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Fate/Royale

von

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Noble Phantasm 2.0

Am liebsten hätte ich meinen Kopf ein paar Mal kräftig auf den Tisch gehämmert. Da tat Gilgamesh, ausgerechnet er von allen Irren, mit denen ich mich hier mehr oder minder freiwillig umgab, mal etwas Selbstloses und es brachte nichts. Es war zum Haareraufen! Am Ende war die Sammlung des Königs der Helden wohl einfach zu edel für jemanden wie mich. Vermutlich war es naiv gewesen, zu hoffen, eine der Schreibfedern von Gil wäre genau die eine, die sich in meinen Händen in ein magisches Werkzeug verwandeln würde. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr glaubte ich, dass überhaupt kein Schreibwerkzeug dieser Welt in meinen Händen zu einer magischen Feder werden würde, immerhin war ich ja gar keine Magierin – weder jetzt noch zu Lebzeiten. Der echte Caster lag auf meinen Knien und beleidigte mich mit lauter lästernder Bemerkungen, die nach und nach auf den Seiten des Zauberbuchs auftauchten, als habe sie jemand mit geschwungener, eleganter Handschrift, dort hineingeschrieben. Blödes Buch, schimpfte ich gedanklich auf den eigensinnigen Servant. Warum hatte es auch ausgerechnet mich in diesen verfluchten Gralskrieg ziehen müssen? Ich hatte ja wirklich nicht darum gebeten. Und anstatt mir zu helfen, machte es sich meistens nur über mich lustig. Die Male, die es getan hatte, was ich wollte, konnte ich problemlos an einer Hand abzählen. „Nerv nicht“, zischte ich das Buch kaum hörbar an, als es mir an den Kopf warf, dass ich mich vielleicht lieber dem König der Helden widmen sollte, anstatt weiterhin seine und meine Zeit mit meinen erbärmlichen Versuchen, eine magische Feder zu erschaffen, zu verschwenden. Wer zur Hölle hatte dieses Buch erschaffen, dass es sich benahm wie der letzte Vollarsch? Memo an mich: Das Ding in die Toilette tunken, wenn absehbar ist, dass wir den Krieg verlieren oder Gil den Rest übernimmt. Eines von beidem würde eintreten, es gab quasi keine andere Option, und wenn ich ehrlich war, lag meine Hoffnung eher auf Gilgamesh als dem eigenwilligen Zauberbuch.

Entmutigt legte ich die nächste von Gils Schreibfedern beiseite. Ein paar waren noch übrig, doch meine Erwartungen waren nicht besonders hoch. Meine magische Feder würde ich darunter nicht finden. Diese Schreibwerkzeuge waren allesamt wirklich schön und ohne Frage unfassbar wertvoll, doch keines davon hätte ich unter normalen Umständen auch nur in den Händen gehalten, geschweige denn verwendet. Sie passten überhaupt nicht zu mir. Als habe er meine Gedanken gelesen, seufzte nun auch der König der Helden neben mir, dessen Blick auf den beiseitegelegten Schreibfedern lag. Wenigstens las er nicht mit, wie mich das Zauberbuch herunterputzte. Am Ende täten die zwei sich noch zusammen und ich wusste echt nicht, ob ich das ertragen könnte, ohne beide anzuzünden. Es war unübersehbar, dass Gilgamesh mich nicht weniger harsch für mein Scheitern verurteilte, wie das Buch, nur dass er dafür nicht einmal etwas sagen brauchte. Sein Blick genügte völlig. Ich hasste es, dass sich mir die Kehle deshalb zuschnürte. Das Letzte, was ich jetzt wollte, war aus lauter Frust zu weinen. Verdammtes Frustheulen! Im Moment war dafür wirklich kein guter Augenblick. Besonders vor Gil wollte und durfte ich keine Schwäche zeigen, sonst würde er Eli und mich schneller absägen, als ich ihn King Bling nennen konnte. Also presste ich nur die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und versuchte, mich auf die nächste Schreibfeder zu konzentrieren, auch wenn ich das für Zeitverschwendung hielt.

„Caster“, sprach Gilgamesh mich plötzlich an und riss mich damit aus meiner kleinen Hassgedankenblase. Finster sah ich aus den Augenwinkeln zu ihm. Archers rote Augen verengten sich, als er sich zurücklehnte und ganz ohne Umschweife zum Punkt kam: „Womit schreibst du üblicherweise?“ Nicht mit so fancy Schreibfedern, so viel konnte ich ihm sicher sagen. Seufzend legte ich die Feder beiseite, die ich noch gar nicht probiert hatte. „Ich bin eher ein Kind der Moderne, also vermutlich Kugelschreiber oder Bleistift? Schreibfedern sind nicht gerade alltagstauglich im Vergleich“, gab ich ohne Umschweife zu. Dass ich noch kein sehr alter Geist war, wusste er wahrscheinlich sowieso längst. Entweder mein Verhalten oder meine Sprechweise mussten mich schon bei unserem ersten Aufeinandertreffen verraten haben. „Darum ist es wohl kein Wunder, dass keine deiner Federn, egal wie wertvoll oder schön sie sein mögen, in meinen Händen zu einer magischen Feder wird“, fügte ich leise hinzu, während ich Gils Schreibutensilien behutsam zurück in ihre Box legte, die ich dann schloss. „Dennoch danke ich dir für diese Gelegenheit.“ Das meinte ich sogar aufrichtig, auch wenn ich mich über seine abschätzige Art ärgerte. Gilgamesh tat üblicherweise nie etwas für andere, aber er hatte mir diese Schätze ohne zu zögern gegeben, das Risiko eingehend, dass ich einen davon verwandeln würde und er ihn damit verlöre. Welchen Preis er dafür verlangt hätte, wollte ich mir lieber nicht ausmalen, aber da er mich sowieso längst in der Tasche hatte, kam es darauf vermutlich eh nicht mehr an.
 

Unter den wachsamen Augen des Königs der Helden richtete ich mich schließlich, das Buch wieder zugeklappt und an meiner Hüfte hängend, auf. Hier herumzusitzen und dieses verfluchte Zauberbuch anzustarren, brächte mich auch nicht weiter. Vielleicht fand ich hier ja irgendwo einen Kuli, der nicht herumkleckste oder gar nicht schrieb, was die gefühlten zwei Extreme des typischen Werbegeschenk-Kugelschreibers waren. Das käme meinem üblichen Schreibutensil auf jeden Fall deutlich näher als die hübschen Schreibfedern und Griffel, die Gilgamesh ausgepackt hatte. Ich war sicher, in der Küche einen Kugelschreiber gesehen zu haben, also suchte ich dort zuerst. Den Stift fand ich, aber nachdem er schon beim ersten Schreibversuch auf meiner eigenen Hand zwei klebrige Kleckse hinterließ, strich ich das Plastikding direkt von meiner Liste potentieller magischer Federn. Mit Werbung für irgendein Küchenstudio wäre das wohl eh ziemlich seltsam gewesen. Eli hätte sicher einige Stifte, aber da sie schlief, kam es nicht in Frage, da hineinzuspazieren und meinen Master zu wecken. Mein Weg führte mich also zurück ins Wohnzimmer, wo ich die Schränke nach und nach öffnete und durchsuchte. In einem befanden sich, wie ich gewusst hatte, zahlreiche Brettspiele, aber die anderen hatte ich bisher auch noch nicht durchsucht. Erstaunt stieß ich auf ein ziemlich kitschiges Kuchenteller-Set mit pinkfarbenen Rosen und ziselierten Ranken am Tellerrand und eine erstaunlich große Auswahl an Blumenvasen. Wieso hatte Eli das denn alles? Man könnte glatt meinen, ihre Oma hätte einen Teil ihres Hausrats hergeschafft und dann hier vergessen. Oder Merlin, was angesichts der Umstände näher lag. Wenn es sich ergab, sollte ich Eli irgendwann mal danach fragen.

Als ich wenige Minuten später die unteren Türen der Schrankwand im Flur öffnete, fielen mir direkt Servietten entgegen. Hier herrschte völliges Durcheinander. Links stapelten sich Kuchenplatten, darauf ein geflochtenes Körbchen, in dem ich mehrere Eierbecher fand. Die Funde auf der rechten Seite waren ganz anderer Natur. Zahlreiche Kabel unbekannten Zwecks – das war wohl die berühmte Kabel-die-man-vielleicht-noch-irgendwann-braucht-Schublade von Eli – und eine Tastatur, die einfach darauf gelegt worden war. Irritiert nahm ich die Computertastatur heraus. Bisher hatte ich noch keinen Rechner in der Wohnung gesehen. Wieso hatte Eli eine Tastatur und dann noch so eine seltsame? Oberhalb der Funktionstasten hatte diese Tastatur eine Rille, die mich unwillkürlich an einen Notenständer denken ließ. Wortlos ließ ich mich vor dem offenstehenden Schrank auf dem Boden nieder und zog die Tastatur heraus. Sie war ein wenig eingestaubt, wirkte jedoch nicht alt. Probeweise drückte ich einige Tasten, die lautlos einsanken. Verklebt war die Tastatur also nicht. „Keine Ahnung“, murmelte ich leise, das Buch in die Hand nehmend, „wie ich mit dir Eli beschützen soll. Mit Internetzugang wär ich vermutlich nützlicher.“ Google wusste bekanntlich alles und so könnte ich immerhin mit Kriegstaktiken aufwarten. So jedoch war ich auf das Wohlwollen eines zickigen Zauberbuchs angewiesen, welches ich nun aufgeschlagen in die Rille der Tastatur klemmte. Wir beide kamen wirklich aus unterschiedlichen Zeiten. Das Buch war so alt, dass nur wenige das Privileg hatten, lesen zu können, während meine Generation das als selbstverständlich wahrnahm und es nicht selten vorzog, einander Nachrichten zu schreiben, anstatt miteinander zu sprechen. Es machte einfach überhaupt keinen Sinn, dass ausgerechnet ich zum Werkzeug für das Buch geworden war.
 

Mit einem leisen Seufzen tippte ich auf der Tastatur herum. Fühlte sich viel normaler für mich an als jeder Stift und ohne Zweifel wäre ich so auch sehr viel schneller. Ob Gilgamesh mich dabei beobachtete oder was er darüber dachte, war mir in diesem Moment herzlich egal. Sollte er halt mäkeln. Ich konnte nun einmal nicht ändern, wer ich war und ich wollte es auch überhaupt nicht. Mich hatte niemand gefragt, ob ich bereit war, an diesem Krieg teilzunehmen. Ich hatte keinen Pakt mit der Welt geschlossen, um einen Wunsch vom Gral erfüllt zu bekommen. Nein, ich war einfach so ohne jede Vorwarnung aus dem Leben gerissen worden, um mich hier von einem arroganten König und einer Giftspritze von Buch herumschubsen und auslachen zu lassen. Missmutig bemerkte ich die Buchstaben, die sich auf den aufgeschlagenen Buchseiten bildeten. „Schmollen hilft dir auch nicht weiter. Vielleicht solltest du Archer fragen, ob er dich mal ein wenig entspannt, damit du nicht mehr so verkrampft versuchst, meine Seiten zu bemalen.“ Ich dich auch, Arschloch. Vielleicht sollte ich Archer das verschissene Ding einfach zurückgeben, dann wäre ich auf jeden Fall deutlich entspannter. Was sich das Buch unter „entspannen“ vorstellte, konnte ich mir leider ein wenig zu gut vorstellen angesichts des bisherigen Kontexts der blöden Bemerkungen, die ich mir schon den ganzen Abend ansehen durfte. Vermutlich sollte ich dankbar sein, dass das Buch nicht auch sprechen konnte, sonst hätte ich vielleicht gar keine Ruhe mehr. Wahrscheinlich hätte ich das Mistding dann bereits verbrannt oder einfach Seite für Seite ausgerissen.

Außerdem war es wirklich lästig genug, dass Elisabeth aus irgendeinem seltsamen Grund zu glauben schien, zwischen Gil und mir wäre mal irgendetwas gelaufen, da musste das Buch nicht auch noch Öl ins Feuer gießen. Wieso sprach Gilgamesh da nicht mal ein Machtwort, zumindest Eli gegenüber? Wir konnten uns zu seinen Lebzeiten schlichtweg nicht getroffen haben, weil ich da noch lange nicht geboren gewesen war. Zwischen dem König der Helden und mir lagen Jahrtausende, jede Bekanntschaft aus Lebzeiten ausgeschlossen. Was die Magierin von damals anging, war ich obendrein eh der Ansicht, dass Gil nicht in sie verliebt gewesen war und sie garantiert noch viel weniger in ihn, immerhin hatte er ihr alles genommen und sie sogar in den Selbstmord getrieben. Klang für mich nicht unbedingt nach etwas, das ich als Liebe bezeichnen würde. Mich wunderte jedoch nicht, dass Gilgamesh keine Gewissensbisse wegen dieser Sache hatte. Ihm bedeutete ein einzelnes Leben vermutlich schlichtweg gar nichts, erst recht nicht das einer unbedeutenden Dorfzauberin. Für ihn musste das alles damals nicht mehr als ein Spaß gewesen sein, ein wenig Unterhaltung in seinem eintönigen Alltag. Vielleicht hatte er auch geglaubt, die Magierin wäre bald von ihm verzaubert oder er amüsierte sich schlichtweg darüber, dass genau das nicht geschah, was sie für ihn zu einer interessanten Person machte. Wusste der Himmel, was in Gils Hirn vorging. Liebe jedenfalls nicht, da war ich sicher, zumindest wenn man Selbstliebe ausklammerte. Ich rieb mir das Nasenbein, ein leises Seufzen auf den Lippen. So oder so musste ich Eli klar machen, dass Gil und ich uns nicht von früher kannten und dass wir ganz bestimmt niemals so etwas wie ein Paar sein würden. Der Gedanke war so absurd. Mir erschloss sich wirklich nicht, wieso Gilgamesh diese Fantasien nicht sofort im Keim erstickt hatte, immerhin war ich seiner doch als normale Sterbliche eh nicht würdig. Sollte er Artoria oder meinetwegen auch Arthur suchen und es mal mit einem weniger brutalen Heiratsantrag versuchen. Weniger Speer im Schenkel und mehr Blumen könnten helfen, ging es mir sarkastisch durch den Sinn.
 

Für den Moment allerdings war mein größtes Problem, dass ich keine magische Feder besaß oder besitzen würde, so wie es aussah. Und dann war da noch das Zauberbuch, das keine Chance ausließ, um auf mir herumzuhacken. Gute Teamarbeit suchte man bei uns wirklich vergeblich. Verkniffen starrte ich auf die Seiten des Buches, wo die letzten Worte bereits wieder verblassten und den nächsten Zeilen Platz machten. „Du wirst noch als alte Jungfer enden, wenn du deine und meine Zeit so verplemperst. Anstatt auf Plastik herumzutatschen, fass doch lieber jemanden statt etwas an, um...“ Den Rest des Satzes konnte ich nicht mehr lesen, weil das Buch plötzlich begann, so stark zu leuchten, dass ich instinktiv einen Arm vor die Augen hob. Was sollte das denn nun schon wieder? Wollte das blöde Buch jetzt auch noch angeben, dass es ja ach so magisch war und ich nichts ohne seine Hilfe? Das konnte ich jetzt wirklich nicht gebrauchen. Ich hatte wirklich nicht übel Lust, das Mistding in Brand zu setzen. Dann wäre Schluss mit diesen blöden Bemerkungen. Wenn einer von uns untervögelt war, dann eindeutig das olle Buch, so besessen, wie es von dem Thema war. Womöglich wollte es sich wünschen, ein Mensch zu werden, um genau an diesem Problem zu arbeiten, aber dafür brauchte es im Moment meine Unterstützung, verflucht nochmal! Irgendwo zwischen den mich blendenden Seiten musste doch genug Verstand zu finden sein, das zu begreifen. Wenn wir uns zusammentaten und Eli mit Gils Hilfe zum Sieg verhalfen, bekamen wir alle, was wir wollten. Eli ihre Familie, ich käme heim und das Buch könnte sich dann meinetwegen so lange mit Gilgamesh vergnügen, bis beide nicht mehr laufen konnten. Täte ihnen vielleicht ganz gut, ging es mir sarkastisch durch den Sinn.

Langsam nahm ich den Arm wieder herunter, als das Licht abebbte. Ein bläulicher Schein blieb jedoch zurück, dessen Ursprung ein Tablet war, das vor mir auf dem Boden lag, wo eben noch Tastatur und Buch gestanden hatten, die jetzt verschwunden waren. Verwirrt nahm ich das Tablet an mich und musterte es kurzerhand von allen Seiten. Einen Markennamen fand ich nicht, aber dafür auch sonst nichts Auffälliges. Soweit ich es beurteilen konnte, war das einfach nur irgendein stinknormales Tablet und hätte ich es bei Eli liegen sehen, hätte ich mir auch nichts weiter gedacht. Angesichts der Umstände war ich jedoch absolut sicher, dass es irgendetwas mit dem Zauberbuch zu tun hatte. Das konnte sich ja nicht einfach in Luft aufgelöst haben. Durfte ich wirklich darauf hoffen, dass das zickige Buch den Sprung in die Moderne gewagt hatte und jetzt ein Tablet war? Das erschien mir irgendwie zu viel des Guten, also sollte ich wohl lieber nicht zu optimistisch sein. Diesem Gedanken zum trotz ließ ich meine Finger hoffnungsvoll über den Rand des Tablets gleiten, um den Power-Knopf zu ertasten, den ich kurz drückte. Sofort erhellte sich das Display des Tablets und gab den Blick auf einen organisierten Desktop preis, auf welchem aus einer Ecke heraus eine dunkelblaue, katzenähnliche Kreatur sich ins Bild schob. Ich erkannte sofort, dass sie aussah, wie die Mini-Sphinxen von Ozymandias‘ Noble Phantasm, doch für jeden, der das noch nie gesehen hatte, musste das kleine Wesen aussehen wie eine Katze mit einem Galaxiemuster statt Pelz und einer Art Pharao-Helm, unter dem keine Augen hervorleuchteten, was bei näherer Betrachtung vielleicht ein wenig seltsam war. Oh und da waren natürlich auch noch die kleinen goldenen Flügelchen. Unnötig zu erwähnen, dass ich die kleinen Sphinxen absolut hinreißend fand und Ozymandias‘ Noble Phantasm damit natürlich für das niedlichste von allen. Gehörte ihm das Tablet etwa? Hatte irgendjemand mit irgendeinem magischen Trick es gegen mein Zauberbuch ausgetauscht? Falls ja, hatte man mir damit womöglich einen Gefallen getan, ging es mir kurz durch den Sinn, dann verjagte ich den Gedanken. So ein Unfug. Nein, hier war etwas anderes passiert, auch wenn ich mir keinen Reim darauf machen konnte, wie Ozys Sphinxen da hineinspielten.
 

„Was hast du jetzt angestellt?!“, tönte es verärgert von der kleinen Sphinx, die mit ihren Pfötchen verärgert von ihnen gegen den Bildschirm zu drücken schien. Fassungslos starrte ich auf das Display. Als ich keine Anstalten machte, fuhr die kleine Sphinx ungerührt und merklich verärgert fort: „Geht es dir noch ganz gut oder hast du in zu heißer Milch gebadet? Was hast du mir mit gemacht? Ich habe dir doch gesagt, dass du aufhören sollst, Dinge anzugriffeln und lieber mal Leute anfassen solltest.“ Die Frage, ob mein Zauberbuch verschwunden war, hatte sich damit wohl eindeutig erledigt. Vielmehr hatte es einen auf Magical Girl gemacht und sich verwandelt, nur dass es, anders als die Mädchen mit Zauberkräften, kaum noch wiederzuerkennen war. „Sag mal, antwortest du mir auch noch?“, giftete die Katze weiter, die nun unruhig von einer Seite des Desktops zur anderen und zurück wanderte. Vermutlich sollte ich mich selbst ein wenig dafür verurteilen, aber jetzt, wo das Buch sich als süße kleine Sphinx zeigte, störte mich das Gezerge nur noch halb so sehr. Wie gerne hätte ich diese süßen kleinen Tapsi-Pfötchen angefasst, aber die waren am Ende nur digital. Sollte ich Ozy je treffen, musste ich ihn unbedingt nach diesen hinreißenden kleinen Sphinxen fragen. „Träum nicht!“, riss das Sphinx-Tablet-Buch mich aus meinen Gedanken. „Mh?“, entfuhr es mir fragend. „Ich habe gar nichts getan, wirklich. Wie du selbst weißt, vermag ich das auch überhaupt nicht“, statierte ich trocken, den Kopf schieflegend, bevor ich giftig hinzufügte: „Immerhin bist du der wahre Servant nicht ich oder hast du das etwa schon vergessen?“ Was immer hier passiert war, ich hatte das auf jeden Fall nicht ausgelöst. Das ließ ich mir nicht anhängen. Ich war keine Magierin und damit eindeutig unschuldig, obwohl ich zugeben musste, dass mir die Veränderung durchaus gefiel. Vor allem, weil ich auf dem Desktop Apps entdeckt hatte, von denen eine den wunderschönen Namen „Noble Phantasm“ trug. Wenn ich damit auf die Kräfte des Buches zugreifen konnte, war es als Tablet eindeutig nützlicher für mich als in der Zauberbuchgestalt, wo ich immer nur betteln konnte, damit der eigenwillige Caster Elisabeth und mir half.

„Du bist doch ein magisches Relikt und obendrein ein Servant. Vielleicht ist die Veränderung eingetreten, weil du dich gewissermaßen der Epoche angepasst hast. Menschen täten das ja auch, nur sieht man ihnen das nicht so an“, wog ich nachdenklich ab, woraufhin die Sphinx nur genervt mit der Zunge klickte. Das Zauberbuch – Pardon, das Zaubertablet – war von dieser Theorie offensichtlich nicht so überzeugt. Ich rollte mit den Augen. „Hör zu, ich weiß nicht, was passiert ist, aber es ist passiert, also machen wir doch einfach das Beste daraus.“ Auch wenn die kleine Sphinx keine Augen hatte, konnte ich den finsteren Blick förmlich spüren, den ich geflissentlich ignorierte. Stattdessen musterte ich den kleinen Stift, der an der Seite des Tablets angebracht war, tippte dann aber einfach auf das Display, um zu sehen, ob das Zauberbuch darin auch Touch reagierte. Tat es, und zwar prompt. „Und wieder tatscht du Plastik an!“ „Glas“, korrigierte ich halbherzig. „Willkommen in der Moderne, Caster.“ „Toll gemacht!“, fauchte die Katze. Traurig, dass wir uns so gut wie heute noch nie unterhalten hatten, befand ich schweigend, mir die Bemerkung verkneifend. „Mir gefällt es“, meinte ich stattdessen trocken. „Du hast ja auch keinen Geschmack! Anstatt hier auf mir herumzugriffeln, könntest du wirklich Sinnvolleres tun“, zergte das Zauber-Tablet direkt wieder in alter Manier los. Anders als zuvor war ich jetzt aber anderer Meinung. Bei dem Buch hatte ich wirklich meine Zeit verplempert, aber jetzt hatte ich ein Tablet mit Apps vor mir, die ich sehen und verwenden könnte, keine leeren Buchseiten!
 

Neugierig tippte ich zuerst auf eine App, die mit „Zauberbuch“ betitelt war. Sollte Caster halt rummosern, ich würde mich jetzt ganz bestimmt nicht davon abbringen lassen, mich mit dieser neuen Form des Servants vertraut zu machen. Wenn es mir in dieser Form nicht mehr alles Wissen vorenthalten konnte, musste ich diese Chance unbedingt nutzen und tatsächlich öffnete sich mit der App ein digitales Zauberbuch. Das war fast zu schön, um wahr zu sein! Begeistert tippte ich mich durch die Apps, einfach um mir einen Überblick zu verschaffen. Später musste ich mir auf jeden Fall alles ganz in Ruhe ansehen und im besten Fall auch direkt die ersten Zauber lernen. Damit hatte ich endlich eine sinnvollere Beschäftigung für die Nächte, als Gilgamesh abzufüllen. Vielleicht erhoffte ich mir zu viel, aber wenn es mir gelang, zaubern zu lernen, könnte ich womöglich wirklich eine Art Magierin werden, zumindest so lange, wie dieser Krieg andauerte und ich mit dem Tablet verbunden war. Jede Wette, sobald die Verbindung kappte und ich jede Möglichkeit verlor, auf ein Manareservoir zuzugreifen, hätte sich das direkt wieder erledigt, aber das störte mich nicht im mindesten. Wenn ich erst zurück in meinem normalen Leben war, brauchte ich keine magischen Kräfte. Mir ging es absolut nicht darum, eine Magierin und damit womöglich auch in den nächsten Gralskrieg hineingezogen zu werden. Ich wollte einfach nur überleben und dann in mein Leben zurückkehren, möglichst weit weg von jedweder Form von Magie, Magiern und Servants. Mit diesem Gedanken präsent glitt mein Blick kurz über den Inhalt der News-App, die scheinbar funktionierte, wie eine Nachrichten-Webseite. Viel Neues verriet mir ein erster Blick darüber nicht. Die größte Schlagzeile war die Ausgangssperre, die die Ruler verhängt hatten und von der ich aus dem Radio bereits wusste.

Ähnlich praktisch erschien mir das Kompendium, in dem scheinbar alle Informationen gesammelt wurden, die wir bisher über die Servants und Master in unserem Umkreis sowie den Gralskrieg generell hatten sammeln können. Erschreckend wenig, wie ich leider zugeben musste. Auffälligerweise war mein Wissen über Servants jedoch nicht dabei. Das Kompendium beschränkte sich also auf die Informationen, zu denen das Zauberbuch – jetzt Tablet – Zugang gehabt hatte. Das musste ich mir merken. Wenig anfangen konnte ich mit der „Vorhersagen“-App, die war nämlich im Moment leer, aber das wunderte mich nicht. Nicht einen Moment hatte ich geglaubt, hier eine Wettervorhersage zu finden. Das hier musste die Fähigkeit sein, mit der das Zauberbuch mir den Kampf zwischen Lorelei und Tristan gezeigt hatte, dessen Verlauf ich mithilfe des Noble Phantasms ein wenig umgeschrieben hatte. Apropos Noble Phantasm: Diese App wollte ich mir unbedingt näher ansehen, doch schon jetzt befürchtete ich, dass sie mir entweder auch nichts zeigen würde oder vielleicht ein Passwort verlangte, über das ich nicht verfügte. Die Realität war sogar noch ernüchternder, denn die App war schlichtweg ausgegraut und draufzutippen löste exakt gar nichts aus. Ein leises Seufzen entfuhr mir. Wäre auch zu schön gewesen. Aber dennoch war ich im Groben und Ganzen ziemlich zufrieden. So nützlich wie jetzt war das noch immer schimpfende Zaubertablet, dem ich längst nicht mehr zuhörte, bisher nicht gewesen. Endlich hatte ich auch etwas Kontrolle und war nicht nur ein Anhängsel, das sich immer anpassen musste, wenn dem echten Servant gerade einfiel, sich wahlweise mal nützlich zu machen oder ein Problem auszusitzen.

„Wie ich sehe, hast du deine magische Feder gefunden, Caster.“ Gilgameshs Stimme ließ mich erschrocken zusammenfahren. Den König der Helden hatte ich beinahe vergessen. Vermutlich war ihm im Wohnzimmer langweilig geworden, während das Tablet und ich uns hier angifteten. Instinktiv drückte ich das kleine Tablet an mich, damit Gil nicht auf den Desktop schmulen konnte. Wir mochten Verbündete sein, aber das hieß nicht, dass ich willens war, mehr als unbedingt notwendig preiszugeben. „Interessant“, sinnierte Archer mit einem süffisanten Schmunzeln auf den Lippen. Seine roten Augen fixierten erst das magische Tablet, das nun nur noch erstickte Proteste von sich gab, dann mich. „Du hast also nicht gelogen, als du sagtest, ein eher moderner Geist zu sein“, bemerkte der König der Helden und klang dabei nicht im mindesten überrascht. Ich presste die Lippen zusammen, ersparte mir jedoch eine Antwort. Dass Gil so zufrieden aussah, sorgte nicht unbedingt dafür, dass ich mich wohler fühlte. Was führte dieser Spinner im Schilde? Auch wenn ich darauf vertraute, dass er Eli und mich zum Sieg führen würde, hieß das noch lange nicht, dass der Weg dorthin mir gefallen würde. Das nämlich hatte Gilgamesh mit keinem Ton zugesagt. Wenigstens konnte ich mich damit trösten, dass er stets zu seinem Wort stand und darum sicher nicht gelogen hatte, als er Elisabeth und mir die Wünsche versprochen hatte, die mit dem Erringen des Grals einhergingen. Außerdem kannte ich ihn sowieso gut genug, um zu wissen, dass es ihm selbst beim Gral mehr um Prinzip als das schier endlose Manareservoir darin ging.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:

1. Auch diese Feder ist es nicht. Gilgamesh beäugt dich, gefühlt abfällig. Er seufzt schließlich und fragt, womit du regulär schreibst.
2. Vielleicht ist Gilgamesh etwas auf der Spur. Suche im Haus andere Schreibgeräte, die DU benutzen würdest.
3. Du findest schließlich auch eine Computertastatur, aber keinen PC. Die Tastatur hat eine Rille, in die das Buch perfekt reinpasst. Steck das Buch rein.
4. Spaßeshalber versuchst du, auf der Tastatur zu tippen. Das Buch macht sich gerade heavy über dich lustig als... Buch und Tastatur anfangen zu leuchten.
5. Als das Leuchten verlischt, liegt vor dir ein Tablett, Buch und Tastatur sind verschwunden. Ups, was ist denn da schief gelaufen?
6. Das Display springt an und auf dem Display erscheint eine kleine Katze, die aussieht wie Ozymandias' Noble Phantasm, die speckert und sich echauffiert, was du da gemacht hast, ob es dir noch gut geht oder du in zu heisser Milch gebadet hast.
7. Eindeutig ist das Buch endlich in der Moderne angekommen. Du hast nun ein magisches Tablett. Mit Touch. Allerdings hängt an der Seite auch ein kleiner Stift. Teste dich mit dem Tablett aus. Vorsicht! Das Buch wird speckern, was nun auch Gilgamesh mitbekommt. So als Tipp folgende Apps findest du: Zauberbuch, Kompendium, News, Vorhersagen, Stats und eine App ausgegraut wo „Noble Phantasm“ steht. Komplett anzeigen

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