundlich, als wäre die schlechte Laune von zuvor einfach weggeblasen worden.

Unsicher sah Gin zu ihm auf.

Als Akai einfach nur immer weiter von ihm beobachtet wurde, fragte sich der Erwachsene ob nicht doch irgendetwas los wäre. Er hob aus einem Impuls heraus eine Hand und verstrubbelte die Haare des Kleinen. Dann seufzte er und fragte: "Was gibt es denn?"

Zaghaft zog er an Akai's Ärmel, mit der Andeutung er solle sich etwas zu ihm herunter beugen. Etwas verwirrt befolgte dieser die Bitte. "Was ist..?" stellte er die Frage erneut und erhoffte zumindest dieses Mal eine Antwort zu erhalten. Eine Antwort bekam er auch daraufhin, jedoch anders als er sich es vorgestellt hatte - keine Worte. Er bemerkte wie der Junge vorsichtig den Arm um seinen Hals legte.

Gerade wollte er fragen, was das werden sollte, aber die Frage konnte er sich sparen. Er spürte wie sich die kleinen weichen Lippen von Gin auf seiner Wange legten.

Der Agent dachte zuerst, er würde sich das einbilden, jedoch so war es nicht - Gin gab ihm gerade wirklich einen sanften Kuss auf die Wange.

Akai war wie erstarrt.

Die Geste kam unerwartet, nie im Leben hätte er dem Jungen dies zugetraut. Dennoch, als er Gin dabei ansah, entging ihm dessen Unentschlossenheit dabei nicht.

Nach einer Weile löste sich der Kleine wieder, unbemerkt röteten sich seine Wangen, als er Akai's irritierten Blick bemerkte.

"Wofür war das..?" fragte er vorsichtig und hoffte damit nichts Falsches gesagt zu haben, warum auch immer. Verstehen konnte er es nicht, daher war er auf Gin's Erklärung gespannt.

"Mutter sagte... wenn man jemanden mag tut man das.." Gin's Blick entsprach sowohl Traurigkeit als auch Scham, eine seltsame Mischung.

"Du.. magst mich? Warum?" fragte Akai.

Gin senkte nur den Kopf noch weiter und wollte die Frage wohl nicht beantworten, doch so leicht kam er ihm nicht davon. Er ergriff das Kinn des Kleinen und zwang ihn dazu ihn anzusehen. "Warum magst du mich?" wiederholte Akai seine Frage.

"Ich weiß selbst nicht genau, es ist als würden wir uns schon ewig kennen. Wie als wären wir miteinander verbunden…", sagte Gin mit gesenktem Kopf, ohne richtig darüber nachzudenken was für Worte ihm da gerade überhaupt entwichen waren.

Akai konnte ihn nur anstarren. "Ob das daher kommt, dass er das Gefühl hat mich zu kennen - was durch die Organisation wirklich der Fall ist - und kann dieses Gefühl nicht zuordnen, weshalb er zu dieser Lösung gekommen ist?" fragte er sich im Stillen. "Tja, wer weiß. Irgendeinen Grund muss es ja haben, dass wir uns so begegnet sind." meinte er dann laut.

"M-Mögen Sie mich eigentlich?" erkundigte Gin sich unsicher bei dem Erwachsenen.

"Wieso sollte ich das nicht tun?" erwiderte dieser. "Immerhin habe ich dich hier aufgenommen." fügte er hinzu.

"Ja, dafür bin ich Ihnen sehr dankbar." bedankte sich Gin plötzlich.

Akai hatte dessen Kinn schon vor einer Weile losgelassen und mit diesen letzten Worten sprang der Silberhaarige einfach auf. Offenbar wollte er vom Sofa herunter, doch verlor dabei irgendwie das Gleichgewicht. Akai konnte ihn gerade noch auffangen.

"Vorsicht! Du bist die letzten Tage schon oft genug mit deinem Kopf irgendwo gegen gestoßen.", warnte er und wollte den Jungen wieder auf die Beine stellen, jedoch irgendwie erschien ihm der kleine Körper seltsam.

"Gin?" fragte er und drehte ihn zu sich herum. "Ist alles in Ordnung?"

Medizin

"Ich habe nur Kopfschmerzen." Gin fasste sich an die Stirn.

"Da hab ich was.." meinte Akai daraufhin und nahm Gin an die Hand mit in das Bad. Er erinnerte sich dort letztens noch Kopfschmerztabletten gesehen zu haben. Da er selbst auch eine nehmen wollte, könnte er dem Jungen ebenso gleich eine geben. Also setzte er Gin auf den Klodeckel ab und kramte die Schachtel mit den Tabletten aus dem Schrank.

Als er sie fand hielt er sie in Gin‘s Richtung. "Die sollten gegen Kopfschmerzen sein." sagte er schlicht, worauf Gin misstrauisch dreinblickte.

"Ich mag keine Tabletten." teilte er dem Mann mit, doch dieser akzeptierte die Antwort nicht sofort.

"Sonst wird es dir aber nicht besser gehen." der Silberhaarige schüttelte unentschlossen den Kopf.

"Ich werd auch eine nehmen." Der Agent hoffte ihn somit überreden zu können - was scheinbar wirklich funktionierte. Er willigte mit einem leisen "Okay." ein.

Akai füllte ein Glas mit Wasser und stellte es kurz auf dem Wachbeckenrand ab, um von der Verpackung eine Tablette zu entwenden. Er hielt diese Gin direkt vor die Nase. "Noch nicht schlucken, erst wenn du Wasser getrunken hast.", erklärte er.

Doch der Junge wirkte wie erstarrt.

Akai machte sich nichts weiter draus und wollte sie ihm einfach in den Mund schieben, da der Kleine es scheinbar selbst nicht tun wollte.

"Was ist das.." in Gin‘s Kopf tauchte ein Bild auf.

Plötzlich sah er die Lage von damals vor seinen Augen.

Er sah Wodka, vor ihm - mit einer Kapsel in der Hand.

"Das Gift..."

Sein ehemaliger Partner führte seine Hand immer weiter zu der Mundhöhle von Gin.

"Nein, stopp!"

Gin schlug Akai mit voller Wucht die Tablette aus der Hand und schrie: "Was zur Hölle machst du da?!"

Akai sah ihn erstaunt an. "Das haben wir doch gerade besprochen. Ich wollte dir nur die Tablette gegen deine Kopfschmerzen geben." erinnerte er Gin.

"Kopfschmerztabletten?" wiederholte dieser. Jetzt wo Akai es erwähnte tat ihm der Kopf wirklich weh. Aber er hatte nie irgendwelche Tabletten einnehmen wollen..."Oder doch?" Gin war sich nicht mehr sicher. Alles schien so verschwommen...

"Hier. Eine für dich und eine für mich." versuchte sein Gegenüber es erneut.

Gin sah ihn nur böse an. "Hör auf mich wie ein Kind zu behandeln!" Er sprang vom Klodeckel.

"Du benimmst dich doch auch wie eins!" rief der Agent ihm nach, dass Gin sich wieder erinnern konnte, hatte er bereits gemerkt.

"Wieso? Was hab ich denn getrieben?" fragte der Silberhaarige ironisch, da er nicht wirklich eine logische Antwort von Akai erwartete. Die Antwort, die er bekam, gefiel ihm jedoch auch nicht:

"Vergiss es, besser du weißt es nicht." Akai verschwand ohne ein Wort wieder nach unten ins Wohnzimmer, dennoch war er erleichtert wieder den Alten Gin zurückzuhaben.

Dieser wollte jetzt natürlich erst recht wissen was genau passiert war, er würde aber auf keinen Fall darum betteln. In Anbetracht der Situation und da er eh nichts Besseres zu tun hatte ging Gin wieder zum Schlafzimmer. Der Kopf tat ihm jetzt, da es ihm bewusst geworden war, immer mehr weh. Aufgrund dessen, dass er die Tablette von Akai auf den Boden geworfen hatte - wo sie irgendwo verschwunden war - musste er darauf hoffen, dass sie von allein verschwanden. In der Zwischenzeit konnte er versuchen etwas zu schlafen, denn aus irgend einem Grund fühlte er sich, als ob er die letzten zwei Nächte durchgemacht hätte.

Zur gleichen Zeit überlegte Akai, ob er Gin vielleicht ein paar Fragen stellen sollte, wenn dieser jetzt endlich wieder sein Gedächtnis zurück hatte. "Aber würde er einfach so reden?" Besonders, weil der Agent gerade selbst geschwiegen hatte, als der Silberhaarige nach den vorherigen Ereignissen gefragt hatte. Akai fasste sich nachdenklich an die Wange, auf die Gin ihn vorhin geküsst hatte.

"Er mag mich...", dachte er, "Nein, er würde mich mögen..."
 

Währenddessen lag Gin mit offenen Augen auf dem Bett. Er konnte sich aus alldem keinen Reim bilden. "Warum habe ich in letzter Zeit so seltsame Gedächtnislücken? Und was meinte Akai damit, dass es besser sei, wenn ich es nicht weiß...Argh!", der ehemalige Mörder raufte sich die Haare, das war zu viel für ihn.

Plötzlich bemerkte er, dass Akai in der Tür stand.

"Ist was?" blaffte Gin ihn an, fragte sich aber innerlich: "Wie lange steht er schon da? Hat er mich etwa beobachtet?" Bei dem Gedanken errötete Gin zu seinem Schrecken, also drehte er sich schnell auf die Seite und somit von Akai weg, damit dieser nichts merken konnte. "Lass mich in Ruhe!" Gin lauschte angespannt und irgendwie auch nervös ob Akai ging oder vielleicht noch was sagen würde, doch er vernahm nichts.

Auf einmal sank die Matratze neben ihm ein und sein Feind lag mit ihm auf dem Bett. Gin drehte langsam und vorsichtig den Kopf zum FBI Agenten, dieser wandte ihm den Rücken zu. Der Silberhaarige wollte eigentlich etwas sagen, doch aus irgendeinem Grund kamen keine Worte aus seinem Mund.

Gin seufzte daraufhin einfach nur, drehte sich wieder zurück und schloss seine Augen.
 

Am nächsten Tag wachte Akai ungewöhnlich gut gelaunt und vor allem ausgeruht auf. Eigentlich wollte er noch etwas weiter schlafen, doch irgendetwas war anders. Dann fiel es ihm auf - Gin hatte ihn diese Nacht kein einziges Mal wegen einem Alptraum geweckt.

Akai wollte gerade aufstehen, als ihm etwas auffiel. Er schaute kurz zur Seite und erblickte den noch schlafenden Gin, der seine Arme um ihn geschlungen hatte. Akai war deswegen ziemlich überrascht und wusste nicht was er tun sollte. Es wäre sinnvoller gewesen noch etwas im Bett zu bleiben und Gin noch nicht zu wecken, immerhin hatte dieser jetzt auch zum ersten Mal seit langem wieder gut schlafen können. "Warum eigentlich? Was war anders als die letzten Nächte? Etwa, dass wir zusammen in einem Bett geschlafen haben?" Akai schmunzelte leicht bei diesen Gedanken, hielt es aber für besser ihn zu vergessen. Er warf wieder einen Blick zum Silberhaarigen, das Einzige was man von diesen hörte, war ein leises Atmen. Er sah so friedlich in diesen Augenblick aus. "Es liegt wohl eher daran, dass dies der Gin der Organisation ist." , dachte Akai, "Aber... anzusehen ist es dir nicht." Ohne sich dessen im Klaren zu sein hatte Akai den letzten Teil seiner Gedanken ausgesprochen, während er Gin sanft mit einer Hand durch die Haare fuhr.

Davon öffnete nun auch dieser langsam die Augen. Er war sich der Lage noch gar nicht bewusst und empfand sie eher als gemütlich.

"Guten Morgen." , wurde Gin zu seinem Erstaunen begrüßt. Das erinnerte ihn an längst vergangene Zeiten...

Gin riss die Augen auf.

"Was machst DU denn hier!", fuhr er Akai wütend, aber auch peinlich berührt und „....erleichtert!?“ an. "Nein." dachte Gin gleich. "Es gibt zwar genügend Gründe auf diesen Typen vor mir wütend zu sein und ihn zu hassen.....meinetwegen ihn auch ein wenig zu fürchten.." gestand er sich widerwillig ein. "Aber auf KEINEN Fall gibt es einen Grund erleichtert zu sein."

"Hat dein Gedächtnis schon wieder einen Sprung? Ich dachte, du hast gemerkt, dass ich mich gestern Abend bereits neben dir gelegt hatte. Zudem, dass du klammerst…dafür kann ich nichts." Akai wies darauf hin, dass Gin immernoch die Arme um ihn gelegt hatte.

Als dieser das nun auch endlich begriff sah er etwas schockiert und wurde leicht rot um die Wangen. "Verdammt was mach ich hier?!" Gin wich umgehend zurück. "Ä-ähm was meintest du mit >Hat dein Gedächtnis schon wieder einen Sprung< !?", fragte er unmittelbar danach, um irgendwie das Thema zu wechseln.

"Mist, habe ich mich jetzt etwa verplappert?.." Akai biss sich unbemerkt auf die Unterlippe und versuchte der Frage einfach aus dem Weg zu gehen. "Gar nichts.. du weißt doch, letztens im Krankenhaus." Er kratzte sich am Hinterkopf, was Gin nur noch stutziger machte. "Das kam gerade aber eher so rüber als hätte ich das ständig!", meinte er laut.

"Kam es das?", fragte der Agent und wollte einfach schnell das Bett verlassen, doch der Silberhaarige krallte in sein Hemd und hinderte ihn an seinen Vorhaben. "Du verheimlichst mir etwas - und ich will jetzt wissen was!"

Erste Aktionen

Akai bekam einen Gedanken. "Okay." er stand auf und hob Gin dabei mit hoch, da dieser sich weiter an ihm festhielt. Damit Gin sich nicht erneut den Kopf stieß legte Akai beide Arme um den Kleinen. "Dann musst du heute aber ganz brav sein und dich ganz genau an alles halten was ich dir sage." denn soeben war Akai eingefallen, dass Jodie zusammen mit Camel und James heute kommen wollten um das weitere Vorgehen des FBI‘s zu besprechen.

Gin grummelte etwas. "Na gut.." nuschelte er kaum hörbar.

Akai konnte es aber gerade noch verstehen und lächelte. "Dann wäre das geklärt."

Kaum ausgesprochen, läutete auch schon die Klingel. Akai war über das verfrühte Auftauchen etwas überrascht, doch stören tat es ihn nicht.

Er setzte Gin in das Schlafzimmer ab mit den Worten: "Ich vertrau dir, also mach mir ja keinen Ärger."

Der Angesprochene nickte, unter der Bedingung: "Und du versprichst mir zu erzählen, was du mir über mich verheimlichst, klar?"

Der Agent seufzte, doch stimmte zu.

Dann verließ er das Zimmer und eilte die Treppe hinunter, ohne das Schlafzimmer abzuschließen. Diesmal wollte er Gin zeigen, dass er wirklich bereit wäre ihm zu vertrauen.

Dieser hatte dennoch nicht vor, sich so leicht herumkommandieren zu lassen - andererseits wollte er wissen, was Akai ihm noch verheimlichte. Doch er wollte noch eine Sache wissen, nämlich was die Agenten unten zu besprechen hatten. Also wagte er es, doch die Tür zu öffnen und bis zur Treppe zu schleichen, so dass man die Stimmen von Akai und den Anderen gerade noch verstehen konnte.

Aufmerksam lauschte er dessen Worten.
 

"Du brauchst aber wirklich lange um die Tür zu öffnen, Shu." warf Jodie Akai gleich an der Tür zu.

"Das Haus ist riesig, es dauert eine Weile von ganz oben bis nach unten zur Tür." redete er sich raus und führte die Drei in das Wohnzimmer.

"Nun, wir haben Neuigkeiten, von Mizunashi Rena." begann James ohne, dass man ihn fragen musste, was der Anlass des Treffens sei.

"Ist dem so? Was sagt sie?" erkundigte Akai sich, worauf Jodie ihm antwortete.

"Wie es scheint, hat man herausgefunden, dass Gin überlebt hat. Seine Leiche oder sonstige Meldungen hat man nicht gefunden bzw. erhalten."

Die Information interessiere den jungen Agenten nicht sonderlich, aber die danach folgende schon.

"Und eine gewisse Person ist darüber nicht sehr erfreut und hat sich persönlich auf die Suche nach Gin begeben." fügte Camel hinzu ohne den Namen der besagten Person zu verraten, aber genau jenen wollte Akai erfahren und er hatte dabei eine böse Vorahnung.

"Rum." kam es trocken von James.

Akai fuhr ein Schauer über den Rücken. "Das könnte Probleme bereiten, große Probleme..." gestand er sich.

"Was? Wieso ausgerechnet Rum? Was liegt ihm an Gin?", fragte er leicht beunruhigt.

"Alles was wir wissen ist, dass Rum derjenige war, der Gin tot sehen wollte und somit Wodka beauftragte ihm diesen Wunsch zu erfüllen.", meinte James und Camel ergänzte ihn: "Wo wir von Wodka reden, sollte der nicht deshalb große Probleme mit Rum bekommen haben?"

"Ja. Unerklärlicherweise stört Rum Gin‘s Existenz scheinbar sehr.", antwortete Jodie.

Akai konnte es immernoch nicht fassen: "Rum will nach Gin suchen, persönlich? Wie wird das enden? Weiß er, dass Gin jetzt ein Kind ist?" Zu viele Fragen beunruhigten ihn. "Und weiter? Was plant Rum jetzt? Hat er Anhaltspunkte, wo Gin sich befinden könnte und wieso er überhaupt noch am Leben ist?" Der junge Agent fragte seinen Kollegen regelrecht Löcher in den Bauch. Diese schüttelten auch nur ratlos den Kopf.

"Mehr konnte Rena uns momentan nicht berichten, jedoch sollten wir auf der Suche nach Gin jetzt jedenfalls sehr vorsichtig sein, nicht das wir Rum aus Versehen in die Arme laufen.", warnte James, worauf die anderen Drei zustimmten.

Akai schluckte. Jetzt fing er an sich Sorgen um Gin zu machen, doch er schwor sich bereits, dass dieser auf seine Hilfe zählen könnte. "Niemand auf dieser Welt darf Gin etwas antun... abgesehen von mir." sprach er gedanklich, selbstsicher und zugleich hämisch. Sein Hass begann sich auf Rum zu prägen.
 

20 Minuten später
 

Die drei FBI Kollegen Camel, James und Jodie waren gerade dabei das Haus zu verlassen, Akai bedankte sich noch für die nützlichen Informationen und schloss dann die Tür.

"Gin..." schoss ihm durch den Kopf und er lief umgehend die Treppe zum Schlafzimmer hinauf.

Oben angekommen aber saß Gin direkt an der Treppe. Er war wie erstarrt, wenn man genauer hinsah konnte man sogar erkennen, wie seine Beine leicht zitterten. Sein Atem konnte man eher hastig vernehmen, zumindest alles andere als ruhig. Er wirkte panisch, verängstigt. Offenbar konnte Gin solche Gefühle wie Angst wirklich empfinden, weshalb Akai davon ausging, dass Rum schon eine ganz spezielle Rolle in dessen Leben gespielt haben musste. "Du hast.. uns belauscht?", wollte Akai wissen, wobei die Antwort sowieso klar auf der Hand lag.

"Rum sucht nach mir...", murmelte Gin leise vor sich hin und ignorierte Akai's Frage einfach.

"Ja. Er weiß, dass du noch lebst." teilte dieser ihm mit, was er ohnehin schon wusste.

"Dann sollte ich von hier verschwinden... Es ist besser, du wirst da nicht mit reingezogen, da dich das nichts an geht.", erklärte Gin dem Agenten mit immernoch leiser Stimme, auch klang sie verzweifelt.

"Rum weiß aber nicht, dass du ein Kind bist und er weiß ebenso wenig, dass du hier bist. Also beruhige dich, du bist hier sicher.", mit diesen Worten hockte sich Akai zu ihm herunter.

"Das geht nicht lange gut, glaub mir. Ich werde wohl mein Schicksal entgegen nehmen müssen und mich von ihn töten lassen." sprach Gin mit gesenktem Kopf.

"Nein." sprach Akai laut, es klang so fest entschlossen, dass Gin ihn sogar wieder ansah

"Es ist doch sowieso zwecklos." der Silberhaarige klang alles andere als überzeugt.

Da packte Akai ihn an die Schulter und sah ihm tief in die Augen.

"Er wird dich niemals kriegen, dafür sorge ich persönlich... und wenn ich dabei draufgehe. Du bist mein Koibito-san und niemand, besonders nicht dieser Kerl, darf dich töten solange ich lebe. Hast du mich verstanden?" Beim seinem letzten Satz kam er Gin so nah, dass ihre Gesichter nur noch ein paar Zentimeter voneinander entfernt waren.

Gin lief ein Schauer über den Rücken. Ob es ein wohliges oder unwohliges Schauern war konnte er aber nicht deuten.

Doch während er Akai betrachtete wurde ihm irgendwie anders zu mute und die lähmende Angst nahm ab.

Beschämt und wütend auf sich selbst wich Gin vor seinem Erzfeind zurück und senkte den Kopf.

"Das habe ich jetzt nicht ernsthaft alles gesagt!", dachte er. "Ich hab jetzt doch wohl nicht ernsthaft Schwäche vor diesem Idioten gezeigt!" Warum ihn Akais Worte beruhigten wollte Gin gar nicht erst erörtern. Denn sein Verstand befahl ihm er solle Akai bloß nicht glauben und zusehen, dass er verschwinden würde. "Dämlicher Kinderkörper! Der bringt mich mit solchen Gefühlen ganz durcheinander!", versuchte Gin sein Empfinden wegzuschieben. Um deutlich zu machen, dass Akai ihm wirklich egal war, sagte er laut: "Na dann stirb doch richtig!", überraschender Weise taten Gin die Worte jedoch selbst weh und brachten nicht die Erleichterung auf die er gehofft hatte. "Ich hab meinen Teil der Abmachung eingehalten, also bist du jetzt dran!", lenkte er plötzlich vom Thema ab.

Akai seufzte daraufhin. "Nein, die Abmachung war, ich erzähle dir die Wahrheit, wenn du oben im Zimmer bleibst... und du hast dich nicht daran gehalten. Deshalb werde ich es dir nicht sagen." verbarg er Gin erneut die Wahrheit.

"Willst du mich verarschen?!", schrie dieser dann wütend und er trat Akai mit seiner ganzen Kraft in dessen Schienbein. "Was ist dein Problem? Sag es doch einfach!" Er konnte es wirklich nicht fassen, erst so ein liebevolles Gelaber und jetzt stellte der Typ sich trotzdem wieder stur? Gin hatte endgültig genug.

"Es ist zumindest nicht mein Problem, wenn du nicht das tust, was ich dir sage.", meinte Akai gelassen.

"Weißt du was? Dann bleibe ich eben im Zimmer. Und halt dich ja von mir fern und lass mich in Ruhe. Du brauchst nicht mehr das Geringste von mir erwarten!", mit diesen Worten rannte Gin in das Schlafzimmer und schmiss die Tür hinter sich zu.

Akai fasste sich an seine Stirn, ging nochmal nach unten in die Küche um ein paar Sandwiches zum Frühstück zu machen. "Es ist zwar schon 14:37 Uhr aber wer achtet bei so einem Chaos schon noch auf die Zeit...“ dachte er und ging im Anschluss wieder nach oben.

Vor der Tür zum Schlafzimmer zögerte er einen Moment mit zum anklopfen erhobener Hand, dann entschied er sich jedoch um und trat direkt ein.

Dort drin erblickte er einen beleidigten Gin, der auf dem Bett lag und ihn den Rücken zukehrte. Er schenkte Akai keinerlei Beachtung. "Ich hab Essen für dich gemacht.", teilte der Agent ihm mit - keine Reaktion, als würde dieser es nicht einmal hören. "Ich stell es dir hier hin, iss wenn du möchtest. Ich hol den Teller später wieder ab.", auch zu dieser Mitteilung erhielt Akai keine Antwort. Er blieb wie angewurzelt stehen und erhoffte sich immernoch irgendeine Reaktion vom Silberhaarigen - doch nichts bekam er, nicht einmal eine dumme Anmerkung wie sonst, was schon ungewöhnlich für Gin war. "Hey! Antworte mir wenigstens!", verlangte Akai. Als selbst darauf keine Reaktion erfolgte fing er an sich Sorgen zu bereiten. Langsam ging er um das Bett herum um Gin ansehen zu können.

Sobald er jedoch das Bett umrundet hatte verbarg Gin sein Gesicht schnell im Kissen.

Akai atmete erleichtert auf. Zumindest war Gin nicht erneut bewusstlos geworden.

Aber was war dann los?

Tränen

„Ist er jetzt etwa wirklich angepisst?“ dachte Akai und schaute skeptisch zu Gin.

"Hey, du willst doch jetzt nicht etwa schmollen... Ich dachte, du seist erwachsen." meinte er, beugte sich dann zu Gin herunter und wollte das Kissen von dessen Gesicht nehmen.

Gin krallte sich jedoch extra fest an das Kissen, aber Akai war bereits etwas seltsames aufgefallen.

Das Kissen war nass.

"Gin weint?", fragte sich Akai ungläubig. "Niemals!"

Ihm stockte der Atem, er war fast sprachlos und bekam nur noch ein leises "G-Gin..." aus sich heraus. Er bewegte schon reflexartig seine Hand einfach zu Gin's Kopf um ihn zu streicheln, aber Gin packte sie zuvor.

Kurz herrschte Stille.

Nachdem Akai zweimal hastig blinzelte kam er wieder zu Wort: "Hör mal, es gibt doch keinen Grund jetzt zu weinen.." Er startete noch einen Versuch dem Silberhaarigen das Kissen wegzunehmen.

"Das weiß ich auch!", dachte Gin und verstand sich dabei selbst nicht. Da die Katze jetzt aber nun mal aus dem Sack war gab der Silberhaarige seine Bemühungen es zu verbergen jedoch auf - was aber nicht bedeutete, dass er selbst einfach so aufgab.

Weinen bedeutet schwach zu sein und das durfte Gin nie sein.

Besonders nicht vor seinem Erzfeind.

Da er jetzt jedoch nichts mehr daran ändern konnte, musste er wenigstens noch etwas Würde bewahren. Die Einzige Idee, die ihm dazu kam passte ihm zwar auch nicht, aber was sein musste musste sein. Seine Tränen konnte er jetzt eh nicht mehr stoppen. Am liebsten hätte er Akai angeschrien, da er aber seiner Stimme nicht vertraute drehte er sich nur weiter von seinem Feind weg. Möglichst unauffällig brachte er sich dabei in Position und als Akai erneut nach dem Kissen griff warf er es ihm ins Gesicht, krabbelte schnellstmöglich über das Bett und rannte zur Tür.

"Er ist einfach ein hoffnungsloser Fall.." Akai schüttelte mit dem Kopf bevor er ihm hinterher rannte, doch so leicht würde er Gin mit dieser Nummer nicht davon kommen lassen. Er war ihm ohnehin überlegen.

"Was soll das, spiel dich nicht wegen ein paar Tränen so auf!", schrie der Agent als er Gin am Arm packte und ihn zu sich ran zerrte, dennoch wurde er keines Blickes gewürdigt. Er beschloss daher einfach weiterzureden: "Es ist keinesfalls beschämend zu weinen, wie du das anscheinend siehst... Es ist einfach nur menschlich!" Im Nachhinein empfand er, dass er vielleicht einen ruhigeren Ton hätte aufsetzen sollen - Gin schien das nämlich nicht gerade zu ermutigen.

"Stell dir vor ich würde jetzt hier durch das ganze Haus rennen nur, weil ich nicht möchte, dass du meine Tränen siehst. Lächerlich, was? Du willst mir keine Schwäche zeigen, aber gerade weil du jetzt vor mir wegläufst tust du genau das."

Noch immer erfolgte keine Reaktion von Gin. Deswegen zog Akai ihn mit sich zurück zum Bett - Gin hatte es zuvor mit seiner Aktion nicht mal bis zur Tür geschafft bevor er ihn eingeholt hatte.

Am Bett angekommen setzte Akai sich, dadurch war er fast auf Augenhöhe mit dem Kleineren. Sein Vorhaben ihm ins Gesicht zu sehen wurde jedoch dadurch verhindert, dass Gin den Kopf so senkte, wodurch seine Haare nach vorne fielen. Der Versuch von Akai die Haare zur Seite zu schieben wurde von einer schnellen Kinderhand vereitelt.

Akai seufzte und begann zu reden. Nun wieder im ruhigerem Tonfall, aber noch immer bestimmt. "Du hast jetzt genau zwei Möglichkeiten." Er hielt Gin jetzt an beiden Schultern fest. "Entweder du setzt dich jetzt neben mir auf das Bett und wir reden über die Umstände, durch die du zum Kind geworden bist."

Gins kleiner Körper spannte sich an.

"ODER ich setzte dich jetzt auf meinen Schoß und wir reden über die Umstände, durch die du zum Kind geworden bist."

Gin schaute nachdenklich zur Seite. Eingestehen musste er sich, beide Möglichkeiten fand er unschön, zudem unterschieden sie sich nicht wirklich sehr voneinander.

Zeit zum überlegen wurde ihm jedoch nicht gegeben, denn Akai hatte längst seine Hände unter Gin's Armen und wollte ihn auf seinen Schoß setzen, "Wie du willst.", sprach er dabei.

"Warte!" endlich hatte der Kleine doch ein Wort aus seinem Mund bekommen, also ließ der Agent ihn auch wieder runter. "Ist gut, wir können reden…", meinte Gin leise und gesellte sich neben Akai auf das Bett.

Dieser konnte sein Lächeln nicht unterdrücken. "Sieh an, du kannst ja doch noch reden." meinte Akai. "Willst du anfangen oder soll ich?", bot er Gin nach kurzer Pause an.

"Mach. Ich werd schon ehrlich antworten." Auch wenn es gelassen wirkte war es für Gin dennoch schwer. Eigentlich wollte er darüber nicht reden, er fühlte sich dabei unwohl und es wäre auf irgendeine Art schon peinlich, doch jetzt gab es wohl kein Zurück mehr.

"Ich fang mal so an.. Wie fühlst du dich? ... Nein, ich frag anders, wie fühlt es sich an von seinem Partner so hintergangen zu werden? Ich nehme an, du hättest Wodka dass im Traum nicht zugetraut." begann Akai und hatte damit schon direkt ins Schwarze getroffen.

Gin seufzte, mit dieser Frage hatte er selbstverständlich gerechnet. "Ich...weiß es nicht. Er war bloß der Organisation treu, so was kann ich ihm nicht übel nehmen..." Den letzten Teil sprach Gin nach und nach ruhiger aus.

Der Agent merkte sofort, dass an der Aussage etwas faul war. "Ehrlich, sagtest du.", erinnerte er Gin.

"Das war ehrlich!", versicherte dieser.

"Nein war es nicht!"

"Doch, sehr wohl!", schrie Gin, wobei ihm wieder ein paar Tränen die Wange herunter rollten. Der kleine Mörder wollte gerade aufstehen und wegrennen, doch der FBI Agent hielt ihn noch rechtzeitig fest.

"Hier geblieben!", ermahnte Akai und setzte Gin letztlich doch auf seinem Schoß. "Ich frage dich noch einmal, Koibito-san, was hattest du gefühlt?"

Am liebsten wollte Gin überhaupt nicht mehr antworten, zumal Akai ihn einfach auf den Schoß genommen hatte. Jedoch, dessen Stimme klang plötzlich so vertraut. Der Silberhaarige wollte sich diesen Gedankengang ausreden, doch so sehr er dies versuchte, es war wohl die Wahrheit. "Hmh... Ich kann es kaum beschreiben. Klar fühlte ich mich hintergangen. Ich war schockiert, wütend und..." Gin beendete seinen angefangenen Satz nicht, obwohl er sich erst überwunden hatte diesen überhaupt anzufangen.

"Und was?" hinterfragte Akai ruhig, er sah Gin solange in die Augen bis dieser auch endlich weiter reden würde.

Schließlich tat er es.

Man merkte jedoch, dass es nicht leicht für ihn war, da man seine Stimme kaum hörte. "Und ich.. war entsetzt, nach all der langen Zeit, die ich ihn schon gekannt hatte. Er war irgendwie... wie ein Bruder für mich." Nachdem er dies sagte, blickte Gin etwas bedrückt nach unten, er wollte nicht, dass Akai sein Leid sah. Allerdings merkte der Silberhaarige etwas, Akai drückte ihn näher an sich, als wollte er ihn umarmen.

"Das tut mir leid, wirklich...", hauchte der FBI Agent Gin in sein Ohr.

Ein kurzer Ansatz von Gin sich lösen zu wollen, doch er bemerkte längst, dass Akai seinen Griff nicht mäßigen würde, also ersparte er sich die Mühe. Jetzt wo er sich das alles nochmal durch den Kopf gehen ließ, empfand er, dass eine Umarmung jetzt nicht unangebracht war, auch wenn sie vielleicht von der falschen Person kam?

Gin wusste es nicht.

Er wusste nicht, wie er seinen Erzfeind jetzt sehen sollte.

"Es ist doch sonst jeden anderen egal...was mit mir ist." gab er noch von sich, kaum hörbar, doch da Akai sehr aufmerksam zuhörte verstand er es. Was der Silberhaarige aber nicht verstand, wieso er diesen Satz jetzt gesagt hatte. Es war als wären die Worte einfach aus seinem Mund gekommen ohne, dass er es hätte verhindern können. Er fühlte sich einfach schlecht, dass er in der Organisation sonst keine Freunde hatte war nicht zu leugnen, aber das war ihm auch egal solange alle nach seiner Pfeife tanzten. Es war nur Wodka, der sich seinen Kopf um ihn machte, sie kannten sich schon von klein auf.

Gin schloss die Augen. "Ja, es tat weh, was Wodka getan hat...und das tut es immernoch."

Plötzlich sagte Akai etwas, was Gin dazu brachte die Augen wieder weit aufzureißen. "Mir ist es nicht egal, was mit dir ist."

Gin fühlte sich, als würde sein Herz kurz aussetzen. "Warum sollte es dir nicht egal sein? Du lügst!", sagte er etwas lauter, wobei man es nicht schreien nennen konnte. Der Silberhaarige versuchte sich loszureißen, innerlich seufzte er allerdings. Er wusste, dass in Akai's Worten etwas Wahres war, aber Gin selbst wollte es nicht wahr haben. Er versuchte wieder seine Gefühle zu verdrängen.

Akai bemerkte dies jedoch und drückte Gin noch fester an sich. "Du weißt ganz genau, dass ich es ernst meine..", meinte er, allerdings irgendwie abweisend.

"Ahja? Du wartest doch nur bis ich wieder der Alte bin und du mich dann töten kannst." warf Gin ihm dann vor, worauf er erwiderte: "Das Gleiche kann ich ungefähr zu dir sagen. Bleibt nur noch: Wer von uns Beiden meint es ernst?"

Diese Frage verwirrte Gin etwas, sollte das heißen, Akai hatte längst andere Pläne?

Wenn ja, was waren das für welche?

Wollte er ihn denn gar nicht mehr tot sehen?

"Was weißt du denn über das Gift, wenn du überhaupt etwas darüber weißt?" unterbrach Akai plötzlich Gin's Überlegungen.

"Ich weiß darüber nicht mehr als du. Mich interessiert nicht, was diese Laborratten treiben, solange deren Endprodukt ihren Zweck erfüllt... Wobei ich mir dieses Mal wünsche, es würde das nicht.", antwortete dieser, worauf der Agent seufzte.

"Weißt du denn wenigstens von wem es sein könnte?" auch zu der Frage konnte Gin nur langsam den Kopf schütteln, jedoch überlegte er dabei und dann viel ihm doch noch ein Name ein:

"Merlot.", sagte er trocken, weshalb Akai diesen Namen hinterfragte: "Merlot?"

"Ja.. Kann sein, dass es von ihr ist. Sicher bin ich mir aber nicht." während Gin antwortete kramte der Agent in seinen Gedächtnis, allerdings glaubte er keine Merlot in Erinnerung zu haben.

"Merlot ... der Codename sagt mir nichts." sagte er schließlich.

"Wie sollte er auch? Die ist neu im Labor. Hab paar Gerüchte über sie gehört... eine kluge Wissenschaftlerin, aber nicht ganz sauber im Kopf.", erklärte Gin den immernoch aufmerksamen Akai.

Gefälschte Dokumente

Währenddessen bei der Organisation
 

"Merlot, wo ist sie? Bring sie sofort hier her!"

Wodka schluckte. Rum, sein Gegenüber schien nicht in bester Stimmung zu sein.

"Was stehst du hier noch? Geh runter zum Labor und sag der Frau sie soll in mein Büro kommen - SOFORT." fügte Rum wütend an, woraufhin Wodka sich schnell auf den Weg machte.

Missmutig grummelnd und von Rums Ausbruch verunsichert fuhr Wodka mit dem Fahrstuhl in die unteren Etagen. Aus Sicherheitsgründen musste er jedoch zwischendurch umsteigen und sogar noch ein paar Treppen zu Fuß gehen. Dabei wanderten seine Gedanken zu seinem ersten Treffen mit Merlot... und die Umstände die dazu geführt hatten. "Warum musste ich Gin nur beseitigen? Etwa nur wegen der gescheiterten Mission?..." Wodka wusste nicht was los war. Jeder in der Organisation war seit dem so angespannt und er vermisste die Ruhe und Sicherheit seines Aniki. Er fühlte sich so einfach nicht wohl.

Plötzlich stand er schon vor der Tür zum Labor.

Nach einmal tief durchatmen trat der Stämmige dort herein.

Den ganzen Wissenschaftlern entging das Auftauchen von Wodka nicht, die meisten stoppten an dem, was sie gerade arbeiteten und richteten ihren Blick zu ihm. Der schwarz gekleidete Mann war unter den weißen Laborkittelträgern recht auffällig, aber das kümmerte Wodka nicht weiter, er suchte zielstrebig nach dieser Merlot.

Nachdem er sich ein wenig umsah, fand er diese schließlich auch. Sie schrieb gerade irgendetwas in einen Notizblock, er fragte erst gar nicht und wollte sie einfach nur ansprechen.

"Du schon wieder! Was willst du?!", fauchte die Frau ihn jedoch zuerst an.

"Rum will dich sehen, sofort.", erwiderte Wodka kalt, doch so leicht überreden ließ Merlot sich nicht.

"Na und? Sag dem Schnösel ich hab zu tun, vielleicht schau ich später bei ihm vorbei." Sie wollte sich gerade wieder abwenden, doch Wodka packte sie an die Schulter.

"Hör mal Fräulein, du hast wohl vergessen wo du stehst!" Er versuchte wütend zu klingen, aber irgendwie konnte er das nicht.

"Tzz! Ist ja gut." Merlot schlug den Arm an ihrer Schulter weg und hastete durch das Labor bishin zur Tür, wo sie dahinter den Fahrstuhl nach oben betrat - dass Wodka ihr nicht so schnell folgen konnte war ihr so ziemlich egal.

Er stieg in den nächsten Fahrstuhl.
 

"Sie wollten mich sprechen?" Merlot stand nun im Büro, vor dem Schreibtisch von Rum.

"Schön dich zu sehen, meine Liebe Merlot. Setz dich ruhig.", sagte Rum und deutete auf einem Sessel, gegenüber von seinen Schreibtisch.

Dies tat Merlot auch, Wodka blieb allerdings stehen und beobachtete die Lage so gut wie es ging. Rum, dass zweit höchstrangige Mitglied der Organisation, sah die Wissenschaftlerin tief in die Augen, als würde er sie gerade von oben bist unten analysieren.

Merlot selbst hatte für all das hier keine Geduld und verschränkte die Arme. "Und? Was willst du?"

Rum fing an zu grinsen, gewiss war es jedoch kein freundliches. "Ich glaube, dass kannst du dir schon selber denken, meine Liebe."

"Hmm… momentan nicht, hilf mir doch aus die Sprünge.", meinte Merlot provozierend, doch Rum verbat sich solche vorlauten Töne, besonders von einer dahergelaufenen Wissenschaftlerin. Er schlug auf seinen Schreibtisch, so dass die Frau aufschreckte.

Sie sah Rum mit großen Augen an.

"ICH MEINE, DASS DEIN VERDAMMTES GIFT NICHT FUNKTIONIERT HAT! GIN LEBT!", schrie dieser, worauf Merlot nur lachen musste.

"Ach stimmt, du hast es ja an ihn getestet." Sie konnte vor lauter Lachen kaum noch deutlich sprechen, weshalb sie fortfuhr, als sie sich beruhigt hatte. "Wann habe ich gesagt, dass man mit diesen Gift Menschen töten kann?"

"Was soll das heißen? Es ist doch ein Nachfolger des APTX4869, der Silver Bullet!" Der Mann vor ihr schien etwas verwirrt.

"Dann kennst du anscheinend nicht die Wahrheit über diese Droge.", antwortete Merlot gelassen. Sie fing an finster zu grinsen.

Rum, als auch Wodka, verstanden irgendwie gar nichts mehr.

"W-was soll das bedeuten? Was ist mit meinen Aniki passiert?!" schrie Wodka aufgebracht und wollte auf die Wissenschaftlerin zu gehen, während er seine Waffe hervor holte. Doch bevor er sie erreichen konnte, unterbrach Rum den ehemaligen Partner von Gin. "Lass es Wodka.", sagte Rum ruhig ohne seinen Blick von Merlot abzuwenden.

"A-aber..", wurde ihm noch widersprochen.

"Ich sagte lass es!... Nun zu dir meine Liebe, ich will jetzt eine ernsthafte Antwort. Was hat das zu bedeuten?!"

Die Wissenschaftlerin fing wieder an zu lachen, ihr kamen beinahe die Tränen. "Ihr wisst also echt nichts davon? Wow und ich dachte die Leute hier in dieser Organisation hätten wenigstens etwas Verstand." Ihr Gelächter wurde lauter.

Nun hatte Rum endgültig die Geduld verloren, er erhob sich aus seinen Stuhl und bewegte sich auf der immernoch lachenden Merlot zu, dann packte er sie am Kragen.

"Du sagst mir jetzt sofort was mit Gin passiert ist, ich will wissen wonach ich suchen muss!" zischte er aufdringlich.

Merlot's Brille spiegelte sich im Licht, ihre Miene wurde finster. "Finde ihn, dann erfährst du auch was mit ihm passiert ist!", nach dieser Antwort stieß der Mann sie zu Boden, doch Merlot machte das nichts aus.

"Sei ja froh, dass du mir noch vom Nutzen bist... sonst würdest du schon längst in der Hölle schmoren!"

Merlot grinste breit, Rum war wirklich genervt von ihr und fasste sich an die Stirn.

Nach mehreren Minuten des Schweigens in denen Rums Anspannung immer weiter stieg fragte Merlot schließlich: "Und was hast du jetzt vor?" Ihr Blick war auf Rum gerichtet, Wodka spielte in ihren Augen eh keine Rolle. Er war für sie praktisch nicht existent.

"Als ob ich das dir verrate!", knurrte Rum nur leise und bedrohlich. "Du bringst mir jetzt gefälligst alle Unterlagen, Notizen und sonstige Aufzeichnungen zu deinem UND Sherrys Gift!"

Merlot lief ein kalter Schauer über den Rücken, aber sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen. "Bist du dir sicher? Das sind eine Menge trockener Formeln."

"SOFORT!", schrie Rum sie an.

Merlot zuckte zusammen, ging jedoch ohne ein weiteres Wort zur Tür.

"D-dann werde ich sie..." begann Wodka und wollte mit Merlot nach draußen gehen um ihr zu folgen und sicherzugehen, dass sie tat wie ihr befohlen wurde. Wobei er die Gelegenheit eigentlich nur nutzen wollte um vor Rum und aus diesem Raum zu fliehen.

"Du bleibst hier!", befahl Rum ihm jedoch, "Ich habe noch einen Auftrag für dich."

Das waren die letzten Worte die Merlot noch hören konnte bevor sich die Tür hinter ihr schloss.
 

Sie begab sich wieder zum Labor, auf dem Weg dorthin hatte sie schon einen Entschluss gefasst: Natürlich würde sie diesen hochnäsigen Kerl keinerlei Informationen zum Gift geben, dafür irgendein anderes sinnloses Kram. Sie begann leise zu kichern und dachte: "Mal schauen ob er mit fehlgeschlagenen Formeln auch was anfangen kann...", dann ging sie rüber zu ihrem Arbeitsplatz, kramte alles an sinnlosen Dokumenten zusammen was sie hatte und packte es zu einen Stapel zusammen. Doch die wahren Informationen und Daten zu den beiden Giften suchte sie ebenso zusammen, diese Dokumente wurden zu einen zweiten Stapel angelegt, welchen sie aber erst mal auf den Tisch liegen ließ. Stattdessen nahm sie den ersten und begab sich wieder zu Rum.
 

"Du wirst mir natürlich bei der Suche nach Gin helfen und mich täglich informieren wenn du was neues rausgefunden hast, verstanden?", legte Rum schon fest ohne, dass er von Wodka eine Ablehnung akzeptieren würde.

"Warum immer ich...", sprach Wodka gedanklich, doch in Wirklichkeit nickte er einfach.

Einen Moment später kam die Frau auch schon wieder hereinspaziert. Sie knallte den Stapel auf Rum's Schreibtisch mit den Worten: "Bitte sehr! Darf ich jetzt wieder gehen?"

"Nur zu.", meinte Rum abwesend während er grob den Stapel durchblätterte.
 

Kaum hatte Merlot seine Worte gehört, eilte sie wieder zum Labor. Sie hatte zuvor eine große Aktentasche geholt und packte dort nun den zweiten Stapel mit den richtigen Infos hinein mit noch ein paar anderen Sachen.

"Was hast du vor Merlot?", fragte sie eine Assistentin ohne Codenamen, welche über Merlots Handlungen verwundert war.

"Ich gehe mein Versuchskaninchen suchen.", antwortete sie, zwinkerte mit dem linken Auge und hielt sich ihren Zeigefinger vor die Lippen, was andeuten sollte: "Kein Wort." Ihre Assistentin nickte hastig.

Dann verließ Merlot das Labor gemächlichen Schrittes mit dem Aktenkoffer. Wie gewohnt wurde sie dabei mit Blicken verfolgt, da sie es sich jedoch zur Gewohnheit gemacht hatte das Labor immer mit einem Aktenkoffer zu betreten und zu verlassen kam dies niemandem seltsam vor. "Vorbereitungen zahlen sich eben aus.", dachte Merlot selbstgefällig und verließ das Gebäude ohne zurück zu sehen. Gedanklich streckte sie Rum jedoch die Zunge raus.

"Viel Spaß beim Müll durchwühlen."
 

Zurück in der Villa Kudo
 

Nach dem langen Gespräch das Akai mit Gin geführt hatte, wobei sie leider zu keine weiteren Erkenntnisse gekommen waren, war Gin auf Akais Schoß eingeschlafen. Obwohl Gin versucht hatte es zu verbergen, war dem FBI Agenten nicht entgangen, dass sich die Kopfschmerzen des Kleinen verschlimmerten. Er beschloss ihn erst mal auf das Bett abzulegen und ihm ein kaltes Tuch vom Bad zu bringen.

Währenddessen überlegte Akai, wie man jetzt am Besten vorgehen könnte, denn eins war sicher - sie brauchten einen Plan. Solange Gin so klein ist, wäre es erst einmal besser sich vor Rum zu verstecken, denn ausrichten könnte man ohnehin nichts.

Aber wie sollte Gin überhaupt seine normale Größe zurück erlangen?

"Merlot..", murmelte der Mann leise während er einen Lappen unter kaltes Wasser hielt. Der Name dieser Wissenschaftlerin ging ihm nicht aus dem Kopf. "Was wenn das Gift wirklich von ihr ist? Dazu müsste man sie finden, aber wie?" Eine Antwort auf diese Frage würde Gin vielleicht wissen, weshalb Akai froh war, dass dieser scheinbar wieder wach war, als er das Schlafzimmer betrat.

"Du sag mal... hast du eine Idee wo wir diese Merlot finden können? Immerhin ist sie unser einziger Anhaltspunkt.", sprach der Agent zum kleinen Jungen vor ihm, welcher überraschenderweise eine Augenbraue nach oben zog und seinen Gegenüber verwirrt anstarrte.

"Merlot? Wer ist das?", kam es unwissend.

Akai biss sich auf die Unterlippe. "Verdammt, nicht schon wieder!", fluchte er gedanklich, äußerlich verzog er aber keine Miene. Er nahm das jetzt einfach so hin, vielleicht würde der Verlust nicht lange andauern, heiterte Akai sich ein wenig auf. Doch er hatte nicht die geringste Ahnung, dass dieser Gedächtnisverlust länger gehen würde als erwartet.

Neues zu Hause

Eine Woche später
 

"Warum kann ich nicht raus?!", verlangte Klein-Gin zum fünften Mal am heutigen Tag zu wissen.

"Weil die Person die deine Eltern getötet und euer Haus abgebrannt hat nach dir sucht!", erwiderte Akai angespannt von der anderen Seite des Tisches.

Beide saßen sich angespannt beim Frühstück gegenüber.

"Und deswegen willst du mich für den Rest meines Lebens einsperren?", trotz der großen Angst die klein-Gin vor Rum hatte, Einsicht zeigte er keine.

Akai jedoch wusste, dass Rum nicht das Einzige Problem wäre, genau genommen darf niemand Gin sehen - weder seine Kollegen, der Professor und das Mädchen von nebenan, der Detektivjunge, welcher ursprünglich hier wohnt, noch irgendjemand anderes - das könnte große Probleme bereiten. Akai war also gezwungen den Jungen hier festzuhalten, was ihm ein wenig Leid tat. Gin könnte wirklich ein wenig frische Luft vertragen, doch dafür müsste man zu einer Gegend, wo man sich sicher sein könnte soweit niemanden zu begegnen, den man kennt.

Der Agent grübelte, während Gin in seinem Essen rumstocherte, als wäre ihm der Appetit vergangen.

"Okay, wie du willst...Gib mir ein paar Minuten." Mit den Worten unterbrach Akai das Frühstück und ging nach oben.

Der Silberhaarige sah ihm verwundert hinterher.

Was hatte der Mann wohl jetzt vor?
 

Circa nach einer Stunde hörte Gin wie jemand die Treppe herunter kam.

Akai stand mit zwei großen Koffern vor ihm.

Erst dachte der Junge er würde nicht richtig sehen, doch es schien als hätte der Mann vor ihm vor abzuhauen. "W-wo willst du hin?", kam es verwirrt von Gin.

"Wir werden erst mal woanders hingehen, dann wärst du fürs Erste in Sicherheit und kannst meinetwegen auch mal, in Begleitung von mir, einen Fuß vor die Tür setzen.", erklärte Akai, worauf er Gin bat mitzukommen - allerdings durch die Hintertür.

"Hey, dein Auto steht doch da vorn, muss ich jetzt etwa laufen?!", grummelte der Kleine und zeigte zur Vordertür Richtung des Subaru's, der an der Straße davor parkte.

"Nein, wir nehmen ein anderes Auto.", antwortete der Agent gelassen.
 

Nach kurzer Zeit kamen sie bei einer Art Garage an, etwas versteckt fand Gin.

"Wenn wir den Subaru nehmen merken die anderen schnell, dass ich außer Haus bin.", sagte Akai während er das Garagentor öffnete, dahinter verbarg sich ein roter Ford Mustang mit einem weißen Streifen auf der Motorhaube.

Gins Augen wurden groß. Aber der Kleine versuchte seine Aufregung und Begeisterung zurückzuhalten und weiter den Unnahbaren zu spielen.

Nachdem Akai das Gepäck in den Kofferraum verstaut hatte öffnete er für Gin die Beifahrertür. "Steig ein.", fügte er hinzu, der Junge befolgte die Anweisung.

Kurz darauf stieg auch Akai ein und fuhr den Wagen an.

Das Garagentor schloss sich hinter ihnen, schien wohl automatisch gewesen zu sein.
 

Während der Hälfte der Fahrt zog sich der eben noch so blaue Himmel mit dunklen Wolken zu, es begann zu regnen. Die schöne Aussicht nach draußen die Gin bis vor kurzem noch hatte verschwamm durch die Regentropfen an der Scheibe allmählich, weshalb Akai die Scheibenwischer einschaltete.

"Wohin fahren wir eigentlich?", dass der Silberhaarige neugierig war wohin die Fahrt gehen sollte, verbarg er nicht.

"Zu einem Ferienhaus in Haido...ursprünglich gehört es meinem Vater, aber der ist zurzeit unauffindbar.", erklärte Akai während sein Blick sicher auf die Straße vor ihm gerichtet war.

"Dein Vater..?", hinterfragte Gin, anscheinend war er immernoch neugierig.

"Vor 17 Jahren verschwand er und ließ nichts außer einer Warnung zurück, inzwischen glaubt meine Mutter er sei tot." normalerweise wollte der Agent dem Kleinen nicht soviel verraten, doch was ihn interessierte, ob der alte Gin vielleicht etwas von seinem Vater gehört hatte... Selbst wenn, da könnte er warten bis er schwarz wird eher dieser immernoch loyale Kerl Infos rausrücken würde, wieso war dieser ihm gegenüber überhaupt noch so vorsichtig?

Erst jetzt bemerkte Akai, wie sehr es ihn störte, dass Gin ihm immernoch nicht vollständig vertraute.

"Er lebt bestimmt noch.", kam es von diesen plötzlich, der Agent schielte überrascht zu den Jungen herüber.

"Ein Gefühl sagt mir... dass es so sein muss.", ergänzte der Silberhaarige sich, aus irgendeinem Grund musste Akai jetzt leicht lächeln.

Schreckliche Erinnerungen

Nach 20 Minuten hielt Akai vor einem abgelegen Ferienhaus, dieses schien nicht sehr groß, doch ausreichend für zwei bis drei Personen. Er sah zu seinem kleinen Beifahrer, der jetzt ganz ruhig war. Akai glaubte etwas wie Enttäuschung auf dem kleinen Gesicht zu erkennen. "Was hast du denn erwartet? Ein 5-Sterne Hotel mit Pool und Sauna?"

"Natürlich nicht!", antwortete Gin beleidigt.

"Dann steig schnell aus und warte an der Tür auf mich, ich stelle das Auto nur auf den Parkplatz." gab Akai Bescheid.

"Bei dem Regen?!" , entgeistert sah Gin ihn an.

"Du kannst natürlich auch sitzen bleiben, wenn du nicht nass werden willst. Dann wirst du die Nacht aber im Auto verbringen. Der Parkplatz ist hinter dem Haus und nein, hier gibt es keinen Hintereingang.", fügte Akai noch hinzu als der Junge den Mund öffnete.

Dennoch schien Gin unwillig zu sein.

"Hast du etwa Angst vor dem Regen?", grinste Akai.

Gin wurde rot. Er fühlte sich ertappt. Er hatte wirklich Angst. Aber nicht vor dem Regen. Sondern die Situation insgesamt erinnerte ihn an die letzte Nacht mit seinen Eltern. Das scheinbar leere Haus...der Regen...allein in der Dunkelheit... "Aber ihm bin ich da auch begegnet!"

Gin schielte zu Akai. "Zeige nie jemandem gegenüber Schwäche!", erklang plötzlich eine dunkle Stimme in Gins Kopf. Sie machte ihm Angst. Obwohl der Junge gerade zugeben wollte sich zu fürchten brachte er die Worte nicht über die Lippen. Stattdessen sagte er: "Natürlich nicht!" Öffnete die Autotür, schlug sie hinter sich zu und rannte durch den Regen zu der überdachten Eingangstür. Dabei prasselten Gin die Regentropfen ins Gesicht und verbargen seine Tränen.

Akai wartete noch bis Gin sicher an der Tür angekommen war, dabei schüttelte er mit den Kopf. "Dieser Junge ist wirklich ein hoffnungsloser Fall..", murmelte er dann und fuhr zum Parkplatz.

Gerade als er einparkte schallte ein Donner über den Himmel, zuvor hatte es schon geblitzt. Kurz schreckte er auf, denn damit hatte er nicht gerechnet, zumindest nicht von dieser Lautstärke. Er bemerkte jetzt auch, dass der Regen heftiger geworden ist, kaum ausgestiegen war er von oben bis unten durchnässt.

Nachdem der Agent das Gepäck aus dem Kofferraum geholt hatte, schloss er das Auto ab und rannte wieder zur Eingangstür. "Ich sollte Gin nicht zu lange warten lassen, sonst erkältet er sich noch.." schon kamen wieder die ersten Sorgen um den kleinen Gin. Doch Akai stockte der Atem als er diesen erblickte, sitzend vor der Tür, die Arme um die Knie geschlungen und darin den Kopf vergraben.

Umso näher Akai den Jungen kam desto genauer konnte er dessen Angst sehen. Vorsichtig stellte er das Gepäck ab und wollte Gin's Kopf zumindest wieder aufrichten, doch kaum berührt schlug der Verängstigte wild um sich.

"Nein, verschwinde!", schrie er, fest die Augen zusammen gekniffen wurde er immer panischer, als Akai versuchte ihn irgendwie zu beruhigen und nach den Armen zu fassen die immer noch um sich schlugen.

"Hey, hey, ich bin's doch nur!", wollte der Agent Gin klar machen und fasste auf dessen Schultern.

Kurz hörte man keine Stimmen, nur die Regentropfen, die auf den Boden aufkamen und der Donner über ihnen, war zu hören.

Langsam öffnete Gin die Augen, die vor Weinen leicht gerötet waren.

"Hattest du etwa Angst vor dem Donner?", fragte Akai ruhig.

"Ach Quatsch!", wies Gin ihn ab. Langsam beruhigte sich die Atmung des Kleinen und er stand auf, wobei er Akai‘s Hände abschüttelte. "Schließ doch endlich diese verdammte Tür auf!", verlangte er stattdessen.

Akai betrachtete Gin noch immer misstrauisch. So ganz schlau wurde er aus dem Jungen nicht. Mal benahm er sich wie das Kind das er dank seines Gedächtnisverlustes auch wirklich war und dann erkannte er plötzlich Züge des Erwachsenen.

Gin stand jetzt mit verschränkten Armen vor ihm und zitterte leicht. Vielleicht vor Kälte. Vielleicht aber auch noch immer vor Angst.

Akai runzelte die Stirn und drehte sich aber dennoch zur Tür. Sie mussten sich erst mal aufwärmen. Eine Erkältung konnte keiner von ihnen gebrauchen. Dabei konnte er immernoch versuchen mehr aus dem Jungen herauszubekommen - Jetzt schien dieser ihn jedoch komplett abzublocken.

Mit tauben Fingern fischte Akai einen Schlüssel aus einer Vertiefung des Türrahmens, die niemandem aufgefallen wäre, der nicht danach suchte. Obwohl das Gebäude schon seit Jahren nicht genutzt worden war, ging die Tür geräuschlos auf und das Licht im Flur ging auch sofort an. Ohne groß auf die Umgebung zu achten trat Akai ein und zog die Koffer hinter sich in den Flur. Dann drehte er sich herum und sah, dass ihm der Kleine zum Glück gefolgt war. Viel schien er jedoch auch nicht auf die Umgebung zu achten. "Mach die Tür bitte hinter dir zu.", bat Akai ihn.

Doch Gin lief einfach weiter und gab vor die Bitte nicht gehört zu haben, da wurde ihm der Weg versperrt.

"Die Tür.", wies Akai noch einmal ernster drauf hin.

Nachdem Gin die Augen verdrehte ging er nochmal zurück und schloss die Tür, dann trat er schweigend an den Agenten vorbei.

"Wenn du dich nicht ordentlich benimmst schläfst du draußen.", erzählte dieser ironisch während er den Kleinen in die Küche folgte.

Dort angekommen überlegte er ob er Gin erst Decke und Tee geben sollte und dann die Koffer auspacken sollte, oder umgekehrt. Als er den durchnässten Silberhaarigen jedoch genauer musterte, welchen ebenso schon die Beine schlotterten, entschied er sich für die erste Variante und schaltete den Wasserkocher ein. "Zieh bitte die nassen Klamotten aus.", bat Akai danach den grummelnden Gin auf der Couch und hielt ihm eine Decke entgegen, doch es erfolgte keine Reaktion. „Was wohl jetzt schon wieder los ist? Dieses Kind ist wirklich schwierig...“ dachte Akai. Aber auf solche Spielchen hatte er jetzt keine Lust, also zog er selbst Gin den Pullover über den Kopf und warf ihm die Decke über. Die nassen Haare rieb er mit einem Handtuch trocken, was Gin nach kurzer Zeit störte.

"Das reicht, hör auf damit!", kam es genervt.

"Dann hör gefälligst auf zu schmollen.", entgegnete Akai und kniff ihm leicht in die Nase.

Plötzlich pfiff der Wasserkocher.

Der Mann eilte zum Küchenschrank, holte eine Tasse daraus und bereitete Gin einen Tee zu.

Nachdem er ihn den Jungen gegeben hatte, gab er diesen Bescheid, dass er die Koffer auspacken geht, danach verschwand er aus dem Zimmer.
 

Gin saß allein auf der Couch, die Decke lose um die Schultern gelegt und den Tee in den kalten Händen. Er starrte auf seine Hände herab, die langsam aufhörten zu zittern, doch er sah sie nicht.

Er war wieder in dem Haus seiner Eltern, in dem er aufgewachsen war. Irgendwo wusste Gin, dass er gerade in einem fremden Haus saß, doch gleichzeitig durchlebte er die letzte Nacht mit seinen Eltern erneut.

Vater war den ganzen Tag zu Hause und hat mit mir Räuber und Gendarm gespielt. Es war sehr selten, dass er so viel Zeit hatte, aber er meinte es wäre ein besonderer Tag. Mutter hat mir mein Lieblingsessen gekocht.... Es gab sogar zum Frühstück schon Eierkuchen! Es war der schönste Tag aller Zeiten bis...

Ein Blitz zuckte über den Himmel und das Licht über Gin fing an zu flackern und ging daraufhin aus.

Kurz danach erfüllte Donnergrollen die Stille.

Gin ließ die Tasse fallen und der heiße Tee tropfte von seinen Fingern. Die Decke war ihm von den Schultern gerutscht. Er starrte auf seine Hände und fing wieder an zu zittern.

Ohne darüber nachzudenken rutschte Gin von der Couch, kauerte sich davor hin und schlang sich die Decke so fest er konnte um seinen kleinen Körper.
 

Dunkelheit, Nässe, Kälte - das alles und gleichzeitig auch nichts spürte Gin als er vor dem Mann weg rannte.

Er hatte Angst.

So unglaubliche Angst vor diesem Rum, mit dem er laut seinem Vater heute mitgehen sollte.

Doch er hatte es beobachtet. Hatte gesehen wie Rum auf seinen Vater schoss....

Mit tränenüberströhmtem Gesicht konnte Gin nichts weiter tun als rennen, rennen und rennen.

Ohne Ziel, einfach weg.

Plötzlich rannte Gin gegen etwas großes, festes, aber auch warmes. Erschrocken riss er die Augen auf und erblickte ein paar Füße in schwarzen Schuhen und schwarze Hose.

Er sprang auf und klammerte sich fest. "H-Hilfe!", schluchzte er. Doch es erfolgte keine Reaktion.

Auf einmal hörte er etwas krachen und als er sich umdrehte sah er wie das Haus in Flammen aufloderte. Geschockt konnte er nichts weiter tun als mit großen Augen darauf zu starren und sich fester an das Hosenbein dieser fremden Person zu klammern.

"Hast du es erledigt?", erklang plötzlich eine kalte männliche Stimme über Gin.

"Natürlich.", erfolgte die trockene Antwort von Rum, der aus dem tiefen Schatten einer Mauer trat, der durch den Schein des hell lodernden Hauses entstanden war.

"Gut. Dann erzieh diesen Rotzbengel auch ordentlich!"

Gin versuchte zurück zu weichen, doch er wurde im Nacken ergriffen und in ein schwarzes Auto geworfen.

Was danach folgte war unbeschreiblich.

Gin durchlebte ein sehr hartes Training und nicht selten fand er sich zur Bestrafung allein in einem kalten Raum wieder. Manchmal noch nicht einmal mit einer Decke, in die er sich so wickeln konnte wie jetzt.
 

Vergangenheit und Wirklichkeit verschwammen für Gin immer mehr und so saß er gefangen durch seinen Gedanken vor der Couch, eingewickelt in einer Decke, zitternd vor Kälte und Angst und ohne zu bemerken, dass sich die Brandblasen an seinen Händen geöffnet hatten und Bluteten, weil er so stark an der Decke gezogen hatte.…
 

"Na los, worauf wartest du? Töte ihn!", ertönte eine tiefe Männerstimme hinter ihm.

Er befand sich in einer Gasse und hielt die Waffe fest in seiner Hand. Obwohl das Opfer vor ihm noch voller Bewegung war und geflohen wäre, wenn dort keine Sackgasse gewesen wäre - er selbst war wie erstarrt. Das verängstigte Gesicht des hilflosen Mannes richtete sich zu ihm, der Mann wusste, dass er sterben würde.

Gin zögerte. Die Stimme hinter ihm sprach weiter:

"Wenn du willst, kannst du alles haben, du musst es dir nur nehmen.." Rum's Hand glitt sanft über Gin's linken Arm bis hin zu dessen Handgelenk, in welches er die Waffe hielt. Rum setzte seine Rede fort:

"Wenn dir irgendjemand Steine in den Weg legt, dann räume nicht die Steine aus dem Weg sondern erledige die Person, die sie dir vor die Füße gelegt hat!"

Mit jedem Wort klopfte Gin's Herz lauter und schneller, als würde es jeden Augenblick zerreißen. Die Stimme von Rum fühlte sich wie ein kalter Schauer im Nacken an, er schluckte. Sein Opfer sah ihn immernoch an. Er krallte sich an die Wand, die sich hinter ihm befand und drückte sich fest an ihr, als glaubte er, er könne sie zur Seite schieben wie eine Geheimtür.

"Töte ihn...", hauchte Rum an Gin's Ohr.

Er wusste nicht was er tat, es war als hätte sich sein Finger am Abzug von allein bewegt.

Ein Schuss unterbrach die angespannte Stimmung. Blut spritze, ein paar Tropfen landeten auf Gin's Wange, es war noch warm. Er hatte diesen Mann in den Kopf geschossen.

Obwohl er Rum nicht ansah, er konnte dessen Grinsen hinter sich förmlich spüren.

Das war sein erstes Opfer und er wusste, dass es nicht das Letzte sein würde.
 

Gin's Augen waren geweitet und er krallte sich immer tiefer in die Decke. Für gewöhnlich vergaß er die Gesichter seiner Opfer, das von seinem Ersten nicht ausgeschlossen.

Doch heute war es anders. An diesem Tag sah er es bis ins Detail direkt vor seinen Augen, es war ihm noch nie näher gewesen. Das in Falten gezogene Gesicht des Mannes, diese vor Angst erstarrten Augen, die Schweißperlen auf seiner Stirn. Die Stirn, in welcher sich das Einschussloch der Kugel befand. Es lief Blut aus der tiefen Wunde. Es lief über die Nase des Mannes, suchte den Weg über die trockenen Lippen, hinunter vom Kinn und tropfte auf die zerrissene Kleidung des Opfers.

Im Raum war es dunkel, bis ein Blitz ihn erhellte, das tote Gesicht verschwand.

Gin schrie so laut er konnte. Es klang, als wäre er besessen und er hörte nicht mehr auf. Gejammer vermischte sich mit den Geschrei, der Silberhaarige presste seine Hände vor seinem Gesicht, etwas Blut blieb daran kleben.

Die finstere Aura legte sich, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde. Endlich erfüllte sich wieder Licht im Raum.

Akai lief panisch und so schnell er konnte auf Gin zu. Er wusste nicht, was passiert war, doch was er wusste:

Gin brauchte jetzt jemanden an seiner Seite.

Der Agent nahm ihn ohne zu zögern fest in die Arme. "Alles wird gut.."

Gin hörte beruhigende Worte an seinem Ohr.

Akai strich über seine Haare und sah ihn besorgt an. "Sieh mich an, ich bin hier. Alles ist gut!", beruhigte er ihn weiter und sah dem Kleinen tief in die Augen, welche immernoch verängstigt erschienen. Seine Worte wiederholte er mehrere Male, dabei drückte er Gin immer fester an sich und gab den kleinen Körper etwas von seiner Wärme ab.

Als Akai ihn an sich drückte, konnte er Gin's Herzschlag deutlich an seiner Brust spüren, es klopfte schnell.

Der Junge krallte sich fest in den Nacken des Mannes, Tränen liefen ihm über die Wangen, er wollte aufhören zu weinen, doch er konnte einfach nicht.

"Es ist in Ordnung...die Lampe hier hat nur einen kleinen Kurzschluss erlitten...das wird schon wieder..." Akai redete einfach weiter. Was auch immer den Jungen solche Angst einjagte, er konnte sich nicht vorstellen, dass es nur an dem Gewitter lag. Allgemein erschien ihm Gin schon die ganze Zeit emotional instabil. Ständig wechselte Gins Stimmung ohne, dass Akai einen Grund dafür zu fassen bekam.

Alles was er jetzt tun konnte war, ihm beizustehen und da zu sein und zu hoffen, dass seine Nähe half.
 


 

Eine halbe Stunde später
 

Akai war es gelungen, den Jungen etwas zu beruhigen, doch die Tränen verfolgten den Kleinen selbst jetzt noch.

Nachdem Akai Gins Hände verbunden hatte war dieser vor Erschöpfung eingeschlafen. Akai hatte sich ganz schön erschrocken als er Gins Hände erblickt hatte, jedoch war es zum Glück nicht so schlimm wie es zunächst aussah.

Als ihm der Kleine schließlich im Bad zusammengesunken war, hatte Akai ihn ins Schlafzimmer getragen.

Er betrachtete den Jungen. Noch immer liefen Tränen über Gins Gesicht. Vorsichtig Strich Akai eine davon weg, doch kurz darauf kam bereits die Nächste. Obwohl Gin eingeschlafen war, zuckte er noch immer zusammen und warf den Kopf zeitweise unruhig herum. Doch unter Akais wachsamen Blick schien Gin allmählich ruhiger zu werden. So beschloss Akai noch kurz etwas zu trinken.

In der Küche füllte er ein Glas Wasser für sich und eines für Gin. Dieser wäre mit Sicherheit durstig sobald er erwachte.

Als er sein Glas geleert hatte stellte Akai es in die Spüle und ging dann sofort zum Schlafzimmer zurück. Froh, dass Gin noch immer schlief, legte sich Akai zu dem Kleinen unter die Decke und zog ihn so nah wie möglich an sich, um ihn möglichst viel Körperwärme spüren zu lassen.

In seinen Armen wurde Gins Schlaf zunehmend ruhiger und erst als sich Akai sicher war, dass der Kleine wirklich in einen ruhigen und tiefen Schlaf gefallen war, gestattete er es sich selbst die Augen zu schließen.

Bang!

Am nächsten Morgen öffnete Gin zuerst vorsichtig die Augen, als die ersten Sonnenstrahlen das Zimmer erhellten. Was ihm zuerst auffiel, seine Augen öffneten sich nur schwer und taten etwas weh.

Jetzt erinnerte er sich: Er hatte geweint.

Doch was er nicht mehr wusste: Warum eigentlich?

Alles was er noch im Kopf hatte war, dass Akai sich große Sorgen um ihn gemacht hatte, scheinbar befand er sich deshalb gerade neben ihm.

„Er liegt neben mir...?!“ Gin schreckte auf, wodurch der Agent ebenso wach wurde.

"Guten Morgen...Hast du dich beruhigt? Alles wieder okay?", murmelte er fragend.

Gin nickte nur und drehte sich dann mit geröteten Wangen weg. "Wieso musste ich unbedingt vor ihm weinen...", dachte der Junge beschämend. Er wollte doch eigentlich keine Schwäche vor diesen Mann zeigen - aber der strich ihm plötzlich über die Wange, mit der Frage: "Dürfte ich erfahren, weshalb du gestern so geweint und dich gefürchtet hast?"

Gin musste selbst krampfhaft überlegen, immernoch strich die warme Hand des Mannes über seine Wange während dieser auf eine Antwort wartete. Doch so sehr der Silberhaarige es auch versuchte, die Erinnerung wollte nicht zurückkehren und war vergessen. Er war gezwungen mit einem ahnungslosen "Weiß nicht..." zu antworten.

Bedauerlich, empfand Akai, doch den Kleinen jetzt unnötig unter Druck zu setzen würde auch nichts bringen, weshalb er das gestrige Ereignis erst einmal auf sich beruhen ließ.

Unbemerkt strich Akai über Gin's feuchte Unterlippe, dass seine Hand bereits so weit gegangen war, ist ihm nicht einmal aufgefallen. Doch der Agent hatte eine Idee den Jungen aufzuheitern, die er ihm auch sofort mitteilen wollte:

"Ich muss nachher noch ein paar Einkäufe erledigen, du willst doch bestimmt mitkommen, oder?"

Kaum hatte Gin die Frage gehört, löste sich Freude in ihm aus. Doch er brachte keine Zustimmung über die Lippen, da auf diesen immernoch der Finger des Mannes gelegt war. Irgendwie gefiel Gin dieses Gefühl. Der Mann musste ihn gern haben, denn sonst würde er nicht so zärtlich mit ihm umgehen und immer in Sorge sein.

Doch warum eigentlich?

Gin hatte nicht mal eine Ahnung, wer dieser Mann überhaupt war. Ein Fremder, der ihn einfach auf der Straße aufgesammelt hat, war er nicht. Da war noch eine viel tiefere Verbindung, die der Junge aber nicht deuten konnte.

"Möchtest du etwa nicht?", kam es plötzlich etwas enttäuscht von dessen Hintermann.

Gin war wieder zu tief in seinen Gedanken versunken. "Doch!", sagte er bestätigend laut und richtete sich hastig auf.

Er lächelte zu Akai herab.

Es war ein schönes Lächeln, empfand dieser. Die Sonnenstrahlen hinter Gin, die sein Haar hinzu glänzend erscheinen ließen, ließen das Antlitz des Kleinen noch glücklicher erscheinen. Es war als hätte Akai ihn zum Ersten mal lächeln gesehen, er gab Gin eines zurück.
 

2 Stunden Später
 

Die Beiden waren längst in der Stadt unterwegs um ein paar Dinge einzukaufen.

Gin beteiligte sich daran sehr aktiv und trug sogar einer der Einkaufstüten, als wäre die traurige Miene von gestern wie verweht.

Akai war froh, dass sein Vorschlag geholfen hatte. Er ließ seinen Blick etwas über den Markt wandern. Viele Menschen, die ebenso ihre Wege erledigten, haufenweise Buden und Imbissstände, doch plötzlich erblickte der Agent darunter auch eine Eisdiele. "Möchtest du vielleicht ein Eis haben ?", fragte er Gin im netten Ton, dieser willigte sofort ein.

"Gut, dann warte hier. In drei Minuten bin ich zurück." Akai setzte den Jungen und die Einkäufe auf eine Bank, im Blickfeld der Eisdiele, zu welche er dann auch ging.

Gin sah ihm noch hinterher, bis er sich angestellt hatte. Die Schlange war nicht besonders lang.

Als er seinen Blick jedoch abwandte, geriet eine andere Person in sein Blickfeld.

Eine große Frau mit rot-braunen Haar und Aktentasche, dessen Brille sich in der Sonne spiegelte, stand direkt vor ihm.

"Bang!"

Die fremde Frau formte ihre Hand zu einer Pistole und hielt sie Gin an die Stirn.

Dieser schaute verwirrt und war wie gelähmt. "Wer ist diese Frau?" war sein einziger Gedanke.

Die Rothaarige grinste. "Wäre ich er gewesen, dann wärst du jetzt tot.", meinte sie und nahm die Hand wieder runter.

"Er? Wen meint sie?" Gin verstand gar nichts mehr. Doch irgendwie machte ihm die vermeintlich fremde Frau Angst, als würde er sie doch irgendwoher kennen.

"Entschuldigung, der Junge gehört zu mir. Wenn es ein Problem gibt, dann klären Sie das doch bitte mit mir.", erklang eine finstere Stimme hinter der Frau. Akai schaute sie misstrauisch an. Auch er konnte sich aus ihren Gesicht keinen Namen bilden.

"So so.. Dann bist du also sein Babysitter, Shuichi Akai…", sprach die Frau erst ernst, doch beim Namen Shuichi Akai fing sie an zu lachen.

Merlot.
 

"Und Sie sind...?" , fragte Akai vorsichtig. Es gab nicht viele, die ihn direkt kannten und die Leute vom FBI konnte er alle erkennen... also blieb eigentlich nur die Organisation, aber wenn die sie gefunden hätten, würden sie schon nicht mehr hier stehen.

Plötzlich spürte er einen Zug an seinem Hosenbein. Gin hatte hinter ihm Schutz gesucht und sah verängstigt zu der Frau.

Dieser war Gins Reaktion natürlich nicht entgangen, doch sie ließ sich nicht beirren. Sie hatte die Beiden bereits eine Weile beobachtet und war ihnen gefolgt, als sie zufällig an dem Café vorbei liefen, in dem sie gerade eine Pause gemacht hatte. Jetzt wusste sie zumindest, warum Gin in keinem Kinderheim aufgetaucht war, obwohl sie eine kurze Meldung von ein paar Polizisten gelesen hatte, die einen kleinen Jungen in der Gegend aufgefunden hatten, in der Gin das Gift verabreicht worden war.

Aber zugegeben: Sie hätte nie geglaubt, dass der kaltblütige Mörder so überzeugend ein Kind spielen konnte.

"Nun hör schon auf dich wie ein Kind zu benehmen, Gin! Das ist ja lächerlich!", sprach sie ihn direkt an.

Die Augen des Jungen wurden groß und er klammerte sich noch fester an Akai. Dieser hätte die Frau am Liebsten weg geschubst und wäre mit Gin geflohen - hätte er nicht zwei Eistüten in der Hand und ein paar Einkaufstaschen über den Arm hängen.

"I-Ich kenne sie nicht!", sagte Gin deutlich verunsichert und Akai war erstaunt über den Mut des Jungen.

"Natürlich nicht! Wir sind uns ja auch noch nie direkt begegnet, aber ich denke den Namen Merlot hast du schon mal gehört, was?", sagte sie breit und böse grinsend.

Gin schüttelte energisch den Kopf.

Erneut war Akai beeindruckt, dass der Kleine nicht einfach davon lief sondern stehen blieb.

Merlot verzog entsetzt ihr Gesicht. "Bitte? Willst du mich etwa beleidigen?", meinte sie, doch von Gin keine Antwort. Nur einen bösen Blick warf er ihr zu, er fühlte sich hinter Akai einigermaßen sicher. Dieser aber antwortete für ihn:

"Merlot, die Wissenschaftlerin aus der Organisation?", hinterfragte er, schon grinste die Frau wieder.

"Na wenigstens einer der hier gut informiert ist!"

"Also ist das Gift von dir?", wollte der Agent dann auch sofort von ihr wissen, damit er nicht unnötig seine Zeit weiter verschwenden würde.

"Natürlich, sonst wäre ich wohl kaum hier.", antwortete Merlot stolz.

Der kleine Gin hatte bereits völlig den Faden verloren. "Von welchem Gift reden sie?" am Liebsten hätte er nachgefragt, doch er hielt es für besser zu schweigen.

"Was mich eigentlich wundert... Warum kümmert sich gerade so jemand wie du um ihn?" Merlot legte eine Hand auf die Schulter des Agenten und fuhr fort: "Er ist doch bestimmt nur eine Last für dich."

Gin fuhr ein Schauer über den Rücken und sah zu Akai auf. "Ich? Eine Last?", fragte er sich besorgt und zugleich hatte er Angst, dass er so etwas wirklich für den jungen Mann war.

Doch dieser entgegnete fest entschlossen: "Er ist keine Last! Ich hab meine Gründe."

"Und welche? Wissen denn deine FBI Kollegen überhaupt davon?" Jetzt schien Merlot noch interessierter als vorher.

Akai runzelte nur die Stirn und schwieg. Er war kurz davor sich einfach wegzudrehen, die Neugier dieser Frau könnte zum Verhängnis werden. Aber diese hörte einfach nicht auf zu reden:

"Also machst du das etwa heimlich ? Du gefällst mir!", zischte sie und hatte bereits beide Hände auf Akai's Schultern gelegt, ihre Augen waren weit geöffnet.

"Was willst du?", fragte der Agent kalt und ignorierte die Frage zuvor einfach.

"Von dir? Eigentlich nichts. Ich hab nur nach Gin gesucht." Sie grinste wieder auf den Jungen herab. "Kaum zu glauben, dass sie das Gift ausgerechnet an ihm getestet haben! Ich habe ja mit allem gerechnet, aber doch nicht, dass sie es gleich an einem hochrangigen Mitglied anwenden!" sie schüttelte den Kopf. "Von daher wäre es echt gut-...", setzte sie an und wollte sich gerade zu Gin herab beugen, als sie plötzlich etwas feucht-kaltes auf ihrer Brust spürte.

Verdutzt sah sie nach unten auf ihr Eis-verschmiertes T-Shirt.

"Oh entschuldige bitte, mir sind wohl die Hände ausgerutscht." meinte Akai herablassend.

Auch Gin schaute auf das nun ruinierte T-Shirt der Frau und fing an zu lachen. Akai's Kommentar hatte den Rest gegeben, zu komisch, empfand der Kleine.

Merlot zuckte mit der Augenbraue. "Bloß nicht aufregen...", dachte sie, stattdessen kam ihr eine andere Idee. Sie schlug ihre Hand gegen das noch übrige Eis in Akai's Hand, nun hatte auch dieser ein verschmiertes Hemd.

"Hoppla, meine Hand ist wohl ebenso ausgerutscht.", kommentierte sie darauf und wandte sich sofort zu Gin, welcher immernoch lachte. "Ich würde mir gut überlegen ob es in deiner Situation noch etwas zu lachen gibt, mein Lieber...", sprach sie und schaute den Jungen boshaft in die Augen, schon bei dem Blick von dieser Frau verging Gin das lachen sofort. "Hmm... Was mach ich jetzt mit dir? Soll ich dich zu Rum zurückbringen?", fragte Merlot schelmisch und setzte ein Lächeln auf.

Doch für Akai hingegen war die Grenze überschritten und die Lage tot ernst. Er stieß die Frau von Gin weg und drückte diesen fest an sich, dafür hatte er sogar die Einkäufe abgestellt. "Du bekommst ihn nur über meine Leiche.", versicherte der Agent Merlot streng.

Der Silberhaarige, welcher sich nun auf Akai's Arm befand war bereits wie erstarrt, als der Name "Rum" fiel. Nun hatte er noch mehr Angst vor dieser fremden Frau bekommen.

"Sie kennt ihn? Wieso will sie mich zu ihm zurückbringen? Ich will nicht!" Gedanklich war er panisch, äußerlich totenstill.

Gin krallte sich fest in die Jacke des Mannes welcher ihn trug, er wollte diesen anflehen, ihn nicht dieser Frau zu überlassen, auf keinen Fall wolle er mit ihr gehen. Aber er bekam kein einziges Wort heraus. Glücklicherweise brauchte er das auch nicht, Akai war bereits fest entschlossen Gin dieser Wissenschaftlerin nicht herzugeben.

"Halt die Klappe!", zischte Akai Merlot an als diese noch weiter reden wollte. Er hatte den Jungen erst vor kurzem aus einer Starre geholt, noch so ein Drama würde er nicht durchstehen. Doch so wie Gin wirkte war er kurz davor zu hyperventilieren. Die momentane Umgebung - mitten auf einer belebten Straße - war auch nicht gerade der beste Schauplatz dafür.

"Komm mit!", zischte er Merlot noch notgedrungen zu bevor er sich umdrehte und zu seinem Auto ging.

"Und bring doch bitte die Einkaufstaschen mit Schatz, ja?", rief er Merlot noch laut über die Schulter zu.

Die kleine Eisaktion gerade hatte leider die Augen unzähliger Passanten auf sie gezogen und da schien es ihm am Besten das als normales Familiendrama abzutun. Blieb nur zu hoffen, dass es Gin nicht noch mehr erschreckte. Er sah auf den Kleinen in seinen Armen herab und wie erwartet starrte dieser ihn mit großen Augen an.

"D-das ist deine Frau?", fragte er verunsichert.

"Schei..." , dachte Akai, "Naja, keine Zeit für lange Erklärungen, aber er ist jetzt zumindest erstmal aus dem Schock raus."

Er schloss die Beifahrertür auf und platzierte Gin auf den Sitz, mit den Worten: "Natürlich nicht!" Er sprach so, dass nur der Junge es hören konnte, damit dieser sich erst mal keine großen Sorgen bereiten musste.

Als der Agent die Tür schloss, war Merlot bereits am Kofferraum angelangt mit den Einkäufen in der Hand.

Nachdem diese verfrachtet waren setzte sie sich auf die Rückbank und Akai sich an das Steuer.

Beide seufzten.

"Gehören nicht eher die Kinder auf den Rücksitz?", fragte sie, leicht beleidigt dort hinten sitzen zu müssen.

"Gin hat zumindest nicht mit Eis um sich geworfen.", argumentiere Akai, doch biss sich auf die Zunge als er bemerkte, dass er sich damit selber eine Falle gestellt hatte.

"Na dann kannst du ja gleich mit nach hinten kommen!", gab Merlot gleich danach von sich.

Akai schloss kurz die Augen um sich abzuregen.

"Nur um das klarzustellen, ich werde Gin nicht in die Obhut von Rum geben, nicht dass wir uns auf Anhieb gleich falsch verstehen.", gab die Frau kurz Bescheid um weitere Missverständnisse zu vermeiden.

Gin atmete erst mal auf, auch wenn er sich nicht sicher sein konnte ob es die Wahrheit war.

"Dachte ich mir, sonst wärst du nicht so leicht mit ins Auto gestiegen.", schlussfolgerte Akai, was die Frau allerdings dann wollte war ihm dennoch ein Rätsel.

"Was mich viel mehr interessiert Gin-..." , setzte Merlot an, doch Akai war nicht bereit damit vor dem Jungen zu reden. Wer wusste schon, was den nächsten Schock auslösen würde. "Mund zu, sonst beißt du dir auf die Zunge!", sagte Akai nur bevor er Vollgas gab. Er hörte ein kurzes Aufkeuchen hinter sich, doch dann herrschte Ruhe.

Er fuhr bewusst die lange Strecke zurück und baute noch ein paar extra Kurven und Schlenker ein, bevor er zurück zum Haus fuhr.

Die letzte Strecke fuhr er ruhiger, denn Merlot schien akzeptiert zu haben, dass gerade niemand bereit war mit ihr zu reden und Gin fielen schon wieder die Augen zu. Die geringe Belastbarkeit des Jungen bereitete Akai Sorgen. Zumal der Kleine immer schneller zu ermüden schien.
 

Als sie schließlich am Haus angekommen waren, war Gin eingeschlafen, erwachte jedoch als Akai die Tür öffnete um ihn heraus zu nehmen.

Müde stieg er aus und torkelte etwas unsicher auf den Beinen ein paar Schritte vor, ehe er sich stabilisieren konnte.

"Es war anstrengend heute, leg dich doch einfach gleich ins Bett. Ich bringe dir nachher etwas zu Essen hoch.", schlug Akai ihm vor. Im Augenwinkel beobachtete er dabei Merlot, die zum Glück nichts weiter sagte sondern sie einfach nur beobachtete.

Gin war offensichtlich zu müde für eine Antwort und so nickte er nur kurz.

Sobald Akai die Haustür aufgeschlossen hatte, ging der Kleine auch direkt in das Schlafzimmer.

Akai beobachtete ihn noch kurz, als er sich dann umdrehte sah er Merlot in der Tür stehen, mit den Einkaufstaschen in der Hand. "Die kommen in die Küche.", wies er sie drauf hin.

"Tze! Seh ich aus wie deine Haushilfe?", fragte sie beleidigt und trug genervt die Tüten in die Küche, Akai sparte sich sein Kommentar.

Nachdem die Einkäufe abgestellt waren lehnte sich die Wissenschaftlerin gegen den Tisch und schob ihre Brille etwas höher.

"Was hast du mit den gemacht? Er benimmt sich wie ein hilfloses Kind.", frage sie ironisch, doch hatte anscheinend noch nicht begriffen, dass der Agent für diesen Spaß nicht zu haben war.

"Er ist nur so wegen deinen verfluchten Gift!" Akai stupste sie unsanft mit den Finger an während er sprach.

"Du hast Recht, das Gift ist von mir, aber ich habe Gin nicht als meine Testperson dafür ausgesucht!", verteidigte Merlot sich, doch Akai überraschte die Information nicht.

"Ich weiß, dass der Befehl von Rum kam."

"So so, woher denn?", hingegen war Merlot überrascht, dass er es bereits wusste.

"Von Gin.", antwortete er trocken, ohne dabei zu erwähnen, dass auch Mizunashi Rena diese Info weitergegeben hatte, Akai vermied es diese zu gefährden.

"Ich dachte, er leidet an Gedächtnisverlust? Er konnte sich nicht mal an meinen Codenamen erinnern." Merlot dachte zuerst der Agent hätte gelogen, doch dessen Antwort erklärte Einiges:

"Falsch, er hat Gedächtnisaussetzer... Ab und zu erlangt er seinen Verstand zurück. Als Kind kann er sich dennoch an Rum erinnern...der Kerl war schon in seiner Kindheit existent." Von der Zusatzinformation erhoffte Akai sich, dass Merlot vielleicht etwas dazu wüsste, doch natürlich gab sie nichts preis.

"Verstehe, wohl die Nebenwirkungen." kam es nur, soviel wusste der Mann auch schon.

"Was besseres hast du dazu nicht zu sagen?!", erwiderte er aufgebracht. Dennoch wurde Akai nicht laut - er wollte den Jungen nicht wecken. "Gin vergisst immer mehr von seinem Leben, wird immer mehr zu dem Jungen, der er seiner Körpergröße nach jetzt ist, während er gleichzeitig unter ständigen Kopfschmerzen leidet und Alpträume von den Geschehnissen hat, die er in dem Alter oder davor machen musste und du verstehst es? Du verstehst nichts von der Situation in der sich Gin gerade befindet!"

Merlot wich bei dem wütenden Tonfall von Akai unbewusst etwas zurück.

"Ich habe das Gift auf der Basis von Sherrys entwickelt und es verbessert! Jetzt sind die Überlebenschancen deutlich höher. Von 100 Versuchsratten überleben jetzt 50, statt nur einer wie bei Sherry! Es ist verdammt nochmal nicht einfach das alles direkt unter der Nase der Organisation zu schaffen und wenn ich von diesen Nebenwirkungen keine Ahnung habe dann liegt das daran, dass ich die Gedanken von Ratten nicht lesen kann und daher nicht wissen kann, was für Auswirkungen das Gift möglicherweise auf ihr Gedächtnis hat!" Jetzt hatte sich auch Merlot reingesteigert und war immer lauter geworden.

"Tja, dann hast du wohl deine Forschungen nicht ausreichend genug betrieben!", zischte Akai und drehte sich herum. Er hatte keine Lust sich länger mit dieser Frau zu beschäftigen und Gin wartete auf das Essen. Er würde ihm schnell ein paar Sandwiches machen und sie nach oben bringen, der Lärm dieser Frau hatte den Kleinen vermutlich ohnehin geweckt.

"Du führst dich ja ganz schön auf. Kann sein, dass ich Gin's Lage nicht verstehe, doch muss ich das? Ich interessiere mich nicht für sein Leben oder seine Vergangenheit, aber du scheinst ja ganz vernarrt in ihn zu sein!", trotz dessen, dass Akai sich längst abgewandt hatte, redete Merlot weiter und das nicht gerade leise.

Zugegeben, irgendwie hatten ihn diese Worte aggressiv gemacht, doch er ließ es sich nicht anmerken und sah nur mit seinen Kopf über die Schulter zu Merlot. Diese lehnte immernoch an den Tisch und setzte ein Grinsen auf, welches wirkte als wüsste sie genau, dass sie damit ins Schwarze getroffen hatte.

"Ich warne dich, Shuichi Akai... Ich hoffe du bist dir im Klaren wen du bei dir aufgenommen hast und durchfütterst - und zu welchen Konsequenzen das führen kann.", fügte sie ernst hinzu als sie bemerkte, dass der Agent ihr wieder Aufmerksamkeit widmete.

"Ein hochrangiges Mitglied einer großen organisierten Verbrecherorganisation, einen überragenden Scharfschützen der am Liebsten Kopfschüsse verteilt, einen kaltblütigen Mörder der seine Opfer auf der ganzen Welt verfolgt und insbesondere Verräter der Organisation liebend gern quält und foltert bevor er sie umbringt. Also ja: ich weiß, wen ich bei mir aufgenommen habe.", sagte er jedoch nur und drehte sich mit einem Teller Sandwiches zu ihr herum. "Und ich weiß, dass er jetzt gerade Hilfe braucht, auch wenn er das nie zugeben würde. Also helfe ich ihm so gut es geht.", damit wandte er sich zur Tür und verließ die Küche. Gedanklich war er vollkommen aufgebracht und wütend über diese Verrückte, wusste aber dennoch, dass er sie irgendwie dazu bringen musste ein Gegengift herzustellen.
 

Als Akai die Schlafzimmertür erreichte stutzte er. Sie stand einen Spalt offen.

"Hoffentlich hat das Geschrei dieser Frau seine Kopfschmerzen nicht verschlimmert…", dachte Akai während er die Tür vollständig öffnete.

Er trat ein und sah zum Bett - doch Gin war nicht da. "Er hat doch wohl nicht...Diese verdammte Frau!"

Aufgebracht stellte Akai den Teller auf den Nachtschrank bevor er aus dem Schlafzimmer zum Bad stürmte - nur um sicher zu sein. Doch auch das Bad war leer. Wütend schlug Akai mit der Faust gegen die Tür. Gin musste die Unterhaltung - oder zumindest einen Teil davon - gehört haben und da es dem Jungen im Gegensatz zu dem Erwachsenen noch wirklich wichtig zu sein schien niemandem zur Last zu fallen war er ganz offensichtlich abgehauen.

Als Akai wieder nach unten in den Flur trat bemerkte er, dass die Haustür noch leicht geöffnet war.

Gerade als er hinaus stürmen wollte, tauchte Merlot hinter ihm auf.

"Ist was passiert?", scheinbar fiel ihr der aufgebrachte Agent sofort auf.

"Er ist weg - DEINETWEGEN.", warf dieser der Frau vor, das letzte Wort klang wütender als der Rest.

"Ist ja gut, ich werde mich wohl an der Suche beteiligen müssen.", meinte sie daraufhin lustlos.

"Nein, bleib bloß hier. Auf deine Hilfe kann ich ganz gut verzichten!" mit diesen Worten rannte Akai durch die Tür, Merlot hingegen widersetzte sich dem, was der Mann sagte und folgte ihm unauffällig.
 

"Gin?!", draußen rief Akai oft den Namen des Jungen und sah sich hastig um.

"Bitte lass ihn nicht zu weit weg gelaufen sein...", hoffte er und checkte zur Sicherheit nochmal das Umfeld des Hauses ab - er war wirklich kurz davor die Nerven zu verlieren, alles wegen dieser lästigen Wissenschaftlerin.

Nachdem Akai nochmal nach Gin gerufen hatte, stoppte er kurz darauf, als er den Jungen plötzlich erblickte - sitzend an der Hauswand neben einer Pfütze mit gesenktem Kopf.

"Gin! Ein Glück..." Erleichterung zierte Akai's Gesichtsausdruck und er kniete sich vor den Silberhaarigen. "Warum hast du das gemacht? Du weißt doch, dass ich mir Sorgen mache!", er klang förmlich wie ein besorgter Vater, für Gin jedoch unglaubwürdig.

"Ich bin doch nur eine Last für dich...", meinte er verzweifelt, worauf Akai seine Hände um Gin's Wangen legte und ihm in die Augen sah.

"Nein das bist du überhaupt nicht, verstanden?" wollte er ihm klar machen und strich dabei mit seinen Daumen sanft unter Gin's Auge lang.

Es war, als würden diese Worte einfach an den Kleinen vorbeiziehen.

"Du darfst mich gar nicht bei dir haben!", kam es traurig, dementsprechend war auch sein Gesichtsausdruck.

Akai musste sich eingestehen, dass es eigentlich die Wahrheit war, doch er wollte das dem kleinen Gin dennoch irgendwie ausreden. "Blödsinn... wer hat das denn behauptet?"

"Na die Frau eben hat doch sowas ähnliches gesagt!" entgegnete Gin, er schien sich seiner Worte sicher.

"Was die sagt ist vollkommen egal-..."

"Und du hast gesagt ich bin ein Mörder.", flüsterte Gin kaum hörbar.

"Was?", fragte Akai. Er hatte den letzten Satz nicht verstanden, da er selbst noch am reden war.

Doch Gin kauerte sich nur noch mehr zusammen und betrachtete sein verzerrtes Gesicht in der Spiegelung der Pfütze.

"Mitglied....Verbrecherorganisation....Kopfschüsse....Mörder.…", hallten Akais Worte in Gin‘s Kopf wieder.

"Ist es meine Schuld, dass Mutter und Vater gestorben sind?", fragte er sich.

"Weil ich mit ... Rum... mitgehen sollte?" Tränen traten ihm in die Augen.

"Komm erst mal mit rein.", meinte Akai seufzend.

Als der Junge nicht reagierte griff er nach dessen Arm, doch Gin sprang plötzlich auf und schrie:

"NEIN!" Voller Panik sah er Akai an.

"Ich bin Schuld. Sie sind meinetwegen gestorben. Ich habe sie umgebracht. Ich bin ein Mörder.", kreisten Gins Gedanken.

"ICH GEH NICHT ZURÜCK!" Gin stolperte rückwärts weiter von Akai weg.

"Wenn ich bleibe wird er auch sterben! Ich will das nicht!"

"Gin!", rief Akai ihm hinterher, doch der Junge drehte sich nur herum und wollte wegrennen. Da wurde er durch einen festen Griff an seinem Arm aufgehalten.

"Wegrennen bringt auch nichts, kleiner Kerl.", sagte Merlot.

Gin sah mit großen Augen zu ihr auf und versuchte sich zu befreien, aber ihr Griff war unerbittlich.

"Wohin willst du denn fliehen? Egal wohin du gehst, Rum wird dich finden."

Bei diesen Worten erstarrte Gin. Er wusste doch selbst nicht, wohin er könnte. Aber alles war besser als Akai in Gefahr zu bringen.

Der Kuss

"Lass ihn sofort los!" Akai konnte nicht fassen, was er gerade von Merlot gehört hatte. "Kann sie sich denn überhaupt nicht beherrschen?“ Er riss ihr den Jungen von der Hand und nahm ihn selber in die Arme. Ihn quälte das Bedürfnis, dieser Frau mal eine Denkschelle zu verpassen, doch wie fast jeder Mann, fühlte er sich nicht wohl dabei, eine Frau zu schlagen.

Bedauerlicherweise war genau sie es, die das Gift entwickelt hatte.

Sie war gut möglich die Einzige, die in der Lage wäre ein Gegenmittel herzustellen.

Inzwischen sah Gin ihm mit verheulten Gesicht an, was wohl gerade in seinen Kopf vor sich ging? Akai wüsste es zu gern, um dieses traurige Gesicht besser verstehen zu können.

"Ich sag doch nur die Wahrheit." Merlot zuckte mit den Schultern.

"Mund dicht!", ermahnte er sie, als würde das etwas bringen und er drehte sich mit Gin von ihr weg.

Die Frau folgte den Beiden einfach ungefragt zurück ins Haus. Fast schon wie ein lästiges Schoßhündchen, was immer brav hinterhergedackelt kam. Akai war mit den Nerven am Ende und so auch noch ruhig vor Gin zu bleiben, war nicht einfach.

"Du solltest dich jetzt erst mal ausruhen und endlich mal die Sandwiches essen, die ich für dich gemacht hab.", lenkte der Agent mit netten Worten ein, um Gin etwas von seinen schlimmen Gedanken abzubringen - was nicht wirklich viel half.
 

Merlot war ihnen bereits bis vor das Schlafzimmer gefolgt, doch Akai knallte einfach vor ihrer Nase die Tür zu - so viel Privatsphäre würde er sich nicht nehmen lassen.

Gin setzte sich trübsinnig auf das Bett und redete kein Wort, der Mann wollte es auf keinen Fall bei solch einer Stimmung belassen. "Jetzt sag schon, warum wolltest du nicht hier bleiben? Etwa nur, weil du glaubst für mich eine Last zu sein? Das ist doch Blödsinn.", versuchte Akai den Jungen nochmal zu erklären und gesellte sich zu ihm.

"Wenn ich hier bleibe... wird Rum dich töten, nur meinetwegen..", kam es leise von Gin.

"Mach dir mal keine Sorgen, so schnell sterbe ich schon nicht!", antwortete Akai selbstsicher, "...und das solltest du eigentlich am Besten wissen, lieber Gin.", fuhr er den Satz gedanklich fort und dachte dabei an den alten Gin. Der Gin, der sich niemals drum gekümmert hätte, was sein Leben betraf, welcher sich niemals um den Agenten gesorgt hätte. Dieser jetzige Gin, war genau das Gegenteil - Das Kind in ihm machte sich nämlich sehr wohl Sorgen.

"Aber es ist meine Schuld! Ich bin ein Mörder....ein Mörder...Mörder…" Gins Gedankenspirale lies sich nicht aufhalten.

Immer tiefer und tiefer sank er in den Strudel und immer weniger Bedeutung bekamen die Worte, die Akai zu ihm sagte. Andere Worte bekamen dafür immer mehr Macht.... "Töte! Du bist hier um deine Fähigkeiten zu trainieren und sie in den Dienst der Organisation zu stellen! Du wirst tun, was dir gesagt wird und keine Fragen stellen! Verstanden?!" erklang eine gefährlich kalte Stimme in seinem Kopf. "Ob du verstanden hast, G-I-N!!"

"J-ja…" Gin war verwirrt. Er hatte da eindeutig geantwortet, aber seine Stimme klang anders...tiefer...älter...kälter…

"Dann töte!" Gin fasst sich an den Kopf und schrie.

Akai zuckte zusammen und nahm Gin in die Arme, doch dieser schien das nicht einmal zu bemerken und schrie einfach weiter.

"Gin!...Gin!", rief Akai ihn immer wieder, doch es erfolgte keine Reaktion.

Der Junge hörte auch nicht auf zu schreien und als Akai Gin‘s Kopf anhob sah er, wie Tränen über dessen Gesicht herab rannen und... "Blut!", stellte Akai erschrocken fest. "Nein! Verdammt nochmal NEIN!" Akai wusste nicht, was er tun sollte. Offensichtlich setzte dem Jungen etwas extrem zu und er musste ihn so schnell wie möglich beruhigen, aber wie sollte er das anstellen?

Vor lauter Fragen im Kopf, was er tun könnte um Gin zu beruhigen, merkte er fast gar nicht wie dieser ihn von sich weg stieß.

Der Junge landete mit den Rücken auf die Bettdecke, doch aufgehört zu schreien hatte er dennoch nicht, hinzu hielt er sich nun die Hände vor dem Gesicht. Die Tatsache, dass Merlot außerhalb des Zimmers die Tür wieder einen Spalt öffnete, hatte niemand der Beiden gehört, still und leise beobachtete sie das Geschehen.

"Was soll ich nur tun..?!" Akai vermutete, dass Gin von furchtbaren Schmerzen gequält wurde, doch ein Mittel dagegen gab es nicht, also was blieb noch?

Er musste den Silberhaarigen irgendwie beruhigen, doch je mehr er tatenlos vor ihm saß, desto panischer wurde er. Besorgt sah er auf Gin herab.

Tränen liefen diesen über die Wangen, seine Augen waren verdeckt, Akai's Blick blieb bei Gin's Lippen stehen.

Eine Idee gab es da noch. Er schüttelte den Kopf. „Was für ein absurder Gedanke!“ und er versuchte ihn zu verwerfen, was nicht all zu leicht war.

Wie Gin darauf reagieren würde?

Könnte er vielleicht sogar aufhören zu weinen?

Akai schluckte, plötzlich fing auch sein Herz an zu klopfen. Er beugte sich zu Gin herunter und lehnte sich über diesen, die Hände stützte er links und rechts von ihm ab. "Das mache ich nur... damit er aufhört zu weinen.", versuchte Akai sich gedanklich einzureden, was ihn dazu veranließ noch weiter zu zögern.

Doch wie von allein kam er Gin doch irgendwie immer näher, wenige Zentimeter befanden sich nun zwischen ihren Gesichtern.
 

Wegen eines sanften Drucks auf seinen Lippen unterbrach Gin sein Weinen.

Es war ein weicher, warmer Druck, der durch ein angenehmes Prickeln begleitet wurde, ebenso wie durch eine aufreizend, feuchte Zunge.

Es geschah tatsächlich das, was Akai sich erhofft hatte: Der Silberhaarige hatte aufgehört zu weinen.

Vorsichtig nahm dieser seine Hände vom Gesicht. Er traute seinen Augen nicht, dieser Mann war gerade dabei ihn zu küssen?

Ehe Gin so recht begriff was geschah spürte er, wie der Druck nachließ. Doch er wollte nicht, dass diese seltsamen Empfindungen aufhörten, die angenehm und verwirrend zugleich waren. So verunsichert Gin auch war, eines wusste er mit Sicherheit: Er wollte mehr. Darum schlang er die Arme um Akai‘s Kopf und hielt ihn fest, während er zeitgleich seinen Kopf hob und sich stärker gegen diese Lippen presste.

Überrascht von der Aktion des Jungen war Akai nicht darauf vorbereitet und als er den Druck dieser weichen Lippen stärker werden spürte, setzten alle Gedanken bei ihm aus.

Gin suchte währenddessen nach der prickelnden Feuchtigkeit der Zunge von zuvor und da seine Lippen den Kontakt nicht herzustellen vermochten, öffnete er nun seinerseits den Mund und strich mit seiner Zunge über Akais Lippen.
 

Dieser war jetzt mehr als verwirrt, er hatte mit allen möglichen Reaktionen gerechnet.

Er hätte sogar eher erwartet, weggestoßen zu werden oder, dass Gin so etwas noch mehr negativ beeinflussen würde - doch er schien das komplette Gegenteil erreicht zu haben. "Weiß dieses "Kind" überhaupt, was es da tut..?", fragte sich Akai gedanklich verunsichert, er wusste nicht einmal von welchen Gin diese Gefühle kamen und auch seine eigenen konnte er nicht mehr zuordnen.

Immer stärker strich die Zunge des Kleinen über seine Lippen. Sie verlangte nach Einlass, welcher ihr immernoch verwehrt wurde.

Zögernd öffnete Akai seinen Mund, so dass Gin's kleine Zunge endlich in diesen eindringen konnte. Die Zunge des Jungen fühlte sich deutlich zärtlicher an als seine Eigene - es war immerhin die Zunge eines Kindes.

"Eines Kindes...", realisierte der Agent und eines seiner Gefühle sagte ihm, dass das was er gerade tat nicht richtig sein konnte.

Doch Gin hatte scheinbar nicht vor, sich vorzeitlich wieder von ihm zu lösen, also wich er selbst etwas zurück.

Es half jedoch nicht besonders viel, umso mehr Akai sich nach hinten lehnte desto weiter kam Gin ihm wieder näher.

Dieser fasste in den Hemdausschnitt des Mannes um den Halt nicht zu verlieren, doch die Knöpfe vom Hemd hielten die Stützkraft des Jungen nicht lange stand. Zudem rutschte er mit der anderen Hand auch noch aus - zwei Knöpfe begannen sich zu öffnen.

Akai wurde die Situation immer unangenehmer je tiefer Gin's Hand sank und sich sein Oberteil somit immer weiter öffnete, inzwischen kniete der Silberhaarige schon an Akai's Bauch. "Hör auf..." Der Mann konnte die Stimme in seinem Kopf klar verstehen, aber er brachte die Worte nicht über seine Lippen, auf welchen sich immernoch die von Gin befanden.

Da beschloss Akai seinen Kopf ruckartig zur Seite zu drehen. "Stopp!" Er atmete hastig nach Luft.

Gin erstarrte. Sein Blick wanderte langsam von Akais Gesicht über dessen Hals herab bis zu seinen eigenen Händen. Die eine Hand krallte sich in Akais Hemd, während die andere auf dessen nackter Haut - nur einen Zentimeter von Akais Bauchnabel entfernt - ruhte.

Gin befand sich noch immer in einer Art Schock und so starrte er nur immer weiter auf die untere Hand, dass er auf Akais Schoß saß, bemerkte er gar nicht. Wobei, da Akai immer weiter zurück gewichen war, saß Gin genaugenommen schon nicht mehr auf seinem Schoß, sondern war sogar etwas über den Erwachsenen gebeugt. "So warm..." dachte Gin, sein Blick war jetzt auf die Haut neben seiner Hand gewandert. "Ich will mehr davon spüren... so angenehm…" Gins Finger strichen über Akais Haut.
 

Diesem wurde es jetzt jedoch eindeutig zu viel. Mit einer schnellen Bewegung hatte er sich aufgerichtet und hielt Gins Hände fest. Weg von seinem Körper, der von der Berührung anfing warm zu kribbeln. "Schluss damit!", bestimmte er mit finsterer Stimme, froh darüber, dass darin nichts von seiner eigenen Verwirrtheit mitschwang.

Gin zuckte zusammen und sah mit großen Augen zu Akai auf.

"Das ist nichts für Kinder.", fügte Akai noch hinzu.

Da wurde Gin rot. Plötzlich fiel ihm ein, wie sich seine Eltern nach einem Kuss immer in ihr Schlafzimmer zurück gezogen haben. Sie hatten ihm einmal erklärt, als er nachgefragt hatte warum, dass nach einem Kuss etwas sehr schönes geschah, dass nur Erwachsene miteinander teilten. Es war noch nicht lange her, dass er erkannt hatte, dass sie damit Sex gemeint hatten.

Oder war es doch schon ein paar Jahre her?

Erneut war Gin von seinem Zeitgefühl verwirrt.

Mal erschien es ihm, als wäre das Haus seiner Eltern erst vor ein paar Tagen abgebrannt, dann wiederum war er davon überzeugt Akai schon seit vielen Jahren zu kennen...

Da Gin beschämt den Kopf gesenkt hatte als ihm bewusst wurde, was ein Kuss bedeutete fiel sein Blick wieder auf Akais nackte Brust... Am Liebsten hätte er sie wieder berührt, aber Akai hielt noch immer seine Hände fest. Die Röte in Gins Gesicht verstärkte sich und erreichte seine Ohren.

Akai bemerkte wohin der Blick des Jungen wanderte und beschloss, dass Gin wohl wieder genug bei Verstand war, dass er dessen Hände problemlos loslassen konnte.

Sobald er das getan hatte knöpfte er schnell sein Hemd wieder zu.

Gin hielt den Kopf dabei weiter gesenkt, die Arme hingen einfach neben seinem Körper herab.

Akai machte den letzten Knopf seines Hemdes wieder zu und wollte Gin gerade ansprechen. Da fiel sein Blick auf einen roten Fleck auf seinem Hemd, der zuvor nicht da gewesen war. Noch während Akai den Fleck anstarrte fiel ein weiterer roter Tropfen darauf. Erschrocken hob er Gins Gesicht an... der Junge hatte Nasenbluten.

Sofort wendete Akai sich zum Nachtschrank, mit dem Glauben dort letztens noch Taschentücher gesehen zu haben.

Als er sie jedoch erfolglos durchsuchte ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen, wobei ihm auch die geöffnete Tür auffiel, die doch eigentlich hätte geschlossen sein müssen.

Akai starrte zur Tür, als hätte er einen Geist gesehen. "Ich hab die Tür doch..", begann er seinen Satz leise, doch nicht mal Gin verstand es. Ehe er nachfragen konnte, war der Mann auch schon aufgesprungen. "Warte hier.", hieß es und er ging aus dem Zimmer.

Gin war mit so einer abwesenden Verhaltensweise nicht zufrieden, ihm kam der Gedanke, dass Akai jetzt vielleicht böse auf ihn sei, oder es ihm unangenehm war und er die Nähe des Jungen nicht mehr bei sich haben wollte.

Wieder fiel ein roter Tropfen auf das weiße Bettlacken, vor lauter kreisende Gedanken um diesen Mann hatte er sein Nasenbluten längst vergessen gehabt. Er hielt sich die Hand unter die Nase und eilte zum Badezimmer um sich selbst ein Taschentuch zu besorgen, scheinbar brauchte er das vom Agenten nicht zu erwarten.
 

Dieser war verwundert gewesen, beim Austreten aus dem Schlafzimmer niemanden im Flur entdeckt zu haben und war deshalb hinunter zur Küche. Dort befand sich Merlot, sie war gerade dabei eine Suppe zuzubereiten.

"Schön, dass du dich hier so frei bedienst.", meinte Akai ironisch, dass die Frau einfach schon wieder das tat was sie wollte, noch dazu in seinem Haus, passte ihm überhaupt nicht in den Kragen.

"Nun da du anderweitig beschäftigt warst..." Merlot grinste den jungen Agenten schelmisch an, "...dachte ich, ich koche selbst etwas um euch nicht zu stören."

Akai lehnte sich gegen den Türrahmen und verschränkte die Arme. "Gin hat diese Anfälle immer wieder mal. Ich kann nicht genau sagen was es auslöst, aber in letzter Zeit werden sie häufiger. Zu Beginn hat er danach seine Erinnerungen wieder zurück bekommen, aber das war die letzten paar Male nicht der Fall.", sagte Akai während er Merlot genau beobachtete. "Es wird immer schwerer ihn zu beruhigen und fast jedes Mal bekommt er dabei Nasenbluten."

"Aha, also so beruhigt man Kinder heutzutage.", meinte Merlot ironisch. "Zu meiner Zeit galt das noch als Kindesmisshandlung." Sie stellte den Herd aus und drehte sich zu Akai herum.

Dieser ließ sich nichts anmerken, aber er kochte vor Wut. "Ohne dein verdammtes Gift wäre Gin noch in seinem richtigen Körper, mit seinen vollständigen Erinnerungen und dann-"

"Oho!" unterbrach Merlot ihn erneut. "Ich wusste ja gar nicht, dass ihr Beide so eine Beziehung habt!" sagte sie schelmisch grinsend. "Darum verfolgt dich Gin also so unnachgiebig. Und ich dachte es läge daran, dass du ein Verräter bist."

Akai musste sich darauf konzentrieren die Arme verschränkt zu lassen, da er diese Frau vor sich sonst verprügeln würde. "Ich brauch sie noch... Gin braucht sie noch...", redete er sich gedanklich ein. "Es spielt jetzt gerade keine Rolle, warum mich Gin töten will-"

"Tut es nicht?", wurde Akai erneut unterbrochen. "Also ich finde das richtig interessant. Warum erzählst du mir nicht mehr von eurer Beziehung zueinander? Dann überlege ich mir vielleicht auch euch zu helfen. Immerhin wäre es doch schade, wenn sich nur einer von euch an eure gemeinsamen Momente erinnert, nicht wahr?"

"Diese gemeinsamen Momente existieren doch überhaupt nicht!" Akai versuchte diese Spekulation abzustreiten, doch so einfach gab sich Merlot in der Diskussion natürlich nicht geschlagen.

"Also nicht? Dann vergreifst du dich also doch nur gern an Kinder?" Ihre Tonlage wurde immer provozierender.

"Überhaupt nicht, er hat-"

"DU hast angefangen, versuch ja nicht den Jungen die Schuld zu geben."

Wieder konnte Akai nicht ausreden und wurde von der Wissenschaftlerin unterbrochen. "Die Schuld geben...?" Das hatte der Agent nicht vorgehabt, niemals hätte er den erinnerungslosen Gin die Schuld dafür geben wollen. Doch es war unausweichlich, Merlot hatte Recht, er hatte es zu der Situation kommen lassen, er hatte seine Lippen zuerst auf die des Jungen gelegt und somit in diesen wahrscheinlich neue Gefühle ausgelöst. Oder aber, er kannte diese Gefühle schon, wegen des Alten Gin's, der wahrscheinlich immernoch irgendwie tief in den Kleinen steckt.

Akai seufzte, er wusste diese Diskussion weiterzuführen würde eh nichts nützen. "Hör zu, wenn du nicht vor hast uns..., Gin, zu helfen, dann würde ich dich bitten zu gehen. Ich werde auf keinen Fall zulassen, dass du Gin mitnimmst.", sprach er dann zu Merlot. Er wollte sie drauf hinweisen, dass ihre Anwesenheit vollkommen sinnlos sei, wenn sie nicht vor hatte ein Gegenmittel zu entwickeln.

"Hmmh... Und würde ich ohne Gin gehen, was willst du tun wenn ich Rum verrate, wo Gin sich aufhält und vor allem mit wem?" jetzt war Merlot auf Akai's Antwort gespannt, wie weit dieser bereit wäre zu gehen.

"In dem Fall...sorgst du dafür, dass dein Aufenthalt auf dieser Welt nicht lang andauern wird.", erwiderte Akai finster und setzte ein übel gesinntes Lächeln auf.

"Ah jetzt bekomm ich also leere Drohungen vom Herrn FBI-Agenten?" kaum kamen die Worte aus ihren Mund krallte eine starke Hand in ihren Hals. Akai schlug sie auf den Tisch, so heftig, dass beim Aufprall sogar ein Glas hinunter fiel und zersprang. "Ob sie leer sind wirst du ja dann sehen." der Griff des Mannes wurde um Merlot's Hals immer kräftiger, während dieser die Luft immer knapper wurde. Es reichte gerade so noch für ein paar Worte:

"Jetzt zeigst du also endlich mal dein wahres Gesicht... Rye."

Als dieser Codename Akai's Ohren erreichte ließ er Merlot sofort wieder los. Er wollte diesen Namen nie mehr hören, nur einer durfte ihn noch so nennen - und das war Gin.

Als er sich wieder ein paar Schritte von der Frau entfernte hörte er, wie diese hastig nach Luft schnappte. Leider erholte sie sich recht schnell von der kleinen Attackierung und schon riss sie auch wieder ihren Mund zum reden auf:

"Meinetwegen, töte mich, ich geb zu, dass ich mich eh nicht wehren könnte. Aber komm auch damit klar, dass Gin dich auch nur töten würde, wenn er der Alte wäre. Diese 'Liebe' die du gerade bekommst, kommt nur von einen Kind ohne Erinnerungen, der überhaupt keine Ahnung hat, wer er überhaupt ist." Und wieder hatte sie Recht, was Akai sich bedauerlicherweise eingestehen musste.

Plötzlich öffnete sich die Tür. Wenn man vom Teufel sprach, Gin trat mit kleinen Schritten in den Raum.

"Hat er etwa schon wieder gelauscht?", befürchtete Akai, doch seine Befürchtung war umsonst, der Junge krallte sich an sein Hosenbein und warf der überraschten Merlot einen entschlossenen Blick zu.

"Ich würde Shuichi niemals töten!", kam es laut, Akai stockte der Atem. "Ich hab ihn nämlich sehr lieb...", fügte Gin leise hinzu und krallte sich noch fester an das Hosenbein des Mannes fest und schaute zu diesen hoch. Zwar hatte er gerade mal 50% des Gespräches überhaupt verstanden, aber die Behauptung der Frau, dass er Akai töten würde, empfand er trotz allem als Schwachsinn.

Deal

"Er hat uns also doch belauscht." Akai seufzte. Dann stutzte er... "Hat er mich gerade bei Vornamen genannt?"

Er sah zu Gin herunter, der sich noch immer an sein Hosenbein krallte.

Ihre Blicke trafen sich.

In den einen Augen war absolute Ehrlichkeit und feste Überzeugung zu erkennen, in den Anderen Überraschung und Wärme. Doch in Beiden Augenpaaren lag auch Unsicherheit.

Der kleine Gin war von der absoluten Wahrheit seiner Worte überzeugt. Es mochte den älteren Mann wirklich sehr und so viel wie ihm dieser geholfen hatte, konnte er sich keinen Grund vorstellen, aus dem er ihn töten wollen würde. Selbst wenn er ein Verräter war, wie diese Frau behauptet hatte. Das warme Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit hatte er bereits von Beginn an gespürt und je länger er bei Akai war, desto stärker wurde noch ein anderes warmes Gefühl.

Egal wie, Gin wollte Akai jetzt vermitteln, dass er ihm wichtig war und zu ihm halten würde.
 

Akai hingegen war erstaunt wie offen der Junge ihn verteidigte. Ganz offensichtlich war dem Kleinen wichtig, was er dachte. "Merlot hat wirklich ins Schwarze getroffen." dachte er und strich Gin über den Kopf.

Dann sah er auf und betrachtete Merlot damit der Junge nicht die Schuldgefühle bemerkte, die in ihm aufstiegen.

"Gin würde mir nie vertrauen. Er würde alles in seiner Macht stehende tun, um mich leiden zu sehen.", dieser Gedanke war schmerzhafter als er zugeben wollte.

"Reiß dich zusammen Shuichi Akai. Keiner weiß genau, was das Gift mit Gin anstellt. Alles was jetzt passiert ist nur eine Illusion und wenn Gin das Gegengift nicht bekommt könnte er vielleicht sogar daran sterben!"
 

Merlot beobachtete den kurzen Blickaustausch der Beiden aus sicherer Entfernung. Sie hatte keine Lust erneut gewürgt zu werden. Daher beobachtete sie Akai besonders genau. Der FBI Agent war die größere Bedrohung.

Sie nutzte die Zeit um sich aufzurichten und wenigstens etwas ihrer Würde beizubehalten, da sie Akai jedoch nie aus den Augen ließ entging ihr, die Schuld die sich für einen Moment in den Augen des Mannes zeigte, nicht.

Als sich Akais Blick wieder vollständig auf sie richtete, wartete sie einfach seine nächsten Worte ab.

Akai war sich bewusst, dass er eine Entscheidung treffen musste. Dabei hatte er die genaugenommen schon getroffen, als er Gin bei sich aufgenommen hatte und als er ihn vor seinen Kollegen verborgen hatte. Er würde alles tun was in seiner Macht stand, um Gin zu helfen.

"Was brauchst du, um das Gegenmittel herzustellen?", fragte er Merlot gerade heraus.

"Ich kann mich nicht daran erinnern die Entscheidung getroffen zu haben, euch zu helfen...", meinte sie gespielt nachdenklich, worauf Akai die Stirn runzelte.

Gin sah verwundert zu diesen auf. Doch er sah schnell wieder nach vorn, denn auf einmal bewegte sich Merlot auf ihn zu.

Der Agent begab sich schon in Bereitschaft, falls die Frau jetzt etwas Falsches tun sollte.

"Hey Kleiner, du sagtest doch, du würdest diesen netten Mann hier niemals töten, nicht wahr?", begann sie zu fragen, worauf Gin vorsichtig bestätigend nickte.

"Machen wir einen Deal, wenn du dir jetzt sicher bist, dass egal was passiert und du dein Gedächtnis zurück erlangst, du ihm immernoch nichts tun willst. Dann helfe ich euch." Das Angebot von Merlot war eindeutig, doch Gin ahnte, dass diese seltsame Frau wahrscheinlich mit falschen Karten spielte und sicher mehr wusste, als sie ihm verriet.

Aber was sollte er antworten?

Er wollte Akai doch gerade noch unbedingt zeigen, wie ernst er es meinte und er ihn sehr gern hatte - jetzt einfach zu zögern wäre feige gewesen.

Immernoch starrte Merlot den Kleinen mit einen erwartungsvollen Blick an, dass Gin sich bereits unsicher war hatte sie bemerkt.

"Du bist dir also nicht sicher, dass du ihm definitiv niemals etwas zu Leide tun würdest?", fragte sie noch einmal, doch diesmal erfolgte sofort eine Antwort:

"Doch, ich bin mir sicher!" etwas unüberlegt, empfand Gin im Nachhinein. Er bekam Angst davor sich womöglich bald wieder erinnern zu können.

Akai hingegen sah beschämend zur Seite, er konnte diese Scheinlüge nicht ertragen. Zwar meinte es der kleine Gin bestimmt ernst, doch die Wahrheit sah ganz anders aus - der kaltblütige Gin aus der Organisation würde so etwas niemals behaupten und genau das war das Schmerzvolle.

"Also gut, dann ist es beschlossen, ich werde euch helfen." Merlot riss Akai aus seinen Gedanken und klopfte ihm auf die Schulter.

"Geht doch. Nun, dann frage ich nochmal, was brauchst du?" Akai war zumindest froh die Wissenschaftlerin jetzt endlich überzeugt haben zu können, auch wenn der Preis den Gin dafür zahlen musste hoch war.

Merlot zog ihre Aktentasche aus der Ecke.

"Das meiste ist hier drin, aber ich brauche ein Zimmer was man als Labor benutzen könnte, samt Computer wäre hilfreich." Die Ansprüche waren nicht sonderlich hoch.

"Ich glaub das lässt sich einrichten, noch etwas?", fragte Akai. Merlot hockte sich grinsend zu Gin herunter. "Ich brauche... dein Blut.", zischte sie ihm finster ins Gesicht.

Dem Jungen lief ein Schauer über den Rücken.
 

"Mein Blut?!" Er wich von der Frau vor ihm zurück, soweit bis er mit seinen Rücken an Akai's Beine anstieß.

"Ganz genau.", sagte Merlot mit einem fiesen Grinsen im Gesicht, das Gin noch mehr Angst einjagte.

"Ich werde mit ein paar einzelnen Tropfen Blut beginnen, aber nach und nach jeden einzelnen Tropfen Blut in deinem Körper verändern und ihn-"

"Schluss jetzt!", unterbrach Akai sie wütend und hob Gin auf die Arme. "Du musst ihn nicht so erschrecken!"

"Aber das macht Spaß!", erwiderte Merlot gut gelaunt und mit einem breiten Grinsen im Gesicht das überhaupt nicht mehr unheimlich wirkte.

"Lass das! Andernfalls kannst du zu sehen wo du deinen Raum findest." kam es hingegen vom Agenten.

"Oh ich finde schon was, es wird nur länger dauern das Gegengift herzustellen." grinste Merlot.

Gin spürte wie Akais Griff um ihn fester wurde. Schmerzhaft fest, aber das wollte er ihm nicht sagen.

Kurz darauf wurde der Griff auch wieder lockerer und Gin sah zu Akai hoch. Obwohl der Mann noch immer angespannt war, war in seinem Gesicht nichts davon zu erkennen.

Akai beschloss Merlot nicht zu antworten und sah stattdessen zu Gin in seinen Armen.

"Bevor ich dich gefunden habe wurde dir ein Gift verabreicht, das deinen Körper und dein Gedächtnis beeinflusst." Erklärte er schließlich dem Jungen. Obwohl dieser aus den Gesprächen der beiden Erwachsenen wohl schon ein paar Hinweise bekommen hatte. Worum es ging, hatte ihm noch niemand erklärt, was genau eigentlich los war.

"Dein Nasenbluten und die Kopfschmerzen hängen mit großer Wahrscheinlichkeit auch damit zusammen. Diese Frau da drüben hat das Gift entwickelt und indem sie ein wenig Blut...", Akai funkelte Merlot vielsagend an. "...von dir nimmt kann sie ein Gegenmittel entwickeln, um den Effekt des Giftes aufzuheben."

Gin senkte kurz den Kopf und sah dann mit großen Augen wieder zu Akai auf. "W-wird es weh tun?", fragte er ihn unsicher.

"Das Blutabnehmen nicht, das erfolgt mit einer kleinen Spritze. Das Gegengift... ja, das wird vermutlich weh tun.", gab Akai wahrheitsgemäß zu.

Gin schluckte. "Wie schlimm wird es weh tun? So wie die Kopfschmerzen?"

Akai drückte den Jungen an sich. "Viel mehr.", sagte er in Erinnerung an das eine Mal, dass sich Gin zurückverwandelt hatte.

Der Junge in seinen Armen begann zu zittern und verbarg sein Gesicht an Akais Brust, die kleinen Hände waren in sein Hemd gekrallt.

"I-Ich hab Angst." war schließlich eine leise, unsichere Stimme zu hören.

Akai strich mit einer Hand über Gins Rücken und sah Merlot dabei böse an. "Das ist allein ihre Schuld!"

Diese zuckte nur mit den Schultern und grinste.

"Das ist auch okay, wir müssen es auch nicht sofort machen.", beruhigte Der FBI-Agent den Kleinen. "Das Blutabnehmen wird nicht weht tun", betonte er noch einmal. "Und dann dauert es noch eine Weile bis das Gegengift überhaupt entwickelt ist. Also hast du noch etwas Zeit, dich an den Gedanken zu gewöhnen."

Gin nickte nur.

Da Akai den Jungen gerade nicht absetzten wollte und sich dieser auf seinen Armen auch gerade wohlzufühlen schien verließ Akai die Küche einfach mit ihm zusammen. Merlot bedeutete er dabei mit dem Kopf, dass sie ihnen folgen sollte.
 

So hielt Akai schließlich - Gin noch immer tragend - vor einer Tür. "Den Raum kannst du nehmen.", sagte er zu Merlot.

Daraufhin trat sie mit ihrer Aktentasche hinein.

Der Raum war nicht sonderlich groß, ein Bett stand dort mit ein paar leeren Regalen, Tisch und Schreibtisch mit Computer waren auch vorhanden. Die Vorhänge sahen alt und staubig aus, das Licht schien leicht verdunkelt in das Zimmer.

"Wann hast du hier das letzte Mal geputzt?" Merlot zog den Zeigefinger durch ein staubbelegtes Regal.

"Ich hab bis vor kurzem noch woanders gewohnt, seitdem stand das Haus 17 Jahre leer.", erklärte Akai knapp, von Merlot kam nur ein Nicken.

"Ich denke das wird reichen. Wenn ich noch was brauche musst du mir das natürlich sofort besorgen.", stellte die Frau klar, was von Akai mit rollenden Augen bestätigt wurde.

Kurz darauf kramte Merlot aus ihrer Tasche eine Spritze, sie sah diese erst boshaft grinsend an, dann sah sie zu Gin.

"So mein Kleiner, jetzt schön still halten..." Ihre Tonlage passte zu ihrem finsteren Gesichtsausdruck, alles beabsichtigt um den armen Gin noch mehr zu verängstigten.

Die erste Schweißperle lief ihm über sie Stirn. Er überlegte, ob er seinen Kopf lieber in Akai's Brust vergraben oder sich von diesem lösen sollte um zu fliehen. Je länger er aber darüber nachdachte desto näher kam ihm die Frau.

Zu seiner Überraschung, Akai packte nach ihrem Handgelenk.

"Ich glaube der Kleine hat heute schon genug durchgemacht, wir verschieben das auf Morgen.", meinte er, was Gin sofort erleichterte.

Merlot zog enttäuscht die Lippen nach oben. "Von mir aus.", sagte sie allerdings, dass sie so einfach locker ließ verwunderte den Agenten etwas. "Und noch was, ich arbeite gern ungestört. Wer meint meine Arbeit unterbrechen zu müssen, wird es bereuen." das war Merlot's erste Regel, wenn sie etwas überhaupt nicht ausstehen konnte, dann bei ihren Forschungen gestört zu werden.

Bist du wütend?

Später Abend, 22:15 Uhr
 

Allmählich zog sich Dunkelheit über den Himmel, mit der Zeit fielen auch einige Regentropfen herab. Glücklicherweise war es nur Regen, keine Blitze waren zu sehen und kein Donner zu hören.

Akai hatte sich in das alte Arbeitszimmer seines Vaters allein zurückgezogen. Gin hatte er vor langer Zeit schlafen gelegt und was Merlot gerade trieb interessierte ihn nicht, solange sie ihre Arbeit erledigte.

Wie fast alle anderen Zimmer war auch dieses verstaubt, haufenweise alte Bücher und Fotos fanden hier Platz. Der Schreibtisch samt Sessel stand vor einem großen Fenster, davor saß Akai und sah durch dieses hindurch.

Er brauchte Zeit allein, zum nachdenken, diese Frau hatte einige Gedanken in ihm ausgelöst, hauptsächlich um Gin.

Was wäre wenn dieser wieder der Alte wäre?

Müsste er dann vor ihm fliehen oder sich ihm entgegen stellen?

Er wollte den Kaltblütigen nichts mehr antun. Anfangs wollte er das nicht wegen seines Zustandes, doch jetzt lehnte er es komplett ab. Scheinbar hatte dieses Kind ihm echt den Kopf verdreht, er war sich selbst noch nie so fremd wie jetzt.

Plötzlich wurden seine Gedanken unterbrochen, die Tür öffnete sich langsam.

Mit dem silbernen Haar, der leicht bleichen Haut und dem weißen Hemd sah der kleine Gin fast aus wie ein Geist.

"Was ist los? Hattest du einen Alptraum?", wollte Akai wissen, der Junge schüttelte den Kopf und trat zum Fenster heran.

"Warum bist du alleine hier?" Gin's Stimme klang besorgt und neugierig.

"Ich wollt nur über etwas nachdenken... alles in Ordnung.", murmelte der Mann während er aus dem Fenster starrte.

"Magst du mich noch?", fragte Gin mit gesenktem Kopf, die Frage kam unerwartet und Akai wandte sich ihm zu.

"Natürlich, wie kommst du jetzt darauf?"

"Du streitest dich oft mit der Frau...Und es geht um mich.“ Nach diesen Worten setzte Akai den Jungen auf seinen Schoß.

"Mach dir keinen Kopf darüber, sie wird uns helfen.", versuchte er Gin zu überzeugen.

"Sie ist komisch.", meinte dieser daraufhin. "Warum glaubt sie, ich würde dich töten wollen wenn ich mein Gedächtnis zurück habe?" Der Ahnungslose wollte mehr wissen, er konnte sich immernoch nicht vorstellen Akai in irgendeiner Weise etwas anzutun.

"Das liegt bei dir...wenn alles beim Alten ist entscheidest du, was passiert. Willst du mir weh tun, dann können wir uns wahrscheinlich nie mehr wiedersehen, da ich sonst gezwungen wäre, dir auch etwas anzutun.", erklärte Akai, für Gin war das in Rätseln gesprochen, doch trotzdem antwortete er schnell:

"Du darfst nicht gehen, ich hab niemanden außer dir!", kam es laut und er krallte sich in das Hemd des Agenten.

Dieser schaute mit leeren Augen zum Silberhaarigen herunter. "Vielleicht brauchst du mich ja dann nicht mehr."

"Brauch ich wohl!" Je mehr solche Worte fielen desto schmerzhafter wurde es für den Agenten. Der Junge auf seinem Schoß konnte nichts dafür und dass er ungewollt log, das wusste er auch nicht.
 

Langsam kullerten Gin ein paar Tränen über die Wangen, als er bemerkte, dass der Mann einfach nur still war und sich von nichts beeinflussen ließ. Dessen Hand wischte die einzelnen Tränen dann aus Gin's Gesicht.

"Ich bleib ja bei dir...Und werde zumindest dafür sorgen, dass du vor Rum sicher bist.", meinte Akai um den Jungen aufzuheitern.

Ein kurzes Lächeln von diesem, bis er auf ein anderes Thema einlenkte. "Bist du eigentlich böse wegen vorhin?"

Der Agent wusste zuerst nicht von welchem Vorhin die Rede sei, doch dann erinnerte er sich an die peinliche Lage mit dem Kuss.

"Du meinst, was im Schlafzimmer passiert ist? Nein, ich bin nicht böse auf dich. Immerhin-"

"-also bist du auch nicht böse, wenn ich es nochmal mache?", unterbrach Gin ihn.

Akai's Augen weiteten sich. "Wieso-?", wollte er sprachlos wissen.

"Weil es sich gut anfühlt!", sagte Gin selbstsicher und errötete leicht.

Akai wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. In dem Erwachsenen stieg das Bedürfnis auf einfach nachzugeben, die Situation auszunutzen... "Gin würde mich so definitiv umbringen!", dachte Akai.

"Andererseits will er das eh schon..."

Sein Blick wanderte zu Gins Lippen. Die Sekunden dehnten sich aus und wurden zu Minuten.

Der Junge wurde ungeduldig. Er wollte eine Antwort haben, doch Akai schien wie erstarrt.

Einen kleinen Moment überlegte Gin noch, dann beschloss er es einfach zu tun. Doch die Bewegung des Jungen riss Akai aus seinen Gedanken und er hielt ihn fest auf seinem Schoß. Der Kleine konnte nicht nach genug heran kommen.

Gin senkte enttäuscht den Kopf. "Also magst du es nicht? Du bist mir doch böse?", fragte er verunsichert.

"Nein." sagte Akai ruhig und bestimmt.

Gin hob vorsichtig den Kopf und Akai strich ihm mit einer Hand vorsichtig die Haare aus dem Gesicht. Die andere Hand hielt Gin noch immer fest. Bei den großen Augen in deren Wimpern ein paar Tränen glitzerten konnte sich Akai nicht länger zurückhalten und beugte sich zu Gin herab, um ihn auf die Stirn zu küssen.

Verdutzt und enttäuscht starrte Gin Akai an.

"Ich bin nicht böse auf dich wegen dem, was im Schlafzimmer passiert ist."

Gin wollte gerade etwas erwidern als Akai ihm einen Finger auf die Lippen legte.

"Aber.", betonte er. "Das ist etwas, das nur im Schlafzimmer geschehen sollte und was nur Erwachsene miteinander tun. Vorausgesetzt sie haben sich richtig gern. Verstanden?", erklärte er dem Jungen.

Dieser senkte den Blick und überlegte einen Moment. "Wenn ich also auch groß bin können wir es machen?"

Ein Stich fuhr durch Akais Herz als er sich den erwachsenen Gin vorstellte, wie dieser ihn genauso sanft berührte, ihn sogar küsste. "Das wird nie geschehen...", dachte er und musste plötzlich gegen Tränen ankämpfen. Er sah zu dem Jungen auf seinem Schoß und wollte gerade verneinen, brachte es aber nicht übers Herz als er den hoffnungsvollen Blick von Gin bemerkte.

"Ja." sagte er stattdessen. "Wenn du das noch immer möchtest wenn du groß bist, können wir das machen."
 

Plötzlich fing Gin's Gesicht an zu strahlen, die Traurigkeit war praktisch wie verflogen.

"Dann versuche ich so schnell wie möglich groß zu werden!", sagte der Kleine und streckte, als er das Wort 'Groß' erwähnte, seine Arme in die Höhe.

Akai musste bei dem Anblick schmunzeln.

"Immer wieder erstaunlich, wie Kinder es schaffen von der einen bis hin zur nächsten Sekunde ihre Gefühle komplett zu ändern...“, doch ein Hauch von Unsicherheit blieb immernoch auf Gin's Gesicht zurück.

"Und was ist, wenn du bis dahin jemand anderen mehr magst?" Das war scheinbar das, was dem Jungen noch auf der Seele lag.

Akai wurde nachdenklich.

Wie lange war es schon her, dass er eine feste Freundin hatte? Bestimmt Jahre.

Doch Momentan interessierte er sich dafür auch nicht. Zugegeben, er verliebte sich nicht wirklich schnell. Eine Frau, an die er täglich denken würde, konnte er sich nicht vorstellen.

"Eine Frau…" sein Blick wanderte wieder zu Gin, der immernoch auf eine Antwort wartete.

Wieder stellte sich Akai den erwachsenen Gin vor sich vor, er verwöhnte ihn. Er zuckte mit dem rechten Auge. Er hatte doch schon jemanden, an den er täglich dachte - es war Gin.

"Keine Sorge, ich werde einfach warten... also enttäusch mich nicht." Akai lächelte zum Jungen herunter, er wollte versuchen seine eigentliche Unsicherheit zu verbergen.

"Das dauert aber noch lange oder?", fragte Gin ihn noch zuletzt.

"Zeit vergeht schnell.", antwortete Akai gelassen und ergänzte gedanklich:

"Du wirst wahrscheinlich schneller erwachsen sein, als du denkst..."

Wodka

Wodka betrachtete nachdenklich das Gebäude vor sich.

Wie lange war es her, dass er aus eben einer solchen Einrichtung geholt worden war?

"Ist doch egal, wie lange das her ist.", dachte er und stieg aus dem Wagen. Rum hatte verdammt schlechte Laune und wenn einem jemand das Leben vermiesen konnte, dann ein schlecht gelaunter Rum. Mit ihm war nie zu spaßen und seit Merlot abgehauen war erst recht nicht. Scheinbar waren die Unterlagen, die Rum zu dem Gift bekommen hatte, gefälscht worden und als er Merlot zur Rede stellen wollte, war diese weg.

Nun durfte Wodka nicht nur nach Gin, sondern auch nach dieser verdammten Wissenschaftlerin suchen.

"Von ihr gibt es wenigstens ein paar Hinweise.", dachte Wodka während er durch den Regen auf das Gebäude des Kinderheimes zuging. Den Informationen zufolge, die er von Rum erhalten hatte, war Merlot in verschiedenen Kinderheimen der Umgebung aufgetaucht. Jetzt suchte er gerade in dem Nächstgelegensten nach Hinweisen.

Als Wodka das Gebäude betrat wurde er von einer freundlichen Frau begrüßt, die ihm anbot seine nasse Kleidung und den Hut aufzuhängen, doch er lehnte unwirsch ab.

"Ich wollte nur ein paar Fragen stellen." Sagte er und hielt flüchtig einen gefälschten Polizeiausweis hoch.

"So ein unnötiger Kram.", dachte er, doch es war die einfachste Methode Fragen zu stellen und Antworten zu bekommen.

"Verstehe." sagte die Frau nur. "Ich kann Ihnen aber nicht viel sagen, auch wir unterliegen der Schweigepflicht."

"Natürlich. Mich interessiert nur, warum Frau...." Wodka war der Name entfallen, mit dem sich Merlot hier gemeldet haben sollte.

"Hisagi?", fragend sah er die Frau vor sich an und schloss aus der verstehenden Miene, dass er richtig lag.

"Warum sie hier her gekommen ist."

"Nun, ist das nicht offensichtlich?", fragte die Frau ihn verwirrt. "Sie ist am überlegen, ein Kind zu adoptieren."

"Wer's glaubt..." dachte Wodka. "Nach welchen Kindern... hat sie sich denn erkundigt?", fragte Wodka, wobei er dachte:

"Warum muss ich diese dämliche Nachforschung anstellen? Ich kann das doch gar nicht!"

"Sie hat sich nur erkundigt, welche Kinder bisher am Kürzesten hier waren. Da sie besorgt war, dass es Kindern, die schon länger hier sind, schwer fallen würde sich wieder in eine Familie einzufügen. Leider befinden sich die Kinder die am wenigsten Zeit hier verbracht haben bereits seit mindestens einem Jahr hier, was ihr bereits zu lange war." erklärte die Frau.

"Seltsam." murmelte Wodka.

"Nicht wahr? Wenn die Kinder gerade erst ihre Geburtsfamilie verloren haben benötigen sie Zeit um sich daran zu gewöhnen. Sie direkt nach einem Monat Aufenthalt bei uns oder weniger an eine Adoptionsfamilie zu geben ist Erfahrungsgemäß eher selten von Erfolg gekrönt.", redete die Frau unaufgefordert weiter.

"Einen Monat oder weniger?" fragte Wodka erstaunt nach. Das kam ungefähr mit dem Zeitpunkt hin, zu dem er Gin... "Seltsamer Zufall oder? Erst vor einem Monat bekamen wir einen Anruf von der Polizeiwache, in der Nähe von einem Jungen, den sie nachts auf der Straße gefunden haben. Der Junge ist ihnen scheinbar wieder weggerannt. Wissen sie vielleicht ob er wieder zu seiner eigentlichen Familie zurückgefunden hat?" fragte die Frau ihn jetzt.

"Äh...also...ja...bestimmt...ich meine...Das hat er." stotterte Wodka.

"Das ist gut. Irgendwie ist mir der Anruf nicht aus dem Kopf gegangen. Der 12-jährige soll wohl zu große Kleidung getragen haben und ich habe schon befürchtet..."

Wodka ließ sie einfach weiter reden, von dem weiteren Gespräch blieb aber nichts mehr hängen. Irgendwann schaffte er es dann endlich sich zu verabschieden, in Gedanken war er jedoch vollständig bei seinem Aniki.

"12-jähriger." hallten die Worte der Frau in ihm nach.

"Ungefähr so alt war Gin glaube ich, als wir uns vorgestellt wurden…"

Während Wodka sich ins Auto setzte wurde er von der Vergangenheit eingeholt.
 

An seinen Geburtsnamen konnte sich Wodka nicht mehr erinnern. Er wuchs in einem Kinderheim auf bis er von einer Familie adoptiert wurde. Wie sich jedoch herausstellte war seine neue "Familie" eine geheime Organisation. Ihm wurde eingebläut, dass er allem zu gehorchen hatte was ihm gesagt wurde, ohne Fragen, ohne nachzudenken.

Wurde etwas nicht richtig getan und sei es auch nur zu einer Lehrstunde zu spät zu kommen folgten schwere Strafen. Er erlernte den Umgang mit verschiedensten Waffen, von Pistolen über Gewehre bis hin zu Schlafwaffen, zudem wurde er darauf trainiert nie Gefühle zu zeigen.

In allen Bereichen war Wodka stets durchschnittlich. Seine Ausbilder waren selten zufrieden und gerade was das Verbergen von Gefühlen betraf, schnitt er schlecht ab.

Als er alt genug war, um die Prüfung zu absolvieren, wurde von allen erwartet, dass er sie nicht bestehen würde. Denn die Prüfung war schwer und wer sie nicht bestand wurde ausgeschaltet.

Kurz vor Beginn der Prüfung wurde ihm sein Partner vorgestellt. Ein blasses Kind mit hellen, langen Haaren, das ungefähr in seinem Alter war. Sie wurden sich direkt mit den Namen vorgestellt, die sie nach dem Bestehen der Prüfung erhalten würden.

Gin und Wodka.

Wodka wusste nichts von seinem Partner, der zudem nicht gerade gesprächig war. Doch während des nun gemeinsamen Trainings beobachtete er ihn genau und war beeindruckt von den Fähigkeiten des anderen Kindes. Er gab sein Bestes ihm nachzueifern, doch seine Ergebnisse verbesserten sich kaum.

Dann kam der Tag der Prüfung. Wodka war total nervös. Ihnen wurde zum ersten Mal seit geraumer Zeit erlaubt das Trainingsgelände zu verlassen. Natürlich würden sie während der gesamten Mission beobachtet werden und jeder von ihnen hatte ein Armband mit Peilsender, damit ihnen im Notfall geholfen werden konnte. Doch ihm war genauso klar wie Gin, dass ihnen niemand zu Hilfe kommen würde, gäbe es Probleme.

Sobald sie den Raum betraten, vor dem sie gerade standen, ging es los. Wodka schielte zu Gin. Der andere Junge schien nicht das Geringste bisschen nervös zu sein.

Ein Abbild der perfekten Ausbildung.

'Er wird es bestimmt schaffen.' , dachte er sich. 'Okay, ich folge ihm einfach und passe auf, dass ich ihm nicht im Weg bin! Dann wird das schon! Irgendwie kann ich ihm bestimmt auch nützlich sein!' , beschloss er gedanklich.

Dann wurde ihnen gestattet den Raum zu betreten.

Hinter der Tür lag ein kleines Zimmer, in dem sich neben ein paar abschließbaren Schränken noch ein Schreibtisch und ein Stuhl befand. In dem Stuhl saß Rum und sah ihnen bedrohlich entgegen. Stille erfüllte den Raum. Wodka fühlte sich von Rums Präsenz überwältigt.

Sein Kopf war leer.

Er wusste, dass er irgendetwas tun musste, aber er wusste nicht mehr was.

Da sprach Gin neben ihm. "Wir melden uns zu unserer Mission.", sagte er trocken.

'Richtig! Wir sollten uns melden und... eigentlich doch unsere Namen nennen!' Wodkas Augen wurden groß. Er wusste, wenn er jetzt noch ihre Codenamen sagen würde, wäre es vielleicht noch in Ordnung, aber er brachte Rum gegenüber kein Wort hervor.

'Das wars, wir sind erledigt!', dachte Wodka. Doch zu seiner großen Überraschung war Rums Antwort nur:

"Alle nötigen Informationen befinden sich in dieser Mappe. Ihr habt zwei Tage Zeit die Mission zu erfüllen."

"Verstanden.", sagte Gin und trat vor um die Mappe vom Schreibtisch zu nehmen, dann drehte er sich mit der Mappe in der Hand herum und ging zur Tür zurück.

Als er an Wodka vorbei ging sagte er "Komm." und Wodka gelang es endlich, sich aus seiner Starre zu befreien und Gin aus dem Raum zu folgen.

Als sich die Tür hinter den Kindern schloss fing Wodka an zu zittern. "Das war wirklich-", wollte er zu Gin sagen, doch dieser war bereits mehrere Meter vor ihm.

"So warte doch!", Wodka lief ihm hinterher.

Gin reagierte nicht und lief einfach weiter.

"Weißt du denn schon, was unsere Mission ist?" fragte Wodka ihn.

"Jemanden erschießen." war die monotone Antwort.

Wodka erstarrte.

Kurz darauf musst er wieder rennen, da Gin einfach weitergegangen war.

"Wirklich? D-das kann doch nicht sein! Hast du die Mappe schon gelesen?"

"Nein.", sagte Gin und gab die Mappe an Wodka weiter. Dieser schlug sie auf und las sich genau durch, was da stand. Dabei wurde sein Gesicht immer blasser. Es handelte sich tatsächlich darum, dass sie jemanden töten sollten. Aber nicht nur eine Person, sondern zwei. Wodka sah erschrocken zu Gin, der endlich stehengeblieben war. Jetzt befanden sie sich vor der Tür durch welche sie das Trainingsgelände verlassen würden.

"Wer und wo?", fragte Gin ihn ausdruckslos.

Wodka starrte ihn einen Moment an, dann drangen die Worte zu ihm durch und er sah schnell noch einmal in der Mappe nach.

"Herr und Frau Kusosaki, sie gehen jeden Abend in ein Restaurant namens Columbo, wo sie sich eine Stunde lang aufhalten um zu essen."

"Dann los."

"W-was denn jetzt?", fragte Wodka verdutzt. "Wir haben doch 2 Tage Zeit und …"

"Je schneller um so besser.", erwiderte Gin nur und ging durch die Tür ins freie.

Wodka blieb nichts anderes übrig als ihm zu folgen. Sie fanden das Restaurant erstaunlich schnell.

Es war früher Nachmittag und es war noch recht leer, deshalb versteckten sich Gin und Wodka in dem gegenüberliegenden, leerstehenden Gebäude von wo aus sie einen guten Überblick hatten. In der Mappe waren auch Fotos des Ehepaares enthalten und so wussten sie genau, nach wem sie Ausschau halten mussten.

Stillschweigend warteten sie darauf dass die Zeit verging. Schließlich bemerkte Wodka die Zielpersonen.

"Hey! Da sind sie!", wollte er Gins Aufmerksamkeit auf sie lenken, doch zu seinem Erstaunen beobachtete er sie bereits genau. Sie betraten das Restaurant, suchten sich offensichtlich jedoch einen Platz, der sich nicht an den Fenstern befand.

"Was machen wir jetzt?", überlegte Wodka laut.

"Abwarten."

Wodka sah mit großen Augen zu Gin. Der andere Junge war ganz ruhig und irgendwie färbte die Ruhe auch auf Wodka ab. Da er ohnehin schon beschlossen hatte ihm einfach zu folgen ergab sich Wodka in sein Schicksal und machte es sich bequem.

Da die Beiden jetzt in dem Restaurant waren, würden sie dieses frühestens in einer Stunde verlassen.
 

Wodka schloss kurz die Augen, mit denen er vor sich durch die Windschutzscheibe in den Regen gestarrt hatte und startete beim öffnen der Augen den Motor. Während er durch den Regen zum nächsten Kinderheim fuhr schossen ihm einzelne Bilder der ersten Mission mit Gin durch den Kopf, an genaue Details konnte er sich nicht mehr erinnern. Er hatte stets versucht es zu verdrängen und nicht weiter darüber nachzudenken.
 

Die Frau konnten sie auf dem Weg nach Hause erschießen. Wodka verbarg sich in einer Seitengasse, in die der Mann fliehen würde, sobald Gin die Frau erwischt hatte.
 

Unklare Bilder von einer Hetzjagd, die ihm viel länger erschienen war als sie tatsächlich gewesen sein konnte, kamen Wodka in den Kopf. Doch folgende Szene hatte Wodka nie vergessen können.
 

Letzten Endes befand sich der Mann in einer Sackgasse. Ein Bein blutete von einem Streifschuss den Wodka abgefeuert hatte. Er hatte auf seine Brust gezielt.

Wodka hielt die Pistole im Anschlag und zielte auf den keuchenden Mann vor sich.

Seine Eigene Atmung ging schnell.

Er hörte leise Schritte hinter sich und ohne sich umzudrehen wusste Wodka, dass Gin hinter ihm stand.

'Wenn ich ihn erschieße habe ich bestanden. Wenn nicht werde ich....' , dachte Wodka. Ihm war sehr wohl bewusst, dass er die Prüfung nur bestand wenn er jemanden tötete. Dabei war es schon eine Erleichterung gewesen, dass Gin die Frau getötet hatte. Wodka konnte sich nicht vorstellen, dass er das geschafft hätte.

"B-bitte! Was wollt ihr von mir?", flehte der Mann vor ihnen. "I-ich…"

"Halt die Schnauze!", sagte Gin und zielte nun seinerseits auf den Mann.

Doch er schoss nicht. Wartete darauf, dass Wodka es tat.

Doch Wodka zitterten die Hände. Je länger er den Mann ansah, um so unsicherer und verzweifelter wurde er.

Da spürte er plötzlich eine Hand über seinen Griff an der Pistole. Vor Schreck ließ er sie fast fallen. Gin hatte seine Hand genau über die von Wodka gelegt, zielte und drückte ab. Vor Wodkas Augen brach der Mann in sich zusammen.

Er war tot. Gestorben durch einen Schuss ins Herz.

Kurz darauf kamen mehrere Männer der Organisation und sammelten sie ein. Sie hatten die Prüfung schneller als erwartet abgeschlossen, jeder von ihnen hatte einen der Beiden Opfer getötet, was die Kugeln in den Körpern bewiesen.

Sie galten ab sofort als vollwertige Mitglieder der Organisation. Niemand zweifelte daran, dass beide die Prüfung bestanden hatten, doch Wodka war sich bewusst, dass er es ohne Gin nie geschafft hätte.

Sie wurden zu festen Partnern und schnell ein eingespieltes Team. Wodka war Gin aus vollem Herzen dankbar und orientierte sich an seinem Vorbild. Ihm fiel ein Begriff ein, der er vor langer Zeit einmal im Kinderheim gehört hatte und so nannte er Gin ab dem Tag an Aniki - großer Bruder. Er würde alles für ihn tun und seine Fähigkeiten bestmöglich verbessern um ihm nie ihm Weg zu sein.
 

"Wo bist du nur...Aniki…", dachte Wodka. Er hatte ihn nie verraten wollen, doch jeder in der Organisation wusste, dass sie in dem Moment ausgeschaltet werden würden, wenn sie eine Gefahr darstellten. Rums Befehl hatte genauso Priorität wie die vom Boss. Zumal selten Befehle direkt vom Boss gekommen waren. Das Privileg hatten nur wenige in der Organisation erfahren und Gin war einer von ihnen gewesen.
 

Wodka parkte vor dem nächsten Kinderheim, in dem Merlot gesehen worden war.

"Es tut mir Leid Aniki...Ich hoffe es geht dir gut…", dachte er noch, bevor er aus dem Auto stieg und zu dem Gebäude ging. Der Regen hatte endlich aufgehört. Drinnen angekommen wurde er wie zuvor von einer Frau begrüßt. Sofort zeigte Wodka den falschen Polizeiausweis.

"War eine Frau Hisagi zufällig hier?" die Frau vor Wodka musterte das Organisationsmitglied etwas.

"Ja, so eine Frau war hier, warum genau wollen Sie das wissen?"

"Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, allerdings müsste ich Sie etwas fragen. Also, was genau wollte Frau Hisagi?"

"Sie wollte ein Kind adoptieren, ist ja auch ein Kinderheim hier. Allerdings war es etwas seltsam, wie es scheint suchte Sie nämlich nach einen ganz bestimmten Kind. Ihre Beschreibung passte haargenau zu dem Kind, was die Polizei vor ungefähr einen Monat fand aber Ihnen wieder entwischt ist. Sind Sie etwa deshalb hier, wenn ich fragen darf?" erklärte die Frau.

"Ah nein, es läuft nur eine Fahndung nach dieser Frau." mehr Informationen brauchte Wodka nicht, also drehte er sich weg und verließ das Gebäude wieder.
 

Gerade als er in sein Auto steigen wollte, bemerkte er an dieses einen großen Mann mit schwarzem Mantel. Restliche Regentropfen liefen über diesen und fielen auf dem Boden herab. In der Hand hielt er einen Regenschirm nach unten gerichtet.

Gerade wollte Wodka fragen, wer dieser vermeintlich Unbekannte war, doch dieser entpuppte sich als Rum, als er sich umdrehte.

"R-Rum... was machen sie hier?", erkundigte sich Wodka.

"Berichte mir Neuigkeiten.", kam es kalt. So leicht ließ Wodka sich offenbar aber nichts aus der Nase ziehen.

"Sie hätten doch einfach anrufen können, warum kommen sie extra her?", fragte er stattdessen, doch sein Gegenüber ging nicht auf die Frage ein.

"Soll ich meinen Befehl erst wiederholen?"

Nach dieser rhetorischen Frage herrschte kurz Stille.

Wodka zögerte, er wollte seinen Aniki nicht noch einmal verraten. Doch lügen konnte er nicht mehr, da er bereits zu lange geschwiegen hatte, würde es nur auffallen.

Rum sah ihn ungeduldig an.

"Also... Wie vermutet hat Merlot tatsächlich einige Kinderheime aufgesucht und sich speziell nach einem Kind erkundigt - ein Junge wessen Beschreibung zu dem Kind passt, welches der Polizei vor einem Monat entwischt ist.", erklärte Wodka unsicher während seine Stimme leise war.

"Ein Kind also... dann ist unser Ausreißer jetzt also wirklich im Körper eines Kindes...", fasste Rum als Entschluss, seine Tonlage klang hinterhältig, was Wodka nur noch mehr einschüchterte.

"Aber wenn er in keinem Kinderheim ist und der Polizei entkommen konnte, wo soll er dann sein? Gin hat doch niemanden zu dem er könnte!", fragte Wodka, er verstand nicht, wo Gin sich solange rumgetrieben haben soll.

"Du Idiot! Denk doch mal nach. Wahrscheinlich wurde er von irgendeinem herzensguten Menschen aufgenommen. Was würdest du denn tun, wenn dir ein hilfloses Kind abends allein über den Weg läuft, während es in Strömen regnet?!"

Wodka's Unwissenheit ließ seinen Vorgesetzten energisch werden, doch bei seinem darauffolgenden Satz klang er total versessen: "Mich würde zu gern interessieren... Wer wohl Gin's Retter ist und ihn nun vor uns versteckt…"
 

"Hatschi!" Ein kurzer Niesanfall riss den Agenten Shuichi Akai aus dem Schlaf.

Der kleine Gin befand sich immernoch auf seinem Schoß, wie es schien waren Beide im Sessel eingeschlafen.

Er schmunzelte bei Gin's Anblick, wie er einfach auf seinem Schoß seelenruhig schlief.

Plötzlich kam Merlot herein. "Na, endlich wach Dornröschen?"

Akai verdrehte daraufhin nur die Augen. "Was willst du?"

"Was wohl du kluger FBI Agent? Natürlich die Blutprobe!", sagte sie und ging mit einen breiten Grinsen auf Gin zu.

"Du kannst ihn doch nicht während er schläft Blut abnehmen!"

Merlot zuckte mit den Schultern. "Wieso nicht? So ist es für uns alle einfacher."

Nach kurzem grübeln ließ sich der Agent schließlich doch breit schlagen, irgendwann musste Gin da sowieso durch.

"Meinetwegen, aber kurz und schmerzlos bitte.", meinte er dann, von Merlot nur ein leichtes Nicken als Bestätigung. Vorsichtig nahm sie Gin's Arm und stach langsam mit der Spritze ein.

Akai betete während der Abnahme, dass Gin davon nicht wach werden würde. Er drückte ihn etwas fester an sich und streichelte ihm über den Kopf.

Der Junge regte sich nicht, Akai vernahm nur die sich hebend und senkende Brust und den Atem des Kleinen.

"Nun hab dich nicht so, dein Schützling hat es überstanden.", gab Merlot nach kurzer Zeit Bescheid und hielt dem Agenten die mit Blut gefüllte Spritze entgegen. Danach desinfizierte die Frau die Wunde und klebte ein Pflaster drauf, Gin bekam von all dem immernoch nichts mit, zu Akai's Erleichterung.

"Ich warne dich, übertreib es nicht... Kinder nehmen Dinge manchmal falsch auf.", meinte Merlot noch, scheinbar fand sie das jetzige Verhältnis der Beiden amüsant, denn es klang nicht wirklich wie eine Warnung, viel mehr nach einem schlechten Witz.

Akai starrte sie schweigend an während sie grinsend den Raum verließ.

"Ist das so?", flüsterte er dann und sah auf den schlafenden Gin herab.

Erster Prototyp

3 Tage später
 

Nach der Blutabnahme hatten die Beiden kein einziges Lebenszeichen mehr von Merlot vernommen. Akai dachte schon fast die Frau wäre in den kleinen Raum dem zeitlichen gesegnet, wenn er sich nicht dran erinnern würde wie sie sagte, dass man sie auf keinen Fall stören sollte.

Gin war eher verwundert aber auch froh gewesen, dass er von der Blutabnahme nichts mitbekommen hatte, ihm fiel es nur durch das Pflaster an seinem Arm auf. Auch fragte der Agent sich, ob der Silberhaarige sich bereits damit abgefunden hätte, dass die Einnahme des Gegengiftes wahrscheinlich höllische Schmerzen verursachen könnte. Er wollte den Jungen aber auch nicht drauf ansprechen und ihn daran erinnern.
 

Bis vor kurzem haben Gin und Akai etwas Fernsehen geschaut, obwohl es schon recht spät war. Damit wollten sie sich die Zeit vertreiben, da von Merlot immer noch ein Lebenszeichen fehlte.

Nachdem Akai aber kurz auf die Toilette ging, kam er an dem Raum vorbei, in welchem Merlot sich befand.

Kurz blieb er stehen, aber keine Geräusche entwichen dem Raum.

Gerade als der FBI Agent weitergehen wollte, passierte etwas Unerwartetes - er hörte Merlot's Stimme, sie quiekte wie ein kleines Mädchen vor Freude.

Akai schien verwirrt, wollte aber weitergehen, wenn auch irgendwie widerwillig.

Plötzlich jedoch wurde die Tür geöffnet und er am Handgelenk festgehalten. Die Frau sah ihn freudig an.

Der Agent zog eine Augenbraue hoch, Merlot aber grinste weiter und hielt ihm wie aus dem Nichts eine Pille vor die Nase.

"Ich habe es geschafft, der Prototyp für das Gegenmittel! Da siehst du, wie gut ich bin!" schrie sie aufgebracht.

"Wie gut du bist zeigt sich erst, wenn das Zeug auch wirkt!" Akai war noch etwas stutzig und, dass die Frau sich so aufplusterte gefiel ihm gar nicht.

"Das wird es bestimmt. Du kannst dich ja schon mal von ihm verabschieden, wenn das Gift wirkt bist du für ihn nichts weiter als eine Zielscheibe."

Ein Stich durchfuhr Akai, der Satz tat in der Seele weh – besonders, weil es die Wahrheit war.

"Und wenn er sich dran erinnert, was du mit ihm gemacht hast... dann wird er bestimmt noch mordlustiger!", ergänzte sie lachend und haute ihren Ellenbogen zweimal gegen den Arm des Agenten. Sie merkte gar nicht wie verletzend dieser die Worte aufschnappte.

"Schon okay.", erwiderte er nur, erst jetzt bemerkte Merlot, an der Tonlage, dass etwas nicht stimmte.

Doch bevor sie fragen konnte packte sie der Agent am Handgelenk und zog sie mit ins Wohnzimmer, wo Gin die Beiden verwundert ansah.

"Deine Medizin ist fertig!", verkündete die Frau voller Freude und wedelte mit der Kapsel vor Gin's Augen herum, dessen Pupillen wurden vor Schock immer kleiner.

"Ich will das nicht nehmen!" Er erhob sich ruckartig vom Sofa und wollte sich hinter Akai verstecken, doch Merlot reagierte schneller und packte den Jungen an die Schulter.

"Hier geblieben, wir wollen dich doch schnell wieder gesund bekommen, nicht wahr?"

Gin beachtete die Worte der Wissenschaftlerin gar nicht und sah stattdessen Akai mit geweiteten Augen ängstlich an, seine Beine zitterten. "Ich will keine Schmerzen haben, Shuichi!"

Der Agent, der bis eben noch den Kopf gesenkt hatte und reglos da stand, sah nun mit einem bedrückten Gesichtsausdruck zu dem Jungen.

Gin erkannte die Trübseligkeit des Mannes sofort, auch wenn dessen Augen im Moment leer schienen. Innerlich kämpfte Akai mit den Tränen. Er wollte Gin nicht leiden sehen, er wollte dessen qualvolle Schreie nicht hören, er wollte sich nicht mehr von Gin trennen - doch das musste er, wenn dieser sein Gedächtnis zurück erlangen würde. Noch nie hat ihm ein Mensch so leid getan. Er wollte ihm Schutz geben, doch der Alte Gin würde das niemals annehmen - der Alte Gin war ein kaltblütiger Mörder, der bisher nie Gefühle gezeigt hatte. Trotz Allem, was Akai nun erfahren hatte:

Gin besitzt Gefühle, das Kind in ihm musste vieles durchstehen und hat all die Jahre qualvolle Schmerzen erleiden müssen.

"Du willst doch, dass man dir hilft, oder?!", kam es streng von Merlot und sie zog den Kleinen weiter zurück auf das Sofa.

"Shuichi! Shuichi was ist mit dir?! Sag doch was!", schrie der Silberhaarige um Akai aus seinen Gedanken zu reißen, eine einzige Träne lief diesen über die Wange. Er wischte sie sofort wieder ab, das war die erste Bewegung seit seiner kurzen Starre.

Doch jemanden, der mehr als eine Träne vergoss, war Gin. Er verstand die Haltung des jungen Mannes nicht, warum dieser kein Wort sagte und sich nicht regte.

"Jetzt mach brav den Mund auf." Merlot war kurz davor dem Jungen das Gift einzuführen, welcher sich wehrte und den Mund kein bisschen weit öffnete, sondern nur widerwillig mit den Kopf schüttelte.

Plötzlich spürte er noch eine andere Hand auf seine Schulter - Akai's Hand, welcher wohl endlich wieder bei klarer Besinnung war.

"Hab keine Angst, ich bin bei dir.", versuchte er den aufgebrachten Gin zu beruhigen, Merlot wartete ab, bis der Agent bei seinen Versuch Erfolg haben würde.

"Aber du sagtest wir können uns vielleicht nicht wiedersehen!" Immer mehr Tränen liefen Gin über die Wangen während er Akai förmlich anschrie.

"Schon gut, ich bleibe und geh nicht weg, versprochen." Dieser war gezwungen zu lügen, was sein Herz immer mehr bluten ließ.

"Wirklich...?", fragte Gin zur Sicherheit nochmal nach, da er den unsicheren Gesichtsausdruck vor sich nicht trauen konnte.

"Ja." der Mann zwang sich ein Lächeln auf, danach nahm er Gin in die Arme.

"Leb wohl, Klein-Gin.", sprach Akai gedanklich und schloss die Augen.

Er sah gar nicht wie Merlot dem Silberhaarigen das Gift einflößte. Er hörte nur die jammernden Schreie eines Kindes und spürte wie der kleine Körper um ihn immer heißer wurde und sich dann in die Länge und Breite streckte, trotzdem ließ er ihn nicht los.
 

Als wieder Ruhe einkehrte öffnete Akai vorsichtig die Augen.

Das Erste was er sah war eine Merlot, die wie ein Honigkuchenpferd grinste.

"Es hat funktioniert!" Sie wies mit dem Zeigefinger auf einen erwachsenen Körper in seinen Armen hin - Gin.

Er atmete immernoch hastig vor Schock und starrte auf seine größeren Hände, welche zitterten.

Plötzlich bemerkte Akai, dass irgendwas nicht stimmte, der Alte Gin würde jetzt bestimmt anders reagieren. Doch er sah den Agenten schockiert an.

Akai ließ ihn vorsichtig seinen Armen entweichen und ihm ein Blick in den Spiegel werfen.

Ein Schrei ertönte, Gin ließ sich rückwärts zu Boden fallen.

"Was soll das?! Wieso bin ich ein erwachsener Mann?!" Er war noch aufgebrachter als zuvor.

Akai legte die Hand auf seinem Mund und drehte sich weg. "Das darf doch jetzt nicht wahr sein...", dachte er ungläubig.

Kurz darauf schlangen sich zwei Arme um ihn, er fiel fast nach vorn, so unkontrollierbar war die Kraft von hinten.

"Shuichi was war das für ein Zeug? Ich dachte davon sollen nur die Kopfschmerzen weg gehen!", ertönte Gin's verwirrte Stimme hinter ihm. Sie klang viel älter und rauer, doch trotzdem konnte man ein Kind heraus hören.

Akai hätte ihm geantwortet, doch irgendwie fühlte er sich, als würde er gleich im Boden versinken.

Ein erwachsener Gin umarmte ihn - das war verrückt und vollkommen unrealistisch.

"Ups... da ist wohl was schief gegangen...", kam es nachdenklich von Merlot.

Akai sah sie mit knallroten Gesicht an.

"Sowas hatte ich befürchtet... zum Glück wirkt das Zeug zur Probe erst mal nur 24 Stunden. Ich werde es gleich überarbeiten.", ergänzte sie, doch Akai löste sich plötzlich von Gin und schubste Merlot aus dem Raum.

"Warte hier!", sagte er zu Gin und schloss die Tür hinter sich.
 

"Weißt du, was noch gruseliger ist als ein geschrumpfter Gin mit dem Verstand eines Kindes? EIN ERWACHSENER GIN MIT DEM VERSTAND EINES KINDES!" Akai schien völlig fassungslos.

"Hey, beruhig dich! Wenigstens muss ich nicht versuchen deinen Arsch vor einem durchdrehenden Mörder zu beschützen, denn wie gesagt, das bleibt nur für 24 STUNDEN so! Bringt dich der Erwachsene in der Zeit um hab ich ein Problem, da mir mein kleiner Versuchshase sonst weghoppelt und glaub mir, ich will den Jungen nicht anbinden, würde es aber tun wenn es sein muss." redete Merlot sich raus.

"Du würdest WAS?" Akai traute seinen Ohren nicht.

"Deinen Arsch vor einem Mörder retten." wiederholte Merlot. "Du kannst mir ruhig ein wenig dankbar sein."

Akai blieb der Mund offen stehen. "Noch hochnäsiger kannst du nicht sein oder?"

"Was hast du denn jetzt schon wieder für ein Problem?", erwiderte Merlot nun ihrerseits aufgebracht.

"Wie kannst du auch nur daran denken ein Kind zu fesseln!", dass Akai Gin zuvor bereits einmal selbst ans Bett gekettet hatte, erwähnte er bewusst nicht. Er seufzte auf.

"Okay, dann werde ich mich jetzt 24 Stunden um den erwachsenen Gin kümmern und du bringst das so schnell wie möglich in Ordnung!", beschloss er dann, er dachte damit wäre die Diskussion beendet, doch nicht für Merlot:

"Was hast du es denn so eilig? Sei doch froh, dass ihr euch noch nicht so früh voneinander trennen müsst." Wie es schien wollte sie den Agenten wieder mal etwas aufziehen.

"Es ist besser für Gin. Besonders, weil er als Kind für Rum verwundbarer ist. Ich möchte, dass er in Sicherheit ist." Akai führte seinen Griff wieder zur Türklinke und war kurz davor sie runterzudrücken.

"Gin wird niemals sicher vor Rum sein, es sei denn einer von euch tötet ihn." Akai's Augen weiteten sich, zwar war ihm das nicht neu, doch er fand es immer wieder faszinierend wie Merlot einfach Klartext reden konnte.

Ohne ein Wort trat er wieder in das Wohnzimmer, dort saß ein immernoch panischer Gin auf dem Sofa. Er hatte sich eine Decke umgeworfen.

"Na dann kümmer dich mal schön um ihn.", meinte Merlot hinter Akai und suchte den Weg zu ihrem Arbeitszimmer auf.

Der Mann ging mit langsamen Schritten auf Gin zu, dieser sah ihn mit großen Augen an.

"Ich werd mich da jetzt wohl durchschlagen müssen...", dachte Akai und fasste sich innerlich an die Stirn, äußerlich lächelte er nur.

"Glatt vergessen, ich leih dir erst mal ein paar von meinen Klamotten.", schlug er vor, der Silberhaarige willigte ein und erhob sich vom Sofa, wobei er sich plötzlich mit seinem Fuß in der Decke verfing und fast zu Boden stürzte.

Akai fing ihn jedoch im letzten Moment noch auf.

Die Decke glitt zu Boden und Gin krallte sich erschrocken an Akai's Schultern fest.

"Ich weiß, dass dieser Körper noch etwas ungewohnt für dich ist, sei dennoch bitte etwas vorsichtiger.", versuchte dieser sich ernst auszudrücken, doch sein Herz klopfte inzwischen immer schneller und seine Wangen färbten sich rot, als er den unbekleideten Körper in seinen Armen hielt.

"Du blutest ja!", machte Gin ihn aufmerksam als er hoch sah.

Akai fasste sich unter die Nase, er hatte tatsächlich Nasenbluten.

"Keine Sorge, warte einfach hier, okay? Ich bring dir dann schnell neue Klamotten."

Gin wirkte nervös, nickte dann aber.

Akai nickte ihm lächelnd zurück und verließ den Raum. "Bin sofort zurück.", sagte er noch bevor er die Tür schloss.
 

Zuerst ging er hinauf in das Badezimmer, um sich kurz um sein Nasenbluten zu kümmern. Zum Glück dauerte dies nicht lang an.

Akai betrachtete sein Antlitz im Spiegel und wischte sich mit einem Taschentuch den Rest des Blutes über seinen Lippen weg.

"Hab ich etwa wegen seines Körpers...", murmelte er zu sich selbst, beendete jedoch seine Vermutung nicht.

Der junge Mann lehnte es ab, weiter darüber nachzudenken und empfand es für besser, die Sache zu vergessen.

Nach ein paar Minuten eilte er schon zu seinem Zimmer und wühlte etwas in seinem Schrank herum, bis er plötzlich etwas fand:

Es waren Gin's Klamotten. Die, die er vor seiner Schrumpfung immer getragen hatte, vorsichtshalber hatte Akai sie mitgenommen gehabt.

Kurz dachte er etwas nach.

"Soll ich ihm die wirklich geben?" So schnell der Gedanke kam, so schnell verschwand er auch wieder.

Akai schüttelte den Kopf und legte sie wieder weg.
 

Gin kauerte sich währenddessen erneut mit der Decke auf das Sofa. Zumindest so gut es ging. In diesem Großen Körper war das gar nicht so leicht und auch irgendwie unbequem.

Er legte die Arme um die angewinkelten Beine und den Kopf auf die Knie.

"Was mach ich denn jetzt? Ich will doch einfach nur weiter bei Shuichi bleiben! Werde ich jetzt für immer so groß bleiben? Ich bin ja sogar größer als Shuichi…", dachte er betrübt.

Da fiel ihm plötzlich etwas ein. Erst vor ein paar Tagen hatte Shuichi ihm doch ein Versprechen gegeben...

"Ich bin doch jetzt groß, also können wir doch…" Nervös fing Gin an auf dem Sofa herum zu rutschen. Er erinnerte sich noch lebhaft an den Kuss, den sie geteilt hatten und als er sich an die Wärme von Akais Haut unter seiner Hand erinnerte kribbelte sein Bauch und plötzlich fing etwas zwischen seinen Beinen an sich zu regen.

Erschrocken und mit hoch rotem Gesicht sah Gin an sich herab.

Als er bemerkte, wie die Tür sich wieder öffnete packte er hastig die Decke auf seinen Schoß.

"Probier mal ob sie passen, wie es scheint bist du ja etwas größer gewachsen als ich.", meinte Akai gelassen, welcher sich gerade wieder gesammelt hatte. Er hielt Gin die Klamotten entgegen, welcher ihn schweigend ansah.

"Du musst schon aufstehen um sie anziehen zu können.", unterbrach der Agent die Stille.

Gin entgegnete nur mit einen Kopfschütteln.

"Was ist denn plötzlich los, gerade wolltest du doch noch." Akai verstand nicht wirklich, was das Problem war.

"Okay, dann geh aber solange raus..." der Silberhaarige verschränkte die Arme während er leise sprach.

Plötzlich wurde er mit einem starken Ruck an den Armen nach oben gezogen.

"Hab dich nicht so, du benimmst dich wie ein Mäd- ...chen..", kam es von Akai erst lachend, doch seine Stimme wurde ruhiger als er nach unten sah und Gin's Erregung erblickte. "Er macht mich fertig...", dachte er während er sich beschämt umdrehte. Ob es nicht noch schlimmer werden konnte, Gin's danach folgende Worte ließen Akai regelrecht im Boden versinken:

"Du hast mir letztens etwas versprochen...", hörte der Agent ihn hinter sich reden, er brauchte viel Mut um sich an das Ereignis zurückzuerinnern.

"H-Hab ich das...?" Akai merkte gar nicht wie leise und heiser er klang. Diesmal war er es, der sich zur Sicherheit lieber ein paar Schritte entfernen wollte, doch Gin packte ihn am Arm fest. Er hatte total vergessen wie kräftig der Erwachsene jetzt geworden war, zum Nachteil des Agenten.

"Du sagtest, wenn ich groß bin können wir..." Den Rest brachte Gin vor Scham nicht über die Lippen, welche sich aber schon längst wieder nach die des Mannes vor ihm sehnten.

"Dein Körper mag zwar erwachsen sein, aber innerlich bist du immernoch ein Kind.", redete dieser sich raus, dass das, was er sagte kompletter Blödsinn sei stellte er im Nachhinein fest, denn in Wahrheit ist Gin auf keinen Fall noch ein Kind, wäre da nur nicht das Gift im Spiel. Um seine geröteten Wangen zu verbergen hielt Akai sich die Hand vor dem Gesicht.

"Du hättest dich vorher klarer ausdrücken sollen." Gin hatte recht, doch wie hätte Akai damit rechnen sollen, vor allem, dass Gin in seinem Zustand jetzt zuerst an so etwas zurückdenkt?

Immernoch wandte er diesen den Rücken zu, er fühlte sich als wären seine Füße im Boden fest gewachsen.

"Du willst dich jetzt bestimmt weiter raus reden, weil du mich in Wirklichkeit gar nicht magst...", kam es plötzlich enttäuscht von Gin, er senkte seinen Kopf.

"Doch, ich mag dich!", erwiderte Akai gedanklich, in Wirklichkeit traute er sich aber kein einziges Wort auszusprechen.

"Du hättest einfach ehrlich sein können, dass es dir nicht gefallen hat...", wieder fügte Gin einen Satz hinzu. Es störte ihn, dass der Agent dazu überhaupt nichts zu sagen hatte - ihn nicht einmal ansah.

"Mir hat es gefallen, glaube ich..", antwortete Akai unsicher, wieder nur in Gedanken. Sein Atem wurde immer schneller, er wollte etwas tun, doch egal wie sehr er es wollte, sein Körper und seine Reaktionsfähigkeit waren gegen ihn.

"Du bist ein Lügner."

Diese Worte waren provozierend genug um Akai endlich aus seiner beschämenden Starre zu befreien. Er schlug Gin's Hand von seinen Arm weg und packte dafür nach dessen Handgelenk.
 

Akai zog den Silberhaarigen quer durch das Wohnzimmer, über den Flur, bis rauf zum Schlafzimmer. Während des Vorgangs sagte keiner der Beiden etwas.

Gin war zu überrascht um zu reden, er fragte sich, was der Mann jetzt wohl vor hatte.

Oben im Schlafzimmer warf dieser ihn auf das Bett nachdem er die Tür geschlossen hatte, immernoch herrschte Schweigen.

Gehemmt stellte sich Akai vor den verwirrten Gin.

"Also gut, du willst mich? Dann bekommst du mich auch." Die ernste Tonlage passte überhaupt nicht zum Gesichtsausdruck des Agenten.

Langsam öffnete Akai einen Knopf nach dem anderen seines Hemdes, bis der Mond vollständig seine nackte Brust beschien.

Verlangen

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Schmerz

Ein wenig war Akai schon froh darüber, dass Gin eingeschlafen war, so konnte er sich selbst erstmal wieder beruhigen. Vorsichtig, um Gin nicht zu wecken, stand er auf und holte aus dem Bad ein feuchtes Handtuch. Mit diesem entfernte er die Samenreste vom Körper seines Liebhabers, jedoch bemerkte er, dass seine eigene Hand dabei zitterte, sein Gewissen quälte ihn.

"Ich habe ein Kind..." Er wagte es nicht, seinen Gedanken fortzuführen und schluckte.

Um seine wiederkehrende Unruhe zu vertreiben, warf der Agent einen Blick auf den Silberhaarigen vor sich und beruhigte sich damit, dass dies der Körper eines erwachsenen Mannes war.

Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, bis sich Akai wieder in Gin's schöner Erscheinung verfing, er konnte seine Augen nicht abwenden. Die silbernen Haarsträhnen, welche leicht das Gesicht verdeckten, die noch feuchten Lippen, der ruhige Atem...

Langsam beugte Akai sich herunter, er verspürte einen Drang seinen Liebhaber noch einmal küssen zu wollen.

Doch sein klarer Verstand siegte dieses Mal, er hielt sich die Hand vor dem Mund, kurz bevor seine Lippen Gin erreichten.

"Das muss jetzt aufhören...", gestand er sich ein und wich zurück.

Er warf Gin noch eine Decke über, bevor er ins Bad verschwand um sich zu duschen.
 

Das warme Wasser tat seinem Körper gut, er schloss entspannt seine Augen und atmete tief durch.

Plötzlich überrannte ihn ein Schmerz - dieser kam von seinem Rücken aus, etwas brannte leicht.

Akai hatte einen schlimmen Verdacht, er fasste mit einer Hand über seine Schulter, mit seinen Fingern ertastete er Kratzspuren.

"Er hat wirklich eine unkontrollierte Kraft, das muss man ihm lassen...", dachte er während er seinen Kopf senkte, er war unzufrieden mit sich selbst. "Wie konnte ich mich dazu überreden lassen...", war sein einziger Gedanke.

Er fragte sich wie es dazu kommen konnte. Er wollte ihn, Gin's Erscheinung hatte ihn so sehr verführt und in ihm sämtliche Gefühle der Lust erweckt.

Die Stimme, die er seit Jahren von seinem Koibito kannte klang in dieser Nacht viel lieblicher als je zuvor. Noch nie hatte er sich um dessen Aussehen gekümmert, doch heute konnte er seine Augen keine Sekunde von ihm lassen.

Er fand Gin unwiderstehlich, doch nie hatte er es realisiert.

Dennoch, so bildschön diese Erscheinung war, es war nicht der echte Gin.

Akai fühlte sich als wäre er gerade in eine Falle der Organisation getappt, doch musste er sich eingestehen, dass er sich diese Falle irgendwie selbst gestellt hatte, sein Herz schmerzte trotz befriedigter Bedürfnisse.

Mit Kopfschmerzen vor lauter wirren Gedanken trat Akai in Unterhose aus dem Badezimmer, über die Haare hatte er sich noch ein Handtuch geworfen.

Vor dem Bett blieb er stehen.

Eigentlich wollte er sich jetzt schlafen legen, doch vor ihm lag Gin.

Sonst wäre das kein Problem, doch nun trugen ihn seine Beine nicht mehr neben den Silberhaarigen. Akai blieb verunsichert, wie angewurzelt auf der Stelle stehen.

Stille für einen Augenblick, das Ticken der Uhr, welches er normalerweise nie hörte, erreichte wieder seine Ohren. Eindeutig ein Zeichen dafür, dass er wieder zu lange über seine folgende Handlung nachdachte und doch zu keinem Entschluss kam. Er schüttelte den Kopf, es ging einfach nicht, zu seiner und Gin's Sicherheit beschloss er heute allein zu schlafen. Der Agent war sich immernoch nicht sicher ob er genug Selbstbeherrschung dafür hatte die Nacht neben Gin zu verbringen, er blieb auf Nummer Sicher und ließ es sein.

"Gute Nacht, Geliebter...", murmelte er und verließ ohne eine weitere Geste den Raum, leise schloss er die Tür hinter sich und suchte den Weg zum Wohnzimmer auf.

Dort machte er es sich mit einer Wolldecke auf der Couch bequem. Er glaubte, wenn er eine Nacht drüber schlafen würde, würde es ihm am morgigen Tag bestimmt besser gehen, also ließ er sich von seiner Müdigkeit einholen und schlief ein.
 

Nächster Tag, 7:46 Uhr
 

Das Licht, was sich allmählich im Raum ausbreitete ließ den Agenten aus seinem tiefen Schlaf erwachen. Zugegeben, gut geschlafen hatte er, wenn auch etwas kurz.

Er spürte ein angenehmes Gefühl von Wärme auf seinem Körper, wahrscheinlich hatte die Decke ihren Zweck erfüllt, dachte Akai lachend und wandte seinen Blick zur Uhr.

Es war noch relativ früh, doch Gin könnte bestimmt ein Frühstück vertragen, also beschloss er nach diesem zu sehen - was allerdings nicht mehr von Nöten war.

Akai fuhr vor Schreck auf und ließ einen kurzen Schrei von sich.

Auf ihm lag ein schlafender Gin, der hatte seinen Kopf in der Brust seines Liebhabers von letzter Nacht vergraben und seine Hände auf dessen Schultern abgelegt.

Akai erkannte an einem leichten Lächeln auf Gin‘s Lippen, das diesem die Schlafposition gefiel - doch der Agent selbst war alles andere als erfreut. "Verdammt, wieso hat er...", fluchte er gedanklich und wollte sich von der Couch begeben, bis er auf einmal feststellte, dass Gin die Augen langsam öffnete.

"Guten Morgen...", kam es zufrieden und etwas verschlafen als er bemerkte, dass Akai ebenso schon wach war.

"Wieso bist du hier...?", fragte dieser ohne eine morgendliche Begrüßung.

"Ich mag nicht ohne dich schlafen... wieso bist du weg gegangen?", kam es enttäuscht.

Akai überdachte seine Antwort gut bevor er was Falsches sagen würde. "Ich war nur erschöpft und wollte-"

"-ob du hier oder bei mir schläfst macht doch trotzdem keinen Unterschied!" Gin unterbrach ihn.

Akai wusste, er konnte sich da nicht vernünftig rausreden ohne Gin zu verletzen, also schwieg er, was sein Gegenüber nicht daran hinderte weiterzureden:

"Ich bin dir wirklich dankbar... es hat mir gefallen, dir auch...?", fragte er zögernd und versuchte die Röte in seinem Gesicht zu verbergen als er sich an die letzte Nacht zurückerinnerte.

"Hat es, sehr sogar...", erwiderte Akai mit rauer Stimmte, er kämpfte dagegen an sich die gestrigen Ereignisse nochmals vor Augen zu halten.

"Wann können wir das nochmal machen?" Gin kam Akai ein wenig näher während er fragte, was diesem daraufhin fast zu viel wurde.

"Mal sehen...", antwortete er kurz und musste sich beherrschen, am Besten wäre es von der Couch zu verschwinden, doch mit Gin auf seinem Körper war das nicht so einfach.

Dieser wurde immer unsicherer als er Akai's Abneigung an dessen Gesicht erkannte. Er wollte es von ihm hören, was er empfand und seine Gedanken über ihn.

"Ich hab dich so lieb, Shuichi...", machte der Silberhaarige einen Ansatz und hoffte die Antwort zu bekommen, die er sich gewünscht hatte. Er versuchte Akai wieder zu küssen, um das gestrige Gefühl noch einmal zu durchleben, welches sich so gut angefühlt hatte. Doch die Hände von dem Mann, der in ihm diese Gefühle erzeugt hatte, stießen ihn von sich weg.

"Schluss damit!", kam es streng. Die Schmerzen und das schlechte Gewissen machten sich erneut beim Agenten bemerkbar, er wollte nicht nochmal in diese Trance von gestern Nacht fallen.

Im Nachhinein wurde ihm jedoch klar, dass er einen zu strengen Ton angeschlagen hatte, er versuchte sich noch zu verbessern.

"Bitte hör-..." weiter redete er nicht, eine Träne tropfte auf sein Schlüsselbein.

Er sah in das traurige Gesicht von Gin.
 

Gin wusste nicht, was er denken sollte, dabei hatte es ihm so sehr gefallen.

"Also mochte er es doch nicht, hat er mich wirklich angelogen...?", dachte er traurig und irgendwie schockiert zugleich. Der ursprüngliche Mörder wischte sich schnell mit einer Hand die Tränen weg.

"Du elender Lügner...", sagte er, eigentlich wollte er schreien, doch dabei kam bloß ein Murmeln heraus.

Langsam senkte Gin seinen Kopf und erhob sich. Er drehte sich um und ging mit schnelleren Schritten aus dem Raum.

Akai streckte noch seinen Arm nach ihm aus, doch es war zu spät. "So ein Mist...", fluchte er gedanklich und versuchte seine vollkommen wirren Gedanken zu ordnen. Ihm entwich ein Seufzen und er legte sein Gesicht in seine Handflächen.

"Was soll ich bloß tun? Er ist und bleibt ein Kind. Zumindest ist es das, was er glaubt... So kann das alles einfach nicht weitergehen." Je mehr er nachdachte, so verzweifelter wurden seine Gedanken.

Für Beide war dieser Augenblick seltsam, es war so als würde für Beide die Zeit still stehen. Obwohl sie gerade nicht im selben Raum waren, war es so als würden sie den jeweils Anderen immer noch vor sich sehen.

Beide dachten im diesem Moment das Gleiche: Es tut mir leid…
 

Akai plagte der Gedanke, dass er Gin vielleicht besser nachgehen sollte, doch zuvor müsste er sich erst mal etwas anziehen.

Auf dem Weg sich neue Sachen zu holen, stolperte plötzlich Merlot aus ihrem Zimmer, der Agent hatte schon wieder fast ihre Anwesenheit vergessen.

Ein erstauntes Pfeifen ertönte von der Frau als sie Akai's Körper erblickte, erst jetzt bemerkte dieser, dass der Moment ungünstig war.

"Ich bin gar nicht da, wollte mir nur etwas zu essen von der Küche holen, beachte mich nicht.", lenkte Merlot die Aufmerksamkeit von sich und huschte an Akai vorbei.

"Wie weit bist du?", fragte dieser und veranlasste sie zum stehen bleiben und sich umzudrehen.

"Schätze etwas Zeit brauch ich noch, wir müssen sowieso warten bis die Wirkung des jetzigen Prototyps nachlässt.", berichtete sie knapp, dabei fielen ihr plötzlich die Kratzspuren am Rücken des Mannes auf.

"Anstrengende Nacht?", kommentierte sie die Wunden.

Akai war schon längst mit seinen Gedanken nicht mehr bei ihr und antwortete mit "Ja."

Doch erst nach ein paar Schritten und als er Merlot's Gelächter im Hintergrund hörte, wurde er sich im Klaren worauf sie hinaus wollte, ein Schauer überfuhr ihn.

"Du schaufelst dir dein Grab immer tiefer, mein lieber Herr FBI Agent.", sagte Merlot als sie sah, wie Akai sich wieder zu ihr umdrehte.

"Was geht dich das an?!" Dieser schlug einen wütenden Tonfall an.

"Eigentlich gar nichts, ich finde es nur amüsant, wie du vorgehst und was du tust... Es wird mir ein Vergnügen sein dir beim leiden zuzusehen und wie du am Schluss immer tiefer sinken wirst, bis du dein schmerzhaftes Ende gefunden hast…" Ihre belustigte Stimmung wurde plötzlich boshaft, ihre Brille begann sich zu spiegeln und nach ihrer Aussage grinste sie übel gesinnt.

"Noch ist nichts entschieden... Also freu dich nicht zu früh." wieder wollte Akai sich von ihr abwenden, bis er ihren Griff auf seiner Schulter vernahm.

"Was für eine Tragödie wäre das... von dem Mann getötet zu werden, den man über alles liebt...", flüsterte Merlot ihm ins Ohr.

Akai erstarrte.

Er glaubte sich verhört zu haben, doch diese Frau war mit ihrem vorlauten Mund unberechenbar, immer wieder schmerzten ihre Worte aufs Neue und jedes Mal auf eine andere Art und Weise.

"Das ist in keinster Weise Liebe!!", schrie Akai und hatte die Beherrschung verloren. Er schlug Merlot ins Gesicht.

Ihre Brille rutschte ihr dabei von der Nase, noch fiel sie jedoch nicht zu Boden.

Plötzlich atmete Akai recht hastig, sein klarer Verstand kehrte umgehend zu ihm zurück und er wünschte sich, diese Geste rückgängig machen zu können.

Merlot aber tat das, was sie am Besten konnte: Sie lachte, scheinbar hatte ihr der Schlag nicht einmal weh getan.

"Wenn du nicht artig bist, darfst du gerne weiter anstelle von Gin die Prototypen testen!" Sie tippte ihren Zeigefinger an Akai's Stirn.

Er schloss kurz die Augen um sich wieder zu sammeln, es weiter zu provozieren würde nichts bringen.

"Verzeih mir.", sagte er.

Merlot wich überrascht zurück, dann schob sie ihre Brille wieder ordentlich auf die Nase. Sie wollte etwas sagen, doch Akai startete bereits den dritten Versuch sich abzuwenden.

Dieses Mal ließ sie ihn gehen.
 

Nachdem Akai sich endlich angekleidet hatte, ging er zum Schlafzimmer in welchem sich anscheinend Gin befand. Er hob die Hand um anzuklopfen, drückte jedoch nach Zögern letztlich doch einfach die Klinke runter und trat in das Zimmer.

Gin hatte sich unter einer Decke vergraben, der Agent konnte ihn nicht sehen, nur dessen Worte konnte er hören.

"Geh weg...", schluchzte es, schon allein die Tatsache, dass Gin weinte würde Akai nicht dazu bringen den Raum wieder zu verlassen. Er kniete sich bei Gin's Seite vor das Bett und legte seinen Kopf auf das Bettlacken.

"Es tut mir wirklich leid, ich meinte es nicht so...", versuchte er sich zu entschuldigen.

"Du lügst!", warf der Silberhaarige ihm jedoch vor. Es klang so traurig und Akai ertrug den Gedanken nicht, dass Gin unter der Decke weinte. Er wollte ihm diese vom Kopf ziehen, doch ein fester Griff hielt sie fest.

"Ich bin nur durcheinander, was nicht heißt, dass ich lüge...", versuchte Akai seine Gedanken zu erklären.

Von Gin kam kein Kommentar, was den Agenten anregte fortzufahren:

"Ich mag dich wirklich sehr, darauf setze ich mein Leben... Wie ich es darauf setze dich zu beschützen."

Endlich lockerte sich der feste Griff an der Decke und Akai konnte sie von Gin's Gesicht entfernen.

"Warum?", wurde Akai gefragt. "Warum riskierst du so viel für mich?" Tränennasse, gerötete Augen sahen ihn an.

"Weil du mir wichtig bist." antwortete Akai. Es war ein seltsames Gefühl Gin in seinem richtigen Körper wie ein Kind zu behandeln...

"Das stimmt nicht!" stritt Gin vehement ab.

Akai sah ihn erstaunt an und wollte ihm gerade widersprechen, doch Gin redete unbeirrt weiter:

"Das ist gelogen! Ich bin dir nicht wichtig! Dir ist dieser andere Gin wichtig! Der, über den du dich immer mit dieser Frau unterhältst!" Erneut fingen an Tränen über Gins Gesicht zu laufen.

Erstaunt sah Akai zu ihm und wollte sie ihm aus dem Gesicht wischen, ihm den Kopf streicheln und beruhigen aber...

"Er hat recht. Ich vermisse den echten Gin und egal wie viel Spaß ich mit dem Jungen habe, ich kann nicht aufhören an den richtigen Gin zu denken." Seine Hand wurde zur Faust. Das entging Gin natürlich nicht und er vergrub sein Gesicht wieder im Kissen.

Akai kniete weiter vor dem Bett, dieses Mal dachte er nicht daran den Jungen trösten zu wollen. Denn das wäre eine Lüge. Es stimmte, dass er dem Jungen nur wegen Gin half.

Lange Zeit herrschte Schweigen im Raum, nur unterbrochen von dem gedämpften Schluchzen, das durch das Kissen unterdrückt wurde in das Gin weinte.

Akai konnte ihn nicht trösten, doch alleine lassen konnte er ihn auch nicht. Er saß einfach neben dem Bett und hing seinen eigenen Gedanken nach.

Merlot spähte irgendwann einmal unbemerkt durch die Tür.

Der Anblick, der sich ihr bot war herzzereißend.

Zwei Männer die sich nacheinander sehnten, nebeneinander waren und doch waren sie unerreichbar füreinander. Ohne etwas zu sagen zog sie sich wieder in ihr Labor zurück und machte sich erneut daran das Gegengift weiterzuentwickeln. Dieses Mal konzentrierte sie sich jedoch nicht darauf den Teil des Giftes zu beeinflussen, der den Körper veränderte, sondern den Teil, der für den Gedächtnisverlust verantwortlich war, zu bekämpfen.
 

Nach mehreren Stunden bemerkte Akai, dass das Schluchzen von Gin nachließ. Doch er brachte es nicht über sich die Stille zu durchbrechen.

Schließlich hörte er ein paar leise Worte: "...misst ihn?"

Er horchte auf.

Da er in seine eigenen Gedanken versunken war und die Worte wirklich sehr leise gesprochen waren und von dem Kissen gedämpft wurden hatte er nichts verstanden.

"Was hast du gesagt?", fragte er Gin.

Eine ganze zeit lang erfolgte keine Reaktion, schließlich drehte Gin seinen Kopf aber ein wenig, damit die Worte nicht mehr vom Kissen gedämpft wurden.

"Du vermisst ihn wirklich, nicht wahr?" Gins Gesicht konnte er dabei nicht erkennen.

Der Agent seufzte bevor er die Frage beantwortete: "Ja. Ich vermisse ihn wirklich."

Wer gemeint war wussten Beide ohne es auszusprechen.

"W-wenn er zurück kommt, b-bin ich dann tot?", kam die nächste Frage.

Akais Augen wurden groß. Der Junge schaffte es immer wieder ihn mit seinen Fragen zu überraschen.

"N-nein." Er schüttelte den Kopf und dachte nach. "Also, ich denke nicht."

"Oder doch? Wird der Junge verschwinden mit dem ich den letzten Monat verbracht habe?", überlegte Akai.

"Besser wäre es vermutlich, wenn sich Gin nicht daran erinnern kann. Als er zuvor sein Gedächtnis zurück erlangt hat konnte er sich auch nicht an das erinnern, was in der Zwischenzeit passiert war…"

"Bist du dir da sicher?", fragte Gin misstrauisch nach.

Akai sah ihn zum ersten Mal nach der Auseinandersetzung wieder richtig an.

Zum ersten Mal in den letzten paar Stunden sah er nicht das Kind, das sich plötzlich in einem erwachsenen Körper befand, noch den vertrauten Mörder, sondern er sah den Gin, zu dem sein Koibito möglicherweise ohne die Organisation geworden wäre.

"Nein." gab er schließlich zu. "Ich kann mir nicht sicher sein, dass du dann noch existierst wenn das Gegengift wirkt, aber ich kann dir eines sagen: Egal was auch passiert, du wirst nicht vollständig verschwinden, denn der andere Gin... der ist aus dir entstanden. Also bist du ein Teil von ihm."

"Ein Teil, den er nie irgendjemandem gezeigt hat und den er vermutlich verleugnet.", fügte er gedanklich hinzu.

"Dann werde ich...", begann Gin plötzlich, Akai sah ihn verwundert an. "...dann werde ich mich anstrengen, dass du den anderen Gin schnell zurückbekommst..." Er richtete sich auf und krallte seine Hände in die Bettdecke.

"Schon gut, die Zeit drängt nicht..." Der Agent war über Gin's Entschlossenheit überrascht, er tätschelte dessen Kopf ein wenig.

"Du hast soviel für mich getan...Und ich will, dass du glücklich bist!", sprach der Silberhaarige laut mit gesenktem Kopf. "Aber werde ich das wirklich, wenn der Alte Gin zurück ist...?", fragte Akai sich gedanklich unsicher. Da wäre immernoch die Möglichkeit, dass Gin dann wieder die Zeit, in der er ein Kind war, wieder vergisst - und somit auch die gemeinsamen Momente, die die Beiden geteilt hatten. Wenn das passiert, könnte er jedenfalls nicht mehr bei Gin bleiben.

Akai's Gedankengang ging noch etwas weiter. "Was ist, wenn er dann irgendwann sogar zurück zur Organisation geht... wo soll er denn sonst hin... hat er jemanden ...?", neue Sorgen kamen in ihm auf.

"Ich werde auch immer die Kapseln von der Frau nehmen!", teilte Gin dem in Gedanken versunkenen Akai noch mit, dieser war froh jetzt aus diesen Gedanken gerissen worden zu sein. Er bemühte sich, die Sorgen zu verdrängen.

"Stimmt, es liegt nur an dieser Wissenschaftlerin... Ich muss ihr wohl einfach vertrauen..." Er hoffte, dass Merlot's Gift Gin's Erinnerungen nicht wieder verschwinden lassen würde.

"Ich danke dir...", sagte er schließlich noch um Gin's Entschluss nicht unkommentiert zu lassen.

Dieser konnte Shuichi nicht mehr ansehen und sah sich daher im Raum um. "Ich habe Hunger! Und Durst!", sagte er schließlich. "Kann ich mir Kleidung aus dem Schrank holen?"

"Ja klar, such dir was aus.", sagte Akai, dem erst jetzt einfiel, dass die Sachen, die er Gin geben wollte noch immer unten im Wohnzimmer waren. "Ich mache uns in der Zwischenzeit etwas zu Essen."

Gin nickte und blieb noch im Bett sitzen bis Shuichi sich aus dem Raum entfernte.
 

Als die Tür klappte erhob er sich mühselig aus dem Bett. Während er auf den Schrank zuging, wischte er sich noch die restlichen Tränen aus seinem Gesicht.

"Etwas aussuchen also...", wiederholte Gin Shuichi's Worte gedanklich. Da er nun freie Auswahl hatte, beschloss er ausnahmsweise mal wählerisch zu sein und durchkramte die Schubladen ein wenig.

Nach kurzer Suche fiel dem Silberhaarigen plötzlich etwas ins Auge: Ein lilafarbener Pullover, ein schwarzer Mantel mit Hose und letztlich ein passender Hut.

Gin warf den Klamotten einen skeptischen Blick zu, nahm dann langsam den dicken Mantel in beide Hände.

"Irgendwoher kenn ich die Sachen...", dachte er, doch ihm wollte einfach nicht einfallen wo er diese Klamotten schon einmal gesehen hatte. Er betrachtete sie nochmals genauer, doch keine Erinnerung wollte sich zeigen.

Als der Silberhaarige den Mantel zurückgelegt hatte, entschied er sich den Hut kurz aufzusetzen - er passte wie für ihn gemacht. Gin sah sich nach einem Spiegel um, damit er sein Antlitz betrachten konnte. Seine Augen weiteten sich, ihm stand der Hut, empfand er, als hätte er ihn schon immer getragen. Er überlegte noch schwer, doch bedauerlicherweise erinnerte er sich doch nicht.

Gin seufzte, es ärgerte ihn allmählich fast überhaupt nichts mehr über sich selbst zu wissen und ein unrhythmisches Zeitgefühl zu haben.

Genervt riss er sich den Hut vom Kopf und packte ihn zurück in den Schrank, dafür warf er sich aber den lilanen Pullover über, die restliche Kleidung suchte er sich von Akai aus.
 

Sobald Akai das Schlafzimmer verlassen hatte, ging er in Richtung Küche. Dabei kam er jedoch am Wohnzimmer vorbei und ihm fielen die Sachen auf, die er Gin eigentlich gestern Abend zum anziehen geben wollte.

"Letzten Endes habe ich ihm nicht seine eigene Kleidung geben wollen, auch wenn ich noch nicht wusste warum. Vermutlich lag es wirklich daran, dass ich mir bewusst machen wollte, dass er nicht der Gin ist, den ich kenne…"

Er hob die heruntergefallene Decke auf und legte sie ordentlich zusammen.

"Dabei kann ich das jetzt eigentlich auch nicht mehr so sagen…" Akai sammelte die Kleidungsstücke ein, die ebenso unordentlich herumlagen.

"Durch die Zeit, die ich mit dem Jungen verbracht habe, ist er mir auch ans Herz gewachsen. Es schmerzt zu wissen, dass Gin einmal so unschuldig war, auch wenn er das nie zugeben würde…", seufzend legte Akai die gefaltete Kleidung auf das Sofa. Er würde sie später hoch bringen.

Dann begab er sich endlich in die Küche. Nach einem kurzen Blick in den Kühlschrank beschloss er Rührei mit Speck und Toast zu machen. Schnell, einfach und dennoch sättigend.

Während er noch dabei war die Eier zu braten betrat jemand die Küche. Was er jedoch nicht wahr nahm, wie dieser Jemand immer näher an ihn heran geschlichen kam, mit der Absicht nicht bemerkt zu werden.

"Buh!", ertönte es hinter Akai's Rücken und zwei Hände ergriffen ruckartig seine Schultern.

Vor Schreck schlug Akai das Ei, welches er gerade aufschlagen wollte, daneben und schrie auf.

"Was soll das?!" er drehte sich hastig um - hinter ihm stand eine grinsende Merlot.

"Guten Morgen Herr FBI Agent!", kam es von dieser gut gelaunt, als hätten sie sich heute zum ersten Mal gesehen.

"Was ist? Hast du auch Hunger?", erkundigte Akai sich vorerst.

"Da fragst du erst? Und ich dachte, du kochst gerade für mich und bringst es mir dann auf mein Zimmer.", erwiderte die Frau ironisch und machte dicke Wangen während sie sich auf einen Stuhl setzte.

Akai runzelte nur die Stirn, wie immer war er bei Merlot nicht für Spaß zu haben.

"Ich versteh schon, du musst ja deinen kleinen Jungen bekochen.", redete sie weiter und stützte ihr Kinn auf die Handflächen ab.

"Die Wirkung lässt bestimmt bald nach...", meinte Akai daraufhin erhoffend und widmete sich weiter dem Essen, gerade briet er den Speck an, was den Raum mit einem angenehmen Geruch erfüllte.

"Das will ich hoffen, denn meine Forschungen für den zweiten Prototypen sind vollendet.", berichtete Merlot stolz und hielt ihrem Mitbewohner ihre Hand mit zwei abgespreizten Fingern entgegen.

Sofort drehte dieser sich wieder um, sein Blick war interessiert als auch erleichtert, mit einen Hauch von Zweifeln.

"Und du hast auch alle Fehler korrigiert?", wollte er sich nochmals versichern.

"Du solltest mir mehr vertrauen, natürlich funktioniert es jetzt! Ich habe mich noch einmal intensiv mit dem Teil des Giftes beschäftigt, der Gedächtnis und Verstand beeinflusst." Merlot klang etwas beleidigt.

"Wenn du das sagst... Ich möchte Gin nämlich nicht unnötig leiden sehen für deine misslungenen Versuche.", murmelte Akai und konzentrierte sich wieder auf das Gebratene in der Pfanne.

"Du bist doch derjenige, der am Meisten leiden wird, wenn dieser Versuch glückt.", erwiderte die Wissenschaftlerin gedanklich, sparte es sich jedoch es auszusprechen, immerhin hatte sie Hunger - wenn sie Streit mit dem Agenten anfängt würde dieser ihr erst Recht kein Essen mehr zubereiten. Sie ertappte sich dabei, dass sie den Agenten aufmerksam beim braten beobachtete und wurde plötzlich rot.

"Was soll das denn jetzt! Reiß dich mal wieder zusammen!", bewusst lenkte sie ihren Blick woanders hin, doch unweigerlich wanderten ihre Augen doch wieder zu Akai. "Ich hab nur Hunger! Der soll sich mal beeilen!", beschloss Merlot und sah zur Küchentür über der eine Uhr hing.

Bis zur Uhr kam ihr Blick jedoch nicht, da genau in dem Moment Gin durch die Tür trat.

Schallendes Gelächter erklang.

"Was ist so witzig?" kam sofort eine Frage von Gin. Er erhielt jedoch keine Antwort.

Merlot krümmte sich vor Lachen und Akai stand mit dem Rücken zur Tür am Herd.

Inzwischen tränten der Frau vor Lachen schon die Augen.

"Was ist so witzig?!", wiederholte Gin die Frage, nur lauter und er schlug mit beiden Händen auf den Tisch.

Sofort kehrte Stille ein.

Abgesehen vom Brutzeln der Pfanne hörte man kein Geräusch mehr.

Merlot war wie erstarrt, Akai drehte sich erstaunt um. "Die Klamotten... diese Tonlage... kann das sein?"

Die Wissenschaftlerin sah Gin stutzig an, dieser setzte allerdings plötzlich einen unschuldigen Gesichtsausdruck auf, als hätte er umgehend gemerkt, dass die Geste zuvor nicht richtig von ihm gewesen war. "Nein, das kann nicht sein...", verwarf Merlot ihre vorherige Vermutung und schüttelte leicht ihren Kopf.

"Schöner Pullover, wo ist denn dein ach so kostbarer Hut und dein Mantel?", meinte sie dann spöttisch und setzte wieder ein Grinsen auf.

Gin blinzelte zweimal mit den Augen. "Also sind das meine Sachen?", fragte er sich und wendete sich lieber nochmal an Shuichi bevor er der Aussage von Merlot Glauben schenken würde.

"Shuichi, gehört der Pullover mir?" Er zog einen Teil des Stoffes nach oben, von Akai kam nur ein Nicken. Er hatte Gin nur flüchtig angesehen, bevor er das Ei aus der Pfanne auf 3 Teller verteilte. Doch eigentlich wollte er damit nur verbergen, wie sehr dieser Satz und der Anblick von hinten ihn mitgenommen hatte.

Als er den anderen Beiden den Rücken zu drehte um die Pfanne abzustellen fiel ihm auf, dass seine Hände anfingen zu zittern. Zum Glück hatte es noch keiner bemerkt. Beruhigen konnte er sich jedoch nicht so schnell, wie er es sich wünschte, also nahm er noch ein Glas aus dem Schrank und füllte es mit Wasser. Ihm war bewusst, dass Gin noch etwas erwartete, aber er versuchte weiter Zeit zu schinden.

"Ey Herr FBI Agent, dein Essen wird gleich kalt!", zischte Merlot plötzlich ungeduldig als sie sah, wie Akai reglos in sein volles Wasserglas starrte und nicht mal daraus trank.

Kommentarlos stellte der Agent das Glas auf dem Tisch und ließ sich auf den noch freien Stuhl nieder.
 

Die Drei fingen an zu essen, doch schon nach kurzer Zeit wurde die Ruhe unterbrochen. Merlot, welche sich schon anfangs auf ihre Mahlzeit gestürzt hatte und wohl am Meisten Hunger hatte, meldete sich zu Wort:

"Mein Kompliment, ich hätte nie gedacht, dass du so gut kochen kannst!"

Akai dachte erst sich verhört zu haben, dass er ein Lob von dieser Frau noch erleben wird hätte er nie geglaubt, trotzdem bedankte er sich.

"Aber dem Bengel scheint es wohl nicht zu schmecken.", meinte Merlot noch als sie zu Gin sah.

Erst jetzt wandte Shuichi wieder seinen Blick zu diesem, da er es bis eben wieder gemieden hatte ihn anzusehen.

Der Silberhaarige, welcher bis eben noch trübsinnig den Kopf gesenkt hatte, entgegnete Merlot sofort:

"Ich bin kein -...!", setzte er laut an, bis ihm seine Unsicherheit übermannte, auch dann bemerkte er Shuichi's gekränkt wirkenden Gesichtsausdruck. Bestürzt sah Gin wieder auf seinen Teller.

"Ich ... hab halt nicht so großen Hunger.", sagte er ausweichend.

Kurz darauf schob er den Teller auch ganz weg, denn jetzt bekam er erst recht keinen Bissen mehr runter. Unsicher, was er jetzt tun sollte, rutschte er auf dem Stuhl herum. Eigentlich wollte Gin am Liebsten weg. Aber er wusste, dass es wohl besser wäre bei den Anderen zu bleiben, da dieses Gift an ihm ausprobiert wurde und noch weiter an ihm ausprobiert werden sollte. Allein bei dem Gedanken daran bekam er Bauchschmerzen.

"Ich hab es versprochen…", dachte Gin.

"Du solltest etwas essen. Außerdem habe ich mich nur in die Küche gestellt, weil du mir sagtest, dass du Hunger hast.", kam es von Akai, welcher seine Worte bis eben nur mit Gesichtszügen gedeutet hatte.

Gin erinnerte sich schwach, dass er tatsächlich bis vor kurzem noch Hunger hatte und Akai dies im Schlafzimmer auch sagte. Doch inzwischen ist ihm der Appetit vergangen und der Gedanke an das Gift regte diesen auch nicht mehr an.

"Er hat Recht, denn deine nächste Mahlzeit wird erst deine Medizin sein.", gab Merlot von sich, da sie den verunsicherten Gesichtsausdruck von Gin bemerkte. Natürlich war es erst früh am Morgen und die Wirkung würde erst in einer weiten Zeitspanne, am Abend, nachlassen, dennoch belustigte sich die Frau daran Gin ein wenig mehr Angst zu bereiten. Dieser schluckte und rutschte mit seinem Stuhl verängstigt nach hinten. Egal wie fest er sich vorgenommen hatte es für Shuichi zu tun, die Gedanken an die Schmerzen quälten ihn jetzt schon.

"Blödsinn, dazwischen liegen doch mindestens noch zwei Mahlzeiten und wir könnten es auch auf Morgen verschieben.", korrigierte Akai Merlot genervt mit dem Ziel Gin ein klein wenig aufzuheitern.

"Allerdings werde ich heute nicht mehr für dich kochen, wenn du jetzt nichts isst.", ergänzte er und hielt Gin ein vollen Löffel vor seinem Mund.

Als Merlot sah, wie der Agent wohl scheinbar vorhatte das ehemalige Organisationsmitglied zu füttern, war ihr direkt wieder nach Lachen zu Mute. Sie hielt es jedoch noch kurz zurück und hielt sich ihre Hand vor dem Mund.

"Dann will ich heute nichts mehr essen.", sagte Gin daraufhin nur, der wirklich nicht gefüttert werden wollte. So schnell er konnte hielt er sich die Hände vor seinem Mund, gerade benahm er sich wirklich kindisch.

Merlot konnte sich das Lachen nicht länger verkneifen und fing an zu prusten.

Als Akai ihr einen bösen Blick zuwarf zuckte sie nur mit den Schultern und sagte:

"Lass ihn doch, er ist immerhin kein Kind mehr!", bevor sie schnell aufstand und aus der Küche floh, bevor der Agent noch beschloss den Löffel anderweitig einzusetzen. Seinem Blick nach fehlte nicht mehr viel dafür.

Doch sobald sie auf dem Flur war fing sie erst richtig schallend an zu lachen und beruhigte sich auch den ganzen Weg bis zu ihrem Labor nicht.

Ehe sich Akai versah, erhob sich auch Gin mit einem Ruck vom Stuhl.

"Ich geh ins Wohnzimmer.", gab er kurz Bescheid und ging mit gesenktem Kopf aus der Küche.

Akai sah dem Silberhaarigen sprachlos hinterher, er wollte etwas sagen, doch ihm blieben die Worte im Hals stecken. Er vermisste diesen aufgeweckten Gin, dieses heitere Kind, was wenn nur mal schmollen würde, aber Gin's jetzige Haltung könnte man keinesfalls als schmollen betiteln, diesmal war es etwas anderes. Etwas, wogegen der Agent selbst machtlos war, obwohl er seinen Koibito gern geholfen hätte.
 

Um sich abzulenken räumte er das Geschirr vom Tisch, entsorgte das Restessen, und machte sich an den Abwasch. Warmes Wasser lief über einen verunreinigten Teller, von welchem Gin vorher gegessen hatte, beziehungsweise es sollte. "Dann will ich heute nichts mehr essen.", erinnerte sich Akai an die abweisenden Worte vom Silberhaarigen, sonst war er solch ein Verhalten nur vom alten Gin gewohnt – der, der sich nicht wie ein Kind behandeln lassen wollte.

"Ihm muss es wirklich sehr schlecht gehen...", bedauerte Akai, doch zulassen, dass Gin für den Rest des Tages kein Essen mehr zu sich nehmen wird, würde er ganz bestimmt nicht.
 

Derweil hatte sich dieser im Wohnzimmer auf der Couch niedergelassen, mit angewinkelten Beinen und verschränkten Armen kauerte er vor dem Fernseher, dieser war allerdings ausgeschaltet. Das sollte sich ändern, denn plötzlich spürte er einen Druck auf der Couch, jemand hatte sich neben ihm gesetzt - Merlot.

"Du hast bestimmt nichts dagegen, wenn ich einen Film schaue?", fragte sie, wobei sie mit einem guten Krimi vor Gin's Nase wedelte.

"Mach doch.", erwiderte er und vergrub seinen Kopf in die Beine, er klang recht desinteressiert, immerhin hatte er gerade andere Sorgen als sich um Merlot zu scheren. Diese zuckte mit den Schultern und schob einfach den Film in den DVD-Player, dann machte sie es sich wieder bequem.

Während Gin am Rande der Couch hockte, nahm die Frau fast den ganzen Platz ein. Was auf dem Bildschirm passierte interessierte Gin die ganze Zeit über nicht, er hörte nicht einmal hin.

Merlot hingegen wandte ihre Augen keine Sekunde vom Fernseher ab, Gin bemerkte, dass diese sich wohl total in den Krimi hineinversetzt hatte als er kurz zu ihr rüber schielte.

Ihm wären schon fast die Augen zu gefallen, wenn da nicht plötzlich etwas Unerwartetes passierte - sein Zustand fing an sich zu verändern, auf einmal wurde ihm immer wärmer. Seine Körpertemperatur stieg an bis Schwindel dazu kam, das Herz klopfte ihm bis in die Fingerspitzen.

Langsam begann der große Körper zu zittern.

Gin spürte wie sein Blut rasend schnell durch seine Adern floss, bis ihm ein Stich durchfuhr.

Er schrie auf und krallte die rechte Hand in seinen Pullover, was Merlot aus ihrer Trance befreite und ihre Aufmerksamkeit auf Gin lenkte.

Doch Merlot war nicht die Einzige, die durch den Schrei aufmerksam wurde, auch Akai kam durch die Tür gestürmt. Als er sah, dass sich Gin ganz offensichtlich vor Schmerzen krümmte und Merlot über ihm gebeugt und mit ausgestreckter Hand bei ihm war, sah der Agent rot.

"Was hast du jetzt schon wieder angestellt!" wütend stürmte er auf die Frau zu und schmiss sie von der Couch.

"Wieso denn ich?! Er hat plötzlich angefangen zu jammern!", schrie sie daraufhin beleidigt hinter Akai's Rücken, welcher jedoch längst vollständig mit seinen Sorgen und Gedanken bei Gin war, für Merlot war nun keine Beachtung mehr übrig.

Akai versuchte den vor Schmerzen keuchenden Gin zu beruhigen und nahm ihn in die Arme.

"Ich versteh das nicht, normalerweise sollte die Wirkung doch erst am Abend nachlassen...", murmelte Akai verwundert während sich Gin in dessen Schultern krallte und sein Kopf fest an dessen Brust drückte. Er atmete laut und hastig, wieder schrie er auf.

Merlot zuckte ahnungslos mit den Schultern, so wirklich konnte sie sich die verfrühte Schrumpfung auch nicht erklären.

Etwa auch ein Fehler ihrer Seits?

"Wenn dem so ist, dann..." Sie hatte eine seltsame Vorahnung was den zweiten Prototypen betraf, doch noch wollte sie nichts annehmen, was noch nicht bewiesen war.

"Abwarten...", beruhigte sie sich wieder, zumal für sie kleine Zeitverzögerungen nicht all zu schlimm waren.

"Es tut so weh...", kam es schluchzend von Gin. Er sah mühselig zu Akai auf, sein Gesicht war vor Schmerzen völlig verkrampft.

"Ich weiß...", erwiderte der Agent nur und strich Gin über die Wange. Er sah plötzlich die Situation von damals vor seinen Augen, dies war der Gleiche Blick von dem Gin, der ihn damals im Schlafzimmer überfiel und vorhatte ihn umzubringen. Der die Waffe auf ihn gerichtet gehabt hatte, bis er selbst vor ihm auf das Bett wieder schrumpfte. Genau der Gleiche hilflose Gesichtsausdruck, nur mit dem Unterschied, dass dieser ihn momentan nicht töten wollte.

Schlussfolgerung

Ein paar Stunden später saß Akai auf dem Bett im Schlafzimmer und betrachtete den schlafenden Jungen. Der Teller mit Sandwiches, den er soeben gebracht hatte, stand auf dem Nachttisch.

Nach kurzem Zögern legte der Agent seine Hand auf Gins Stirn.

"Das Fieber scheint wirklich weg zu sein.", stellte er erleichtert fest. Gins Körpertemperatur war wieder unglaublich hoch geworden als er wieder zu einem 12-jährigen wurde und obwohl er dieses Mal zum Glück das Bewusstsein verloren hatte, wurde Gins Körper noch lange von Krämpfen gepeinigt, die die Schmerzen verdeutlichten, die er erlitt.
 

Als sich der kleine Körper endlich beruhigt hatte, trug Akai ihn ins Schlafzimmer, wechselte die nun wieder viel zu große Kleidung des Jungen und legte ihn ins Bett.

Danach hatte er die Sandwiches gemacht, doch offensichtlich musste sich Gin noch von den Strapazen erholen. Akai stand wieder auf und wollte das Zimmer verlassen, bevor er die Tür hinter sich jedoch schloss sah er noch einmal zurück und sagte leise: "Du schaffst das schon.", ob er damit Gin oder sich selbst meinte wusste er selbst nicht genau.
 

Unten im Wohnzimmer befand sich immernoch Merlot, sie hockte auf dem Sofa und sah Fernsehen. Sie hatte nicht mal bemerkt, dass Akai bereits wieder im Zimmer war.

Da übermannte den Agenten ein lustiger Gedanke. Eigentlich war er bei Merlot nicht für Spaß zu haben, doch da diese ihn jetzt schon so oft genervt hatte, wäre das zumindest eine kleine Rache. Ebenso wollte er sich etwas ablenken und von den Sorgen um Gin abkommen. Mit langsamen Schritten schlich er zum Sofa, achtete darauf, dass die Frau ihn auf keinen Fall bemerken würde.

Als er fast hinter ihr stand, breitete sich ein Grinsen in seinem Gesicht aus. "Nicht erschrecken!", schrie er und krallte ruckartig in die Schultern von Merlot, welche umgehend anfing wild zu kreischen.

Kurz darauf ertönte ein Lachen, doch dieses Mal ausnahmsweise nicht von ihr, sondern von Akai.

"Wie bist du denn drauf?", kam es beleidigt von der Wissenschaftlerin, die auf diese Situation nicht gefasst war.

"Selbst machst du es bei anderen...", erwiderte Akai und pflanzte sich auf das Sofa, weit neben Merlot.

"Also hat das Verhalten des Bengels sich bereits bei dir abgefärbt?" Sie verschränkte die Arme. Wieder erwähnte sie den Jungen, dabei wollte Akai ihn doch nur für einen Moment mal vergessen. Er ging nicht drauf ein und sah sich an, was im Fernsehen lief, schien wie ein altmodischer Romantikfilm, überhaupt nicht sein Geschmack.

"Willst du vielleicht mit gucken und mir Gesellschaft leisten?", kam es grinsend von Merlot und sie hängte sich über Akai's Schulter, dem wurde dabei sofort unwohl und er schubste sie von sich weg.

"Auf keinen Fall.", meinte er.

"So so, du spielst bestimmt lieber mit deinen Kind.", antwortete sie neckend, ihr Mitbewohner verdrehte genervt die Augen.

Plötzlich, als Merlot zum Agenten schauen wollte, blieb ihr Blick auf dem Sofarücken stehen, worauf zwei kleine Hände gelegt waren, die weder ihr noch Akai gehörten.

Sie schrie vor Schreck auf als sie feststellte wie Gin hinter der Couch stand, wie aus dem Nichts.

"Was schleichst du dich so an?!", fragte sie den Jungen.

"Dein Geschrei hat ihn bestimmt geweckt.", antwortete Akai für Gin und ging auf ihn zu. Dieser nickte, mit der Deutung, dass der Agent recht hatte.

Akai hob Gin hoch und hielt ihn so fest, dass sie auf einer Augenhöhe waren.

"Hast du die Sandwiches gegessen die ich dir hingestellt habe?", doch Gin schüttelte den Kopf.

"Ich hab keinen Hunger!", behauptete er und bevor Akai etwas erwidern konnte fügte er noch hinzu: "Aber Durst."

Akai seufzte.

"Dann holen wir dir jetzt etwas Wasser aus der Küche und dann geht es wieder hoch ins Bett.", bestimmte er.

Jetzt fing Gin an sich ein wenig zu wehren:

"Ich will aber nicht wieder ins Bett!"

"Kinder brauchen ihren Schlaf und du nach den letzten Ereignissen besonders!"

"Er hat Recht. Du solltest auf den großen Onkel hören. Morgen gibt es von der lieben Tante hier -...", dabei deutete Merlot auf sich selbst, "...- eine hübsche neue Tablette damit es dir schnell besser geht." Sie strahlte über beide Ohren.

Gin erstarrte und sah sie mit großen vor Angst geweiteten Augen an.

"Lass das!", knurrte Akai sie an.

"Was denn? Ich sag doch nur die Wahrheit.", säuselte Merlot unschuldig. Das schelmische Blitzen ihrer Augen verdeutlichte jedoch ihre Lügen.

"Verschwinde einfach wieder zurück in dein Labor und überprüfe die Wirkung des Gegengiftes!", fuhr der Agent sie an.

"Das habe ich schon! Ich muss es nur noch testen.", erwiderte Merlot nun wütend. Sie konnte es überhaupt nicht leiden, wenn ihre Arbeit angezweifelt wurde.

"Dummerweise ist dein Schützling die Einzige Person an der es getestet werden kann.", meinte sie noch, wobei sie das Wort 'Schützling' besonders betonte.

Am Liebsten hätte Akai jetzt die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen - oder Merlot selbst - da er jedoch noch Gin auf dem Arm hatte beließ er es bei einem bösen Blick.

"Dann geh halt schlafen!" Mit diesen Worten verließ er das Wohnzimmer. "Oh und mach den Fernseher wieder aus!", rief er ihr vom Flur aus noch zu.

Dann ging er in die Küche wo er Gin absetzte und ein Glas mit Wasser füllte. Dieses gab er dem Kleinen in die Hand und sagte dann:

"Wenn du fertig bist geht es hoch, du isst noch etwas und dann kannst du weiter schlafen. Mach dir keine Gedanken um das was Merlot gerade gesagt hat."

Gin sah auf das Glas in seinen Händen und schüttelte den Kopf.

"Ich will nicht schlafen!", wiederholte er seine vorherigen Worte.

"Sei nicht so stur! Ich sehe doch, dass du noch müde bist.", versuchte der Agent ihn zu überreden. Doch erneut schüttelte dieser den Kopf.

"Bin ich nicht! Du musst auch mal schlafen!"

Erstaunt sah Akai den Jungen an.

"Wie kommst du denn jetzt darauf? Das hat doch nichts damit zu tun."

"Doch!", beharrte der Kleine. "W-wenn ich schlafe gehst du wieder weg! Und wegen der Frau kannst du nicht im Wohnzimmer schlafen!" tatsächlich war von dort noch der Fernseher zu hören - lauter als vorher.

"W-wenn ich also nicht schlafe kannst du das Bett nutzen!", beendete der Junge seine Schlussfolgerung.

"Und was machst du dann in der Zeit? Mit Merlot zusammen Fernsehen schauen?", fragte Akai ungläubig mit hochgezogener Augenbraue.

Bevor er jedoch eine Antwort erhielt redete er bereits weiter:

"Das steht nicht zur Debatte! Also ab nach oben, das Glas kannst du mitnehmen." So scheuchte er den Kleinen bis ins Schlafzimmer.
 

Als Gin endlich auf dem Bett saß bemerkte Akai, dass der Junge nachdenklich das Glas in seinen Händen betrachtete.

"Ich werde aufpassen, dass diese Frau dich nicht stört während du schläfst!", verkündete Gin schließlich seinen Entschluss.

Akai musste deshalb schmunzeln.

"Du bist aber fürsorglich...", meinte er und hielt Gin ein Sandwich vor die Nase. "So richtig niedlich, wie er eben versucht hat logisch zu schlussfolgern...und mich scheinbar vor dieser Verrückten schützen will...", dachte er dabei. Ihm fiel wieder ein, wieso er den kleinen Gin bereits ins Herz geschlossen hatte.

"Tu mir den Gefallen und iss etwas, es würde mich beruhigen wenn du heute endlich mal etwas zu Essen zu dir nimmst.", bat er den Silberhaarigen nochmals, allerdings nicht im Glauben, dass das etwas nützen würde.

Doch unerwartet, Gin stellte das Glas ab und nahm dafür das Sandwich in beide Hände.

"Ich esse nur wenn du danach schläfst!" Das war eindeutig eine Bedingung, der Agent seufzte auf.

"Ja, versprochen.", willigte er mit einem Hintergedanken ein. Daraufhin begann Gin das Sandwich zur verzehren, zu Akai's Erleichterung.

Er wartete bis der Junge fertig mit essen war und wich nicht von dessen Seite, um sich sicher zu sein, dass Gin nicht nur die Hälfte essen würde.

"Danke.", sagte er als dieser fertig war. Er wollte gerade wieder abhauen, um sich auf einen Stuhl neben der Tür zu setzen, doch Akai umschlang ihn mit beiden Armen und rollte sich mit den Jungen auf das Bett.

"Lass mich los!", ertönte es auch schon, was den Agenten dazu veranließ, Gin nur noch fester an sich zu drücken. Dieser legte beide Hände auf Akai's Brust und wollte sich vom großen Körper wegdrücken, jedoch ohne Erfolg.

Als Gin seine Hände auf Akai legte, übermannte diesen sofort ein Gefühl von Unwohlsein, er erinnerte sich wieder an diesen Moment als der Junge dies zum ersten Mal tat, mit anderen Absichten. Doch jetzt musste er diesen Gedanken erstmal verdrängen, immerhin würde er Gin sonst nicht zur Ruhe bekommen.

"Hast du etwa schon vergessen, dass im Bett Platz für uns Beide ist...?", murmelte der Agent und schloss die Augen, ließ Gin aber noch nicht zu Wort kommen und fuhr fort:

"...das war der Haken an deiner Schlussfolgerung."

Gin sah Akai erst mal schief an, dann aber senkte er den Kopf.

"Naja, ich dachte du...möchtest ...nicht mehr mit mir…" Gin war die Situation eindeutig zu peinlich und er wurde etwas rot, Akai wusste jedoch was damit gemeint war.

"Mach dir da mal keine Sorgen.", sagte er leise. Dann schloss er die Augen und während er den Jungen weiter fest an sich gedrückt hielt ließ Akai seine Atmung langsam ruhiger werden.

Obwohl Gin zu Beginn noch angespannt war, spürte der Agent, wie Gin sich langsam immer weiter entspannte. An den tiefer werdenden Atemzügen erkannte er, dass der Kleinere endlich eingeschlafen war und so erlaubte er sich schließlich selbst einzuschlafen.

Hugo

Abends, an einem anderen Ort
 

Wodka verließ gerade einen Kiosk in Beika, wo er sich eine neue Schachtel Zigaretten gekauft hatte. Inzwischen rauchte er beinahe schon soviel wie sein ehemaliger Partner Gin, da Rum ihn zurzeit wirklich stresste. Irgendwie musste er ja runterkommen, auch wenn Nikotin dafür keine gesundheitsfördernde Lösung war.

Gerade hatte Wodka sich eine Zigarette von der neuen Schachtel angesteckt, bis ihm jemand den Stummel plötzlich wieder aus dem Mund zog und drauf trat.

"Hast du denn überhaupt die Zeit, dir erst mal genüsslich ein paar Zigaretten zu kaufen, während du einen klaren Auftrag von mir erhalten hattest?", ertönte eine düstere Stimme.

Wodka hätte diese schaurige Aura gleich vernehmen sollen, die nur von einer einzigen Person hätte sein können, nämlich Rum - ein Mann der noch eine viel kältere Aura ausstrahlen konnte als Gin. Wodka antwortete ihm nicht, er starrte sprachlos auf seine zerdrückte Zigarette am Boden, gerade hatte sich der letzte Rest Rauch von dieser aufgelöst.

"Hast du denn schon neue Erkenntnisse?!" Die Stimme von zuvor klang nun viel ungeduldiger.

"N-nein...", erwiderte Wodka leise, am Liebsten wäre er auf und davon, der große Mann vor ihm schüchterte ihn ein.

"Vielleicht würdest du welche haben, wenn du deine Zeit nicht mit solch anderen unnötigen Aktivitäten verschwenden würdest!" Rum schlug Wodka Feuerzeug und Zigarettenschachtel aus der linken Hand. "Such gefälligst weiter nach Gin und dieser gestörten Wissenschaftlerin!", fügte er gereizt hinzu.

Sein Gegenüber wich zwei Schritte zurück. "Ich hab doch schon im ganzen Beika Viertel Ausschau gehalten und ... -" Wodka redete panisch, dass er eingeschüchtert war erkannte man sofort an seiner Tonlage und dann fiel Rum ihm auch noch ins Wort:

"... - Beika? Ist Beika etwa der einzige Bezirk in dieser Stadt?!" Er packte den Stämmigen am Kragen, wenige Schweißtropfen kullerten diesem über die Stirn.

"Aber wie weit soll denn ein Kind schon kommen...", murmelte Wodka, offenbar wollte er sich rausreden, was nicht ganz funktionierte, schon gar nicht bei der Nummer 2 der Organisation.

"Wie es aussieht sehr weit, wenn nicht mal die Bullen ihn eingesammelt haben und er bei keinem Kinderheim untergebracht ist!", meinte dieser.

Wodka schaute beschämend zur Seite, es war sowieso unausweichlich, er hatte wieder einmal zu schlampig gearbeitet, das wurde ihm schon oft zum Verhängnis. Zu seinem Glück löste sich der kräftige Griff in seinem Hemd wieder.

Rum fasste sich an die Stirn, kurz herrschte Stille, wie es schien musste er sich erst mal beruhigen.

"Du suchst ab morgen in Haido weiter, ist ja nicht weit von hier. Haben wir uns verstanden?", befahl er im nächsten Moment, da seine Stimme wieder ruhiger klang fiel es Wodka nicht mehr all zu schwer eine Antwort zu geben.

"Jawohl.", sagte er bestätigend.

"Vergiss nicht ein paar öffentliche Überwachungskameras zu checken, die kleine Ratte kann sich ja nicht in Luft aufgelöst haben." für den Brillenträger war diese Erinnerung unnötig, da er das sowieso getan hätte, zumindest in Beika war er dabei erfolglos gewesen.

Beide hatten immernoch den Verdacht, dass jemand Gin bei sich untergebracht haben musste. Auch wenn Wodka ungenau gearbeitet hatte, ganz unrecht hatte er nicht, ein Kind wäre in jener Nacht nicht weit gekommen, besonders nicht in so einer Lage, in welcher sich der Silberhaarige befand.

"Sein Aufenthaltsort muss entweder Beika, oder einer der Nachbarbezirke sein...", vermutete Rum gedanklich.

"Ich will sie sehen, die Person, die ihn scheinbar gut vor uns versteckt hält... Etwas zu gut wenn man mich fragt, vielleicht tut sie es bewusst...", murmelte er dann, und wandte Wodka den Rücken zu.

Während er sich von diesem entfernte malte er sich weiterhin aus, wer Gin's Retter sein könnte. Schon fast war sein Interesse größer an diesem geworden, als an Gin selbst.
 

Langsam ging er die nächtliche Straße entlang. Es frustrierte Rum, nicht im Geringsten bei der Suche nach Gin voranzukommen. "Wenn ich Gin nicht finden kann, gibt es dann vielleicht eine Möglichkeit ihm eine Falle zu stellen?", überlegte er. "Eigentlich ist Gin zu gut ausgebildet. Ich habe ihn auf das Genaueste trainiert und die Tatsache, dass er der Falle des FBI‘s damals entgehen konnte, ist der beste Beweis dafür. Aber…", langsam nahm ein Gedanke in Rum‘s Kopf Gestalt an. "Sie kennen seine Schwäche nicht..." Ein Grinsen schlich sich in sein Gesicht und verzog es so, dass die wenigen Passanten, die ihm in der Dunkelheit begegneten, einen weiten Bogen um ihn machten. "Der Mörder Gin ist zwar perfekt trainiert..., aber es gibt einen Teil seiner Vergangenheit, über den er nie Klarheit erlangt hat. Damit könnte ich ihn vielleicht aus der Reserve locken, denn egal wie gut sein Beschützer ist, er wird jetzt keine Untergebenen haben, die er an seiner Stelle zu einem Ort schicken kann, um Nachforschungen anzustellen. Dieser dumme Wodka hatte ausnahmsweise Recht mit seiner Aussage, dass Gin als Kind nicht weit gekommen sein kann. Wenn ich mich richtig erinnere, müsste hier doch…", Rum bog um eine Ecke und erblickte eine große Villa, "Perfekt!"
 

Vor 20 Jahren
 

Selbstsicher ging Rum den Weg zur Villa. Sein Auto stand ein Stück entfernt und darin wartete noch jemand. Jemand, der persönlich sehen wollte, dass alle Spuren des Verräters beseitigt wurden. Die schwarze Organisation hatte erst einen Tag zuvor eine rivalisierende Gruppe von Schmugglern und Auftragsmördern ausgeschaltet. ‚Hugo‘ wie der Codename des Mannes war, der in dieser Villa mit seiner Familie lebte, hatte diese Gruppe als Spion für sie infiltriert und ihnen auch wichtige Informationen übermittelt. Zugleich aber auch mehr von der Organisation verraten, als er sollte. Die Unterlagen und Daten, die sie bei der gestrigen Aktion sichergestellt hatten bewiesen das. Tod den Verrätern! lautete das Eiserne Motto der Organisation.

Rum war hier um genau das zu erfüllen.

An der Tür klingelte er und wurde von einer nervösen Frau begrüßt, welche ihn sogleich ins Wohnzimmer führte.

Dort warteten ein schlanker, hochgewachsener Mann mittleren Alters und ein 12-jähriger Junge - eindeutig der Sohn des Mannes - auf ihn.

"Hallo Rum, ich habe dich bereits erwartet.", wurde er von Hugo begrüßt.

Rum nickte nur und betrachtete den Jungen, welcher unsicher neben seinem Vater stand.

"Das hier ist mein Sohn Jin. Jin, das ist der Mann von dem ich dir erzählt habe. Du wirst ihn heute begleiten."

Der Junge versuchte ganz offensichtlich - aber erfolglos - seine Unsicherheit zu bekämpfen und nickte. Für einen kurzen Moment begegneten sich die Blicke von Rum und Jin, doch der Junge senkte schnell den Kopf.

In dem Moment betrat die Frau wieder den Raum, auf einem Tablett befanden sich zwei Tassen und eine Teekanne.

"Schatz, bringst du Jin bitte nach oben? Ich muss noch etwas mit Rum allein besprechen. Es kann etwas länger dauern, also geh ruhig schon ins Bett.", meinte Hugo.

Einen Moment sah die Frau unsicher von Rum zu ihrem Mann, dann nickte sie, stellte das Tablett auf den Tisch und nahm ihren Sohn an die Hand. Während die Frau mit dem Jungen den Raum verließ beobachtete Rum die Beiden ganz genau. Die Frau war nicht weiter von Belang, doch den Jungen würde er gemäß der Abmachung später mitnehmen. Es war wichtig, dass dieser gesundheitlich auch in der Lage dafür war. Die Organisation verschwendete keine Zeit mit der Pflege kranker Kinder.

"Sie geht jetzt schon zu Bett?", fragte Rum scheinbar verwundert, doch ihm war bewusst, dass die Frau als Krankenschwester arbeitete und zurzeit Nachtdienst hatte. Dadurch war es also keineswegs verwunderlich, dass sie bereits 13:00 Uhr ins Bett ging. Genau genommen war es für sie sogar schon sehr spät. "Aber das bedeutet nur, dass sie schön tief schlafen wird..." dachte Rum, unterdrückte aber das hämische Grinsen.

"Ja, ihre Arbeit ist zurzeit sehr anstrengend und sie musste heute sogar eine Doppelschicht einlegen.", erklärte der Mann.

"Ich verstehe." meinte Rum nur, dann wandte er endlich seine volle Aufmerksamkeit auf den Verräter vor sich.

"Da du die Beiden weg geschickt hast, vermute ich mal du weißt, dass es noch einen weiteren Grund außer dem Jungen gibt, aus welchem ich hier bin."

Hugo schluckte nervös. "Es geht um die Informationen."

Rum nickte nur und so sprach der Mann vor ihm weiter.

"Es ist mir nicht leicht gefallen in der Gruppe Fuß zu fassen. Sie haben kurz nach meinem Eintritt mitbekommen, dass ich eine Verbindung zur Organisation habe und so musste ich mir etwas einfallen lassen…"

"Hör auf zu schwafeln!", unterbrach Rum das sinnlose Stammeln.

Nach kurzem, angespanntem Schweigen schloss Hugo kurz die Augen, atmete tief durch und sah ihn dann direkt an. Gefasst und mit einem traurigen Lächeln stellte er fest:

"Das wisst ihr also schon längst… Was genau willst du dann noch von mir hören? Was konntet ihr noch nicht bereits in Erfahrung bringen?"

Rum lächelte hinterhältig. "Nichts." Er zog die Pistole aus seiner Tasche und zielte auf Hugo‘s Kopf. "Tod den Verrätern.", sagte Rum und feuerte.

Der Mann vor ihm brach zusammen.

Ein Geräusch in der Nähe der Tür erregte Rums Aufmerksamkeit und er bemerkte, dass die zuvor geschlossene Tür nun einen kleinen Spalt geöffnet war.

Schnellen Schrittes ging er hin und öffnete sie vollständig. Er konnte zwar niemanden erblicken, doch er hörte eindeutig die schnellen, leichten Schritte eines Kindes.

Sein Lächeln kehrte zurück. "Ja, renn nur kleiner Jin, renne in Sicherheit, doch es gibt kein Entkommen vor der Schwärze...der du versprochen wurdest.", ohne sich weiter um den Jungen zu kümmern, der ganz offensichtlich aus dem Haus gestürmt war, ging Rum noch alle Räume durch und kontrollierte die Sprengsätze, die bereits zuvor von anderen Mitgliedern platziert worden waren.

Dann verließ er das Haus und betätigte eine Fernzündung. Hinter ihm ging das Haus in Flammen auf und ruhigen Schrittes ging er zurück zum Auto wo ihn bereits ein Mann erwartete, der einen geschockten Jungen festhielt.
 

Zurück zur Gegenwart
 

Rum stand noch immer vor der Villa, doch jetzt hielt er sich sein Handy ans Ohr. Als Wodka sich meldete sagte er nur:

"Planänderung. Brich die Suche ab, wir werden ihn zu uns kommen lassen, Genaueres erfährst du später. Wir treffen uns in 8 Stunden am gewohnten Treffpunkt. Besorge bis dahin.…", ohne Wodka die Zeit zum antworten zu geben rasselte er die benötigten Dinge herunter und legte auf sobald Wodka den Auftrag bestätigt hatte.

"Ich freue mich auf unser Wiedersehen Gin und bin gespannt, bei wem genau du Unterschlupf gefunden hast."

Das Treffen

8:00 Uhr in einem bestimmten Ferienhaus
 

Leise wurde die Tür zum Schlafzimmer geöffnet und eine vorsichtige Merlot betrachtete die eng umschlungen, schlafenden Männer. Wobei einer von ihnen genaugenommen ein Kind war.

"Zumindest noch." Ein siegessicheres Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. "Aber erstmal muss ich…"

Sie ging möglichst leise an die Seite des Bettes und schüttelte die Schulter des Jungen vorsichtig um ihn zu wecken. Dieser schreckte zusammen und riss die Augen auf, doch durch seine Müdigkeit war er noch etwas desorientiert.

Als er die Wissenschaftlerin schließlich erkannte wurde er blass, doch bevor er sich von seinem ersten Schock erholt hatte hielt sie sich einen Finger vor die Lippen und zeigte auf den schlafenden Akai. Leise flüsterte sie: "Ich habe uns Frühstück gemacht, aber ich denke er hat noch etwas Schlaf verdient, findest du nicht?"

Gin sah daraufhin unsicher zum Agenten auf, dann nickte er Merlot zögernd zu. Der Junge überlegte, wie er sich am Besten unbemerkt aus dem festen Griff von Akai lösen könnte, ohne diesen aufzuwecken. Vorsichtig versuchte er seinen Arm zu bewegen und sich vom großen Körper vor ihm wegzudrücken, das war nicht so einfach wie er vermutet hatte. Merlot bemerkte Gin's Bemühungen und beschloss ihm zu helfen, indem sie Akai's Arm anheben wollte, damit der Silberhaarige sich aus der Schlinge befreien konnte. Kaum allerdings hatte sie sich dem jungen Mann genähert, packte dieser ruckartig nach ihrem Handgelenk.

Die Wissenschaftlerin schreckte auf, ebenso wie Gin, der Akai sein vorgetäuschtes Schlafen abgekauft hatte.

"Netter Versuch.", kam es und Akai öffnete sein rechtes Auge um Merlot anzusehen.

"Du bist schlimmer als ein Wachhund!", beschwerte sie sich daraufhin und wollte Gin von ihm wegziehen, auch nicht ganz so leicht. Der Junge wehrte sich dabei kein Bisschen, innerlich hoffte er dennoch, dass Akai's Griff stärker sein würde, denn er wusste was ihm drohte wenn er mit Merlot mitgehen würde.

"Es ist Zeit für seine Medizin!", erinnerte die Frau zusätzlich, was Gin einen Schauer über den Rücken wandern ließ.

Kurz verweilten die Drei, schweigend. Merlot's Hände waren in Gin's Pullover gekrallt, ebenso wie Akai's Hände den kleinen Körper darunter festhielten. Beide warfen sich gereizte Blicke zu.

Gin sah die Beiden im Wechsel an, es war für ihn als würden diese sich selbst ohne jegliche Worte verstehen und sich nur mit eisigen Blicken verständigen. Letztlich war Akai es, der nachgab und seufzte.

"Ich weiß...", meinte er und zu Gin's Enttäuschen lockerte er den Griff, dass Merlot ihn an seinen Armen aus dem Bett ziehen konnte.

"Komm mit.", sagte sie und setzte ein gefälschtes Lächeln auf. Merlot war längst dabei den Raum zu verlassen, während Gin immer noch vor dem Bett stand und Akai unschlüssig ansah.

"Ich begleite dich ja...", meinte der Agent um Gin zu ermutigen und richtete sich dann auf. Er nahm seinen Schützling an die Hand und ging mit ihm in die Küche.
 

"Hätte dir nicht geglaubt, dass du wirklich Frühstück zubereitet hast.", sagte Akai als er überraschend den dampfenden Haferbrei auf dem Küchentisch erblickte. Für Gin war das eher ein unappetitlicher Anblick, er hätte dieser Frau sowieso nicht mal ansatzweise Kochkünste zugetraut.

"Da siehst du mal, wie nett ich bin!", lobte Merlot sich selbst und verschränkte die Arme.

Gin hatte es sich mittlerweile auf einen Stuhl bequem gemacht, doch seine Augen weiteten sich als er die kleine rot-weiße Kapsel neben seiner Schale bemerkte.

"Was du zuerst isst, ist vollkommen dir überlassen.", kam es von Merlot schadenfroh und sie setzte sich gegenüber vom angstverzerrten Silberhaarigen. Eine tolle Auswahl, empfand dieser. Entweder den wahrscheinlich ungenießbaren Brei, oder dieses Gift was ihm furchtbare Schmerzen erleiden lassen würde. Am Liebsten wäre er aufgestanden und hätte sich schleunigst aus dem Staub gemacht, wäre da nicht im Hinterkopf sein Versprechen, was er seinen Retter gegeben hatte.

Gin schluckte, sah beide Dinge angewidert an. Plötzlich legte sich eine Hand auf seine Schulter, Akai's Hand. Sein Blick richtete sich auf die Droge.

"Dann hast du es hinter dir...", meinte er leise, zur Anregung die Kapsel als erstes zu nehmen.

Gin musste sich eingestehen, dass der Mann Recht hatte und nahm das Gift in die Hand. Er kniff seine Augen fest zusammen und atmete tief durch. Trotz Zurückhaltung begann sein zarter Körper zu zittern.

Nun hatte sich Akai's zweite Hand ebenso auf seine noch freie Schulter gelegt, zur Beruhigung streichelte dieser sie ein wenig und lehnte seinen Kopf leicht an den von Gin.

"Hat er Angst..?", stellte der Junge unsicher fest, als er bemerkte wie die beiden Hände auf seinen Schultern ebenso zitterten. Letztlich konnte er es dennoch nicht unterscheiden, ob dieses Zittern wirklich von Akai oder eher ihm selbst kam.
 

Im nächsten Moment warf Gin sich schnell die Kapsel ein und schluckte sie herunter. Seine Miene verzog sich aus Angst und er versank auf seinem Stuhl, sein Herz fing an den Takt zu erhöhen. Der Dampf vom Haferbrei vor ihm stieg auf einmal in seine Nase, erst jetzt vernahm er den angenehmen Duft.

Kurz war es, als würde die Zeit still stehen, dennoch hörte er die Uhr an der Wand ticken. Er erwartete die qualvollen Schmerzen, diese unerträgliche Hitze, das Gefühl innerlich zu verbrennen... doch es passierte... nichts?

Verwirrt öffnete er wieder die Augen.
 

Immer noch verdutzt sah er erst mal zu Akai und dann zu Merlot. Akai schien allerdings keinen Plan von der Situation zu haben und Merlot würdigte ihm keines Blickes.

"Ähm... iss erst mal etwas, okay? Ich muss mich kurz mit Merlot unterhalten.", sagte der Agent als er die Verunsicherung des Jungen bemerkte. Zögerlich sah dieser abwechselnd zu Akai und Merlot, bis er schließlich endgültig zu dem jungen Mann sah.

"K-Kommst du auch sofort wieder?", fragte Gin leicht zögernd. Akai lächelte den Jungen aufmunternt an und streichelte etwas dessen Kopf, dabei versuchte er seine Verunsicherung zu verbergen.

"Sicher doch, ich möchte im Wohnzimmer nur kurz etwas mit ihr besprechen."

Gin sah leicht nach unten "Na gut...", sagte er leise.

"Also dann.", meinte Akai zu ihm, immer noch lächelnd, danach ging er zu Merlot, die schon längst aufgestanden war und schnappte sich ihr Handgelenk. Etwas wütend sah er sie an und schleppte sie in das Wohnzimmer, Gin blickte ihnen noch hinterher und fing bedrückt an zu essen. Unerwartet schmeckte das Essen der Wissenschaftlerin nicht all zu schlecht, wie er erwartet hatte.

Als Akai und Merlot im Wohnzimmer angekommen waren ließ der Agent ihr Handgelenk endlich los.

"Erklär‘ mir das!", ertönte sofort seine Frage.

"Vermutlich eine Verzögerung, Gin ist schließlich auch früher geschrumpft als geplant.", kam es gelangweilt von Merlot.

"Kann ich jetzt endlich etwas essen, Herr FBI Agent?"

"Also hast du das erwartet?" , fragte er sie geschockt.

"Da der vorherige Versuch nicht ganz gelungen ist, habe ich das Gegengift angepasst. Die Wirkung auf das Gehirn ist eben schwieriger.", erklärte sie genervt. "Deswegen habe ich die Ausbreitung des Gegenmittels im Körper verlangsamt, denn wenn sich der Körper bereits verändert hat erfolgt keine Reaktion im Gehirn mehr. Lässt du mich jetzt endlich frühstücken?"

Erst antwortete Akai ihr nicht, er musste sich ihre Worte zweimal durch den Kopf gehen lassen, ehe er sie verstanden hatte.

Als Merlot merkte, dass ihr nicht geantwortet wurde startete sie einen Versuch einfach in die Küche zurückzugehen.

"Und wie lange bleibt Gin jetzt noch so klein?" Akai hielt ihren Kittel fest, ein emotionsloser Blick wandte sich ihm zu.

"Wahrscheinlich noch ein paar Stunden, bis zum Nachmittag schätze ich. Also genieße die letzte Zeit noch mit ihm..." Ein Grinsen bildete sich auf ihren Gesicht.

Noch bevor Akai etwas sagen konnte kehrte Merlot ihm wieder den Rücken zu, in der Küche fing sie auch sofort an zu essen, scheinbar war sie wirklich hungrig. Gin hingegen stocherte nur in seinem Brei herum.

"Schmeckt's dir etwa nicht?", fragte Merlot entsetzt.

"Wo ist Shuichi?", ignorierte der Junge aber ihre Frage. Erst jetzt fiel der Frau auf, dass Akai ihr nicht gefolgt war.
 

Dieser war gerade im Arbeitszimmer seines Vaters, eine Etage höher, angekommen. Er ging zum Schreibtisch, welcher vom Sonnenlicht des Fensters dahinter beschienen wurde. In der Schublade darin hatte er sein Smartphone abgelegt, es war ausgeschaltet, schon seit ihrer Ankunft. Nachdenklich starrte er auf das Display. Ein mulmiges Gefühl übermannte ihn.

"Sollte ich wirklich...", dachte er. Ihm fiel ein, dass er wochenlang nichts von sich hören ließ bei seinen Kollegen. Bestimmt war diesen schon längst aufgefallen, dass er nicht mehr da war und sie würden sich Sorgen um ihn machen, doch seine eigenen Sorgen waren die ganze Zeit bei Gin gewesen. An nichts anderes hatte Akai gedacht, als gäbe es Niemand wichtigeren in seinem Leben mehr. Eigentlich war es auch sein Ziel gewesen, Gin vor FBI und jeglichen anderen Personen zu verstecken. Doch nun, wenn dieser wieder der Alte werden sollte, würde das bestimmt nicht mehr so einfach funktionieren. Im Gegenteil, würde er dann derjenige sein, der sich eher vor Gin verstecken müsste? Wie von selbst drückte sein Daumen die Ein/Ausschalttaste, das Display leuchtete auf.

Kaum einen Moment später, fing das Smartphone an ohne Unterbrechung zu vibrieren, viele verpasste Benachrichtigen, Anrufe und SMS kamen allesamt gleichzeitig an. Die meisten SMS waren von Jodie.

Wo steckst du?,

Ist alles in Ordnung?,

Ruf mich an!,

waren die Meisten davon. Unwichtig in Akai's Augen, darauf wollte er nicht antworten.

Kurz scrollte er nach oben zu den neueren Benachrichtigungen.Plötzlich bemerkte er eine längere Nachricht, sie war vom gestrigen Tag.

Shuichi, warum meldest du dich nicht? Geht es dir gut? James, Camel und ich würden uns gern mit dir unterhalten, es ist wichtig. Wenn du das lesen solltest, komm bitte morgen 12:00 Uhr zum Kudo Anwesen.

P.S. Wir machen uns Sorgen.

Die SMS weckte Akai's Interesse. Doch was sollte er sagen wenn er plötzlich wieder auftaucht? Eine dumme Ausrede wäre sinnlos. Andernfalls, wenn er nicht wieder auftaucht, könnte es bald ernsthafte Probleme geben. Vielleicht sind die Informationen, die er beim Gespräch erhalten würde, wichtig. Dabei fiel ihm plötzlich Rum und die Organisation ein, vielleicht wüssten die Drei was Neues? Er selbst hatte keinerlei Ahnung was der Kerl jetzt tun könnte, ob er noch nach Gin sucht oder sogar etwas plant.

Kurz befreite Akai sich von seinen Gedanken und atmete tief durch.

"Ich werde hingehen..", beschloss er, immer noch verunsichert, doch der neugierige Teil, der zum Treffen erscheinen wollte, dominierte dieses Mal. Einen Blick auf die Uhr zu urteilen würde er es pünktlich schaffen, wenn er jetzt losfahren würde.

Er hastete die Treppe hinunter, unten starrte ihn ein besorgter Gin an.

"Wo warst du..?", kam es. Gin's unruhiger Blick brachte Akai erneut ins Nachdenken, ob er jetzt wirklich gehen sollte.

"Ich muss nochmal wohin... Du bleibst so lange hier, verstanden?", überwand er sich und sah Gin dabei nicht an, um nicht doch noch schwach zu werden.

"Wohin?", fragte dieser daraufhin.

"Ist egal, ich bin nicht lange weg...", versuchte Akai der Frage irgendwie auszuweichen und ging richtung Tür, bis der Junge sich an sein Hosenbein krallte.

"Lass mich nicht allein!", forderte er laut, die Verzweiflung dahinter war deutlich zu hören. Immer noch sah Akai ihn nicht an.

"Ich möchte nicht mit dieser Frau alleine bleiben, bitte nimm mich mit!" Der Griff wurde fester, die Tonlage flehender.

Letztlich sah der Agent doch auf Gin hinab. Mit Tränen in den Augen wurde er trostlos angeschaut.

"Wenn es nicht lange dauert dann nimm den Bengel eben mit, wo liegt das Problem?" Merlot trat aus der Küche, die das Gespräch offenbar gehört hatte.

"Das geht doch nicht!", dachte Akai, eigentlich hätte er es laut aussprechen müssen, doch er schwieg nur und sah verunsichert dabei aus.

"Shuichi bitte!!" Gin umschlang plötzlich seine Beine. Es fiel dem Agenten immer schwerer abzulehnen.

"Schau doch mal, wie schön er betteln kann!", kommentierte Merlot amüsierend Gin's Flehen.

Das machte Akai's Unentschlossenheit nicht gerade besser.

"Meinetwegen...", meinte er leise und ließ sich am Ende doch überreden, scheinbar wäre er ja sonst sowieso nicht vom Fleck gekommen. Er sah wieder auf Gin, der jetzt plötzlich wie ausgewechselt vor Freude und Erleichterung strahlte.
 

12:05 Kudo Villa
 

"Ich mache mir wirklich Sorgen um Shu. Es ist nicht seine Art einfach so zu verschwinden und sich überhaupt nicht zu melden!" nervös ging Jodie in der Küche auf und ab.

"N-Naja, er kann schon auf sich aufpassen, bestimmt ist ihm nur irgendetwas Wichtiges dazwischen gekommen.", versuchte Camel sie zu beruhigen.

"Aber er hat uns nicht ein einziges Mal geantwortet!" meinte Jodie aufgebracht. "Was wenn er bei der Suche nach Gin in Schwierigkeiten mit der Organisation gekommen ist und sie ihn erwischt haben?!"

"Das bezweifle ich." meinte James. "Wäre das der Fall hätte Rena Mizunashi eine Gelegenheit gefunden uns zu kontaktieren."

Da öffnete sich die Eingangstür der Villa. Alle FBI Agenten verstummten und lauschten angespannt.

"Warum hast du nicht gleich gesagt, dass du hier her zurückfährst!" erklang eine laute, unbesorgte Kinderstimme gefolgt von dem tieferen Tonfall einer Männerstimme, die jeder der Anwesenden sofort erkannte: "Langsam! Nicht so eilig!"

Da gab es kein Halten mehr für Jodie und sie stürmte aus der Küche.

"Shu!" rief sie freudig erleichtert. Doch die Szene die sich ihr bot ließ sie verdutzt stehen bleiben.

Akai stand in der Nähe der Eingangstür, hatte diese wohl gerade erst geschlossen und hinter ihm befand sich der Junge, den sie Letztens bereits gesehen hatte. Dieser trug keine Schuhe mehr - die lagen unordentlich im Eingangsbereich herum - und war hinter Akai geflüchtet als sie angerannt kam.

Jetzt lugt er mit großen, Schreck geweiteten Augen zu ihr. Akai - wieder in der Verkleidung Subarus - seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, die andere legte sich wie beschützend auf die Schulter des Kleinen.

"Entschuldige bitte die Verspätung Jodie, ich hatte das Handy aus und als ich heute früh von dem Treffen gelesen habe, war gerade noch die Zeit hier her zu kommen."

Sie starrte ihn nur ungläubig an. Doch was sie wirklich überraschte war die Frage des Jungen: "Ist sie der Grund aus dem ich nicht mit sollte?"

"Ja...Nein." Akai war sich nicht sicher welche Antwort jetzt die Richtige war. Er wollte nicht, dass das FBI von dem kleinen Gin erfuhr, aber Jodie an sich war nicht der eigentliche Grund.

"Verstehe." erklang es leise hinter Akais Rücken. "Du wolltest mit ihr allein sein. Ich störe euch nur...", schwang da so etwas wie Enttäuschung mit? Akai wunderte sich. Doch bevor er darauf etwas erwidern konnte traten auch James und Camel zu ihnen und widerlegten somit die Vermutung des Kleinen.

"Wer sind all diese Leute..?", hinterfrage dieser dann.

"Nur ein paar Freunde von mir..." Akai ließ aus zu erwähnen, dass es sich eigentlich um seine FBI-Kollegen handelte. Die blonde Frau davon, Jodie, bewegte sich plötzlich mit langsamen Schritten auf den kleinen Gin zu, welcher sich daraufhin nur noch mehr hinter Akai versteckte und seine Hände in dessen Hose krallte. Jodie beugte sich zu ihm herunter.

"Du erinnerst mich an jemanden, little boy...", stellte sie fest desto genauer sie den Jungen musterte. Gin wich ein paar Schritte von Jodie zurück, so dass er sich an Akai's rechter Seite befand, er umklammerte dessen Hüfte.

"Unsinn.", widersprach der junge Mann seiner Kollegin und drückte Gin fester an sich.

"Sein Haar ähnelt dem von...", begann Camel seinen Gedanken auszusprechen, Akai unterbrach ihn jedoch.

"Der Junge hat aber nichts mit ihm zu tun." Er konnte den Namen des Silberhaarigen im Moment nicht erwähnen, das würde den Jungen an seiner rechten Seite nur verwirren.

"Wenn ihr mich kurz entschuldigen würdet, ich bringe den Kleinen kurz ins Wohnzimmer. Danach können wir reden." Akai zog Gin an seinen Kollegen vorbei, welche ihn misstrauisch ansahen, er versuchte diese Blicke zu ignorieren. Die Tür zum Wohnzimmer verschloss er hinter sich.
 

"Wen meinten sie?", fragte Gin während er sich auf das Sofa setzte. Akai hockte sich vor ihm, damit sie sich auf Augenhöhe befanden.

"Sie meinten... den anderen Gin." Er wollte den Jungen nicht direkt anlügen. Noch bevor dieser weitere Fragen stellen konnte, redete Akai einfach bestimmend weiter.

"Du bleibst jetzt erst einmal hier. Wenn du möchtest, kannst du ein wenig fernsehen bis ich fertig bin. Ich hole dich dann wieder ab." sein Vorschlag gefiel Gin überhaupt nicht, was man an dessen Gesichtsausdruck ablesen konnte.

"Aber..-", wollte er deshalb widersprechen, was ihm vom Agenten aber verwehrt wurde.

"Ich weiß, dass das Alles ziemlich verwirrend für dich sein muss... aber jetzt kann ich es dir nicht erklären. Vertrau mir einfach, okay?"

Gin nickte verunsichert, ließ seinen Kopf dann gesenkt. "Wieso möchtest du mich nicht dabei haben?", fragte er noch leise, fast so leise, dass man es beinahe nicht verstand.

"Das ist ein Gespräch unter Erwachsene.", erwiderte Akai und gab seinen Schützling einen Kuss auf die Stirn. Er wurde mit erröteten Wangen angeschaut.

"Soll ich dir den Fernseher einschalten?" Mit dieser Frage erhob sich der Agent, nachdem er Gin noch kurz angelächelt hatte.

"Ja..." stimmte dieser zu.

Akai ging um einen Tisch und betätigte die Einschalttaste am Flachbildfernseher dahinter. Ein Nachrichtenprogramm erschien auf dem Bildschirm. Der junge Mann sah sich nach der dazugehörigen Fernbedienung um, entdeckte sie aber auf dem ersten Blick nicht.

"Ein paar Neuigkeiten aus der Stadt werden dem Jungen schon nicht schaden...", dachte Akai schulterzuckend und bemühte sich nicht weiter, nach der Fernbedienung zu suchen.

"Bis gleich." wandte er sich kurz wieder Gin zu, bevor er das Zimmer verließ.
 

Auf dem Flur wurde der Agent bereits von seinen Kollegen erwartet. Erneut seufzte er und meinte: "Lasst uns in die Küche gehen."

Dort angekommen fing er aus Gewohnheit gleich an Tee zu kochen.

"Will noch jemand welchen?", fragte er ohne sich umzudrehen.

"Ja bitte." antwortete James.

"Ich nehme auch eine Tasse." meinte Camel.

Von Jodie erhielt er keine Antwort, nahm ihr aber dennoch ebenso eine Tasse aus dem Schrank. Während Akai den Tee servierte herrschte Schweigen und gewohnheitsmäßig sah er kurz auf die Uhr. Es war 12:15 Uhr.

Da nun jeder seinen Tee hatte brach Akai das Schweigen mit der Frage: "Also, wie sieht die Situation aus? Ich nehme an, es gibt Neuigkeiten?" Dabei sah er zu James, doch bevor dieser ihm seine Frage beantwortete mischte sich Jodie ein.

"Wo warst du? Wir haben uns Sorgen um dich gemacht! Irgendetwas geht in der Organisation vor sich und als du plötzlich nicht mehr reagiert hast..."

Akai unterbrach sie. "Ich hatte eben zu tun und vergessen das Handy einzuschalten. Mach bitte nicht so ein Drama.", redete Akai sich genervt aus. Jodie starrte ihn daraufhin mit ein kalten Blick an. Zwar wollte Akai es sich nicht anmerken lassen, aber dieser Anblick machte ihn schon etwas nervös.

"Es geht hier um viel mehr als du denkst! Stattdessen aber kümmerst du dich um irgendein kleines Kind, von dem du uns nicht mal sagst wer dieses eigentlich ist! Was ist in letzter Zeit los mit dir?! Ich erkenne dich gar nicht wieder!", schrie Jodie ihn an, Camel und James hielten sich Beide dabei raus.

Jetzt wurde es auch Akai zu viel und seine Nerven waren kurz vor dem Ende.

"Glaubst du ich weiß das nicht? Ich habe mit diesen Kerlen schon genug zu tun gehabt und ich weiß längst worauf ich mich da einlasse.", sagte er betont, versuchte dabei aber trotzdem irgendwie ruhig zu bleiben.

Jodie wollte gerade noch etwas erwidern, doch plötzlich mischte James sich ein.

"Hört mal ihr Zwei. Es ist viel vorgefallen und ich weiß, dass ihr wütend seid. Natürlich weiß ich aber auch, dass wir alle Antworten wollen. Jetzt zu streiten bringt also nichts, meint ihr nicht auch? Wir sollten uns alle beruhigen und über den wahren Grund sprechen, weshalb wir heute hier sind." schlug er vor. Ohne eine Antwort von Akai oder Jodie abzuwarten sprach er gleich weiter: "Da wir die Organisation seit Gins Verschwinden unter genauester Beobachtung haben, ist es uns gleich aufgefallen, als sie heute morgen begonnen haben Material heranzuschaffen. Wir wissen nicht genau was es ist, was sie so eilig herbeigeschafft haben, aber es handelt sich vermutlich um eine Art Sprengstoff."

"Was meinen sie mit hier her?", unterbrach Akai James. Obwohl es ihm schwer fiel NICHT an Gin zu denken, so klang dies doch sehr wichtig. Seine inneren Warnsignale schrillten und ließen ihn seine volle Aufmerksamkeit auf das Gespräch richten.

"Nun ja, wir konnten leider nicht genau verfolgen wohin der Sprengstoff gebracht wurde, aber es war mit Sicherheit nach Beika."

"Scheiße.." sprach Akai die Gedanken aller Anwesenden aus.

"Wir haben auch von Mizunashi Rena eine kurze, aber dafür wohl dringende Nachricht erhalten. Vermouth soll sich aufgrund eines Auftrages auch hier her begeben haben."

"Und das ist seit heute früh in Gange?", hakte Akai nach.

"Soweit wir es erfahren konnten, schon.", gab James als Antwort, was Akai aber nicht daran hinderte noch eine weitere Frage zu stellen, um sich möglichst genau den Umständen bewusst zu werden.

"Und wissen sie, wer an dieser Sache noch beteiligt ist, außer Vermouth?"

"Mit Vermouth sind es drei Personen. Ein stämmiger Kerl mit Sonnenbrille und ein anderer Mann sind ebenso daran beteiligt, aber wer die Beiden sind konnten wir nicht in Erfahrung bringen." James hatte allerdings schon im Hinterkopf, dass es sich beim Brillenträger wohl um Wodka gehandelt haben könnte.

"Es stellt sich die Frage, was sie mit den Sachen vorhaben, planen sie einen Anschlag? Sprengstoff wäre dafür nützlich." Jodie, die seit der kleinen Auseinandersetzung mit Akai geschwiegen hatte, meldete sich nun wieder zu Wort.

"Suchen sie eigentlich noch nach Gin? Vielleicht hat das etwas damit zu tun..." Camel fügte eine weitere Vermutung hinzu, was die Blonde dazu brachte einzulenken.

"Wo du gerade Gin erwähnst... Shu, das Kind was du bei dir hast sieht ihm sehr ähnlich. Vorhin bin ich nicht ganz drauf gekommen."

"Was willst du mir damit sagen?", entgegnete Akai ihr daraufhin energisch, obwohl er genau wusste worauf Jodie hinaus wollte.

"Nichts. Aber es ist nur ein seltsamer Zufall, wenn Gin verschwindet taucht dieses Kind bei dir auf... was dem Organisationsmitglied zum Verwechseln ähnlich sieht." Die Frau sah Akai misstrauisch in die Augen, dieser zog gereizt eine Augenbraue nach oben.

"Der Junge hat nichts mit ihm zu tun. Glaubst du etwa Gin soll dieses Kind sein? Das ist praktisch gar nicht möglich!", log er. Beinahe hätte er sich selbst belächelt, da die Organisation sehr wohl zu allem fähig war, vor allem beim Erstellen irgendwelcher Wundermittel. Bevor Jodie noch etwas sagen konnte, ließ ihr Vorgesetzter sie aber nicht einmal zu Wort kommen.

"Fängt das mit euch Beiden schon wieder - .." Ein Geräusch unterbrach ihn. Kurz herrschte Schweigen.

"Habt ihr das auch gehört?", fragte Camel und alle Agenten drehten sich richtung des Flures.

"Klang wie eine Tür...", meinte Jodie, Akai hingegen traf es wie ein Blitz.

"Gin!", schrie er gedanklich und rannte zum Wohnzimmer.

Als er jedoch die Zugluft im Flur bemerkte, traute er sich schon gar nicht mehr einen Blick in das Zimmer zu werfen, in welchem Gin sich befinden sollte. Die Tür zum Wohnzimmer war nicht mehr geschlossen, sondern einen Spalt angewinkelt.

"Bitte lass ihn nicht..." Akai hatte eine schlimme Vorahnung und sie bestätigte sich. Im Wohnzimmer war niemand, der Fernseher lief allerdings noch.

"Verdammt!" kaum hatte er gedanklich geflucht, tauchten auch seine Kollegen hinter ihm auf.

"Hast du den Jungen nicht hier gelassen?", fragte James, der sich darüber eigentlich sicher war.

Akai antwortete ihm nicht, sondern ging ein paar Schritte in das Zimmer. Er konnte nicht ganz realisieren, dass der Silberhaarige offenbar verschwunden war, doch warum? Was hatte ihn dazu angeregt, so einfach das Weite zu suchen?

"Ich hab doch nur..." Akai's Blick und seine Aufmerksamkeit wandten sich dem Fernseher zu.

"Es wird wohl noch eine Weile dauern, ehe die Feuerwehr den Großbrand vollständig gelöscht hat.", ertönte eine weibliche Stimme von diesem. Kurz darauf wurden Live-Aufnahmen einer Villa gezeigt, welche in Flammen stand.

Akai's Augen weiteten sich. Zuerst brauchte er einen Moment um zu realisieren... doch es schien tatsächlich so zu sein. Beim Anblick der Aufnahmen erinnerte sich der Agent allmählich wieder an Gin's Vergangenheit.

In der Falle

Zurück zu 12:15 Uhr
 

Viertel nach 1 war die Zeit, welche die Brünette im Fernsehen ansagte, bevor sie eine Rede begann und von den aktuellsten Neuigkeiten im Ort berichtete. Scheinbar handelte es sich um einen Nachrichtensender, den Akai angeschaltet hatte.

Gin starrte ungläubig auf dem Bildschirm.

"Wieso glaubt er, dass ich so etwas gucke?", dachte er schmollend und sah sich nach einer Fernbedienung um, wurde aber ebenso wie Akai selbst nicht fündig.

Gin stand auf, ging um den Tisch und hockte sich vor dem Fernseher. Dann warf er einen Blick unter dem Schrank, auf welchem dieser gestellt war.

"Vielleicht ist sie hier...", vermutete der Junge, doch Fehlanzeige. Gerade als er den Kopf wieder anhob, berichtete die Dame von einer Einmeldung, die seine Aufmerksamkeit plötzlich weckte. Was genau gesagt wurde hörte er jedoch nicht, denn der Anblick der brennenden Villa lähmte ihn. Er konnte nur noch auf dem Bildschirm starren und die dort gezeigten Bilder mischten sich mit seinen eigenen Erinnerungen… Da tauchte kurz eine Frau im Bildschirm auf. Er hatte sie nur einen flüchtigen Moment gesehen und doch... Gins Augen wurden groß.

"Mama?!" Jetzt schenkte er dem Bericht der Nachrichtensprecherin mehr Aufmerksamkeit.

"...in Beika. Die Ursache konnte noch nicht festgestellt werden, momentan versucht die Feuerwehr die Bewohner des Hauses zu retten. Ich übergebe an die Kollegin vor Ort." Die Bilder der brennenden Villa traten in den Vordergrund und kurz darauf wurde zu einer weiteren Reporterin geschwenkt, der Gin jedoch keine Aufmerksamkeit mehr widmete. Der Grund war die schlanke, etwas ältere Frau, die ganz offensichtlich gerade erst aus dem brennenden Haus geholt worden war und hemmungslos schluchzte.

"I-Ich habe das bereits einmal e-erleben müssen...", schluchzte die vertraut wirkende Stimme. Alle Rationalität war wie weggeblasen.

"Mama! Sie hat es überlebt! Ich muss zu ihr!" Er öffnete die Tür des Wohnzimmers und sah sich vorsichtig um. Akai wäre bestimmt nicht begeistert von seinem Vorhaben, soviel war dem kleinen Gin bewusst. Doch alle Gedanken an seine Verfolger und die Gefahr die er sich damit aussetzten würde traten angesichts der Hoffnung seine Mutter wieder zu sehen in den Hintergrund. Um zum Haupteingang zu gelangen müsste er an der Küche vorbei in welcher sich sein Retter mit dem Besuch befand.

"Also bleibt nur die Hintertür." dachte Gin und eilte leise dahin. Den Weg hatte er sich beim letzten Mal gemerkt.

Als er die Tür öffnete fiel ihm auf, dass er keine Schuhe an hatte. Doch zurück laufen war keine Option, also rannte er einfach in den Hauspantoffeln los. Ein verhängnisvoller Fehler. Kaum war er um die Ecke gebogen, stolperte er sofort über seine Füße. Der Versuch den Sturz mit den Händen abzufedern gelang ihm ebenso wenig und hinterließ einige Schürfwunden an seinen Handflächen.

"Autsch..." Gin schniefte. Doch er durfte jetzt keine Zeit verlieren. Er wollte doch unbedingt zu seiner Mutter. Er musste sie sehen. Als er sich aufrichtete, erblickte er eine große, schwarze Rauchwolke am Himmel. Diese musste ein paar Blöcke weiter entfernt sein, nicht weit von seinem Standpunkt. Also beschloss er, sich an dem heftigen Qualm zu orientieren und rannte weiter, diesmal mit der Vorsicht nicht mehr zu stolpern.
 

Trotz der Puste die dem Jungen nach einiger Zeit fehlte, rannte er zielsicher weiter.

Von kurzer Entfernung hörte er allmählich schon die Feuerwehrsirenen, jetzt musste er nur noch diesem Geräusch folgen. Nachdem er eine Straße überquerte und in die nächste Gasse einbog befand er sich am Ort des Geschehens. Die Villa brannte immer noch.

Gin beachtete die schaulustigen Passanten und beschäftigten Feuerwehrleute um sich überhaupt nicht, viel mehr hielt er nach seiner Mutter Ausschau. Nun ging er mit langsamen Schritten voran, um auch nichts zu übersehen.

Da sah er auch schon die Nachrichtensprecherin mit ihrem Team, die vorhin noch die Frau interviewt hatte. Da die Dame scheinbar bereits dabei war, die Live-Aufnahne abzubrechen nutzte er die Gelegenheit bevor sie vorbei war.

Ohne zu zögern lief der kleine Gin auf sie zu. Um die Brünette auf sich aufmerksam zu machen zupfte er kurz zweimal an ihrem Rock.

"Wo ist Mama?!", fragte er aufgebracht als sie sich ihm zuwandte.

"Du suchst deine Mutter?", wollte sich die Frau versichern, noch wusste sie aber nicht von wem die Rede sei.

"Sie haben doch vorhin mit einer Frau geredet!", ergänzte Gin ohne auf die Frage einzugehen. Er hoffte, die Nachrichtensprecherin würde sich erinnern. Diese beugte sich zu ihm herunter.

"Die, die knapp aus dem Haus gerettet werden konnte und furchtbar geweint hat?" Zum Glück erinnerte sie sich doch. Scheinbar hatte sie vor, dem panischen Jungen vor sich zu helfen, der nicht einmal ruhig an einer Stelle stehen konnte und fast zu weinen begann. Dieser nickte ihr dann zu.

"Hmm... gerade hatte ich sie noch gesehen..." Die Frau schaute sich mehrmals um, doch weiter suchen brauchte sie nicht.

"Da bist du ja!" Plötzlich legte jemand eine Hand auf Gin's Schulter.

"Diese Stimme... ist das...?", fragte er sich voller Erwartung. Er drehte sich um, wen er erblickte, würde er unter Tausenden erkennen. Schnell umarmte er die Frau und hatte nicht vor sie los zu lassen.

"Ich hab dich so vermisst, Mama!", sagte Gin während ihm eine Träne die Wange herunter kullerte. Die Frau erwiderte die Umarmung ohne Zögern sofort.

"Ich dich auch mein Kleiner, alles wird gut." Auch der Frau entwichen einige Tränen.

"I-Ich hab gedacht du seist wie Papa er- ...", weiter konnte der Kleine nicht sprechen, die Frau unterbrach ihn nämlich.

"Keine Sorge, ab jetzt ist alles wieder gut, ich verspreche es dir."

Nun konnte Gin sich nicht mehr zurückhalten, er drückte sich noch fester an seine vermeintliche Mutter und begann bitterlich zu weinen. Doch kurz darauf wurde Gin zu seinem erstaunen von seiner Mutter ein Stück weggeschoben. Sie hielt ihn an den Schultern fest, hockte sich vor ihn und sagte bedauernd: "Ich habe hier noch etwas zu tun. Es ist hier aber zu gefährlich für dich, also wirst du mit diesem netten Mann mitgehen, den ich kennengelernt habe, okay?" Obwohl sie es wie eine Frage formulierte spürte Gin, dass Widerrede nicht geduldet werden würde.

"Irgendwie...ist Mama komisch...", dachte der kleine Gin, doch bevor er genauer darüber nachdenken konnte, drehte seine Mutter ihn herum und schob ihn zu..."Rum!" Gin war wie erstarrt.

Er drückte sich gegen seine Mutter, doch diese schob ihn unerbittlich weiter. Mit großen Augen sah Gin zu dem Mörder seines Vaters hoch, doch dieser Lächelte ihn freundlich an.

"Da bist du ja! Weißt du, was für Sorgen wir uns um dich gemacht haben?", fragte er wie der Vater, den er Gin geraubt hatte. Er beugte sich zu ihm herab, packte ihn mit festem Griff an den Oberarmen und fügte bedrohlich hinzu: "Weißt du, wie lange wir nach dir gesucht haben? So etwas gehört sich doch nicht für einen guten Jungen!"

Gin fing an zu zittern. Er wollte sich zu seiner Mutter umdrehen, mit ihr wegrennen, doch Rum hielt ihn fest und er konnte nur den Kopf drehen um seine Mutter hin sich anzusehen....doch sie war nicht mehr da. Gin konnte sie in der Menschenmenge um sie herum nicht mehr entdecken.

Plötzlich wurde er grob geschüttelt und mit vor Schreck geweiteten Augen sah Gin wieder zu dem Mann vor sich. "Wende nie den Blick von deinem Feind! Eine der Grundregeln von denen ich geglaubt habe, du hättest sie verinnerlicht.", sagte er abschätzig. Dann breitete sich ein Lächeln auf sein Gesicht aus, welches dem Kleinen einen Schauer über den Rücken jagte.

"Da du ja eh wieder im Körper eines Kindes bist können wir doch auch unser Training gleich wieder von neuem beginnen, nicht?" Mit diesen Worten richtete sich Rum auf und ließ eine seiner Hände in seine Hosentasche gleiten. Mit der anderen hielt er Gin mit unerbittlichem Griff weiter fest. Nicht, dass sich der geschockte Junge gewehrt hätte während Rum sein Handy herausholte, jemanden anrief und etwas befahl. Selbst als Rum den Jungen grob hinter sich durch die Menge zog, wehrte er sich nicht.

Erst als ein schwarzes Auto in ihr Blickfeld kam und Gin von Rum hineingeworfen wurde begann sich der Kleine zu wehren. Doch bevor er wirklich Gelegenheit dazu hatte stieg Rum hinter ihm ein und schloss die Tür.

Während das Auto losfuhr, versuchte sich Gin schreiend mit Händen und Füßen zu wehren, doch gegen den Erwachsenen hatte er keine Chance. Er hatte nie eine Chance gegen ihn gehabt.

Gin kämpfte, wand und wehrte sich bis zur Erschöpfung. Erinnerungen vermischten sich mit der Realität, wurden deutlicher, verschwammen wieder und durch die zunehmenden Kopfschmerzen hörte Gin nur wie Rum offensichtlich mit dem fremden Fahrer redete...."Nein....ich kenn ihn....das...ist....Wodka......",dachte Gin noch bevor er endgültig das Bewusstsein verlor.

Unterwegs

12:45 Uhr
 

Akai ging durch das Wohnzimmer auf und ab, dabei massierte er sich seine Schläfe.

„So ein Mist. Das ist alles nur meine Schuld…“, machte Akai sich selbst Vorwürfe.

„Ich muss ihn unbedingt suchen, aber wie erkläre ich es den anderen?“ Er war innerlich so gut wie am Ende.

"Shu, was ist los? Sag uns endlich was hier vor sich geht!", verlangte Jodie augenblicklich.

Ein Weile verging ehe ihr Kollege antwortete, allerdings nicht auf ihre Frage.

"Die Frau von vorhin, kam sie euch nicht auch seltsam vor?", meinte Akai nachdenklich, während er sein Smartphone in die Hand nahm und das Internet nach Informationen zum aktuellen Brand durchsuchte. Er wollte so die Adresse des Geschehens herausfinden.

"Inwiefern seltsam?", kam es verwirrt von Jodie, während Akai sich weiterhin mit seinem Handy beschäftigte. Da die Frau aber nicht sehen konnte, was dieser daran machte, wusste sie nicht, ob sie es als störend empfinden sollte, dass er ihr deswegen nicht antwortete.

"Also ist Gin wahrscheinlich wegen dem Bericht davongelaufen... doch war der Brand allein die einzige Ursache? Kann vielleicht noch etwas seine Erinnerungen manipuliert haben?" Als er grübelte fand er nebenbei endlich wonach er gesucht hatte, ein Bericht war soeben auf einer Webseite veröffentlicht worden. Dort erfuhr er auch die genaue Adresse, sie befand sich gleich im ersten Absatz und war zudem nicht weit weg.

Akai scrollte weiter herunter, bis zu einem Video. Er sah nur die Vorschau, spielte es aber nicht ab. Das Thumbnail zeigte die seiner Meinung nach Verdächtige Frau aus dem Interview.

"Ich habe so etwas bereits schon einmal erlebt...", ließ er sich ihre Worte nochmals durch den Kopf gehen.

"Was wäre, wenn sie das beabsichtigt gesagt hatte... um Gin zu beeinflussen? In dem Fall wäre die einzige weibliche Person, die so etwas schon mal durchgemacht haben könnte... Gin's Mutter. Doch eigentlich müsste sie tot sein... oder doch nicht?" Akai kratzte sich an den Hinterkopf, schielte dann zu seinen Kollegen herüber. Diese wirkten ebenso nachdenklich, doch ratlos.

"Nein. Wenn die Organisation dahinter steckt, dann konnte das nur eine Falle sein. Diese Frau könnte..." Seine Schlussfolgerung befand sich förmlich auf dünnem Glatteis. Es war eher nur eine Vermutung, denn beweisen konnte er nichts.

"Vermouth...", sprach er seinen Gedanken aus, etwas leise, doch seine Kollegen verstanden es noch. Jedoch bevor sie nachfragen konnten, stürmte der junge Mann schon aus dem Raum.

"Was ist los Shu?!", hörte er Jodie rufen als er durch den Flur rannte zur Tür. Ihr befehlendes "Warte!!" hörte er aber nicht mehr, dort hatte sich die Tür bereits geschlossen.

"Ich muss zu ihm, bevor die Organisation...", dachte Akai besorgt und zugleich panisch, während er an seinem geparkten Auto vorbei rannte. Bei dem Chaos was möglicherweise noch beim Unfallort herrschen könnte, wäre es besser sich zu Fuß dorthin zu begeben. Die Villa würde er dennoch in wenigen Minuten erreichen, jetzt würde er sich auch nicht mehr umdrehen und einfach weiter laufen.
 

"Hoffentlich ist Gin nichts passiert.", dachte Akai während er durch die paar Straßen rannte, die ihn vom Ort des Geschehens trennten. Welche Rolle Vermouth bei dieser ganzen Sache spielte wusste er zwar nicht, aber dadurch war es eindeutig, dass die Organisation dahinter steckte. Was wiederum bedeutete, dass sich der Kleine gerade in extreme Gefahr begab.

Bereits von weitem hörte Akai die Sirenen der Feuerwehr und schon bald hörte er auch aufgeregtes Gemurmel und das Lodern und Zischen der Flammen welche die Feuerwehr bereits bekämpfte.

Er bog um die Ecke und fluchte gedanklich. Die ganze Straße war voller Schaulustiger. Wie sollte er Gin unter den ganzen Leuten finden?
 

Die einzige Person die er vorerst fand, war die Frau, die er für Vermouth hielt. Dem Anschein nach wurde diese bereits schon ein zweites Mal interviewt.

Mit langsamen Schritten ging Akai hinter ihr und der Reporterin vorbei, blieb jedoch nicht stehen um keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Da das vermeintliche Opfer recht laut sprach, konnte er auch ein paar Meter entfernt bleiben.

"Sie haben das bereits schon einmal erlebt? Das ist ja um so schrecklicher!", erhaschte der Agent gerade die Frage der Reporterin.

"Ja, damals ist mein Mann in dem Feuer ums Leben gekommen. So wie heute hatten wir kurz vorher Besuch bekommen... Aber das ist jetzt nicht mehr wichtig. Das alte Gebäude im Bezirk Mulang ist bis auf die Grundmauern nieder gebrannt! Ich war nie wieder dort, hoffentlich bleibt hier mehr erhalten als nur der Keller.", folgte auch schon gleich die Antwort von der verdächtigen Frau, sie war ziemlich gesprächig. Oder war das Absicht?

"Der erste Teil passt eindeutig zu Gin's Vergangenheit... doch was sollten die darauffolgenden Informationen?", fragte sich Akai gedanklich, der zur Sicherheit beschloss, die Worte von Vermouth erst mal im Kopf zu behalten. Möglicherweise könnten sie doch noch wichtig sein.

Gerade ein paar Schritte weiter gegangen, stieß er im Gedränge plötzlich mit jemanden zusammen. Auf diese Person wollte er jetzt am wenigsten treffen. Es handelte sich um Merlot.

"Was machst du denn hier?!", betonte er aufgebracht. Doch von der Wissenschaftlerin bekam er nur einen skeptischen Blick zugeworfen.

"Wer sind Sie?", kam es unwissend. Akai hatte beinahe längst wieder vergessen, dass er immer noch in der Verkleidung Subaru's unterwegs war, was auch erklärte warum Merlot nicht wusste wer er war.

Er hielt sich seinen Zeigefinger auf die Lippen und öffnete ein Auge, welches unmöglich jemand anderem außer dem Agenten gehören konnte.

Akai fiel plötzlich wieder ein, dass vielleicht noch mehr Leute aus der Organisation sich hier herumtreiben könnten, wenn Vermouth da nicht schon ausgereicht hätte. Diese dürften Merlot auf keinen Fall entdecken. Zwar hatte diese schon verstanden, um wen es sich bei ihrem Gegenüber handelte, doch sagen konnte sie nichts mehr.

Akai schob sie durch die Menschenmasse, weg vom Geschehen.

Als sie um der nächsten Ecke halbwegs wieder allein waren, stellte er die Brillenträgerin erneut zur Rede

"Also, was machst du hier?", fragte er erneut mit einer tieferen Stimme, nachdem er sich an den Hals gefasst hatte.

"Ich bin mit dem Taxi hergekommen.", antwortete sie emotionslos und wies auf das parkende Taxi, ein paar Meter entfernt, hin.

"Ich wollte nicht wissen, wie du hergekommen bist, sondern warum!", entgegnete der Agent, schon fast wütend.

"Naja... Ich hab bei dir daheim den Bericht im Fernsehen gesehen und hatte so ein ungutes Gefühl, da bin ich hierher gekommen. Außerdem dauert es nicht mehr lange bis Gin seinen Körper zurückbekommt, daher habe ich auch Klamotten mitgebracht." erklärte sie, was Akai aber scheinbar nicht zufrieden stellte.

"Tja die wirst du ihm nicht geben können, er ist nämlich verschwunden. Der Brand hier ist nichts weiter als eine Falle der Organisation..."

"Wie ich es mir gedacht habe. Da hat das FBI mal wieder keine Info's unter den Tisch fallen lassen.", entgegnete Merlot anschließend lachend, für Akai war die Situation aber gerade alles andere als lustig. Für ihn war die Sache tot ernst und er hatte keine Lust auf Merlot's Albereien, was er ihr mit einer leichten Ohrfeige zu spüren gab.

"Hör auf. Gin ist wahrscheinlich in großer Gefahr und wir dürfen jetzt keine Zeit verlieren!", brachte er sie zur Vernunft.

"Ah... ich wusste, du brauchst meine Hilfe!", ging sie auf das 'wir' im vorherigen Satz ein.

"Schon...", gab Akai mit gesenktem Kopf zu. "Ich weiß nicht wo Gin jetzt sein könnte. Ich weiß nur, dass das Opfer, was gerade interviewt wird, womöglich Vermouth sein muss.", fuhr er fort.

"Natürlich wird Gin nicht mehr hier sein. Rum war bestimmt schon schneller als wir.", kam es von Merlot schulterzuckend, doch sie schien sich ihrer Worte sicher zu sein, Akai schluckte hingegen. Bei diesem Codenamen und dem Gedanken, dass sich der kleine Gin schon in dessen Gewahrsam befand, lief es ihm eiskalt den Rücken runter. Ob Gin überhaupt noch am Leben war oder was Rum mit ihm vorhatte, wollte sich der Agent gar nicht weiter vorstellen.

"Ich nehme doch an, dass du noch nicht vergessen hast, was Vermouth im Interview alles gesagt hat?", riss Merlot ihn glücklicherweise aus seinen Gedanken.

"Sie hat eindeutig vom damaligen Ereignis gesprochen, was Gin und seinen Eltern widerfahren war... dabei hat sie aber offenbar die Rolle seiner Mutter eingenommen. Außerdem hat sie eine Adresse erwähnt, wo sich Gin's ehemaliges Zuhause wohl ungefähr befinden muss." Akai verriet ihr erstmals diese Informationen, was dazu führte, dass die Wissenschaftlerin ihm etwas näher kam und ein entschlossenes Grinsen aufsetzte. Ihre Nasenspitzen waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, dass Akai fast zurückgewichen wäre.

"Tja. Einfach so wird sie die Adresse bestimmt nicht preisgegeben haben.", sprach Merlot, noch wusste er nicht was sie damit meinte.

"Was willst du mir damit sagen?" Akai sah sie ernst an.

"Die Information war für dich." hauchte die Frau ihm plötzlich ins Ohr, während sie sich an seinen Schultern abstützte.

Akai's Augen weiteten sich. "Für mich?", wiederholte er Merlot's Worte gedanklich, diese löste sich daraufhin wieder ruckartig von ihm.

"Zumindest war sie für die Person gedacht, die nach Gin suchen würde, in dem Fall bist du das.", fügte sie an und zog dabei ihren Zopf wieder straff.

Ihr Gegenüber schloss für einen Moment die Augen, musste sich aber irgendwie eingestehen, dass sie wohl oder übel recht hatte. Da wurde auf einmal sein Handgelenk ergriffen.

"Was für ein Ort ist es? Du sagtest, wir haben nicht viel Zeit." Merlot's Blick wanderte zum Taxi.

"Sie erwähnte nur etwas vom Bezirk Mulang und einem Keller, das reicht aber nicht aus!" Akai zog gereizt seine Hand wieder weg. Es ärgerte ihn, keine genaueren Daten erhalten zu haben, denn so würde man doch auf keinen Fall weiter kommen.

Er seufzte. Gin's Leben hing am seidenen Faden und er war so gut wie machtlos, stand nur am Fleck und wusste nicht wohin.

Merlot aber sah nicht so aus, als wüsste sie nicht weiter. Im Gegenteil, sie schien sich gerade an etwas zu erinnern und lächelte den Agenten an.

"Was?", fragte er verwirrt, doch da wurde sein Handgelenk erneut gepackt. Dieses Mal zog die Wissenschaftlerin ihm zum Taxi.

"Keine Sorge, überlass das mir.", kam es unbeirrbar von ihr. Dazu fehlten Akai die Worte, er war nur gespannt, was diese Frau jetzt wohl vorhatte.

Beide stiegen in das Taxi. Der Fahrer warf seinen Zigarettenstummel aus dem Fenster, wie es schien hatte er bis eben geraucht um sich die Zeit zu vertreiben.

"Danke, dass sie gewartet haben.", bedankte sich Merlot vorerst, dann erzählte sie dem älteren Mann von einer Adresse, von welcher Akai noch nie zuvor gehört hatte.

"Würden sie uns freundlicherweise dorthin fahren?", bat sie im Anschluss, worauf der Taxifahrer bestätigend nickte.

Danach verschloss Merlot ein Glasfenster, was die Gespräche des Fahrers und der Fahrgäste voneinander trennen konnte.

"Woher weißt du, dass es unbedingt dort sein muss?", erkundigte sich Akai kurze Zeit später.

"Vor Monaten hatte ich darüber in den Unterlagen der Organisation gelesen. Eine alte Villa in Mulang, die ehemals vor vielen Jahren einen Keller für die Organisation besaß - ein sogenanntes Lager, als unser Labor noch nicht so ausgebaut wie heute war.", erklärte Merlot.

Der Agent staunte nicht schlecht, dass sie so gut darüber Bescheid wusste. Stutzig machte es ihn dennoch.

"Warte, ein Lager? Unter Gin's Haus?", fragte er ungläubig.

"Ja. Der Besitzer dieser Villa, wohl Gin's Vater, war vor seinem Tod ein hohes Mitglied in der Organisation. Daher ist es gut möglich, dass sie seinen Keller als Lager benutzt hatten. Bestimmt wusste Gin selbst nicht einmal davon.", sprach Merlot weiter, ihren letzten Satz belachte sie selbst.

"Da Vermouth meinte, das Haus sei bis auf den Keller abgebrannt, muss dieser wohl wirklich noch erhalten sein.", schlussfolgerte Akai für sich selbst, allmählich klärte sich das Rätsel um Gin's möglichen Aufenthaltsort in ihm auf. Er sah rüber zu Merlot, welche inzwischen verträumt aus dem Fenster sah.

Akai ließ sie für einen Moment in Ruhe, bis er die Stille mit einer Frage unterbrach, die er sich schon länger gestellt hatte. Er kam nur nie dazu, Merlot darauf anzusprechen.

"Warum?", begann er, so dass die Wissenschaftlerin sich ihm verwundert zuwandte.

"Warum hilft du uns und nimmst das alles in Kauf? Diese Aktion hier könnte sowohl für mich als auch für dich lebensgefährlich werden. Willst du wirklich nur dein Gift erfolgreich an Gin testen, oder gibt es noch etwas anderes, was dich dazu bewegt hat uns zu helfen?" Er empfand Merlot's Vorgehensweise schon eine Zeit lang komisch. Anfangs hatte er sie verstanden, spätestens jetzt aber tat er es nicht mehr.

Die Frau senkte allerdings betrübt ihren Kopf und schloss die Augen, dann setzte sie ein Lächeln auf. Kein gewöhnliches Lächeln, ein anderes, als das von ihr gewohnte Lächeln. Es wirkte traurig.

"Ich hatte einen Bruder.", sprach sie plötzlich, als der Agent schon fast glaubte keine Antwort mehr zu erhalten. Er entschloss sich dazu, ihr aufmerksam zuzuhören.

"Damals, als ich mein Studium beendet hatte und mein kleiner Bruder gerade auf die Mittelschule wechseln sollte, erzählten uns unsere Eltern plötzlich etwas von einer Organisation, zu der sie uns schicken wollten. Ich zumindest sollte dort als Wissenschaftlerin tätig werden, so ihre Worte. Weder ich noch mein Bruder wussten bis zu dem Zeitpunkt von dieser Gruppe und das unsere Eltern für sie arbeiteten.", erzählte sie weiter und öffnete ihre Augen wieder.

Sie pausierte danach ein paar Sekunden um durchzuatmen.

"Wie man es mir gesagt hatte, wurde ich sofort mit dem Labor vertraut gemacht. Mein Bruder hingegen kam in irgendeine Ausbildung für Kinder. Für mich war das wegen meines Studiums nicht von Nöten. Von da an hatte ich immer weniger Kontakt zu meinen Bruder, meine Eltern sah ich ebenso nicht mehr." Erneut schloss sie die Augen, da plötzlich die alten Bilder und Erinnerungen wieder in ihr hervor kamen, fiel es ihr umso schwerer weiterzureden.

"Am letzten Tag, an welchem ich ihn sah, erzählte er mir etwas von einer Prüfung. Er sagte, er hätte Angst sie nicht zu bestehen. Ich hatte ihn noch aufgemuntert und etwas Mut gemacht, doch ich hätte nie geglaubt was daraufhin am nächsten Tag passieren würde." Sie hörte wieder auf zu reden.

Akai wollte ihr jedoch zeigen, dass er an dem, was sie erzählte, interessiert war.

"Was ist am nächsten Tag passiert?", fragte er deshalb nach.

Merlot sah ihn mit einem kalten Blick an, ein schon fast einschüchternder Blick.

"Ich erhielt die Nachricht, dass er nicht bestanden hat. Es hieß, er hätte keinen Nutzen für die Organisation, daraufhin wurde er getötet. Von Rum." Als sie diesen Mann erwähnte, ballten sich ihre zarten Hände plötzlich zu Fäusten.

"Deshalb... will ich diesen Rum untergehen sehen. Ich möchte, dass er für alles büßt!", sagte sie schwerem Herzens.

Akai legte daraufhin seine Hand auf die ihre. "Das tut mir Leid, ehrlich. Ich weiß, wie es sich für dich anfühlen muss, eine wichtige Person für immer zu verlieren.", sprach Akai und versuchte Merlot ein wenig aufzuheitern.

Merlot dagegen schlug Akai's Hand einfach wieder weg.

"Ich brauche kein Mitleid! Lass uns lieber überlegen was wir tun, wenn wir angekommen sind.", schlug die Wissenschaftlerin vor. Sie versuchte irgendwie das Thema zu wechseln und blickte wieder aus dem Fenster.

Akai ergriff das Wort: "Ist doch klar, was wir machen werden, wir holen Gin da irgendwie raus und sorgen dafür, dass Rum das bekommt, was er verdient.", nach diesen Worten sah die Frau Akai wieder an, dabei behielt sie einem ernsten Gesichtsausdruck.

"Das alles ist leichter gesagt als getan, dessen bist du dir doch hoffentlich bewusst?", stellte sie klar, der Agent wollte gerade was dazu erwidern, doch Merlot sprach einfach weiter: "Außerdem hast du eine Sache übersehen, Herr FBI Agent." Ihr Blick senkte sich zu Boden.

"Die wäre?", wollte Akai daraufhin verwundert erfahren.

"Mich und Gin! Selbst wenn es dir gelingt Rum und die Anderen zu verhaften, Gin und ich sind und bleiben ebenfalls Mitglieder der Organisation. Wir werden also gleichermaßen bestraft.", mit jedem Wort, das Merlot aussprach, wurde sie nach und nach leiser.

Akai seufzte. Er wusste, dass sie nicht im Unrecht war. Doch anstatt etwas dazu zu sagen, nahm er seine Brille ab und zog sich daraufhin seine rotbraune Perücke vom Kopf.

"Was tust du da? Rum glaubt doch, du seist tot oder irre ich mich da?", kommentierte Merlot verwirrt die Handlung des Agenten. Doch dieser lächelte nur.

"Falls ich sterbe wird man bei den genaueren Untersuchungen meiner Leiche herausfinden, wer ich wirklich bin.", meinte er dann belustigt. Von der Wissenschaftlerin bekam er einen entsetzten Blick zugeworfen.

"Aber mach dir mal keine Gedanken. Wenn ich mit diesem Kerl fertig bin... wird er nicht mehr in der Lage sein, jemandem von mir zu erzählen.", fuhr er übel gesinnt fort, seine Pupillen wurden plötzlich kleiner.

"Das ist der Grund, warum ich so hohe Erwartungen an dir habe." Merlot konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, beinahe hätte sie angefangen zu lachen. Sie hätte nie geglaubt, so etwas in der Art mal zum Agenten zu sagen.

"Was dich betrifft... irgendwie muss ich mich ja dir gegenüber noch erkenntlich zeigen.", lenkte Akai noch auf ihre andere Unterstellung ein, was Merlot das Gefühl gab, dass es wohl doch nicht all zu schlecht für sie ausfallen würde. Sie glaubte, er würde sein Wort halten.

"Aber Gin... überlässt du einfach mir. Verstanden?", fügte er ernst hinzu.

Sie nickte nur, da sie das urplötzliche Feuer in Akai's Augen nicht mit Worten erwidern konnte.
 

Zeitgleich in einem bestimmten Keller
 

Rum hatte Gin grob in den versteckten, noch erhaltenen alten Keller seines Elternhauses gezerrt.

Gin war mehr als nur erstaunt gewesen, als er bemerkte wo sie ausstiegen. Weitere Fluchtversuche unternahm er nicht, denn Rum hielt ihn unentwegt fest und die Kopfschmerzen waren stärker geworden. Zudem hatte Gin angefangen zu schwitzen.

„Was machen wir hier? ....Wieso....bringt mich Rum....wie schnell alles zugewachsen ist...“ Gin konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen. Doch das war nicht wirklich wichtig. Denn was er dachte, spielte keine Rolle solange Rum etwas von ihm wollte. Da konnte er sich nur auf sein Gefühl verlassen und das schrie ihm 'GEFAHR!' zu.

Noch bevor Wodka die Tür hinter ihnen geschlossen hatte löste Rum seinen eisernen Griff von Gin und warf ihn zu Boden.

Dort kauerte der Junge und wagte nicht wieder aufzustehen. Zu groß war die Angst vor seinem Peiniger.

"Also, wo bist du gewesen?", fragte Rum, erhielt jedoch keine Antwort von dem Jungen vor sich.

Daraufhin hob er ihn mit einer Hand hoch, verpasste ihm mehrere Ohrfeigen und ließ ihn wieder achtlos fallen.

"Ich erwarte eine Antwort!" Plötzliche Wut stieg in Gin auf und er hob den Kopf um den Erwachsenen direkt anzusehen.

"Was geht dich das an."

"Oho, du hast deine Widerspenstigkeit also doch noch nicht ganz verloren was?", sagte Rum grinsend.

Im nächsten Moment flog Gin wegen eines Trittes durch den halben Raum. Keuchend richtete sich der Junge auf alle Viere auf und krümmte sich hustend vor Schmerzen. Tränen traten ihm in die Augen.

"Was hat er gegen mich? ...Warum tut er mir das an?" Doch bevor er auch nur ein Wort formulieren konnte, traf ihn ein weiterer Tritt von Rum.

Gin krümmte sich zusammen und versuchte so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten, doch Rum wusste genau wo er treten musste. Es dauerte nicht lange bis Gin vor Schmerz schrie und wimmerte. Erneut spürte Gin wie er am Kragen seines Shirts hochgehoben wurde.

Als er vorsichtig die Augen öffnete, sah er zu seinem Schreck direkt in das verbliebene Auge von Rum, welches ihn böse anfunkelte.

"Wer hat dir Schutz gewährt?" Gin schüttelte nur langsam den Kopf. Den Blick konnte er nicht von diesem Auge lösen. Zu Rums Erstaunen erfolgte kurz darauf eine Reaktion mit der er nicht gerechnet hatte: Gin spuckte ihm ins Auge.

Wütend schmiss er den Kleinen kraftvoll zu Boden und als er ihn keuchen hörte, trat er zu. Sein Auge tränte und es dauerte einen Moment bis er wieder deutlich sehen konnte, doch das hinderte ihn nicht daran Gin weiter zu verprügeln.

Schließlich ergriff er das Häufchen Elend am Hals und hob den Jungen hoch. Dieser versuchte mit kleinen, unsicheren Händen den Würgegriff zu lösen, hatte dabei jedoch keinen Erfolg.

"Du überraschst mich, Gin.", sagte Rum jetzt ohne Lächeln. "Was ist los mit dir? Du...verhältst dich fast so wie das Kind das ich damals hier abgeholt habe..." Er ließ den Jungen fallen, welcher keuchend und würgend nach Luft schnappte.

"...was weißt du schon von mir.", kam es leiser mit heiserer Stimme.

"Und dann verhältst du dich wieder wie der Mörder, zu dem ich dich gemacht habe.", sagte Rum mit einem Tonfall der schon fast stolz klang und er lächelte ein wenig. "Aber das zieht nicht." Sein Gesichtsausdruck wurde wieder ernst.

"Wer auch immer dich die letzte Zeit über geschützt hat, wird hier her kommen. Du kannst nichts dagegen tun.", sagte Rum und trat Gin mit voller Wucht in den Bauch. Der kleine Körper flog durch den Raum und prallte gegen eine Wand, an welcher Gin regungslos liegen blieb.

"Was stehst du da so herum?!" fuhr Rum Wodka an, welcher das Geschehen von der Tür aus verfolgt hatte.

"I-Ich...A-Aniki...", stammelte das Mitglied.

"Hör auf Unsinn zu reden und mach dich nützlich! Unser Gast sollte jeden Moment hier eintreffen. Also such dir oben irgend eine Stelle an der du dich verbergen kannst und beobachte den Eingang!", befahl ihm sein Vorgesetzter.

"J-Ja.", antwortete Wodka mehr als nur erleichtert diesen Raum verlassen zu können, gleichzeitig aber auch mit Schuldgefühlen seinem Aniki gegenüber geplagt.

"Oh und bleib oben, wenn unser Gast kommt und folge ihm oder ihr erst nach ein paar Minuten. Unser Gast soll ja nicht gleich wieder verschwinden.", sagte Rum mit hinterhältigem Grinsen.

Zusammentreffen

Währenddessen bei Akai und Merlot
 

Inzwischen hatte der Taxifahrer halt gemacht. Sie waren am Ziel. Die Trümmer von Gin's ehemaligem Zuhause befanden sich eine Ecke weiter.

Die Beiden auf dem Rücksitz atmeten tief durch. Der Fahrer fragte sich eher, was seine Fahrgäste bei so einem abgelegenen Ort zu suchen hatten.

Da öffnete sich das kleine Glasfenster hinter ihm wieder.

"Vielen Dank.", meinte eine männliche Stimme im Hintergrund und reichte ihm mehr Geld, als für die Fahrt nötig gewesen wäre. "Würde es Ihnen etwas ausmachen, noch einmal hier auf uns zu warten?" Das schien wohl der Grund für die Großzügigkeit gewesen zu sein.

"Meinetwegen, wenn ihr fertig seid bis meine Schicht vorüber ist.", meinte der Fahrer und schaltete den Motor aus, dann lehnte er sich zurück.

"Klar doch!", entgegnete Merlot freudig und stieg als erstes aus, von Akai gefolgt.

Beide bogen um die Ecke und sahen dann die große Villa, zumindest das was davon übrig geblieben war.

"Da wären wir...", kam es leise von Akai, während er die Trümmer musterte.

Merlot aber ging einfach schon voraus, da war der Agent gezwungen sie gleich wieder einzuholen.

"Sei nicht so unvorsichtig!", ermahnte er sie.

"Bis jetzt seh ich niemanden.", antwortete die Frau schulterzuckend.

"Du vielleicht nicht..." Daraufhin sah Akai sich nochmals prüfend um. Außer der weiblichen Last neben ihm erblickte er soweit keine andere Person, doch er wurde das Gefühl nicht los, dass man sie beobachtete.

"Spürst du das nicht?", fragte er Merlot als sie durch die Überreste des Hauses liefen, eine Tür gab es nicht mehr.

"Was denn?", kam es von der Wissenschaftlerin nichts ahnend.

"Diesen Blick.. wir werden beobachtet.", immer noch wusste Akai nicht, wo sich diese Person befand. Jemanden, den er jetzt nicht sehen würde, könnte im Nachhinein zur zusätzlichen Gefahr werden.

"Kann sein. Ihr FBI Agenten habt für so etwas doch ein besseres Gespür.", entgegnete Merlot und entfernte sich etwas von Akai. Sie stolperte daraufhin plötzlich über eine Art Henkel am Boden, was ihrem Mitstreiter vorerst entfiel.

"Kannst du nicht leiser sein?!", zischte er, das Poltern was Merlot erzeugt hatte war eindeutig zu Laut gewesen.

"Du wirst bereuen, das gesagt zu haben!" Sie wies stolz auf eine Tür im Boden hin. Dabei musste es sich um den Keller handeln, nach welchem sie gesucht hatten.

Akai war erleichtert, dass Merlot doch etwas Nützliches mit ihrem Missgeschick bewirkt hatte. Er legte seine Hände auf die Schultern der noch am Boden sitzenden Frau und sah ihr tief in die Augen.

"Du bleibst hier, verstanden? Ab jetzt ist es zu gefährlich für dich.", meinte er ernst. Merlot zog eine Augenbraue nach oben.

"Sorgst du dich gerade etwa um mich?" Dann grinste sie.

"Ich meine es ernst. Wenn dir irgendwas komisch erscheint lauf zurück zum Taxi. Für dein Leben möchte ich nicht zusätzlich noch die Verantwortung übernehmen.", fügte Akai streng an und nahm seine Hände wieder von Merlots Schultern.

"Einverstanden... sicher, dass du alleine zurecht kommst?" Da sah sie ihn auf einmal mit einem besorgten Gesichtsausdruck an.

"Diese Frau kann mir gegenüber besorgt sein?", fragte der junge Mann sich ungläubig. Aber vorerst ließ er sich keine Zweifel anmerken.

"Keine Sorge. So schnell sterbe ich nicht.", sprach er, merkte im Nachhinein erst, dass er diese Worte schon einmal zu jemandem gesagt hatte. Er sah wieder den kleinen hilflosen Jungen vor seinen Augen.

"Gin..." Er musste an seinen Schützling denken, was noch mehr Ehrgeiz in ihm weckte.

Als Merlot zur Seite gewichen war, öffnete er die Tür, die ein wenig quietschte. Komplett dunkel war es dort unten nicht, also befand sich dort tatsächlich jemand unten.

"Wir sehen uns.", kam es noch von Merlot. Ihr Gegenüber zwang sich ein Lächeln auf.

"Ja.", sagte er nickend bevor er hinunter stieg und die Tür endgültig schloss.
 

Als seine Füße unten den Boden berührten, befand er sich in einem tunnelartigen Gang. Am Ende des kurzem Weges erhellte Licht einen etwas größeren Raum, noch konnte Akai aber die Genaue Größe des Raumes nicht einschätzen. Für ein Lager müsste dieser wohl weit ausgedehnt sein.

Mit langsamen, aber leisen Schritten ging er voraus. Seine Hand hatte er dabei um seine Dienstwaffe gelegt. Vorsicht sei besser als Nachsicht.

Akai fragte sich, ob und wie ihm diese Waffe vielleicht noch von Nöten sein würde.

Als er an der weiträumigen Kammer angelangt war, erblickte er zuerst keine Menschenseele. Nur sämtliche Kisten und viele alte, kaputte Möbel fielen ihm ins Auge.

Ein paar Schritte weiter trat er in einige am Boden liegende Scherben. Die Ruhe, welche zugleich von Kälte im Raum geschmückt war, erschienen dem Agenten mehr als verdächtig.

Er musterte aufmerksam seine Umgebung. Bis zur anderen Seite des Raumes kam ihm nichts Weiteres merkwürdig vor.

"Wahrscheinlich sollte ich so weit gehen...", vermutete er und hatte damit Rum's erste Absicht durchschaut.

Erst in der hintersten Ecke, an einer Wand, fiel Akai plötzlich ein regloser Kinderkörper auf. Dieser war von silbernen Haar bedeckt und wies einige Schrammen auf. Hinter ihm befand sich eine zusammen gedrückte Decke, als wäre er gegen diese gefallen und hätte sich seit dem nicht mehr gerührt.

"Gin!", schrie er fassungslos gedanklich, aber auch froh, den Jungen erst mal gefunden zu haben.

Als Akai sich ihm jedoch nähern wollte ertönte eine andere, tiefere Stimme hinter ihm.

"Willkommen!", wurde er erfreulich empfangen.

Umgehend drehte sich Akai um, als plötzlich ein großer Mann aus der anderen, etwas verdunkelten Ecke hervor trat.

"Rum..." Akai hatte keinerlei Zweifel daran, dass es sich bei dieser Person um die Nummer 2 der Organisation handelte.

"Ich hätte niemals geglaubt, dass du unser berüchtigter Held bist, der sich so fürsorglich um Gin gekümmert hat...FBI Agent Shuichi Akai.", sprach er lachend, anschließend bildete sich ein hämisches Grinsen auf seinem Gesicht. Doch es hatte dennoch den Anschein als wäre er mit seiner Rede noch nicht fertig.

"Ich hatte mir schon gedacht, dass unsere gesuchte Person ein kluger Kopf sein muss - andernfalls hättest du niemals hierher gefunden. Aber ich gebe zu, dass du mich mit deiner Erscheinung wirklich überrascht hast!"

Akai erwiderte vorerst kein Wort, eher wandte er sich wieder zu Gin. Dieser hatte jetzt auf einmal leicht die Augen geöffnet, scheinbar war er gerade noch bei Bewusstsein. Jedoch würde er bestimmt nicht all seine Sinne beisammen haben.

"Shuichi...ist hier...?" Der kleine Gin sah etwas verschwommen, doch den Namen seines Retters hatte er noch verstanden. Allmählich baute sich Hoffnung in dem Jungen auf.

"Erzähl mir doch erst einmal, wie du es geschafft hast, damals am Reiha-Bergpass zu überleben. Das interessiert mich wirklich brennend." Rum's Worte regten den jungen Mann an, seinen Blick letztlich doch wieder auf ihm zu richten.

"Hmpf." In diesem Augenblick setzte Akai ein Lächeln auf. "Sagen wir, es war wie ein kleiner Zaubertrick... den ich dir aber nicht verraten werde.", kam es daraufhin scherzhaft.

"Ach wirklich?", erwiderte Rum mit einem Lächeln. "Das wird sich noch zeigen."

Während dieses Gesprächs war Rum langsam immer weiter in den Bereich des Raumes gekommen und Akai bemerkte, dass er sich offensichtlich in Gins Richtung bewegte.

"Er darf nicht zu Gin! Merlot meinte, er könnte jeden Moment wieder seinen alten Körper zurück erlangen und damit wird Rum bestimmt nicht rechnen. Ich muss ihn also irgendwie von Gin ablenken und verhindern, dass er ihm zu nah kommt.", dachte der Agent.

"Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt ich erzähle dir so einfach alles.", meinte er dann mit hochgezogener Augenbraue und wollte sich soeben selbst wieder in Bewegung setzten um zu verhindern, dass Rum zu Gin gelangen konnte.

Bevor Akai aber auch nur einen Schritt machen konnte ertönte von der Tür her eine vertraute Stimme: "Da war noch diese Frau hier oben, ich habe sie mal mitgebracht!"

Akai unterdrückte ein Fluchen als er sah wie Wodka Merlot in den Raum schob. Er hielt eine Pistole auf sie gerichtet.

"Ich hab es doch geahnt! Warum habe ich nicht gleich alles genauer untersucht?", verfluchte sich Akai selbst. Doch es war schon zu spät etwas an der Situation zu ändern, denn im Gegensatz zu Akai war Rum nicht stehengeblieben, als Wodka den Raum betreten hatte.

"Du bist unvorsichtig geworden.", stellte Rum grinsend fest und richtete nun ebenso eine Pistole auf Gin.

"Dank dir haben wir jetzt auch unsere Wissenschaftlerin wieder.", hinterhältig grinsend betrachtete Rum den Agenten. Sein Tonfall war jedoch alles andere als freundlich, als er Akai befahl: "Wirf deine Waffen da rüber auf das Sofa, knie dich hin und Hände an den Kopf!"

Als Akai nicht sofort tat was ihm aufgetragen wurde fügte Rum noch hinzu: "Da wir jetzt zwei Geiseln haben ist es auch kein Problem eine davon zu erledigen. Wer wohl als erstes dran glauben muss?" Die Augen des hochrangigen Organisationsmitgliedes schienen vor böser Vorfreude geradezu zu leuchten.
 

Nun befand sich Akai in einer Zwickmühle, dies musste er sich leider eingestehen. Aus diesem Grund tat er was ihm befohlen wurde, wenn auch widerwillig. Seine Pistole warf er zum Sofa, nachdem er das tat, kniete er sich hin und hielt seine Hände hinter dem Kopf, dabei schielte er kurz zu Merlot. Diese wurde gerade von Wodka gefesselt, trotzdem merkte man wie sie versuchte sich zu wehren.

"Ganz ruhig meine Liebe, oder möchtest du gerne eine Kugel in deinem schlauen Köpfchen haben?", sagte Rum und durchbrach die plötzliche Stille.

"Als ob ihr es nicht eh tun würdet!", meckerte Merlot Rum an.

"Kleine Laborratten sollten besser die Klappe halten oder sie riskieren ein Opfer der Arbeit zu werden.", meinte dieser nur, bevor er Wodka aufforderte: "Schau noch in den inneren Jackentaschen unseres Gastes nach. Ich hab da so ein Gefühl, er hat noch nicht alles ausgepackt."

Wodka tat was ihm befohlen wurde, Akai jedoch wehrte sich nicht, er sah Rum bloß finster an.

Plötzlich fand Wodka etwas, es war eine weitere Pistole. Er nahm diese an sich

"Wie niedlich, sieht so aus als wollte der vermeintlich tote FBI Agent uns reinlegen!" Rum klatschte sarkastisch in die Hände.

Akai erwiderte nichts und sah weiter zu ihm.

Wodka war wieder Richtung der Tür gegangen und wollte so wohl jeden eventuellen Fluchtversuch vereiteln.

Eine kleinere Bewegung lenkte Akais Aufmerksamkeit jedoch zurück zu Gin. Dieser fing an sich weiter zu krümmen und kleine Hände krallten sich in ein offensichtlich schweißgetränktes Shirt.

"Das heißt er wird wirklich gleich...", bevor Akai seinen Gedankengang beenden konnte wurde er von einem Schuss unterbrochen. Mit großen Augen sah Akai das kleine Loch dicht neben Gins Kopf, bevor er seinen wütenden Blick auf Rum lenkte.

"Was denn, machst du dir etwa Sorgen um deinen Schützling?", sagte Rum sarkastisch und stellte sich bewusst so, dass Akai den Jungen nicht mehr sehen konnte. Die Pistole richtete er nun auf den knienden Agenten.

"An deiner Stelle hätte ich ganz andere Sorgen."

"Du wirst mich nicht erschießen.", stellte Akai fest. Rum lächelte ihn an.

"Richtig, aber nichts hält mich davon ab DAS zu tun." Bei den Worten schnellte Rums andere Hand vor und zielte genau auf Akais Halswirbelsäule. Normalerweise könnte Akai in seiner jetzigen Position nicht schnell genug reagieren, um den Schlag noch abzuwenden, doch da wurde die Luft von einem markerschütternden Schrei durchschnitten.

Er stoppte zwar nicht Rums Angriff, lenkte ihn aber ab, wodurch Akai Gelegenheit hatte dem Angriff auszuweichen.

„Was hast du jetzt hier zu melden?!“, ermahnte Rum wütend den sich am Boden krümmenden Gin und wandte sich ihm zu. Die Tatsache, dass sein Schlag an Akai dabei ins Leere ging schob er erstmals in den Hintergrund. Zu seinem Überraschen hatte Gin sich halbwegs gerichtet und stützte keuchend seine Hände auf dem Boden ab.

Weitere Schreie ertönten, sie vermischten sich mit Gin‘s schneller Atmung. Auch wenn sich der Agent gerade ausgiebig um den Zustand des Silberhaarigen sorgte, er versuchte sich Rum‘s kurze Ablenkung zu seinem Vorteil zu machen – auch wenn er nach wie vor mit einer Waffe bedroht wurde.

Er stand auf, kehrte seinen Gegner zur Vorsicht jedoch noch nicht den Rücken zu und wich ein paar schnelle Schritte zurück. Sein Vorhaben Wodka eine Waffe zu entwenden, scheiterte an der schnellen reaktionsfähigkeit von Rum, mit welcher der Agent schon irgendwie geahnt hatte. Das hochrangige Mitglied gab einen Schuss ab, doch dieser traf nicht sein gewünschtes Ziel.

Akai war gerade noch rechtzeitig zur Seite ausgewichen. Die Kugel sauste dicht an seinem Arm vorbei und traf stattdessen die Person, welche sich hinter ihm befand – Wodka.

Sofort breitete sich Blut an dessen schwarzer Kleidung aus, offenbar hatte der Schuss ihn in die Lunge getroffen. Der Stämmige sank langsam schnaufend zu Boden.

Daraufhin Merlot lachte plötzlich über den Mann, welcher sie zuvor noch gefesselt hatte, auch freute sie sich über Rum‘s Versehen. Für diesen war das kein großer Verlust, das Einzige was ihn verärgerte war, dass er den Agenten verfehlt hatte. Merlot‘s Gelächter provozierte ihn eher nur noch zusätzlich. Gerade als er dieser lästigen Frau drohen wollte, wurden alle Anwesenden wieder von qualvollen Schreien unterbrochen. Sie klangen lauter als vorher. Für Rum geschah danach etwas Ungewöhnliches – der kleine Körper von Gin begann plötzlich immer größer zu werden. Gin‘s Gliedmaßen streckten sich langsam immer weiter aus.

„W-was geht hier vor sich?!“, schrie Rum verwirrt. Da antwortete Merlot ihm.

„Das Gegengift zeigt endlich seine Wirkung! Ich wusste, es wird funktionieren!", lobte sie sich selbst, stolz da es den Anschein hatte, als würde Gin wieder vollständig er selbst sein. Dieser atmete noch hastig, doch der schnelle Wachstumsvorgang schien beendet zu sein. Rum starrte die Wissenschaftlerin bestürzt an, welche ihm ein Grinsen zuwarf.

Allmählich hob der erschöpfte Gin seinen Kopf, sein Blick traf sich genau mit dem von Akai.

Der Agent, welcher gerade noch besorgt zu ihm gesehen hatte, setzte jetzt ein erleichtertes Lächeln auf. Noch ahnte Gin nicht, dass er Akai ein letztes Mal so lächeln sehen würde. Das, was danach passierte, sorgte dafür, dass der Silberhaarige sich diesen Gesichtsausdruck gut einprägen und wohl niemals wieder vergessen würde.

Obwohl es nur wenige Sekunden waren, fühlte sich dieser Blickkontakt für Beide wie eine Ewigkeit an.
 

Rum‘s darauf folgender Schuss riss Gin aus seiner Trance.

„Shuichi!!“, hörte er sich aufgebracht rufen, als wäre es nicht seine eigene Stimme gewesen.

Akai stieß einen stumpfen Schrei aus, plötzlich sah er nicht mehr Gin‘s Erscheinung vor seinen Augen. Sein Sichtfeld wurde schwarz-rot.

Unmittelbar darauf spürte er einen stechenden Schmerz in seinem rechten Auge. Auf einer Seite seiner Sicht färbte sich alles schwarz, auf der anderen Seite erblickte er einen Blutstrahl, welcher sich in der Luft ausbreitete.

Aufgrund des Stechens realisierte er längst nicht mehr, dass er selbst dabei zu Boden fiel.

Seine Hand legte sich auf die Wunde und sein Körper krümmte sich vor Schmerz. Er kniff beide Augen fest zusammen, was nicht verhinderte, dass die Verletzung am rechten Auge heillos blutete.

Kurz darauf waren seine beiden Hände mit Blut überströmt.

„Den Fehler dich zu verfehlen, unterläuft mir bestimmt kein drittes Mal!“, hörte er Rum würdevoll prahlen. Darauf konzentrieren konnte Akai sich jedoch nicht, dieser unerträgliche Schmerz dominierte all seine Sinne. Sein Kopf füllte sich mit einem leidtragenden Schrei.

Niemand bemerkte Gin‘s schockierten Gesichtsausdruck. "Wie konnte er nur so unachtsam sein?!", fluchte dieser gedanklich, als er sich über das Verhängnis von Akai im Klaren wurde.

Viel Zeit zum Fluchen und Grübeln blieb Gin jedoch nicht, denn noch während Akai sich auf dem Boden krümmte, zielte Rum erneut auf den Agenten.

Ohne lange über sein Handeln nachzudenken, griff Gin seinen ehemaligen Vorgesetzten an. Mit seinem ganzen Gewicht warf er sich auf Rum und brachte ihn somit aus dem Gleichgewicht und schließlich zu Fall.

Der Schuss, welcher Akai gelten sollte, ging ins Leere.

Fluchend versuchte Rum sich unter Gin hervorzuwinden, doch dieser war wieder zum kaltblütigen Mörder geworden und wusste, wie er die Situation zu seinem Vorteil nutzen konnte. Schnell hatte er Rum die Pistole entwendet und ohne zu zögern schoss er auf den unter ihm liegenden Mann. Dieser schrie vor Schmerz auf, doch seine Befreiungsversuche verloren schnell an Kraft. Ohne mit der Wimper zu zucken richtete Gin die Pistole auf Rums Kopf und drückte ab.
 

...
 

"Wow, keine Abschiedsworte?", kommentierte Merlot.

Gin beachtete sie aber nicht weiter, stieg von Rums Leiche und eilte zu Akai. Dieser lag immer noch gekrümmt auf dem Boden und regte sich nicht mehr, doch als Gin näherkam, konnte er das leichte Heben und Senken der Brust erkennen.

Erleichtert kniete sich Gin neben ihn.

"Wie es scheint, ist sein Zustand noch stabil... doch mit dieser Verletzung bleibt ihm wohl nicht mehr viel Zeit.", stellte er danach fest. Sich nur auf den Agenten konzentrieren, konnte er jedoch nicht, da hinter ihm plötzlich noch eine weibliche Stimme ertönte, die er bereits kannte.

"Entschuldige, dass ich deinen Moment unterbreche, doch ich glaube du hast keine Zeit so dort rumzusitzen!", schrie Merlot, als sie bemerkte, wie Gin regungslos den verwundeten Akai anstarrte. Sie grinste, als der Silberhaarige sich ihr zu wandte und realisierte, was sie gemeint hatte.

Kurz darauf wurde er sich der Kälte an seiner Haut bewusst, es fröstelte ihm schon ein wenig. Sofort stand er auf und erblickte eine Decke neben der Wand, als er seinen Blick kurz durch den Raum schweifen ließ.

Gin wickelte sich die Decke um seinen Körper und sah dann wieder zu der Wissenschaftlerin herüber, welche wieder anfing seine Handlung zu kommentieren.

"Gut gemacht. Ich würd ja klatschen aber würdest du zuvor noch so gütig sein und mich losbinden?" Ihr Ton gefiel Gin überhaupt nicht, er hob gereizt eine Augenbraue an.

"Was hätte ich davon?", fragte er und verschränkte währenddessen seine Arme.

"Deine Klamotten.", Merlot funkelte ihn an, fügte aber noch etwas hinzu. "Und ich werde einen Krankenwagen für deinen Geliebten alarmieren." Das Wort 'Geliebter' zog sie dabei provozierend in die Länge.

"Wenn du mir gegenüber dann die Klappe hälst!", rief Gin genervt und ging auf die Frau zu, um sie der Fesseln zu entledigen. Als er sie jedoch erreichte, stellte er fest, dass Wodka die Fesseln so fest gemacht hatte, dass sie nicht so einfach zu lösen waren. Vielleicht hatte die Wissenschaftlerin aber auch einfach zu viel gezappelt und die Knoten waren dadurch so fest geworden. Egal wie, so würde er sie nicht befreien können.

"Wodka hat doch immer....", dachte Gin und ging zu seinem langjährigen Partner. Er kannte ihn gut genug um zu wissen, wo dieser immer ein Messer versteckt hielt.

Gin fand ziemlich schnell das gesuchte Messer, jedoch zögerte er etwas als er es nahm. Auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, seinen ehemaligen Partner so leblos zu sehen war kein schöner Anblick. Mit dem Messer ging er zu Merlot herüber und schnitt ihr die Fesseln durch.

"Wurde auch langsam Zeit.", sagte Merlot daraufhin und stand auf. Sie eilte ohne zu zögern zu Akai, sofort prüfte sie seinen Pulsschlag.

"Sein Herz klopft sehr unregelmäßig, er muss schnellstmöglich zu einem Sanitäter.", stellte sie mit ernster Stimme fest und sah zu Gin. "Ich gehe schnell einen Krankenwagen alarmieren, deine Klamotten bringe ich dir auch mit!"

Von Gin selbst kam außer ein zögerliches Nicken keine weitere Reaktion.

Daraufhin lief Merlot aus dem Keller, dabei bemerkte Gin, dass es ihr wirklich wichtig schien keine Zeit zu verlieren.

"Wegen ihm..." Sein Blick wanderte wieder zu Akai.

Seufzend kniete er sich erneut neben ihm, dort hatte er vor kurz auf Merlot zu warten. Der Silberhaarige sah auf Akai herab und betrachtete seine Wunde. Sein Daumen färbte sich rot, als er dann über Akai's rechter Wange strich, die mit Blut übersäht war.

"Idiot...", sprach er gedanklich. Liebend gern hätte er es laut gesagt, doch da Akai es durch fehlendes Bewusstsein sowieso nicht hören würde, empfand er es als sinnlos.
 

In der Zwischenzeit eilte Merlot zurück zum Taxi, was zu ihrem Erstaunen noch am selben Fleck stand.

Sie riss unmittelbar die Fahrertür auf.

"Mein Partner ist schwer verwundet! Er benötigt umgehend einen Krankenwagen!!", schrie sie den Fahrer an, welcher erschrocken dreinblickte.

Nachdem der Mann zweimal blinzelte und aufgehört hatte durch seiner Verwirrung zu stottern, ergriff er schließlich sein Funkgerät.

Als Merlot sicherstellte, dass der Taxifahrer dabei war auch wirklich einen Sanitäter zu verständigen, holte sie vom Rücksitz die Klamotten für Gin.

"Sie werden in Fünf bis Zehn Minuten hier sein...", wurde ihr dabei Bescheid gegeben.

"Sie warten solange hier!" Vor Eile bemerkte Merlot nicht, dass sie gegenüber den Taxifahrer etwas befehlend redete. Ehe sich dieser versah, war die Frau auch schon wieder um die Ecke verschwunden. Er tat einfach, was sie ihm zuvor gesagt hatte.
 

Merlot rannte zurück in den Keller und legte dort als erstes Gin's Klamotten ab.

"Hast du das Messer noch?", fragte sie, riss es dem Silberhaarigen jedoch selbst aus der Hand, als sie feststellte, dass er es noch bei sich trug.

Sie benutzte es, um Akai's Hemd zu einem brauchbaren Verband zu schneiden. Zwar war es im Keller wahrscheinlich zu kalt um dort oberkörperfrei zu sein, doch die Blutung von Akai war in diesem Fall ernster.

"Was wird das?", kam es noch fragend von Gin, der erst die Handlung der Wissenschaftlerin nicht ganz deuten konnte.

Gerade versuchte diese den Oberkörper vor sich vergeblich anzuheben um Akai das Hemd entledigen zu können.

"Bis der Krankenwagen hier eintrifft, sollten wir die Blutung ein wenig mäßigen.", meinte die Frau und versuchte weiter ihr Glück es allein zu schaffen.

"Hilf mir doch mal!", fauchte sie kurz darauf, als sie Gin's unproduktives Anstarren nicht länger ertragen konnte.

Der Silberhaarige hielt Akai an den Schultern fest, während Merlot das Hemd des Agenten abwechselnd über diese streifte.

Auf einmal weiteten sich Gin's Augen.

"Kratzspuren...?", dachte er, er würde nicht richtig hinsehen. Doch auf Akai's Rücken befanden sich tatsächlich Verletzungen. Sie waren zwar dabei zu verheilen und schon einige Tage alt, doch immer noch sichtbar.

Während Merlot Akais Hemd in passende Streifen schnitt und anschließend provisorisch um den Kopf wickelte - wobei sie nicht vergaß Gin hin und wieder bissige Anweisungen zu geben, starrte Gin weiter auf die Kratzspuren. Es war ihm klar bei welcher Tätigkeit solche Kratzspuren entstanden, doch irgendwie...

Zum wiederholten Mal änderte Gin - wenn auch mürrisch - auf Merlots Anweisung seinen Griff an Akais Schultern und musste erstaunt feststellen, dass der Abstand der einzelnen Kratzer erstaunlich gut zu seiner eigenen Hand passten...

Plötzlich schoss ihm wieder ein kurzer, stechender Schmerz durch den Kopf und obwohl es nicht lange dauerte und Merlot nichts davon mitbekam, tauchte vor seinem inneren Auge ein Bild auf... Er war zusammen mit Akai in einem Bett, seine Hände krallten sich in dessen Schultern und er schrie vor...

"Was starrst du so vor dich hin!", fuhr Merlot ihn an und riss ihn aus - Was? Seinen Erinnerungen? Fantasien? Hirngespinsten? Was auch immer es war, Gin war über die Unterbrechung ausnahmsweise mal froh.

"Das ist unmöglich! So etwas würde...könnte nie geschehen.", versuchte Gin sich zu überzeugen. Das unbestimmte Gefühl, es könnte doch wahr sein, ließ sich jedoch nicht vollständig vertreiben.

Gin tat seine Gedanken mit einem Schulterzucken ab und legte Akai wieder vorsichtig auf den Boden, denn Merlot schien mit ihrem Werk fertig zu sein. Gin betrachtete den Verband auf welchen Merlot recht stolz zu sein schien und stellte fest, dass er zwar unordentlich war, aber die Blutung zumindest etwas zu stillen schien.

Er stand auf und zog seine Kleidung an. Zu seiner Erleichterung war alles noch in gutem Zustand und schien sogar gewaschen worden zu sein. Dann beugte er sich herunter und hob die Pistole von Rum auf, welche er zuvor neben Akai abgelegt hatte.

Die letzte Handlung beobachtete Merlot misstrauisch.

"Was soll das werden?"

Gin lächelte und richtete die Pistole auf Merlot. "Du gehst mir auf die Nerven."

Mit vor Schock geweiteten Augen beobachtete Merlot, wie Gin den Abzug betätigte und.... nichts passierte.

Gin drehte sich lachend weg und steckte die Pistole in seinen Mantel.

"Du wusstest, dass da keine Kugeln mehr drin sind!", beschwerte sich Merlot, war aber mehr erleichtert als wütend.

"Natürlich." War alles, was Gin ihr antwortete, bevor er sich erneut zu seinem alten Partner beugte und ihm die Pistole aus den schlaffen Fingern nahm. Bevor er auch diese einsteckte kontrollierte er jedoch das Magazin.

"Warum hast du sie dann eingesteckt?", wollte Merlot wissen, die noch nicht ganz über den Schock hinweg war.

Gin sah sie missbilligend an. "Ich frage mich, wie sie es geschafft hat als Wissenschaftlerin der Organisation beizutreten, so dämliche Fragen wie sie stellt…", "Fingerabdrücke.", erwiderte er nur bevor er sich der Tür zuwandte.

Erst da bemerkte Merlot, dass er irgendwann auch das Messer mit dem sie das Hemd zerschnitten hatte wieder an sich genommen haben musste.

"Warte!", rief sie ihm hinterher. "Wo willst du hin?"

Sie stand auf und eilte ihm hinterher, denn Gins Geduld war aufgebraucht. Jeden Moment konnte der Krankenwagen auftauchen. Mit jeder weiteren Person, die hier aufkreuzte stieg die Gefahr, dass sich auch das FBI darunter mischte.

"Weg.", meinte Gin nur, fügte aber aus einer Laune heraus noch hinzu: "Du solltest auch verschwinden, es wird nicht lange dauern, bis hier irgendwelche Schnüffler auftauchen."

Merlot blieb stehen - sie waren mittlerweile im Freien angekommen.

"Das ist es also! Du hast Angst vor dem FBI!"

Gin blieb stehen und drehte sich zu der Wissenschaftlerin um. "Nein. Ich bin nur vorsichtig."

"So ein Unsinn! Weißt du, was für Strapazen Akai für dich auf sich genommen hat?! Er würde dich nicht so einfach im Stich lassen! Warum dankst du ihm seine Freundlichkeit mit Verachtung?!", entgegnete sie.

"Das lass mal schön meine Sache sein. Du hast keine Ahnung, wie die Dinge zwischen uns stehen. Dieser Verräter kann froh sein, dass ich ihn lieber selbst erledige, als es von jemand anderem erledigen zu lassen. Halt dich da raus!“

Merlot wollte noch etwas erwidern, doch in dem Moment wurde die Sirene eines Krankenwagens hörbar und sie drehte den Kopf zur Straße.

Als sie wieder zu Gin zurück sah, war dieser verschwunden.

Gerettet

Zwei Tage später
 

Allmählich öffnete Akai sein verbliebenes Auge, was ihn auch gleichzeitig wieder an das verantwortliche Geschehen dafür erinnerte. Er fasste sich an den Verband.

"Wie es scheint bin ich wohl noch am leben...", stellte er scherzhaft fest, obwohl es eigentlich in seiner Lage nichts zu lachen gab.

Kurz darauf realisierte er erst, dass er in einem Bett lag. Ein typischer Krankenhausduft stieg in seine Nase. Ebenso bemerkte er die Stille, bis auf das Vogelzwitschern von außerhalb hörte er keinen Laut.

Sein Blick richtete sich zum Fenster, wo ihm plötzlich doch jemand auffiel. Bis zu dem Augenblick dachte er, er sei allein gewesen.

"Sie sind ja endlich aufgewacht.", kam es von einer jungen Krankenschwester, die gerade dabei war die Vorhänge etwas mehr nach außen zu ziehen.

Akai schaute sie nur fragend an, ob er nicht antworten wollte oder ihm einfach keine Worte einfielen, wusste er selbst nicht genau.

"Sie haben ganze zwei Tage geschlafen, mein Herr.", teilte sie ihm mit und lächelte freundlich.

"Ist dem so..?", überwand Akai sich schließlich doch zu einem kurzen Satz und wollte sich aufsetzen, davon wurde er jedoch abgehalten.

"Besser Sie bleiben noch etwas liegen und ruhen sich aus.", riet die Krankenschwester ihm. "Wissen Sie, Sie hatten großes Glück.", fügte sie hinzu und ging dabei um das Bett.

Als ihr Patient sie erneut nur fragend ansah erklärte sie von selbst: "Sie können sich glücklich schätzen, dass der Schuss nicht direkt von vorn kam, sondern seitlich. Sonst wären Sie wohl schon längst über alle Berge."

Ein kurzes Schweigen, bis Akai nur schlicht antwortete: "Ich bin es ja nicht."

Die Schwester erkannte, dass er sich um seinen Zustand nicht gerade sorgte.

"Das haben sie außerdem ihrer netten Freundin zu verdanken, die so freundlich war so schnell einen Krankenwagen zu rufen und ihre Blutung schon vorher etwas versorgt hatte.", meinte sie, was Akai dann auch wieder an Merlot erinnerte.

"Wo ist sie jetzt eigentlich...?", fragte er sich gedanklich, ihm entging, dass er dies auch die Krankenschwester hätte fragen können.

"Ihr rechtes Auge konnten wir bedauerlicherweise dennoch nicht retten. Es tut mir leid.", entschuldigte diese sich.

Akai ignorierte sie jedoch.

"Gin...was ist mit ihm?" Eine weitere Frage schoss dem Agenten durch den Kopf, die er sich eigentlich hätte zuerst stellen sollen.

"Sagen Sie, wie viele Personen waren noch vor Ort, als sie eintrafen?", wandte er sich zur Schwester.

"Außer Ihnen, wurden noch die Leichnamen von zwei Männern gefunden. Einer davon hatte nur ein Auge... Der Andere war eher stabil gebaut. Sie sind beide einer Verblutung erlitten. Sonst nur ihre Freundin.", antwortete sie grübelnd, da sie nicht alle genauen Details wusste.

"Dann ist er wohl in Sicherheit....", versuchte Akai sich zu beruhigen, während er davon ausging, dass es sich bei den beiden Männern um Rum und Wodka gehandelt hatte.

Gerade wollte er sich doch noch bei der Schwester erkundigen, ob denn seine Freundin mal zu Besuch gekommen war, doch sie hatte den Raum offensichtlich bereits verlassen. Leider befand sich die Tür zu seiner rechten und er musste den Kopf drehen um sie sehen zu können. Doch bereits diese kleine Kopfbewegung ließ sein rechtes Auge wieder schmerzen und so gab er es auf, sich sonderlich im Raum umzusehen. Die einseitige Sicht war wirklich ungewohnt und so schloss der Agent auch sein linkes Auges wieder und rief sich die letzten Szenen im Keller wieder ins Gedächtnis.

Das Erste was ihm einfiel, war Gins Gesicht. In dem kurzen Moment, den sie sich angesehen hatten, bevor Rums Schuss ihn getroffen haben musste, hatte ausgereicht, um sich erstaunlich viele Details einzuprägen. Wie einzelne Haarsträhnen über Gins Gesicht gefallen waren... die verschiedenen kleinen Schrammen durch die grobe Behandlung von Rum zuvor...

Akai legte eine Hand auf sein Gesicht und versuchte das Bild aus seinem Kopf zu vertreiben und sich bewusst auf das folgende Geschehen zu konzentrieren. An viel konnte er sich jedoch nicht erinnern, denn die Schmerzen waren allgegenwärtig gewesen und hatten ihn schließlich sogar bewusstlos werden lassen. Doch er konnte sich noch an die Geräusche eines Kampfes erinnern und an einen Schuss... oder waren es zwei? Je mehr Akai versuchte sich daran zu erinnern, um so stärker pochte sein verletztes Auge.
 

Da klopfte es zusätzlich an der Tür. Eine Erlaubnis herein kommen zu dürfen, ließ der Agent aus, denn die Nerven für einen Besuch hatte er wirklich nicht. Zu seinem Bedauern öffnete sich die Tür trotzdem.

Er sah zwar nicht wer herein kam, doch die weibliche Stimme die ertönte war ihm vertraut.

"Shu, wie geht es dir? Die Krankenschwester hat mir eben mitgeteilt, dass du endlich aufgewacht bist." Eine besorgte Jodie war das Letzte was Akai jetzt gebrauchen konnte.

"Dann hat sie dir vielleicht auch mitgeteilt, dass ich Ruhe brauche?" Akai erhoffte sich von dieser Gegenfrage nicht wirklich etwas - diese Frau war definitiv niemand, die anderen so einfach ihren Frieden ließ.

"Ich mach mir nun mal Sorgen, du hast uns Allen einen ganz schönen Schrecken eingejagt!", kam es mürrisch von der Blonden und sie setzte sich auf den Stuhl, der links vom Krankenbett stand.

"Und deshalb warst du so schnell hier?", erkundigte Akai sich, denn für ihn war die Frau schon ungewöhnlich schnell eingetroffen.

"Ich hab seit heute morgen im Wartezimmer gewartet...", sprach sie mit gesenktem Blick.

Jetzt tat sie ihrem Kollegen doch ein wenig Leid.

Als dieser aber glaubte, dass daraufhin Stille einkehren würde, irrte er sich.

"Was sollte das Ganze überhaupt? Warum legst du dich plötzlich, ohne unser Wissen, mit Rum an?" Jodie's übliche Standpauke hatte noch gefehlt.

Gerade als Akai ihr antworten wollte, warf sie noch eine weitere Frage hinterher: "Hast du ihn getötet?"

Am Liebsten hätte er laut los gelacht, denn er selbst hatte nicht einmal mitbekommen, wie Rum dem zeitlichen segnete. Er vermutete nur, dass Gin das zu verantworten haben müsste, zumindest wäre dies die einzig logische Erklärung.

"Nein. Jemand anderes war es, ich weiß aber nicht wer.", antwortete er seiner Kollegin trocken und ignorierte die weiteren Fragen.

"Wer war es dann? Wir konnten keine passende Waffe zu der tödlichen Verletzung von Rum am Tatort ausfindig machen..", berichtete Jodie dann, was Akai's Verdacht nur noch mehr bestätigte.

"Wie immer hat er alles gut durchdacht und keine Spuren von seiner Anwesenheit hinterlassen...", sprach er gedanklich Gin bezüglich. Jodie eine Antwort zu geben, ließ er aus und schloss einfach wieder sein verbliebenes Auge.

Er hoffte, wenn er ein Schlafen vortäuscht, würde sie mit der unnötigen Fragerei aufhören.

Als endlich wieder Stille einkehrte und Akai glaubte, sie würde endlich ruhig bleiben, fing sie erneut an zu Reden. Diesmal klang es jedoch besorgter als vorher, zudem sprach sie plötzlich sehr leise.

"Du hättest sterben können, weißt du das?"

"Ich bin es aber nicht." Akai hätte in dem Moment mit den Schultern gezuckt, würde er nicht im Bett liegen.

"Aber dein Auge...", begann die Frau, den Rest brachte sie nicht über die Lippen.

"Schon gut. Ich hab ja noch eins.", erwiderte Akai gelassen, seine Kollegin war daraufhin aber alles andere als das.

"Wie kann dir das so egal sein?!"

Der Junge Mann drehte sich auf die linke Seite und ließ sich nicht anmerken, wie sehr seine Verletzung dabei wieder schmerzte.

"Mir ist es nun mal egal... Ich bin zufrieden, da er noch lebt und entkommen konnte..", antwortete er gedanklich und lächelte. Er hätte es womöglich bereut, diese Antwort laut auszusprechen.

"Es ist mir nicht egal.", meinte er beschwichtigend und bevor Jodie etwas sagen konnte fügte er noch hinzu: "Aber dafür ist das zweithöchste Mitglied der Organisation endgültig ausgeschaltet. Da ist ein Auge wirklich kein großes Opfer."

Jodie sah ihn mit tränenerfüllten Augen an. "Shu...", schluchzte sie.

"Ich bin noch etwas müde, kannst du also den Anderen bitte sagen, dass es mir gut geht?"

"Bist du dir sicher?", fragte Jodie.

"Ja, ich brauche nur noch ein wenig Schlaf." Akai hoffte sie damit soweit beruhigt zu haben, dass sie den Raum verließ und er wieder in Ruhe seinen Gedanken nachhängen konnte aber zu seiner Enttäuschung blieb Jodie einfach sitzen und sah ihn an.

"Naja, wenigstens hält sie jetzt den Mund." Mit dem Gedanken schloss Akai sein linkes Auge und versuchte die Schmerzen des Anderen zumindest soweit zu ignorieren, dass er sich wenigstens etwas entspannen konnte.
 

Er bemerkte gar nicht, dass er kurz darauf wieder einschlief. Es war kein tiefer Schlaf, auch schlief er nicht lang. Die Uhr zeigte 19:45 Uhr am Abend an, also waren nur wenige Stunden vergangen.

Erneut wurde er von derselben Schwester wie zuvor geweckt, die gerade ein Glas Wasser und eine Schachtel mit Tabletten vorbei brachte.

"Das hier sind Schmerztabletten, falls der Schmerz der Wunde zu groß werden sollte. Wenn Sie sie einnehmen, dann bitte nur eine und in Abstand von längeren Zeiträumen.", erklärte sie und hielt Akai die kleine Schachtel entgegen. Er erwiderte mit einem Nicken.

"Brauchen Sie sonst noch etwas?", wollte sie daraufhin noch wissen.

"Nein, ich brauch nichts. Danke.", verneinte Akai.

"Draußen ist übrigens noch Besuch für Sie, soll ich die Herrschaften herein lassen?" Erst jetzt bemerkte der Agent, dass seine Kollegin Jodie nicht mehr da war.

"Schon wieder Besuch..? Von wem diesmal?", fragte er sich, hoffte dabei vielleicht auf Merlot. Sie wäre die einzige Person, mit der er sich jetzt ausnahmsweise mal gern unterhalten würde. Abgesehen von Gin, von welchem man aber nicht im geringsten einen Besuch erwarten konnte. Akai nickte, mit der Deutung, dass er seinen Besuch gern empfangen würde.

Doch dieser enttäuschte ihn wiederum, als die Tür auf ging.

"Wie geht es dir jetzt Shu?", war die erste Frage, die Jodie stellte als sie den Raum betrat. Um direkt sehen zu können, wer sein Besuch war, hatte sich Akai - die Schmerzen ignorierend - hingesetzt und zur Tür gedreht. Hinter Jodie kam James mit dem gleichen ernsten Gesichtsausdruck wie immer in den Raum

Akai unterdrückte ein Seufzen. "Schon besser.", beantwortete er Jodies Frage.

"Das ist schön zu hören. Sie haben uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt.", meinte James.

"Es tut mir Leid euch Umstände bereitet zu haben, es ging alles recht schnell.", entschuldigte sich Akai bei seinen Kollegen.

"Du hattest Glück, dass wir schnell genug da waren! Wer weiß, was passiert wäre, wenn du einfach in das nächstbeste Krankenhaus gekommen wärst und die Organisation von dem Ganzen erfahren hätte!", meinte Jodie.

"Dann seid ihr also noch vor dem Krankenwagen angekommen?", fragte Akai, der sich nicht daran erinnern konnte, überhaupt irgendwohin gebracht worden zu sein. Er hatte immerhin irgendwann während des Kampfes das Bewusstsein verloren.

"Nein, aber direkt danach. Du bist ja einfach ohne ein Wort losgestürmt und obwohl Camel dir noch bis zu der brennenden Villa folgen konnte, hat er dich dann mit dieser Frau in ein Taxi steigen sehen. Zum Glück konnte er sich die Firma und das Kennzeichen merken. So konnten wir das Unternehmen anrufen und erfahren wohin ihr seid.", erklärte Jodie detaillierter als Akai es wissen wollte.

"Das Ganze hat natürlich dennoch seine Zeit gedauert und wir hatten wirklich Glück, dass noch keiner der Sanitäter die Polizei gerufen hatte - immerhin lagen da unten zwei Leichen.", plapperte Jodie unentwegt weiter.

"Was mich wirklich interessiert ist: Wie du mit ihr in Kontakt gekommen bist und woher ihr wusstet, wo sich Rum und Wodka aufhielten. In dem Keller haben wir genug Hinweise gefunden, die belegen, dass die Beiden das Feuer gelegt haben und es ist schön, dass das zweithöchste Mitglied der Organisation ausgeschaltet ist, aber was genau ist da unten passiert?"

Überrascht sah Akai seinen Vorgesetzten an.

"Hat Merlot denn nicht...?"

"Diese Frau die bei dir war und deine Wunde vorübergehend versorgt hat bis der Krankenwagen eingetroffen ist, weigert sich bisher mit uns darüber zu reden. Sie behauptet sie habe eine Abmachung mit dir und würde nichts sagen bis sie mit dir sprechen konnte. Wir haben sie jetzt unter ständiger Beobachtung, Camel passt im Moment auf sie auf.", beantwortete James die unausgesprochene Frage von Akai. Dieser erinnerte sich dann auch wieder, was er Merlot im Taxi versprochen hatte, da gäbe es noch Einiges an Redebedarf.

"Wäre es möglich, sie morgen hier her zu bringen? Ich muss mich wirklich nochmal mit ihr unterhalten... und vor allem bedanken." Den letzten Teil fügte er nur an, damit es nicht all zu verdächtig rüber kam. Er war schon froh genug über Merlot's bisheriges Schweigen.

"Das ließe sich schon einrichten...", meinte James nachdenklich.

"Was dem Geschehen im Keller betrifft,... näher erläutern kann ich das leider nicht." Akai zeigte auf sein rechtes Auge - zumindest wo dieses einmal gewesen war - um sich rauszureden. In Wahrheit aber wusste er eine Menge, doch konnte er das seinen Kollegen auf keinen Fall preisgeben. Gin's Anwesenheit geheim zu halten hatte für ihn jetzt oberste Priorität. Diesbezüglich hätte man ihn auch mit der nächsten Frage ertappen können.

"Was ist eigentlich mit dem Jungen, der so plötzlich verschwunden war? Wurde er inzwischen gefunden?", kam es von James.

Akai zögerte einen kurzen Moment um sich eine neue Ausrede ausdenken zu können, ließ sich aber nichts anmerken.

"Ich erhielt im Taxi noch einen Anruf von seinem Vater... der Kleine hatte wohl Heimweh. Jedenfalls ist er jetzt Zuhause.", erklärte er und hoffte, dass man ihm diese Lüge nicht aus seinem Gesicht ablesen konnte - zu seinem Glück kauften Beide es ihm ab.

"Eins noch...", begann Jodie plötzlich nach kurzer Stille. "Glaubst du, dass es dich bei deiner Arbeit zukünftig behindern wird, nur ein funktionstüchtiges Auge zu haben?" Sie klang recht besorgt.

"Wie ich es bereits sagte... ein Auge ist kein großer Verlust." Akai zwang sich ein Lächeln auf, um seine Kollegen nicht noch mehr in Sorge zu versetzen.

"Natürlich werden Sie nach ihrer Entlassung erst einmal beurlaubt, wenn das für Sie in Ordnung ist?", erklärte James die eigentliche Selbstverständlichkeit.

"Natürlich.", bestätigte Akai knapp. Im Hinterkopf machte er sich Gedanken, was er nach seiner Entlassung überhaupt tun sollte - etwa nach Gin suchen?

"Bis ich den finde, kann ich wegen zunehmenden Alters längst überhaupt nichts mehr sehen...", scherzte er daraufhin gedanklich und lehnte sich wieder zurück auf das Bett. "Gin lässt sich nicht so einfach finden, es sei denn, er will gefunden werden und das ist dann mit absoluter Sicherheit eine Falle.", musste er sich eingestehen.

"Was wirst du dann machen?", fragte Jodie auch sofort. "Gehst du zurück nach Amerika? Oder wirst du deine Familie besuchen? Soweit ich weiß sind deine Geschwister zur Zeit auch in Japan oder?"

Akai schloss kurz sein Auge bevor er Jodie direkt ansah. Die ganze Fragerei hatte ihn mehr ermüdet als er zugeben wollte und auch die Schmerzen waren schlimmer geworden.

"Mit meinen Geschwistern werde ich mich jetzt bestimmt nicht treffen. Auch wenn Rum ausgeschaltet ist und keiner aus der Organisation erfahren haben sollte, dass ich daran beteiligt war - was sehr unwahrscheinlich ist, da Vermouth bei dem Feuer auch mit dabei war - ist es ein zu hohes Risiko. Nach Amerika zu gehen wäre wirklich eine Möglichkeit, vielleicht bleibe ich aber noch ein wenig in Japan. Eigentlich gefällt es mir hier recht gut.", überlegte Akai laut und hoffte damit Jodies Neugier zu stillen.

"Das ist schon verständlich...", meinte James, als er jedoch weiter reden wollte kam ihm Jodie mit einer weiteren Frage zuvor.

"Also wirst du vielleicht auch weiterhin erst einmal bei den Kudo's wohnen?", erkundigte sie sich.

"Das weiß ich noch nicht." Akai's Antwort war so leise, dass man sie kaum verstand. Er wollte damit deuten, dass er erschöpft sei und für diese Fragerei keine Energie mehr besaß. Da wandte sich James an die immer noch neugierige Frau.

"Hör mal Jodie, ich glaube es ist besser, ihn für heute in Ruhe zu lassen. Sicher braucht er noch ein wenig Schlaf."

Akai war erleichtert, dass sein Vorgesetzter seine Deutung richtig aufgeschnappt hatte.

Jodie willigte zum Glück ein.

"Also werden wir Ihnen morgen diese Frau vorbeischicken, richtig?", hinterfragte James noch einmal zur Sicherheit.

"Ja, das wäre sehr nett.", entgegnete Akai, froh darüber, dass die Beiden dann nach einer Verabschiedung wieder das Zimmer verließen.

Unmittelbar darauf versuchte der junge Mann sich wieder mühselig aufzurichten, damit er nach der Packung mit den Schmerztabletten greifen konnte. Dabei bemerkte er, dass ein volles Wasserglas ebenso auf dem Beistelltisch vorhanden war, wahrscheinlich hatte die Krankenschwester dieses gefüllt.

Ohne zu Zögern nahm Akai eine der Pillen aus der Verpackung und spülte sie mit Wasser herunter.

"Irgendwie muss ich ja die Nacht überstehen...", sprach er gedanklich und richtete seinen Blick zur Uhr.

Es war zwar erst kurz nach 20:00 Uhr, doch sich die Zeit weiter vertreiben konnte er ohnehin nicht. Viel lieber konzentrierte er sich auf den morgigen Tag und somit auch auf den Besuch von Merlot, den er hoffentlich noch erhalten würde. Er hatte außerdem vor, sich morgen nach seiner Entlassung zu erkundigen. Ihm war schon bewusst, dass dies noch ein paar Tage dauern könnte, was ihm auch seine Schmerzen zu spüren gaben, doch irgendwie wollte er es dennoch schon erfahren.

Ohne einen weiteren Gedanken zu fassen warf Akai sich eine Decke über und beschloss zu versuchen einzuschlafen.

Lebe wohl

Der nächste Tag verlief bis zum frühen Nachmittag ruhig. Dank der Schmerztablette konnte Akai auch gut Schlafen und so hatte er schon bald das Gefühl ihm würde die Decke auf den Kopf fallen. Entgegen der Warnungen der Krankenschwestern verließ er das Bett und lief etwas hin und her. Zwar verschlimmerte das den drückenden und leicht pochenden Schmerz in seinem Auge, doch das hielt ihn nicht davon ab.

Der anfängliche, leichte Schwindel legte sich zum Glück recht bald und zur Mittagszeit war die Krankenschwester erstaunt, ihn auf der Bettkante sitzend vorzufinden.

"Sie scheinen sich ja recht schnell zu erholen. Normaler Weise würde niemand gleich am zweiten Tag das Bett verlassen. Die senkrechte Position verstärkt die Schmerzen immerhin um einiges.", meinte sie zu ihm als sie das Tablett mit dem Essen wieder abholte.

"Die sind gar nicht so schlimm.", log Akai. "Ich hab schon ganz anderes überstanden." Das war wiederum nicht gelogen.

"Dann muss ich mir also keine Gedanken machen, dass der Besuch Sie überfordern könnte?", fragte die Krankenschwester zur Sicherheit nochmal nach.

"Nein, nein! Ich habe bereits darauf gewartet!", erwiderte der Agent erfreut.

"Okay, ich lasse die Beiden dann gleich zu Ihnen kommen."

Akai bedankte sich und die beobachtete wie die Schwester das Zimmer verließ. Danach setzte er sich auf das Krankenbett. Es gab einen Grund aus dem er lieber im Bett aufrecht saß und die zunehmenden Schmerzen ignorierte als darin zu liegen: So konnte er die Tür sehen. Nicht zu wissen, ob und wer den Raum betrat machte ihn nervös und durch die Wunde konnte er auch nicht lange auf der rechten Seite liegen. Dadurch wurden die Schmerzen wirklich unerträglich.
 

Einen Moment später klopfte es auch schon an der Tür, da betrat Merlot in Begleitung von FBI Agent Camel das Zimmer.

Als die Frau Akai auf dem Bett erblickte, setzte sie sofort ein Grinsen auf. Akai hingegen zwang sich keine Miene zu verziehen.

"Wie ich sehe, scheinen Sie sich gut zu erholen." Camel entging die vermeintliche Genesung seines Kollegen nicht.

"Ja, mir geht es schon besser." Eine Lüge von diesem stützte die Erscheinung.

Während Camel sich einen Stuhl nahm, setzte sich Merlot einfach ungefragt auf das Bett und starrte den jungen Mann darin an, ihr Grinsen war immer noch nicht verschwunden.

Kurz herrschte Stille, bis Akai ein Seufzen entwich.

Daraufhin hatte er vor, das erwartete Gespräch zu beginnen, welches er allerdings vorerst nur unter vier Augen führen wollte. Er griff nach einem leeren Wasserglas mit der Andeutung, daraus trinken zu wollen.

"Huh... schon wieder leer?", meinte er etwas abwesend und starrte in das leere Glas.

Merlot, die Akai's Absicht bereits durchschaut hatte schwieg, während Camel genau das tat, was sein Kollege erreichen wollte.

"Soll ich dir vielleicht etwas neues zu trinken holen?", bot er sich an.

"Das wäre nett.", erwiderte Akai und lächelte, worauf auch schon die Frage folgte, was er denn gern trinken würde.

"Schwarzer Kaffee wäre ganz gut... Ich glaube im ersten Stock gibt es einen Getränkeautomaten...", meinte er daraufhin, erinnerte sich gleichzeitig daran, sein Lieblingsgetränk schon seit einiger Zeit nicht mehr getrunken zu haben.

"Ich schau mal, ob ich fündig werde...Kommst du solange mit ihr klar oder soll ich sie mitnehmen?" Camel wies auf Merlot hin, die immer noch schwieg, was schon ungewöhnlich für ihre Art war.

"Wir kommen zurecht.", teilte Akai seinen stämmigen Kollegen mit, woraufhin dieser das Zimmer verließ.

"Puh endlich ist der weg! Der hat mich die letzten Tage gar nicht mehr aus den Augen gelassen!", beschwerte sich Merlot unmittelbar nachdem sich die Tür geschlossen hatte.

"Geht es dir wirklich besser oder tust du nur so?" Wie es schien, konnte man ihr nichts vor machen.

"Geht schon, ehrlich...", entgegnete Akai ihr, setzte danach jedoch einen ernsten Tonschlag an.

"Wir haben keine Zeit um gemütlich zu plaudern. Du weißt nicht zufällig, wohin Gin verschwunden ist, oder?", erkundigte er sich vorerst.

"Bestimmt konntest du vor Sorge um ihn kaum schlafen.", begann sie lachend, worauf sie nach einem genervten Blick von Akai fortfuhr.

"Ich hab natürlich mitbekommen, wie er gegangen ist, aber nicht wohin. Er wollte sich vor dem FBI verstecken und ist jetzt wahrscheinlich irgendwo untergetaucht.", berichtete sie schulterzuckend.

"Weißt du, ob er sich erinnern kann?" Eine letzte Frage zu Gin beschäftige Akai noch.

"Da er dich nicht umgebracht hat, während ich kurz abwesend war, um den Krankenwagen zu rufen, schätze ich nicht. Er hat mir sogar noch geholfen dich zu versorgen, auch wenn ich ihn dafür ein wenig zurechtweisen musste. Aber mach dir keine Gedanken, er weiß zumindest wieder, wer er ist."

Über den kurzen Bericht von Merlot war Akai teilweise überrascht. "Dann ist gut... und danke nochmal. Ohne deine Hilfe wäre ich jetzt wohl tot."

"War das etwa ein Danke von dir? Na immerhin brauch ich dich ja noch!", entgegnete die Frau scherzhaft, da senkte Akai kurz seinen Kopf.

"Warum..." Er sah Merlot direkt in die Augen, "Warum hast du mir geholfen und bist nicht einfach mit Gin mitgegangen?"

Das fiel dem Agenten im Nachhinein noch ein, als er über die Situation noch einmal nachgedacht hatte.

"Ich bin doch nicht so undankbar wie dieser Typ!", meinte Merlot fest entschlossen und fühlte sich etwas beleidigt, mit Gin verglichen zu werden.

"Außerdem... vertraue ich dir." Zum ersten Mal sah Merlot Akai mit einem Gesichtsausdruck an, den dieser selbst nicht deuten konnte. Diese Miene und hinzu diese Worte passten nicht zu dieser Frau, doch erkannte Akai, dass sie es ernst meinte.

"Hör zu.", begann er. "Zum größten Teil musst du meinen Kollegen die Wahrheit sagen. Doch wir verändern diese Wahrheit ein wenig."

Jetzt war die Wissenschaftlerin gespannt, was Akai vorhatte.

"Sag, dass du unter Zwang in der Organisation warst und bis zu der Auseinandersetzung mit Rum versucht hast zu fliehen und sie hinter dir her waren. Wir haben uns zufällig getroffen und du hast bei mir Schutz gesucht, als wir einander vorgestellt haben, hast du beschlossen mir zu helfen und bist dadurch ebenso wie ich in Rum's Falle geraten." Akai formulierte die Wahrheit so weit um, dass Gin in diesem Geschehen nicht mehr auftauchte.

"Klingt bis hier her einigermaßen akzeptabel... und weiter?" Noch war Merlot sich nicht sicher.

"Wodka wurde durch Rum getötet, das ist in unserer Situation ein Vorteil...", redete der Agent weiter worauf sie ihren Kopf fragend etwas zur Seite drehte.

"Da außer vier Personen aber niemand weiter vor Ort gewesen sein soll, musst du letztlich vorgeben, Rum getötet zu haben. Ich scheide aus, da ich bewusstlos war."

Dieser Vorschlag gefiel der Frau überhaupt nicht, sofort wurde sie aufgebracht. "Ich? Das glauben die mir nie! Zumal Gin einfach die Waffe mitgenommen hat, wie soll ich das erklären?!"

Mit dieser Reaktion hatte Akai gerechnet. "Du erklärst es Ihnen, indem du einfach du selbst bist.", sagte er, fiel Merlot dann ins Wort, als sie etwas erwidern wollte.

"Keine Angst, sie haben nur deine Aussage und können dir nichts anhaben, da weder Zeugen noch Beweise vorhanden sind.", wollte er sie beruhigen und fügte deshalb noch etwas hinzu: "Ich werde mich dafür einsetzen, dich ins Zeugenschutzprogramm zu stecken - natürlich nur, wenn du das möchtest. Du bist in diesem Fall kein Täter sondern das Opfer. Der Mord an Rum war reine Notwehr, okay?"

Akai legte seine Hand auf die ihre. Seine Worte klangen für Merlot fest entschlossen. Ihr Gefühl sagte ihr plötzlich, dass es keinen Grund zur Sorge gäbe und alles gut werden würde - ebenso sagte ihr das der Blick ihres Gegenübers.

"Also...soll ich einfach alles erzählen?"

Akai nickte, fügte aber nochmal hinzu: "Lass nur Gin aus dem Spiel und behaupte, du hast es irgendwie geschafft Rum zu erledigen. Je mehr Informationen du über die Organisation und die Mitglieder aus deiner Zeit als Wissenschaftlerin bei ihnen weitergeben kannst, desto besser. Jetzt, da Rum ausgeschaltet ist, wird eine große Unruhe herrschen, welche meine Kollegen ausnutzen können. Aber genau diese Unruhe ist es auch, durch welche du schnell ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden musst, denn mit hoher Wahrscheinlichkeit wirst du da vermisst werden. Ich vermute Rum und Wodka waren die Einzigen, die bisher nach dir gesucht haben?"

Merlot nickte und sah ihn unsicher an. Akai hätte fast losgelacht so unpassend wirkte dieser Ausdruck bei ihr.

"Dann werden jetzt mehr Leute dein Verschwinden und Rums Tod miteinander in Verbindung bringen. Meine Kollegen werden schon gut für deine Sicherheit sorgen."

Wie aufs Stichwort kam Camel wieder in den Raum. "Entschuldige, es hat ein bisschen gedauert."

"Alles in Ordnung Camel, danke.", sagte Akai nur und nahm den schwarzen Kaffee entgegen. Dann bemerkte er Camels merkwürdigen Blick.

"Ist irgendetwas?", fragte er.

"Ähm...also..." Camels Blick wanderte zwischen Merlot und Akai hin und her.

"I-Ich wollte nur sagen, dass ich es gut finde, dass Sie wieder eine Freundin gefunden haben...", sagte Camel und kratzte sich verlegen am Hinterkopf während er rot wurde.

Akai verschluckte sich an seinem Kaffee und auf Merlots Gesicht schlich sich ein hinterhältiges Grinsen.

"Ich will euch dann mal nicht weiter stören...", fing Camel an, wurde jedoch von Merlot unterbrochen.

"Ach was! Du störst doch nicht!", sagte sie zuckersüß und schmiegte sich an Akai. Dieser war noch am Husten, was seinem Auge leider überhaupt nicht gefiel und sich mit verstärktem Schmerz beschwerte.

Camels Gesicht wurde noch mehr rot und er wusste offensichtlich nicht wohin mit sich.

Sobald sich Akai wieder beruhigt hatte, stand er jedoch einfach auf und setzte sich an den Tisch.

Merlot zog einen Schmollmund, als sie ihn einfach so allein auf dem Bett sitzen ließ.

"Wir haben KEINE Beziehung dieser Art.", stellte er richtig und sah Merlot dabei mit einem Blick an, der sie daran hinderte ihm zu widersprechen.

"Spaßverderber!", sagte sie daraufhin nur und streckte ihm die Zunge raus.

Camel sah verwirrt zwischen den Beiden hin und her.

"Wir sind uns begegnet, als ich versucht habe mehr Informationen über Rum zu bekommen.", erklärte er seinem Kollegen.

"Bevor sie mir verraten hat, wo genau sich Rum aufhalten könnte, hat sie mir das Versprechen abgenommen, dass ich ihr helfe ins Zeugenschutzprogramm zu kommen. Sie war lange bei der Organisation, konnte ihnen aber nicht entkommen. Bisher hat sie sich geweigert irgendetwas zu erzählen, weil sie sich nicht sicher war, ob sie dadurch als treues Mitglied der Organisation eingestuft und entsprechend behandelt werden würde."

"Achso... das ist schon verständlich.", erwiderte Camel auf Akai's Aussage und wandte sich dann an Merlot.

"Aber da hätten Sie sich wirklich keine großen Gedanken machen müssen.", meinte er, worauf er von Merlot ein unschuldiges Lächeln zurück bekam.
 

Es folgte ein noch langes Gespräch, Camel war zudem neugierig, wie die Beiden sich überhaupt kennengelernt hatten und was sie die ganze Zeit zusammen getrieben haben. Es fiel sowohl Akai als auch Merlot schwer darauf ehrliche Antworten zu geben, besonders, weil Gin in dieser vergangenen Zeit nicht mehr auftauchen durfte. So dachte sich Merlot spontan ein paar neue gemeinsame Ereignisse aus, die angeblich nur sie und Akai geteilt haben sollten. Manchmal musste Akai sie dabei unterbrechen, bevor es noch zu irgendwelchen Missverständnissen gekommen wäre. Merlot hatte dies natürlich nur gesagt um den jungen Mann ein wenig zu ärgern, was Camel auch bemerkte. Dieser war ebenso überrascht, wie die Frau, die sich die letzten Tage weigerte auch nur ein Wort zu sagen, jetzt plötzlich reden konnte wie ein Wasserfall. Er hatte sie falsch eingeschätzt, hielt sie für eine schüchterne Frau - doch das war sie keinesfalls.

Die Zeit verging schnell und ehe sich die Drei versahen, kam auch schon eine Krankenschwester herein, welche Akai an das Abendessen, welches sie gleich bringen würde, erinnerte.

Akai war recht zufrieden mit dem Ergebnis des heutigen Nachmittags, die Ablenkung tat ihm und besonders seinem Auge sehr gut. Auch wusste er, dass er Merlot wahrscheinlich nicht mehr wiedersehen würde, wenn diese gleich nach der Verabschiedung durch die Tür schreiten würde. Camel ging aus Höflichkeit schon mal aus dem Raum, damit sich die Zwei ordentlich verabschieden konnten.
 

"Tja... ich schätze, das wird so etwas wie ein 'Lebe Wohl' Herr FBI Agent." Merlot trat zum Tisch, an welchen Akai bis eben gesessen hatte.

Zur Verabschiedung erhob er sich aus dem Stuhl.

"Sieht wohl so aus. Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft. Du wirst das schon schaffen..."

Die Frau war ganz überrascht, dass Akai überhaupt in der Lage war, ihr gegenüber solch nette Worte zu sagen.

"Das hoffe ich. Vermiss' mich bloß nicht zu sehr!", kam es lachend und sie klopfte ihrem Gegenüber auf die Schulter, der ausnahmsweise gegen diesen kleinen Spaß nichts einzuwenden hatte.

"Ich glaube, so jemanden wie dich treffe ich wohl nie wieder.", wechselte Merlot plötzlich ihre Tonart.

Akai wusste nicht, ob er dies als ein Kompliment hinnehmen sollte.

"Ich gedenke es wäre besser, wenn ich so Einer wie dir lieber nicht mehr begegne.", wieder zwang er sich ein Lächeln auf.

"Stimmt. Besser du nimmst keine Kinder mehr bei dir auf, die durch ein Mittel der Organisation geschrumpft wurden.", entgegnete Merlot lachend, offenbar hatte sie Akai's Aussage nicht all zu ernst genommen, was ihn erleichterte. Doch da erinnerte er sich ungewollt wieder an Gin, was die Wissenschaftlerin sofort aus seinem Gesichtsausdruck deuten konnte.

"Glaubst du, du wirst ihn finden?", fragte sie, wobei sie sich erhoffte, dass Akai diesen Kerl finden würde. Denn, dass Gin so leicht davon kommen würde, gönnte sie ihm auf keinen Fall.

"Schätze das sollte ich, wer weiß was passiert, wenn er mich zuerst findet.", meinte der Agent nachdenklich, jetzt wurde Merlot auch kurz nachdenklich. Es interessierte sie schon ein wenig, ob es nicht vielleicht doch Gin sein würde, der nach Akai suchen wird.

"Was sollte er anderes vorhaben? Wenn er doch nicht mehr zur Organisation kann...", dachte sie, hätte es am Liebsten laut ausgesprochen, doch scheinbar dachte Akai ungefähr das Gleiche.

"Meinst du, es geht ihm jetzt gut? Wo auch immer er gerade ist..." Seine Frage bestätigte dies.

"Ach bestimmt. Mach dir mal keine Sorgen. Ich meine, das ist Gin.", wollte Merlot ihn ein wenig aufheitern, wobei sie Recht hatte. Gin würde sich nicht so leicht unterkriegen lassen - vorausgesetzt er steckt nicht im Körper eines 12-Jährigen.

"Da hast du wohl Recht.", musste Akai sich eingestehen.

Kurz darauf hielt Merlot ihm ihre Hand entgegen.

"Dir übrigens auch alles Gute, dass du bald wieder vollständig genesen bist." Sie grinste ihn schelmisch an.

Als Akai ebenso seine Hand ausstrecke, griff Merlot plötzlich um sein Handgelenk und zog ihn zu einer Umarmung heran.

Kurz war Akai über die Geste erschrocken, ließ sich jedoch trotzdem auf diese erste und letzte Umarmung ein.

"Danke, für alles.", kam es leise von Merlot hinter seinem Rücken. Es hätte nie ehrlicher von ihr klingen können und daher war Akai froh, diese Worte noch hören zu dürfen.

"Ich habe dir zu danken.", klopfte er die Frau leicht auf den Rücken, dabei hätte er sich gern für Gin mit bedankt.

Kurz herrschte Stille. Sie verblieben noch eine Weile so, bis die Krankenschwester wieder in ein Zimmer trat mit einem Tablett in beiden Händen. Sie sagte jedoch kein Wort um diesen Augenblick nicht vollständig zu unterbrechen.

Langsam glitten Merlot's Hände von Akai's Rücken und sie wich wieder zurück. Keine Worte, ein Lächeln beiderseits genügte, um diese Verabschiedung zu akzeptieren. Akai wendete seinen Blick nicht ab, während Merlot den Raum verließ. Das war wohl das einzige Mal, dass er sich nicht so schnell von dieser Frau abwenden wollte.
 

Die Schwester wartete, bis die Tür sich geschlossen hatte. Akai starrte diese immer noch an, auch wenn dort längst niemand mehr stand. Das Geräusch des Tablettes auf dem Tisch neben ihm riss ihn aus seiner Trance.

Erst jetzt bemerkte er, dass es Suppe zum Abendessen gab, mit einem Glas Wasser dazu. Da bedauerte er für einen kurzen Moment, seinen Kaffee bereits ausgetrunken zu haben.

"Brauchen sie noch etwas?", wollte die Schwester wissen, während Akai sich zu Tisch setzte.

"Nein, vielen Dank.", lehnte er ab.

"Wundern Sie sich nicht, morgen früh wird Sie der Arzt besuchen und sich nach Ihren Zustand erkundigen.", gab die Frau noch Bescheid bevor sie das Zimmer verließ.

Nun herrschte wieder Stille, abgesehen von dem Ticken der Uhr, welche sich neben dem Fenster befand.

Akai starrte auf die leicht dampfende Suppe, dann wanderte sein Blick über den Tisch zum leeren Stuhl gegenüber. Er erinnerte sich, bis vor kurzem noch mit dem kleinen Gin gemeinsam zu Abend gegessen zu haben. Als er noch das Essen zubereitet hatte und es manchmal Mühe kostete, in dem Jungen Appetit zu wecken. Akai sah Gin emotionslos in seinem Essen stochern während er abwesend ins Leere starrte.

"Ich darf nicht an ihn denken!", ermahnte der junge Mann sich plötzlich selbst und fasste sich an die Stirn.

Bevor er noch in Gedanken versank, beschloss er, lieber anzufangen die Suppe zu essen um sich etwas abzulenken. Leider verging ihm nach ein paar Löffeln schon der Appetit und er ließ den Löffel achtlos in sie Suppe gleiten. Er trank nur noch sein Wasserglas leer, bevor er wieder ins Bett huschte.
 

An diesem Abend schlief Akai nicht so schnell ein. Ihn quälten reichliche Erinnerungen an Gin. Ob er es wollte oder nicht: Er machte sich Sorgen. Es gab keine Garantie dafür, dass die Organisation den Silberhaarigen nicht vielleicht doch finden würde oder dieser sogar doch aus irgendwelchen Gründen wieder dorthin zurückgeht. Krampfhaft versuchte Akai diesen Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen. Da begann sein Auge auch wieder schmerzhaft zu pochen. Ein zusätzliches Problem, was ihn ebenso nicht einschlafen ließ.

Aus dem Grund kam es dem Agenten auch nur wie ein kurzer Wimpernschlag vor, als er sein Auge schloss und letztlich einschlief - bis sich plötzlich die Tür öffnete und es schon der nächste Tag war.

Arzt

Müde blinzelte Akai der Schwester entgegen, welche die Vorhänge vom Fenster zurück schob und es zum lüften öffnete.

"Guten Morgen!", sagte sie freundlich und für seine Stimmung etwas zu gut gelaunt.

"Der Arzt kommt gleich vorbei und will sich Ihr Auge ansehen. Bei der Gelegenheit werden wir auch gleich den Verband wechseln.", klärte sie ihn auf. Ohne auf eine Reaktion des müden Agenten abzuwarten war sie auch schon wieder verschwunden.

Akai ließ sich nochmal kurz ins Kissen zurück sinken und gestattete es sich nochmal kurz sein Auge zu schließen, bevor er das Bett verließ und in das kleine angrenzende Bad ging. Bisher hatte er es vermieden einen Blick in den Spiegel über dem Waschbecken zu werfen, was durch sein eingeschränktes Sichtfeld auch nicht sonderlich schwierig war.

Nachdem er sich jetzt jedoch etwas Wasser ins Gesicht gespritzt hatte, richtete er den Blick ganz bewusst auf sein Spiegelbild. Ein dunkler Augenring war unter seinem linken Auge erkennbar und seine Haut war recht blass. Am auffälligsten war natürlich der Verband, welcher sein rechtes Auge verbarg und der über Stirn und Hinterkopf gewickelt war, damit er nicht verrutschte. Ohne den Blick abzuwenden, strich Akai langsam mit einer Hand über den Verband, während er sich mit der anderen am Waschbeckenrand abstützte.

"Wie es wohl darunter aussieht?", fragte er sich unweigerlich und schon musste er wieder an Gins Gesicht in dem kurzen Moment vor dem Schuss denken. Er schüttelte den Kopf, um das Bild zu vertreiben und bereute diese Entscheidung sofort. Stechender Schmerz fuhr ihm bei der schnellen Bewegung durch das Auge und er musste sein schmerzvolles Stöhnen unterdrücken. Jetzt bereute er es, gestern Abend keine Schmerztablette genommen zu haben.

Akai stützte sich wieder mit beiden Händen am Waschbecken ab und wartete, bis sich der Schmerz zu einem dumpfen Pochen verringert hatte, dann spritzte er sich noch einmal Wasser ins Gesicht, trocknete sich die Hände am daneben hängenden Handtuch und verließ das Bad genau in dem Moment, in dem der Arzt das Zimmer betrat.
 

"Oh, Sie sind ja schon auf den Beinen!", begrüßte ihn dieser freudig überrascht.

"Ja, ich halte es nicht lange im Bett aus.", antwortete Akai ihm.

"Überstürzen Sie aber nichts. Unsere Augen tragen erheblich zu unserem Gleichgewichtssinn bei und die Schmerzen spielen dabei ebenso eine Rolle wie das eingeschränkte Sichtfeld und die fehlende Entfernungseinschätzung. Immerhin haben sie nicht nur ein Auge, sondern damit auch die Fähigkeit des räumlichen Sehens eingebüßt.", belehrte der Arzt ihn.

"Naja, bei kurzen Distanzen ist es schon etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich denke daran gewöhne ich mich recht schnell. Aufgrund meines Berufes bin ich es gewohnt öfter mit einem Auge zu sehen als mit Beiden.", meinte Akai nur und setzte sich auf die Bettkante.

"Sie scheinen schon recht gut unterwegs zu sein.", stellte der Arzt fest. "Wie ist es mit Schwindel? Eventuell Übelkeit wenn Sie sich aufrichten?"

"Vorgestern war mir noch etwas schwindelig, gestern ging es aber schon deutlich besser. Als ich heute aufgestanden bin, war es nur ganz kurz, jetzt habe ich keinen Schwindel mehr. Übel war mir die ganze Zeit nicht.", gab Akai an.

Der Arzt notierte etwas in seiner Akte und Akai sah zur Tür als er hörte, wie sich diese erneut öffnete. Eine Schwester eilte mit frischen Verbänden in der Hand ins Zimmer und entschuldigte sich: "Verzeihung Herr Makanzie, ich wurde von einem anderen Patienten aufgehalten."

"Alles gut, wir haben gerade erst angefangen.", meinte der Angesprochene und wandte sich wieder an Akai.

"Wir werden jetzt den Verband entfernen. Ich werde mir ansehen, wie die Wunde aussieht und dann wird die Schwester Ihnen eine neuen Verband machen."

"In Ordnung.", sagte Akai. Während die Schwester ihm den Verband abnahm stellte der Arzt noch eine weitere Frage: "Wie sind die Schmerzen?"

"Es geht. Zum größten Teil habe ich ein Druckgefühl auf dem Auge und einen dumpfen Schmerz. Bei schnellen Bewegungen auch mal ein stechender oder pochender Schmerz. Der gibt sich jedoch recht schnell wieder.", versuchte Akai es herab zu spielen. Er wollte nicht länger als unbedingt nötig hierbleiben.

Der Herr Makanzie betrachtete ihn nachdenklich und trat zu ihm sobald die Schwester den Verband vollständig entfernt hatte. Zuletzt nahm sie eine kleine Kompresse ab, welche die Feuchtigkeit aufsaugen sollte. Frische Luft strich über Akais Auge, welches sich seltsam fremd anfühlte. Es war wie betäubt und erst als er von Herrn Makanzie aufgefordert wurde sein Auge zu öffnen wurde ihm bewusst, dass er dieses wohl geschlossen gehalten haben musste.

"Es ist gut zu sehen, dass es nicht wieder geblutet hat.", stellte der Arzt fest. "Nicht erschrecken, ich taste die Umgebung des Auges etwas ab. Das kann etwas unangenehm sein und eventuell auch weh tun, das bitte ich Sie mir dann aber mitzuteilen.", warnte er seinen Patienten bevor Akai schon spürte wie Finger leicht über seinen Wangenknochen und die Schläfe entlang tasteten. Auch dies fühlte sich unangenehm fremd an.

"Das Auge ist noch gerötet, die beschädigten Äderchen im Auge sind jedoch bereits geschlossen, wenn auch noch gereizt.", diktierte der Arzt der Schwester, welche fleißig Notizen in die Krankenakte machte.

„Die Lieder und Tränensäcke sind noch gerötet und geschwollen... Wie fühlt es sich an, wenn ich hier entlang streiche?", wurde Akai daraufhin gefragt.

"Etwas taub."

"Schmerzen?"

"Nicht mehr als zuvor.", gab Akai an.

Der Arzt nickte und trat ein paar Schritte zurück. "Wie fühlt es sich an, das Auge zu öffnen und zu schließen?"

Akai tat dies ein paar Mal um die richtigen Worte zu finden.

"Rauh...ein wenig wie Sandpapier. Jede kleinere Luftbewegung ist unangenehm.", gab er zu.

Erneut nickte Herr Makanzie.

"Das rauhe, was sie spüren sind die Unebenheiten, welche durch die Verletzung entstanden sind. Insgesamt verheilt ihr Auge jedoch gut. Heute machen wir noch einmal einen festen Verband, ab morgen sollte aber ein leichterer reichen. Das Auge benötigt zur vollständigen Heilung auch Luft und sollte daher nicht ständig verbunden sein. Momentan benötigt es aber noch Ruhe, deswegen für heute nochmal der feste Verband.", erklärte der Arzt bevor Akai irgendwelche Fragen stellen konnte.

"Wir sehen uns dann in zwei Tagen wieder und zögern Sie nicht, die Schmerztabletten zu nehmen. Es gibt keinen Grund sich unnötig zu quälen. Sie brauchen den Schlaf und die Ruhe um sich zu erholen."

Obwohl sich Akai bei den letzten Worten des Arztes irgendwie ertappt fühlte, bedankte er sich und ehe er sich versah war Herr Makanzie schon durch die Tür auf dem Weg zum nächsten Patienten.

"Das sind wirklich gute Neuigkeiten.", sagte die Schwester, welche noch im Zimmer war. "In der Tat." stimmte Akai ihr zu.

Sie verband ihm das Auge erneut und der Agent stellte fest, dass es doch angenehmer war, das Auge bedeckt zu haben. Mit den Worten "Ich bringe Ihnen gleich ihr Frühstück." verließ schließlich auch die Krankenschwester das Zimmer.
 

Mit langsamen Schritten tapste Akai zum Tisch. Als er sich gesetzt hatte, kam auch schon die Krankenschwester mit einem Tablett in das Zimmer. Auf diesem erblickte Akai Brot mit zwei verschiedenen Marmeladensorten. Mürrisch verzog er das Gesicht, der Anblick war nicht wirklich appetitlich.

"Bestimmt ist das Brot trocken...", vermutete er und starrte in die leere Tasse daneben.

"Tee?", wurde er plötzlich von der Schwester neben ihn gefragt, da erhoffte sich Akai, dass diese seinen Gesichtsausdruck zuvor nicht bemerkt hatte.

"Ja bitte.", meinte er und war überrascht, dass es diesmal kein Wasser dazu gab.

Die Frau goss mit einer Kanne heißen Tee in die Tasse. Ein Pfefferminzduft stieg in Akai's Nase. Das war eigentlich nicht die Art Tee, die er gern trank und er erinnerte sich wieder, wie er dem kleinen Gin ab und zu auch einen Tee zubereitet hatte.

"Bei dem Gewitter hatte er die Tasse fallen lassen...", kam dem Agenten wieder in den Sinn und er sah zum Fenster, durch welches jedoch die Sonne schien. Er hatte schon gar nicht mehr bemerkt, dass die Schwester noch irgendetwas gesagt hatte bevor sie gegangen war, weshalb er sich kurz verwundert umsah als er feststellte, wieder allein zu sein.

Nach einem Bissen vom Brot legte er dieses wieder auf den Teller ab, wie er erwartet hatte war es tatsächlich trocken.

"Du musst aber etwas essen.", hörte er plötzlich seine eigene Stimme in Gedanken, eigentlich an Gin gerichtet.

"Außerdem hatte ich mich nur in die Küche gestellt, weil du mir sagtest, dass du Hunger hast...", führte er seinen Satz von damals laut fort und begann zu lachen. Er empfand es als witzig, sich schon wieder an gemeinsame Momente mit Gin zu erinnern, obwohl er dies eigentlich vermeiden wollte.

Abwesend griff er zu dem Tee und realisierte erst zu spät, dass er daneben gefasst hatte und die Tasse stattdessen versehentlich umwarf.

Akai blickte erschrocken zur Seite. Zum Glück war die Tasse nicht auf dem Boden gefallen sondern nur der Inhalt tropfte vom Tisch.

Seufzend richtete er die Tasse auf und schob das Tablett von sich weg.

"Ich sollte mich mehr konzentrieren...", riet er sich selbst um nicht noch mehr Missgeschicke anzurichten. Er war nicht motiviert dazu den vergossenen Inhalt wieder aufzuwischen und suchte lieber wieder sein Bett auf. Eine Schwester würde sich schon darum kümmern, wenn sie herein käme. Zumal er sich in seiner Lage ohnehin nicht bücken konnte.
 

Es war nur ein kurzer Moment, in welchem Akai eingeschlafen war. Eine Krankenschwester weckte ihn leicht aufgebracht.

"Ist mit Ihnen alles in Ordnung?", hörte der Agent ihre Stimme plötzlich und öffnete langsam sein Auge.

"J-Ja...", antwortete er während er noch nicht ganz bei sich und etwas müde war.

"Ich dachte schon, es sei irgendwas passiert... Sie haben Ihr Essen nicht angerührt...", erklärte die Schwester ihm, das hatte Akai natürlich nicht vergessen.

"Es tut mir leid, mir fehlte es an Appetit.", meinte er und setzte sich auf. Besorgt betrachtete die Krankenschwester ihn.

"Sie müssen sich wirklich mehr Ruhe gönnen. Seit ihrer Ankunft hier haben Sie einen Besuch nach dem anderen und.…"

"Das ist schon okay so.", unterbrach Akai sie. "Das sind immerhin wichtige Besuche.", versuchte er sie zu überzeugen, doch der misstrauische Blick verriet ihm, dass sie nicht wirklich überzeugt war.

"Soll ich das Mittagessen noch stehen lassen?", fragte sie ihn zur Sicherheit.

Gerade wollte Akai ablehnen als er stutzte...."Mittagessen?"

Erst jetzt betrachtete er das Tablett auf dem Tisch genauer und bemerkte, dass dort ein anderer Teller drauf stand.

"Nein, ich esse später noch eine Kleinigkeit, lassen Sie den Teller bitte noch da.", sagte er daraufhin.

"Ok, stellen Sie ihn dann einfach zum Abendessen mit auf das Tablett, das hier muss ich jetzt mitnehmen. Sie haben übrigens bereits wieder Besuch. Ich hatte eigentlich vor ihn wegzuschicken…"

"Lassen Sie ihn bitte kommen. Mit geht es wirklich gut."

Die Schwester seufzte. "Ich habe befürchtet, dass Sie das sagen. Ich schicke ihn gleich rein."

Bevor die Krankenschwester das Zimmer verließ, stellte sie den Teller mit Kartoffeln und Gulasch auf den Tisch und nahm das Tablett mit.

Auf dem Dach

Akai seufzte und setzte sich im Bett auf. Wirklich Hunger hatte er noch nicht, aber das konnte sich später ja noch ändern. Jetzt drehte er den Kopf zur Tür und erwartete einfach den Besuch, welcher bestimmt nicht lange brauchen würde um zu kommen. Immerhin klang die Krankenschwester etwas genervt und hatte vermutlich schon zuvor versucht den Besuch von ihm fernzuhalten.

"Die Ablenkung verhindert aber, dass ich zu sehr ins Grübeln gerate."

Genau wie der Agent gedacht hatte, öffnete sich auch schon kurz darauf die Tür. Als erstes sah er Jodie, doch da sie einen Moment wartete bevor sie den Raum betrat, senkte Akai den Blick und bemerkte so auch Conan.

"Hallo! Ich habe gehört, dass Sie bei einer Mission verletzt wurden und erst vorgestern wieder aufgewacht sind! Wie geht es Ihnen?", begrüßte der Junge ihn fröhlich.

"Im Vergleich zu vorgestern schon besser, wenn ich mir Shu so ansehe.", stellte Jodie fest und ersparte Akai somit die Antwort.

"Ja, ich bin noch etwas müde, aber es wird mit jedem Tag besser.", sagte der Agent daher, während sich die Beiden einen Stuhl neben das Bett stellten.

"Tut es sehr weh?", wollte der Kleine Detektiv wissen.

"Es geht.", log Akai.

"Wirklich? Sie haben Ihr Mittagessen scheinbar nicht angerührt und in der Tablettenbox sind noch so viele Schmerztabletten, da haben Sie bestimmt kaum welche genommen! Die Schmerzen verhindern, dass Sie tief schlafen können und deswegen sind Sie auch so müde!", stellte der Junge fest.

"Ertappt.", dachte Akai. "Ich vertrage Schmerztabletten leider nicht sonderlich gut und kann daher nicht so viele nehmen.", erklärte er daher von einem logischen Standpunkt aus.

"Ach so! Dann ist ja gut!", antwortete Conan.

"Wie macht sich denn die Frau, welche gestern noch hier war?", fragte Akai Jodie. Merlots Codenamen wollte er vor Conan nicht benutzen und Merlots richtigen Namen kannte er nicht, aber Jodie wusste auch so wen er meinte.

"Sie geht dem armen Camel ganz schön auf die Nerven. Ich weiß ja nicht, was du mit ihr angestellt hast, aber sie plappert unentwegt. Ich bin echt froh, heute nicht bei ihrer Befragung dabei sein zu müssen."

Akai lachte leicht. "Das kann ich mir vorstellen. Es war schon erstaunlich, dass sie solange durchgehalten hat!"

Conan lauschte dem Gespräch aufmerksam. "Um wen geht es denn?"

Akai richtete den Blick auf ihn.

"Um eine junge Frau, welche mir bei der letzten Mission ordentlich geholfen hat. Um sie vor der Organisation zu schützen wird sie jetzt ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen. Wie geht denn dem Professor? Hat er sein neues Gerät fertigstellen können?", versuchte er vom Thema abzulenken.

Conan zögerte kurz, eigentlich wollte er wohl noch etwas fragen, entschied sich nach einem weiteren Blick zu Akai jedoch um.

"Nein. Wie ich es befürchtet habe ist es ihm nach vier Tagen um die Ohren geflogen, als er versucht hat den Fehler zu beheben, der dafür gesorgt hat, dass immer nur das vorherige Ergebnis angezeigt wurde und nicht das aktuelle."

"Eine neue Erfindung?", fragte Jodie neugierig.

"Ja, aber wie so viele ein vollkommener Fehlschlag. Jetzt versucht er gerade...."

Akais Gedanken drifteten ab. Er schaffte es zwar noch dem Gespräch soweit zu folgen, dass seine Antworten sinnvoll waren und den anderen Beiden nichts auffiel, doch gedanklich war er mal wieder bei Klein-Gin. Er musste an den Tag denken, an welchem er sich durch einen Fehler seinerseits zu erkennen gegeben hatte und was danach folgte.

Als sich Jodie und Conan schließlich verabschiedeten, waren mal wieder einige Stunden vergangen.

Müde lehnte sich Akai im Bett zurück und betrachtete den Teller vom Mittagessen.

"Schätze das bringt jetzt auch nichts mehr, es gibt eh gleich Abendessen...", dachte er bevor er beschloss seinem Auge noch eine kurze Pause zu gönnen.
 

Es dauerte nicht lange und der Agent wurde von dem geräuschvollen Öffnen der Tür geweckt. Eine neue Krankenschwester kam herein, stellte das Essenstablett auf dem Tisch und verschwand ohne ein Wort mit ihm zu wechseln.

"Na die hat ja gute Laune.", dachte Akai, stand aber auf und setzte sich an den Tisch. Es gab erneut Suppe, die ihm aufgrund seines jetzt doch großen Hungers aber recht wenig erschien. Zum Glück hatte es zum Mittagessen Kartoffeln gegeben und mit denen konnte er die Suppe verlängern, wodurch er zum einen mehr zum Abendessen hatte und die Suppe zum anderen auch nicht mehr so heiß war.

Eine Weile später kam die gleiche schlechtgelaunte Schwester und holte das Tablett ab. Um ehrlich zu sein störte Akai ihre abweisende Art nicht mal sonderlich, denn so musste er nicht den gutgelaunten, freundlichen Patienten mimen. Da ihm wohl oder übel ohnehin nichts anderes übrig blieb und es bereits abends war, beschloss er sich wieder aufs Ohr zu hauen.

Im Bett liegend wanderte sein Blick kurz zu einem Fernseher, der über dem Tisch hing. Das wäre wohl auch eine Möglichkeit sich die Zeit zu vertreiben, doch Akai hielt es für sehr unwahrscheinlich, dass dies seinem noch verbliebenen Auge gut tun würde. Zudem wäre es mit einem Auge wohl anstrengender fern zu sehen.

Vorsichtig drehte er seinen Kopf zum Beistelltisch, fragend ob er vielleicht wieder eine Schmerztablette nehmen sollte, wie es ihm der kleine Detektiv von vorhin noch empfohlen hatte. Lieber beschloss der Agent aber erst mal zu warten, falls er wirklich wieder Probleme beim einschlafen haben sollte, könnte er im Nachhinein noch eine Tablette nehmen.

Während er sein Auge schloss, wünschte er sich, dass es ein Mittel gäbe, dass ihn Gin mal nur für einen Tag vergessen lassen würde. So hätte er wenigstens Zeit sich über andere, womöglich wichtigere Dinge Gedanken zu machen. Der Silberhaarige raubte ihm wirklich alles an Konzentration.

Schließlich gab Akai auf, seine Gedanken und Sorgen zu verdrängen. Es war ihm letztlich doch egal an was und wen er dachte, solange er überhaupt schnell einschlafen könnte – und umso schneller das geschehen würde, desto weniger Zeit hätte er an Gin zu denken. Aus dem Grund beschloss Akai, sich schnell von Müdigkeit einholen zu lassen und möglichst rasch in einen tiefen Schlaf zu verfallen…
 

...
 

Die Geräusche von langsamen Schritten erfüllten den leeren, dunklen Flur im Krankenhaus. Das einzige Licht wurde von einem Warnschild erzeugt, welches zu einem Notausgang deutete. Doch dieser Ausgang war nicht das Ziel jener Person, die gerade durch den Gang schreitete.

Hätte man jetzt einen Blick in das Zimmer von Akai geworfen, wäre das Bett dort drin nun leer gewesen. Er wusste nicht, dass er sein Bett verlassen hatte. Er wusste ebenso wenig, dass ihm eine kräftige Person dazu unbemerkt verholfen hatte und ihn scheinbar gerade auf ihren Händen die Treppe hinauf trug.

Er schlief bis zu dem Moment, als er ein dumpfes knarren einer Tür vernahm. Doch er hatte nicht gehört, wie diese geöffnet wurde, scheinbar war sie das bereits zuvor gewesen. Die Person, die ihm fest im Arm hielt, beachtete das weitere Warnschild nicht, welches eindeutig darauf hinwies, dass das Betreten dieses Bereiches verboten sei.

Mit geschlossenem Auge spürte Akai, wie kühle Luft seine Haut berührte. Er nahm den frischen Wind an seinen Ohren wahr, der zugleich sein Haar durchwehte.

"Bin ich etwa draußen…?" Erst in diesem Augenblick bemerkte er, dass sein Körper sich immer weiter fortbewegte, auch wenn seine eigenen Beine nicht dafür gesorgt hatten.

Plötzlich stoppte die vermeintlich unbekannte Person. Am Rand des Daches blieb sie stehen.

„Der Mond ist so schön heute Nacht...“, begann eine tiefe Stimme zu reden.

Akai hörte sie nur schwach, doch merkte dennoch, dass die Stimme ihm vertraut war.

„Präge dir dieses wunderschöne Szenario gut ein, denn sie wird das Letzte sein, was du siehst...“ Der Mann ließ seinen Blick wandern. Er wusste bereits, dass Akai wach war, trotz keinerlei Regung und geschlossenem Auge.

"Wer ist das…?" Akai wollte ihn ansehen, doch ein unerklärliches Gefühl hinderte sein Vorhaben. Sein Körper war wie gelähmt und vollkommen den Händen des Mannes überlassen, der ihn gerade trug.

Akai war sich sicher, ihn zu kennen, doch noch wollte kein Gesicht vor seinem Auge erscheinen.

"Freust du dich nicht? Zum Abschied von deinem Erzfeind auf Händen getragen zu werden?" Der Mann senkte seinen Kopf und sah den Agenten direkt an. Nun konnte auch dieser endlich sein Auge öffnen. Gin‘s Erscheinung, nach die er sich so sehr gesehnt hatte, offenbarte sich ihm.

„G-Gin?“, war das Einzige, was Akai‘s Lippen vor Verwirrung entwich.

Bevor er sich seiner Situation vollkommen bewusst werden konnte, breitete sich ein Grinsen in Gin‘s Gesicht aus, gewiss war es kein freundliches.

„Sayonara.“, sprach er und ließ Akai zu keiner Erwiderung mehr kommen. Dieser hatte die kurze Verabschiedung des Silberhaarigen nicht gehört, er sah nur, wie dessen Lippen sich bewegten und doch hätte er ihm das ausgesprochene Wort daran ablesen können.

Kurz darauf spürte er, wie sich Gin‘s warme Hände lockerten und sein schwacher Körper ihm entglitt.

Er stürzte in die Tiefe.
 

Schweißgebadet schreckte Akai auf und sah sich hastig im Zimmer um. Trotz Erleichterung, dass er sich noch im Bett befand, schlug ihm sein Herz bis zum Hals begleitet von einem Stich im rechten Auge.

"Nur ein Traum...", stellte er fest. Sein Blick richtete sich zur Uhr, es war gerade erst 5:00 Uhr morgens. Mit zitternden Händen goss er sich ein Glas Wasser aus der Flasche ein, welche ihm irgendeine Krankenschwester gebracht haben musste. Das Stechen in seinem Auge war zwar abgebrochen, doch sein beschleunigter Puls hallte in dem dumpfen, schmerzendem Pochen wieder und so entschloss er sich doch eine Schmerztablette zu nehmen. Danach lehnte er sich im Bett zurück.

Der Agent fuhr ich mit einer zitternden Hand durch die Haare und wie ein Mantra wiederholte er gedanklich: "Das war nur ein Traum....ein Traum....nichts weiter als ein Traum....reiß dich zusammen!!! .... Nur.... ein Traum."
 

Langsam beruhigte sich seine Atmung, doch sein Herzschlag brauchte länger. Als sich Akai erneut mit der Hand durch die Haare fahren wollte, bemerkte den kalten Schweiß auf seiner Stirn. Erneut schloss er sein Auge, atmete tief durch und stand dann langsam auf um sich in das Bad zu begeben.

Dort spritzte er sich Wasser ins Gesicht. Langsam beruhigte sich sein in Panik verfallener Körper und er konnte wieder klarere Gedanken fassen.

"Ich kann doch nicht ständig an Gin denken! Er verfolgt mich ja schon in meine Träume...." Doch langsam verblasste der Traum, nur den bitteren, enttäuschten Geschmack von Verlust, Todesangst und Trauer wurde Akai nicht so schnell los.

"Egal, wie ich es dreh und wende, es wird am Besten für uns sein, wenn wir uns nie wieder begegnen." Entschlossen diese Entscheidung ernst zu nehmen und auch nach seiner Entlassung daraufhin zu arbeiten, dass er ein Gin-freies Leben führen würde, verließ Akai das Bad und legte sich nach einem weiteren Glas Wasser wieder ins Bett.
 

Um etwa 8:00 Uhr kam eine Schwester herein, um Akai zu wecken. Er hatte schon fast wieder vergessen, dass ihm heute der Verband gewechselt werden sollte, was die Schwester ihm auch nach einer morgendlichen Begrüßung sofort mitteilte.

"Wie geht es Ihnen?", fragte sie, da ihr nicht entgangen war, dass ihr Patient in irgendeiner Weise mitgenommen wirkte.

"Es ist nichts, ich habe nur schlecht geschlafen.", versuchte dieser es wieder herab zu spielen.

"Haben Sie denn keine Schmerztablette genommen?", erfolgte sogleich die Frage als ihm der Verband und die Kompresse abgenommen wurden.

"Doch...", kam es daraufhin nur leise. "Wissen Sie schon, wann ich ungefähr entlassen werde?", versuchte Akai vom Thema abzulenken.

"Hmm so genau kann ich Ihnen das nicht sagen, da sollten Sie morgen mit dem Arzt sprechen.", meinte die Schwester während sie vorsichtig eine Augenklappe um seinen Kopf schnürte. Er hoffte wirklich, dass er nicht noch mehrere Tage hier bleiben musste. Noch etwas länger und er würde wahrscheinlich durchdrehen.

"Sie sollten darauf achten, dass der Verband nicht nass wird. Beim waschen können Sie ihn ruhig abnehmen, doch bitte vermeiden Sie das Wasser an die Wunde kommt.", belehrte die Schwester ihn als sie fertig war.

"Das werde ich.", bestätigte Akai daraufhin. Ehe er sich versah, war die Krankenschwester auch schon wieder weg, bevor sie noch Bescheid gab, dass das Frühstück bald fertig sein würde.

Nach einer Weile vibrierte plötzlich Akai's Handy auf dem Beistelltisch - das schien wohl die erste SMS seit Tagen gewesen zu sein.

Als Akai nachsah war es allerdings nur eine Entschuldigung von Jodie, die aussagte, dass sie heute nicht kommen könnte, da sie anderweitig zu tun hat.

"Dafür brauchst du dich wirklich nicht entschuldigen..." Akai war erleichtert, heute wohl keinen Besuch empfangen zu müssen.
 

Der restliche Tag verlief recht entspannt. Kurz versuchte Akai auch fernzusehen, doch das war mit einem Auge anstrengender als er vermutet hatte und so gab er es nach den Nachrichten auf. Diese zwang er sich jedoch durchzuhalten, immerhin wurde kurz von dem Brand in der Villa berichtet, aber die spärlichen Informationen brachten ihm auch nichts.

So ging er im er Zimmer auf und ab, setzte sich mal an den Tisch und mal an Fenster. Wie er feststelle, war es angenehmer in die Distanz zu sehen, sein Auge fühlte sich dabei deutlich wohler.

Obwohl sich der Agent zwischendurch immer wieder hinlegte, brachte ihm das, wenn er ehrlich war, nicht wirklich etwas. Schlafen konnte er nicht und wenn, dann verfiel er eher in eine Art Dämmerzustand aus dem er bei dem kleinsten Geräusch aufschreckte und was ihm mehr Energie kostete als brachte.

So war er am Ende des Tages doch erleichtert, als die Nachtschwester kurz bei ihm herein sah um zu sehen, ob alles in Ordnung sei und er bis zum nächsten Tag mit keiner Störung mehr zu rechnen hatte.

Müde stand Akai dann im Bad vor dem Spiegel und betrachtete die Augenklappe. Die Schwester hatte ihm zwar gesagt, er könne diese zum waschen abnehmen, doch irgendwie war er noch nicht bereit der Tatsache ins Auge zu blicken.

Ein leichtes Lächeln stahl sich auf seine Lippen.

"Welch passender Ausdruck...", dachte er bevor er sich schnell fertig machte.

Wieder am Bett betrachtete Akai nachdenklich die Tablettenschachtel mit den Schmerztabletten. Abgesehen von dem unangenehmen Druck verspürte er kaum noch Schmerzen im Auge, doch je nachdem wie schnell er sich bewegte kamen sie mit überraschender Intensität wieder.

Seufzend entschloss er sich doch dazu eine zu nehmen. Sein Schlaf war auch ohne Schmerzen schon unruhig genug.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So wie Akai und Gin bald ihr neues Zuhause betreten, bin ich ebenso froh wieder daheim zu sein. Ich war auf Klassenfahrt, daher die kleine Pause. :D
Viel Spaß bei den weiteren Kapiteln. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Da wären wir also endlich beim letzten Kapitel des ersten Teils der Geschichte angekommen. Natürlich wird die Fortsetzung bald veröffentlicht...denn das kann ja nicht so bleiben wie es jetzt ist xD

Ich möchte mich an die Leser bedanken, die die Geschichte bis hier her verfolgt haben und hoffe ihr werdet einen Blick in den zweiten Teil werfen. :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von: abgemeldet
2019-01-19T20:39:43+00:00 19.01.2019 21:39
Hayy <3
Hab die Geschichte ja nicht komplett gelesen, wie du weißt, steh auch nicht auf Yaoi, aber super FF. (☞゚∀゚)☞
Antwort von:  ginakai
26.01.2019 18:40
danke schatzi xD
Von:  Vicky2407
2018-09-25T18:17:33+00:00 25.09.2018 20:17
Will nicht warten muss wissen wie es weiter geht 😂 so unbefriedigend :(
Antwort von:  ginakai
26.09.2018 14:51
Die Fortsetzung geht bereits weiter :D
Von:  Vicky2407
2018-09-04T18:32:49+00:00 04.09.2018 20:32
Uh so spannend *-* bin gespannt wie es weiter geht
Von:  gin_vermouth
2018-08-27T16:10:44+00:00 27.08.2018 18:10
Echt Tolle Story :)
Bin gespannt wie es jetzt weiter geht ;D
Freue mich schon auf das nächste Kapitel
Antwort von:  ginakai
27.08.2018 20:02
Freut mich, dass sie dir gefällt. :)
Danke für deinen Kommentar


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